Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 12 SO 79/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 67/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 6/12 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur örtlichen Zuständigkeit beim Übertritt von einer ambulant betreuten Wohnmöglichkeit in eine stationäre Einrichtung innerhalb einer "gemischten Einrichtungskette"
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 26. Januar 2011 aufgehoben und der Beklagte verurteilt, dem Kläger die in der Zeit vom 29. Juni 2007 bis 28. Februar 2009 entstandenen Sozialhilfeaufwendungen in der Sache Q. QQ. in Höhe von 64.945,52 EUR zu erstatten.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 64.945,52 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Aufwendungen für Sozialhilfeleistungen in Höhe von 64.945,52 EUR.
Der 1981 geborene leistungsberechtigte Q. QQ. war seit 1994 zunächst vollstationär im St. IH. WW., AK. (Hessen), untergebracht und hatte unmittelbar davor seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in EE. im Gebiet des Beklagten. Ab dem 1. August 2006 wurde er in die Einrichtung des betreuten Wohnens des St. IH. in WW. aufgenommen. Die Kosten der ambulanten Leistungen in der betreuten Wohnmöglichkeit übernahm der Beklagte (u. a. Bescheid vom 23. Januar 2007 für die Zeit vom 29. Dezember 2006 bis 30. Juni 2007). Einen Antrag der gesetzlichen Betreuerin des Leistungsberechtigten vom 9. Januar 2007 auf Übernahme der Kosten für eine stationäre Aufnahme in dem Heilerziehungs- und Pflegeheim RR. in TT. leitete der Beklagte mit Schreiben vom 16. Januar 2007 an den Kläger weiter, da die Zuständigkeit des Klägers für die Tragung der ungedeckten Heimpflegekosten aus Mitteln der Sozialhilfe gem. § 98 Abs. 2 SGB XII gegeben sei. Der Leistungsberechtigte habe im betreuten Wohnen einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet.
Mit Bescheid vom 13. März 2007 lehnte der Kläger, der in Hessen Träger der überörtlichen Sozialhilfe ist, die Übernahme der Kosten gegenüber dem Leistungsberechtigten mit der Begründung ab, er sei örtlich nicht zuständig. In einem weiteren Bescheid vom 7. Mai 2007 wiederholte er diese Entscheidung. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch des Leistungsberechtigten vom 4. Juni 2007, mit dem ein Antrag auf Rücknahme des Bescheids vom 13. März 2007 verbunden war, half der Kläger mit Bescheid vom 26. Juni 2007, ergänzt durch Bescheid vom 18. Juli 2007 unter Hinweis auf § 14 SGB IX ab und übernahm vorläufig die Kosten der stationären Unterbringung in den Heilerziehungs- und Pflegeheimen RR., TT., ab Aufnahme des Leistungsberechtigten am 29. Juni 2007. Die Bewilligung umfasste monatliche Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII (§ 19 Abs. 1 und 5 i. V. m. § 35 SGB XII) zuzüglich eines monatlichen Barbetrages und einer monatlichen Bekleidungspauschale, Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII (§ 19 Abs. 2 i. V. m. §§ 41, 42 SGB XII) ab 1. Juli 2007 zur Deckung des Lebensunterhalts in der Einrichtung sowie Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel des SGB XII (§§ 53, 54 i. V. m. § 19 Abs. 3 und § 92 SGB XII).
Für die vollstationäre Betreuung des Leistungsberechtigten in der Zeit vom 29. Juni 2007 bis zum 28. Februar 2009 wandte der Kläger 40.262,59 EUR auf, die Leistungen setzten sich zusammen aus dem monatlichen Barbeträgen, insgesamt 1.888 EUR, der monatlichen Bekleidungsbeihilfe, insgesamt 420,21 EUR, und den Betreuungskosten in Höhe von 38.928,15 EUR, abzüglich Kostenbeiträgen aus sonstigem Einkommen und Kosten-/Unterhaltsbeiträgen der Eltern in Höhe von 983,77 EUR. Für die teilstationäre Betreuung (Werkstatt für behinderte Menschen) im Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis 28. Februar 2009 wandte der Kläger 24.682,93 EUR auf.
Mit weiterem Schreiben vom 3. Juli 2007 zeigte der Kläger dem Beklagten die vorläufige Übernahme der Kosten gemäß § 14 SGB IX an und vertrat weiterhin die Auffassung, dass der Beklagte gemäß § 98 Abs. 5 SGB XII örtlich zuständig sei. In diesem Zusammenhang machte der Kläger einen Erstattungsanspruch gemäß § 14 Abs. 4 SGB IX geltend. Mit Schreiben vom 13. August 2008 wies der Beklagte den Erstattungsanspruch zurück, er hielt die Zuständigkeit des Klägers für die Heimunterbringung des Leistungsberechtigten gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII für gegeben. Mit Schreiben vom 4. März 2009 machte der Kläger ein weiteres Mal dem Grunde nach einen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 14 SGB IX, § 102 SGB X geltend. Der Beklagte wies das Erstattungsbegehren mit Schreiben vom 29. Juni 2009 erneut zurück.
Am 16. Juli 2009 hat der Kläger hierauf beim Sozialgericht Kassel Klage erhoben, gerichtet auf die Erstattung von in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis 28. Februar 2009 entstandenen Sozialhilfekosten für die vollstationäre Betreuung des Leistungsberechtigten in Höhe von 64.945,52 EUR.
