Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 16 AL 200/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AL 141/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 2/14 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Beginn und die Dauer des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
Der 1968 geborene Kläger stand bei der Beklagten aufgrund seiner Arbeitslosmeldung vom 2. April 2007 ab 1. Juli 2007 im Bezug von Arbeitslosengeld (vgl. Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2007, Bl. 68 der Leistungsakte). Dabei wurden eine Anspruchsdauer von 360 Kalendertagen und ein täglicher Leistungsbetrag von 33,93 Euro festgestellt.
Ab 14. April 2008 stand der Kläger wieder in einem Beschäftigungsverhältnis als Teiledienstmitarbeiter bei der C. GmbH in C-Stadt, weshalb die Beklagte die ursprüngliche Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 21. April 2008 ab 15. April 2008 aufhob und in der Folgezeit den an den Kläger für den 14. April 2008 noch gewährten Betrag i.H.v. 33,93 Euro zurückforderte (vgl. Erstattungsbescheid vom 29. Dezember 2008, Bl. 72 der Leistungsakte). Es verblieb noch ein Restanspruch auf Arbeitslosengeld für 77 Kalendertage.
Am 3. Dezember 2008 meldete sich der Kläger bei der Beklagten erneut – mit Wirkung zum 1. Januar 2009 – arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Dabei teilte er der Beklagten in dem Antragsformular mit, dass er noch Ansprüche gegen seine (bisherige) Arbeitgeberin, die Firma C., erhebe und daher vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main Klage erhoben habe (Aktenzeichen 7 CA 8721/08). Nach der vorgelegten Arbeitsbescheinigung der vorgenannten Arbeitgeberin vom 29. Dezember 2008 sei der Kläger dort vom 14. April 2008 bis 31. Dezember 2008 beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei am 28. November 2008 zum 31. Dezember 2008 durch die Arbeitgeberin schriftlich gekündigt worden. Daneben ist die Frage, ob vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers Anlass für die Kündigung gewesen sei, mit grüner Schrift ausdrücklich verneint worden.
Mit Bescheid vom 5. Februar 2009 (Bl. 70 der Leistungsakte), der vom Kläger nicht angefochten wurde, bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 17. März 2009 unter Berücksichtigung der Restanspruchsdauer von 77 Kalendertagen mit einem täglichen Leistungsbetrag in Höhe von 33,93 Euro. Zugleich wandte sich die Beklagte mit Schreiben ebenfalls vom 5. Februar 2009 an die (ehemalige) Arbeitgeberin des Klägers und machte einen Übergang etwaiger Ansprüche des Klägers auf Arbeitsentgelt in Höhe der geleisteten Zahlungen geltend (§ 143 Abs. 3 bzw. § 143a Abs. 4 SGB III i.V.m. § 115 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB X) und informierte den Kläger von der Anzeige des Anspruchsübergangs.
Am 10. März 2009 sprach der Kläger persönlich bei der Beklagten vor und legte ihr eine Kopie der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. Februar 2009 vor. Daraus ergibt sich, dass zwischen den Parteien des Arbeitsgerichtsverfahrens auf dringendes Anraten des Gerichts folgender Vergleich geschlossen wurde:
"1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen, arbeitgeberseitigen, fristgerechten und betriebsbedingten Kündigung der Beklagten vom 28.11.2008 zum 15.04.2009 sein Ende finden wird.
2. Bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses gemäß Ziffer 1. dieses Vergleichs rechnet die Beklagte das Arbeitsverhältnis zu den bislang gültigen Konditionen auf Basis eines Bruttomonatsgehalts in Höhe von EUR 2.700,00 (in Worten: Zweitausendsiebenhundert Euro) ordnungsgemäß ab und zahlt an den Kläger das sich ergebende Nettoentgelt aus, soweit die Ansprüche darauf nicht auf Dritte übergegangen sind.
3. Der Kläger ist von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung sowie unter Anrechnung des dem Kläger zustehenden Urlaubs für das Jahr 2009 unwiderruflich freigestellt.
..."
Daraufhin machte die Beklagte mit Schreiben vom 17. März 2009 gegenüber der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers aufgrund des Anspruchsübergangs für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 28. Februar 2009 einen Anspruch in Höhe von 2.035,80 Euro mit der Begründung geltend, dieser Betrag sei dem Kläger in dem vorgenannten Zeitraum an Arbeitslosengeld bereits gezahlt worden, und teilte dies dem Kläger mit Bescheid vom 17. März 2009 mit.
Des Weiteren erließ die Beklagte gegenüber dem Kläger den Änderungsbescheid vom 17. März 2009. Diesem ist zu entnehmen, dass es bei einer Anspruchsdauer von 77 Tagen verblieb. Für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 15. April 2009 betrage der Leistungsbetrag 0,00 Euro. Als Begründung wurde auf § 143 Abs. 1 SGB III verwiesen. Für die Zeit vom 16. April 2009 bis 2. Juli 2009 wurde dem Kläger ein täglicher Leistungsbetrag in Höhe von 33,93 Euro bewilligt
Gegen diesen Änderungsbescheid legte der Kläger am 15. April 2009 Widerspruch ein und vertrat die Auffassung, ihm stehe Arbeitslosengeld für länger als 77 Tage zu, da er vom 14. April 2008 bis 15. April 2009, also ein volles Jahr, bei der Firma C in C-Stadt angestellt gewesen sei.
Durch Widerspruchsbescheid vom 24. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und führte in der Begründung aus, die für die Anspruchsdauer maßgebliche Rahmenfrist umfasse im Falle des Klägers die Zeit vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2008. Entscheidend sei nämlich immer und ausschließlich, zu welchem Termin ein Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend gemacht werde und die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien. Der Kläger sei aber tatsächlich ab dem 1. Januar 2009 arbeitslos und arbeitslos gemeldet gewesen. Er habe somit nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Das Ende des Arbeitsverhältnisses sei insoweit nicht entscheidungserheblich. In der Rahmenfrist vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2008 habe der Kläger keine (neue) Anwartschaftszeit erfüllt, da er in diesem Zeitraum nicht mindestens 12 Monate (oder 360 Tage) versicherungspflichtig gewesen sei, sondern nur 262 Tage. Ein (neuer) Anspruch auf Arbeitslosengeld sei damit zum 1. Januar 2009 nicht entstanden. Daran ändere auch die nachträgliche Zuerkennung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt und die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 15. April 2009 in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren nichts. Vielmehr ruhe der dem Grunde nach seit dem 1. Januar 2009 bestehende Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des nachträglich zuerkannten Anspruchs auf Arbeitsentgelt. Die durch die Zuerkennung des Arbeitsentgeltanspruchs und Entrichtung der Versicherungsbeiträge anzuerkennende Versicherungspflichtzeit vom 1. Januar 2009 bis 15. April 2009 könne allerdings zur Erfüllung einer Anwartschaftszeit in einer zukünftigen Rahmenfrist herangezogen werden. Da jedoch die Arbeitslosigkeit seit dem 1. Januar 2009 bestanden habe, habe auch nur die noch nicht verbrauchte Anspruchsdauer aus dem früheren Arbeitslosengeldanspruch herangezogen werden können. Dieser Anspruch sei ursprünglich zuerkannt worden für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 17. März 2009 (Bescheid vom 5. Februar 2009). Durch die Ruhensentscheidung habe sich dieser Anspruch jedoch verschoben auf die Zeit nach dem Ende des Ruhenszeitraumes (ab 16. April 2009).
