Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 11 KA 189/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 6/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 44/12 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 6. Oktober 2010 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden hat.
Die Beteiligten tragen die Kosten beider Instanzen jeweils zur Hälfte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des für das Quartal III/09 zugewiesenen Regelleistungsvolumens (RLV).
Die Klägerin ist eine radiologische Gemeinschaftspraxis mit Vorhaltung von CT und MRT, die seit dem 1. Quartal 2004 in der Zusammensetzung Dres. QQ. und WW. und seit dem 1. Januar 2008 in der Zusammensetzung Frau Dr. EE., Herr Dr. QQ. und Herr Dr. WW. zur vertragsärztlichen Versorgung an unterschiedlichen Standorten mit aktuellem Sitz in A-Stadt zugelassen ist.
Im Jahr 2009 haben die Partner der Klägerin neben ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit jeweils anteilmäßig die Vertretung des Chefarztes für die röntgenologische Abteilung bei den Kreis Kliniken bei dem Landkreis Q. durchgeführt.
Nach einigen zeitlichen Verzögerungen hat die Klägerin ihre Praxisräume in A-Stadt, für die sie erhebliche Investitionen vorgenommen hatte, im Laufe des Sommers 2009 fertig gestellt und ihre Tätigkeit dort aufgenommen. Nach eigenen Angaben war Grundlage der Investitionsentscheidung der Klägerin ein Schreiben der Beklagten vom 2. Oktober 2007, dem sie eine Zusicherung entnahm, wonach Sie im Rahmen der Fallzahlbegrenzungsregelung immer Anspruch auf die durchschnittliche Fallzahl Ihrer Fachgruppe habe. Mit Bescheid vom 9. Juni 2009 erhielt die Klägerin zudem die Genehmigung, eine Zweigpraxis in AB-Stadt zu betreiben.
Die Beklagte wies der Klägerin auf der Grundlage der Fallzahlen aus dem Jahr 2008 mit Bescheid vom 27. Mai 2009 ein Regelleistungsvolumen in Höhe von 3.700,09 EUR für das Quartal IIl/09 zu, resultierend aus der Multiplikation der für das RLV relevanten Fallzahl aus dem Quartal IIl/08 mit dem arztgruppenspezifischen Fallwert. Zur Förderung der Versorgung in Berufsausübungsgemeinschaften für fach- und schwerpunktgleiche Berufsausübungsgemeinschaften wurde ein 10%-iger Aufschlag gewährt.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Widerspruch eingelegt.
Mit Bescheiden vom 7., 9. und 17. September 2009 hat die Antragsgegnerin den Mitgliedern der Klägerin jeweils mit Wirkung zum 29. Juli 2009 die Genehmigung zur Abrechnung von CT- bzw. MRT-Leistungen bzw. für Dr. EE. auch die Genehmigung zur Abrechnung von Leistungen der diagnostischen Radiologie und MR-Angiographie erteilt.
Mit weiterem Bescheid vom 7. September 2009 korrigierte die Beklagte den Bescheid vom 27. Mai 2009 dahingehend, dass das RLV der klägerischen Praxis auf 3.960,25 EUR festgelegt wurde. Die Erhöhung ergab sich aus der Anpassung des Fallwertes für Frau Dr. EE. auf 59,55 EUR aufgrund der geänderten Einstufung in die Gruppe der Radiologen mit Vorhaltung von CT und MRT. Mit weiterem Bescheid vom 8. Oktober 2009 korrigierte die Beklagte das RLV für das Quartal III/09 erneut, diesmal auf 5.860,69 EUR, wobei die Einstufung in die RLV-Gruppe und die Fallwertanpassung auch für die Partner Drs. WW. und QQ. vorgenommen wurde. Beide Korrekturbescheide sind Bestandteil des Widerspruchsverfahrens geworden. Das Gesamthonorar der Klägerin belief sich nach Abrechnung vom 19. Dezember 2009 auf 9.244,12 EUR. Die Zahl der abgerechneten Behandlungsfälle lag bei 371 und ergaben eine Honorarforderung von 40.600,00 EUR. Gegen den Honorarbescheid ist das Widerspruchsverfahren noch anhängig.
Gegen die Zuweisung des Regelleistungsvolumens ab dem Quartal III/09 wandte sich die Klägerin zunächst im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Das SG Marburg (Beschluss vom 6. August 2009, Az. S 11 KA 430/09 ER) gab diesem Antrag insoweit statt, als Leistungen im Fachgebiet der Radiologie bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts zu vergüten seien. Der erkennende Senat (Beschluss vom 21. Dezember 2009, Az. L 4 KA 77/09 B ER) bestätigte diese Entscheidung insoweit, als der Klägerin für das Quartal III/2009 ein Regelleistungsvolumen auf der Basis der tatsächlich abgerechneten 379 Arztfälle und für das Quartal IV/2009 ein Regelleistungsvolumen auf der Basis von 1.500 Fällen zuerkannt wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Zuweisungsbescheid vom 27. Mai 2009 zurück. Auf die hiergegen rechtzeitig erhobene Klage hat das Sozialgericht Marburg mit Urteil vom 6. Oktober 2010 die angefochtenen Bescheide der Beklagten für das Quartal III/09 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
In der Begründung führt das SG zur Rechtmäßigkeit der Rechtsgrundlagen aus, die dem HV 2009 (abgeschlossen zwischen der Beklagten und den Hessischen Krankenkassenverbänden gemäß § 87a bis § 87c SGB V für die Zeit ab dem 1. Januar 2009) zugrunde liegenden Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 sowie vom 17. Oktober 2008 und 23. Oktober 2008 (im folgenden Beschlüsse EBA 2008), seien zwar teilweise rechtswidrig, verletzten jedoch die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf der Grundlage dieser rechtmäßigen bzw. nicht rechtsverletzenden Rechtsgrundlagen in Verbindung mit dem HV 2009 habe die Beklagte jedoch das RLV der Klägerin nicht zutreffend festgesetzt. In dem Schreiben der Beklagten vom 2. Oktober 2007 könne zwar eine Zusicherung im Sinne von § 34 SGB X nicht gesehen werden, gleichwohl sei die dort getroffene Aussage der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit eines Wachstums bis zum Durchschnitt der Fachgruppe auch unter dem Regime des HV 2009 rechtlich zutreffend.
Die Rechtswidrigkeit des RLV-Zuweisungsbescheides ergebe sich daraus, dass umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Möglichkeit haben müssten, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Für neu gegründete Praxen habe das BSG dies dahingehend präzisiert, dass für sog. "Aufbaupraxen" bzw. "Anfängerpraxen" insoweit Besonderheiten gälten, als ihnen in der Aufbauphase, die auf einen Zeitraum von drei, vier oder fünf Jahren bemessen werden könne, die Steigerung auf den Durchschnittsumsatz sofort möglich sein müsse, während dies anderen, noch nach der Aufbauphase unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen jedenfalls innerhalb von fünf Jahren ermöglicht werden müsse. Diese letztlich aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) abgeleitete Rechtsprechung gelte auch für die mit dem GKV-WSG geschaffenen Regelleistungsvolumina. Für die klägerische Aufbaupraxis gebiete daher der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, jegliche Fallzahlbegrenzungen bis zum Durchschnitt der Fachgruppe in der Aufbauphase zu unterlassen.