Mit Urteil vom 26. Januar 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Zuständigkeit des Klägers für die Leistungsgewährung ergebe sich aus § 98 Abs. 1 i. V. m. § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII und nicht aus einer analogen Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, der einer solchen analogen Anwendung in der vorliegenden Fallgestaltung nicht zugänglich sei. Der Gesetzgeber habe als Ausnahme zu § 98 Abs. 1 SGB XII "Sonderzuständigkeiten" allein für die ausdrücklich in § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII (stationärer Einrichtigungswechsel) und Abs. 5 SGB XII genannten Fallkonstellationen geregelt. § 98 Abs. 5 SGB XII regele allein die Zuständigkeit beim Übergang von der stationären in die ambulante Betreuung im Rahmen des sogenannten Betreuten Wohnens. Von einer ausdrücklichen Regelung auch des vorliegenden Falles einer "Rückverlegung" habe der Gesetzgeber, obwohl er hieran nicht gehindert gewesen sei, ausdrücklich abgesehen. Dies sei auch konsequent, da ambulant betreutes Wohnen die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne des § 30 SGB I gerade nicht ausschließe. § 98 Abs. 5 SGB XII schließe einen Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltes des Leistungsberechtigten grundsätzlich nicht aus, so dass maßgeblich für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit für weitergehende und zukünftige Maßnahmen der neue gewöhnliche Aufenthalt sei. Der Leistungsberechtigte habe sich zukunftsoffen und nicht nur vorübergehend am Ort des Betreuten Wohnens aufgeholten und damit im Anschluss an die stationäre Betreuung einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet.
Gegen das ihm am 9. Februar 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. März 2011 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass bei einem Wechsel von einer ambulanten Wohnform im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII in eine stationäre Wohnform in analoger Anwendung des § 98 Abs. 2 SGB XII von einer (gemischten) Anstaltskette auszugehen sei. Sinn und Zweck von § 98 Abs. 5 SGB XII sprächen dafür, dass eine nach dieser Vorschrift begründete örtliche Zuständigkeit durch den Aufenthalt des Leistungsberechtigten in einer stationären Einrichtung nicht ende, weil es gerade dem bezweckten Schutz des Leistungsträgers vor überproportionalen Belastungen zuwider laufen würde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 26. Januar 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm die in der Zeit vom 29. Juni 2007 bis 28. Februar 2009 entstandenen Sozialhilfeaufwendungen in der Sache Q. QQ. in Höhe von 64.945,52 EUR zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Kläger hat telefonisch mitgeteilt, dass über den Barbetrag und die Bekleidungspauschale hinaus keine Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem 3. Kapitel SGB XII geleistet worden seien, da diese gegenüber den Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel SGB XII subsidiär sind. Der Bescheid vom 18. Juli 2007 sei insoweit missverständlich. Ferner beliefen sich die Vergütungssätze der Einrichtung auf durchschnittlich ca. 64,00 EUR und würden nach dem mit dem maßgeblichen, mit dem Land Rheinland-Pfalz abgeschlossenen Vertrag nicht nach Maßnahme- und Unterbringungs-/Verpflegungskosten differenziert werden. In die geleisteten Kosten nach den Vergütungssätzen seien jedoch die Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel SGB XII in voller Höhe eingeflossen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten des Klägers Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf die Erstattung der geltend gemachten Aufwendungen für die an den Leistungsberechtigten im Zeitraum vom 29. Juni 2007 bis 28. Februar 2009 erbrachten Leistungen in Höhe von 64.945,52 EUR. Das Urteil des Sozialgerichts war deshalb aufzuheben.
Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch ist – jedenfalls soweit es die Kosten der Eingliederungshilfe gemäß § 55 SGB IX i. V. m. §§ 53, 54 i. V. m. § 19 Abs. 3 und § 92 SGB XII betrifft - § 14 Abs. 4 S. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) und lautet "Wird nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX festgestellt, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, erstattet dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften."
§ 14 Abs. 4 SGB IX normiert einen den allgemeinen Erstattungsansprüchen nach §§ 102 bis 105 SGB X vorgehenden Anspruch auf Erstattung der Kosten, die der zweitangegangene Rehabilitationsträger für eine in die Zuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträgers fallende Maßnahme aufgewendet hat. Die Vorschrift begründet einen Ausgleich dafür, dass der zweitangegangene Rehabilitationsträger nach dem Regelungskonzept des § 14 SGB IX im Interesse der raschen Zuständigkeitsklärung nach Weiterleitung eines Antrags auf eine Leistung zur Teilhabe durch den erstangegangenen Träger an ihn im Verhältnis zum Versicherten bzw. Leistungsberechtigten abschließend zu entscheiden und bei Vorliegen eines entsprechenden Rehabilitationsbedarfs die erforderlichen Rehabilitationsleistungen selbst dann zu erbringen hat, wenn er der Meinung ist, hierfür als Rehabilitationsträger i.S.v. § 6 Abs. 1 SGB IX nicht zuständig zu sein. Die Prüfung der Zuständigkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst dabei nicht nur die Klärung der sachlichen Zuständigkeit zwischen verschiedenen Rehabilitationsträgern verschiedener Sozialleistungsbereiche, sondern nach Wortlaut ("Rehabilitationsträger") sowie Sinn und Zweck der Regelung auch die Zuständigkeit verschiedener Rehabilitationsträger desselben Sozialleistungszweigs (Götz in: Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 3. Auflage 2009 § 14 RdNr. 8). Die in § 14 Abs. 2 Sätze 1 und 3 SGB IX geregelte Zuständigkeitszuweisung erstreckt sich im Außenverhältnis zum Menschen mit Behinderung auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Im Verhältnis zum behinderten Menschen ist dadurch eine eigene gesetzliche Verpflichtung des zweitangegangenen Trägers begründet, die einen endgültigen Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" der Leistung in diesem Rechtsverhältnis bildet. Im Verhältnis der Rehabilitationsträger untereinander ist jedoch eine Lastenverschiebung ohne Ausgleich nicht bezweckt. Im Innenverhältnis der Rehabilitationsträger untereinander sind die Zuständigkeitsregeln maßgeblich, die sich aus den speziellen Leistungsgesetzen ergeben (Luik in: jurisPK-SGB IX, Stand: 1. Februar 2010, § 14 SGB IX, RdNr. 99 ff).