Mit der am 27. Mai 2009 beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Seiner Auffassung nach habe die Arbeitslosigkeit bei ihm nicht schon seit 1. Januar 2009, sondern erst ab 16. April 2009 bestanden, da er zuvor – ausweislich des arbeitsgerichtlichen Vergleiches – noch bis zum 15. April 2009 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Nach der geänderten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Beschäftigungslosigkeit nach dem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis zu beurteilen. Unter Berücksichtigung dessen sei er im Jahre 2009 erstmals zum 16. April 2009 arbeitslos geworden. Demzufolge begehre er mit seiner Klage die ordnungsgemäße Abwicklung seiner Arbeitslosengeld-Ansprüche von dem vorgenannten Zeitpunkt an. Zum 16. April 2009 sei jedoch seiner Auffassung nach ein (neuer) Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von mindestens 6 Monaten und nicht nur 77 Tagen – gegeben, da insgesamt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vom 14. April 2008 bis 15. April 2009 vorliege. Dieser neue Anspruch sei unberücksichtigt geblieben. Die ursprünglich ab 1. Januar 2009 gezahlten Leistungen habe seine ehemalige Arbeitgeberin der Beklagten zurückerstattet. Dem Wesen der versicherungsrechtlichen Rückabwicklung einer bereits erfolgten "Gleichwohlgewährung" durch Leistungsrückgewähr an die Beklagte entspreche es, dass im Anschluss an die Rückabwicklung der Versicherte so zu stellen sei, als wäre der Versicherungsfall einer "Gleichwohlgewährung" nicht eingetreten. Entstehe insbesondere zwischen Antragstellung und zeitlich eingetretener Voraussetzung des Leistungsbezugs der Anspruch neu, so wäre die Nichtberücksichtigung der Zeiten und Beiträge – hier bis 15. April 2009 – bei der Leistungsberechnung ein enteignender Eingriff, für den es an einer Rechtsgrundlage fehle. Letztlich seien alle Voraussetzungen für seinen Arbeitslosengeld-Anspruch erst mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses am 16. April 2009 gegeben gewesen. Die Beklagte habe folglich auf seinen "verfrühten Antrag" die Prüfung der Erfüllung der Anwartschaftszeit zum 16. April 2009 vornehmen und ein 12-monatiges Pflichtversicherungsverhältnis im Zeitraum vom 14. April 2008 bis 15. April 2009 feststellen müssen. Er habe somit einen neuen Leistungsanspruch erworben, der 6 Monate Arbeitslosengeld ab 16. April 2009 nach sich ziehe.
Die Beklagte hat ihre Rechtsauffassung verteidigt. Die nachträgliche Zuerkennung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 15. April 2009 aufgrund des arbeitsgerichtlichen Vergleiches und die Zahlung der auf die Beklagte übergegangenen Ansprüche des Klägers auf Arbeitsentgelt durch seine ehemalige Arbeitgeberin bewirke zum einen, dass der tatsächlich erfüllte Anspruch auf Arbeitslosengeld (ab 1. Januar 2009) als nicht verbraucht gegolten habe und es sich zum anderen (bei dem nachträglich erfüllten Anspruch auf Arbeitsentgelt) um eine Versicherungspflichtzeit handele, die allerdings nur zur Erfüllung einer künftigen Anwartschaft dienen könne. Letztlich sei der Kläger ab 1. Januar 2009 arbeitslos gewesen und habe sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für die Lohnersatzleistung erfüllt. Er habe Arbeitslosengeld auch ausdrücklich ab 1. Januar 2009 beantragt, die Beklagte habe den Anspruch erfüllt, die Lohnersatzleistung erbracht und den Versicherungsschutz in der Krankenversicherung übernommen.
Mit Urteil vom 28. September 2012 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2009 in Gestalt des Bescheides vom 17. März 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld ab 16. April 2009 in gesetzlich vorgesehenem Umfang für die Dauer von 180 Tagen zu zahlen. Der Kläger habe Anspruch darauf, dass der Beginn seines Arbeitslosengeld-Leistungsbezuges auf den 16. April 2009 und die Anspruchsdauer auf 180 Tage festgesetzt werden. Die Beklagte berufe sich zu Unrecht darauf, dass der Kläger zum Zeitpunkt seiner Arbeitslosmeldung am 3. Dezember 2008 mit Wirkung zum 1. Januar 2009 keinen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben hatte. Es treffe zwar zu, dass der Kläger aus der Perspektive dieser zunächst erfolgten Arbeitslosmeldung und Antragstellung innerhalb der unter Zugrundelegung dieser Daten die Zeit vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2008 umfassenden Rahmenfrist wegen der durch § 124 Abs. 2 SGB III (in der hier noch anzuwendenden Fassung) bestimmten Einschränkungen die Anwartschaftszeit für einen neuen Arbeitslosengeld-Anspruch nicht erfüllt hatte. Aufgrund des hier maßgebenden Sachverhalts dürfe jedoch nicht auf die Arbeitslosmeldung und Antragstellung zum 1. Januar 2009 abgestellt werden, da nach dem erklärten Willen des Klägers, dem die Beklagte auf dessen Widerspruch vom 15. April 2008 auch noch hätte Rechnung tragen können und daher auch müssen, von einer Antragstellung zum 16. April 2009 auszugehen sei. Unter Zugrundelegung dieses Zeitpunktes habe der Kläger innerhalb der dann maßgeblichen Rahmenfrist vom 16. April 2007 bis 15. April 2009 in dem Zeitraum vom 14. April 2008 bis 15. April 2009 in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, so dass er die Anwartschaftszeit des § 123 Abs. 1 SGB III von mindestens 12 Monaten erfüllt habe. In Anbetracht seines Lebensalters bei Antragstellung (39 Jahre) und der von ihm erfüllten Anwartschaftszeit in der Rahmenfrist habe der Kläger somit gemäß § 127 Abs. 2 SGB III eine Anspruchsdauer von 6 Monaten/180 Tagen erworben, die ihm die Beklagte folglich ab 16. April 2009 in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang noch zu gewähren habe. Dass von einer Antragstellung zum 16. April 2009 auszugehen sei, ergebe sich auch aus den Grundsätzen, die für die Anwendung des § 323 SGB III maßgeblich seien. Als Willenserklärung unterliege der Arbeitslosengeld-Antrag den entsprechenden Gestaltungsmöglichkeiten. Schließlich sei auch im Rahmen der Antragstellung von Bedeutung, dass die Beklagte im Sinne der Begründung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die ihr obliegenden Beratungspflichten verletzen könne, sofern sie einen Antragsteller nicht darauf hinweise, seinen Leistungsantrag später zu stellen, wenn offensichtlich sei, dass die Verschiebung für diesen vorteilhaft sein könnte. Abgesehen davon, dass eine solche Beratung vorliegend nicht erkennbar sei, sei zur Überzeugung der Kammer jedenfalls in der Widerspruchseinlegung durch den Kläger am 15. April 2009 die Wahrnehmung der ihm hinsichtlich der Antragstellung zur Verfügung gestandenen Gestaltungsmöglichkeiten zu sehen. Die Auslegung dieser Erklärung führe unter Berücksichtigung des insoweit maßgeblichen Willens des Klägers dazu, dass in der Widerspruchseinlegung die Rücknahme des ursprünglich mit Wirkung zum 1. Januar 2009 gestellten Leistungsantrags verbunden mit einer Verschiebung des Antrags auf den 16. April 2009 zu sehen sei. Dem stehe auch nicht die Rechtsprechung des BSG entgegen, wonach die Rücknahme eines Leistungsantrags grundsätzlich nur bis zum Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung über die Bewilligung der Leistung möglich sei. Zwar habe die Beklagte den ursprünglich gestellten Leistungsantrag des Klägers zunächst durch Bescheid vom 5. Februar 2009, den der Kläger nicht angefochten habe, beschieden. Der genannte Bescheid habe jedoch gleichwohl keine Bestandskraft erlangt, da die Beklagte vorliegend die Bindungswirkung bzw. Bestandskraft des Bescheides vom 5. Februar 2009 in Anwendung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X selbst durch Erlass des Änderungsbescheides vom 17. März 2009 durchbrochen habe.
