Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 11 KA 132/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 72/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 30. Oktober 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens (RLV) in der Gestalt einer Ausnahme von der Abstaffelung des Fallwertes für das Quartal IV/09.
Die Klägerin ist seit 1996 als Fachärztin für Gefäßchirurgie zugelassen und arbeitet ausschließlich gefäßchirurgisch. Sie versorgt ihre Patienten nicht nur konservativ, sondern ist auch belegärztlich operativ tätig.
Ursprünglich betrieb die Klägerin, zusammen mit einem weiteren Facharzt für Chirurgie/Gefäßchirurgie, eine Gemeinschaftspraxis. Seit dem 1. April 2007 nimmt sie mit Einzel-Praxissitz in A-Stadt an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Sie beantragte bei der Beklagten für die Quartale II/05 bis I/07 eine Erhöhung des Regelleistungsvolumens. Der Praxis sei das Regelleistungsvolumen für fachärztlich-invasiv tätige Internisten mit dem Schwerpunkt Angiologie zuzuerkennen. Der Schwerpunkt ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit liege in der Diagnostik und Therapie der arteriellen, venösen und lymphatischen Erkrankungen. Ein wesentlicher Bestandteil der Diagnostik sei die Durchführung der Duplexsonographie. Aufgrund ihrer besonderen Praxisausrichtung sei ihre Tätigkeit mit der Fachgruppe der Chirurgen, in die sie eingeordnet sei, nicht vergleichbar.
Nachdem die Beklagte diesen Antrag abgelehnt und auch den gegen den ablehnenden Bescheid gerichteten Widerspruch zurückgewiesen hatte, erhob die Gemeinschaftspraxis Klage vor dem Sozialgericht Marburg gegen diese Bescheide. Das Sozialgericht wies die Klage ab (Urteil vom 30. Januar 2008, Az. S 12 KA 83/07), das Landessozialgericht gab der gegen das erstinstanzliche Urteil gerichteten Berufung statt und verpflichtete die Beklagte zur Neubescheidung (Urteil vom 17. März 2010, Az. L 4 KA 25/08 R). Das Bundessozialgericht wies die Revision der Gemeinschaftspraxis durch Urteil vom 29. Juni 2011 (Az. B 6 KA 17/10 R) mit der Maßgabe zurück, dass die Beklagte bei ihrer Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten habe.
Mit Bescheid vom 2. September 2009 wies die Beklagte der Klägerin für das Quartal IV/09 ein Regelleistungsvolumen in Höhe von 24.952,49 EUR zu. Dabei ordnete sie die Klägerin der Fachgruppe der Chirurgen zu. Bei der Berechnung des Regelleistungsvolumens legte sie eine Fallzahl von 1.291 und einen Fallwert von 23,61 EUR zugrunde (Fallwertabstaffelung: 0,7870; Altersstrukturquote: 1,0402).
Mit Schreiben vom 16. September 2009 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Zuweisung des RLV für das Quartal IV/09 und trug vor, dass sie ausschließlich gefäßchirurgisch tätig und deshalb nicht mit der Fachgruppe der Allgemeinchirurgen vergleichbar sei. Das RLV der Fachgruppe der Chirurgen sei für die medizinisch notwendige Diagnostik und Therapie bzw. für die zu behandelnden arteriellen, venösen und lymphatischen Erkrankungen, insbesondere auch für die im Rahmen der Diagnostik von arteriellen Verschlusskrankheiten durchgeführten Duplexsonographien, nicht ausreichend. Aus den Frequenzstatistiken ließe sich anhand der Leistungen nach GO Nr. 33061 EBM 2009 (Duplexsonographie der Extremitäten versorgenden Gefäße), GO Nr. 33072 EBM 2009 (Duplexsonographie der Extremitäten versorgenden Gefäße) und GO Nr. 33075 EBM 2009 (Zuschlag Farbduplexuntersuchung) erkennen, dass der Schwerpunkt der Praxis bei den gefäßchirurgischen Leistungen liege. Sie übernehme im XX-Gebiet nahezu die gesamte gefäßchirurgische Versorgung. Mit ihr seien nur noch zwei weitere Gefäßchirurgen in A-Stadt niedergelassen, jedoch mit einem teilweise sehr weit abweichenden Leistungsspektrum tätig.
Mit Bescheid vom 30. April 2010 gewährte die Beklagte der Klägerin einen erhöhten Fallwert von 54,83 EUR für das streitgegenständliche Quartal, wobei sie insbesondere die im Vergleich zur Arztgruppe ungewöhnlich hohe Zahl der durchgeführten Duplexsonographien berücksichtigte. Den darüber hinaus gehende Antrag auf Aussetzung der Fallwertabstaffelung lehnte sie ab.
Hiergegen erhob die Klägerin am 31. Mai 2010 Widerspruch, den sie auf die Ablehnung des Antrages zur Aussetzung der Fallwertabstaffelung begrenzte. Aufgrund des anerkannten Praxisschwerpunktes versorge sie überdurchschnittlich viele Patienten. Im Quartal IV/09 habe es sich um 1.291 Fälle gehandelt. Sie sei aufgrund der anerkannten Praxisbesonderheit auf dem Gebiet der Gefäßchirurgie nahezu ausschließlich auf Überweisung tätig. Die Spezialisierung der Praxis auf ein bestimmtes Leistungsspektrum bedeute auch, dass sie eine überdurchschnittliche Anzahl von Versicherten versorgen müsse, da das Angebot in anderen Praxen nicht vorhanden sei. Dieses spezifische Leistungsangebot könne durch die Abbildung in der Fachgruppe der Chirurgen nicht leistungsangemessen abgebildet werden. Aufgrund des anerkannten Praxisschwerpunktes sei die Notwendigkeit der weiteren Sicherstellung des besonderen Versorgungsauftrages gegeben und dementsprechend von einer Abstaffelung der Fallzahlen abzusehen.
Gegen den das Honorar für das Quartal IV/09 betreffenden Honorarbescheid erhob die Klägerin Widerspruch. Das Widerspruchsverfahren ruht derzeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch vom 31. Mai 2010 zurück. Der Spezialisierung der Praxis sei bereits durch die durchgeführte Erhöhung des Fallwertes Rechnung getragen und eine Nachvergütung in Höhe von 26.300,59 EUR gewährt worden. Die für das Quartal IV/09 zugrunde zulegenden Fallzahlen hätten bei der Fachgruppe der Chirurgen 533 betragen. Bis zur Grenze von 800 Fällen habe die Klägerin den Fallwert zu 100 % erhalten. Für die bis zur Grenze von 170 % überschreitenden 107 Fälle sei der Fallwert nur noch zu 75 % und für die bis zur Grenze von 200 % überschreitenden 159 Fälle nur noch zu 50 % anerkannt worden. Die darüber hinausgehenden 225 Fälle seien dann nur noch zu 25 % anzuerkennen gewesen. Die Fallwertabstaffelung für das Quartal habe sich wie folgt nach Fallwertkorrektur ausgewirkt:
- 800 Fälle x 54,83 EUR = 43.864,00 EUR
- 107 Fälle x 41,12 EUR = 4.399,84 EUR
- 159 Fälle x 27,42 EUR = 4.359,78 EUR
- 225 Fälle x 13,71 EUR = 3.084,75 EUR
Um den Berechnungsfaktor der Fallwertabstaffelung zu ermitteln, müsse man die oben errechneten EUR-Beträge addieren. Die Summe werde dann wiederum dividiert durch das Ergebnis der Multiplikation der regelleistungsvolumenrelevanten Fallzahl mit dem Fallwert der Arztgruppe. Diese Vorgehensweise führe zu folgendem Ergebnis:
- 43.864,00 EUR + 4.399,84 EUR + 4.359,78 EUR + 3.084,75 EUR = 55.708,37 EUR
- 1.291 Fälle x 54,83 EUR = 70.785,53 EUR
- 55.708,37 EUR / 70.785,53 EUR = 0,7870
Die Berechnungen der Fallwertabstaffelungen seien ordnungsgemäß erfolgt und nicht zu beanstanden. Der Bescheid zu dem Antrag auf Änderung des RLV für das Quartal IV/09 sei rechtmäßig und auf Grundlage der Beschlüsse des Bewertungsausschusses erfolgt.
In Umsetzung der positiven Entscheidungen in den Antragsverfahren stelle sich das RLV für das Quartal IV/09 wie folgt dar:
Arztbezogenes RLV- Obergrenze- Arztbezogenes RLV – angefordert - Abweichung (Über-/Unterschreitung)
IV/09 57.946,71 EUR 72.180,95 EUR + 14.234,14 EUR
Von dem für das Quartal IV/09 angeforderte Honorar in Höhe von 72.180,85 EUR könnten 57.946,71 EUR vollständig vergütet werden. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass die honorarvertragliche Regelung nicht etwa zu einem Ausschluss der restlichen Forderung führe, sondern diese mit einer abgestaffelten Quote vergütet werde. Gegen diese Vorgehensweise bestünden keine Bedenken. Insgesamt seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesamthonoraranspruch nicht ordnungsgemäß ermittelt worden sei.