§ 14 Abs. 4 SGB IX wird in der hier zu entscheidenden Konstellation seinerseits auch nicht von § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII als speziellerer Norm im Sinne von § 37 SGB I verdrängt. § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII greift tatbestandlich nicht ein, denn danach hat der nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe dem nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII vorläufig leistenden Träger die aufgewendeten Kosten zu erstatten. § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII regelt lediglich den Kostenersatz in den Fällen, in denen zwischen zwei Trägern der Sozialhilfe Streit über die Zuständigkeitsbestimmung besteht, weil Schwierigkeiten bestehen, den maßgeblichen gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten zu bestimmen, oder weil es sich um einen Eilfall handelt. Beides ist hinsichtlich der Leistungserbringung für den Leistungsberechtigten nicht der Fall gewesen, insbesondere ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Leistungsberechtigte – was bereits das Sozialgericht ausführlich ausgeführt hat - ab dem 1. August 2006 in der Einrichtung des Betreuten Wohnens des St. IH. in WW., AK. (Hessen), einen ständigen Aufenthalt im Sinne von § 30 SGB I begründet hat.
Die Voraussetzungen von § 14 Abs. 4 SGB IX sind gegeben. Der Kläger ist nach der fristgerechten Weiterleitung des Leistungsantrags durch den Beklagten (§ 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX) im Außenverhältnis zu dem Leistungsberechtigten zuständig geworden und hat als zweitangegangener Rehabilitationsträger vorläufig gem. § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGB IX die Leistungen der Eingliederungshilfe geleistet. Weiterhin war der Beklagte im Innenverhältnis analog § 98 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII für die Leistungsgewährung zuständig.
Für die stationäre Leistung ist gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend (§ 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII). Für die Leistungen nach dem SGB XII an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre.
In ihrem direkten Anwendungsbereich gewährleistet § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII den Schutz der Sozialhilfeträger innerhalb von "stationären Einrichtungsketten", indem sie die ursprüngliche, für die Leistungsgewährung in der ersten Einrichtung maßgebliche "Eintrittszuständigkeit" fortbestehen lässt. Diese gesetzliche Aussage lässt sich nach der Rechtsprechung des 9. Senats des Hessischen Landessozialgerichts (Beschluss vom 26. April 2011, L 9 SO 60/11 B ER), der sich der erkennende Senat nach eigener Überzeugungsbildung anschließt, auf den Fall einer – wie hier vorliegenden - "gemischten Einrichtungskette" aus ambulantem betreuten Wohnen und stationärer Unterbringung übertragen. Denn beide Situationen, geregelter und nicht geregelter Sachverhalt, weisen eine vergleichbare Interessenlage im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit der Sozialhilfeträger am Ort der jeweiligen Wohn- bzw. Unterbringungsform auf. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist eine analoge Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII auch nicht etwa ausgeschlossen. Denn zunächst steht die Norm zu § 98 Abs. 1 SGB XII rechtssystematisch nicht in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis, vielmehr regelt § 98 Abs. 2 SGB XII als speziellere Vorschrift die örtliche Zuständigkeit für verschiedene Fallgestaltungen der stationäre Leistungen und verdrängt § 98 Abs. 1 SGB XII; ein Analogieverbot besteht nicht. Ferner hat der Gesetzgeber auch nicht ausdrücklich davon abgesehen, eine § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII entsprechende Regelung für die Fallkonstellation der "gemischten Einrichtungskette", d. h. des Übergangs aus einer stationären Einrichtung in eine betreute Wohnform zurück in eine stationäre Einrichtung, vorzusehen. Vielmehr finden sich in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 15/1514, S. 67 zu § 93; BT-Drucks.12/4401 S. 84 zu § 97 BSHG) keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber diese Fallkonstellation überhaupt in Blick genommen hatte oder gar ausdrücklich von einer Regelung absehen wollte.
Die besondere Zuständigkeitsregelung für die Leistungsgewährung in stationären Einrichtungen in § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII dient dem Schutz der Sozialhilfeträger am Ort derartiger Wohnmöglichkeiten vor überproportionalen Kostenbelastungen durch Leistungen an "Zuzügler" (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 7. Juni 2007 – S 3 B 106/07 und S 3 B 60/07 -, FEVS 55, 517 = Juris, Rn. 26; SG Lüneburg, Urteil vom 2. Juli 2009 - S 22 SO 90/08 -, ZfF 2010, 253 = Juris, Rn. 26; zu § 97 Abs. 2 BSHG auch BT-Drs. 12/4401, S. 84) und gewährleistet diesen Schutz auch dann, wenn der Leistungsberechtigte aus einer Einrichtung in eine andere oder von dort in weitere Einrichtungen übertritt. Hierdurch werden die Träger innerhalb der "Einrichtungskette" geschützt, indem das Gesetz den Sozialhilfeträger für zuständig erklärt, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die erste Einrichtung oder in den zwei Monaten davor hatte. Die gleiche Funktion erfüllt § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII in den Fällen der Leistungsgewährung in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten (Hessisches LSG, Beschluss vom 26. April 2011, L 9 SO 60/11 B ER). Diese Schutzfunktion würde unterlaufen, würde eine nach dieser Vorschrift – wie hier – begründete örtliche Zuständigkeit durch den Aufenthalt des Leistungsberechtigten in einer stationären Einrichtung enden (vgl. Schlette in: Hauck/Noftz, SGB XII, 22. Lieferung, Stand Dezember 2010, § 98 Rdnr. 96a; a. A. Söhngen in: JurisPK-SGB XII, § 98 RdNr. 53). Nach der gesetzlichen Wertung erscheint der Träger am Ort einer ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit im Falle des Übertritts eines zugezogenen Leistungsberechtigten in eine stationäre Einrichtung sogar in besonderer Weise schutzwürdig: Wenn er schon nicht mit den im Rahmen des ambulanten betreuten Wohnens anfallenden Sozialhilfekosten belastet werden soll, gilt dies erst recht für die - regelmäßig höheren - Kosten einer anschließenden stationären Unterbringung (Hessisches LSG a. a. O; VG Minden vom 17. Dezember 2010 - 6 K 2167/10 – juris). Ferner schließt die analoge Anwendung der Norm auf die "gemischte Einrichtungskette" die Berücksichtigung sachfremder, unter dem Eindruck der erheblichen Kostenlast entstehenden Erwägungen bei der leistungsrechtlichen Entscheidung über die Art der notwendigen – stationären bzw. ambulanten – Betreuung und somit Manipulationsmöglichkeiten zu Lasten anderer Kostenträger und nicht zuletzt des Leistungsberechtigten aus.