Die Gesamtvertragsparteien des HV 2009 hätten der Rechtsprechung des BSG zu Praxen in der Aufbauphase nicht hinreichend Rechnung getragen. Durch die Regelung Nr. 3.5 werde die Aufbauphase faktisch auf ein Jahr begrenzt. Wer im Vorjahresquartal als Aufsatzquartal bereits zugelassen gewesen sei, könne nach dem Wortlaut der Vorschrift nur die seinerzeit abgerechnete Fallzahl, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang sie unter der durchschnittlichen Fallzahl liege, erhalten. Nr. 3.5 HV 2009, die insoweit die subsidiär geltende Regelung des Erweiterten Bewertungsausschusses übernehme, stehe somit offensichtlich nicht im Einklang zu der genannten Rechtsprechung des BSG. Den Partnern der Gesamtverträge stehe im Hinblick auf die Gestaltung der Vorgaben für Neuzulassungen und Umwandlungen der Kooperationsform ein Ermessensspielraum zu, dieser werde jedoch durch die Rechtsprechung des BSG zu unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen bzw. Praxen in der Aufbauphase begrenzt, auch der Bewertungsausschuss sei an die Vorgaben dieser Rechtsprechung gebunden. Weder für unterdurchschnittliche Praxen noch für Praxen in der Aufbauphase sehe der HV 2009 eine ausdrückliche Regelung vor. Die Höhe des Regelleistungsvolumens eines Arztes ergebe sich aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes gemäß Anlage 2 und der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal. Damit gelte die tatsächliche Fallzahl des Vorjahresquartals. Eine Steigerung des Regelleistungsvolumens im Folgejahr sei daher nur möglich, wenn im aktuellen Quartal die Fallzahl im Vergleich zum Vorjahresquartal regelleistungswidrig gesteigert werden könne. Dies widerspreche nicht nur dem Zweck, möglichst auch eine Leistungsausweitung zu verhindern, sondern zwinge den Vertragsarzt dazu, zunächst vergütungslos Leistungen zu erbringen, um im Folgejahr seine Vergütung steigern zu können. Je geringer die RLV-relevante Fallzahl sei, um so prozentual höher sei der Teil der Leistungen, der zunächst ohne Vergütung erbracht werden müsse. Zwar seien damit theoretisch enorme Umsatzsprünge denkbar. Dies gelte aber im Übrigen auch für durchschnittliche bzw. überdurchschnittliche Praxen; insofern greife dann nur ab 150 % der durchschnittlichen Fallzahl die Abstaffelungsregelung. Damit gebe der HV 2009 einen Weg vor, der es Praxen in der Aufbauphase nicht ermögliche, abrechnungskonform, also ohne nennenswerte Honorareinbußen, ein durchschnittliches Regelleistungsvolumen zu erhalten. Dies sei rechtswidrig. Es sei unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen sowie Praxen in der Aufbauphase auf der Grundlage des Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht zuzumuten, dass ein Großteil der Leistungen über den Zeitraum eines Jahres unvergütet blieben, nur um ein Jahr später wieder an die Leistungsmenge bzw. die Fallzahl anknüpfen zu können. Eine andere Sonderregelung stehe der Klägerin nicht zu.
Gegen dieses den Beteiligten jeweils am 17. Januar 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Februar 2011 und die Beklagte am 7. Februar 2011 Berufung eingelegt.
In der mündlichen Verhandlung am 22. Februar 2012 haben die Beteiligten im Rahmen eines Teilvergleichs die Berufung der Klägerin übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Berufung geltend, die Klägerin habe weder einen Anspruch auf Berechnung des RLV ausgehend von der Fallzahl der Fachgruppe, noch von einer höheren Fallzahl, als der bisher zu Grunde gelegten. Für Ärzte, die im Aufsatzzeitraum noch nicht niedergelassen gewesen seien (neue Praxen), gelte das arztgruppendurchschnittliche RLV für das jeweilige Quartal. Auf dieser Grundlage sei Ziffer 3.5 S. 1 in den HV 2009 eingefügt worden.
Bei der Klägerin handele es sich nicht um eine Anfängerpraxis. Im dritten Quartal 2009 stünden Fallzahlen aus dem Aufsatzzeitraum des dritten Quartals 2008 zur Verfügung. Entgegen dem Sozialgericht handele es sich auch nicht um eine Praxis in der Aufbauphase bzw. um eine unterdurchschnittlich abrechnende Praxis. Ziffer 3.2.1 HV 2009 gewährleiste eine Steigerung der Fallzahl von Jahr zu Jahr und entspreche somit den Vorgaben des BSG, zumal auch Leistungen, die über das gewährte RLV hinaus gehen, grundsätzlich (wenn auch abgestaffelt) vergütet würden. Das BSG habe zu Gunsten von unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen lediglich gefordert, dass diesen die Möglichkeit gegeben werden müsse, innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren den Fachgruppendurchschnitt zu erreichen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 6. Oktober 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil insoweit für zutreffend. Im Ergebnis sei der Beklagten weder die Umsetzung des Gesetzes, noch die Ausfüllung der Vorgaben des Bewertungsausschusses gelungen.
Die Klägerin legt Unterlagen bezüglich der Abrechnung des Quartals III/2009 vor, wonach von dem angeforderten Honorar in Höhe von 41.070,16 EUR über das RLV in Höhe von 5.656,20 EUR als quotiertes Leistungsvolumen 2.799,78 EUR gezahlt worden sind. Mit weiterem Schriftsatz vom 18. Oktober 2011 übersandte die Klägerin Übersichten über die Entwicklung der Fallzahlen, die zuerkannten Regelleistungsvolumen und Honoraranforderungen sowie über das tatsächlich gezahlte Honorar für die Quartale III/09-II/2011, die von der Beklagten in einzelnen Punkten bestritten bzw. korrigiert, in der Größenordnung jedoch akzeptiert werden. In diesem Zeitraum beträgt nach Rechnung der Klägerin die Differenz zwischen dem zugebilligten RLV und dem angeforderten Honorar 1.051.000 EUR. Andere Honorarverteilungsverträge würden die Rspr. des BSG besser umsetzen, wie z. B. der HVV von Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung ab 1. Januar 2011, wo es heiße: "Bei Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen können vor dem Hintergrund der bestehenden Rechtsprechung Fallzahlsteigerungen bis zum Fachgruppendurchschnitt bei der Ermittlung des RL berücksichtigt werden."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Das Sozialgericht hat die angefochtenen Zuweisungsbescheide bezüglich des Regelleistungsvolumens für das Quartal III/09 zutreffend aufgehoben und die Beklagte zur erneuten Bescheidung der Klägerin verurteilt. Soweit es hierzu jedoch in der Begründung ausführt, bei der klägerischen Praxis handele es sich um eine "Aufbaupraxis", für die es der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit gebiete, jegliche Fallzahlbegrenzungen bis zum Durchschnitt der Fachgruppe (in der Aufbauphase) zu unterlassen, kann die Entscheidung nicht aufrecht erhalten werden. Die Klägerin hat wegen der Zuweisung des Regelleistungsvolumens für ihren Honoraranspruch für das Quartal III/09 Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats.