Gegen das ihr am 23. Oktober 2012 zugestellte Urteil des SG hat die Beklagte am 23. November 2012 bei dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 21. März 2013 näher begründet. Danach habe das Sozialgericht die Wirkungen der Gleichwohlgewährung nach § 143 Abs. 3 SGB III in der hier anzuwendenden Fassung (a.F.) verkannt. Der Arbeitslosengeldanspruch des Klägers sei aufgrund entsprechender Arbeitslosmeldung am 1. Januar 2009 entstanden. Der Kläger sei auch tatsächlich beschäftigungslos gewesen, habe mithin zwar noch in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis, jedoch nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Arbeitslosengeld sei deshalb mit Bescheid vom 5. Februar 2009 zu Recht im Rahmen der Gleichwohlgewährung ab 1. Januar 2009 bewilligt worden. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts habe weder eine "Rückabwicklung" dieser Bewilligung bzw. Leistung stattgefunden noch habe der Kläger seinen Antrag vom 3. Dezember 2008 zurücknehmen können. Die Leistungsgewährung nach § 143 Abs. 3 SGB III a.F. sei nicht rückabgewickelt worden. Sie sei zu Recht erfolgt; es habe kein Bedarf zur Rückabwicklung bestanden, insbesondere nicht nach den §§ 44 ff. SGB X. Die Beklagte habe lediglich den nach § 115 Abs. 1 SGB X gesetzlich vorgesehenen Erstattungsanspruch gegen den Arbeitgeber geltend gemacht. Die Rechtmäßigkeit der Bewilligung gegenüber dem Kläger sei hiervon nicht berührt worden. Dies habe das Bundessozialgericht in einer Reihe von Entscheidungen zu einer gleichlautenden Vorgängernorm (§ 117 AFG) zum Ausdruck gebracht. Dabei habe es auch berücksichtigt, dass dies zu Nachteilen, aber auch zu Vorteilen führen könne (Verweis auf BSG, Urteil vom 11. Juni 1987 – 7 RAr 40/86 –). Für die Beklagte habe deshalb auch anlässlich des Widerspruches des Klägers gegen den Bescheid vom 17. März 2009 keine Veranlassung bestanden, die bestandskräftige Bewilligung vom 5. Februar 2009 zu überprüfen oder gar zurück zu nehmen. Der Sachverhalt sei der gleiche geblieben, der Kläger sei arbeitslos gewesen, habe Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt, dieses jedoch tatsächlich nicht erhalten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend, weil sie "gerecht" sei. Die möglichen Beratungsfehler der Beklagten seien vortrefflich herausgearbeitet worden. Der Kläger sei so zu stellen, als wäre er nach Entstehen des neuen Vollanspruches auf Arbeitslosengeld nach 1 Jahr Beitragsleistung bei der Beklagten gewesen, um einen neuerlichen Antrag zu stellen. Er beanspruche seinen Anspruch aus "erdienter" Anspruchsberechtigung, weshalb die Beklagte auch höhere "Fürsorgepflichten" gegenüber dem Arbeitslosen habe. Sie habe auf eine Antragstellung hinzuwirken, die den Leistungsanspruch zur Auszahlung bringe, wenn ihr das Begehren des Klägers klar erkennbar und verständlich sei, und nicht dafür zu sorgen, dass rechtmäßige Leistungen nicht ausgezahlt werden. Auf die Nachfrage des Berichterstatters im Hinblick auf die Kausalität bei einem etwaigen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch hat der Kläger durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 24. November 2013 mitteilen lassen, dass bereits zum 3. Dezember 2008 sein Kontokorrentkonto bei der X.Bank mit über 1.200 Euro im Minus gestanden habe. Aufgrund weiterer Belastungen hätte er die Dauer des Prozesses beim Arbeitsgericht ohne die Gleichwohlleistungen der Beklagten nicht überbrücken können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Die Entscheidung des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 2009 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab 16. April 2009 Arbeitslosengeld in gesetzlich vorgesehener Höhe für die Dauer von 180 Tagen zu zahlen. Insoweit hat die Beklagte zu Unrecht einen Neuanspruch auf Arbeitslosengeld ab 16. April 2009 verneint. Ob dem Kläger darüber hinaus – unter zusätzlicher Berücksichtigung des noch nicht verfallenen Restanspruchs von 77 Tagen – ein im Ergebnis noch höherer Anspruch (für insgesamt 180 + 77 = 257 Tage ab 16. April 2009) zusteht, hat der Senat nicht zu entscheiden, da der Kläger gegen die Entscheidung des Sozialgerichts keine Berufung eingelegt hat.
1. Gemäß § 118 Abs. 1 SGB III in der hier maßgeblichen, bis 31. März 2012 gültigen Fassung (künftig: aF) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg), die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Gemäß § 119 SGB III aF ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Gemäß § 123 Abs. 1 SGB III aF hat die Anwartschaftszeit im Sinne des § 118 Abs. 1 Nr. 3 SGB III aF erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Gemäß § 124 Abs. 1 SGB III aF beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Alg-Anspruchsdauer bestimmt sich nach § 127 SGB III aF, wobei gem. § 339 SGB III ein Monat 30 Tagen entspricht.
2. Ausgehend von der Arbeitslosmeldung des Klägers zum 1. Januar 2009 beginnt die Rahmenfrist demnach grundsätzlich am 31. Dezember 2008 und endet am 1. Januar 2007. Jedoch ragt nach § 124 Abs. 2 SGB III die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaft erfüllt hatte. Dies berücksichtigend endet die Rahmenfrist im Falle des Klägers schon am 1. Juli 2007, also mit Beginn des letzten Alg-Anspruchs, und verläuft somit vom 31. Dezember 2008 bis 1. Juli 2007. In dieser Zeit hatte der Kläger lediglich eine Anwartschaftszeit von 262 Tagen (Versicherungspflichtverhältnis vom 14. April 2008 bis 31. Dezember 2008) erfüllt, sodass mit Wirkung zum 1. Januar 2009 kein neuer Anspruch auf Alg begründet werden konnte, sondern lediglich der noch nicht verfallene Restanspruch von 77 Kalendertagen im Rahmen der Gleichwohlgewährung zur Auszahlung kam.
3. Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger aufgrund des am 25. Februar 2009 vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main geschlossenen Vergleichs trotz faktischer Beendigung der Beschäftigung – noch bis zum 15. April 2009 weiterhin in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Wie sich dies auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld auswirkt, ist streitig.
a) Seitdem der Gesetzgeber mit Gesetz vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) in § 118 Abs. 2 SGB III aF geregelt hat, dass der Arbeitnehmer bis zur Entscheidung über den Anspruch bestimmen kann, dass dieser nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll, hat es der Versicherte nunmehr in der Hand, den Anspruch auf Alg "hinauszuzögern". Denn § 118 Abs. 2 SGB III aF ermöglicht die Verschiebung der Entstehung des Stammrechts. Der Kläger hätte also grundsätzlich die Möglichkeit gehabt, die Entstehung des Stammrechts und damit das Ende der Rahmenfrist solange hinauszuzögern, bis ihm der Ausgang des arbeitsgerichtlichen Verfahrens bzw. das tatsächliche Ende seines Arbeitsverhältnisses bekannt ist. § 118 Abs. 2 SGB III aF bedarf jedoch der Ausübung des Wahlrechts durch den Versicherten. Dies kann bis zur Entscheidung der Beklagten über den Alg-Anspruch geschehen. Unstreitig hat der Kläger vorliegend sein Wahlrecht bis zur Entscheidung der Beklagten (Bescheid vom 5. Februar 2009) nicht ausgeübt, sodass die Vorschrift des § 118 Abs. 2 SGB III aF im vorliegenden Fall zugunsten des Klägers nicht – jedenfalls nicht unmittelbar – herangezogen werden kann.
