S 6 AY 70/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
6
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 6 AY 70/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 16.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2009 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007 Leistungen gemäß § 2 AsylbLG in gesetzlicher Höhe unter Anrechnung bereits gewährter Leistungen gemäß § 3 AsylbLG zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte zur Hälfte. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger erhebt mit dem Hauptantrag eine Untätigkeitsklage gegen die Beklagte und verfolgt mit dem Hilfsantrag das Begehren, von der Beklagten Leistungen gemäß § 2 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) in Verbindung mit dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) anstelle ursprünglich gewährter Leistungen gemäß § 3 AsylbLG für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007 zu erhalten.

Der Kläger ist irakischer Staatsangehöriger. Er reiste im Dezember 1998 mit seinen Eltern und seinen Geschwistern in die Bundesrepublik Deutschland ein. Er beantragte die Anerkennung als Asylberechtigter und erhielt seitdem von der Beklagten Leistungen gemäß § 3 AsylbLG. Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom November 2007 wurde der Kläger rechtskräftig als Asylberechtigter anerkannt und verzog daraufhin nach C.

Mit Schreiben vom 08.06.2009 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), die den Kläger betreffenden Leistungsbescheide für den Zeitraum vom 01.01.2005 an abzuändern und dem Kläger sogenannte Analogleistungen gemäß § 2 AsylBLG i. V. m. dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu gewähren. Den gleichen Antrag stellte er für die restliche Familie.

Mit Bescheid vom 16.06.2009 lehnte die Beklagte die Gewährung höherer Leistungen für die Familie ,,H T N und I T1 O so wie deren Kinder" ab und begründete dies damit, dass der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland von der Familie des Klägers rechtsmissbräuchlich beeinflusst worden sei, da gefälschte Identitätspapiere vorgelegt worden seien. Die Beklagte verwies diesbezüglich insbesondere auf ein Schreiben der Ausländerbehörde B vom 05.09.2006, wonach das Verwaltungsgericht Koblenz im Urteil vom 24.11.1999 festgestellt habe, dass es sich bei den im Asylverfahren vorgelegten irakischen Dokumenten um Fälschungen handele. Mit Schreiben vom 21.09.2001 habe die irakische Botschaft mitgeteilt, dass sie bereit sei, unter bestimmten Bedingungen Heimreisepapiere für die Familie auszustellen. Da die Bedingungen für die Ausreise, unter anderem eine amtliche Begleitung in den Irak jedoch seinerzeit nicht erfüllt werden konnten, seien keine Heimreisepapiere abgerufen worden. Da die Familie gefälschte Identitätspapiere vorgelegt habe und zudem ein erfolgloses Wiederaufgreifensverfahren durchgeführt habe, habe sie ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland rechtsmissbräuchlich beeinflusst.

Hiergegen erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers Widerspruch zu dessen Begründung er ausführte, die Familie hätte ihren Aufenthalt nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst. Die vorgelegten Papiere seien nicht gefälscht gewesen. Im Irak herrsche ein unsicheres Urkundswesen und die zahlreichen Kriege in den letzten 15 Jahren wären gerade in der Autonomieregion Kurdistans von verschiedenen staatlichen und halbstaatlichen Stellen Papiere herausgegeben worden, die von der Zentralregierung als Fälschungen deklariert worden seien. Dies könne jedoch ohnehin dahinstehen, da es jedenfalls nicht kausal den Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland gewesen sei. In den letzten 10 Jahren sei kein irakischer Staatsangehöriger aus der Bundesrepublik Deutschland in den Irak abgeschoben worden. Mit Schreiben vom 08.10.2009 wies er zudem unter dem Betreff "C2 H T" darauf hin, dass auf seine Schreiben vom 08.06.2009 und 13.07.2009 hin kein Bescheid erlassen worden sei. Er wies darauf hin, dass er ggfls. Untätigkeitsklage erheben werde.

Die Beklagte wies sodann mit Schreiben vom 14.10.2009 darauf hin, dem Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid sei nicht abgeholfen worden und der Vorgang zur Entscheidung an den Kreisrechtsausschuss des Kreises B, des hiesigen Beklagten vorgelegt worden.

Mit Datum vom 06.11.2009 erließ die Beigeladene zu 1) den hier streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid ,,in der Widerspruchssache des Herrn , der Frau I T1 O, der Kinder C3 H T, J H T, L H T, T2 T N, , T3 T1 O, gesetzlich vertreten durch die Eltern Herrn N H T und Frau I T1 O" sowie ,,des Herrn C2 H T".

In der Sache wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass unabhängig davon, ob vorliegend eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer vorliege oder nicht, die Beklagte jedenfalls nicht die örtlich und sachlich zuständige Behörde zur Entscheidung über den Antrag gemäß § 44 SGB X für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007 sei. Gemäß § 44 Abs. 3 SGB X entscheide über die Rücknahme und Unanfechtbarkeit eines Verwaltungsaktes die zuständige Behörde. Dies gelte auch dann, wenn der zurückzu- nehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden sei. Für die Überprüfung und Rücknahme nach § 44 SGB X sei bei einem unanfechtbaren Verwaltungsakt die Behörde zuständig, die zur Zeit der Überprüfung sachlich und örtlich zuständig für die Entscheidung über den zugrundeliegenden Verwaltungsakt sei. Zuständigkeitswechsel nach Unanfechtbarkeit sollten berücksichtigt werden. Denn das Rücknahmeverfahren stelle gegenüber dem Bewilligungsverfahren ein eigenständiges Verwaltungsverfahren dar, für das sich die örtliche und sachliche Zuständigkeit nach dem im Zeitpunkt des Erlasses des Rücknahmebescheides maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen richte. Dies sei hier gem. § 10 a AsylbLG jedenfalls nicht der Widerspruchsgegner.

