L 4 KA 69/10

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 11 KA 649/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 69/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 14/12 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. August 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 24. Oktober 2006, 23. November 2006, 15. Februar 2007, 16. August 2007, 21. Februar 2008 und 28. März 2008, sämtliche in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2008, insoweit aufgehoben, als über die im Quartal II/06 genannten Behandlungsfälle C., D., E., F., G., H., I. hinaus abgerechnete Leistungen abgesetzt wurden.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die sachlich-rechnerische Berichtigung der Abrechnungen aus den Quartalen II - IV/06 und II - IV/07.

Der Kläger nimmt aufgrund einer Ermächtigung als Chefarzt der chirurgischen Abteilung an der LR. Stadtkrankenhaus A-Stadt gGmbH, A-Stadt, an der vertragsärztlichen Versorgung teil.

Gemäß Beschluss des Zulassungsausschusses vom 26. Oktober 2004 erstreckte sich die bis zum 31. Dezember 2006 befristete Ermächtigung auf folgende Leistungen:
1. Konsiliarische Beratung eines Orthopäden bei unfallchirurgischen Problemen oder eines Chirurgen in der Behandlung auf dessen namentliche Überweisung, abzurechnen nach den Nrn. 1, 74 und 75 EBM
2. Einmalige Kontrolle nach Notfällen - falls erforderlich - auf Überweisung durch Vertragsärzte
3. Ambulante Nachbehandlung nach einer stationären Krankenhausbehandlung in der chirurgischen Abteilung am Stadtkrankenhaus, A-Stadt, im Einvernehmen mit dem behandelnden Vertragsarzt auf dessen namentliche Überweisung, längstens jedoch bis zum Ablauf von drei Monaten nach Entlassung aus stationärer Behandlung
4. Laborleistungen nach Kapitel O l/ll des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM). Ausgenommen ambulante Operationen, die im Stadtkrankenhaus, A-Stadt, gemäß § 115 b SGB V durchgeführt werden.

Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 31. Oktober 2006 wurde der Kläger befristet bis zum 31. Dezember 2008 weiterhin zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt. Die Ermächtigung erstreckte sich danach auf folgende Leistungen:
1. Konsiliarische Beratung eines Orthopäden bei unfallchirurgischen Problemen oder eines Chirurgen in der Behandlung auf dessen namentlichen Überweisung, abzurechnen nach den Nrn. 01310 bis 01312, 01600 bis 01602 EBM 2000 Die Abklärung der OP-lndikation und die OP-Vorbereitung ist im Rahmen der konsiliarischen Beratung nicht abrechenbar.
2. Einmalige Kontrolle nach Notfällen - falls erforderlich - auf Überweisung durch Vertragsärzte
3. Ambulante Nachbehandlung nach einer stationären Krankenhausbehandlung-) in der chirurgischen Abteilung des Stadtkrankenhauses A-Stadt gGmbH, A-Stadt, im Einvernehmen mit dem behandelnden Vertragsarzt auf dessen namentliche Überweisung, längstens jedoch bis zum Ablauf von drei Monaten nach Entlassung aus stationärer Behandlung -) Eine Abrechnung innerhalb der ersten 14 Tage nach der Entlassung ist nur dann möglich, wenn eine Abrechnungsmöglichkeit nach § 115a SGB V nicht von den Fallpauschalen umfasst ist.
4. Laborleistungen nach Kapitel 32.2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM 2000)
Die Erbringung der Nr. 07220 EBM 2000 und von ambulanten Operationen, die im Stadtkrankenhaus in A-Stadt durchgeführt werden, ist ausgeschlossen.

Mit Bescheiden vom 24. Oktober 2006, 23. November 2006, 15. Februar 2007, 16. August 2007, 21. Februar 2008 und 28. März 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine Abrechnungen für die streitgegenständlichen Quartale berichtigt worden seien. Im Quartal II/06 seien 53 Behandlungsfälle, im Quartal III/06 73 Behandlungsfälle, im Quartal IV/06 21 Behandlungsfälle, im Quartal II/07 93 Behandlungsfälle, im Quartal III/07 89 Behandlungsfälle und im Quartal IV/07 74 Behandlungsfälle ganz oder teilweise von der Vergütung ausgenommen worden (insgesamt 403 Behandlungsfälle). Bei den abgesetzten Ziffern handelte es sich im Wesentlichen um Ziffern des Ordinations- und Konsultationskomplexes sowie Röntgenleistungen. Ihre Berichtigungen begründete die Beklagte damit, dass nach den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben die nach einem stationären Krankenhausaufenthalt erforderlichen Leistungen nicht Gegenstand der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung seien. Deshalb hätten die vom Kläger im Anschluss von 14 Tagen nach stationärer Behandlung berechneten Leistungen von der Vergütung ausgeschlossen werden müssen. Eine Abrechung über die Beklagte sei nur dann möglich, wenn die Behandlung innerhalb der ersten 14 Tage nicht wegen der zuvor bereits stationär behandelten Erkrankung notwendig werde.

