Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 18 (21,23) AS 341/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten eine Zusicherung zu einem erfolgten Umzug des Klägers zu erteilen. Der 1989 geborene Kläger lebte zunächst mit seinen Eltern sowie insgesamt 5 Geschwistern (ein älterer Bruder, 4 jüngere Geschwister) in einer 165 qm großen Wohnung in der X Straße 0 in C. Er bezog als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern und den Geschwistern Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von der Beklagten. Mit Schreiben, datiert auf den 09.05.2007, per Fax bei der Beklagten eingegangen bereits am 08.05.2007, beantragte der Jeziden e.V. für den Kläger sowie dessen älteren Bruder Herrn K O und dessen schwangere Verlobte die Übernahme der Kosten für eine noch zu beziehende neue Wohnung. Ausweislich des Schreibens wollte der Kläger in die Wohnung gemeinsam mit seinem Bruder und dessen Verlobte einziehen, da die Miete ansonsten nicht angemessen sei. Am 10.05.2007 schlossen der Bruder des Klägers und dessen Verlobte einen Mietvertrag über eine Wohnung in der F Straße 0 in C zum 01.06.2007 ab. Aus dem Mietvertrag ergibt sich, dass die Wohnung von insgesamt 4 Personen bewohnt werden sollte. Mit Bescheid vom 15.05.2007 lehnte die Beklagte die beantragte Zusicherung für die Übernahme der auf den Kläger anteilig entfallenden Unterkunfts- und Heizkosten für die Wohnung in der F Straße ab. Der Bescheid enthielt weiterhin den Hinweis, dass bei einem Umzug trotz fehlender Zusicherung keine Kosten der Unterkunft für den Kläger gezahlt würden sowie dass er lediglich 80 % der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes erhalten würde. Unter dem 29.05.2007 schloss der Kläger mit seinem Bruder eine schriftliche Vereinbarung, wonach er einen monatlichen Mietbetrag von 147,50 EUR anteiliger Unterkunftskosten und Heizkosten an seinen Bruder zahlen sollte. Zum 01.06.2007 meldete sich der Kläger bei der Meldebehörde in die neue Wohnung um. Am 14.06.2007 erhob der Kläger Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten. Der Widerspruch wurde damit begründet, dass der Kläger nicht mehr in der Wohnung seiner Eltern leben könne, da es immer wieder zu Streitigkeiten mit seinen Geschwistern käme.
Mit Schriftsatz vom selben Tag beantragte der Kläger den Erlass einer einstweiligen Anordnung (S 10 AS 170/07 ER), mit der die Beklagte verpflichtet werden sollte, ihm ab dem 01.07.2007 Kosten der Unterkunft für die neue Wohnung zu bewilligen. Mit Schreiben vom 02.07.2007 hat der Kläger im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erklärt, dass er sich vornehmlich mit seinen jüngeren Schwestern gestritten habe. Gestritten worden sei über alltägliche und banale Dinge. Ab und zu hätten die Streitigkeiten mit einer Ohrfeige beendet werden müssen. Zur Vermeidung von weiteren Streitigkeiten sei er ausgezogen. Mit Schreiben vom selben Tage gab der Kläger im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes an, er sei nicht ausschließlich wegen der Streitigkeiten umgezogen, sondern auch aufgrund seiner bereits ausgeübten Aushilfstätigkeit. Von der bisherigen Wohnung sei hier jedes Mal eine Fahrtstrecke von 8 km mit dem Fahrrad zu überwinden gewesen, dies sei auf Dauer nicht zumutbar. Mit Beschluss vom 03.07.2007 wurde der Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 28.08.2007 zurück (L 20 B 142/07 AS ER). Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens führte der Kläger aus, dass er aufgrund des Umzuges von der besseren Anbindung an die Zugmöglichkeiten in C profitiere was aufgrund seines Schulbesuches in N vorteilhaft sei.