Mit der am 11.12.2009 bei dem Sozialgericht Detmold erhobenen Klage verfolgt der Kläger mit dem Hauptantrag das Anliegen der Bescheidung seines Überprüfungsantrages durch die Beklagte und mit dem Hilfsantrag die Gewährung von § 2 Leistungen anstelle von § 3 Leistungen durch diese.

Zur Begründung der Klage im Hauptantrag führt er aus, über den Antrag des Klägers gemäß § 44 SGB X sei bis heute nicht entschieden worden. Eine Begründung des Hilfsantrages erfolgte nicht.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

die Beklagte zu verpflichten, den am 08.06.2009 gestellten Antrag nach § 44 SGB X auf Aufhebung der Bescheide über die Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG beginnend mit dem Januar 2005 und den Antrag dem Kläger Leistungen nach § 2 AsylbLG in Verbindung mit dem SGB XI für den Zeitraum von Januar 2005 bis einschließlich 31.03.2007 zu bewilligen, zu bescheiden,

hilfsweise den Bescheid der Beklagten vom 16.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beigeladenen zu 1) vom 06.11.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007 Leistungen gemäß § 2 AsylbLG in Verbindung mit SGB XII unter Berücksichtigung bereits erbrachter Leistungen gemäß § 3 AsylbLG zu gewähren.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich und sinngemäß,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Klageabweisungsantrages führt sie aus, der Untätigkeitsvorwurf sei nicht gerechtfertigt, da ihres Erachtens mit dem Ausgangsbescheid die gesamte Familie erfasst gewesen sei. Zum Hilfsantrag nimmt sie in der Sache nicht Stellung.

Die Beigeladene zu 1) stellt keinen eigenen Antrag. Sie verweist darauf, dass eine Klaglosstellung allenfalls durch die Beklagte möglich wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem Aktenzeichen sowie auf die am gleichen Tag verhandelten Parallelverfahren mit dem Gerichtsaktenzeichen S 6 AY 68/09 sowie S 6 AY 69/09 und die beigezogenen Widerspruchsvorgänge der Beklagten sowie die ebenfalls beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beigeladenen zu 1. verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage bleibt mit dem Hauptantrag erfolglos, hat jedoch mit dem Hilfsantrag Erfolg.

Dabei konnte das Gericht auch in Abwesenheit sämtlicher Beteiligter entscheiden, da diese ordnungsgemäß geladen und vom Termin benachrichtigt worden waren. Die Beteiligten sind zudem mit der Ladung darauf hingewiesen worden, dass im Falle ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann, § 110 Abs. 1 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Beteiligten hatten zudem vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung schriftsätzlich bzw. telefonisch selbst darauf hingewiesen, dass ihrerseits von einer Teilnahme am Termin zur mündlichen Verhandlung abgesehen wird.

Die von dem Kläger mit dem Hauptantrag erhobene Untätigkeitsklage hat keinen Erfolg. Gemäß § 88 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes ist für den Fall, dass ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden ist, die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären, § 88 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGG. § 88 SGG gewährleistet, dass die Verwaltung den Betroffenen nicht durch Untätigkeit in seinen Rechten beeinträchtigen kann (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, § 88 Rdnr. 2). § 88 unterscheidet sich dabei von den entsprechenden Vorschriften anderer Verfahrensordnungen (§ 75 VwGO, § 46 SGO) dadurch, dass er eine echte Untätigkeitsklage in Form einer sog. Bescheidungsklage zur Verfügung stellt (vgl. BSG 72, 118,120 f. und BSG 73, 244,247; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Kommentar, § 88 Rdnr. 2). Der Vorwurf der Untätigkeit wurde der Beklagten gegenüber jedoch nicht zu Recht erhoben. Die Beklagte hat vielmehr mit dem für die übrigen Familienmitglieder erlassenen Ausgangsbescheid vom 16.06.2009 zugleich eine Regelung für den hiesigen Kläger getroffen.

Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hingewiesen hat, für den hiesigen Kläger sei kein Ausgangsbescheid erlassen worden, vermochte sich das Gericht dieser Auffassung bereits nicht anzuschließen. Der von der Beigeladenen erlassene Ausgangsbescheid vom 16.06.2009 bezog sich, wie im dortigen Betreff aufgeführt ist, auf die Gewährung von ,,Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylBLG) für die Familie H ...und ihre Kinder". Nach der gebotenen Auslegung vom objektiven Empfängerhorizont beinhaltete der Bescheid damit auch eine Entscheidung für den hiesigen Kläger. Hierfür spricht auch das Verhalten der Beigeladenen in der Folgezeit. Auf die Anfrage des Prozessbevollmächtigten vom 08.10.2009 zum Stand der Sache hin wurde von dort mitgeteilt, die Angelegenheit liege bereits dem Kreisrechtsausschuss vor und sei dort mit den Unterlagen der Familie eingereicht worden. Die Verfahren würden dort gemeinsam entschieden. In dem hier streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 06.11.2009 wird sodann in der Betreffzeile neben Herrn N H T und Frau I T1 O auch der Kläger Herr C2 H T namentlich genannt. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hingewiesen hat, der Kläger sei volljährig und habe einen eigenen Antrag gem. § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gestellt und gerade aus der Stellung des eigenen Antrages werde deutlich, dass der Kläger eben nicht mit seiner Familie gemeinsam beschieden werden wollte, vermochte sich das Gericht dieser Argumentation ebenfalls nicht anzuschließen. Zwar mag die Übersendung eines Bescheides, der auch ein volljähriges Familienmitglied betrifft, an die Eltern datenschutzrechtlich nicht unbedenklich sein. Dies ändert aber nichts an dem Umstand, dass das Sozialverwaltungsverfahrensrecht, welches im SGB X geregelt ist, die gleichzeitige Bescheidung mehrerer Familienangehöriger in einem Verwaltungsakt nicht ausdrücklich verbietet. So differenziert beispielsweise § 12 I SGB X ebenfalls zwischen dem Antragsteller und Antragsgegner, vgl. § 12 I Nr. 1 SGB X sowie demjenigen, an dem die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat, vgl. § 12 I Nr. 2 SGB X. Bereits aus dieser Regelung wird deutlich, dass zwischen dem einzelnen Leistungsempfänger und dem Adressaten eines Bescheides durchaus differenziert werden kann. Hierfür spricht zudem der Umstand, dass der hiesige Kläger scheinbar auch in der Vergangenheit die Bescheide lediglich über seine Eltern zur Kenntnisnahme erhalten hat. Hierbei spielt zudem eine Rolle, dass die Handlungsfähigkeit für das Stellen und Verfolgen von Anträgen auf Sozialleistungen sowie die Entgegennahme von Sozialleistungen gemäß § 36 des 1. Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) bereits seit dem 15. Lebensjahr des Klägers vorliegt, nicht erst seit dessen Volljährigkeit. Sowohl die gewohnheitsmäßige Bescheidbekanntgabe in der Vergangenheit als auch die Differenzierung zwischen dem Betroffenen eines Verwaltungsaktes und dessen Adressaten sprechen dafür, dass auch der hiesige Kläger von dem an die gesamte Familie adressierten Bescheid vom 16.06.2009 mit erfasst sein sollte.

Die Klage ist jedoch im Hilfsantrag zulässig und begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 16.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2009 ist rechtswidrig und beschwert den Kläger gemäß § 54 Abs. 2 SGG. Zum einen hat die Beklagte in den zuvor genannten Bescheiden zu Unrecht ihre Zuständigkeit für die Entscheidung über die Leistungsgewährung von Leistungen gemäß § 2 AsylbLG im streitgegenständlichen Zeitraum verneint und zudem die Gewährung dieser Leistungen zu Unrecht abgelehnt.

Streitgegenständlicher Zeitraum in diesem Verfahren war - dem Schriftsatz vom 23.06.2010 folgend - die nachträgliche Gewährung höherwertiger Leistungen gem. § 2 AsylbLG analog SGB XII für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007. Die Beschränkung des Klageantrages durch die Klägerseite beruhte dabei auf folgenden Erwägungen: Der urspünglichen Klageschrift zufolge war die Gewährung von Leistungen gemäß § 2 AsylbLG in Verbindung mit dem SGB XII für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.11.2007 beantragt worden. Laut Mitteilung der Verbandsgemeinde C4 vom 16.03.2007 war die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG seinerzeit wegen der Aufnahme einer Beschäftigung zum 31.03.2007 eingestellt worden. Offensichtlich auf diesen Angaben beruhend wurde mit dem hier streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 06.11.2009 lediglich eine Entscheidung im Zugunstenverfahren für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007 getroffen. Da dem Inhalt der Klageschrift zufolge der Bescheid vom 16.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.11.2009 Streitgegenstand sein sollte (vgl. § 92 SGG) und insoweit lediglich für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007 bereits ein Vorverfahren durchgeführt worden war, hat der Prozessbevollmächtigte im Laufe des Klageverfahrens in zulässiger Weise den Klageantrag auf den zuvor genannten Zeitraum beschränkt, vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG. Es bleibt dem Kläger unbenommen für den Zeitraum vom 01.4.2007 bis zum 30.11.2007 die von ihnen auch hier verfolgten Leistungen in einem weiteren Verfahren geltend zu machen, wobei sinnvollerweise zuvor abgeklärt werden sollte, ob für diesen Zeitraum überhaupt noch vom Vorliegen eines entsprechenden Antrages bei der Beklagten ausgegangen werden kann und ob in Anbetracht des zwischenzeitlich erzielten Einkommens der Höhe nach überhaupt ein Anspruch gem. § 2 AsylbLG bestehen würde.