b) Auch auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann sich der Kläger vorliegend im Ergebnis nicht stützen. Zur Überzeugung des Senats wäre der Kläger zwar über die Möglichkeit der Ausübung des Wahlrechts durch die Beklagte zu beraten gewesen, was vorliegend jedoch gerade nicht geschehen ist. Insbesondere geht in diesem Zusammenhang der Einwand der Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 25. April 2012 im Klageverfahren, Bl. 110 der Gerichtsakte), dass über ein ungewisses Ereignis, nämlich den Ausgang eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens, aufzuklären gewesen wäre, fehl. Die Beklagte hätte den Kläger überhaupt über das Bestehen eines Wahlrechts und die Folgen der Ausübung des Wahlrechts aufklären müssen (so auch schon SG Mannheim, Urteil vom 9. September 2010, S 14 AL 3538/09, in juris). Dies gilt insbesondere dann, wenn ihr - wie vorliegend - aufgrund der Antragsunterlagen bekannt war, dass ein arbeitsgerichtliches Verfahren anhängig ist (hierzu ausführlich auch Schweiger, Arbeitsförderungsrechtliche Folgen der Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung, NZS 2013, 767, 770 f., der sogar von einer verschärften Beratungspflicht in Gleichwohlgewährungsfällen spricht, denen die Arbeitsagentur mit allgemeingehaltenen Hinweisen in Merkblättern nicht genügt). Die Beklagte ist gemäß § 14 Erstes Sozialgesetzbuch Buch (SGB I) rechtlich verpflichtet, bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, deren Wahrnehmung offensichtlich so zweckmäßig ist, dass ein verständiger Versicherter sie mutmaßlich nutzen würde (vgl. BSG, 5. August 1999, B 7 AL 38/98 R). Angesichts der Angaben des Klägers in seinem Arbeitslosengeldantrag (Klage vor dem Arbeitsgericht anhängig) hätte es sich der Beklagten aufdrängen müssen, dass für den Kläger eine Verschiebung des Arbeitslosengeldanspruchs in Betracht kommt. Denn es ergaben sich aus dem Antrag durchaus Anhaltspunkte dafür, dass die Kündigung möglicherweise unwirksam sein könnte, insbesondere da die Frage, ob vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers Anlass für die am 28. November 2008 zum 31. Dezember 2008 ausgesprochene Kündigung gewesen war, mit Grünstift – daher offensichtlich von einem Vertreter der Beklagten – verneint wurde. Die Beklagte war daher gehalten, den Kläger auf die Gestaltungsmöglichkeit nach § 118 Abs. 2 SGB III aF hinzuweisen und ihm eine entsprechende Beratung zuteilwerden zu lassen. Diese wäre auch noch im Rahmen der Antragsbearbeitung vor Erlass des Bewilligungsbescheids möglich gewesen.
Vorliegend fehlt es jedoch an der erforderlichen Kausalität. Die unterbliebene Beratung muss für den Kläger auch kausal sein für den eingetretenen Rechtsnachteil, der in dem kürzeren (Rest)Leistungsanspruch liegt. Diesbezüglich hat jedoch der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 24. November 2013 vorgetragen, dass es dem Kläger offensichtlich nicht möglich gewesen wäre, den Zeitraum bis zur arbeitsgerichtlichen Entscheidung bzw. bis zum 15. April 2009 ohne Weiteres aus finanziellen Rückstellungen zu überbrücken. Eine Beratung der Beklagten dahingehend, den Anspruch erst später entstehen zu lassen, hätte dem Kläger vor diesem Hintergrund überhaupt nichts genützt.
c) Ausgehend von der älteren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (noch zum Arbeitsförderungsgesetz) ändert sich in einem solchen Fall des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses über das tatsächliche Ende der Beschäftigung hinaus grundsätzlich auch nichts an der Bemessung der Rahmenfrist, da die Antragsteller in diesem Zeitraum regelmäßig faktisch beschäftigungslos waren und die Arbeitslosigkeit im Sinne des § 117 SGB III aF lediglich Beschäftigungslosigkeit voraussetzt (st. Rspr. BSG, 11. Juni 1987, 7 RAr 40/86; 3. Dezember 1998, B 7 AL 34/98 R). Die Rahmenfrist beginnt nach dieser Auffassung damit grundsätzlich auch bei einer Gleichwohlgewährung am Tag vor Eintritt der faktischen Beschäftigungslosigkeit und ist nicht zu verlängern, auch wenn das bei der Ermittlung der Anwartschaftszeit grundsätzlich maßgebliche Statusverhältnis ("Versicherungspflichtverhältnis") tatsächlich fortgedauert hat. Der Beginn der Rahmenfrist des § 124 Abs. 1 SGB III aF knüpft danach also an die materiellen Voraussetzungen für die Entstehung des Stammrechts, nicht jedoch an den Zeitpunkt der Antragstellung an (vgl. LSG Baden-Württemberg, 24. September 2003, L 12 AL 224/03; so auch Lauer, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III Großkommentar, 5. Auflage 2013 zur Nachfolgevorschrift ab 1. April 2012, § 143, Rn. 16). Ausgehend von dieser Rechtsprechung hätte der Kläger am 1. Januar 2009 alle sonstigen Voraussetzungen für den Alg-Anspruch erfüllt, sodass keine Verlängerung der Rahmenfrist angenommen werden kann. Diese Auffassung wird vor allem damit begründet, dass auch die Gleichwohlgewährung ein Versicherungsfall sei und es nach allgemeinen Grundsätzen auf diesen maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage ankomme; andererseits wird der Rechtsgedanke des § 124 Abs. 2 SGB III angeführt, wonach die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreichen dürfe, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte.
d) In Abgrenzung zu den dieser älteren Rechtsprechung des BSG zugrunde liegenden Fällen, stellt sich nach Auffassung des Senats die Problematik vorliegend jedoch anders dar, weil der Kläger nach dem faktischen Ende seiner Beschäftigung zum 31. Dezember 2008 die Anwartschaftszeit – wie oben ausgeführt – gerade noch nicht erfüllt hatte, so dass gar keine "vorangegangene Rahmenfrist" in diesem Sinne existiert. Insoweit hat auch schon das BSG in seiner Entscheidung vom 3. Juni 2004 (B 11 AL 70/03 R, in juris) festgestellt, dass die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld noch erfüllt werden kann, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr in einem leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis steht und sich arbeitslos gemeldet hat, sich aber später herausstellt, dass das Arbeitsverhältnis noch weiterbesteht. Meldet sich der Versicherte arbeitslos, bevor die Anwartschaftszeit erfüllt ist, beginnt die Rahmenfrist erst dann, wenn auch die Anwartschaftszeit als Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt ist (BSG a.a.O.). Genau dies trifft auch auf die vorliegende Fallkonstellation zu, allein mit dem Unterschied, dass dem Kläger noch ein Restanspruch auf Alg zugestanden hat, der ihm im Rahmen der Gleichwohlgewährung zunächst ausgezahlt, später jedoch der Beklagten wieder vom früheren Arbeitgeber erstattet wurde. Der Kläger hat die Anwartschaftszeit erfüllt, denn er hat innerhalb der vom 1. Juli 2007 bis 15. April 2009 liegenden Rahmenfrist mindestens zwölf Monate (nämlich vom 14. April 2008 bis 15. April 2009) in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Nach § 124 Abs. 1 SGB III a.F. beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Zwar hatte der Kläger im Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung am 3. Dezember 2008 zum 1. Januar 2009 noch nicht die Voraussetzungen für einen (Neu)Anspruch auf Alg erfüllt, denn zu diesem Zeitpunkt hatte er noch nicht zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Er konnte sich allerdings zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf die Beendigung des leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses schon arbeitslos melden. Meldet sich der Versicherte arbeitslos, bevor die Anwartschaftszeit erfüllt ist, beginnt jedoch keine Rahmenfrist. Diese beginnt vielmehr erst dann, wenn auch die Anwartschaftszeit als Voraussetzung für den Anspruch auf Alg erfüllt ist (BSG a.a.O., Rn. 20).
Der somit neu entstandene Anspruch für 6 Monate ab 16. April 2009 (vgl. insoweit § 127 Abs. 2 SGB III a.F.) scheitert auch nicht an einer etwaigen fehlenden Arbeitslosmeldung zu diesem Zeitpunkt. Lag bereits seit dem 1. Januar 2009 die Arbeitslosigkeit im leistungsrechtlichen Sinne als eine der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg (§ 117 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a.F.) vor, so ist darüber hinaus eine weitere Anspruchsvoraussetzung dadurch verwirklicht worden, dass sich der Kläger am 3. Dezember 2008 persönlich bei der Beklagten arbeitslos gemeldet hat (§§ 117 Abs. 1 Nr. 2, 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.). Mit Rücksicht auf die anhaltende Arbeitslosigkeit des Klägers wirkte diese Arbeitslosmeldung fort (vgl. insoweit BSG a.a.O., Rn. 19 + 22 am Ende), sodass es keiner erneuten Meldung am 16. April 2009 bedurfte. Unter welchen Voraussetzungen die Wirkung der Arbeitslosmeldung erlischt, ergibt sich aus § 122 Abs. 2 SGB III a.F., dessen Voraussetzungen hier nicht gegeben sind.
Die Berufung der Beklagten konnte somit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zuzulassen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über den Beginn und die Dauer des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).