Bereits mit Bescheid vom 24.07.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab Juni 2007 ausgehend von der Regelleistung von 80 % unter anspruchsmindernder Anrechnung des dem Kläger gezahlten Kindergeldes sowie seines Einkommens aus seiner Nebentätigkeit. Aufwendungen für Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigte die Beklagte nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2007 wies die Widerspruchsbehörde den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15.05.2007 als unbegründet zurück. Am 18.10.2007 hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger ist der Auffassung, das Zustimmungsbedürfnis bestünde nur, wenn von ihm ein eigener Mietvertrag abgeschlossen worden wäre. Weiterhin handele es sich nicht um einen zustimmungsbedürftigen Auszug, wenn der Kläger von seinen Eltern vor die Tür gesetzt worden ist. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass ein Umzug mit den Eltern nicht zustimmungspflichtig sei, etwas anderes könne nicht in den Fällen gelten, wenn der Kläger mit seinem Bruder umgezogen ist. Jedenfalls sei die Beklagte verpflichtet die beantragte Zustimmung zum Umzug zu erteilen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zusicherung des Umzuges in die Wohnung F Straße 0 zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Verweigerung der Zusicherung sei zu Recht erfolgt, da die erforderlichen Gründe aus § 22 Abs. 2a Satz 2 SGB II nicht vorgelegen hätten. Der Umzug sei weder zur Eingliederung des Klägers in Arbeit erforderlich gewesen noch hätten schwerwiegende soziale Gründe, die den Auszug aus der elterlichen Wohnung erforderlich gemacht hätten, vorgelegen. Hierzu reichten bloße Streitigkeiten nicht aus, insbesondere da diese nach eigenen Angaben des Klägers von diesem ausgegangen seien.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat das Gericht den Kläger persönlich gehört. Dieser hat erklärt, dass er sich zum Auszug entschlossen habe, da es immer wieder zu Streit mit seinen Geschwistern gekommen sei. Dies habe vor allem daran gelegen, dass es in der elterlichen Wohnung an Ruhe gefehlt habe. Wenn jemand Fernsehen geguckt habe oder die Geschwister laut waren, sei er beim Lernen gestört worden. Aufgrund dessen sei es zu den Streitigkeiten gekommen, die mit der Zeit schlimmer geworden wären. Später sei es so gewesen, dass es ab und zu in diesen Streitigkeiten zu Ohrfeigen gekommen sei. Ernste Verletzungen blieben jedoch aus. Dass er im Rahmen der Antragstellung bei der Beklagten und im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nach und nach weitere Gründe für den Auszug vorgebracht habe, sei darin begründet, dass er aufgrund der Ablehnung weitere Gründe vorgebracht habe, warum er ausziehen müsste. Hierzu zählte nach seinen Angaben insbesondere auch die Tatsache, dass er durch den Umzug näher an seinen Aushilfsjob gezogen sei, sowie näher an seine Großeltern. Weiterhin sei auch die Busverbindung in der Nähe des Zentrums von C besser als im Bereich der elterlichen Wohnung. In dieser habe er sich ein Zimmer mit einem jüngeren Bruder geteilt. Sein älterer Bruder, mit dem er zusammen die neue Wohnung bezogen habe, hätte ein eigenes Zimmer gehabt. Nach seinem Auszug habe dieses Zimmer eine jüngere Schwester alleine bezogen.
Für den weiteren Sach- und Streitstand wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte aus dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 10 AS 140/07 ER. Diese lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG zulässig, da der Kläger mit seiner Klage die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung der Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a SGB II begehrt. Die schriftliche Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a SGB II stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar (Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rd-Nr. 80 i; Piepenstock in: Juris PK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rd-Nr. 103). Dass der Kläger bereits ohne die Erteilung der Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a SGB II aus der elterlichen Wohnung ausgezogen ist und eine eigene Wohnung gemeinsam mit seinem Bruder und dessen Verlobten bezogen hat steht der Annahme des Rechtsschutzbedürfnisses für die Klage nicht entgegen. Denn anders als die Zusicherung nach § 22 Abs. 2 SGB II stellt die Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a SGB II eine materielle Tatbestandsvoraussetzung der Leistungsgewährung dar. Ohne die Zusicherung stünden dem Kläger bis zur Vollendung seines 25. Lebensjahres nämlich grds. keine Leistungen für Unterkunft und Heizung zu (vgl. Piepenstock a.a.O. Rd-Nr. 103, 115). Ebenso kann der Kläger gem. § 20 Abs. 2a SGB II bis zur Vollendung seines 25. Lebensjahres nur 80 % der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes erhalten, so lange er ohne die Zusicherung nach § 22 Abs. 2a SGB II umgezogen ist.