Gegen diese Bescheide legte der Kläger jeweils Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass seine Ermächtigung keinerlei zeitliche Einschränkungen habe außer der, dass die Behandlung längstens bis zum Ablauf von 3 Monaten nach Entlassung aus der stationären Behandlung abgerechnet werden könne. Da es sogenannte Nachbehandlungspauschalen nicht gebe und das Krankenhaus die nachstationäre Behandlung in den ersten 14 Tagen nach einer Entlassung nicht abgerechnet habe, habe er wie bisher davon ausgehen können, dass eine Abrechnung im Rahmen seiner Ermächtigung möglich sei. Ohne vorherige Information sei diese Kürzung jedenfalls rechtswidrig, da ihm keine Gelegenheit gegeben worden sei, sein Sprechstundenverhalten anzupassen und sich vergütungskonform zu verhalten. Zudem werde im Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 15. Februar 2007 bestätigt, dass die nachstationäre Behandlung nicht grundsätzlich zu Lasten des Krankenhauses erfolgen könne, da sie nicht Bestandteil der DRG-Vergütung sei. Da er als ermächtigter Arzt in besonderen Fällen auf Zuweisung des Hausarztes die nachstationäre Behandlung durchführe, seien die entsprechenden Leistungen auch von der Beklagten zu vergüten.

Mit Widerspruchbescheid vom 26. September 2008 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers als unbegründet zurück. Hierzu führte sie aus, nach § 8 Abs. 3 (richtig wohl: § 8 Abs. 2 Nr. 4) des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (KHEntgG) dürfe durch das Krankenhaus zusätzlich zur Fallpauschale eine nachstationäre Behandlung nach § 115a SGB V berechnet werden, soweit die Summe aus den stationären Behandlungstagen und der vor- und nachstationären Behandlungsdauer die Grenzfallverweildauer der Fallpauschale nicht übersteige (richtig wohl: die Grenzfallverweildauer der Fallpauschale übersteige). Im Umkehrschluss bedeute dies, dass eine vor- und nachstationäre Behandlung in die diagnosebezogene Fallpauschale (DRG) bereits einbezogen sei. Es sei entsprechend den Auskünften des hessischen Sozialministeriums vom 24. August 2007 davon auszugehen, dass innerhalb der gesetzlichen Frist von 14 Tagen die im direkten Zusammenhang mit der Krankenhausbehandlung stehende Nachbetreuung der Patienten in die Zuständigkeit des Krankenhauses falle. Dies gelte unabhängig davon, ob durch das Stadtkrankenhaus A-Stadt gGmbH eine nachstationäre Behandlung abgerechnet werde. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass der Kläger gemäß Beschluss des Zulassungsausschusses vom 26. Oktober 2004 zur ambulanten Nachbehandlung nach einer stationären Krankenhausbehandlung ermächtigt sei, denn diese Ermächtigung gelte nur, soweit die ambulante Nachbehandlung als Leistung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbracht werde. Innerhalb von 14 Tagen nach der stationären Behandlung sei diese Voraussetzung nicht gegeben. Mit der Ermächtigung vom 31. Oktober 2006 sei dies noch einmal verdeutlicht worden. Zudem sei bei Durchsicht der Abrechnungsscheine aufgefallen, dass vermehrt die nachstationäre Behandlung bereits Tage vor Ausstellung der Überweisung durchgeführt und diese nachträglich über den Überweisungsschein abgerechnet worden sei. Da er gemäß seiner Ermächtigung nur auf Überweisung tätig werden dürfe, und diese im Zeitpunkt der Behandlung vorliegen müsse, seien die vorgenannten Fälle schon aus diesem Grund von der Honorierung auszunehmen gewesen. Auffällig sei darüber hinaus, dass Überweisungen bereits vor der stationären Behandlung ausgestellt worden seien und sodann die nachstationäre Betreuung nahtlos im Zusammenhang mit der stationären Behandlung stattgefunden habe.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 22. Oktober 2008 Klage beim Sozialgericht Marburg (SG) erhoben. Wenn die Beklagte darauf abstelle, dass der Kläger die Versicherten zwar für einen Zeitraum von drei Monaten ambulant behandeln dürfe, dies aber nicht für die ersten 14 Tage nach dem Ende der stationären Behandlung gelte, könne sie sich hierauf allenfalls für die Leistungen im Ermächtigungszeitraum 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2008 berufen. Der Ermächtigungsbeschluss vom 26. Oktober 2004 habe anders als der Ermächtigungsbeschluss vom 31. Oktober 2006 nicht die Anmerkung enthalten: "Eine Abrechnung innerhalb der ersten 14 Tage nach der Entlassung ist nur dann möglich, wenn eine Abrechnungsmöglichkeit nach § 115 a SGB V nicht von den Fallpauschalen umfasst ist." Diese Anmerkung bedeute jedoch keine zeitliche Einschränkung des Ermächtigungsumfangs nach dem Ende eines stationären Krankenhausaufenthalts. Eine nachstationäre Behandlung sei eine von der ambulanten Behandlung unterschiedliche Behandlungsform und vom Leistungsumfang her ein quantitatives und qualitatives Mehr. Die Notwendigkeit der nachstationären Behandlung bestimme sich nach der Definition in § 107 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB V. Unterschied zur vollstationären Behandlung sei nur, dass die Patienten nicht untergebracht und verpflegt werden müssten. In diesem Sinne seien die streitgegenständlichen Behandlungsfälle nicht als nachstationäre Behandlung zu definieren, vielmehr habe es sich ausschließlich um ambulante Behandlung gehandelt. Dies werde auch an den abgerechneten Gebühren deutlich. Der Kläger hat ergänzend vorgetragen, dass die KBV gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft am 4. September 2009 eine Stellungnahme zur Abgrenzung ambulanter vertragsärztlicher Versorgung und nachstationärer Krankenhausversorgung abgegeben habe. Danach oblägen die Feststellung der Notwendigkeit und die Durchführung einer nachstationären Behandlung allein der Entscheidung des Krankenhauses. In den vom Kläger abgerechneten Fällen habe das Krankenhaus nicht entschieden, die Patienten nachstationär zu behandeln. Da diese aber gleichwohl behandlungsbedürftig gewesen seien, wenn auch nicht mit besonderen Mitteln eines Krankenhauses, habe er sie vertragsärztlich ambulant versorgen dürfen.