Der 1968 geborene Kläger stand bei der Beklagten aufgrund seiner Arbeitslosmeldung vom 2. April 2007 ab 1. Juli 2007 im Bezug von Arbeitslosengeld (vgl. Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2007, Bl. 68 der Leistungsakte). Dabei wurden eine Anspruchsdauer von 360 Kalendertagen und ein täglicher Leistungsbetrag von 33,93 Euro festgestellt.
Ab 14. April 2008 stand der Kläger wieder in einem Beschäftigungsverhältnis als Teiledienstmitarbeiter bei der C. GmbH in C-Stadt, weshalb die Beklagte die ursprüngliche Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 21. April 2008 ab 15. April 2008 aufhob und in der Folgezeit den an den Kläger für den 14. April 2008 noch gewährten Betrag i.H.v. 33,93 Euro zurückforderte (vgl. Erstattungsbescheid vom 29. Dezember 2008, Bl. 72 der Leistungsakte). Es verblieb noch ein Restanspruch auf Arbeitslosengeld für 77 Kalendertage.
Am 3. Dezember 2008 meldete sich der Kläger bei der Beklagten erneut – mit Wirkung zum 1. Januar 2009 – arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Dabei teilte er der Beklagten in dem Antragsformular mit, dass er noch Ansprüche gegen seine (bisherige) Arbeitgeberin, die Firma C., erhebe und daher vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main Klage erhoben habe (Aktenzeichen 7 CA 8721/08). Nach der vorgelegten Arbeitsbescheinigung der vorgenannten Arbeitgeberin vom 29. Dezember 2008 sei der Kläger dort vom 14. April 2008 bis 31. Dezember 2008 beschäftigt gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei am 28. November 2008 zum 31. Dezember 2008 durch die Arbeitgeberin schriftlich gekündigt worden. Daneben ist die Frage, ob vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers Anlass für die Kündigung gewesen sei, mit grüner Schrift ausdrücklich verneint worden.
Mit Bescheid vom 5. Februar 2009 (Bl. 70 der Leistungsakte), der vom Kläger nicht angefochten wurde, bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 17. März 2009 unter Berücksichtigung der Restanspruchsdauer von 77 Kalendertagen mit einem täglichen Leistungsbetrag in Höhe von 33,93 Euro. Zugleich wandte sich die Beklagte mit Schreiben ebenfalls vom 5. Februar 2009 an die (ehemalige) Arbeitgeberin des Klägers und machte einen Übergang etwaiger Ansprüche des Klägers auf Arbeitsentgelt in Höhe der geleisteten Zahlungen geltend (§ 143 Abs. 3 bzw. § 143a Abs. 4 SGB III i.V.m. § 115 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB X) und informierte den Kläger von der Anzeige des Anspruchsübergangs.
Am 10. März 2009 sprach der Kläger persönlich bei der Beklagten vor und legte ihr eine Kopie der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. Februar 2009 vor. Daraus ergibt sich, dass zwischen den Parteien des Arbeitsgerichtsverfahrens auf dringendes Anraten des Gerichts folgender Vergleich geschlossen wurde:
"1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen, arbeitgeberseitigen, fristgerechten und betriebsbedingten Kündigung der Beklagten vom 28.11.2008 zum 15.04.2009 sein Ende finden wird.
2. Bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses gemäß Ziffer 1. dieses Vergleichs rechnet die Beklagte das Arbeitsverhältnis zu den bislang gültigen Konditionen auf Basis eines Bruttomonatsgehalts in Höhe von EUR 2.700,00 (in Worten: Zweitausendsiebenhundert Euro) ordnungsgemäß ab und zahlt an den Kläger das sich ergebende Nettoentgelt aus, soweit die Ansprüche darauf nicht auf Dritte übergegangen sind.
3. Der Kläger ist von der Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung sowie unter Anrechnung des dem Kläger zustehenden Urlaubs für das Jahr 2009 unwiderruflich freigestellt.
..."
Daraufhin machte die Beklagte mit Schreiben vom 17. März 2009 gegenüber der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers aufgrund des Anspruchsübergangs für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 28. Februar 2009 einen Anspruch in Höhe von 2.035,80 Euro mit der Begründung geltend, dieser Betrag sei dem Kläger in dem vorgenannten Zeitraum an Arbeitslosengeld bereits gezahlt worden, und teilte dies dem Kläger mit Bescheid vom 17. März 2009 mit.
Des Weiteren erließ die Beklagte gegenüber dem Kläger den Änderungsbescheid vom 17. März 2009. Diesem ist zu entnehmen, dass es bei einer Anspruchsdauer von 77 Tagen verblieb. Für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 15. April 2009 betrage der Leistungsbetrag 0,00 Euro. Als Begründung wurde auf § 143 Abs. 1 SGB III verwiesen. Für die Zeit vom 16. April 2009 bis 2. Juli 2009 wurde dem Kläger ein täglicher Leistungsbetrag in Höhe von 33,93 Euro bewilligt
Gegen diesen Änderungsbescheid legte der Kläger am 15. April 2009 Widerspruch ein und vertrat die Auffassung, ihm stehe Arbeitslosengeld für länger als 77 Tage zu, da er vom 14. April 2008 bis 15. April 2009, also ein volles Jahr, bei der Firma C in C-Stadt angestellt gewesen sei.
Durch Widerspruchsbescheid vom 24. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und führte in der Begründung aus, die für die Anspruchsdauer maßgebliche Rahmenfrist umfasse im Falle des Klägers die Zeit vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2008. Entscheidend sei nämlich immer und ausschließlich, zu welchem Termin ein Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend gemacht werde und die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien. Der Kläger sei aber tatsächlich ab dem 1. Januar 2009 arbeitslos und arbeitslos gemeldet gewesen. Er habe somit nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Das Ende des Arbeitsverhältnisses sei insoweit nicht entscheidungserheblich. In der Rahmenfrist vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2008 habe der Kläger keine (neue) Anwartschaftszeit erfüllt, da er in diesem Zeitraum nicht mindestens 12 Monate (oder 360 Tage) versicherungspflichtig gewesen sei, sondern nur 262 Tage. Ein (neuer) Anspruch auf Arbeitslosengeld sei damit zum 1. Januar 2009 nicht entstanden. Daran ändere auch die nachträgliche Zuerkennung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt und die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 15. April 2009 in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren nichts. Vielmehr ruhe der dem Grunde nach seit dem 1. Januar 2009 bestehende Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen des nachträglich zuerkannten Anspruchs auf Arbeitsentgelt. Die durch die Zuerkennung des Arbeitsentgeltanspruchs und Entrichtung der Versicherungsbeiträge anzuerkennende Versicherungspflichtzeit vom 1. Januar 2009 bis 15. April 2009 könne allerdings zur Erfüllung einer Anwartschaftszeit in einer zukünftigen Rahmenfrist herangezogen werden. Da jedoch die Arbeitslosigkeit seit dem 1. Januar 2009 bestanden habe, habe auch nur die noch nicht verbrauchte Anspruchsdauer aus dem früheren Arbeitslosengeldanspruch herangezogen werden können. Dieser Anspruch sei ursprünglich zuerkannt worden für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 17. März 2009 (Bescheid vom 5. Februar 2009). Durch die Ruhensentscheidung habe sich dieser Anspruch jedoch verschoben auf die Zeit nach dem Ende des Ruhenszeitraumes (ab 16. April 2009).