Die Klage ist jedoch unbegründet, denn die Ablehnung der Erteilung der Zusicherung durch die Beklagte erweist sich als rechtmäßig und der Kläger ist durch sie nicht beschwert im Sinn von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Voraussetzungen für die Erteilung der Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a Satz 1 SGB II liegen nicht vor. Der Erteilung der Zusicherung steht jedoch nicht bereits entgegen, dass dem Kläger als er am 29.05.2007 eine vertragliche Verpflichtung gegenüber seinem Bruder im Hinblick auf seinen Anteil an den Kosten für die neue Wohnung begründet hat, die Zusicherung nicht erteilt gewesen ist. Zwar muss grds. die Zusicherung vor Abschluss eines Mietvertrages erteilt werden (Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rd-Nr. 80 k). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Leistungsempfänger vor Abschluss eines Mietvertrages die Zusicherung bei der Behörde beantragt, und diese die Erteilung der Zusicherung möglicherweise zu Unrecht abgelehnt hat. In diesen Fällen ist es ausreichend, wenn die Behörde die tatsächliche Möglichkeit hatte über die Frage der Erteilung der Zusicherung zu entscheiden. Lehnt die Behörde die Erteilung der Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a Satz 1 SGB II ab, kann und muss der Leistungsempfänger hiergegen den Rechtsweg beschreiten, um nicht die Folgen (keine Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung; 80 % der Regelleistung s.o.) des Umzuges ohne Zusicherung bis zum vollendeten 25. Lebensjahr tragen zu müssen. Dem steht auch nicht die Regelung in § 22 Abs. 2 a Satz 3 SGB II entgegen, nach der unter den Voraussetzungen des Satzes 2 von § 22 Abs. 2 a SGB II vom Erfordernis der Zusicherung abgewichen werden kann, wenn es dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war die Zusicherung einzuholen. Denn dieser Ausnahmevorschrift ist auf solche Fallkonstellationen beschränkt, in denen es dem Leistungsempfänger aus tatsächlichen zeitlichen Gründen unmöglich war, die Zusicherung vor Abschluss eines Mietvertrages zu beantragen und die Bescheidung seines Antrages durch die Behörde abzuwarten.
Letztlich kommt es jedoch auf diese Frage nicht entscheidungserheblich an, da jedenfalls die weiteren Voraussetzungen aus § 22 Abs. 2 a Satz 2 SGB II nicht vorliegen. Ein Anspruch auf die Zusicherung besteht, wenn (1.) der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern verwiesen werden kann, (2.) der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder (3.) ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Der Umzug des Klägers in die neue Wohnung war nicht gem. § 22 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 2 SGB II zu dessen Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich. Ein entsprechender Arbeitsmarktbezug liegt insbesondere in den Fällen vor, in denen ein Umzug wegen der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erforderlich ist, etwa weil der Leistungsempfänger die neue Arbeitsstätte von der bisherigen elterlichen Wohnung nicht bzw. nicht in angemessener Zeit erreichen kann. Aufgrund der vom Kläger ausgeübten geringfügigen Beschäftigung ergibt sich dieser Arbeitsmarktbezug nicht, da der Kläger diese Tätigkeit bereits ausgeübt hat, als er noch in der elterlichen Wohnung gelebt hat. Bereits aufgrund der Tatsache, dass er diese Tätigkeit aufnehmen konnte, als er noch in der elterlichen Wohnung wohnte, spricht dies dagegen, dass der Umzug zur Eingliederung des Klägers in den Arbeitsmarkt erforderlich war.
Weiterhin war die Beklagte auch nicht aus schwerwiegenden sozialen Gründen im Sinn von § 22 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 1 SGB II verpflichtet, die vom Kläger beantragte Zusicherung zu erteilen. Bei den schwerwiegenden sozialen Gründen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff der vollständiger gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen diese schwerwiegenden Gründe denen des gleichlautenden § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) entsprechen (BT-Drs. 16/688 Seite 14). Von solchen schwerwiegenden sozialen Gründen ist dann auszugehen, wenn die Beziehungen zwischen Eltern und Kind dauerhaft schwer gestört