Die Klägerin hat am 15. März 2012 beim Sozialgericht Marburg Klage erhoben und vorgetragen, sie werde nahezu ausschließlich auf Überweisung durch Fachkollegen wie auch Kollegen anderer Fachgebiete tätig. Aufgrund ihres speziellen Leistungsspektrums sowie der oft akut behandlungsbedürftigen Patienten würden ihr auch sehr viele Überweisungen im Rahmen von Notfällen zugewiesen, deren Behandlung sie nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschieben könne. Die Notfallbehandlung bedürfe wie bei einer sofortigen Diagnostik in aller Regel auch einer sofortigen therapeutischen Intervention. Es handele sich hierbei um arterielle Gefäßverschlüsse an den Extremitäten, auch Carotisstenosen sowie akute Behandlungsbedürftigkeit bei Aneurysma. Auch diese Notfälle würden ihr von anderen Fachkollegen zugewiesen, sodass die Patientenzahl nicht steuerbar sei. Bereits im Rahmen des Verfahrens Az. B 6 KA 17/10 R (Urteil vom 29. Juni 2011) habe das Bundessozialgericht in ihrem Fall dieses spezielle Leistungsspektrum und eine Praxisbesonderheit anerkannt. Bei fehlender Aussetzung der Fallwertabstaffelung werde der zusätzlich zuerkannte Fallwert indirekt wieder reduziert und damit die Anerkennung der Praxisbesonderheit wieder neutralisiert. Soweit die Beklagte auf die Vorgaben des Bewertungsausschusses sowie ergänzende Beschlüsse des Vorstandes zu Ausnahmen von der Fallwertabstaffelung verweise, sei festzustellen, dass diese Vorgaben nicht abschließend aufgezählt seien, sondern durchaus Raum für Einzelfallentscheidungen ließen.
Mit Urteil vom 30. Oktober 2013, der Beklagten zugestellt am 19. November 2013, hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 30. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Kammer habe in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handele, § 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Klage sei auch begründet. Der angefochtene Bescheid zum Antrag auf Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für das Quartal IV/09 vom 30. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 15. Februar 2012 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Neubescheidung über ihren Antrag auf Sonderregelung zum RLV für das Quartal IV/09 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Nach § 87b Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 5. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) mit Geltung ab 1. April 2007, BGBl. I S. 378 (im Folgenden: SGB V) würden abweichend von § 85 die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 1. Januar 2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 vergütet. Nach § 87b Abs. 2 SGB V seien zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen (Satz 1). Ein Regelleistungsvolumen nach Satz 1 sei die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten sei (Satz 2). Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sei die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten könne hiervon abgewichen werden (Satz 3). Bei der Bestimmung des Zeitraums, für den ein Regelleistungsvolumen festgelegt werde, sei insbesondere sicherzustellen, dass eine kontinuierliche Versorgung der Versicherten gewährleistet sei (Satz 4). Nach § 87b Abs. 3 SGB V seien die Werte für die Regelleistungsvolumina nach Absatz 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen; bei der Differenzierung der Arztgruppen sei die nach § 87 Abs. 2a zugrunde zu legende Definition der Arztgruppen zu berücksichtigen (Satz 1). Bei der Bestimmung des Regelleistungsvolumens nach Absatz 2 seien darüber hinaus insbesondere
1. die Summe der für einen Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 87a Abs. 3 insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen,
2. zu erwartende Zahlungen im Rahmen der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 75 Abs. 7 und 7a,
3. zu erwartende Zahlungen für die nach Absatz 2 Satz 3 abgestaffelt zu vergütenden und für die nach Absatz 2 Satz 6 und 7 außerhalb der Regelleistungsvolumina zu vergütenden Leistungsmengen,
4. Zahl und Tätigkeitsumfang der der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Ärzte
zu berücksichtigen (Satz 2). Soweit dazu Veranlassung bestehe, seien auch Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen (Satz 3). Die Morbidität nach Satz 1 sei mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht zu bestimmen (Satz 6). Als Tätigkeitsumfang nach Satz 2 gelte der Umfang des Versorgungsauftrags, mit dem die der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Vertragsärzte zur Versorgung zugelassen seien, und der Umfang des Versorgungsauftrags, der für die angestellten Ärzte der jeweiligen Arztgruppe vom Zulassungsausschuss genehmigt worden sei (Satz 6). Fehlschätzungen bei der Bestimmung des voraussichtlichen Umfangs der Leistungsmengen nach Satz 2 Nr. 3 seien zu berichtigen; die Vergütungsvereinbarungen nach § 87a Abs. 3 blieben unberührt (Satz 7). Nach § 87b Abs. 4 SGB V bestimme der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten (Satz 1). Er bestimme darüber hinaus ebenfalls erstmalig bis zum 31. August 2008 Vorgaben zur Umsetzung von Absatz 2 Satz 3, 6 und 7 sowie Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach Absatz 3 Satz 5 (Satz 2). Die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen stellten gemeinsam erstmalig bis zum 15. November 2008 und danach jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres gemäß den Vorgaben des Bewertungsausschusses nach den Sätzen 1 und 2 unter Verwendung der erforderlichen regionalen Daten die für die Zuweisung der Regelleistungsvolumina nach Absatz 5 konkret anzuwendende Berechnungsformel fest (Satz 3). Nach § 87b Abs. 5 SGB V obliege die Zuweisung der Regelleistungsvolumina an den Arzt oder die Arztpraxis einschließlich der Mitteilung der Leistungen, die außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet würden, sowie der jeweils geltenden regionalen Preise der Kassenärztlichen Vereinigung; die Zuweisung erfolge erstmals zum 30. November 2008 und in der Folge jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des Regelleistungsvolumens (Satz 1). § 85 Abs. 4 Satz 9 gelte (Satz 2). Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben habe der Erweiterte Bewertungsausschuss in seiner 7. Sitzung am 27. und 28. August 2008 unter Teil F einen Beschluss gemäß § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V gefasst (DÄBl. 2008 (Heft 38), A-1988, zitiert nach www.kbv.de/8157.html, im Folgenden: EB7F). Nach Nr. 1.2 EB7F würden die Regelleistungsvolumina nach Maßgabe von 2. und 3. für das jeweilige Abrechnungsquartal ermittelt (Nr. 1.2.1 EB7F). Die Regelleistungsvolumen würden nach Maßgabe von 2. und 3. je Arzt ermittelt (Nr. 1.2.2 Abs. 1 EB7F). Für Vertragsärzte, die außer in ihrer Arztpraxis auch in einer oder mehreren Teilberufsausübungsgemeinschaften tätig seien, werde ein gesamtes Regelleistungsvolumen für die vom jeweiligen Vertragsarzt in der Arztpraxis und in der(n) Teilberufsausübungsgemeinschaft(en) erbrachten Leistungen ermittelt (Nr. 1.2.2 Abs. 2 EB7F). Nach Nr. 2.1 Satz 1 EB7F kämen Regelleistungsvolumen für Ärzte der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur Anwendung. Dabei sehe der Beschluss vor, dass die Partner der Gesamtverträge Modifikationen (z. B. Differenzierungen oder Zusammenfassungen) von relevanten Arztgruppen vereinbaren könnten (Nr. 2 Anlage 1 EB7F). Die Fachrichtung der Klägerin werde in dieser Anlage nicht genannt.
Die Höhe des Regelleistungsvolumens eines Arztes ergebe sich für die in Anlage 1 benannten Arztgruppen aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes (FW-AG) gemäß Anlage 2 und der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal (Nr. 3.2.1 Satz 2 EB7F sowie Nr. 5 Anlage 2 EB7F). Im Beschluss werde festgestellt, dass das Kriterium Geschlecht sich nicht zur Abbildung der Morbidität eigne, da das abgerechnete Volumen durch dieses Kriterium nicht signifikant beeinflusst werde (Nr. 3.2.2 Satz 1 EB7F). Zur Berücksichtigung des Morbiditätskriteriums Alter sei das RLV gemäß 3.2.1 unter Berücksichtigung der Versicherten nach Altersklassen gemäß Anlage 2 zu ermitteln (Nr. 3.2.2 Satz 2 EB7F). Die Berechnung des arztgruppenspezifischen Fallwertes gemäß 3.2.1 erfolge zunächst - Schritt 1 - durch Ermittlung der arztgruppenspezifischen Anzahl der kurativ-ambulanten Arztfälle gemäß 2.3 des Vorjahresquartals (Nr. 4 Abs. 1 Anlage 2 EB7F). Der arztgruppenspezifische Fallwert – Schritt 2 – sei der Quotient aus dem arztgruppenspezifischen Anteil am RLV-Vergütungsvolumen eines Versorgungsbereichs (vgl. Nr. 3 Anlage 2 EB7F) und eben der arztgruppenspezifischen Anzahl der kurativ-ambulanten Arztfälle gemäß 2.3 des Vorjahresquartals (Nr. 4 Abs. 2 Anlage 2 EB7F).
Die Praxisbesonderheiten würden zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Praxisbesonderheiten ergäben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliege. Über das Verfahren der Umsetzung einigten sich die Partner der Gesamtverträge. Der Bewertungsausschuss habe die Auswirkungen seiner Vorgaben hinsichtlich der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten zu überprüfen und die Vorgaben mit Wirkung zum 1. Januar 2010 ggf. anpassen (Nr. 3.6 Satz 1 bis 3 EB7F). Das ermittelte Regelleistungsvolumen je Arzt sei gegebenenfalls entsprechend den nach 3.6 festgestellten Praxisbesonderheiten anzupassen (Nr. 5 Abs. 3 Anlage 2 EB7F).