Die für die rechtliche Beurteilung der angefochtenen Zuweisungsbescheide maßgeblichen Regelungen des ab dem 1. Januar 2009 geltenden HV 2009 entsprechen nicht den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Berücksichtigung der Belange unterdurchschnittlich abrechnender Praxen. Die Klägerin rechnete im streitgegenständlichen Quartal III/2009 unstreitig zu den unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen, jedoch nicht mehr zu den neu gegründeten Praxen, die synonym auch als junge Praxen oder als Praxen in der Aufbauphase (Aufbau- oder Anfängerpraxen) bezeichnet werden. Die Klägerin wird seit dem Jahr 2004 - wenn auch einige Jahre in geringem Umfang - als Gemeinschaftspraxis betrieben. Eine Gemeinschaftspraxis tritt mit Aufnahme ihrer Tätigkeit in Rechtsbeziehungen zu der K(Z)ÄV ein, der ihre Partner angehören; sie erwirbt dieser gegenüber Honoraransprüche und wird gegebenenfalls zur Rückzahlung überzahlten Honorars verpflichtet (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr.2 Rdnr. 23). Sie ist berechtigt, ihre Leistungen unter einer einzigen Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen K(Z)ÄV abzurechnen und tritt dieser dementsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 6 Rdnr. 21). Sie stellt rechtlich gesehen eine Praxis dar (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 6 Rdnr. 21; BSG, Urteil vom 8. Dezember 2010 - B 6 KA 38/09 R = USK 2010-148 S 1307; s auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 57 Rdnr. 15; zuletzt BSG Urteil vom 19. Oktober 2011, Az.: B 6 KA 22/10); dementsprechend ist sie auch Adressat der Honorarbescheide und der hier streitbefangenen Zuweisungsbescheide. Weder Veränderungen in der personellen Zusammensetzung der Gemeinschaftspraxis (hier das Hinzutreten von Frau Dr. EE. im Januar 2008), noch die Verlegung des Standorts der Praxis innerhalb desselben Planungsbereichs (vgl. hierzu LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Mai 2011, Az.: L 5 KA 4/10) rechtfertigen die honorarrechtliche Gleichstellung mit einer Neuniederlassung.
Das Sozialgericht geht zunächst zutreffend von den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Wachstumsmöglichkeiten für junge und für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen im Hinblick auf honorarbegrenzende Maßnahmen aus.
Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (bestätigt insbesondere mit Urteil vom 3. Februar 2010, Az.: B 6 KA 1/09 R) müssen umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen die Möglichkeit haben, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Dem Vertragsarzt muss - wegen seines Rechts auf berufliche Entfaltung unter Berücksichtigung der sogenannten Honorarverteilungsgerechtigkeit - die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen und so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern. Daher ist allen Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen die Möglichkeit einzuräumen, durch Umsatzsteigerung jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe aufzuschließen und damit ihre Praxis zu einer mit typischen Umsätzen auszubauen. Für Praxen in der Aufbauphase gilt die Besonderheit, dass ihnen in der Aufbauphase, die auf einen Zeitraum von drei, vier oder fünf Jahren bemessen werden kann, die Steigerung auf den Durchschnittsumsatz sofort möglich sein muss, während dies anderen, noch nach der Aufbauphase unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen jedenfalls innerhalb von fünf Jahren ermöglicht werden muss (BSG a. a. O. mit zahlreichen Nw.)
Nachdem das BSG in der genannten Entscheidung klargestellt hat, dass diese Grundsätze nicht allein für Honorarbegrenzungsregelungen - namentlich Individualbudgets und Fallzahlzuwachsregelungen – gelten, sondern auf alle Honorarverteilungsregelungen anzuwenden sind, die sich im Ergebnis auf den Honoraranspruch des Vertragsarztes honorarbegrenzend auswirken, bedarf es keiner näheren Begründung, dass diese Grundsätze auf die vorliegend relevanten Regelungen zum Regelleistungsvolumen anzuwenden sind, zumal diese unmittelbar an die Fallzahlen des Aufsatzzeitraums anknüpfen und daher auch den Fallzahlzuwachsregelungen zugeordnet werden können. Es handelt sich jedenfalls um Honorarbegrenzungsregelungen, die den unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen so viel Spielraum lassen müssen, dass der Durchschnittsumsatz der Fachgruppe innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erreicht werden kann. Diesen Grundsätzen höchstrichterlicher Rechtsprechung werden die Vorgaben des EBA und die Regelungen des HV 2009 nicht gerecht.
Nach § 87b Abs. 2 SGB V sind ab dem 1. Januar 2009 zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzusetzen, d. h. die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist. Die Beklagte ist für die Zuweisung der Regelleistungsvolumina an den Arzt oder die Arztpraxis einschließlich der Mitteilung der Leistungen, die außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, sowie der jeweils geltenden regionalen Preise zuständig (§ 87b Abs. 5 SGB V).
Ausgehend von den gesetzlichen Vorgaben hat der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBA) in seiner 7. Sitzung am 27. und 28. August 2008 unter Teil F einen Beschluss gemäß § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V gefasst (DÄBl. 2008 (Heft 38), A-1988, im Folgenden EBA 7F), geändert bzw. ergänzt u. a. durch Beschluss in seiner 8. Sitzung am 23. Oktober 2008 zur Anpassung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) sowie zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A, DÄBl. 2008 (Heft 48), A 2602 sowie Beschluss in der 180. Sitzung am 20. April 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Regelungen zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A "Änderung des Beschlusses zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄ 2009 (Heft 19), A-942) mit Wirkung zum 1. Juli 2009.
Auf der Grundlage dieser Regelungen im SGB V und den Beschlüssen des Erweiterten Bewertungsausschusses haben die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Verbände der Primärkassen sowie die Ersatzkassen den Honorarvertrag vom 13. Dezember 2008 für die Zeit ab 1. Januar 2009 geschlossen (HVV 2009). In Abschnitt II HVV 2009 werden auf der Grundlage der genannten Beschlüsse des EBA dessen Regelungen weitgehend wortgleich übernommen. Die Vergütung für vertragsärztliche Leistungen erfolgt hiernach für eine je Quartal vorgegebene abrechenbare Menge vertragsärztlicher Leistungen (Regelleistungsvolumen – RLV-) auf der Basis der maßgeblichen Euro-Gebührenordnung für die das Regelleistungsvolumen überschreitenden Leistungen nach einem abgestaffelten Preis mit einem Punktwert, der quartalsweise je Versorgungsbereich ermittelt wird (Abschn. II Zi. 1.1). Die Höhe des Regelleistungsvolumens eines Arztes bzw. einer Praxis ergibt sich für die in Anlage 1 benannten Arztgruppen aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV–bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes (FWAG) gemäß Anlage 2 zu Teil F der Beschlüsse des erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 und vom 17. Oktober 2008 und der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal (Zi. 3.2.1). Der HVV 2009 enthält darüber hinaus in Zi. 3.4 in einer Sonderregelung Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung, die nach den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts vorliegend nicht einschlägig ist. Auch die Regelung zum Regelleistungsvolumen bei Neuzulassung und Umwandlung der Kooperationsform (Zi. 3.5) ist vorliegend nicht einschlägig, da die Klägerin in dem für das Quartal III/2009 maßgeblichen Aufsatzzeitraum des Quartals III/2008 bereits zugelassen war.