sind. Es muss sich hierbei um einen Härtefall handeln, der es unzumutbar macht, weiterhin gemeinsam in einer Wohnung zu leben. Dies bestimmt sich sowohl aus der Sicht des Leistungsempfängers wie auch aus der Sicht der Eltern sowie der anderen in der Elternwohnung lebenden Personen. Erforderlich ist insoweit, dass das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Leistungsempfängers durch das Umfeld in der elterlichen Wohnung gefährdet ist. Keinen schwerwiegenden Grund stellen jedoch persönliche Spannungen und gelegentliche Wortentgleisungen, der Generationenkonflikt als solcher sowie der Wunsch des Auszugswilligen nach Gründung eines eigenen Hausstandes dar (Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rd-Nr. 80 r; SG Reutlingen, Urteil vom 18.12.2007, S 2 AS 2399/07 m.w.N.). Die vom Kläger vorgetragenen Streitigkeiten zwischen ihm und seinen jüngeren Geschwistern stellen solche persönlichen Spannungen und Konflikte zwischen Geschwistern dar, die insbesondere in Familien mit mehreren Kindern als typisch unter jugendlichen Geschwistern anzusehen sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass der Kläger selbst angibt, dass es vereinzelt, in Folge der Streitigkeiten auch dazu gekommen sei, dass es zu einer Ohrfeige von ihm gegenüber seinen jüngeren Geschwistern kam. Zwar erweisen sich solche, wenn auch leichte, Gewaltausbrüche zwischen Geschwistern, auch wenn sie nur vereinzelt auftreten, als kaum hinnehmbar und akzeptabel. Doch ist zu berücksichtigen, dass es bei Streitigkeiten zwischen Geschwistern innerhalb der Familie nicht vollkommen atypisch ist, dass es in Einzelfällen zu solchen "Ausbrüchen" kommt. In diesen Fällen wäre es vielmehr Aufgabe des Klägers selbst gewesen, sein Agressionsverhalten gegenüber seinen Geschwistern unter Kontrolle zu halten. Ein Verweis des Klägers auf die elterliche Wohnung wird hierdurch jedoch nicht unzumutbar, da zum einen keine dauerhaften schwerwiegenden Gewalttätigkeiten vorlagen und zum anderen die Fälle von einzelnen Übergriffen regelmäßig vom Kläger ausgingen. Weiterhin ergibt sich auch kein schwerwiegender sozialer Grund aus der Tatsache, dass der Kläger bis zu seinem Auszug sich ein Zimmer mit einem jüngeren Bruder teilen musste. Denn es ist fraglich, ob selbst dann wenn die räumliche Situation in der elterlichen Wohnung als nicht zumutbar zu bewerten wäre sich hieraus ein Anspruch des Klägers ergibt, aus der elterlichen Wohnung auszuziehen. Denn bloße beengte Wohnverhältnisse führen nicht automatisch zu einer unzumutbaren Situation (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 06.08.2008, L 10 B 522/08 AL ER). In einem entsprechenden Fall wäre wohl vorrangig daran zu denken, dass sich hieraus ein Anspruch sowohl der Eltern als auch der Kinder gegen den Leistungsträger auf Zustimmung zu einem gemeinsamen Umzug in eine größere bzw. räumliche angemessene Wohnung ergeben könnte. Davon abgesehen hätte sich jedoch die Wohnsituation des Klägers nach Auszug seines älteren Bruders entspannen können, denn der ältere Bruder hatte bis zu seinem Auszug ein eigenes Zimmer, welches er für sich allein nutzen konnte und das nach dem Auszug eine jüngere Schwester des Klägers übernommen hat. Wäre der Kläger jedoch in der elterlichen Wohnung verblieben wäre zu erwarten gewesen, dass ihm als ältesten verbliebenen Kind eben dieses Zimmer zur Nutzung zur Verfügung gestellt worden wäre.
Schließlich liegen auch keine sonstigen ähnlich schwerwiegenden Gründe im Sinn von § 22 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 3 SGB II vor, die einen Anspruch des Klägers auf die begehrte Zusicherung begründen würden. Bei dieser als Auffangtatbestand formulierten Regelung handelt es sich um eine Regelung, die solche Gründe erfassen soll, die weder in Zusammenhang der Sozialbeziehungen innerhalb der Familie stehen noch Arbeitsmarktrelevanz aufweisen, aber ähnlich schwerwiegend wie die unter 1 und 2 von § 22 Abs. 2 a Satz 2 SGB II genannten Gründen sind. Weder die vom Kläger angeführte größere räumliche Nähe zu seinen Großeltern noch die bessere Erreichbarkeit und Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr vermögen solche ähnlichen schwerwiegenden Gründe darzustellen.