Dem hat die Beklagte entgegen gehalten, dass die Entscheidung des Zulassungsausschusses für sie bindend sei. Der Zusatz im Ermächtigungsbeschluss vom 31. Oktober 2006 unter Nr. 3 bedeute, dass eine Abrechnung über die Beklagte nur dann möglich sei, wenn die Behandlung innerhalb der ersten 14 Tage nicht wegen der zuvor bereits stationär behandelten Erkrankung notwendig werde. Der für die Abrechnung maßgebende Status sei durch diese Entscheidung bindend festgelegt. Aber auch in den streitgegenständlichen Zeiträumen vor der Geltung des Ermächtigungsbeschlusses vom 31. Oktober 2006 seien die Abrechnungen des Klägers rechtswidrig gewesen, da die streitigen Leistungen nicht Gegenstand der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 8 BMV-Ä bzw. § 2 Abs. 12 Nr. 8 EKV-Ä gewesen seien. Ausgangspunkt für die Beurteilung des Sachverhalts sei § 39 SGB V. Danach erfasse die Krankenhausbehandlung im Rahmen des Versorgungsauftrages des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten in Krankenhaus notwendig seien, insbesondere ärztliche Behandlung usw. Daraus ergebe sich die Verpflichtung des Krankenhauses eine notwendige nachstationäre Behandlung durchzuführen. Das Krankenhaus dürfe nicht die Verantwortung für den Patienten auf die niedergelassenen Vertragsärzte abwälzen. Über die Kann-Vorschrift des § 115a Abs. 1 SGB V werde dem Krankenhaus lediglich die Möglichkeit eröffnet, anstatt einer vollstationären Krankenhausbehandlung eine nachstationäre Krankenhausbehandlung durchzuführen. Diese dürfe in zeitlicher Hinsicht 14 Tage nach Beendigung der stationären Behandlung nicht überschreiten. Dies bedeute, dass eine Abrechnung von ambulanten Leistungen des Klägers als ermächtigter Krankenhausarzt ausschließlich dann möglich sei, wenn die Behandlung innerhalb der ersten 14 Tage nach Entlassung nicht wegen der zuvor bereits stationär behandelten Erkrankung notwendig werde. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG habe der Kläger die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung. Hiergegen habe er grob fahrlässig verstoßen, indem er vermehrt die nachstationäre Behandlung bereits Tage vor Ausstellung der Überweisung durchgeführt und diese erst nachträglich über den Überweisungsschein abgerechnet habe. In derartigen Fällen trage der Arzt das sogenannte Honorarrisiko. Schon aus der Systematik des § 24 BMV-Ä, wonach nach Abs. 7 der überweisende Vertragsarzt verpflichtet sei, auf dem Überweisungsschein zu kennzeichnen, welche Art der Überweisung vorliege, folge, dass eine ärztliche Leistung nicht im Vorfeld einer Überweisung erbracht werden könne. Der ausführende Arzt sei grundsätzlich an den Überweisungsschein gebunden und dürfe sich keinen eigenen Abrechnungsschein ausstellen.