Im Ergebnis offen lassen kann der Senat weiterhin, ob sich der Kostenerstattungsanspruch des Klägers, soweit es sich um Aufwendungen für die Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII (§ 19 Abs. 2 i. V. m. §§ 41, 42 SGB XII) bzw. die Leistungen des weiteren notwendigen Lebensunterhalt gem. § 19 Abs. 1 und 5 i. V. m. § 35 SGB XII handelt, ebenfalls aus § 14 Abs. 4 SGB IX ergibt oder aus § 102 Abs. 1 SGB X, denn in beiden Fällen richtet sich der Umfang des Erstattungsanspruchs des vorläufig leistenden Leistungsträgers nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften (vgl. § 102 Abs. 2 SGB X bzw. § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX).
Die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 4 SGB IX auch für die Leistungen der Grundsicherung nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII ist aufgrund ihrer Stellung außerhalb der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem 6. Kapitel des SGB XII zweifelhaft, auch wenn sie zusammen mit den Leistungen nach §§ 53 ff SGB XII geleistet werden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2008, B 8/9b SO 10/07 R, BSGE 102, 126 = Juris RdNr. 18 ff) bestimmt sich die sozialhilferechtliche Leistungsart von in Einrichtungen erbrachten Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach ihrem Sinn und Zweck. Das BSG hat für das Mittagessen in einer Werkstatt für behinderte Menschen entschieden, dass dieses notwendiger, integraler Bestandteil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53 ff SGB XII ist, und dies mit einem funktionalen Zusammenhang mit der in der Einrichtung gewährten Eingliederungshilfe begründet. Ob ein solcher funktionaler Zusammenhang der hier in Rede stehenden, primär der Sicherung des Lebensunterhalts dienenden Leistungen (Regelbedarf, Unterkunftskosten, Barbetrag, Bekleidungspauschaule) mit der in der Einrichtung gewährten Eingliederungshilfe besteht, bedarf keiner weiteren Feststellungen. Denn selbst wenn sich der Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X richtet, ist er in der geltend gemachten Höhe gegeben.
Nach § 102 SGB X ist dem auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig leistenden Sozialleistungsträger der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.
Diese Voraussetzungen sind gegeben, denn der Kläger war dem Leistungsberechtigten gemäß § 14 Abs. 1 SGB IX i. V. m. § 97 Abs. 4 SGB XII nach der Weiterleitung des Leistungsantrags durch den Beklagten vorläufig zur Leistung verpflichtet. Zwar gilt die Zuständigkeitszuweisung nach dem Wortlaut des § 14 SGB IX nur für Rehabilitationsleistungen, mithin den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gem. § 55 SGB IX i. V. m. §§ 53, 54 SGB XII, nach der ausdrücklichen Anordnung des § 97 Abs. 4 SGB XII umfasst indessen die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung (hier der Eingliederungshilfe) auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind. Leistungen der Sozialhilfe sollen "aus einer Hand" (vgl. BT-Drucks. 15/1514 S. 67 zu § 92) gesichert werden, wobei die Zuständigkeit bei dem für die stationären Leistungen zuständigen Träger liegt. Diese vom Gesetzgeber gewollte Konzentration beim Träger der stationären Leistungen erfordert es, dass die Zuständigkeitszuweisung auf den zweitangegangenen Träger gem. § 14 Abs. 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten (s.o.) auf zeitgleich geleistete sonstige Leistungen – hier des Lebensunterhalts - nach dem SGB XII durchschlägt und den Kläger zur vorläufigen Leistungserbringung verpflichtet.
Im Innenverhältnis ist – wie ausgeführt – der Beklagte analog § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII i. V. m. § 97 Abs. 4 SGB XII für die zweckidentischen zeitlich kongruenten Leistungen zuständig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision erfolgt gemäß § 160 Abs. 2 SGG, der Senat misst der Frage der analogen Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII auf die Fälle der "gemischten Einrichtungskette" grundsätzliche Bedeutung bei.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 64.945,52 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Aufwendungen für Sozialhilfeleistungen in Höhe von 64.945,52 EUR.