Nachdem aus keinen der vom Kläger vorgebrachten Gründe sich ein Anspruch auf die Erteilung der begehrten Zusicherung ergibt, musste das Gericht auch nicht weiter aufklären, ob die angegebenen Gründe auch alle den Tatsachen entsprechen. Anlass hieran Zweifel zu hegen kann sich insbesondere aus den Umständen ergeben, dass der Kläger sowohl im Laufe des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren als auch im Laufe des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutzes mehrfach weitere Gründe für seinen Auszugswunsch nach und nach vorgebracht hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten eine Zusicherung zu einem erfolgten Umzug des Klägers zu erteilen. Der 1989 geborene Kläger lebte zunächst mit seinen Eltern sowie insgesamt 5 Geschwistern (ein älterer Bruder, 4 jüngere Geschwister) in einer 165 qm großen Wohnung in der X Straße 0 in C. Er bezog als Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern und den Geschwistern Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von der Beklagten. Mit Schreiben, datiert auf den 09.05.2007, per Fax bei der Beklagten eingegangen bereits am 08.05.2007, beantragte der Jeziden e.V. für den Kläger sowie dessen älteren Bruder Herrn K O und dessen schwangere Verlobte die Übernahme der Kosten für eine noch zu beziehende neue Wohnung. Ausweislich des Schreibens wollte der Kläger in die Wohnung gemeinsam mit seinem Bruder und dessen Verlobte einziehen, da die Miete ansonsten nicht angemessen sei. Am 10.05.2007 schlossen der Bruder des Klägers und dessen Verlobte einen Mietvertrag über eine Wohnung in der F Straße 0 in C zum 01.06.2007 ab. Aus dem Mietvertrag ergibt sich, dass die Wohnung von insgesamt 4 Personen bewohnt werden sollte. Mit Bescheid vom 15.05.2007 lehnte die Beklagte die beantragte Zusicherung für die Übernahme der auf den Kläger anteilig entfallenden Unterkunfts- und Heizkosten für die Wohnung in der F Straße ab. Der Bescheid enthielt weiterhin den Hinweis, dass bei einem Umzug trotz fehlender Zusicherung keine Kosten der Unterkunft für den Kläger gezahlt würden sowie dass er lediglich 80 % der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes erhalten würde. Unter dem 29.05.2007 schloss der Kläger mit seinem Bruder eine schriftliche Vereinbarung, wonach er einen monatlichen Mietbetrag von 147,50 EUR anteiliger Unterkunftskosten und Heizkosten an seinen Bruder zahlen sollte. Zum 01.06.2007 meldete sich der Kläger bei der Meldebehörde in die neue Wohnung um. Am 14.06.2007 erhob der Kläger Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten. Der Widerspruch wurde damit begründet, dass der Kläger nicht mehr in der Wohnung seiner Eltern leben könne, da es immer wieder zu Streitigkeiten mit seinen Geschwistern käme.
Mit Schriftsatz vom selben Tag beantragte der Kläger den Erlass einer einstweiligen Anordnung (S 10 AS 170/07 ER), mit der die Beklagte verpflichtet werden sollte, ihm ab dem 01.07.2007 Kosten der Unterkunft für die neue Wohnung zu bewilligen. Mit Schreiben vom 02.07.2007 hat der Kläger im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erklärt, dass er sich vornehmlich mit seinen jüngeren Schwestern gestritten habe. Gestritten worden sei über alltägliche und banale Dinge. Ab und zu hätten die Streitigkeiten mit einer Ohrfeige beendet werden müssen. Zur Vermeidung von weiteren Streitigkeiten sei er ausgezogen. Mit Schreiben vom selben Tage gab der Kläger im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes an, er sei nicht ausschließlich wegen der Streitigkeiten umgezogen, sondern auch aufgrund seiner bereits ausgeübten Aushilfstätigkeit. Von der bisherigen Wohnung sei hier jedes Mal eine Fahrtstrecke von 8 km mit dem Fahrrad zu überwinden gewesen, dies sei auf Dauer nicht zumutbar. Mit Beschluss vom 03.07.2007 wurde der Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 28.08.2007 zurück (L 20 B 142/07 AS ER). Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens führte der Kläger aus, dass er aufgrund des Umzuges von der besseren Anbindung an die Zugmöglichkeiten in C profitiere was aufgrund seines Schulbesuches in N vorteilhaft sei.
Bereits mit Bescheid vom 24.07.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab Juni 2007 ausgehend von der Regelleistung von 80 % unter anspruchsmindernder Anrechnung des dem Kläger gezahlten Kindergeldes sowie seines Einkommens aus seiner Nebentätigkeit. Aufwendungen für Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigte die Beklagte nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.10.2007 wies die Widerspruchsbehörde den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15.05.2007 als unbegründet zurück. Am 18.10.2007 hat der Kläger Klage erhoben.