Mit Urteil vom 24. August 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung. Sie gehe zutreffend davon aus, dass die noch strittigen Leistungen nicht vom Ermächtigungskatalog des Klägers umfasst gewesen seien. Rechtsgrundlage für die Zulassungsbeschlüsse vom 26. Oktober 2004 und 31.Oktober 2006 sei § 116 SGB V. Nach Satz 1 der Vorschrift könnten Krankenhausärzte mit abgeschlossener Weiterbildung mit Zustimmung des Krankenhausträgers vom Zulassungsausschuss zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten ermächtigt werden. Die Ermächtigung sei - Satz 2 der Vorschrift - zu erteilen, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten nicht sichergestellt werde. Grundvoraussetzung für die Erteilung einer Ermächtigung nach § 116 SGB V, § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV sei, dass die Leistung, für die die Ermächtigung begehrt werde, dem Bereich der vertragsärztlichen Versorgung zuzuordnen ist. Für die Beantwortung der Frage, ob die Leistungen, die Gegenstand der Ermächtigung sein sollen, dem vertragsärztlichen Bereich oder dem hiervon abzugrenzenden Bereich der Krankenhausbehandlung zuzurechnen sind, sei entscheidend, ob die Leistung, für die die Abrechnung auf der Grundlage der Ermächtigung begehrt werde, dem ambulanten oder dem (teil-) stationären Bereich zuzuordnen sei. Durch die Einfügung der §§ 115b (ambulantes Operieren im Krankenhaus) und 115 a (vor- und nachstationäre Behandlung im Krankenhaus) SGB V durch Gesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) habe sich insofern eine Änderung ergeben, als auch in einem Krankenhaus ambulante und rechtlich gleichwohl dem Bereich "Krankenhausbehandlung" und nicht dem Bereich "vertragsärztliche Versorgung" zuzuordnende Leistungen erbracht würden. Entsprechend sei in § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V geregelt, dass die Krankenhausbehandlung "vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115a) sowie ambulant (§ 115b)" erbracht werde. § 115a SGB V enthalte eine Legaldefinition des Begriffs der nachstationären Leistungen. Nach dieser Vorschrift könne das Krankenhaus Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandeln, um im Anschluss an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen (nachstationäre Behandlung). Vorliegend streitgegenständlich seien nach Zuordnung zu den abgesetzten Ziffern klassische Nachsorgeleistungen, d.h. Ordinations- und Konsultationskomplex sowie Röntgenleistungen. Es handele sich um Leistungen, die der gesetzlichen Definition unterfielen, da sie dazu dienten, den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 KHEntgG dürften derartige nachstationäre Leistungen zusätzlich zu einer Fallpauschale nur berechnet werden, soweit die Summe aus den stationären Belegungstagen und den vor- und nachstationären Behandlungstagen die Grenzverweildauer der Fallpauschale übersteige. Da in den vorliegend streitgegenständlichen Fällen eine Verweildauerüberschreitung unstreitig nicht vorgelegen habe, sei die nachstationäre Behandlung durch den Kläger bereits durch die Fallpauschale abgegolten. Die zusätzliche Abrechnung im Rahmen seiner Ermächtigung hätte folglich eine Doppelabrechnung der Leistungen bedeutet. Darüber hinaus habe der Kläger auch nicht eine Abrechnungsbefugnis zumindest bis zum Ende des Jahres 2006 aus der Formulierung des Bescheides des Zulassungsausschusses vom 26. Oktober 2004 herleiten können. Zwar sei dem Kläger zuzugeben, dass die ab dem 1. Januar 2007 gültige Formulierung mit der klarstellenden Fußnote zu § 115a SGB V hinsichtlich der Abrechnungsmöglichkeiten klarer sei. Gleichwohl habe der Kläger nach der gesetzlichen Systematik der Vorschriften der §§ 115a und 116 SGB V nicht davon ausgehen können, Leistungen, die in den Bereich von § 115a SGB V fallen, unbegrenzt abrechnen zu können, da es sich im Sinne der in der Ermächtigung enthaltenen Aufgabendefinition nicht um ambulante Leistungen handele. Der Zulassungsbescheid vom 26. Oktober 2004 habe insoweit kein schutzwürdiges Vertrauen zu begründen vermocht. Das BSG habe in anderem Zusammenhang ausgeführt, sachlich-rechnerische Richtigstellungen aus Vertrauensschutzgründen dürften nicht erfolgen, wenn die KV über einen längeren Zeitraum eine systematisch fachfremde oder eine ohne ausreichende fachliche Qualifikation ausgeübte Tätigkeit wissentlich geduldet und der Vertragsarzt im Vertrauen auf die weitere Vergütung solcher Leistungen weiterhin entsprechende Leistungen erbracht habe (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr. 9 S. 38 f und BSGE 84, 290, 296 f. = SozR 3 2500 § 95 Nr. 21 S. 91; BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 6 S. 35). Hierfür erkenne die Kammer im vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte. Spätestens seit Erlass des Berichtigungsbescheides am 24. Oktober 2006 für das Quartal II/06 hätte der Kläger wissen müssen, dass die Abrechnung innerhalb von 14 Tagen nach stationärem Aufenthalt Probleme bereite. Gleichwohl habe er sein Abrechnungsverhalten die nächsten Jahre fortgesetzt. Aus dem Verhältnis der Vorschriften der §§ 116 und 115a SGB V zueinander ergebe sich ein grundsätzlicher Ausschluss dergestalt, dass eine Ermächtigung nach § 116 SGB V nicht für Leistungen nach §115a SGB V erteilt werden könne. Einen Überschneidungsbereich/ eine Schnittstelle gebe es bei diesen Vorschriften nicht. Der qualitative und quantitative Versorgungsbedarf, der einer Ermächtigung zugrunde liege, sei davon abhängig, ob eine durch Vertragsärzte nicht zu schließende Lücke vorrangig durch andere Formen der Beteiligung an der ambulanten Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung geschlossen werden könne. So bestehe ein Bedarf für eine Ermächtigung hinsichtlich solcher Leistungen gerade nicht, die in einem Krankenhaus nach § 115a SGB V erbracht werden (so für § 115b SGB V Steege, in: Hauck, SGB V, § 116 Rn. 21). Eine Ermächtigung nach § 116 SGB V könne grundsätzlich nicht für den Bereich der Leistungen nach § 115a SGB erteilt werden. Rechtssystematisch handelt es sich bei der poststationären Behandlung um eine Krankenhausbehandlung eigener Art, die weder eindeutig der ambulanten noch der stationären Versorgung zugerechnet werden könne (Steege, in: Hauck, SGB V, § 115a Rn. 7). Die in der Definition vorgesehene zeitliche Beschränkung einer nachstationären Behandlung solle sicherstellen, dass die nichtstationäre Behandlung in der Hand der niedergelassenen Ärzte verbleibe und außerhalb des genannten Zeitraumes die ambulante vertragsärztliche Versorgung Vorrang habe (BT Drucks. 12/3608, S. 102). Im 14-tägigen Zeitrahmen des § 115a SGB V sei für die Abrechnung einer originär vertragsärztlichen Behandlung durch einen ermächtigten Arzt kein Raum. Diese gesetzliche Wertung spiegle § 8 KHEntgG wider.