Der 1981 geborene leistungsberechtigte Q. QQ. war seit 1994 zunächst vollstationär im St. IH. WW., AK. (Hessen), untergebracht und hatte unmittelbar davor seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in EE. im Gebiet des Beklagten. Ab dem 1. August 2006 wurde er in die Einrichtung des betreuten Wohnens des St. IH. in WW. aufgenommen. Die Kosten der ambulanten Leistungen in der betreuten Wohnmöglichkeit übernahm der Beklagte (u. a. Bescheid vom 23. Januar 2007 für die Zeit vom 29. Dezember 2006 bis 30. Juni 2007). Einen Antrag der gesetzlichen Betreuerin des Leistungsberechtigten vom 9. Januar 2007 auf Übernahme der Kosten für eine stationäre Aufnahme in dem Heilerziehungs- und Pflegeheim RR. in TT. leitete der Beklagte mit Schreiben vom 16. Januar 2007 an den Kläger weiter, da die Zuständigkeit des Klägers für die Tragung der ungedeckten Heimpflegekosten aus Mitteln der Sozialhilfe gem. § 98 Abs. 2 SGB XII gegeben sei. Der Leistungsberechtigte habe im betreuten Wohnen einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet.
Mit Bescheid vom 13. März 2007 lehnte der Kläger, der in Hessen Träger der überörtlichen Sozialhilfe ist, die Übernahme der Kosten gegenüber dem Leistungsberechtigten mit der Begründung ab, er sei örtlich nicht zuständig. In einem weiteren Bescheid vom 7. Mai 2007 wiederholte er diese Entscheidung. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch des Leistungsberechtigten vom 4. Juni 2007, mit dem ein Antrag auf Rücknahme des Bescheids vom 13. März 2007 verbunden war, half der Kläger mit Bescheid vom 26. Juni 2007, ergänzt durch Bescheid vom 18. Juli 2007 unter Hinweis auf § 14 SGB IX ab und übernahm vorläufig die Kosten der stationären Unterbringung in den Heilerziehungs- und Pflegeheimen RR., TT., ab Aufnahme des Leistungsberechtigten am 29. Juni 2007. Die Bewilligung umfasste monatliche Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII (§ 19 Abs. 1 und 5 i. V. m. § 35 SGB XII) zuzüglich eines monatlichen Barbetrages und einer monatlichen Bekleidungspauschale, Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII (§ 19 Abs. 2 i. V. m. §§ 41, 42 SGB XII) ab 1. Juli 2007 zur Deckung des Lebensunterhalts in der Einrichtung sowie Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel des SGB XII (§§ 53, 54 i. V. m. § 19 Abs. 3 und § 92 SGB XII).
Für die vollstationäre Betreuung des Leistungsberechtigten in der Zeit vom 29. Juni 2007 bis zum 28. Februar 2009 wandte der Kläger 40.262,59 EUR auf, die Leistungen setzten sich zusammen aus dem monatlichen Barbeträgen, insgesamt 1.888 EUR, der monatlichen Bekleidungsbeihilfe, insgesamt 420,21 EUR, und den Betreuungskosten in Höhe von 38.928,15 EUR, abzüglich Kostenbeiträgen aus sonstigem Einkommen und Kosten-/Unterhaltsbeiträgen der Eltern in Höhe von 983,77 EUR. Für die teilstationäre Betreuung (Werkstatt für behinderte Menschen) im Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis 28. Februar 2009 wandte der Kläger 24.682,93 EUR auf.
Mit weiterem Schreiben vom 3. Juli 2007 zeigte der Kläger dem Beklagten die vorläufige Übernahme der Kosten gemäß § 14 SGB IX an und vertrat weiterhin die Auffassung, dass der Beklagte gemäß § 98 Abs. 5 SGB XII örtlich zuständig sei. In diesem Zusammenhang machte der Kläger einen Erstattungsanspruch gemäß § 14 Abs. 4 SGB IX geltend. Mit Schreiben vom 13. August 2008 wies der Beklagte den Erstattungsanspruch zurück, er hielt die Zuständigkeit des Klägers für die Heimunterbringung des Leistungsberechtigten gemäß § 98 Abs. 2 SGB XII für gegeben. Mit Schreiben vom 4. März 2009 machte der Kläger ein weiteres Mal dem Grunde nach einen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 14 SGB IX, § 102 SGB X geltend. Der Beklagte wies das Erstattungsbegehren mit Schreiben vom 29. Juni 2009 erneut zurück.
Am 16. Juli 2009 hat der Kläger hierauf beim Sozialgericht Kassel Klage erhoben, gerichtet auf die Erstattung von in der Zeit vom 1. Januar 2007 bis 28. Februar 2009 entstandenen Sozialhilfekosten für die vollstationäre Betreuung des Leistungsberechtigten in Höhe von 64.945,52 EUR.
Mit Urteil vom 26. Januar 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Zuständigkeit des Klägers für die Leistungsgewährung ergebe sich aus § 98 Abs. 1 i. V. m. § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII und nicht aus einer analogen Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, der einer solchen analogen Anwendung in der vorliegenden Fallgestaltung nicht zugänglich sei. Der Gesetzgeber habe als Ausnahme zu § 98 Abs. 1 SGB XII "Sonderzuständigkeiten" allein für die ausdrücklich in § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII (stationärer Einrichtigungswechsel) und Abs. 5 SGB XII genannten Fallkonstellationen geregelt. § 98 Abs. 5 SGB XII regele allein die Zuständigkeit beim Übergang von der stationären in die ambulante Betreuung im Rahmen des sogenannten Betreuten Wohnens. Von einer ausdrücklichen Regelung auch des vorliegenden Falles einer "Rückverlegung" habe der Gesetzgeber, obwohl er hieran nicht gehindert gewesen sei, ausdrücklich abgesehen. Dies sei auch konsequent, da ambulant betreutes Wohnen die Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne des § 30 SGB I gerade nicht ausschließe. § 98 Abs. 5 SGB XII schließe einen Wechsel des gewöhnlichen Aufenthaltes des Leistungsberechtigten grundsätzlich nicht aus, so dass maßgeblich für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit für weitergehende und zukünftige Maßnahmen der neue gewöhnliche Aufenthalt sei. Der Leistungsberechtigte habe sich zukunftsoffen und nicht nur vorübergehend am Ort des Betreuten Wohnens aufgeholten und damit im Anschluss an die stationäre Betreuung einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet.