Mit der am 27. Mai 2009 beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Seiner Auffassung nach habe die Arbeitslosigkeit bei ihm nicht schon seit 1. Januar 2009, sondern erst ab 16. April 2009 bestanden, da er zuvor – ausweislich des arbeitsgerichtlichen Vergleiches – noch bis zum 15. April 2009 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Nach der geänderten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Beschäftigungslosigkeit nach dem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis zu beurteilen. Unter Berücksichtigung dessen sei er im Jahre 2009 erstmals zum 16. April 2009 arbeitslos geworden. Demzufolge begehre er mit seiner Klage die ordnungsgemäße Abwicklung seiner Arbeitslosengeld-Ansprüche von dem vorgenannten Zeitpunkt an. Zum 16. April 2009 sei jedoch seiner Auffassung nach ein (neuer) Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer von mindestens 6 Monaten und nicht nur 77 Tagen – gegeben, da insgesamt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vom 14. April 2008 bis 15. April 2009 vorliege. Dieser neue Anspruch sei unberücksichtigt geblieben. Die ursprünglich ab 1. Januar 2009 gezahlten Leistungen habe seine ehemalige Arbeitgeberin der Beklagten zurückerstattet. Dem Wesen der versicherungsrechtlichen Rückabwicklung einer bereits erfolgten "Gleichwohlgewährung" durch Leistungsrückgewähr an die Beklagte entspreche es, dass im Anschluss an die Rückabwicklung der Versicherte so zu stellen sei, als wäre der Versicherungsfall einer "Gleichwohlgewährung" nicht eingetreten. Entstehe insbesondere zwischen Antragstellung und zeitlich eingetretener Voraussetzung des Leistungsbezugs der Anspruch neu, so wäre die Nichtberücksichtigung der Zeiten und Beiträge – hier bis 15. April 2009 – bei der Leistungsberechnung ein enteignender Eingriff, für den es an einer Rechtsgrundlage fehle. Letztlich seien alle Voraussetzungen für seinen Arbeitslosengeld-Anspruch erst mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses am 16. April 2009 gegeben gewesen. Die Beklagte habe folglich auf seinen "verfrühten Antrag" die Prüfung der Erfüllung der Anwartschaftszeit zum 16. April 2009 vornehmen und ein 12-monatiges Pflichtversicherungsverhältnis im Zeitraum vom 14. April 2008 bis 15. April 2009 feststellen müssen. Er habe somit einen neuen Leistungsanspruch erworben, der 6 Monate Arbeitslosengeld ab 16. April 2009 nach sich ziehe.
Die Beklagte hat ihre Rechtsauffassung verteidigt. Die nachträgliche Zuerkennung des Anspruchs auf Arbeitsentgelt für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 15. April 2009 aufgrund des arbeitsgerichtlichen Vergleiches und die Zahlung der auf die Beklagte übergegangenen Ansprüche des Klägers auf Arbeitsentgelt durch seine ehemalige Arbeitgeberin bewirke zum einen, dass der tatsächlich erfüllte Anspruch auf Arbeitslosengeld (ab 1. Januar 2009) als nicht verbraucht gegolten habe und es sich zum anderen (bei dem nachträglich erfüllten Anspruch auf Arbeitsentgelt) um eine Versicherungspflichtzeit handele, die allerdings nur zur Erfüllung einer künftigen Anwartschaft dienen könne. Letztlich sei der Kläger ab 1. Januar 2009 arbeitslos gewesen und habe sämtliche Anspruchsvoraussetzungen für die Lohnersatzleistung erfüllt. Er habe Arbeitslosengeld auch ausdrücklich ab 1. Januar 2009 beantragt, die Beklagte habe den Anspruch erfüllt, die Lohnersatzleistung erbracht und den Versicherungsschutz in der Krankenversicherung übernommen.
Mit Urteil vom 28. September 2012 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 2009 in Gestalt des Bescheides vom 17. März 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld ab 16. April 2009 in gesetzlich vorgesehenem Umfang für die Dauer von 180 Tagen zu zahlen. Der Kläger habe Anspruch darauf, dass der Beginn seines Arbeitslosengeld-Leistungsbezuges auf den 16. April 2009 und die Anspruchsdauer auf 180 Tage festgesetzt werden. Die Beklagte berufe sich zu Unrecht darauf, dass der Kläger zum Zeitpunkt seiner Arbeitslosmeldung am 3. Dezember 2008 mit Wirkung zum 1. Januar 2009 keinen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben hatte. Es treffe zwar zu, dass der Kläger aus der Perspektive dieser zunächst erfolgten Arbeitslosmeldung und Antragstellung innerhalb der unter Zugrundelegung dieser Daten die Zeit vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2008 umfassenden Rahmenfrist wegen der durch § 124 Abs. 2 SGB III (in der hier noch anzuwendenden Fassung) bestimmten Einschränkungen die Anwartschaftszeit für einen neuen Arbeitslosengeld-Anspruch nicht erfüllt hatte. Aufgrund des hier maßgebenden Sachverhalts dürfe jedoch nicht auf die Arbeitslosmeldung und Antragstellung zum 1. Januar 2009 abgestellt werden, da nach dem erklärten Willen des Klägers, dem die Beklagte auf dessen Widerspruch vom 15. April 2008 auch noch hätte Rechnung tragen können und daher auch müssen, von einer Antragstellung zum 16. April 2009 auszugehen sei. Unter Zugrundelegung dieses Zeitpunktes habe der Kläger innerhalb der dann maßgeblichen Rahmenfrist vom 16. April 2007 bis 15. April 2009 in dem Zeitraum vom 14. April 2008 bis 15. April 2009 in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, so dass er die Anwartschaftszeit des § 123 Abs. 1 SGB III von mindestens 12 Monaten erfüllt habe. In Anbetracht seines Lebensalters bei Antragstellung (39 Jahre) und der von ihm erfüllten Anwartschaftszeit in der Rahmenfrist habe der Kläger somit gemäß § 127 Abs. 2 SGB III eine Anspruchsdauer von 6 Monaten/180 Tagen erworben, die ihm die Beklagte folglich ab 16. April 2009 in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang noch zu gewähren habe. Dass von einer Antragstellung zum 16. April 2009 auszugehen sei, ergebe sich auch aus den Grundsätzen, die für die Anwendung des § 323 SGB III maßgeblich seien. Als Willenserklärung unterliege der Arbeitslosengeld-Antrag den entsprechenden Gestaltungsmöglichkeiten. Schließlich sei auch im Rahmen der Antragstellung von Bedeutung, dass die Beklagte im Sinne der Begründung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die ihr obliegenden Beratungspflichten verletzen könne, sofern sie einen Antragsteller nicht darauf hinweise, seinen Leistungsantrag später zu stellen, wenn offensichtlich sei, dass die Verschiebung für diesen vorteilhaft sein könnte. Abgesehen davon, dass eine solche Beratung vorliegend nicht erkennbar sei, sei zur Überzeugung der Kammer jedenfalls in der Widerspruchseinlegung durch den Kläger am 15. April 2009 die Wahrnehmung der ihm hinsichtlich der Antragstellung zur Verfügung gestandenen Gestaltungsmöglichkeiten zu sehen. Die Auslegung dieser Erklärung führe unter Berücksichtigung des insoweit maßgeblichen Willens des Klägers dazu, dass in der Widerspruchseinlegung die Rücknahme des ursprünglich mit Wirkung zum 1. Januar 2009 gestellten Leistungsantrags verbunden mit einer Verschiebung des Antrags auf den 16. April 2009 zu sehen sei. Dem stehe auch nicht die Rechtsprechung des BSG entgegen, wonach die Rücknahme eines Leistungsantrags grundsätzlich nur bis zum Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung über die Bewilligung der Leistung möglich sei. Zwar habe die Beklagte den ursprünglich gestellten Leistungsantrag des Klägers zunächst durch Bescheid vom 5. Februar 2009, den der Kläger nicht angefochten habe, beschieden. Der genannte Bescheid habe jedoch gleichwohl keine Bestandskraft erlangt, da die Beklagte vorliegend die Bindungswirkung bzw. Bestandskraft des Bescheides vom 5. Februar 2009 in Anwendung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X selbst durch Erlass des Änderungsbescheides vom 17. März 2009 durchbrochen habe.