Der Erweiterte Bewertungsausschuss habe in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009, mit Geltung ab 1. Januar 2009 in Teil A, zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V (DÄBl. 2009 (Heft 7), A-308; im Folgenden EB9A) eine "Konvergenzphase für die Vereinheitlichung der Umsetzung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen" beschlossen. Zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten und zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung seien die im Teil F seines Beschlusses vom 27./28. August 2008 beschlossenen Regelungen, insbesondere zu den Praxisbesonderheiten (Ziffer 3.6), deren Umsetzung zunächst den Partnern der Gesamtverträge überlassen worden sei, zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten (Ziffer 3.7) – bei einem Honorarverlust von mehr als 15 % war dies in das Ermessen der KV gestellt worden - und zur Modifikation von relevanten Arztgruppen (Anlage 1) anzuwenden (vgl. Nr. 1 Satz 1 EB9A). Diese Regelungen habe der Erweiterte Bewertungsausschuss kurz darauf in seiner 10. Sitzung am 27. Februar 2009, zur Änderung des Beschlusses Teil A vom 15. Januar 2009 in Teil A "Konvergenzphase für die Steuerung der Auswirkungen der Umsetzung des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung, insbesondere Teil F, Beschluss zur Berechnung und zur Anpassung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄBl. 2009 (Heft 12), A-574, im Folgenden: EB10A), neu gefasst. Er habe für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2010 (vgl. Ziff. 5 EB10A) - wobei er sich zur Beobachtung und evtl. notwendigen Anpassung selbst verpflichtet habe (vgl. Nrn. 6 und 7 EB10A) - die Autonomie der Gesamtvertragspartner erweitert (vgl. Nr. 1 EB10A), die er lediglich an Vorgaben zur Vergütung der Psychotherapeutenvergütung und die Trennung zur haus- und fachärztlichen Versorgung (Teil F, Anl. 2, Nr. 1) gebunden habe (vgl. Nr. 3 EB10A). Den Vorrang der eigenen Regelungen in Nr. 1 Satz 1 u. 2 EB9A habe er zugunsten der Vertragsautonomie ab dem 1. April 2009 - sofern in einer Region die Regelleistungsvolumina im 1. Quartal 2008 unter Vorbehalt zugewiesen worden seien, könne die regionale Sonderregelung auch rückwirkend zum 1. Januar 2009 vereinbart werden (Nr. 1 Fußnote 2 EB10A) -, weiterhin befristet bis Ende 2010 und mit der Vorgabe, das Konvergenzverfahren mit dem Ziel einer schrittweisen Anpassung der Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen, insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina an die sich aus der Beschlussfassung des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung ergebenden Vorgaben auszugestalten, aufgehoben (vgl. Nr. 1 und 2 EB10A). Nach Nr. 4 EB10A (insofern textgleich mit der vorherigen Regelung nach Nr. 3 EB9A) könnten die Partner der Gesamtverträge aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung abweichend vom Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Beschluss Teil F, 3.6 zur Vorgabe eines Grenzwertes zur Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe in Höhe von mindestens 30 % im Einzelfall eine Praxisbesonderheit feststellen, obwohl die so vorgegebene Überschreitung nicht vorliege.
In Umsetzung seines Ankündigungsbeschlusses aus der 175. Sitzung am 27. Februar 2009 (DÄ 2009 (Heft 12), A-576) habe der Bewertungsausschuss mit Beschluss in seiner 180. Sitzung am 20. April 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Regelungen zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A "Änderung des Beschlusses zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄ 2009 (Heft 19), A-942, im Folgenden: B180A) mit Wirkung zum 1. Juli 2009 - sofern in einer Region die Regelleistungsvolumina im 2. Quartal unter Vorbehalt zugewiesen worden seien, können die nachfolgend angekündigten Maßnahmen in dem betroffenen KV-Bezirk auf Beschluss der Partner der Gesamtverträge bereits mit Wirkung zum 1. April 2009 in Kraft gesetzt werden; in diesem Fall seien die Berechnungen und Anpassungen von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen auf die Abrechnungen des II., III. und IV. Quartals 2008 aufzusetzen (Fußnote 1 B180A) - Anpassungen der im EB7F getroffenen Regelungen vorgenommen, die für vorliegenden Rechtsfall aber ohne Auswirkungen seien.
Auf der Grundlage dieser Regelungen im SGB V und des Bewertungsausschusses bzw. Erweiterten Bewertungsausschusses hätten die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Verbände der Primärkassen sowie die Ersatzkassen einen Honorarvertrag vom 13. Dezember 2008 für die Zeit ab 1. Januar 2009 geschlossen (im Folgenden: HVV). In Abschnitt II HVV werde auf der Grundlage des EB7F, B164B und EB8II (Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 8. Sitzung am 23. Oktober 2008 zur Anpassung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) sowie zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A, DÄBl. 2008 (Heft 4), A 2602) weitgehend wortgleich die Regelungen des EB7F mit den Änderungen durch den B164B übernommen. Nr. 3.4 HVV ergänze Nr. 3.4 EB7F "Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung" durch weitere Ausnahmemöglichkeiten. Über die Regelungen in Nr. 3.4 EB7F hinaus könne auf Beschluss des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in begründeten Ausnahmefällen (Urlaub, Krankheit etc.) anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals des Vorjahres ein anderes Quartal als Referenzquartal zugrunde gelegt werden (Nr. 3.4 Satz 3 HVV). Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen könne außerdem im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen (Nr. 3.4 Satz 4 HVV). Die weitere Regelung, dass dies insbesondere für Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergäben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliege (Nr. 3.4 Satz 5 HVV), greife die Regelung in Nr. 3.6 Satz 2 EB7F auf.
Soweit Nr. 3.4 Satz 5 HVV i.V.m. Nr. 3.4 Satz 4 HVV den Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen im Einzelfall zur Entscheidung über eine Ausnahmeregelung ermächtige, sei dies nicht zu beanstanden. Der Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung könne zu konkretisierenden Regelungen und Einzelfallentscheidungen, insbesondere zur Beurteilung der Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Freistellung von Obergrenzen, ermächtigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 - B 6 KA 17/10 R - juris Rdnr. 18; BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 - B 6 KA 20/10 R - juris Rdnr. 14, jeweils m.w.N.). Die Beklagte habe das Vorliegen einer Praxisbesonderheit bereits bejaht und damit dem besonderen Versorgungs- und Sicherstellungsauftrag der Klägerin Rechnung getragen, indem sie eine entsprechende Fallwerterhöhung zugestanden habe.
Darüber hinaus habe sie jedoch im Rahmen der Gewährung einer Sonderregelung nach Nr. 3.4 Satz 5 HVV eine Ausnahme von der Fallwertabstaffelung gewähren müssen. Das Gericht folge dem Vortrag der Klägerin zwar nicht insoweit, als es davon ausgehe, dass die gewährte Fallwerterhöhung durch die Abstaffelung wieder neutralisiert werde. Dies sei nicht annähernd der Fall. Die Klägerin werde von der Beklagten jedoch im Rahmen der gewährten Sonderregelung nicht ihrer Praxisbesonderheit entsprechend beurteilt. Die Klägerin sei nach der Anlage 1 zum HVV der Fachgruppe der Fachärzte für Chirurgie, für Kinderchirurgie, für Plastische Chirurgie, für Herzchirurgie, für Neurochirurgie zugeordnet. Diese Zuordnung sei nicht auf den ersten Blick zwingend, da die Facharztbezeichnung der Klägerin, Fachärztin für Gefäßchirurgie, in der Anlage nicht explizit erwähnt werde. Allerdings erlaube die Zulassung der Klägerin keine anderweitige Eingruppierung. Sie sei insbesondere nicht als Fachärztin für Innere Medizin zugelassen. Nach der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen vom 15. August 2005 (HÄBl. Sonderheft 10/2005, S. 1-73), zuletzt geändert am 12. Juni 2013 (HÄBl. 7/2013, S. 576), zitiert nach http://www.laekh.de/upload/Aerzte/Weiterbildung/WBO 2005 10.pdf (im Folgenden: HWBO), umfasse das Gebiet Chirurgie die Vorbeugung, Erkennung, konservative und operative Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von chirurgischen Erkrankungen, Verletzungen und Verletzungsfolgen sowie angeborenen und erworbenen Formveränderungen und Fehlbildungen der Gefäße, der inneren Organe einschließlich des Herzens, der Stütz- und Bewegungsorgane und der onkologischen Wiederherstellungs- und Transplantationschirurgie. Ziel der Weiterbildung im Gebiet Chirurgie sei die Erlangung von acht verschiedenen Facharztkompetenzen nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte, die auf der Basisweiterbildung (gemeinsame Inhalte der Facharztweiterbildungen) aufbauten. Als Facharztkompetenz könnten erworben werden der Facharzt für Allgemeine Chirurgie, Gefäßchirurgie, Herzchirurgie, Kinderchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Plastische und Ästhetische Chirurgie, Thoraxchirurgie sowie Viszeralchirurgie (Abschn. B.7 HWBO). Die insoweit fachkundig besetzte Kammer sei zu der Überzeugung gelangt, dass das Tätigkeitsgebiet der Klägerin nicht mit den Tätigkeitsbereichen der sonstigen, nach Anlage 1 zum HVV in die Arztgruppe der Klägerin eingruppierten Fachärzte vergleichbar sei. Vielmehr lege das Tätigkeitsspektrum eine Eingruppierung der Klägerin bei den Fachärzten für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Angiologie und invasiver Tätigkeit nahe. Eine entsprechende Eingruppierung scheitere jedoch an den berufsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Zulassung der Klägerin. Allein aus der Tatsache, dass die Klägerin keine Zulassung als Fachärztin für Innere Medizin habe, jedoch im Wesentlichen diese Tätigkeiten ausführe, folge die Notwendigkeit einer Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen, und dies nicht nur beschränkt auf den Fallwert, sondern auch in Bezug auf die Abstaffelung des Fallwertes. Die Abstaffelung knüpfe nach Nr. 3.2.1 S. 3 HVV an die Fallzahl der Arztgruppe an. Insofern werde die Klägerin mit der Fallzahl der chirurgischen Arztgruppe beurteilt. Dies trage der Praxisbesonderheit der Klägerin nicht hinreichend Rechnung. Vielmehr liege es nahe, die Klägerin auch hinsichtlich der für die Fallwertabstaffelung maßgeblichen Fallzahl mit der Arztgruppe der Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Angiologie und invasiver Tätigkeit zu vergleichen und zumindest insoweit eine Ausnahme von der Abstaffelung zu gewähren.