Es fehlt indessen an einer Regelung, die unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen wie die Klägerin - eine hinreichende Wachstumsmöglichkeit bis zum Fachgruppendurchschnitt ermöglicht. Das Sozialgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass Praxen, die im Vorjahresquartal als Aufsatzquartal bereits zugelassen waren, nach dem HVV 2009 nur die seinerzeit abgerechnete Fallzahl, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang sie unter der durchschnittlichen Fallzahl liegt, erhalten können. Eine Steigerung des Regelleistungsvolumens im Folgejahr ist daher nur möglich, wenn im aktuellen Quartal die Fallzahl im Vergleich zum Vorjahresquartal über das zugewiesene Regelleistungsvolumen hinausgehend gesteigert und damit in Kauf genommen wird, dass diese Leistungen nur zu einem Bruchteil honoriert werden. Der Vertragsarzt bzw. die Gemeinschaftspraxis ist hiernach gezwungen, zunächst Leistungen nahezu vergütungslos zu erbringen, um im Folgejahr die Vergütung steigern zu können. Je geringer die RLV-relevante Fallzahl dabei ist, umso höher ist die Summe der Leistungen, die bis zum Erreichen der Fallzahl des Fachgruppendurchschnittes ohne nennenswerte Vergütung erbracht werden muss.
Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten entspricht eine solche Regelung nicht den dargestellten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der Möglichkeit für umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Hiernach reicht es nicht aus, dass es dem einzelnen Vertragsarzt mit unterdurchschnittlichem Umsatz "überhaupt" ermöglicht wird, den durchschnittlichen Umsatz der Fachgruppe zu erreichen, erforderlich ist vielmehr eine "effektive" Möglichkeit, die nicht kontinuierlich sein muss, sondern auf das Ergebnis - das Erreichen des Durchschnittsumsatzes - ausgerichtet ist (BSG Urteil vom 28. Januar 2009, Az.: B 6 KA 5/08 R). Eine nahezu vollständig honorarfreie (systemimmanente) Steigerungsmöglichkeit ist nicht "effektiv" im Sinne dieser Grundsätze, nach Sinn und Zweck dieser Sonderbehandlung ist es vielmehr erforderlich, diesen Praxen eine honorarbegrenzungsfreie Steigerung ihrer Fallzahlen bis zu dem Durchschnitt ihrer Fachgruppe innerhalb von fünf Jahren zu ermöglichen.
Das Fehlen einer solchen Regelung verletzt die - unstreitig weit unterdurchschnittlich abrechnende - Klägerin in ihren Rechten. Mit Schrieben vom 2. Oktober 2007 hatte die Beklagte das Durchschnittshonorar eines Radiologen mit MRT und CT bereits für das Quartal III/2006 mit ca. 95.985 EUR und für das Quartal IV/2009 mit ca. 103.577,00 EUR beziffert. Das praxisbezogene Regelleistungsvolumen der Klägerin war für das streitbefangene Quartal III/2009 mit 5.860,69 EUR (90 Fälle) festgesetzt worden, die Honorarforderung von 40.600,00 EUR (371 Fälle) hat dieses demnach um 34.739,506 EUR überschritten. Diese übersteigenden Leistungen (281 Fälle) wurden als quotiertes Regelleistungsvolumen jedoch nur mit 2.799,78 EUR honoriert. Dies ist rechtswidrig. Soweit die Beklagte geltend macht, sie sei an die Beschlüsse des EBA gebunden und diese seien vollständig im HVV 2009 umgesetzt worden, kann dies keine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen, denn auch die vom Bewertungsausschuss vorgegebenen Regelungen sind an den rechtlichen Vorgaben und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG zu messen. Das Fehlen einer Sonderregelung zugunsten unterdurchschnittlich abrechnender Praxen in den vom Bewertungsausschuss beschlossenen Regelungen enthebt die Beklagte bzw. die Partner des HVV 2009 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt davon, in ihrem HVV entsprechende Regelungen vorzusehen (BSG Urteil vom 3. Februar 2010 a. a. O.).
Der HVV 2009 bedarf daher einer ergänzenden Regelung, die es unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen ermöglicht, ihr Honorar in einem zeitlichen Rahmen von fünf Jahren begrenzungsfrei auf das Durchschnittshonorar ihrer Fachgruppe zu steigern. Bei der Ausgestaltung dieser Regelung haben die Vertragspartner wie für den HVV insgesamt einen Gestaltungsspielraum (vgl. BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, Rdnr. 50 m. w. N.; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 40 Rdnr. 17 -st. Rspr.-). Diese Gestaltungsfreiheit geht typischerweise mit Rechtssetzungsakten einher und wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die jeweilige Gestaltung in Anbetracht des Zwecks der konkreten Ermächtigung unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (BSG a. a. O. m. w. N.). Der HVV muss jedoch mit der Ermächtigungsgrundlage in Einklang stehen und insbesondere das in § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars (vgl. BVerfGE 33, 171, 184 = SozR Nr. 12 zu Art. 12 GG; BSGE 81, 213, 217 = Soz.R 3-2500 § 85 Nr. 23 S. 152) sowie den aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit beachten (z. B. BSGE 75, 187, 191 f. = SozR 3-2500 § 72 Nr. 5 S. 9; BSG, Urteil vom 28. November 2007, B 6 KA 23/07 R = SozR 4-2500 § 85 Nr. 36 Rdnr.10).
Die Beklagte bzw. die Vertragsparteien des HVV 2009 werden bei der konkreten Ausgestaltung dieser Sonderregelung zu beachten haben, dass vor dem Hintergrund des von der höchstrichterlichen Rechtsprechung betonten Rechts des Vertragsarztes auf berufliche Entfaltung unter Berücksichtigung der sogenannten Honorarverteilungsgerechtigkeit und der ratio legis der Regelleistungsvolumina, eine übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis zu verhindern (Art. 87b Abs. 2 S.1 SGB V), die Notwendigkeit, innere Rechtfertigung und die Verhältnismäßigkeit von Honorarbegrenzungen durch das Instrument des praxisbezogenen RLV um so mehr schwindet, je deutlicher der konkrete Praxisumsatz von dem durchschnittlichen Praxisumsatz der Fachgruppe abweicht. Es liegt daher nahe, zugunsten von Vertragsärzten und Praxen, die - wie die Klägerin im Quartal III/2009 - lediglich einen geringen Prozentsatz des Durchschnittsumsatzes ihrer Fachgruppe erreichen, gänzlich auf Honorar begrenzende Maßnahmen zu verzichten. Für das Instrument des praxisbezogenen RLV bietet sich als erforderliche Minimalregelung für Praxen mit unterdurchschnittlichem Umsatz im Übrigen an, die tatsächlich erreichten Fallzahlen des jeweiligen Aufsatzquartals bei der Errechnung des RLV in angemessenem Umfang aufzustocken, um das rechtlich gebotene begrenzungsfreie Anwachsen der Praxisumsätze innerhalb von fünf Jahren zu ermöglichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten tragen die Kosten beider Instanzen jeweils zur Hälfte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des für das Quartal III/09 zugewiesenen Regelleistungsvolumens (RLV).