Der Kläger ist der Auffassung, das Zustimmungsbedürfnis bestünde nur, wenn von ihm ein eigener Mietvertrag abgeschlossen worden wäre. Weiterhin handele es sich nicht um einen zustimmungsbedürftigen Auszug, wenn der Kläger von seinen Eltern vor die Tür gesetzt worden ist. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass ein Umzug mit den Eltern nicht zustimmungspflichtig sei, etwas anderes könne nicht in den Fällen gelten, wenn der Kläger mit seinem Bruder umgezogen ist. Jedenfalls sei die Beklagte verpflichtet die beantragte Zustimmung zum Umzug zu erteilen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 15.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zusicherung des Umzuges in die Wohnung F Straße 0 zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Verweigerung der Zusicherung sei zu Recht erfolgt, da die erforderlichen Gründe aus § 22 Abs. 2a Satz 2 SGB II nicht vorgelegen hätten. Der Umzug sei weder zur Eingliederung des Klägers in Arbeit erforderlich gewesen noch hätten schwerwiegende soziale Gründe, die den Auszug aus der elterlichen Wohnung erforderlich gemacht hätten, vorgelegen. Hierzu reichten bloße Streitigkeiten nicht aus, insbesondere da diese nach eigenen Angaben des Klägers von diesem ausgegangen seien.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat das Gericht den Kläger persönlich gehört. Dieser hat erklärt, dass er sich zum Auszug entschlossen habe, da es immer wieder zu Streit mit seinen Geschwistern gekommen sei. Dies habe vor allem daran gelegen, dass es in der elterlichen Wohnung an Ruhe gefehlt habe. Wenn jemand Fernsehen geguckt habe oder die Geschwister laut waren, sei er beim Lernen gestört worden. Aufgrund dessen sei es zu den Streitigkeiten gekommen, die mit der Zeit schlimmer geworden wären. Später sei es so gewesen, dass es ab und zu in diesen Streitigkeiten zu Ohrfeigen gekommen sei. Ernste Verletzungen blieben jedoch aus. Dass er im Rahmen der Antragstellung bei der Beklagten und im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nach und nach weitere Gründe für den Auszug vorgebracht habe, sei darin begründet, dass er aufgrund der Ablehnung weitere Gründe vorgebracht habe, warum er ausziehen müsste. Hierzu zählte nach seinen Angaben insbesondere auch die Tatsache, dass er durch den Umzug näher an seinen Aushilfsjob gezogen sei, sowie näher an seine Großeltern. Weiterhin sei auch die Busverbindung in der Nähe des Zentrums von C besser als im Bereich der elterlichen Wohnung. In dieser habe er sich ein Zimmer mit einem jüngeren Bruder geteilt. Sein älterer Bruder, mit dem er zusammen die neue Wohnung bezogen habe, hätte ein eigenes Zimmer gehabt. Nach seinem Auszug habe dieses Zimmer eine jüngere Schwester alleine bezogen.
Für den weiteren Sach- und Streitstand wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte aus dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 10 AS 140/07 ER. Diese lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet.
Die Klage ist als Verpflichtungsklage gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG zulässig, da der Kläger mit seiner Klage die Verurteilung der Beklagten zur Erteilung der Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a SGB II begehrt. Die schriftliche Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a SGB II stellt einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar (Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rd-Nr. 80 i; Piepenstock in: Juris PK-SGB II, 2. Aufl., § 22 Rd-Nr. 103). Dass der Kläger bereits ohne die Erteilung der Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a SGB II aus der elterlichen Wohnung ausgezogen ist und eine eigene Wohnung gemeinsam mit seinem Bruder und dessen Verlobten bezogen hat steht der Annahme des Rechtsschutzbedürfnisses für die Klage nicht entgegen. Denn anders als die Zusicherung nach § 22 Abs. 2 SGB II stellt die Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a SGB II eine materielle Tatbestandsvoraussetzung der Leistungsgewährung dar. Ohne die Zusicherung stünden dem Kläger bis zur Vollendung seines 25. Lebensjahres nämlich grds. keine Leistungen für Unterkunft und Heizung zu (vgl. Piepenstock a.a.O. Rd-Nr. 103, 115). Ebenso kann der Kläger gem. § 20 Abs. 2a SGB II bis zur Vollendung seines 25. Lebensjahres nur 80 % der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes erhalten, so lange er ohne die Zusicherung nach § 22 Abs. 2a SGB II umgezogen ist.