Die Beklagte hat am 16. Dezember 2013 Berufung eingelegt.
Die Beklagte ist der Ansicht, die erstinstanzliche Entscheidung sei rechtwidrig. Das Sozialgericht habe verkannt, dass die Klägerin aufgrund ihrer Zulassung als Fachärztin für Chirurgie zwingend der Fachgruppe der Chirurgen zuzuordnen sei. Diese Zuordnung habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 29. Juni 2011 auch nicht beanstandet. Sie sei bei der Gruppenbildung den Vorgaben des Beschwerdeausschusses gefolgt. Ihr Vorstand habe von der in Nr. 3.4 Satz 4 HVV vorgesehenen Ermächtigung dahingehend Gebrauch gemacht, dass durch Vorstandsbeschluss die Prüfkriterien für die Erlangung einer Sonderregelung festgelegt wurden und dass bei Vorliegen von Praxisbesonderheiten eine entsprechende Fallwerterhöhung zu gewähren sei. Die Spezialisierung der Klägerin sei als Praxisbesonderheit anerkannt und dadurch berücksichtigt worden, dass man ihr eine praxisindividuelle Fallwerterhöhung zugestanden habe (Fallwert insgesamt: 54,83 EUR). Dies sei ausreichend. Eine zusätzliche Ausnahme von der Fallwertabstaffelung müsse nicht gewährt werden. Im Übrigen liege der Fallwert der Arztgruppe der Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Angiologie und invasiver Tätigkeit nur bei 50,33 EUR, also niedriger als der der Klägerin zuerkannte praxisindividuelle Fallwert. Gewähre man ihr zusätzlich eine Ausnahme von der Fallwertabstaffelung, werde sie doppelt privilegiert. Dies zeige auch eine Vergleichsberechnung. Ordne man die Klägerin in die Fachgruppe der Fachärzte für Innere Medizin ein und berechne das ihr zustehende Regelleistungsvolumen nach den Vorgaben für diese Gruppe, ergebe sich bei ihr nur ein um 717,69 EUR höherer Betrag (nämlich 58.665,37 EUR) als bei dem Regelleistungsvolumen, welches ihr für das streitige Quartal bereits zugestanden worden sei (57.947,68 EUR). Insoweit sei auch zu bedenken, dass eine Neuberechnung des klägerischen Honorars nach Einordnung in diese Fachgruppe – wodurch es zu ganz geringfügigen Änderungen bei der Honorarhöhe kommen könne – bedeuten würde, dass das Honorar für die gesamte Fachgruppe neu berechnet werden müsse. Eine solche nachträgliche Berechnung der gesamten Fachgruppe sei verwaltungstechnisch kaum möglich; der damit verbundene Aufwand stehe in keinem angemessenen Verhältnis zu einer eventuellen geringfügigen Veränderung des durch diese Methode ermittelten Regelleistungsvolumens.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 30. Oktober 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die erstinstanzliche Entscheidung sei rechtmäßig. Die Regelung der Nr. 3.4 Satz 5 HVV i.V.m. Nr. 3.4 ermächtige den Vorstand der Beklagten im Einzelfall zur Entscheidung über eine Ausnahmeregelung. Eine solche hätte hier in Form einer – zusätzlichen – Ausnahme von der Fallwertabstaffelung ergehen müssen. Sie sei nicht ihrer Praxisbesonderheit entsprechend beurteilt worden. Die Zuordnung zu der Fachgruppe der Fachärzte für Chirurgie sei nicht zwingend, da die Facharztbezeichnung der Klägerin "Fachärztin für Gefäßchirurgie" in der Anlage nicht ausdrücklich erwähnt werde. Ihr tatsächliches Tätigkeitsgebiet sei aufgrund ihres ganz besonderen Leistungsspektrums nicht mit den Tätigkeitsbereichen der sonstigen, nach Anlage 1 zum HVV in der Arztgruppe der Chirurgen eingruppierten Fachärzte vergleichbar. Es passe vielmehr zur Fachgruppe der Fachärzte für Innere Medizin mit Versorgungsschwerpunkt Angiologie und invasiver Tätigkeit. Mit ihrem anerkannten Schwerpunkt stelle sie die Versorgung der gesetzlich krankenversicherten Patienten im gesamten XX-Gebiet sicher. Das Bundessozialgericht habe sich in der Entscheidung vom 29. Juni 2011 nicht konkret zur Frage der Zulässigkeit ihrer Eingruppierung geäußert. Sie sei nicht nur hinsichtlich des Fallwertes, sondern auch hinsichtlich der Fallzahl mit der Fachgruppe der Allgemeinchirurgen nicht vergleichbar.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Behördenvorgänge. Sämtliche dieser Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Berufung war stattzugeben, denn sie ist sowohl zulässig als auch begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts war aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 30. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 und Verpflichtung der Beklagten, ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist, wie das Sozialgericht bereits ausführlich dargelegt hat, Ziffer 3.4 Satz 4 und 5 des HVV 2009. Nach Satz 4 dieser Bestimmung kann der Vorstand der Beklagten im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen. Gemäß Satz 5 gilt dies insbesondere für Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30 % vorliegt.
Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass bei der Klägerin Praxisbesonderheiten, die eine Sonderregelung im Sinne von Ziffer 3.4 Satz 4, 5 des HVV erfordern, vorliegen. Diese Praxisbesonderheiten hat sie durch die Fallwerterhöhung jedoch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt.
Darüber, in welchem Umfang eine Erhöhung des Regelleistungsvolumens vorzunehmen ist, hat die Kassenärztliche Vereinigung nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden, wie sich schon aus der Formulierung der Ziffer 3.4. Satz 4 ("kann") ergibt (s. nur BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 – B 6 KA 17/10 R – juris Rn. 26). Das ihr zustehende Ermessen hat die Beklagte fehlerfrei ausgeübt. Die bei der Klägerin bestehenden Praxisbesonderheiten ergeben sich aus ihrem Tätigkeitsgebiet der Gefäßchirurgie. Dadurch unterscheidet sich ihr Leistungsspektrum deutlich von dem "ihrer" Facharztgruppe, den Chirurgen. Die Beklagte hat dem Rechnung getragen, indem sie den Fallwert der Klägerin für das streitige Quartal von ursprünglich 23,61 Euro auf 54,83 Euro erhöht, also mehr als verdoppelt, hat. Damit war der für die Klägerin in I/2009 maßgebliche Fallwert auch höher als der Fallwert der Gruppe der Fachärzte für Innere Medizin, Schwerpunkt Angiologie und invasive Tätigkeit, der nur 50,33 Euro in diesem Quartal betrug. Diese Abänderung des Fallwertes hat bei der Klägerin zu einer ganz erheblichen Erhöhung des Regelleistungsvolumens geführt, nämlich von ursprünglich 24.952,49 Euro auf 57.947,68 Euro, wie die Vergleichsberechnung der Beklagten (Bl. 153 der Gerichtsakte), zeigt.
Gründe dafür, dass die Beklagte anstelle von oder zusätzlich zu der Fallwerterhöhung noch auf die Abstaffelung der Fallzahl hätte verzichten müssen, sind nicht erkennbar. Im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens darf die Beklagte wählen, auf welche Weise sie bestehende Praxisbesonderheiten bei der Honorarverteilung berücksichtigt, d.h. ob sie ganz oder teilweise von der Abstaffelung absieht oder den Fallwert entsprechend steigert. Sie kann auch beide Maßnahmen nebeneinander anwenden. Entscheidet sie sich – wie hier – für die Fallwerterhöhung, ist das Festhalten an der Abstaffelung nur dann ermessensfehlerhaft, wenn das sich hierdurch errechnende Regelleistungsvolumen die vorhandenen Besonderheiten der Praxis nicht hinreichend abbildet. Davon ist vorliegend aber nicht auszugehen.
Wie die Klägerin und das erstinstanzliche Gericht nimmt auch der Senat an, dass das klägerische Tätigkeitsspektrum in dem streitgegenständlichen Quartal mit dem der Gruppe der Fachärzte für Innere Medizin, Schwerpunkt Angiologie und invasive Tätigkeit, vergleichbar war. Daraus folgt, dass die Klägerin auch beim Regelleistungsvolumen wie diese Gruppe zu behandeln ist. Geboten, aber auch ausreichend ist damit eine Sonderregelung, aufgrund der der Klägerin letztlich ein Regelleistungsvolumen in gleicher Höhe, wie es die Ärzte der Fachgruppe im Quartal I/09 erhalten haben, zugewiesen wird. Die Sonderregelung muss dabei keine völlige Gleichstellung erreichen; bleibt es bei einer geringfügigen Unterschreitung, ist dies unbedenklich. Diesen Anforderungen hat die Beklagte genügt, denn wie sich aus ihrer Vergleichsberechnung, Bl. 153 der Gerichtsakte, ergibt, lag das Regelleistungsvolumen der Gruppe der Fachärzte für Innere Medizin, Schwerpunkt Angiologie und invasive Tätigkeit bei 58.665,37 Euro und war damit nur in geringem Umfang - nämlich um ca. 717,00 Euro - höher als das Regelleistungsvolumen der Klägerin nach Anwendung der Sonderregelung. Würde man trotz der nahezu identischen Regelleistungsvolumina bei der Klägerin noch zusätzlich von der Abstaffelung absehen, würde man sie hierdurch besser stellen als die Ärzte dieser vergleichbaren Facharztgruppe. Dafür gibt es keinen Grund.