Gegen das ihm am 6. September 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. September 2010 beim Hessischen Landessozialgericht (HLSG) Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, seine streitbefangenen Leistungen seien ärztliche Leistungen i.S.v. § 28 SGB V, aber keine Krankenhausbehandlung im Sinne von § 39 Abs. 1 i.V.m. § 115 a Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Die ärztliche Behandlung sei nach § 28 Abs. 1 SGB V allein die Tätigkeit des Arztes einschließlich seines ärztlichen Personals, das nach seiner fachlichen Weisung unter seiner Aufsicht tätig werde. Dagegen bestehe die Krankenhausbehandlung nach § 39 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz SGB V "aus insbesondere ärztlicher Behandlung (§ 28 Abs. 1), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung." Die Besonderheit bei der nachstationären Behandlung nach § 115a Abs. 1 SGB V sei, dass der Gesetzgeber aus dem Leistungsumfang lediglich die "Hotelkomponente" herausgenommen habe. Das Ziel der nachstationären Behandlung nach § 115 Abs. 1 Nr. 2 SGB V lasse nicht die Schlussfolgerung zu, dass jede einzelne ärztliche Tätigkeit an 7 Behandlungstagen innerhalb von 14 Tagen (vgl. § 115 a Abs. 2 S. 2 SGB V) nur eine Krankenhausbehandlung sein dürfe. Aus § 12 Abs. 1 und § 72 Abs. 4 Satz 1 SGB V ergebe sich, dass eine Krankenhausbehandlung nur durchgeführt werden dürfe, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten nicht zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs ausreiche. Auf die aktenkundige Stellungnahme der Spitzenverbände des Gesundheitswesens werde verwiesen. Keiner der vom Kläger in den streitbefangenen Fällen ambulant behandelten Versicherten habe zur Sicherung und Festigung des Behandlungserfolgs der besonderen Mittel eines Krankenhauses bedurft. Der Zulassungsausschuss habe mit Beschluss vom 31. Oktober 2006 nur scheinbar den zeitlichen Umfang der Ermächtigung des Klägers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung eingeschränkt. Wenn eine nachstationäre Behandlung nicht erforderlich gewesen und nicht durchgeführt worden sei, sei eine Abrechnungsmöglichkeit nach § 115a SGB V nicht gegeben gewesen. In diesem Fall habe der Kläger die Versicherten auch innerhalb der ersten 14 Tage nach ihrer Entlassung aus der stationären Behandlung ambulant behandeln dürfen.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 24. August 2010 und die Bescheide der Beklagten vom 24. Oktober 2006, 23. November 2006, 15. Februar 2007, 16. August 2007, 21. Februar 2008 und 28. März 2008, sämtliche in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig. Bei den von ihr abgesetzten Leistungen handele es sich um nachstationäre Leistungen i. S. der §§ 39,115a SGB V und nicht um von der Ermächtigung umfasste Leistungen. Die Leistungen seien Nachsorgeleistungen als Folge der stationären Behandlung gewesen und hätten der Sicherung und Festigung des Behandlungserfolgs gedient. Sie seien innerhalb des gem. § 115a Abs. 2 SGB V vorgegebenen Zeitrahmens erbracht worden. Da die Grenzverweildauer nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 KHEntgG unstreitig nicht überschritten sei, sei die nachstationäre Behandlung bereits mit der Fallpauschale abgegolten. Eine Vergütung des Klägers führte zu einer Doppelabrechnung der Leistungen. Die nachstationäre Behandlung unterscheide sich nicht durch ein "Mehr" von der ambulanten Behandlung. Die in § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V genannten Leistungsarten beschrieben das mögliche Spektrum für die vollstationäre Behandlung, dies bedeute jedoch nicht, dass alle diese Leistungsarten in jedem Einzelfall erbracht werden müssten. Auch aus § 115a Abs. 1 SGB V ergebe sich nichts anderes. Der dem Krankenhaus nach § 115a Abs. 1 SGB V obliegende Beurteilungsspielraum gehe dahin, ob eine vollstationäre oder nachstationäre Behandlung erfolge, nicht dahin, von einer nachstationäre Behandlung abzusehen und den Patienten auf eine ambulante vertragsärztliche Behandlung zu verweisen, wie der Kläger offenbar meine. Eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Behandlungsumfangs bedürfe es nicht. Die Abrechnung der streitigen Leistungen könne der Kläger nicht auf die Ermächtigung gemäß den Beschlüssen des Zulassungsausschusses stützen. Da die streitigen Leistungen der nachstationären Krankenhausbehandlung zuzuordnen seien, seien sie nicht von der Ermächtigung umfasst gewesen. Zudem sei im Beschluss des Zulassungsausschusses vom 31. Oktober 2006 mit Wirkung ab 1. Januar 2007 unter Ziff. 3 eine ausdrückliche Klarstellung erfolgt. Unabhängig davon sei die Beklagte zu einer Schätzung des Honoraranspruchs berechtigt, weil der Kläger entgegen § 24 BMV- Ä bzw. § 37 EKV-Ä und der erteilten Ermächtigung die nachstationäre Behandlung in vermehrten Fällen bereits Tage vor Ausstellung der Überweisung durchgeführt und diese erst nachträglich über den Überweisungsschein abgerechnet habe. Zudem seien Überweisungen an den Kläger bereits vor der stationären Behandlung ausgestellt worden, und habe die nachstationäre Behandlung nahtlos im Zusammenhang mit der stationären Behandlung stattgefunden. Der Kläger habe gegen seine Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung verstoßen, weshalb die Beklagte zur Schätzung berechtigt gewesen sei. Daher sei die Berufung in jedem Fall unbegründet, selbst wenn man der Rechtsansicht des Klägers folgte. Auf Vertrauensschutz könne er sich nicht berufen.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 13. Juli 2011 erklärt, das Stadtkrankenhaus A-Stadt erbringe im chirurgischen Bereich grundsätzlich keine nachstationären Leistungen im Sinne von § 115 a SGB V unter anderem deshalb, weil er eine Ermächtigung auf orthopädischem und unfallchirurgischem Gebiet zur nachstationären Behandlung der Patienten besitze.

Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Das Urteil des SG vom 24. August 2010 war teilweise aufzuheben. Die Bescheide der Beklagten vom 24. Oktober 2006, 23. November 2006, 15. Februar 2007, 16. August 2007, 21. Februar 2008 und 28. März 2008, sämtliche in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. September 2008, sind insoweit rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten, als Leistungen allein mit der Begründung "Leistungen innerhalb 14 Tage nach stationärem Aufenthalt" oder einer ähnlichen Begründung abgesetzt wurden. Insoweit ist die Berufung begründet. Soweit in den Behandlungsfällen C., D., E., F., G., H., I. Leistungen auch mit der Begründung abgesetzt wurden, dass vor Behandlungsbeginn der Überweisungsschein nicht vorlag, sind das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten rechtmäßig. Insoweit ist die Berufung unbegründet und war sie zurückzuweisen.

Die abgerechneten streitgegenständlichen Leistungen innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss der stationären Behandlung waren entgegen der Auffassung des SG sowie der Beklagten grundsätzlich vom Ermächtigungskatalog des Klägers - sowohl in der Fassung des Zulassungsbeschlusses vom 26. Oktober 2004 als auch des Beschlusses vom 31. Oktober 2006 - umfasst. Nicht hingegen vom Ermächtigungsumfang erfasst waren die Leistungen in den Behandlungsfällen C., D., E., F., G., H. und I., in denen die Behandlung vor Vorliegen des Überweisungsscheins durchgeführt worden ist.

Auf der Rechtsgrundlage der §§ 116 SGB V, 31a Abs. 1 Ärzte-ZV erstreckte sich die Ermächtigung des Klägers in den Quartalen II-IV/06 gemäß Beschluss des Zulassungsausschusses vom 26. Oktober 2004 in der Zeit bis 31. Dezember 2006 u. a. auf die "3. Ambulante Nachbehandlung nach einer stationären Krankenhausbehandlung in der chirurgischen Abteilung am Stadtkrankenhaus, A-Stadt, im Einvernehmen mit dem behandelnden Vertragsarzt auf dessen namentliche Überweisung; längstens jedoch bis zum Ablauf von 3 Monaten nach Entlassung aus stationärer Behandlung." Im weiteren Beschluss des Zulassungsausschusses vom 31. Oktober 2006 wurde Ziff. 3 der Ermächtigung durch einen Zusatz dahingehend ergänzt, dass eine Abrechnung innerhalb der ersten 14 Tage nach der Entlassung nur dann möglich ist, wenn eine Abrechnungsmöglichkeit nach § 115a SGB V nicht von den Fallpauschalen umfasst ist.

Ziff. 3 der Ermächtigung gemäß Beschluss des Zulassungsausschusses vom 26. Oktober 2004 enthält als zeitliche Begrenzung lediglich den Ablauf von drei Monaten nach Entlassung aus stationärer Behandlung. Eine weitergehende zeitliche Begrenzung ergibt sich auch nicht aufgrund der Vorschriften der §§ 115a, 116 SGB V und § 8 Abs. 2 Nr. 4 KHEntgG. Zur Überzeugung des erkennenden Senats steht fest, dass nach der Gesetzessystematik der §§ 115a, 116 SGB V und § 8 Abs. 2 Nr. 4 KHEntgG nicht generell innerhalb des Zeitraums von 14 Tagen nach Abschluss der stationären Behandlung von einem Ausschluss ambulanter vertragsärztlicher Leistungen in Gestalt der vom Kläger erbrachten Nachsorgeleistungen ausgegangen werden kann. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus Ziff. 3 der Ermächtigung in der Fassung des Beschluss des Zulassungsausschusses vom 31. Oktober 2006 mit Ergänzung durch einen Zusatz. Auch diesem Zusatz kann kein eindeutiger Erklärungsgehalt dahingehend entnommen werden, dass die Ermächtigung generell keine ambulanten Nachsorgeleistungen im Zusammenhang mit der stationären Behandlung während der ersten 14 Tage nach Entlassung erfasst.

Das SG hat im Ausgangspunkt zutreffend darauf abgestellt, dass eine Ermächtigung nach § 116 SGB V, § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV nur für ambulante vertragsärztliche Leistungen, nicht jedoch für der stationären Versorgung zuzurechnende Leistungen erteilt werden kann. Nach der Rechtsprechung des BSG wird durch die Neuregelungen des Gesundheitsstrukturgesetzes - GSG - die Aufteilung der Versorgung der Versicherten in eine ambulante ärztliche Behandlung und eine Krankenhausbehandlung nicht infrage gestellt. Zwar ist in den §§ 115a, 115b SGB V die Berechtigung zur vor- und nachstationären ambulanten Behandlung und zum ambulanten Operieren im Krankenhaus vorgesehen. Dadurch wird jedoch der grundsätzliche Vorrang der niedergelassenen Vertragsärzte bei der ambulanten Behandlung nicht aufgehoben (vgl. Urteil des BSG vom 22. Juni 1994, 6 R Ka 34/93, Juris Rdnr. 17). Die Erweiterung der ambulanten Behandlungsberechtigung für Krankenhäuser ist somit nur auf bestimmte, eng begrenzte Bereiche beschränkt, um durch eine Reduzierung der vollstationären Behandlung eine Verminderung der Krankenhauskosten zu erreichen (vgl. Begründung des Entwurfs zum GSG, BT-Drucks. 12/3608, S 102, zu Nr. 63). Als problematisch erweist sich die Zuordnung zur ambulanten oder stationären Versorgung bei solchen Leistungen, die zwar ambulant, aber im Hinblick auf eine stationäre Behandlung durchgeführt werden.