Die Klägerin ist eine radiologische Gemeinschaftspraxis mit Vorhaltung von CT und MRT, die seit dem 1. Quartal 2004 in der Zusammensetzung Dres. QQ. und WW. und seit dem 1. Januar 2008 in der Zusammensetzung Frau Dr. EE., Herr Dr. QQ. und Herr Dr. WW. zur vertragsärztlichen Versorgung an unterschiedlichen Standorten mit aktuellem Sitz in A-Stadt zugelassen ist.
Im Jahr 2009 haben die Partner der Klägerin neben ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit jeweils anteilmäßig die Vertretung des Chefarztes für die röntgenologische Abteilung bei den Kreis Kliniken bei dem Landkreis Q. durchgeführt.
Nach einigen zeitlichen Verzögerungen hat die Klägerin ihre Praxisräume in A-Stadt, für die sie erhebliche Investitionen vorgenommen hatte, im Laufe des Sommers 2009 fertig gestellt und ihre Tätigkeit dort aufgenommen. Nach eigenen Angaben war Grundlage der Investitionsentscheidung der Klägerin ein Schreiben der Beklagten vom 2. Oktober 2007, dem sie eine Zusicherung entnahm, wonach Sie im Rahmen der Fallzahlbegrenzungsregelung immer Anspruch auf die durchschnittliche Fallzahl Ihrer Fachgruppe habe. Mit Bescheid vom 9. Juni 2009 erhielt die Klägerin zudem die Genehmigung, eine Zweigpraxis in AB-Stadt zu betreiben.
Die Beklagte wies der Klägerin auf der Grundlage der Fallzahlen aus dem Jahr 2008 mit Bescheid vom 27. Mai 2009 ein Regelleistungsvolumen in Höhe von 3.700,09 EUR für das Quartal IIl/09 zu, resultierend aus der Multiplikation der für das RLV relevanten Fallzahl aus dem Quartal IIl/08 mit dem arztgruppenspezifischen Fallwert. Zur Förderung der Versorgung in Berufsausübungsgemeinschaften für fach- und schwerpunktgleiche Berufsausübungsgemeinschaften wurde ein 10%-iger Aufschlag gewährt.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Widerspruch eingelegt.
Mit Bescheiden vom 7., 9. und 17. September 2009 hat die Antragsgegnerin den Mitgliedern der Klägerin jeweils mit Wirkung zum 29. Juli 2009 die Genehmigung zur Abrechnung von CT- bzw. MRT-Leistungen bzw. für Dr. EE. auch die Genehmigung zur Abrechnung von Leistungen der diagnostischen Radiologie und MR-Angiographie erteilt.
Mit weiterem Bescheid vom 7. September 2009 korrigierte die Beklagte den Bescheid vom 27. Mai 2009 dahingehend, dass das RLV der klägerischen Praxis auf 3.960,25 EUR festgelegt wurde. Die Erhöhung ergab sich aus der Anpassung des Fallwertes für Frau Dr. EE. auf 59,55 EUR aufgrund der geänderten Einstufung in die Gruppe der Radiologen mit Vorhaltung von CT und MRT. Mit weiterem Bescheid vom 8. Oktober 2009 korrigierte die Beklagte das RLV für das Quartal III/09 erneut, diesmal auf 5.860,69 EUR, wobei die Einstufung in die RLV-Gruppe und die Fallwertanpassung auch für die Partner Drs. WW. und QQ. vorgenommen wurde. Beide Korrekturbescheide sind Bestandteil des Widerspruchsverfahrens geworden. Das Gesamthonorar der Klägerin belief sich nach Abrechnung vom 19. Dezember 2009 auf 9.244,12 EUR. Die Zahl der abgerechneten Behandlungsfälle lag bei 371 und ergaben eine Honorarforderung von 40.600,00 EUR. Gegen den Honorarbescheid ist das Widerspruchsverfahren noch anhängig.
Gegen die Zuweisung des Regelleistungsvolumens ab dem Quartal III/09 wandte sich die Klägerin zunächst im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes. Das SG Marburg (Beschluss vom 6. August 2009, Az. S 11 KA 430/09 ER) gab diesem Antrag insoweit statt, als Leistungen im Fachgebiet der Radiologie bis zur Höhe des Fachgruppendurchschnitts zu vergüten seien. Der erkennende Senat (Beschluss vom 21. Dezember 2009, Az. L 4 KA 77/09 B ER) bestätigte diese Entscheidung insoweit, als der Klägerin für das Quartal III/2009 ein Regelleistungsvolumen auf der Basis der tatsächlich abgerechneten 379 Arztfälle und für das Quartal IV/2009 ein Regelleistungsvolumen auf der Basis von 1.500 Fällen zuerkannt wurde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Zuweisungsbescheid vom 27. Mai 2009 zurück. Auf die hiergegen rechtzeitig erhobene Klage hat das Sozialgericht Marburg mit Urteil vom 6. Oktober 2010 die angefochtenen Bescheide der Beklagten für das Quartal III/09 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
In der Begründung führt das SG zur Rechtmäßigkeit der Rechtsgrundlagen aus, die dem HV 2009 (abgeschlossen zwischen der Beklagten und den Hessischen Krankenkassenverbänden gemäß § 87a bis § 87c SGB V für die Zeit ab dem 1. Januar 2009) zugrunde liegenden Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 sowie vom 17. Oktober 2008 und 23. Oktober 2008 (im folgenden Beschlüsse EBA 2008), seien zwar teilweise rechtswidrig, verletzten jedoch die Klägerin nicht in ihren Rechten. Auf der Grundlage dieser rechtmäßigen bzw. nicht rechtsverletzenden Rechtsgrundlagen in Verbindung mit dem HV 2009 habe die Beklagte jedoch das RLV der Klägerin nicht zutreffend festgesetzt. In dem Schreiben der Beklagten vom 2. Oktober 2007 könne zwar eine Zusicherung im Sinne von § 34 SGB X nicht gesehen werden, gleichwohl sei die dort getroffene Aussage der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit eines Wachstums bis zum Durchschnitt der Fachgruppe auch unter dem Regime des HV 2009 rechtlich zutreffend.
Die Rechtswidrigkeit des RLV-Zuweisungsbescheides ergebe sich daraus, dass umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Möglichkeit haben müssten, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Für neu gegründete Praxen habe das BSG dies dahingehend präzisiert, dass für sog. "Aufbaupraxen" bzw. "Anfängerpraxen" insoweit Besonderheiten gälten, als ihnen in der Aufbauphase, die auf einen Zeitraum von drei, vier oder fünf Jahren bemessen werden könne, die Steigerung auf den Durchschnittsumsatz sofort möglich sein müsse, während dies anderen, noch nach der Aufbauphase unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen jedenfalls innerhalb von fünf Jahren ermöglicht werden müsse. Diese letztlich aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) abgeleitete Rechtsprechung gelte auch für die mit dem GKV-WSG geschaffenen Regelleistungsvolumina. Für die klägerische Aufbaupraxis gebiete daher der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, jegliche Fallzahlbegrenzungen bis zum Durchschnitt der Fachgruppe in der Aufbauphase zu unterlassen.