Nur klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass jedes Quartal grundsätzlich für sich zu beurteilen ist. Ob die Sonderregelungen, die die Beklagten der Klägerin in den Folgequartalen (bei denen die Höhe des Regelleistungsvolumens ebenfalls zwischen den Beteiligten streitig ist) zuerkannt hat, den rechtlichen Anforderungen genügt, muss daher jeweils quartalsbezogen entschieden werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens beider Instanzen zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens (RLV) in der Gestalt einer Ausnahme von der Abstaffelung des Fallwertes für das Quartal IV/09.
Die Klägerin ist seit 1996 als Fachärztin für Gefäßchirurgie zugelassen und arbeitet ausschließlich gefäßchirurgisch. Sie versorgt ihre Patienten nicht nur konservativ, sondern ist auch belegärztlich operativ tätig.
Ursprünglich betrieb die Klägerin, zusammen mit einem weiteren Facharzt für Chirurgie/Gefäßchirurgie, eine Gemeinschaftspraxis. Seit dem 1. April 2007 nimmt sie mit Einzel-Praxissitz in A-Stadt an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Sie beantragte bei der Beklagten für die Quartale II/05 bis I/07 eine Erhöhung des Regelleistungsvolumens. Der Praxis sei das Regelleistungsvolumen für fachärztlich-invasiv tätige Internisten mit dem Schwerpunkt Angiologie zuzuerkennen. Der Schwerpunkt ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit liege in der Diagnostik und Therapie der arteriellen, venösen und lymphatischen Erkrankungen. Ein wesentlicher Bestandteil der Diagnostik sei die Durchführung der Duplexsonographie. Aufgrund ihrer besonderen Praxisausrichtung sei ihre Tätigkeit mit der Fachgruppe der Chirurgen, in die sie eingeordnet sei, nicht vergleichbar.
Nachdem die Beklagte diesen Antrag abgelehnt und auch den gegen den ablehnenden Bescheid gerichteten Widerspruch zurückgewiesen hatte, erhob die Gemeinschaftspraxis Klage vor dem Sozialgericht Marburg gegen diese Bescheide. Das Sozialgericht wies die Klage ab (Urteil vom 30. Januar 2008, Az. S 12 KA 83/07), das Landessozialgericht gab der gegen das erstinstanzliche Urteil gerichteten Berufung statt und verpflichtete die Beklagte zur Neubescheidung (Urteil vom 17. März 2010, Az. L 4 KA 25/08 R). Das Bundessozialgericht wies die Revision der Gemeinschaftspraxis durch Urteil vom 29. Juni 2011 (Az. B 6 KA 17/10 R) mit der Maßgabe zurück, dass die Beklagte bei ihrer Neubescheidung die Rechtsauffassung des erkennenden Senats zu beachten habe.
Mit Bescheid vom 2. September 2009 wies die Beklagte der Klägerin für das Quartal IV/09 ein Regelleistungsvolumen in Höhe von 24.952,49 EUR zu. Dabei ordnete sie die Klägerin der Fachgruppe der Chirurgen zu. Bei der Berechnung des Regelleistungsvolumens legte sie eine Fallzahl von 1.291 und einen Fallwert von 23,61 EUR zugrunde (Fallwertabstaffelung: 0,7870; Altersstrukturquote: 1,0402).
Mit Schreiben vom 16. September 2009 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die Zuweisung des RLV für das Quartal IV/09 und trug vor, dass sie ausschließlich gefäßchirurgisch tätig und deshalb nicht mit der Fachgruppe der Allgemeinchirurgen vergleichbar sei. Das RLV der Fachgruppe der Chirurgen sei für die medizinisch notwendige Diagnostik und Therapie bzw. für die zu behandelnden arteriellen, venösen und lymphatischen Erkrankungen, insbesondere auch für die im Rahmen der Diagnostik von arteriellen Verschlusskrankheiten durchgeführten Duplexsonographien, nicht ausreichend. Aus den Frequenzstatistiken ließe sich anhand der Leistungen nach GO Nr. 33061 EBM 2009 (Duplexsonographie der Extremitäten versorgenden Gefäße), GO Nr. 33072 EBM 2009 (Duplexsonographie der Extremitäten versorgenden Gefäße) und GO Nr. 33075 EBM 2009 (Zuschlag Farbduplexuntersuchung) erkennen, dass der Schwerpunkt der Praxis bei den gefäßchirurgischen Leistungen liege. Sie übernehme im XX-Gebiet nahezu die gesamte gefäßchirurgische Versorgung. Mit ihr seien nur noch zwei weitere Gefäßchirurgen in A-Stadt niedergelassen, jedoch mit einem teilweise sehr weit abweichenden Leistungsspektrum tätig.
Mit Bescheid vom 30. April 2010 gewährte die Beklagte der Klägerin einen erhöhten Fallwert von 54,83 EUR für das streitgegenständliche Quartal, wobei sie insbesondere die im Vergleich zur Arztgruppe ungewöhnlich hohe Zahl der durchgeführten Duplexsonographien berücksichtigte. Den darüber hinaus gehende Antrag auf Aussetzung der Fallwertabstaffelung lehnte sie ab.
Hiergegen erhob die Klägerin am 31. Mai 2010 Widerspruch, den sie auf die Ablehnung des Antrages zur Aussetzung der Fallwertabstaffelung begrenzte. Aufgrund des anerkannten Praxisschwerpunktes versorge sie überdurchschnittlich viele Patienten. Im Quartal IV/09 habe es sich um 1.291 Fälle gehandelt. Sie sei aufgrund der anerkannten Praxisbesonderheit auf dem Gebiet der Gefäßchirurgie nahezu ausschließlich auf Überweisung tätig. Die Spezialisierung der Praxis auf ein bestimmtes Leistungsspektrum bedeute auch, dass sie eine überdurchschnittliche Anzahl von Versicherten versorgen müsse, da das Angebot in anderen Praxen nicht vorhanden sei. Dieses spezifische Leistungsangebot könne durch die Abbildung in der Fachgruppe der Chirurgen nicht leistungsangemessen abgebildet werden. Aufgrund des anerkannten Praxisschwerpunktes sei die Notwendigkeit der weiteren Sicherstellung des besonderen Versorgungsauftrages gegeben und dementsprechend von einer Abstaffelung der Fallzahlen abzusehen.
Gegen den das Honorar für das Quartal IV/09 betreffenden Honorarbescheid erhob die Klägerin Widerspruch. Das Widerspruchsverfahren ruht derzeit.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch vom 31. Mai 2010 zurück. Der Spezialisierung der Praxis sei bereits durch die durchgeführte Erhöhung des Fallwertes Rechnung getragen und eine Nachvergütung in Höhe von 26.300,59 EUR gewährt worden. Die für das Quartal IV/09 zugrunde zulegenden Fallzahlen hätten bei der Fachgruppe der Chirurgen 533 betragen. Bis zur Grenze von 800 Fällen habe die Klägerin den Fallwert zu 100 % erhalten. Für die bis zur Grenze von 170 % überschreitenden 107 Fälle sei der Fallwert nur noch zu 75 % und für die bis zur Grenze von 200 % überschreitenden 159 Fälle nur noch zu 50 % anerkannt worden. Die darüber hinausgehenden 225 Fälle seien dann nur noch zu 25 % anzuerkennen gewesen. Die Fallwertabstaffelung für das Quartal habe sich wie folgt nach Fallwertkorrektur ausgewirkt:
- 800 Fälle x 54,83 EUR = 43.864,00 EUR
- 107 Fälle x 41,12 EUR = 4.399,84 EUR
- 159 Fälle x 27,42 EUR = 4.359,78 EUR
- 225 Fälle x 13,71 EUR = 3.084,75 EUR
Um den Berechnungsfaktor der Fallwertabstaffelung zu ermitteln, müsse man die oben errechneten EUR-Beträge addieren. Die Summe werde dann wiederum dividiert durch das Ergebnis der Multiplikation der regelleistungsvolumenrelevanten Fallzahl mit dem Fallwert der Arztgruppe. Diese Vorgehensweise führe zu folgendem Ergebnis:
- 43.864,00 EUR + 4.399,84 EUR + 4.359,78 EUR + 3.084,75 EUR = 55.708,37 EUR
- 1.291 Fälle x 54,83 EUR = 70.785,53 EUR
- 55.708,37 EUR / 70.785,53 EUR = 0,7870
Die Berechnungen der Fallwertabstaffelungen seien ordnungsgemäß erfolgt und nicht zu beanstanden. Der Bescheid zu dem Antrag auf Änderung des RLV für das Quartal IV/09 sei rechtmäßig und auf Grundlage der Beschlüsse des Bewertungsausschusses erfolgt.
In Umsetzung der positiven Entscheidungen in den Antragsverfahren stelle sich das RLV für das Quartal IV/09 wie folgt dar:
Arztbezogenes RLV- Obergrenze- Arztbezogenes RLV – angefordert - Abweichung (Über-/Unterschreitung)
IV/09 57.946,71 EUR 72.180,95 EUR + 14.234,14 EUR
Von dem für das Quartal IV/09 angeforderte Honorar in Höhe von 72.180,85 EUR könnten 57.946,71 EUR vollständig vergütet werden. In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass die honorarvertragliche Regelung nicht etwa zu einem Ausschluss der restlichen Forderung führe, sondern diese mit einer abgestaffelten Quote vergütet werde. Gegen diese Vorgehensweise bestünden keine Bedenken. Insgesamt seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesamthonoraranspruch nicht ordnungsgemäß ermittelt worden sei.