Nach § 115a Abs. 1 Nr. 2 SGB V kann das Krankenhaus bei Verordnung von Krankenhausbehandlung im Rahmen einer Ermessensentscheidung Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandeln, um im Anschluss an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg zu sichern oder selbst zu festigen (nachstationäre Behandlung). Gemäß § 115a Abs. 2 Satz 2 SGB V darf die nachstationäre Behandlung sieben Behandlungstage innerhalb von 14 Tagen, bei Organübertragungen nach § 9 Abs. 1 des Transplantationsgesetzes drei Monate nach Beendigung der stationären Krankenhausbehandlung nicht überschreiten. Im Umkehrschluss bedeutet dies nicht, dass im Anschluss von 14 Tagen an die stationäre Behandlung generell keine ambulante vertragsärztliche Behandlung im Zusammenhang mit der durchgeführten stationären Behandlung mehr stattfinden kann. Auch in der Rechtsprechung des BSG wird nicht ein zeitliches Kriterium herangezogen, um in den Fällen des § 115a SGB V den Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Leistungen vom Bereich der stationären Versorgung und damit Krankenhausbehandlung abzugrenzen. Die Zuordnung von ambulant durchgeführten vor- oder nachstationären Leistungen zur ambulanten oder stationären Versorgung beurteilt sich vielmehr unter Berücksichtigung des Zusammenhanges mit der stationären Behandlung, der Art und Weise ihrer Erbringung und der Funktion der Leistungen. Ambulant durchgeführte Leistungen sind der stationären Versorgung zuzurechnen, wenn sie nach Art und Schwere der Erkrankung für die medizinische Versorgung des Versicherten im Krankenhaus erforderlich sind, im Hinblick auf eine notwendige stationäre Behandlung und unter der Verantwortung eines Krankenhaus tätigen Arztes erbracht werden sowie eine ansonsten erforderliche stationäre Leistung ersetzen oder überflüssig machen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Juni 1996, 6 RKa 15/95, Juris Rdnr. 15; Urteil vom 22. Juni 1994, 6 RKa 34/93, Juris Rdnr. 19). Das Vorliegen dieser Kriterien wurde vom BSG für die präoperativen Eigenblutentnahmen bejaht, die daher nicht Gegenstand der Ermächtigung eines Krankenhausarztes sein können.

Das BSG hat jedoch zu Recht auch darauf hingewiesen, dass anders als nach bisherigem Recht die Verordnung von Krankenhauspflege nicht mehr stets zu einer scharfen Trennung zwischen ambulanter und stationärer Behandlung, sondern zu einer Überschneidung beider Leistungsbereiche bei der Durchführung einer vor- oder nachstationären Diagnostik führt. So kann z.B. bei dem Chefarzt einer chirurgischen Abteilung eines Krankenhauses, der zur Durchführung einer einmaligen prä- und postoperativen Untersuchung, nachstationär jedoch nur in besonders zu begründenden Einzelfällen, ermächtigt ist, der bevorstehende Abschluss eines Vertrages über die vor- und nachstationäre Krankenhausbehandlung mit dem Krankenhaus gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 4 SGB V dazu führen, dass die Ermächtigung des Arztes zu prä- und postoperativen Leistungen entbehrlich wird (BSG, Urteil vom 19. Juni 1996, a. a. O., Rdnr. 14). Postoperative Untersuchungen, die aufgrund einer Ermächtigung erbracht werden, und Leistungen im nachstationären Bereich, die z. B. aufgrund eines Vertrags nach § 115 Abs. 2 Nr. 4 SGB V der stationären Versorgung zuzuordnen sind, können identisch sein (BSG, Urteil vom 19. Juni 1996, a. a. O., Rdnr. 15). Wie in anderen Fällen der Bedarfsänderung muss in Kauf genommen werden, dass sich der Umfang der Ermächtigung nicht immer zeitlich nahtlos an die Versorgungslage anpassen lässt, und die Ermächtigung für eine begrenzte Zeit nach Wegfall des Bedarfs noch fortbesteht (BSG, Urteil vom 19. Juni 1996, a. a. O., Rdnr. 18). Die weitergehende Schlussfolgerung der Beklagten, dass Behandlungen im Zeitraum von 14 Tagen nach Abschluss der stationären Behandlung (vgl. § 115 a Abs. 2 Satz 2 SGB V) prinzipiell nicht Gegenstand einer Ermächtigung sein können, sofern sie noch im Zusammenhang mit der stationären Behandlung stehen, hat das BSG jedoch nicht gezogen. Vom Kläger wurden Nachsorgeleistungen im Wesentlichen in Form von Ordinations- und Konsultationsleistungen sowie Röntgenleistungen erbracht (wie z. B. die abgesetzten Leistungen für das Quartal III/06 nach den Nrn. 01310, 01311, 01312, 01430, 01601, 02350 07215, 07311, 32030, 32120, 32128, 33042, 34221, 34230, 34231, 34232, 34233, 40120). Auch hierbei handelte es sich um Leistungen im Überschneidungsbereich der ambulanten vertragsärztlichen Leistungen und der Krankenhausbehandlung, die nicht zwingend dem Bereich der stationären Versorgung zuzuordnen sind. Einer Bedarfsänderung muss der Zulassungsausschuss im Rahmen der Ermächtigung, die hinreichend klar und eindeutig zu formulieren ist, Rechnung tragen. Erheblichen Bedenken begegnet es, wenn die wesentliche Voraussetzung für die Ermächtigung, ein entsprechender nicht anderweitig zu deckender Bedarf, dadurch aufrechterhalten wird, dass entsprechend der Auskunft des Klägers in der mündlichen Verhandlung im chirurgischen Bereich grundsätzlich keine nachstationären Krankenhausleistungen nach § 115 a SGB V u. a. deshalb erbracht werden, weil er eine Ermächtigung auf diesem Gebiet besitzt. Dies ist jedoch für den vorliegenden Rechtsstreit aufgrund des Umfangs der streitgegenständlichen Ermächtigungen nicht entscheidungserheblich.