Gegen das ihr am 23. Oktober 2012 zugestellte Urteil des SG hat die Beklagte am 23. November 2012 bei dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 21. März 2013 näher begründet. Danach habe das Sozialgericht die Wirkungen der Gleichwohlgewährung nach § 143 Abs. 3 SGB III in der hier anzuwendenden Fassung (a.F.) verkannt. Der Arbeitslosengeldanspruch des Klägers sei aufgrund entsprechender Arbeitslosmeldung am 1. Januar 2009 entstanden. Der Kläger sei auch tatsächlich beschäftigungslos gewesen, habe mithin zwar noch in einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis, jedoch nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Arbeitslosengeld sei deshalb mit Bescheid vom 5. Februar 2009 zu Recht im Rahmen der Gleichwohlgewährung ab 1. Januar 2009 bewilligt worden. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts habe weder eine "Rückabwicklung" dieser Bewilligung bzw. Leistung stattgefunden noch habe der Kläger seinen Antrag vom 3. Dezember 2008 zurücknehmen können. Die Leistungsgewährung nach § 143 Abs. 3 SGB III a.F. sei nicht rückabgewickelt worden. Sie sei zu Recht erfolgt; es habe kein Bedarf zur Rückabwicklung bestanden, insbesondere nicht nach den §§ 44 ff. SGB X. Die Beklagte habe lediglich den nach § 115 Abs. 1 SGB X gesetzlich vorgesehenen Erstattungsanspruch gegen den Arbeitgeber geltend gemacht. Die Rechtmäßigkeit der Bewilligung gegenüber dem Kläger sei hiervon nicht berührt worden. Dies habe das Bundessozialgericht in einer Reihe von Entscheidungen zu einer gleichlautenden Vorgängernorm (§ 117 AFG) zum Ausdruck gebracht. Dabei habe es auch berücksichtigt, dass dies zu Nachteilen, aber auch zu Vorteilen führen könne (Verweis auf BSG, Urteil vom 11. Juni 1987 – 7 RAr 40/86 –). Für die Beklagte habe deshalb auch anlässlich des Widerspruches des Klägers gegen den Bescheid vom 17. März 2009 keine Veranlassung bestanden, die bestandskräftige Bewilligung vom 5. Februar 2009 zu überprüfen oder gar zurück zu nehmen. Der Sachverhalt sei der gleiche geblieben, der Kläger sei arbeitslos gewesen, habe Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt, dieses jedoch tatsächlich nicht erhalten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend, weil sie "gerecht" sei. Die möglichen Beratungsfehler der Beklagten seien vortrefflich herausgearbeitet worden. Der Kläger sei so zu stellen, als wäre er nach Entstehen des neuen Vollanspruches auf Arbeitslosengeld nach 1 Jahr Beitragsleistung bei der Beklagten gewesen, um einen neuerlichen Antrag zu stellen. Er beanspruche seinen Anspruch aus "erdienter" Anspruchsberechtigung, weshalb die Beklagte auch höhere "Fürsorgepflichten" gegenüber dem Arbeitslosen habe. Sie habe auf eine Antragstellung hinzuwirken, die den Leistungsanspruch zur Auszahlung bringe, wenn ihr das Begehren des Klägers klar erkennbar und verständlich sei, und nicht dafür zu sorgen, dass rechtmäßige Leistungen nicht ausgezahlt werden. Auf die Nachfrage des Berichterstatters im Hinblick auf die Kausalität bei einem etwaigen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch hat der Kläger durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 24. November 2013 mitteilen lassen, dass bereits zum 3. Dezember 2008 sein Kontokorrentkonto bei der X.Bank mit über 1.200 Euro im Minus gestanden habe. Aufgrund weiterer Belastungen hätte er die Dauer des Prozesses beim Arbeitsgericht ohne die Gleichwohlleistungen der Beklagten nicht überbrücken können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Die Entscheidung des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. September 2009 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger ab 16. April 2009 Arbeitslosengeld in gesetzlich vorgesehener Höhe für die Dauer von 180 Tagen zu zahlen. Insoweit hat die Beklagte zu Unrecht einen Neuanspruch auf Arbeitslosengeld ab 16. April 2009 verneint. Ob dem Kläger darüber hinaus – unter zusätzlicher Berücksichtigung des noch nicht verfallenen Restanspruchs von 77 Tagen – ein im Ergebnis noch höherer Anspruch (für insgesamt 180 + 77 = 257 Tage ab 16. April 2009) zusteht, hat der Senat nicht zu entscheiden, da der Kläger gegen die Entscheidung des Sozialgerichts keine Berufung eingelegt hat.
1. Gemäß § 118 Abs. 1 SGB III in der hier maßgeblichen, bis 31. März 2012 gültigen Fassung (künftig: aF) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg), die arbeitslos sind, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Gemäß § 119 SGB III aF ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Gemäß § 123 Abs. 1 SGB III aF hat die Anwartschaftszeit im Sinne des § 118 Abs. 1 Nr. 3 SGB III aF erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Gemäß § 124 Abs. 1 SGB III aF beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Alg-Anspruchsdauer bestimmt sich nach § 127 SGB III aF, wobei gem. § 339 SGB III ein Monat 30 Tagen entspricht.
2. Ausgehend von der Arbeitslosmeldung des Klägers zum 1. Januar 2009 beginnt die Rahmenfrist demnach grundsätzlich am 31. Dezember 2008 und endet am 1. Januar 2007. Jedoch ragt nach § 124 Abs. 2 SGB III die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der der Arbeitslose eine Anwartschaft erfüllt hatte. Dies berücksichtigend endet die Rahmenfrist im Falle des Klägers schon am 1. Juli 2007, also mit Beginn des letzten Alg-Anspruchs, und verläuft somit vom 31. Dezember 2008 bis 1. Juli 2007. In dieser Zeit hatte der Kläger lediglich eine Anwartschaftszeit von 262 Tagen (Versicherungspflichtverhältnis vom 14. April 2008 bis 31. Dezember 2008) erfüllt, sodass mit Wirkung zum 1. Januar 2009 kein neuer Anspruch auf Alg begründet werden konnte, sondern lediglich der noch nicht verfallene Restanspruch von 77 Kalendertagen im Rahmen der Gleichwohlgewährung zur Auszahlung kam.
3. Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger aufgrund des am 25. Februar 2009 vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main geschlossenen Vergleichs trotz faktischer Beendigung der Beschäftigung – noch bis zum 15. April 2009 weiterhin in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Wie sich dies auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld auswirkt, ist streitig.
a) Seitdem der Gesetzgeber mit Gesetz vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) in § 118 Abs. 2 SGB III aF geregelt hat, dass der Arbeitnehmer bis zur Entscheidung über den Anspruch bestimmen kann, dass dieser nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll, hat es der Versicherte nunmehr in der Hand, den Anspruch auf Alg "hinauszuzögern". Denn § 118 Abs. 2 SGB III aF ermöglicht die Verschiebung der Entstehung des Stammrechts. Der Kläger hätte also grundsätzlich die Möglichkeit gehabt, die Entstehung des Stammrechts und damit das Ende der Rahmenfrist solange hinauszuzögern, bis ihm der Ausgang des arbeitsgerichtlichen Verfahrens bzw. das tatsächliche Ende seines Arbeitsverhältnisses bekannt ist. § 118 Abs. 2 SGB III aF bedarf jedoch der Ausübung des Wahlrechts durch den Versicherten. Dies kann bis zur Entscheidung der Beklagten über den Alg-Anspruch geschehen. Unstreitig hat der Kläger vorliegend sein Wahlrecht bis zur Entscheidung der Beklagten (Bescheid vom 5. Februar 2009) nicht ausgeübt, sodass die Vorschrift des § 118 Abs. 2 SGB III aF im vorliegenden Fall zugunsten des Klägers nicht – jedenfalls nicht unmittelbar – herangezogen werden kann.