Die Gesamtvertragsparteien des HV 2009 hätten der Rechtsprechung des BSG zu Praxen in der Aufbauphase nicht hinreichend Rechnung getragen. Durch die Regelung Nr. 3.5 werde die Aufbauphase faktisch auf ein Jahr begrenzt. Wer im Vorjahresquartal als Aufsatzquartal bereits zugelassen gewesen sei, könne nach dem Wortlaut der Vorschrift nur die seinerzeit abgerechnete Fallzahl, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang sie unter der durchschnittlichen Fallzahl liege, erhalten. Nr. 3.5 HV 2009, die insoweit die subsidiär geltende Regelung des Erweiterten Bewertungsausschusses übernehme, stehe somit offensichtlich nicht im Einklang zu der genannten Rechtsprechung des BSG. Den Partnern der Gesamtverträge stehe im Hinblick auf die Gestaltung der Vorgaben für Neuzulassungen und Umwandlungen der Kooperationsform ein Ermessensspielraum zu, dieser werde jedoch durch die Rechtsprechung des BSG zu unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen bzw. Praxen in der Aufbauphase begrenzt, auch der Bewertungsausschuss sei an die Vorgaben dieser Rechtsprechung gebunden. Weder für unterdurchschnittliche Praxen noch für Praxen in der Aufbauphase sehe der HV 2009 eine ausdrückliche Regelung vor. Die Höhe des Regelleistungsvolumens eines Arztes ergebe sich aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes gemäß Anlage 2 und der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal. Damit gelte die tatsächliche Fallzahl des Vorjahresquartals. Eine Steigerung des Regelleistungsvolumens im Folgejahr sei daher nur möglich, wenn im aktuellen Quartal die Fallzahl im Vergleich zum Vorjahresquartal regelleistungswidrig gesteigert werden könne. Dies widerspreche nicht nur dem Zweck, möglichst auch eine Leistungsausweitung zu verhindern, sondern zwinge den Vertragsarzt dazu, zunächst vergütungslos Leistungen zu erbringen, um im Folgejahr seine Vergütung steigern zu können. Je geringer die RLV-relevante Fallzahl sei, um so prozentual höher sei der Teil der Leistungen, der zunächst ohne Vergütung erbracht werden müsse. Zwar seien damit theoretisch enorme Umsatzsprünge denkbar. Dies gelte aber im Übrigen auch für durchschnittliche bzw. überdurchschnittliche Praxen; insofern greife dann nur ab 150 % der durchschnittlichen Fallzahl die Abstaffelungsregelung. Damit gebe der HV 2009 einen Weg vor, der es Praxen in der Aufbauphase nicht ermögliche, abrechnungskonform, also ohne nennenswerte Honorareinbußen, ein durchschnittliches Regelleistungsvolumen zu erhalten. Dies sei rechtswidrig. Es sei unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen sowie Praxen in der Aufbauphase auf der Grundlage des Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht zuzumuten, dass ein Großteil der Leistungen über den Zeitraum eines Jahres unvergütet blieben, nur um ein Jahr später wieder an die Leistungsmenge bzw. die Fallzahl anknüpfen zu können. Eine andere Sonderregelung stehe der Klägerin nicht zu.
Gegen dieses den Beteiligten jeweils am 17. Januar 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Februar 2011 und die Beklagte am 7. Februar 2011 Berufung eingelegt.
In der mündlichen Verhandlung am 22. Februar 2012 haben die Beteiligten im Rahmen eines Teilvergleichs die Berufung der Klägerin übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Beklagte macht zur Begründung ihrer Berufung geltend, die Klägerin habe weder einen Anspruch auf Berechnung des RLV ausgehend von der Fallzahl der Fachgruppe, noch von einer höheren Fallzahl, als der bisher zu Grunde gelegten. Für Ärzte, die im Aufsatzzeitraum noch nicht niedergelassen gewesen seien (neue Praxen), gelte das arztgruppendurchschnittliche RLV für das jeweilige Quartal. Auf dieser Grundlage sei Ziffer 3.5 S. 1 in den HV 2009 eingefügt worden.
Bei der Klägerin handele es sich nicht um eine Anfängerpraxis. Im dritten Quartal 2009 stünden Fallzahlen aus dem Aufsatzzeitraum des dritten Quartals 2008 zur Verfügung. Entgegen dem Sozialgericht handele es sich auch nicht um eine Praxis in der Aufbauphase bzw. um eine unterdurchschnittlich abrechnende Praxis. Ziffer 3.2.1 HV 2009 gewährleiste eine Steigerung der Fallzahl von Jahr zu Jahr und entspreche somit den Vorgaben des BSG, zumal auch Leistungen, die über das gewährte RLV hinaus gehen, grundsätzlich (wenn auch abgestaffelt) vergütet würden. Das BSG habe zu Gunsten von unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen lediglich gefordert, dass diesen die Möglichkeit gegeben werden müsse, innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren den Fachgruppendurchschnitt zu erreichen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 6. Oktober 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie erachtet das angefochtene Urteil insoweit für zutreffend. Im Ergebnis sei der Beklagten weder die Umsetzung des Gesetzes, noch die Ausfüllung der Vorgaben des Bewertungsausschusses gelungen.
Die Klägerin legt Unterlagen bezüglich der Abrechnung des Quartals III/2009 vor, wonach von dem angeforderten Honorar in Höhe von 41.070,16 EUR über das RLV in Höhe von 5.656,20 EUR als quotiertes Leistungsvolumen 2.799,78 EUR gezahlt worden sind. Mit weiterem Schriftsatz vom 18. Oktober 2011 übersandte die Klägerin Übersichten über die Entwicklung der Fallzahlen, die zuerkannten Regelleistungsvolumen und Honoraranforderungen sowie über das tatsächlich gezahlte Honorar für die Quartale III/09-II/2011, die von der Beklagten in einzelnen Punkten bestritten bzw. korrigiert, in der Größenordnung jedoch akzeptiert werden. In diesem Zeitraum beträgt nach Rechnung der Klägerin die Differenz zwischen dem zugebilligten RLV und dem angeforderten Honorar 1.051.000 EUR. Andere Honorarverteilungsverträge würden die Rspr. des BSG besser umsetzen, wie z. B. der HVV von Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung ab 1. Januar 2011, wo es heiße: "Bei Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen können vor dem Hintergrund der bestehenden Rechtsprechung Fallzahlsteigerungen bis zum Fachgruppendurchschnitt bei der Ermittlung des RL berücksichtigt werden."
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Berufung ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Das Sozialgericht hat die angefochtenen Zuweisungsbescheide bezüglich des Regelleistungsvolumens für das Quartal III/09 zutreffend aufgehoben und die Beklagte zur erneuten Bescheidung der Klägerin verurteilt. Soweit es hierzu jedoch in der Begründung ausführt, bei der klägerischen Praxis handele es sich um eine "Aufbaupraxis", für die es der Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit gebiete, jegliche Fallzahlbegrenzungen bis zum Durchschnitt der Fachgruppe (in der Aufbauphase) zu unterlassen, kann die Entscheidung nicht aufrecht erhalten werden. Die Klägerin hat wegen der Zuweisung des Regelleistungsvolumens für ihren Honoraranspruch für das Quartal III/09 Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats.