Die Beklagte ist auch die für die Entscheidung über den Überprüfungsantrag gem. § 44 SGB X zuständige Behörde. Dabei entscheidet gemäß § 44 Abs. 3 SGB X über die Rücknahme eines Verwaltungsaktes nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist. Gemäß § 10 a AslybLG ist für die Leistungen nach diesem Gesetz (= AsylbLG) örtlich zuständig die nach § 10 bestimmte Behörde, in deren Bereich der Leistungsberechtigte aufgrund der Entscheidung der vom Bundesministerium des Innern bestimmten zentralen Verteilungsstelle verteilt oder von der im Land zuständigen Behörde zugewiesen worden ist. Im Übrigen ist die Behörde zuständig, in deren Bereich sich der Leistungsberechtigte tatsächlich aufhält, § 10 a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG. Diese Zuständigkeit bleibt bis zur Beendigung der Leistung auch dann bestehen, wenn die Leistung von der zuständigen Behörde außerhalb ihres Bereichs sicher gestellt wird, § 10 a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG. Gemäß § 10 AsylbLG bestimmen die Landesregierungen oder die von ihnen beauftragten obersten Landesbehörden die für die Durchführung dieses Gesetzes (somit des Asylbewerberleistungsgesetzes) zuständigen Behörden und Kostenträger und können näheres zum Verfahren festlegen, soweit dies nicht durch Landesgesetz geregelt ist. Die bestimmten zuständigen Behörden und Kostenträger können aufgrund näherer Bestimmung gemäß Satz 1 Aufgaben und Kostenträgerschaft auf andere Behörden übertragen, § 10 Satz 2 AsylbLG.