An dieser Beurteilung ändert auch die Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 4 KHEntG nichts. Danach darf in den Fällen, in denen die nachstationäre Behandlung nach § 115a SGB V, soweit die Summe aus den stationären Belegungstagen und den vor- und nachstationären Behandlungstagen die Grenzverweildauer der Fallpauschale übersteigt, diese zusätzlich zu einer Fallpauschale berechnet werden. Im Umkehrschluss ist in den Fällen, in denen die Grenzverweildauer nicht überschritten ist, die nachstationäre Behandlung von den Fallpauschalen umfasst. Zum einen betrifft diese Regelung nur den Umfang der Vergütung der Krankenhausbehandlung in den Fällen, in denen durch das Krankenhaus sowohl stationär als auch vor- und/oder nachstationär behandelt wurde. Zum anderen kann sie auch nicht als gesetzliche Wertung für einen Ausschluss vertragsärztlicher ambulanter Leistungen im Zusammenhang mit der stationären Behandlung für den Zeitraum einer möglichen nachstationären Behandlung herangezogen werden, wenn dieser Ausschluss schon aufgrund der maßgeblichen Vorschriften der §§ 115a, 116 SGB V sowie den zur Abgrenzung beider Leistungsbereiche entwickelten Kriterien der BSG-Rechtsprechung nicht besteht, wie oben im Einzelnen ausgeführt wurde.

Die mit dem Zusatz zu Ziff. 3 der Ermächtigung in der Fassung des Beschluss des Zulassungsausschusses vom 31. Oktober 2006 beabsichtigte Klarstellung, dass die Ermächtigung für Nachsorgeleistungen innerhalb der ersten 14 Tage nach Abschluss der stationären Behandlung keine Gültigkeit haben soll, ist nicht geglückt. Insoweit ist dem Kläger zuzugeben, dass eine Abrechnungsmöglichkeit nach § 115a SGB V voraussetzt, dass die Voraussetzungen der nachstationären Krankenhausbehandlung vorliegen und diese durchgeführt wird. Ein Ausschluss ambulanter Nachsorgeleistungen 14 Tage nach Abschluss der stationären Behandlung, sofern diese im Zusammenhang mit der stationären Leistung stehen, kann der Formulierung jedenfalls nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnommen werden.

Nicht vom Ermächtigungsumfang erfasst waren die von der Beklagten im Widerspruchsbescheid näher bezeichneten abgesetzten Leistungen des Klägers in den Behandlungsfällen C., D., E., F., G., H. und I., in denen die Behandlung zwischen den Beteiligten unstreitig vor Vorliegen des Überweisungsscheins durchgeführt worden ist. Dies ergibt sich aus Ziff. 3 der Ermächtigung in Verbindung mit den Vorschriften des BMV-Ä bzw. EKV-Ä. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 BMV-Ä bzw. § 27 Abs. 1 Satz 1 EKV-Ä hat der Vertragsarzt die Durchführung erforderlicher diagnostischer oder therapeutischer Leistungen durch einen ermächtigten Arzt durch Überweisung auf vereinbartem Vordruck und damit schriftlich zu veranlassen. Nach § 24 Abs. 2 Satz 3 BMV-Ä bzw. § 27 Abs. 2 Satz 3 EKV-Ä ist der ausführende Vertragsarzt grundsätzlich an den Überweisungsschein gebunden. Daraus folgt, dass der Überweisungsschein vor Beginn der Behandlung vorliegen muss, und die Behandlung nicht begonnen werden durfte, wenn z. B. die Patienten den Überweisungsschein vergessen hatten, wie vom Kläger in den Behandlungsfällen C., D., E., F. und G. vorgetragen wurde (so auch Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 1. Dezember 2005, L 5 KA 27/05, Juris Rdnr. 15). In besonderen Ausnahmefällen, etwa wenn die zu veranlassenden Maßnahmen dringend erforderlich sind, kann ein Überweisungsschein, der die Anforderungen der Vordruckvereinbarung erfüllt, mangels Krankenversichertenkarte nicht ausgestellt werden (vgl. § 24 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä und BSG, Urteil vom 22. Juni 2005, B 6 KA 19/04 R, Juris Rdnr. 19). Dafür, dass es sich in den Fällen des Klägers um solche Ausnahmefälle gehandelt hat, sind keine hinreichenden Anhaltspunkte ersichtlich. Der Einwand der Beklagten, sie wäre aufgrund der Behandlungsfälle mit Behandlungsbeginn vor Vorliegen des Überweisungsscheins zur Schätzung berechtigt gewesen, kommt hier schon deshalb nicht zum Tragen, weil mit den streitgegenständlichen Bescheiden keine Honorarschätzungen, sondern konkrete Absetzungen von Leistungen in den aufgeführten Behandlungsfällen vorgenommen wurden. Nur in den oben namentlich genannten Fällen ergibt sich zumindest aus dem Widerspruchsbescheid hinreichend bestimmt, dass die Absetzungen nicht nur aufgrund der 14-Tagefrist nach Abschluss der stationären Behandlung, sondern auch wegen des fehlenden rechtzeitigen Vorliegens des Überweisungsscheins erfolgt sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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