Die für die rechtliche Beurteilung der angefochtenen Zuweisungsbescheide maßgeblichen Regelungen des ab dem 1. Januar 2009 geltenden HV 2009 entsprechen nicht den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Berücksichtigung der Belange unterdurchschnittlich abrechnender Praxen. Die Klägerin rechnete im streitgegenständlichen Quartal III/2009 unstreitig zu den unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen, jedoch nicht mehr zu den neu gegründeten Praxen, die synonym auch als junge Praxen oder als Praxen in der Aufbauphase (Aufbau- oder Anfängerpraxen) bezeichnet werden. Die Klägerin wird seit dem Jahr 2004 - wenn auch einige Jahre in geringem Umfang - als Gemeinschaftspraxis betrieben. Eine Gemeinschaftspraxis tritt mit Aufnahme ihrer Tätigkeit in Rechtsbeziehungen zu der K(Z)ÄV ein, der ihre Partner angehören; sie erwirbt dieser gegenüber Honoraransprüche und wird gegebenenfalls zur Rückzahlung überzahlten Honorars verpflichtet (BSG SozR 4-5520 § 33 Nr.2 Rdnr. 23). Sie ist berechtigt, ihre Leistungen unter einer einzigen Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen K(Z)ÄV abzurechnen und tritt dieser dementsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 6 Rdnr. 21). Sie stellt rechtlich gesehen eine Praxis dar (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr. 6 Rdnr. 21; BSG, Urteil vom 8. Dezember 2010 - B 6 KA 38/09 R = USK 2010-148 S 1307; s auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 57 Rdnr. 15; zuletzt BSG Urteil vom 19. Oktober 2011, Az.: B 6 KA 22/10); dementsprechend ist sie auch Adressat der Honorarbescheide und der hier streitbefangenen Zuweisungsbescheide. Weder Veränderungen in der personellen Zusammensetzung der Gemeinschaftspraxis (hier das Hinzutreten von Frau Dr. EE. im Januar 2008), noch die Verlegung des Standorts der Praxis innerhalb desselben Planungsbereichs (vgl. hierzu LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 5. Mai 2011, Az.: L 5 KA 4/10) rechtfertigen die honorarrechtliche Gleichstellung mit einer Neuniederlassung.
Das Sozialgericht geht zunächst zutreffend von den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Wachstumsmöglichkeiten für junge und für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen im Hinblick auf honorarbegrenzende Maßnahmen aus.
Nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (bestätigt insbesondere mit Urteil vom 3. Februar 2010, Az.: B 6 KA 1/09 R) müssen umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen die Möglichkeit haben, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Dem Vertragsarzt muss - wegen seines Rechts auf berufliche Entfaltung unter Berücksichtigung der sogenannten Honorarverteilungsgerechtigkeit - die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen und so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern. Daher ist allen Praxen mit unterdurchschnittlichen Umsätzen die Möglichkeit einzuräumen, durch Umsatzsteigerung jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe aufzuschließen und damit ihre Praxis zu einer mit typischen Umsätzen auszubauen. Für Praxen in der Aufbauphase gilt die Besonderheit, dass ihnen in der Aufbauphase, die auf einen Zeitraum von drei, vier oder fünf Jahren bemessen werden kann, die Steigerung auf den Durchschnittsumsatz sofort möglich sein muss, während dies anderen, noch nach der Aufbauphase unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen jedenfalls innerhalb von fünf Jahren ermöglicht werden muss (BSG a. a. O. mit zahlreichen Nw.)
Nachdem das BSG in der genannten Entscheidung klargestellt hat, dass diese Grundsätze nicht allein für Honorarbegrenzungsregelungen - namentlich Individualbudgets und Fallzahlzuwachsregelungen – gelten, sondern auf alle Honorarverteilungsregelungen anzuwenden sind, die sich im Ergebnis auf den Honoraranspruch des Vertragsarztes honorarbegrenzend auswirken, bedarf es keiner näheren Begründung, dass diese Grundsätze auf die vorliegend relevanten Regelungen zum Regelleistungsvolumen anzuwenden sind, zumal diese unmittelbar an die Fallzahlen des Aufsatzzeitraums anknüpfen und daher auch den Fallzahlzuwachsregelungen zugeordnet werden können. Es handelt sich jedenfalls um Honorarbegrenzungsregelungen, die den unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen so viel Spielraum lassen müssen, dass der Durchschnittsumsatz der Fachgruppe innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren erreicht werden kann. Diesen Grundsätzen höchstrichterlicher Rechtsprechung werden die Vorgaben des EBA und die Regelungen des HV 2009 nicht gerecht.
Nach § 87b Abs. 2 SGB V sind ab dem 1. Januar 2009 zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzusetzen, d. h. die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist. Die Beklagte ist für die Zuweisung der Regelleistungsvolumina an den Arzt oder die Arztpraxis einschließlich der Mitteilung der Leistungen, die außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, sowie der jeweils geltenden regionalen Preise zuständig (§ 87b Abs. 5 SGB V).
Ausgehend von den gesetzlichen Vorgaben hat der Erweiterte Bewertungsausschuss (EBA) in seiner 7. Sitzung am 27. und 28. August 2008 unter Teil F einen Beschluss gemäß § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V gefasst (DÄBl. 2008 (Heft 38), A-1988, im Folgenden EBA 7F), geändert bzw. ergänzt u. a. durch Beschluss in seiner 8. Sitzung am 23. Oktober 2008 zur Anpassung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) sowie zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A, DÄBl. 2008 (Heft 48), A 2602 sowie Beschluss in der 180. Sitzung am 20. April 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Regelungen zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A "Änderung des Beschlusses zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄ 2009 (Heft 19), A-942) mit Wirkung zum 1. Juli 2009.
Auf der Grundlage dieser Regelungen im SGB V und den Beschlüssen des Erweiterten Bewertungsausschusses haben die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Verbände der Primärkassen sowie die Ersatzkassen den Honorarvertrag vom 13. Dezember 2008 für die Zeit ab 1. Januar 2009 geschlossen (HVV 2009). In Abschnitt II HVV 2009 werden auf der Grundlage der genannten Beschlüsse des EBA dessen Regelungen weitgehend wortgleich übernommen. Die Vergütung für vertragsärztliche Leistungen erfolgt hiernach für eine je Quartal vorgegebene abrechenbare Menge vertragsärztlicher Leistungen (Regelleistungsvolumen – RLV-) auf der Basis der maßgeblichen Euro-Gebührenordnung für die das Regelleistungsvolumen überschreitenden Leistungen nach einem abgestaffelten Preis mit einem Punktwert, der quartalsweise je Versorgungsbereich ermittelt wird (Abschn. II Zi. 1.1). Die Höhe des Regelleistungsvolumens eines Arztes bzw. einer Praxis ergibt sich für die in Anlage 1 benannten Arztgruppen aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV–bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes (FWAG) gemäß Anlage 2 zu Teil F der Beschlüsse des erweiterten Bewertungsausschusses vom 27./28. August 2008 und vom 17. Oktober 2008 und der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal (Zi. 3.2.1). Der HVV 2009 enthält darüber hinaus in Zi. 3.4 in einer Sonderregelung Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung, die nach den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts vorliegend nicht einschlägig ist. Auch die Regelung zum Regelleistungsvolumen bei Neuzulassung und Umwandlung der Kooperationsform (Zi. 3.5) ist vorliegend nicht einschlägig, da die Klägerin in dem für das Quartal III/2009 maßgeblichen Aufsatzzeitraum des Quartals III/2008 bereits zugelassen war.