Die Klägerin hat am 15. März 2012 beim Sozialgericht Marburg Klage erhoben und vorgetragen, sie werde nahezu ausschließlich auf Überweisung durch Fachkollegen wie auch Kollegen anderer Fachgebiete tätig. Aufgrund ihres speziellen Leistungsspektrums sowie der oft akut behandlungsbedürftigen Patienten würden ihr auch sehr viele Überweisungen im Rahmen von Notfällen zugewiesen, deren Behandlung sie nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschieben könne. Die Notfallbehandlung bedürfe wie bei einer sofortigen Diagnostik in aller Regel auch einer sofortigen therapeutischen Intervention. Es handele sich hierbei um arterielle Gefäßverschlüsse an den Extremitäten, auch Carotisstenosen sowie akute Behandlungsbedürftigkeit bei Aneurysma. Auch diese Notfälle würden ihr von anderen Fachkollegen zugewiesen, sodass die Patientenzahl nicht steuerbar sei. Bereits im Rahmen des Verfahrens Az. B 6 KA 17/10 R (Urteil vom 29. Juni 2011) habe das Bundessozialgericht in ihrem Fall dieses spezielle Leistungsspektrum und eine Praxisbesonderheit anerkannt. Bei fehlender Aussetzung der Fallwertabstaffelung werde der zusätzlich zuerkannte Fallwert indirekt wieder reduziert und damit die Anerkennung der Praxisbesonderheit wieder neutralisiert. Soweit die Beklagte auf die Vorgaben des Bewertungsausschusses sowie ergänzende Beschlüsse des Vorstandes zu Ausnahmen von der Fallwertabstaffelung verweise, sei festzustellen, dass diese Vorgaben nicht abschließend aufgezählt seien, sondern durchaus Raum für Einzelfallentscheidungen ließen.
Mit Urteil vom 30. Oktober 2013, der Beklagten zugestellt am 19. November 2013, hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 30. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Kammer habe in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handele, § 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Klage sei auch begründet. Der angefochtene Bescheid zum Antrag auf Sonderregelung im Rahmen des Regelleistungsvolumens für das Quartal IV/09 vom 30. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 15. Februar 2012 sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Neubescheidung über ihren Antrag auf Sonderregelung zum RLV für das Quartal IV/09 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Nach § 87b Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, 5. Buch, Gesetzliche Krankenversicherung i.d.F. des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) mit Geltung ab 1. April 2007, BGBl. I S. 378 (im Folgenden: SGB V) würden abweichend von § 85 die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 1. Januar 2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 vergütet. Nach § 87b Abs. 2 SGB V seien zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen (Satz 1). Ein Regelleistungsvolumen nach Satz 1 sei die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten sei (Satz 2). Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sei die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten könne hiervon abgewichen werden (Satz 3). Bei der Bestimmung des Zeitraums, für den ein Regelleistungsvolumen festgelegt werde, sei insbesondere sicherzustellen, dass eine kontinuierliche Versorgung der Versicherten gewährleistet sei (Satz 4). Nach § 87b Abs. 3 SGB V seien die Werte für die Regelleistungsvolumina nach Absatz 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen; bei der Differenzierung der Arztgruppen sei die nach § 87 Abs. 2a zugrunde zu legende Definition der Arztgruppen zu berücksichtigen (Satz 1). Bei der Bestimmung des Regelleistungsvolumens nach Absatz 2 seien darüber hinaus insbesondere
1. die Summe der für einen Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 87a Abs. 3 insgesamt vereinbarten morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen,
2. zu erwartende Zahlungen im Rahmen der überbezirklichen Durchführung der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 75 Abs. 7 und 7a,
3. zu erwartende Zahlungen für die nach Absatz 2 Satz 3 abgestaffelt zu vergütenden und für die nach Absatz 2 Satz 6 und 7 außerhalb der Regelleistungsvolumina zu vergütenden Leistungsmengen,
4. Zahl und Tätigkeitsumfang der der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Ärzte
zu berücksichtigen (Satz 2). Soweit dazu Veranlassung bestehe, seien auch Praxisbesonderheiten zu berücksichtigen (Satz 3). Die Morbidität nach Satz 1 sei mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht zu bestimmen (Satz 6). Als Tätigkeitsumfang nach Satz 2 gelte der Umfang des Versorgungsauftrags, mit dem die der jeweiligen Arztgruppe angehörenden Vertragsärzte zur Versorgung zugelassen seien, und der Umfang des Versorgungsauftrags, der für die angestellten Ärzte der jeweiligen Arztgruppe vom Zulassungsausschuss genehmigt worden sei (Satz 6). Fehlschätzungen bei der Bestimmung des voraussichtlichen Umfangs der Leistungsmengen nach Satz 2 Nr. 3 seien zu berichtigen; die Vergütungsvereinbarungen nach § 87a Abs. 3 blieben unberührt (Satz 7). Nach § 87b Abs. 4 SGB V bestimme der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Absätzen 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten (Satz 1). Er bestimme darüber hinaus ebenfalls erstmalig bis zum 31. August 2008 Vorgaben zur Umsetzung von Absatz 2 Satz 3, 6 und 7 sowie Grundsätze zur Bildung von Rückstellungen nach Absatz 3 Satz 5 (Satz 2). Die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen stellten gemeinsam erstmalig bis zum 15. November 2008 und danach jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres gemäß den Vorgaben des Bewertungsausschusses nach den Sätzen 1 und 2 unter Verwendung der erforderlichen regionalen Daten die für die Zuweisung der Regelleistungsvolumina nach Absatz 5 konkret anzuwendende Berechnungsformel fest (Satz 3). Nach § 87b Abs. 5 SGB V obliege die Zuweisung der Regelleistungsvolumina an den Arzt oder die Arztpraxis einschließlich der Mitteilung der Leistungen, die außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet würden, sowie der jeweils geltenden regionalen Preise der Kassenärztlichen Vereinigung; die Zuweisung erfolge erstmals zum 30. November 2008 und in der Folge jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des Regelleistungsvolumens (Satz 1). § 85 Abs. 4 Satz 9 gelte (Satz 2). Ausgehend von diesen gesetzlichen Vorgaben habe der Erweiterte Bewertungsausschuss in seiner 7. Sitzung am 27. und 28. August 2008 unter Teil F einen Beschluss gemäß § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V gefasst (DÄBl. 2008 (Heft 38), A-1988, zitiert nach www.kbv.de/8157.html, im Folgenden: EB7F). Nach Nr. 1.2 EB7F würden die Regelleistungsvolumina nach Maßgabe von 2. und 3. für das jeweilige Abrechnungsquartal ermittelt (Nr. 1.2.1 EB7F). Die Regelleistungsvolumen würden nach Maßgabe von 2. und 3. je Arzt ermittelt (Nr. 1.2.2 Abs. 1 EB7F). Für Vertragsärzte, die außer in ihrer Arztpraxis auch in einer oder mehreren Teilberufsausübungsgemeinschaften tätig seien, werde ein gesamtes Regelleistungsvolumen für die vom jeweiligen Vertragsarzt in der Arztpraxis und in der(n) Teilberufsausübungsgemeinschaft(en) erbrachten Leistungen ermittelt (Nr. 1.2.2 Abs. 2 EB7F). Nach Nr. 2.1 Satz 1 EB7F kämen Regelleistungsvolumen für Ärzte der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur Anwendung. Dabei sehe der Beschluss vor, dass die Partner der Gesamtverträge Modifikationen (z. B. Differenzierungen oder Zusammenfassungen) von relevanten Arztgruppen vereinbaren könnten (Nr. 2 Anlage 1 EB7F). Die Fachrichtung der Klägerin werde in dieser Anlage nicht genannt.
Die Höhe des Regelleistungsvolumens eines Arztes ergebe sich für die in Anlage 1 benannten Arztgruppen aus der Multiplikation des zum jeweiligen Zeitpunkt gültigen KV-bezogenen arztgruppenspezifischen Fallwertes (FW-AG) gemäß Anlage 2 und der Fallzahl des Arztes im Vorjahresquartal (Nr. 3.2.1 Satz 2 EB7F sowie Nr. 5 Anlage 2 EB7F). Im Beschluss werde festgestellt, dass das Kriterium Geschlecht sich nicht zur Abbildung der Morbidität eigne, da das abgerechnete Volumen durch dieses Kriterium nicht signifikant beeinflusst werde (Nr. 3.2.2 Satz 1 EB7F). Zur Berücksichtigung des Morbiditätskriteriums Alter sei das RLV gemäß 3.2.1 unter Berücksichtigung der Versicherten nach Altersklassen gemäß Anlage 2 zu ermitteln (Nr. 3.2.2 Satz 2 EB7F). Die Berechnung des arztgruppenspezifischen Fallwertes gemäß 3.2.1 erfolge zunächst - Schritt 1 - durch Ermittlung der arztgruppenspezifischen Anzahl der kurativ-ambulanten Arztfälle gemäß 2.3 des Vorjahresquartals (Nr. 4 Abs. 1 Anlage 2 EB7F). Der arztgruppenspezifische Fallwert – Schritt 2 – sei der Quotient aus dem arztgruppenspezifischen Anteil am RLV-Vergütungsvolumen eines Versorgungsbereichs (vgl. Nr. 3 Anlage 2 EB7F) und eben der arztgruppenspezifischen Anzahl der kurativ-ambulanten Arztfälle gemäß 2.3 des Vorjahresquartals (Nr. 4 Abs. 2 Anlage 2 EB7F).