Dabei scheint der Wortlaut des § 44 Abs. 3 SGB X zunächst nahe zu legen, dass die hiesige Beklagte für die Entscheidung über den Antrag gem. § 44 SGB X nicht mehr zuständig ist. Nach der Norm entscheidet über die Rücknahme nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde. Dabei bewirkt ein im Zugunstenverfahren gestellter Antrag gemäß § 44 SGB X grundsätzlich nicht, dass der mit dem Ausgangsbescheid abgelehnte "Anspruch" dort "noch anhängig" geblieben ist. Die Möglichkeit der Rücknahme eines Bescheides nach § 44 SGB X ändert nichts an der Bestandskraft des zu überprüfenden Bescheides. Allerdings wird dann, wenn es zur Rücknahme kommt, faktisch die Bestandskraft durchbrochen (vgl. Landessozialgericht Berlin Brandenburg, Urteil vom 08.10.2009 L 15 SO 267/08 Rdnr. 40). Dem folgend kann die von der Beigeladenen zu 1) geäußerte Auffassung, es handele sich bei dem Rücknahmeverfahren um ein gegenüber dem Bewilligungsverfahren eigenständiges Verwaltungsverfahren, nicht uneingeschränkt geteilt werden. Denn diese Rechtsauffassung verkennt, dass mit der Entscheidung darüber, dass die Bestandskraft des ursprünglich erlassenen Verwaltungsaktes aufgehoben wird, die Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes revidiert wird und mit dieser Entscheidung zugleich auch die Entscheidungsbefugnis der ursprünglich zuständigen Behörde wieder aufleben kann. Allein diese Schlussfolgerung wird zudem dem Grundgedanken, dass die Rücknahmeentscheidungen der §§ 44 ff. SGB X einen actus contrarius der ursprünglich erlassenen Verwaltungsakte darstellen, gerecht. Soweit die Beigeladene zu 1) darauf hingewiesen hat, dass der Sinn des § 44 Abs. 3 SGB X insbesondere darin liegt, dass Zuständigkeitswechsel nach Unanfechtbarkeit berücksichtigt werden sollen, verfängt auch dieses Argument im konkreten Fall nicht. Hintergrund der Berücksichtigung von Zuständigkeitswechseln ist der Gedanke der Verwaltungspraktikabilität. Die Behörde, die aktuell mit den Leistungsvoraussetzungen der Berechtigten vertraut ist, soll ggf. auch die Befugnis haben unter Zugrundelegung zwischenzeitlich evtl. aktuell gewonnener Erkenntnisse den Sachverhalt und die Leistungsgewährung für die Vergangenheit mit zu regeln. Dieser durchaus sinnvolle Grundgedanke scheint auf den Bereich des Asylbewerberleistungsrechts jedoch nur eingeschränkt übertragbar zu sein. Insbesondere im vorliegenden Fall verhält es sich so, dass infolge einer Änderung des Aufenthaltstatus der Leistungsberechtigten zwischenzeitlich neben einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit zugleich auch ein Wechsel der sachlichen Zuständigkeit stattgefunden hat. Denn zeitgleich mit der Anerkennung als Asylberechtigte ist der Kläger in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Behörde verzogen. Da sich exakt in diesem Moment auch sein Aufenthaltstatus geändert hat, war von diesem Zeitpunkt an nicht mehr die für die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG zuständige Behörde, sondern die für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II zuständige Behörde für ihn örtlich und sachlich zuständig. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass die Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich der Kläger sich aktuell aufhält, bislang weder Antragsunterlagen noch sonstige Erkenntnisse über einen etwaigen Aufenthaltstatus des Klägers, Einkommens- und Vermögensverhältnisse, insbesondere für den hier streitgegenständlichen Zeitraum, Erkenntnisse über etwaige Bezugszeiten und weitere, für die Entscheidung über die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG notwendige Erkenntnisse vorgelegen haben. Vor diesem Hintergrund spricht auch der Aspekt der Verwaltungspraktikabilität dafür, dass die ursprünglich zuständige Behörde über den Antrag gemäß § 44 SGB X zu befinden hat. Soweit die Beigeladene zu 1) darauf hingewiesen hat, die örtliche Zuständigkeit für die Entscheidung über die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG sei deckungsgleich mit der nach dem Aufenthaltgesetz (AufenthG), kann dem gerichtlicherseit ebenfalls nicht gefolgt werden. Dem Gesetzeswortlauf läßt sich dies nicht entnehmen. Soweit die Beigeladene zu 1) insoweit auf die Verwaltungsvorschriften zu § 71 AufenthG Bezug nimmt, handelt es sich hierbei um bloße der Selbstbindung der Verwaltung dienende Auslegungsvorschriften, die die Judikative nicht binden. Soweit die Beigeladene zu 1) darüber hinaus darauf hinweist, es sei auch praktisch sinnvoll, einen Gleichklang zwischen der örtlichen Zuständigkeit der Behörden für die Entscheidungen nach dem AufenthG und der für die Entscheidung nach dem AsylblG zuständigen Behörde herbeizuführen, kann dem ebenfalls nicht ohne weiteres gefolgt werden. Dabei sind für die Entscheidung nach dem AsylbLG in der Regel auf Verwaltungsebene die kreisangehörigen Gemeinden zuständig, während die ausländerrechtliche Entscheidungen häufig abschließend bei den Kreisen und kreisfreien Städten getroffen wird. In der Regel bedeutet dies, dass die Ausländerakten ohnehin nicht bei der entscheidenden Gebietskörperschaft geführt werden, sondern von außerhalb beigezogen werden müssen. Regelmäßig werden auch seitens der Sozialgerichte zur Sachaufklärung für die Entscheidung über die Gewährung von Leistungen nach dem AsylblG die Ausländerakten beigezogen. Häufig ist es zudem erforderlich, für eine abschließende Beurteilung des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Antragsteller ohnehin weitere Akten, beispielsweise