Gegen das ihm am 9. Februar 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. März 2011 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass bei einem Wechsel von einer ambulanten Wohnform im Sinne des § 98 Abs. 5 SGB XII in eine stationäre Wohnform in analoger Anwendung des § 98 Abs. 2 SGB XII von einer (gemischten) Anstaltskette auszugehen sei. Sinn und Zweck von § 98 Abs. 5 SGB XII sprächen dafür, dass eine nach dieser Vorschrift begründete örtliche Zuständigkeit durch den Aufenthalt des Leistungsberechtigten in einer stationären Einrichtung nicht ende, weil es gerade dem bezweckten Schutz des Leistungsträgers vor überproportionalen Belastungen zuwider laufen würde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 26. Januar 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm die in der Zeit vom 29. Juni 2007 bis 28. Februar 2009 entstandenen Sozialhilfeaufwendungen in der Sache Q. QQ. in Höhe von 64.945,52 EUR zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Kläger hat telefonisch mitgeteilt, dass über den Barbetrag und die Bekleidungspauschale hinaus keine Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt in Einrichtungen nach dem 3. Kapitel SGB XII geleistet worden seien, da diese gegenüber den Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel SGB XII subsidiär sind. Der Bescheid vom 18. Juli 2007 sei insoweit missverständlich. Ferner beliefen sich die Vergütungssätze der Einrichtung auf durchschnittlich ca. 64,00 EUR und würden nach dem mit dem maßgeblichen, mit dem Land Rheinland-Pfalz abgeschlossenen Vertrag nicht nach Maßnahme- und Unterbringungs-/Verpflegungskosten differenziert werden. In die geleisteten Kosten nach den Vergütungssätzen seien jedoch die Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel SGB XII in voller Höhe eingeflossen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten des Klägers Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf die Erstattung der geltend gemachten Aufwendungen für die an den Leistungsberechtigten im Zeitraum vom 29. Juni 2007 bis 28. Februar 2009 erbrachten Leistungen in Höhe von 64.945,52 EUR. Das Urteil des Sozialgerichts war deshalb aufzuheben.
Rechtsgrundlage für den Erstattungsanspruch ist – jedenfalls soweit es die Kosten der Eingliederungshilfe gemäß § 55 SGB IX i. V. m. §§ 53, 54 i. V. m. § 19 Abs. 3 und § 92 SGB XII betrifft - § 14 Abs. 4 S. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) und lautet "Wird nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB IX festgestellt, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, erstattet dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften."
§ 14 Abs. 4 SGB IX normiert einen den allgemeinen Erstattungsansprüchen nach §§ 102 bis 105 SGB X vorgehenden Anspruch auf Erstattung der Kosten, die der zweitangegangene Rehabilitationsträger für eine in die Zuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträgers fallende Maßnahme aufgewendet hat. Die Vorschrift begründet einen Ausgleich dafür, dass der zweitangegangene Rehabilitationsträger nach dem Regelungskonzept des § 14 SGB IX im Interesse der raschen Zuständigkeitsklärung nach Weiterleitung eines Antrags auf eine Leistung zur Teilhabe durch den erstangegangenen Träger an ihn im Verhältnis zum Versicherten bzw. Leistungsberechtigten abschließend zu entscheiden und bei Vorliegen eines entsprechenden Rehabilitationsbedarfs die erforderlichen Rehabilitationsleistungen selbst dann zu erbringen hat, wenn er der Meinung ist, hierfür als Rehabilitationsträger i.S.v. § 6 Abs. 1 SGB IX nicht zuständig zu sein. Die Prüfung der Zuständigkeit nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst dabei nicht nur die Klärung der sachlichen Zuständigkeit zwischen verschiedenen Rehabilitationsträgern verschiedener Sozialleistungsbereiche, sondern nach Wortlaut ("Rehabilitationsträger") sowie Sinn und Zweck der Regelung auch die Zuständigkeit verschiedener Rehabilitationsträger desselben Sozialleistungszweigs (Götz in: Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 3. Auflage 2009 § 14 RdNr. 8). Die in § 14 Abs. 2 Sätze 1 und 3 SGB IX geregelte Zuständigkeitszuweisung erstreckt sich im Außenverhältnis zum Menschen mit Behinderung auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind. Im Verhältnis zum behinderten Menschen ist dadurch eine eigene gesetzliche Verpflichtung des zweitangegangenen Trägers begründet, die einen endgültigen Rechtsgrund für das "Behaltendürfen" der Leistung in diesem Rechtsverhältnis bildet. Im Verhältnis der Rehabilitationsträger untereinander ist jedoch eine Lastenverschiebung ohne Ausgleich nicht bezweckt. Im Innenverhältnis der Rehabilitationsträger untereinander sind die Zuständigkeitsregeln maßgeblich, die sich aus den speziellen Leistungsgesetzen ergeben (Luik in: jurisPK-SGB IX, Stand: 1. Februar 2010, § 14 SGB IX, RdNr. 99 ff).