Es fehlt indessen an einer Regelung, die unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen wie die Klägerin - eine hinreichende Wachstumsmöglichkeit bis zum Fachgruppendurchschnitt ermöglicht. Das Sozialgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass Praxen, die im Vorjahresquartal als Aufsatzquartal bereits zugelassen waren, nach dem HVV 2009 nur die seinerzeit abgerechnete Fallzahl, unabhängig davon, ob und in welchem Umfang sie unter der durchschnittlichen Fallzahl liegt, erhalten können. Eine Steigerung des Regelleistungsvolumens im Folgejahr ist daher nur möglich, wenn im aktuellen Quartal die Fallzahl im Vergleich zum Vorjahresquartal über das zugewiesene Regelleistungsvolumen hinausgehend gesteigert und damit in Kauf genommen wird, dass diese Leistungen nur zu einem Bruchteil honoriert werden. Der Vertragsarzt bzw. die Gemeinschaftspraxis ist hiernach gezwungen, zunächst Leistungen nahezu vergütungslos zu erbringen, um im Folgejahr die Vergütung steigern zu können. Je geringer die RLV-relevante Fallzahl dabei ist, umso höher ist die Summe der Leistungen, die bis zum Erreichen der Fallzahl des Fachgruppendurchschnittes ohne nennenswerte Vergütung erbracht werden muss.
Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten entspricht eine solche Regelung nicht den dargestellten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der Möglichkeit für umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen, zumindest den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Hiernach reicht es nicht aus, dass es dem einzelnen Vertragsarzt mit unterdurchschnittlichem Umsatz "überhaupt" ermöglicht wird, den durchschnittlichen Umsatz der Fachgruppe zu erreichen, erforderlich ist vielmehr eine "effektive" Möglichkeit, die nicht kontinuierlich sein muss, sondern auf das Ergebnis - das Erreichen des Durchschnittsumsatzes - ausgerichtet ist (BSG Urteil vom 28. Januar 2009, Az.: B 6 KA 5/08 R). Eine nahezu vollständig honorarfreie (systemimmanente) Steigerungsmöglichkeit ist nicht "effektiv" im Sinne dieser Grundsätze, nach Sinn und Zweck dieser Sonderbehandlung ist es vielmehr erforderlich, diesen Praxen eine honorarbegrenzungsfreie Steigerung ihrer Fallzahlen bis zu dem Durchschnitt ihrer Fachgruppe innerhalb von fünf Jahren zu ermöglichen.
Das Fehlen einer solchen Regelung verletzt die - unstreitig weit unterdurchschnittlich abrechnende - Klägerin in ihren Rechten. Mit Schrieben vom 2. Oktober 2007 hatte die Beklagte das Durchschnittshonorar eines Radiologen mit MRT und CT bereits für das Quartal III/2006 mit ca. 95.985 EUR und für das Quartal IV/2009 mit ca. 103.577,00 EUR beziffert. Das praxisbezogene Regelleistungsvolumen der Klägerin war für das streitbefangene Quartal III/2009 mit 5.860,69 EUR (90 Fälle) festgesetzt worden, die Honorarforderung von 40.600,00 EUR (371 Fälle) hat dieses demnach um 34.739,506 EUR überschritten. Diese übersteigenden Leistungen (281 Fälle) wurden als quotiertes Regelleistungsvolumen jedoch nur mit 2.799,78 EUR honoriert. Dies ist rechtswidrig. Soweit die Beklagte geltend macht, sie sei an die Beschlüsse des EBA gebunden und diese seien vollständig im HVV 2009 umgesetzt worden, kann dies keine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen, denn auch die vom Bewertungsausschuss vorgegebenen Regelungen sind an den rechtlichen Vorgaben und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG zu messen. Das Fehlen einer Sonderregelung zugunsten unterdurchschnittlich abrechnender Praxen in den vom Bewertungsausschuss beschlossenen Regelungen enthebt die Beklagte bzw. die Partner des HVV 2009 unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt davon, in ihrem HVV entsprechende Regelungen vorzusehen (BSG Urteil vom 3. Februar 2010 a. a. O.).
Der HVV 2009 bedarf daher einer ergänzenden Regelung, die es unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen ermöglicht, ihr Honorar in einem zeitlichen Rahmen von fünf Jahren begrenzungsfrei auf das Durchschnittshonorar ihrer Fachgruppe zu steigern. Bei der Ausgestaltung dieser Regelung haben die Vertragspartner wie für den HVV insgesamt einen Gestaltungsspielraum (vgl. BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr. 2, Rdnr. 50 m. w. N.; BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 40 Rdnr. 17 -st. Rspr.-). Diese Gestaltungsfreiheit geht typischerweise mit Rechtssetzungsakten einher und wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die jeweilige Gestaltung in Anbetracht des Zwecks der konkreten Ermächtigung unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (BSG a. a. O. m. w. N.). Der HVV muss jedoch mit der Ermächtigungsgrundlage in Einklang stehen und insbesondere das in § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars (vgl. BVerfGE 33, 171, 184 = SozR Nr. 12 zu Art. 12 GG; BSGE 81, 213, 217 = Soz.R 3-2500 § 85 Nr. 23 S. 152) sowie den aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG herzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit beachten (z. B. BSGE 75, 187, 191 f. = SozR 3-2500 § 72 Nr. 5 S. 9; BSG, Urteil vom 28. November 2007, B 6 KA 23/07 R = SozR 4-2500 § 85 Nr. 36 Rdnr.10).
Die Beklagte bzw. die Vertragsparteien des HVV 2009 werden bei der konkreten Ausgestaltung dieser Sonderregelung zu beachten haben, dass vor dem Hintergrund des von der höchstrichterlichen Rechtsprechung betonten Rechts des Vertragsarztes auf berufliche Entfaltung unter Berücksichtigung der sogenannten Honorarverteilungsgerechtigkeit und der ratio legis der Regelleistungsvolumina, eine übermäßige Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis zu verhindern (Art. 87b Abs. 2 S.1 SGB V), die Notwendigkeit, innere Rechtfertigung und die Verhältnismäßigkeit von Honorarbegrenzungen durch das Instrument des praxisbezogenen RLV um so mehr schwindet, je deutlicher der konkrete Praxisumsatz von dem durchschnittlichen Praxisumsatz der Fachgruppe abweicht. Es liegt daher nahe, zugunsten von Vertragsärzten und Praxen, die - wie die Klägerin im Quartal III/2009 - lediglich einen geringen Prozentsatz des Durchschnittsumsatzes ihrer Fachgruppe erreichen, gänzlich auf Honorar begrenzende Maßnahmen zu verzichten. Für das Instrument des praxisbezogenen RLV bietet sich als erforderliche Minimalregelung für Praxen mit unterdurchschnittlichem Umsatz im Übrigen an, die tatsächlich erreichten Fallzahlen des jeweiligen Aufsatzquartals bei der Errechnung des RLV in angemessenem Umfang aufzustocken, um das rechtlich gebotene begrenzungsfreie Anwachsen der Praxisumsätze innerhalb von fünf Jahren zu ermöglichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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