Akten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder Akten der Verwaltungsgerichte beizuziehen. Ein gewisser organisatorischer Aufwand ist in diesem Bereich daher von vornherein unvermeidbar und zwar unabhängig davon, ob die ursprünglich zuständige Behörde oder eine ggf. zwischenzeitlich zuständige gewordene Behörde für die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG die Entscheidung trifft. Anders verhält es sich hingegen mit den übrigen Tatbestandsvoraussetzungen, die ebenfalls im Wege der Amtsermittlung gem. § 20 SGB X aufzuklären sind. Zu nennen sind hierbei insbesondere die Vorbezugszeiten sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Leistungsberechtigten. Diese sind regelmäßig anhand der Leistungsakten nachzuvollziehen. Im Gegensatz zu den Ausländerakten werden die Leistungsakten der Sozialämter jedoch regelmäßig bei einem Umzug nicht dauerhaft der nach dem Umzug zuständigen Behörde übergeben. Das Argument der Verwaltungspraktikabilität spricht daher auch vor diesem Hintergrund für die Zuständigkeit der zunächst angegangenen Behörde. Zudem sprechen weitere systematische Erwägungen für das zuvor gefundenen Ergebnis: So findet sich die Norm des § 44 SGB X im Zweiten Titel des SGB X "Bestandskraft des Verwaltungsaktes". Auch die §§ 45, 48 SGB X sehen die Möglichkeit vor, bestandskräftige Verwaltungsakte unter bestimmten Voraussetzungen aufzuheben. Den gesamten Aufhebungsvorschriften ist es dabei inhärent, dass die Prüfung unter Durchbrechung der Bestandskraft anhand im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes maßgeblichen rechtlichen Voraussetzungen, somit auch der entsprechenden Zuständigkeitsvorschriften stattfindet. Jeder andere Interpretation könnte nachträglich zudem Kompetenzkonflikte der Behörden untereinander herbeiführen. Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber in den §§ 102 ff. SGB X keine Erstattungsmöglichkeit der Leistungsträger für diesen Fall vorgesehen hat, spricht für eine Entscheidungskompetenz der ursprünglich zuständigen Behörde. Insoweit verfängt auch der Hinweis der Beigeladenen zu 1) auf die Kommentarliteratur bezüglich der Zuständigkeit für die Entscheidung über den Antrag gem. § 44 SGB X ebenso wenig wie der Hinweis auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und das Urteil des Bundessozialgerichtes 11. Senat vom 22.03.1984 Az.: 11 RA 22/83. Soweit die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung in Bezug genommen wurde, ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung die Vorschrift des § 44 SGB X entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut auf Entscheidungen über die Gewährungen von Leistungen nach den AsylbLG gar nicht angewandt wurde. Es ist aber auch nicht ersichtlich, dass das Urteil des BSG vom 22.03.1984 Az.: 11 RA 22/83 der zuvor getroffenen Entscheidung entgegen stehen würde. In dem Urteil wird darauf hin- gewiesen, dass im Fall der sog. Wanderversicherung (d.h. für den Fall, dass an unterschiedliche Träger des gleichen Versicherungszweiges Beiträge entrichtet wurden) die Behörde, die einen Bescheid erlassen hat, auch für dessen Aufhebung zuständig ist. In der Entscheidung wurde davon ausgegangen, dass es für einen Zuständigkeitswechsel zur dortigen Beklagten an einer Rechtsgrundlage fehlt. Soweit § 44 Abs. 3 SGB X zwischenzeitlich die Regelung des vor Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes (vgl. die dem § 44 Abs. 3 SGB X entsprechende Regelung des § 48 Abs. 5 VwVfG) und des SGB X allgemein anerkannten Rechtsgrundsatzes einschränken sollte, wonach die Zuständigkeit für die Beseitigung (Aufhebung, Rücknahme, Widerruf) eines Verwaltungsaktes vorbehaltlich einer besonderen gesetzlichen Regelung bei der Behörde lag, die den Verwaltungsakt erlassen hatte, um dessen Rücknahme es geht (vgl. hierzu OVG Münster Urteil vom 22.01.1998 - Az.: 8 A 940/96 -, Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter 1998, S. 356, 357; Urteil des BSG vom 09.06.1999 Az.: B 6 KA 70/98 R) ergibt sich hieraus - speziell für den Bereich des Asylbewerberleistungsgesetz - nichts Gegenteiliges. Grundgedanke dieser Regelung sollte sein, dass die Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, für seine Beseitigung nach geltendem Recht nicht mehr zuständig sein soll, wenn sie entweder zu keinem Zeitpunkt zuständig war oder ihre Zuständigkeit nach Erlass des Verwaltungsaktes, um dessen Beseitigung es geht, entfallen ist. Damit sollte verhindert werden, dass eine andere Behörde über die Beseitigung eines Verwaltungsaktes zu entscheiden hat als diejenige, die nunmehr zuständig ist, den maßgeblichen Sachverhalt zu regeln. Dieser Rechtsgedanke findet im Rahmen der § 95 Abs. 6 SGB V speziell geregelten Tatbestände der Entziehung der Zulassung und des Widerrufs der Ermächtigung entsprechende Anwendung (vgl. BSG Urteil vom 09.06.1999 Az.: B 6 KA 70/98 R). Die zuvor genannten Entscheidungen beziehen sich daher offensichtlich auf Regelungsgegenstände, die auch über einen längeren Zeitraum andauern können. So werden beispielsweise im Rahmen des Rentenversicherungsrechtes nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) in der Regel Dauerverwaltungsakte erlassen. Sofern in diesem Bereich beispielsweise Vormerkungsbescheide für rentenrechtliche Zeiten ergangen sind, erscheint es durchaus sinnvoll bei etwaigen Zuständigkeitswechsel dem dann zuständigen Träger die Möglichkeit zu geben, im Rahmen einer Bewilligungsentscheidung über laufende Rentenleistungen eine von einer andere Behörde zuvor getroffene Entscheidung über die Vormerkung von Beitragszeiten oder ähnlichem zu revidieren, da sie noch Auswirkungen auf die von ihm zu gewährenden Leistungen hat. Dieses Erfordernis der ganzheitlichen Betrachtung insbesondere im Bereich von Dauerschuldverhältnissen ist auf den Bereich des Asylbewerberleistungsrechts nicht übertragbar. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sind - den im § 1 AsylbLG genannten Aufenthaltsstatuten der Leistungsberechtigten entsprechend - von vorn herein nicht auf Dauer angelegt. Dementsprechend wurden in der Vergangenheit Entscheidungen über die Gewährung von Leistungen nach dem AsylbLG häufig auch nicht als Dauerverwaltungsakte, sondern als Einmalverwaltungsakte, die auf den Zeitraum von einem Monat beschränkt waren, erlassen. Soweit in der zuvor genannten Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 09.06.1999 darauf hingewiesen wurde, dass durch die Regelung des § 44 Abs. 3 SGB X verhindert werden soll, dass eine andere Behörde über die Beseitigung eines Verwaltungsaktes zu entscheiden hat als diejenige, die nunmehr zuständig ist, den maßgeblichen Sachverhalt zu regeln, klingen in dieser Argumentation auch die zuvor von der Kammer angeführten Kompetenzkonflikte an. Diese treten im Bereich des Asylberwerberleistungsrechts zudem verschärft auf. Denn die Erstattungsvorschriften der §§ 102 ff. SGB X sehen keine Möglichkeit der zwischenzeitlich ggf. zuständig gewordenen Behörde vor, einen etwa nachzuzahlenden Betrag von der ursprünglich zuständigen Behörde erstattet zu verlangen. Entgegen dem auch im Urteil des Bundessozialgerichtes vom 22.03.1984 (Az.: 11 RA 22/83) angesprochenen Grundgedanken, dass die zur Gewährung von Leistungen verpflichtete Behörde über das streitgegenständliche Leistungsbegehren dispositionsbefugt sein soll, kann nur Rechnung getragen werden, wenn vorliegend die ursprünglich zuständige Behörde die für die Vergangenheit möglicherweise rechtswidrig getroffene Entscheidung korrigieren muss. Denn in der Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 22.03.1984 (dort Rdnr. 11) war differenziert worden zwischen den Fällen der Wanderversicherung nach § 1311 RVO und nach § 90 AVG und anderen Fällen. Allein der Umstand, dass es sich bei der dort streitgegenständlichen Aufhebung der Beitragserstattung nicht um eine zu zahlende Leistung im Sinne der §§ 1311 RVO, 90 AVG handelte, war dort Rechtfertigung dafür, dass derjenige Versicherungsträger für die Entscheidung zuständig blieb, der sie erlassen hatte. Offensichtlich lag daher auch dieser Entscheidung der oben angedeutete Grundgedanke zugrunde, dass demjenigen, der die Kostenlast für eine Entscheidung trägt auch die Kompetenz für die Entscheidung selbst zukommen soll. Vorliegend führt dies zur Annahme der Zuständigkeit der Behörde, die den streitgegenständlichen Verwaltungsakt erlassen hat. Hinzu tritt folgende Erwägung: Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 09.06.1999 Az.: B 6 KA 70/98 R, Rdnr. 21 ausgeführt, dass die Zuständigkeit für die Beseitigung eines Verwaltungsaktes vorbehaltlich einer besonderen gesetzlichen Regelung bei der Behörde lag, die den Verwaltungsakt erlassen hatte, um dessen Rücknahme es geht. Diese Regelung sei durch § 44 SGB X eingeschränkt worden. Soweit der Gesetzgeber daher mit dieser Regelung den Grundsatz einschränken wollte, wonach die Zuständigkeit für die Beseitigung des Verwaltungsaktes bei der Behörde lag, die den Verwaltungsakt erlassen hatte, ist damit nicht zwangsläufig auch die Aussage verbunden, dass der Vorbehalt einer besonderen gesetzlichen Regelung aufgehoben werden sollte. Insoweit ist im Bereich des Asylbewerberleistungsrechtes auf die Spezialvorschrift des § 10 a AsylbLG hinzuweisen. Nach den oben bereits zitierten Vorschriften der §§ 10, 10 a AsylbLG existieren in diesem Bereich Sonderregelungen für die örtliche Zuständigkeit. Danach ist gemäß § 10 a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG für Leistungen nach dem AsylbLG örtlich zuständig die nach § 10 bestimmte Behörde, in deren Bereich der Leistungsberechtigte aufgrund der Entscheidung der vom Bundesministerium des Innern bestimmten zentralen Verteilungsstelle verteilt oder von der im Land zuständigen Behörde zugewiesen worden ist. Hintergrund dieser Regelung ist eine gleichmäßige Verteilung der Kostenlast für Leistungen nach dem AsylbLG durch die Verteilungsstellen, die vom Innenministerium bestimmt werden. Diese Zuweisungsentscheidung, die eine finanzielle gleichmäßige Lastenverteilung herbeiführen soll, würde umgangen, wenn nachträglich die Zuständigkeit einer anderen Leistungsbehörde aufleben würde. Soweit die Beigeladene zu 2) sich im Übrigen auf die zu § 44 Abs. 3 SGB X vorhandene Rechtssprechung und Kommentarliteratur stützt, ist diese nur begrenzt auf den Bereich des AsylbLG übertragbar. Insoweit ist nämlich noch zu berücksichtigen, dass das Bundessozialgericht unter ausdrücklicher Abkehr von der bisherigen ständigen auch höchstrichterlichen verwaltungsgerichtlichen Rechtssprechung erstmals mit Urteil vom 17.06.2008 (Az. B 8 AY 5/07 R) überhaupt die Regelung des § 44 Abs. 1 SGB X für den Bereich des Asylbewerberleistungsrechts für anwendbar erklärt hat. Auch vor diesem Hintergrund hatte das Gericht Zweifel daran, ältere von der Beigeladenen zu 2) zitierte Entscheidungen, insbesondere solche der Verwaltungsgerichtsbarkeit, auf das hiesige Verfahren zu übertragen, zumal - wie oben ausführlich dargelegt - der Hintergrund dieser Entscheidungen im Einzelnen die hiesige Entscheidung eher stützt als widerlegt.

Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.03.2007 einen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG in Verbindung mit SGB XII anstelle der ursprünglich gewährten Leistungen gem. § 3 AsylbLG.

Der Kläger ist grundsätzlich leistungsberechtig nach dem AsylbLG. Leistungsberechtigt nach dem AsylbLG sind u. a. Personen, die eine Duldung nach § 60 a des Aufenthaltsgesetzes besitzen, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG. Dies ist bei dem Kläger unstreitig der Fall.

Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG ist abweichend von dem §§ 3 - 7 das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 48 Monaten Leistungen nach § 3 erhalten haben und die Dauer des Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben.

Die Kläger hatte bereits im Jahre 2005 unstreitig die Vorbezugszeit von damals noch erforderlichen 36 und zwischenzeitlich 48 Monaten erfüllt.

Dem Kläger ist kein rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne von § 2 AsylbLG vorzuwerfen.

Das Bundessozialgericht hat sich mit Urteil vom 17.06.2008 (B 8/9 b AY 1/07 R), teilweise unter ausdrücklicher Aufgabe der Rechtsprechung des zuvor zuständigen 9 b Senates (vgl. hierzu insbesondere die Entscheidung des BSG vom 08.02.2007 - B 9 b AY 1/06 R), mit der Definition des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens auseinandergesetzt. Es hat dabei insbesondere festgestellt, dass eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer, die höhere Leistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII (Analogleistungen) für Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG nach einem 36- bzw. 48-monatigen Vorbezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG (Grundleistungen) ausschließt, ein auf die Aufenthaltsverlängerung fehlendes vorsätzliches, sozialwidriges Verhaltens unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalles voraussetzt. Hierfür genüge nicht schon die Inanspruchnahme einer ausländerrechtlichen Duldung, wenn es dem Ausländer möglich und zumutbar sei, freiwillig auszureisen. Eine Beeinflussung der Aufenthaltsdauer läge schon dann vor, wenn bei generell - abstrakter Betrachtungsweise das rechtsmissbräuchliche Verhalten typischerweise die Aufenthaltsdauer verlängern könne (vgl. hierzu Urteil des BSG 8. Senat vom 17.06.2008 - B 8/9 b AY 1/07 R, Leitsatz 1 und 3 der Entscheidung).

Dabei kam es auf die Frage, ob der Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt gefälschte Identitätsnachweise vorgelegt habe, nicht entscheidend an. Zwar liegt grundsätzlich eine Beeinflussung der Aufenthaltsdauer schon dann vor, wenn bei - generell - abstrakter Betrachtungsweise das rechtsmissbräuchliche Verhalten typischerweise die Aufenthaltsdauer verlängern kann (vgl. Urteil des BSG vom 17.06.2008, Az.: B 8/9 b AY 1/07 R). Eine Ausnahme von der sog. typisierenden Betrachtungsweise muss allerdings dann gemacht werden, wenn eine etwaige Ausreisepflicht des betroffenen Ausländers unabhängig von seinem Verhalten ohnehin in dem gesamten Zeitraum ab dem Zeitpunkt des Rechtsmissbrauchs nicht hätte vollzogen werden können (so im Ergebnis auch Herbst in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 2 AsylbLG, Rdnr. 28, Stand August 2007), etwa weil die Erlasslage des zuständigen Innenministerium eine Abschiebung ohnehin nicht zugelassen hätte. In diesen Fällen ist eine typisierende Betrachtungsweise nicht mehr zulässig; sie entspreche nicht der oben geschilderten Typik. Läßt es sich nicht feststellen, ob eine solche Ausnahme vorliegt, geht dies zu Lasten des Ausländers (vgl. hierzu Urteil des BSG 8. Senat von 17.06.2008, Az.: B 8/9 b AY 1/07 R Rdnr. 44). Eine Atypizität in diesem Sinne liegt bereits nahe, da es sich bei dem Kläger jedenfalls unstreitig um einen irakischen Staatsangehörigen handelt. Das niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport hat im Erlasswege mit Schreiben vom 19.07.2004 (Az.: 45.11 - 12 235/12-6-5) darauf hingewiesen, dass nach dem Beschluss der Konferenz der Innenminister - und - Senatoren der Länder vom 7./8. Juli 2004 weiterhin eine tatsächliche Unmöglichkeit der zwangsweisen Rückführung vollziehbarer ausreisepflichtiger irakischer Staatsangehöriger besteht. Der im Irak auch weiterhin bestehenden angespannten bürgerkriegsähnlichen Lage trug ein weiterer Erlass des niedersächsischen Ministeriums für Inneres und Sport vom 29. März 2007 (Az.: 42.15 - 12 231/3 - 6 IRQ) Rechnung, der auf den Erkenntnissen der ständigen Konferenz der Innenminister- und Senatoren am 16./17. November 2006 beruhte. Danach wurde unter strengen Beschränkungen nur eine Rückführung in den Nordirak für möglich erachtet. Diese stark eingeschränkte Rückführungsoption sei angesichts der aktuellen Anschläge auch im Nordirak entfallen. Rückkehrmöglichkeiten in angrenzende Gebiete der Türkei oder des Irans würden sich aus demselben Grund verbieten (vgl. hierzu Urteil des LSG Niedersachsen/Bremen vom 16.10.2007 (Az.: L 11 AY 61/07). Jedenfalls war den eigenen Ausführungen der Beklagten zu Folge mit Schreiben vom 21.09.2001 seitens der irakischen Botschaft mitgeteilt worden, dass sie bereit sei, unter bestimmten Bedingungen Heimreisepapiere für die Kläger auszustellen. Diese wurden seinerzeit jedoch nicht abgerufen, da die Bedingungen für die Ausreise, u.a. amtliche Begleitung in den Irak, nicht erfüllt werden konnten. Da somit seitens der Ausländerbehörde selbst auf eine Vollziehung der Ausreiseverpflichtung verzichtet wurde, kann dem Kläger keine rechtsmissbräuchliche Verlängerung seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland vorgeworfen werden. Hinzu kommt, dass der Kläger zwischenzeitlich als Asylberechtigter anerkannt ist, und somit den verfassungsrechtlichen Schutz des Artikel 16 a Grundgesetz (GG) genießt. Auch vor diesem Hintergrund kann ihm kein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt das anteilige Obsiegen und Unterliegen in der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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