§ 14 Abs. 4 SGB IX wird in der hier zu entscheidenden Konstellation seinerseits auch nicht von § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII als speziellerer Norm im Sinne von § 37 SGB I verdrängt. § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII greift tatbestandlich nicht ein, denn danach hat der nach § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII zuständige Träger der Sozialhilfe dem nach § 98 Abs. 2 Satz 3 SGB XII vorläufig leistenden Träger die aufgewendeten Kosten zu erstatten. § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB XII regelt lediglich den Kostenersatz in den Fällen, in denen zwischen zwei Trägern der Sozialhilfe Streit über die Zuständigkeitsbestimmung besteht, weil Schwierigkeiten bestehen, den maßgeblichen gewöhnlichen Aufenthalt des Leistungsberechtigten zu bestimmen, oder weil es sich um einen Eilfall handelt. Beides ist hinsichtlich der Leistungserbringung für den Leistungsberechtigten nicht der Fall gewesen, insbesondere ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Leistungsberechtigte – was bereits das Sozialgericht ausführlich ausgeführt hat - ab dem 1. August 2006 in der Einrichtung des Betreuten Wohnens des St. IH. in WW., AK. (Hessen), einen ständigen Aufenthalt im Sinne von § 30 SGB I begründet hat.
Die Voraussetzungen von § 14 Abs. 4 SGB IX sind gegeben. Der Kläger ist nach der fristgerechten Weiterleitung des Leistungsantrags durch den Beklagten (§ 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX) im Außenverhältnis zu dem Leistungsberechtigten zuständig geworden und hat als zweitangegangener Rehabilitationsträger vorläufig gem. § 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 SGB IX die Leistungen der Eingliederungshilfe geleistet. Weiterhin war der Beklagte im Innenverhältnis analog § 98 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII für die Leistungsgewährung zuständig.
Für die stationäre Leistung ist gemäß § 98 Abs. 2 Satz 1 SGB XII der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich die Leistungsberechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die Einrichtung haben oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hatten. Waren bei Einsetzen der Sozialhilfe die Leistungsberechtigten aus einer Einrichtung im Sinne des Satzes 1 in eine andere Einrichtung oder von dort in weitere Einrichtungen übergetreten oder tritt nach dem Einsetzen der Leistung ein solcher Fall ein, ist der gewöhnliche Aufenthalt, der für die erste Einrichtung maßgebend war, entscheidend (§ 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII). Für die Leistungen nach dem SGB XII an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, ist nach § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, der vor Eintritt in diese Wohnform zuletzt zuständig war oder gewesen wäre.
In ihrem direkten Anwendungsbereich gewährleistet § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII den Schutz der Sozialhilfeträger innerhalb von "stationären Einrichtungsketten", indem sie die ursprüngliche, für die Leistungsgewährung in der ersten Einrichtung maßgebliche "Eintrittszuständigkeit" fortbestehen lässt. Diese gesetzliche Aussage lässt sich nach der Rechtsprechung des 9. Senats des Hessischen Landessozialgerichts (Beschluss vom 26. April 2011, L 9 SO 60/11 B ER), der sich der erkennende Senat nach eigener Überzeugungsbildung anschließt, auf den Fall einer – wie hier vorliegenden - "gemischten Einrichtungskette" aus ambulantem betreuten Wohnen und stationärer Unterbringung übertragen. Denn beide Situationen, geregelter und nicht geregelter Sachverhalt, weisen eine vergleichbare Interessenlage im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit der Sozialhilfeträger am Ort der jeweiligen Wohn- bzw. Unterbringungsform auf. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist eine analoge Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII auch nicht etwa ausgeschlossen. Denn zunächst steht die Norm zu § 98 Abs. 1 SGB XII rechtssystematisch nicht in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis, vielmehr regelt § 98 Abs. 2 SGB XII als speziellere Vorschrift die örtliche Zuständigkeit für verschiedene Fallgestaltungen der stationäre Leistungen und verdrängt § 98 Abs. 1 SGB XII; ein Analogieverbot besteht nicht. Ferner hat der Gesetzgeber auch nicht ausdrücklich davon abgesehen, eine § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII entsprechende Regelung für die Fallkonstellation der "gemischten Einrichtungskette", d. h. des Übergangs aus einer stationären Einrichtung in eine betreute Wohnform zurück in eine stationäre Einrichtung, vorzusehen. Vielmehr finden sich in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 15/1514, S. 67 zu § 93; BT-Drucks.12/4401 S. 84 zu § 97 BSHG) keine Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber diese Fallkonstellation überhaupt in Blick genommen hatte oder gar ausdrücklich von einer Regelung absehen wollte.