Die Klage ist jedoch unbegründet, denn die Ablehnung der Erteilung der Zusicherung durch die Beklagte erweist sich als rechtmäßig und der Kläger ist durch sie nicht beschwert im Sinn von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Voraussetzungen für die Erteilung der Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a Satz 1 SGB II liegen nicht vor. Der Erteilung der Zusicherung steht jedoch nicht bereits entgegen, dass dem Kläger als er am 29.05.2007 eine vertragliche Verpflichtung gegenüber seinem Bruder im Hinblick auf seinen Anteil an den Kosten für die neue Wohnung begründet hat, die Zusicherung nicht erteilt gewesen ist. Zwar muss grds. die Zusicherung vor Abschluss eines Mietvertrages erteilt werden (Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rd-Nr. 80 k). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Leistungsempfänger vor Abschluss eines Mietvertrages die Zusicherung bei der Behörde beantragt, und diese die Erteilung der Zusicherung möglicherweise zu Unrecht abgelehnt hat. In diesen Fällen ist es ausreichend, wenn die Behörde die tatsächliche Möglichkeit hatte über die Frage der Erteilung der Zusicherung zu entscheiden. Lehnt die Behörde die Erteilung der Zusicherung nach § 22 Abs. 2 a Satz 1 SGB II ab, kann und muss der Leistungsempfänger hiergegen den Rechtsweg beschreiten, um nicht die Folgen (keine Erbringung von Leistungen für Unterkunft und Heizung; 80 % der Regelleistung s.o.) des Umzuges ohne Zusicherung bis zum vollendeten 25. Lebensjahr tragen zu müssen. Dem steht auch nicht die Regelung in § 22 Abs. 2 a Satz 3 SGB II entgegen, nach der unter den Voraussetzungen des Satzes 2 von § 22 Abs. 2 a SGB II vom Erfordernis der Zusicherung abgewichen werden kann, wenn es dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war die Zusicherung einzuholen. Denn dieser Ausnahmevorschrift ist auf solche Fallkonstellationen beschränkt, in denen es dem Leistungsempfänger aus tatsächlichen zeitlichen Gründen unmöglich war, die Zusicherung vor Abschluss eines Mietvertrages zu beantragen und die Bescheidung seines Antrages durch die Behörde abzuwarten.
Letztlich kommt es jedoch auf diese Frage nicht entscheidungserheblich an, da jedenfalls die weiteren Voraussetzungen aus § 22 Abs. 2 a Satz 2 SGB II nicht vorliegen. Ein Anspruch auf die Zusicherung besteht, wenn (1.) der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern verwiesen werden kann, (2.) der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder (3.) ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Der Umzug des Klägers in die neue Wohnung war nicht gem. § 22 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 2 SGB II zu dessen Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich. Ein entsprechender Arbeitsmarktbezug liegt insbesondere in den Fällen vor, in denen ein Umzug wegen der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erforderlich ist, etwa weil der Leistungsempfänger die neue Arbeitsstätte von der bisherigen elterlichen Wohnung nicht bzw. nicht in angemessener Zeit erreichen kann. Aufgrund der vom Kläger ausgeübten geringfügigen Beschäftigung ergibt sich dieser Arbeitsmarktbezug nicht, da der Kläger diese Tätigkeit bereits ausgeübt hat, als er noch in der elterlichen Wohnung gelebt hat. Bereits aufgrund der Tatsache, dass er diese Tätigkeit aufnehmen konnte, als er noch in der elterlichen Wohnung wohnte, spricht dies dagegen, dass der Umzug zur Eingliederung des Klägers in den Arbeitsmarkt erforderlich war.
Weiterhin war die Beklagte auch nicht aus schwerwiegenden sozialen Gründen im Sinn von § 22 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 1 SGB II verpflichtet, die vom Kläger beantragte Zusicherung zu erteilen. Bei den schwerwiegenden sozialen Gründen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff der vollständiger gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen diese schwerwiegenden Gründe denen des gleichlautenden § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) entsprechen (BT-Drs. 16/688 Seite 14). Von solchen schwerwiegenden sozialen Gründen ist dann auszugehen, wenn die Beziehungen zwischen Eltern und Kind dauerhaft schwer gestört sind. Es muss sich hierbei um einen Härtefall handeln, der es unzumutbar macht, weiterhin gemeinsam in einer Wohnung zu leben. Dies bestimmt sich sowohl aus der Sicht des Leistungsempfängers wie auch aus der Sicht der Eltern sowie der anderen in der Elternwohnung lebenden Personen. Erforderlich ist insoweit, dass