Die Praxisbesonderheiten würden zwischen den Partnern der Gesamtverträge geregelt. Praxisbesonderheiten ergäben sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliege. Über das Verfahren der Umsetzung einigten sich die Partner der Gesamtverträge. Der Bewertungsausschuss habe die Auswirkungen seiner Vorgaben hinsichtlich der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten zu überprüfen und die Vorgaben mit Wirkung zum 1. Januar 2010 ggf. anpassen (Nr. 3.6 Satz 1 bis 3 EB7F). Das ermittelte Regelleistungsvolumen je Arzt sei gegebenenfalls entsprechend den nach 3.6 festgestellten Praxisbesonderheiten anzupassen (Nr. 5 Abs. 3 Anlage 2 EB7F).
Der Erweiterte Bewertungsausschuss habe in seiner 9. Sitzung am 15. Januar 2009, mit Geltung ab 1. Januar 2009 in Teil A, zur Umsetzung und Weiterentwicklung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V (DÄBl. 2009 (Heft 7), A-308; im Folgenden EB9A) eine "Konvergenzphase für die Vereinheitlichung der Umsetzung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen" beschlossen. Zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten und zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung seien die im Teil F seines Beschlusses vom 27./28. August 2008 beschlossenen Regelungen, insbesondere zu den Praxisbesonderheiten (Ziffer 3.6), deren Umsetzung zunächst den Partnern der Gesamtverträge überlassen worden sei, zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten (Ziffer 3.7) – bei einem Honorarverlust von mehr als 15 % war dies in das Ermessen der KV gestellt worden - und zur Modifikation von relevanten Arztgruppen (Anlage 1) anzuwenden (vgl. Nr. 1 Satz 1 EB9A). Diese Regelungen habe der Erweiterte Bewertungsausschuss kurz darauf in seiner 10. Sitzung am 27. Februar 2009, zur Änderung des Beschlusses Teil A vom 15. Januar 2009 in Teil A "Konvergenzphase für die Steuerung der Auswirkungen der Umsetzung des Beschlusses des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung, insbesondere Teil F, Beschluss zur Berechnung und zur Anpassung der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄBl. 2009 (Heft 12), A-574, im Folgenden: EB10A), neu gefasst. Er habe für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2010 (vgl. Ziff. 5 EB10A) - wobei er sich zur Beobachtung und evtl. notwendigen Anpassung selbst verpflichtet habe (vgl. Nrn. 6 und 7 EB10A) - die Autonomie der Gesamtvertragspartner erweitert (vgl. Nr. 1 EB10A), die er lediglich an Vorgaben zur Vergütung der Psychotherapeutenvergütung und die Trennung zur haus- und fachärztlichen Versorgung (Teil F, Anl. 2, Nr. 1) gebunden habe (vgl. Nr. 3 EB10A). Den Vorrang der eigenen Regelungen in Nr. 1 Satz 1 u. 2 EB9A habe er zugunsten der Vertragsautonomie ab dem 1. April 2009 - sofern in einer Region die Regelleistungsvolumina im 1. Quartal 2008 unter Vorbehalt zugewiesen worden seien, könne die regionale Sonderregelung auch rückwirkend zum 1. Januar 2009 vereinbart werden (Nr. 1 Fußnote 2 EB10A) -, weiterhin befristet bis Ende 2010 und mit der Vorgabe, das Konvergenzverfahren mit dem Ziel einer schrittweisen Anpassung der Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen, insbesondere der arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumina an die sich aus der Beschlussfassung des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung ergebenden Vorgaben auszugestalten, aufgehoben (vgl. Nr. 1 und 2 EB10A). Nach Nr. 4 EB10A (insofern textgleich mit der vorherigen Regelung nach Nr. 3 EB9A) könnten die Partner der Gesamtverträge aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung abweichend vom Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Beschluss Teil F, 3.6 zur Vorgabe eines Grenzwertes zur Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe in Höhe von mindestens 30 % im Einzelfall eine Praxisbesonderheit feststellen, obwohl die so vorgegebene Überschreitung nicht vorliege.
In Umsetzung seines Ankündigungsbeschlusses aus der 175. Sitzung am 27. Februar 2009 (DÄ 2009 (Heft 12), A-576) habe der Bewertungsausschuss mit Beschluss in seiner 180. Sitzung am 20. April 2009 zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Regelungen zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A "Änderung des Beschlusses zur Berechnung und zur Anpassung von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen nach § 87b Abs. 2 und 3 SGB V" (DÄ 2009 (Heft 19), A-942, im Folgenden: B180A) mit Wirkung zum 1. Juli 2009 - sofern in einer Region die Regelleistungsvolumina im 2. Quartal unter Vorbehalt zugewiesen worden seien, können die nachfolgend angekündigten Maßnahmen in dem betroffenen KV-Bezirk auf Beschluss der Partner der Gesamtverträge bereits mit Wirkung zum 1. April 2009 in Kraft gesetzt werden; in diesem Fall seien die Berechnungen und Anpassungen von arzt- und praxisbezogenen Regelleistungsvolumen auf die Abrechnungen des II., III. und IV. Quartals 2008 aufzusetzen (Fußnote 1 B180A) - Anpassungen der im EB7F getroffenen Regelungen vorgenommen, die für vorliegenden Rechtsfall aber ohne Auswirkungen seien.
Auf der Grundlage dieser Regelungen im SGB V und des Bewertungsausschusses bzw. Erweiterten Bewertungsausschusses hätten die Kassenärztliche Vereinigung Hessen und die Verbände der Primärkassen sowie die Ersatzkassen einen Honorarvertrag vom 13. Dezember 2008 für die Zeit ab 1. Januar 2009 geschlossen (im Folgenden: HVV). In Abschnitt II HVV werde auf der Grundlage des EB7F, B164B und EB8II (Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 8. Sitzung am 23. Oktober 2008 zur Anpassung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) sowie zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung im Jahr 2009, Teil A, DÄBl. 2008 (Heft 4), A 2602) weitgehend wortgleich die Regelungen des EB7F mit den Änderungen durch den B164B übernommen. Nr. 3.4 HVV ergänze Nr. 3.4 EB7F "Kriterien zur Ausnahme von der Abstaffelung" durch weitere Ausnahmemöglichkeiten. Über die Regelungen in Nr. 3.4 EB7F hinaus könne auf Beschluss des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in begründeten Ausnahmefällen (Urlaub, Krankheit etc.) anstelle des entsprechenden Vergleichsquartals des Vorjahres ein anderes Quartal als Referenzquartal zugrunde gelegt werden (Nr. 3.4 Satz 3 HVV). Der Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen könne außerdem im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen (Nr. 3.4 Satz 4 HVV). Die weitere Regelung, dass dies insbesondere für Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergäben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30% vorliege (Nr. 3.4 Satz 5 HVV), greife die Regelung in Nr. 3.6 Satz 2 EB7F auf.
Soweit Nr. 3.4 Satz 5 HVV i.V.m. Nr. 3.4 Satz 4 HVV den Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen im Einzelfall zur Entscheidung über eine Ausnahmeregelung ermächtige, sei dies nicht zu beanstanden. Der Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung könne zu konkretisierenden Regelungen und Einzelfallentscheidungen, insbesondere zur Beurteilung der Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Freistellung von Obergrenzen, ermächtigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 - B 6 KA 17/10 R - juris Rdnr. 18; BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 - B 6 KA 20/10 R - juris Rdnr. 14, jeweils m.w.N.). Die Beklagte habe das Vorliegen einer Praxisbesonderheit bereits bejaht und damit dem besonderen Versorgungs- und Sicherstellungsauftrag der Klägerin Rechnung getragen, indem sie eine entsprechende Fallwerterhöhung zugestanden habe.