Die besondere Zuständigkeitsregelung für die Leistungsgewährung in stationären Einrichtungen in § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII dient dem Schutz der Sozialhilfeträger am Ort derartiger Wohnmöglichkeiten vor überproportionalen Kostenbelastungen durch Leistungen an "Zuzügler" (vgl. OVG Bremen, Beschluss vom 7. Juni 2007 – S 3 B 106/07 und S 3 B 60/07 -, FEVS 55, 517 = Juris, Rn. 26; SG Lüneburg, Urteil vom 2. Juli 2009 - S 22 SO 90/08 -, ZfF 2010, 253 = Juris, Rn. 26; zu § 97 Abs. 2 BSHG auch BT-Drs. 12/4401, S. 84) und gewährleistet diesen Schutz auch dann, wenn der Leistungsberechtigte aus einer Einrichtung in eine andere oder von dort in weitere Einrichtungen übertritt. Hierdurch werden die Träger innerhalb der "Einrichtungskette" geschützt, indem das Gesetz den Sozialhilfeträger für zuständig erklärt, in dessen Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme in die erste Einrichtung oder in den zwei Monaten davor hatte. Die gleiche Funktion erfüllt § 98 Abs. 5 Satz 1 SGB XII in den Fällen der Leistungsgewährung in Formen ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten (Hessisches LSG, Beschluss vom 26. April 2011, L 9 SO 60/11 B ER). Diese Schutzfunktion würde unterlaufen, würde eine nach dieser Vorschrift – wie hier – begründete örtliche Zuständigkeit durch den Aufenthalt des Leistungsberechtigten in einer stationären Einrichtung enden (vgl. Schlette in: Hauck/Noftz, SGB XII, 22. Lieferung, Stand Dezember 2010, § 98 Rdnr. 96a; a. A. Söhngen in: JurisPK-SGB XII, § 98 RdNr. 53). Nach der gesetzlichen Wertung erscheint der Träger am Ort einer ambulanten betreuten Wohnmöglichkeit im Falle des Übertritts eines zugezogenen Leistungsberechtigten in eine stationäre Einrichtung sogar in besonderer Weise schutzwürdig: Wenn er schon nicht mit den im Rahmen des ambulanten betreuten Wohnens anfallenden Sozialhilfekosten belastet werden soll, gilt dies erst recht für die - regelmäßig höheren - Kosten einer anschließenden stationären Unterbringung (Hessisches LSG a. a. O; VG Minden vom 17. Dezember 2010 - 6 K 2167/10 – juris). Ferner schließt die analoge Anwendung der Norm auf die "gemischte Einrichtungskette" die Berücksichtigung sachfremder, unter dem Eindruck der erheblichen Kostenlast entstehenden Erwägungen bei der leistungsrechtlichen Entscheidung über die Art der notwendigen – stationären bzw. ambulanten – Betreuung und somit Manipulationsmöglichkeiten zu Lasten anderer Kostenträger und nicht zuletzt des Leistungsberechtigten aus.
Im Ergebnis offen lassen kann der Senat weiterhin, ob sich der Kostenerstattungsanspruch des Klägers, soweit es sich um Aufwendungen für die Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII (§ 19 Abs. 2 i. V. m. §§ 41, 42 SGB XII) bzw. die Leistungen des weiteren notwendigen Lebensunterhalt gem. § 19 Abs. 1 und 5 i. V. m. § 35 SGB XII handelt, ebenfalls aus § 14 Abs. 4 SGB IX ergibt oder aus § 102 Abs. 1 SGB X, denn in beiden Fällen richtet sich der Umfang des Erstattungsanspruchs des vorläufig leistenden Leistungsträgers nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften (vgl. § 102 Abs. 2 SGB X bzw. § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX).
Die Anwendbarkeit von § 14 Abs. 4 SGB IX auch für die Leistungen der Grundsicherung nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII ist aufgrund ihrer Stellung außerhalb der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem 6. Kapitel des SGB XII zweifelhaft, auch wenn sie zusammen mit den Leistungen nach §§ 53 ff SGB XII geleistet werden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2008, B 8/9b SO 10/07 R, BSGE 102, 126 = Juris RdNr. 18 ff) bestimmt sich die sozialhilferechtliche Leistungsart von in Einrichtungen erbrachten Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach ihrem Sinn und Zweck. Das BSG hat für das Mittagessen in einer Werkstatt für behinderte Menschen entschieden, dass dieses notwendiger, integraler Bestandteil der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53 ff SGB XII ist, und dies mit einem funktionalen Zusammenhang mit der in der Einrichtung gewährten Eingliederungshilfe begründet. Ob ein solcher funktionaler Zusammenhang der hier in Rede stehenden, primär der Sicherung des Lebensunterhalts dienenden Leistungen (Regelbedarf, Unterkunftskosten, Barbetrag, Bekleidungspauschaule) mit der in der Einrichtung gewährten Eingliederungshilfe besteht, bedarf keiner weiteren Feststellungen. Denn selbst wenn sich der Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X richtet, ist er in der geltend gemachten Höhe gegeben.
Nach § 102 SGB X ist dem auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig leistenden Sozialleistungsträger der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.
Diese Voraussetzungen sind gegeben, denn der Kläger war dem Leistungsberechtigten gemäß § 14 Abs. 1 SGB IX i. V. m. § 97 Abs. 4 SGB XII nach der Weiterleitung des Leistungsantrags durch den Beklagten vorläufig zur Leistung verpflichtet. Zwar gilt die Zuständigkeitszuweisung nach dem Wortlaut des § 14 SGB IX nur für Rehabilitationsleistungen, mithin den Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gem. § 55 SGB IX i. V. m. §§ 53, 54 SGB XII, nach der ausdrücklichen Anordnung des § 97 Abs. 4 SGB XII umfasst indessen die sachliche Zuständigkeit für eine stationäre Leistung (hier der Eingliederungshilfe) auch die sachliche Zuständigkeit für Leistungen, die gleichzeitig nach anderen Kapiteln zu erbringen sind. Leistungen der Sozialhilfe sollen "aus einer Hand" (vgl. BT-Drucks. 15/1514 S. 67 zu § 92) gesichert werden, wobei die Zuständigkeit bei dem für die stationären Leistungen zuständigen Träger liegt. Diese vom Gesetzgeber gewollte Konzentration beim Träger der stationären Leistungen erfordert es, dass die Zuständigkeitszuweisung auf den zweitangegangenen Träger gem. § 14 Abs. 1 SGB IX im Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten (s.o.) auf zeitgleich geleistete sonstige Leistungen – hier des Lebensunterhalts - nach dem SGB XII durchschlägt und den Kläger zur vorläufigen Leistungserbringung verpflichtet.
Im Innenverhältnis ist – wie ausgeführt – der Beklagte analog § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII i. V. m. § 97 Abs. 4 SGB XII für die zweckidentischen zeitlich kongruenten Leistungen zuständig.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision erfolgt gemäß § 160 Abs. 2 SGG, der Senat misst der Frage der analogen Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 SGB XII auf die Fälle der "gemischten Einrichtungskette" grundsätzliche Bedeutung bei.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
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