das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Leistungsempfängers durch das Umfeld in der elterlichen Wohnung gefährdet ist. Keinen schwerwiegenden Grund stellen jedoch persönliche Spannungen und gelegentliche Wortentgleisungen, der Generationenkonflikt als solcher sowie der Wunsch des Auszugswilligen nach Gründung eines eigenen Hausstandes dar (Eicher/Spellbrink, SGB II, § 22 Rd-Nr. 80 r; SG Reutlingen, Urteil vom 18.12.2007, S 2 AS 2399/07 m.w.N.). Die vom Kläger vorgetragenen Streitigkeiten zwischen ihm und seinen jüngeren Geschwistern stellen solche persönlichen Spannungen und Konflikte zwischen Geschwistern dar, die insbesondere in Familien mit mehreren Kindern als typisch unter jugendlichen Geschwistern anzusehen sind. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass der Kläger selbst angibt, dass es vereinzelt, in Folge der Streitigkeiten auch dazu gekommen sei, dass es zu einer Ohrfeige von ihm gegenüber seinen jüngeren Geschwistern kam. Zwar erweisen sich solche, wenn auch leichte, Gewaltausbrüche zwischen Geschwistern, auch wenn sie nur vereinzelt auftreten, als kaum hinnehmbar und akzeptabel. Doch ist zu berücksichtigen, dass es bei Streitigkeiten zwischen Geschwistern innerhalb der Familie nicht vollkommen atypisch ist, dass es in Einzelfällen zu solchen "Ausbrüchen" kommt. In diesen Fällen wäre es vielmehr Aufgabe des Klägers selbst gewesen, sein Agressionsverhalten gegenüber seinen Geschwistern unter Kontrolle zu halten. Ein Verweis des Klägers auf die elterliche Wohnung wird hierdurch jedoch nicht unzumutbar, da zum einen keine dauerhaften schwerwiegenden Gewalttätigkeiten vorlagen und zum anderen die Fälle von einzelnen Übergriffen regelmäßig vom Kläger ausgingen. Weiterhin ergibt sich auch kein schwerwiegender sozialer Grund aus der Tatsache, dass der Kläger bis zu seinem Auszug sich ein Zimmer mit einem jüngeren Bruder teilen musste. Denn es ist fraglich, ob selbst dann wenn die räumliche Situation in der elterlichen Wohnung als nicht zumutbar zu bewerten wäre sich hieraus ein Anspruch des Klägers ergibt, aus der elterlichen Wohnung auszuziehen. Denn bloße beengte Wohnverhältnisse führen nicht automatisch zu einer unzumutbaren Situation (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 06.08.2008, L 10 B 522/08 AL ER). In einem entsprechenden Fall wäre wohl vorrangig daran zu denken, dass sich hieraus ein Anspruch sowohl der Eltern als auch der Kinder gegen den Leistungsträger auf Zustimmung zu einem gemeinsamen Umzug in eine größere bzw. räumliche angemessene Wohnung ergeben könnte. Davon abgesehen hätte sich jedoch die Wohnsituation des Klägers nach Auszug seines älteren Bruders entspannen können, denn der ältere Bruder hatte bis zu seinem Auszug ein eigenes Zimmer, welches er für sich allein nutzen konnte und das nach dem Auszug eine jüngere Schwester des Klägers übernommen hat. Wäre der Kläger jedoch in der elterlichen Wohnung verblieben wäre zu erwarten gewesen, dass ihm als ältesten verbliebenen Kind eben dieses Zimmer zur Nutzung zur Verfügung gestellt worden wäre.
Schließlich liegen auch keine sonstigen ähnlich schwerwiegenden Gründe im Sinn von § 22 Abs. 2 a Satz 2 Nr. 3 SGB II vor, die einen Anspruch des Klägers auf die begehrte Zusicherung begründen würden. Bei dieser als Auffangtatbestand formulierten Regelung handelt es sich um eine Regelung, die solche Gründe erfassen soll, die weder in Zusammenhang der Sozialbeziehungen innerhalb der Familie stehen noch Arbeitsmarktrelevanz aufweisen, aber ähnlich schwerwiegend wie die unter 1 und 2 von § 22 Abs. 2 a Satz 2 SGB II genannten Gründen sind. Weder die vom Kläger angeführte größere räumliche Nähe zu seinen Großeltern noch die bessere Erreichbarkeit und Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr vermögen solche ähnlichen schwerwiegenden Gründe darzustellen.
Nachdem aus keinen der vom Kläger vorgebrachten Gründe sich ein Anspruch auf die Erteilung der begehrten Zusicherung ergibt, musste das Gericht auch nicht weiter aufklären, ob die angegebenen Gründe auch alle den Tatsachen entsprechen. Anlass hieran Zweifel zu hegen kann sich insbesondere aus den Umständen ergeben, dass der Kläger sowohl im Laufe des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren als auch im Laufe des Verfahrens im einstweiligen Rechtsschutzes mehrfach weitere Gründe für seinen Auszugswunsch nach und nach vorgebracht hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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