b) Auch auf einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch kann sich der Kläger vorliegend im Ergebnis nicht stützen. Zur Überzeugung des Senats wäre der Kläger zwar über die Möglichkeit der Ausübung des Wahlrechts durch die Beklagte zu beraten gewesen, was vorliegend jedoch gerade nicht geschehen ist. Insbesondere geht in diesem Zusammenhang der Einwand der Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 25. April 2012 im Klageverfahren, Bl. 110 der Gerichtsakte), dass über ein ungewisses Ereignis, nämlich den Ausgang eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens, aufzuklären gewesen wäre, fehl. Die Beklagte hätte den Kläger überhaupt über das Bestehen eines Wahlrechts und die Folgen der Ausübung des Wahlrechts aufklären müssen (so auch schon SG Mannheim, Urteil vom 9. September 2010, S 14 AL 3538/09, in juris). Dies gilt insbesondere dann, wenn ihr - wie vorliegend - aufgrund der Antragsunterlagen bekannt war, dass ein arbeitsgerichtliches Verfahren anhängig ist (hierzu ausführlich auch Schweiger, Arbeitsförderungsrechtliche Folgen der Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitsleistung, NZS 2013, 767, 770 f., der sogar von einer verschärften Beratungspflicht in Gleichwohlgewährungsfällen spricht, denen die Arbeitsagentur mit allgemeingehaltenen Hinweisen in Merkblättern nicht genügt). Die Beklagte ist gemäß § 14 Erstes Sozialgesetzbuch Buch (SGB I) rechtlich verpflichtet, bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, deren Wahrnehmung offensichtlich so zweckmäßig ist, dass ein verständiger Versicherter sie mutmaßlich nutzen würde (vgl. BSG, 5. August 1999, B 7 AL 38/98 R). Angesichts der Angaben des Klägers in seinem Arbeitslosengeldantrag (Klage vor dem Arbeitsgericht anhängig) hätte es sich der Beklagten aufdrängen müssen, dass für den Kläger eine Verschiebung des Arbeitslosengeldanspruchs in Betracht kommt. Denn es ergaben sich aus dem Antrag durchaus Anhaltspunkte dafür, dass die Kündigung möglicherweise unwirksam sein könnte, insbesondere da die Frage, ob vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers Anlass für die am 28. November 2008 zum 31. Dezember 2008 ausgesprochene Kündigung gewesen war, mit Grünstift – daher offensichtlich von einem Vertreter der Beklagten – verneint wurde. Die Beklagte war daher gehalten, den Kläger auf die Gestaltungsmöglichkeit nach § 118 Abs. 2 SGB III aF hinzuweisen und ihm eine entsprechende Beratung zuteilwerden zu lassen. Diese wäre auch noch im Rahmen der Antragsbearbeitung vor Erlass des Bewilligungsbescheids möglich gewesen.
Vorliegend fehlt es jedoch an der erforderlichen Kausalität. Die unterbliebene Beratung muss für den Kläger auch kausal sein für den eingetretenen Rechtsnachteil, der in dem kürzeren (Rest)Leistungsanspruch liegt. Diesbezüglich hat jedoch der Bevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 24. November 2013 vorgetragen, dass es dem Kläger offensichtlich nicht möglich gewesen wäre, den Zeitraum bis zur arbeitsgerichtlichen Entscheidung bzw. bis zum 15. April 2009 ohne Weiteres aus finanziellen Rückstellungen zu überbrücken. Eine Beratung der Beklagten dahingehend, den Anspruch erst später entstehen zu lassen, hätte dem Kläger vor diesem Hintergrund überhaupt nichts genützt.
c) Ausgehend von der älteren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (noch zum Arbeitsförderungsgesetz) ändert sich in einem solchen Fall des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses über das tatsächliche Ende der Beschäftigung hinaus grundsätzlich auch nichts an der Bemessung der Rahmenfrist, da die Antragsteller in diesem Zeitraum regelmäßig faktisch beschäftigungslos waren und die Arbeitslosigkeit im Sinne des § 117 SGB III aF lediglich Beschäftigungslosigkeit voraussetzt (st. Rspr. BSG, 11. Juni 1987, 7 RAr 40/86; 3. Dezember 1998, B 7 AL 34/98 R). Die Rahmenfrist beginnt nach dieser Auffassung damit grundsätzlich auch bei einer Gleichwohlgewährung am Tag vor Eintritt der faktischen Beschäftigungslosigkeit und ist nicht zu verlängern, auch wenn das bei der Ermittlung der Anwartschaftszeit grundsätzlich maßgebliche Statusverhältnis ("Versicherungspflichtverhältnis") tatsächlich fortgedauert hat. Der Beginn der Rahmenfrist des § 124 Abs. 1 SGB III aF knüpft danach also an die materiellen Voraussetzungen für die Entstehung des Stammrechts, nicht jedoch an den Zeitpunkt der Antragstellung an (vgl. LSG Baden-Württemberg, 24. September 2003, L 12 AL 224/03; so auch Lauer, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III Großkommentar, 5. Auflage 2013 zur Nachfolgevorschrift ab 1. April 2012, § 143, Rn. 16). Ausgehend von dieser Rechtsprechung hätte der Kläger am 1. Januar 2009 alle sonstigen Voraussetzungen für den Alg-Anspruch erfüllt, sodass keine Verlängerung der Rahmenfrist angenommen werden kann. Diese Auffassung wird vor allem damit begründet, dass auch die Gleichwohlgewährung ein Versicherungsfall sei und es nach allgemeinen Grundsätzen auf diesen maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage ankomme; andererseits wird der Rechtsgedanke des § 124 Abs. 2 SGB III angeführt, wonach die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreichen dürfe, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte.
d) In Abgrenzung zu den dieser älteren Rechtsprechung des BSG zugrunde liegenden Fällen, stellt sich nach Auffassung des Senats die Problematik vorliegend jedoch anders dar, weil der Kläger nach dem faktischen Ende seiner Beschäftigung zum 31. Dezember 2008 die Anwartschaftszeit – wie oben ausgeführt – gerade noch nicht erfüllt hatte, so dass gar keine "vorangegangene Rahmenfrist" in diesem Sinne existiert. Insoweit hat auch schon das BSG in seiner Entscheidung vom 3. Juni 2004 (B 11 AL 70/03 R, in juris) festgestellt, dass die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld noch erfüllt werden kann, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr in einem leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis steht und sich arbeitslos gemeldet hat, sich aber später herausstellt, dass das Arbeitsverhältnis noch weiterbesteht. Meldet sich der Versicherte arbeitslos, bevor die Anwartschaftszeit erfüllt ist, beginnt die Rahmenfrist erst dann, wenn auch die Anwartschaftszeit als Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt ist (BSG a.a.O.). Genau dies trifft auch auf die vorliegende Fallkonstellation zu, allein mit dem Unterschied, dass dem Kläger noch ein Restanspruch auf Alg zugestanden hat, der ihm im Rahmen der Gleichwohlgewährung zunächst ausgezahlt, später jedoch der Beklagten wieder vom früheren Arbeitgeber erstattet wurde. Der Kläger hat die Anwartschaftszeit erfüllt, denn er hat innerhalb der vom 1. Juli 2007 bis 15. April 2009 liegenden Rahmenfrist mindestens zwölf Monate (nämlich vom 14. April 2008 bis 15. April 2009) in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Nach § 124 Abs. 1 SGB III a.F. beträgt die Rahmenfrist zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg. Zwar hatte der Kläger im Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung am 3. Dezember 2008 zum 1. Januar 2009 noch nicht die Voraussetzungen für einen (Neu)Anspruch auf Alg erfüllt, denn zu diesem Zeitpunkt hatte er noch nicht zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden. Er konnte sich allerdings zu diesem Zeitpunkt im Hinblick auf die Beendigung des leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses schon arbeitslos melden. Meldet sich der Versicherte arbeitslos, bevor die Anwartschaftszeit erfüllt ist, beginnt jedoch keine Rahmenfrist. Diese beginnt vielmehr erst dann, wenn auch die Anwartschaftszeit als Voraussetzung für den Anspruch auf Alg erfüllt ist (BSG a.a.O., Rn. 20).
Der somit neu entstandene Anspruch für 6 Monate ab 16. April 2009 (vgl. insoweit § 127 Abs. 2 SGB III a.F.) scheitert auch nicht an einer etwaigen fehlenden Arbeitslosmeldung zu diesem Zeitpunkt. Lag bereits seit dem 1. Januar 2009 die Arbeitslosigkeit im leistungsrechtlichen Sinne als eine der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg (§ 117 Abs. 1 Nr. 1 SGB III a.F.) vor, so ist darüber hinaus eine weitere Anspruchsvoraussetzung dadurch verwirklicht worden, dass sich der Kläger am 3. Dezember 2008 persönlich bei der Beklagten arbeitslos gemeldet hat (§§ 117 Abs. 1 Nr. 2, 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.). Mit Rücksicht auf die anhaltende Arbeitslosigkeit des Klägers wirkte diese Arbeitslosmeldung fort (vgl. insoweit BSG a.a.O., Rn. 19 + 22 am Ende), sodass es keiner erneuten Meldung am 16. April 2009 bedurfte. Unter welchen Voraussetzungen die Wirkung der Arbeitslosmeldung erlischt, ergibt sich aus § 122 Abs. 2 SGB III a.F., dessen Voraussetzungen hier nicht gegeben sind.
Die Berufung der Beklagten konnte somit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zuzulassen.
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