Darüber hinaus habe sie jedoch im Rahmen der Gewährung einer Sonderregelung nach Nr. 3.4 Satz 5 HVV eine Ausnahme von der Fallwertabstaffelung gewähren müssen. Das Gericht folge dem Vortrag der Klägerin zwar nicht insoweit, als es davon ausgehe, dass die gewährte Fallwerterhöhung durch die Abstaffelung wieder neutralisiert werde. Dies sei nicht annähernd der Fall. Die Klägerin werde von der Beklagten jedoch im Rahmen der gewährten Sonderregelung nicht ihrer Praxisbesonderheit entsprechend beurteilt. Die Klägerin sei nach der Anlage 1 zum HVV der Fachgruppe der Fachärzte für Chirurgie, für Kinderchirurgie, für Plastische Chirurgie, für Herzchirurgie, für Neurochirurgie zugeordnet. Diese Zuordnung sei nicht auf den ersten Blick zwingend, da die Facharztbezeichnung der Klägerin, Fachärztin für Gefäßchirurgie, in der Anlage nicht explizit erwähnt werde. Allerdings erlaube die Zulassung der Klägerin keine anderweitige Eingruppierung. Sie sei insbesondere nicht als Fachärztin für Innere Medizin zugelassen. Nach der Weiterbildungsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen vom 15. August 2005 (HÄBl. Sonderheft 10/2005, S. 1-73), zuletzt geändert am 12. Juni 2013 (HÄBl. 7/2013, S. 576), zitiert nach http://www.laekh.de/upload/Aerzte/Weiterbildung/WBO 2005 10.pdf (im Folgenden: HWBO), umfasse das Gebiet Chirurgie die Vorbeugung, Erkennung, konservative und operative Behandlung, Nachsorge und Rehabilitation von chirurgischen Erkrankungen, Verletzungen und Verletzungsfolgen sowie angeborenen und erworbenen Formveränderungen und Fehlbildungen der Gefäße, der inneren Organe einschließlich des Herzens, der Stütz- und Bewegungsorgane und der onkologischen Wiederherstellungs- und Transplantationschirurgie. Ziel der Weiterbildung im Gebiet Chirurgie sei die Erlangung von acht verschiedenen Facharztkompetenzen nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalte, die auf der Basisweiterbildung (gemeinsame Inhalte der Facharztweiterbildungen) aufbauten. Als Facharztkompetenz könnten erworben werden der Facharzt für Allgemeine Chirurgie, Gefäßchirurgie, Herzchirurgie, Kinderchirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Plastische und Ästhetische Chirurgie, Thoraxchirurgie sowie Viszeralchirurgie (Abschn. B.7 HWBO). Die insoweit fachkundig besetzte Kammer sei zu der Überzeugung gelangt, dass das Tätigkeitsgebiet der Klägerin nicht mit den Tätigkeitsbereichen der sonstigen, nach Anlage 1 zum HVV in die Arztgruppe der Klägerin eingruppierten Fachärzte vergleichbar sei. Vielmehr lege das Tätigkeitsspektrum eine Eingruppierung der Klägerin bei den Fachärzten für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Angiologie und invasiver Tätigkeit nahe. Eine entsprechende Eingruppierung scheitere jedoch an den berufsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Zulassung der Klägerin. Allein aus der Tatsache, dass die Klägerin keine Zulassung als Fachärztin für Innere Medizin habe, jedoch im Wesentlichen diese Tätigkeiten ausführe, folge die Notwendigkeit einer Sonderregelung zum Regelleistungsvolumen, und dies nicht nur beschränkt auf den Fallwert, sondern auch in Bezug auf die Abstaffelung des Fallwertes. Die Abstaffelung knüpfe nach Nr. 3.2.1 S. 3 HVV an die Fallzahl der Arztgruppe an. Insofern werde die Klägerin mit der Fallzahl der chirurgischen Arztgruppe beurteilt. Dies trage der Praxisbesonderheit der Klägerin nicht hinreichend Rechnung. Vielmehr liege es nahe, die Klägerin auch hinsichtlich der für die Fallwertabstaffelung maßgeblichen Fallzahl mit der Arztgruppe der Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Angiologie und invasiver Tätigkeit zu vergleichen und zumindest insoweit eine Ausnahme von der Abstaffelung zu gewähren.
Die Beklagte hat am 16. Dezember 2013 Berufung eingelegt.
Die Beklagte ist der Ansicht, die erstinstanzliche Entscheidung sei rechtwidrig. Das Sozialgericht habe verkannt, dass die Klägerin aufgrund ihrer Zulassung als Fachärztin für Chirurgie zwingend der Fachgruppe der Chirurgen zuzuordnen sei. Diese Zuordnung habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 29. Juni 2011 auch nicht beanstandet. Sie sei bei der Gruppenbildung den Vorgaben des Beschwerdeausschusses gefolgt. Ihr Vorstand habe von der in Nr. 3.4 Satz 4 HVV vorgesehenen Ermächtigung dahingehend Gebrauch gemacht, dass durch Vorstandsbeschluss die Prüfkriterien für die Erlangung einer Sonderregelung festgelegt wurden und dass bei Vorliegen von Praxisbesonderheiten eine entsprechende Fallwerterhöhung zu gewähren sei. Die Spezialisierung der Klägerin sei als Praxisbesonderheit anerkannt und dadurch berücksichtigt worden, dass man ihr eine praxisindividuelle Fallwerterhöhung zugestanden habe (Fallwert insgesamt: 54,83 EUR). Dies sei ausreichend. Eine zusätzliche Ausnahme von der Fallwertabstaffelung müsse nicht gewährt werden. Im Übrigen liege der Fallwert der Arztgruppe der Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-)Schwerpunkt Angiologie und invasiver Tätigkeit nur bei 50,33 EUR, also niedriger als der der Klägerin zuerkannte praxisindividuelle Fallwert. Gewähre man ihr zusätzlich eine Ausnahme von der Fallwertabstaffelung, werde sie doppelt privilegiert. Dies zeige auch eine Vergleichsberechnung. Ordne man die Klägerin in die Fachgruppe der Fachärzte für Innere Medizin ein und berechne das ihr zustehende Regelleistungsvolumen nach den Vorgaben für diese Gruppe, ergebe sich bei ihr nur ein um 717,69 EUR höherer Betrag (nämlich 58.665,37 EUR) als bei dem Regelleistungsvolumen, welches ihr für das streitige Quartal bereits zugestanden worden sei (57.947,68 EUR). Insoweit sei auch zu bedenken, dass eine Neuberechnung des klägerischen Honorars nach Einordnung in diese Fachgruppe – wodurch es zu ganz geringfügigen Änderungen bei der Honorarhöhe kommen könne – bedeuten würde, dass das Honorar für die gesamte Fachgruppe neu berechnet werden müsse. Eine solche nachträgliche Berechnung der gesamten Fachgruppe sei verwaltungstechnisch kaum möglich; der damit verbundene Aufwand stehe in keinem angemessenen Verhältnis zu einer eventuellen geringfügigen Veränderung des durch diese Methode ermittelten Regelleistungsvolumens.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 30. Oktober 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die erstinstanzliche Entscheidung sei rechtmäßig. Die Regelung der Nr. 3.4 Satz 5 HVV i.V.m. Nr. 3.4 ermächtige den Vorstand der Beklagten im Einzelfall zur Entscheidung über eine Ausnahmeregelung. Eine solche hätte hier in Form einer – zusätzlichen – Ausnahme von der Fallwertabstaffelung ergehen müssen. Sie sei nicht ihrer Praxisbesonderheit entsprechend beurteilt worden. Die Zuordnung zu der Fachgruppe der Fachärzte für Chirurgie sei nicht zwingend, da die Facharztbezeichnung der Klägerin "Fachärztin für Gefäßchirurgie" in der Anlage nicht ausdrücklich erwähnt werde. Ihr tatsächliches Tätigkeitsgebiet sei aufgrund ihres ganz besonderen Leistungsspektrums nicht mit den Tätigkeitsbereichen der sonstigen, nach Anlage 1 zum HVV in der Arztgruppe der Chirurgen eingruppierten Fachärzte vergleichbar. Es passe vielmehr zur Fachgruppe der Fachärzte für Innere Medizin mit Versorgungsschwerpunkt Angiologie und invasiver Tätigkeit. Mit ihrem anerkannten Schwerpunkt stelle sie die Versorgung der gesetzlich krankenversicherten Patienten im gesamten XX-Gebiet sicher. Das Bundessozialgericht habe sich in der Entscheidung vom 29. Juni 2011 nicht konkret zur Frage der Zulässigkeit ihrer Eingruppierung geäußert. Sie sei nicht nur hinsichtlich des Fallwertes, sondern auch hinsichtlich der Fallzahl mit der Fachgruppe der Allgemeinchirurgen nicht vergleichbar.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Behördenvorgänge. Sämtliche dieser Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Berufung war stattzugeben, denn sie ist sowohl zulässig als auch begründet.
Das Urteil des Sozialgerichts war aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 30. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 und Verpflichtung der Beklagten, ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin ist, wie das Sozialgericht bereits ausführlich dargelegt hat, Ziffer 3.4 Satz 4 und 5 des HVV 2009. Nach Satz 4 dieser Bestimmung kann der Vorstand der Beklagten im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen. Gemäß Satz 5 gilt dies insbesondere für Praxisbesonderheiten, die sich aus einem besonderen Versorgungsauftrag oder einer besonderen, für die Versorgung bedeutsamen fachlichen Spezialisierung ergeben, wenn zusätzlich eine aus den Praxisbesonderheiten resultierende Überschreitung des durchschnittlichen Fallwertes der Arztgruppe von mindestens 30 % vorliegt.
Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass bei der Klägerin Praxisbesonderheiten, die eine Sonderregelung im Sinne von Ziffer 3.4 Satz 4, 5 des HVV erfordern, vorliegen. Diese Praxisbesonderheiten hat sie durch die Fallwerterhöhung jedoch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt.
Darüber, in welchem Umfang eine Erhöhung des Regelleistungsvolumens vorzunehmen ist, hat die Kassenärztliche Vereinigung nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden, wie sich schon aus der Formulierung der Ziffer 3.4. Satz 4 ("kann") ergibt (s. nur BSG, Urteil vom 29. Juni 2011 – B 6 KA 17/10 R – juris Rn. 26). Das ihr zustehende Ermessen hat die Beklagte fehlerfrei ausgeübt. Die bei der Klägerin bestehenden Praxisbesonderheiten ergeben sich aus ihrem Tätigkeitsgebiet der Gefäßchirurgie. Dadurch unterscheidet sich ihr Leistungsspektrum deutlich von dem "ihrer" Facharztgruppe, den Chirurgen. Die Beklagte hat dem Rechnung getragen, indem sie den Fallwert der Klägerin für das streitige Quartal von ursprünglich 23,61 Euro auf 54,83 Euro erhöht, also mehr als verdoppelt, hat. Damit war der für die Klägerin in I/2009 maßgebliche Fallwert auch höher als der Fallwert der Gruppe der Fachärzte für Innere Medizin, Schwerpunkt Angiologie und invasive Tätigkeit, der nur 50,33 Euro in diesem Quartal betrug. Diese Abänderung des Fallwertes hat bei der Klägerin zu einer ganz erheblichen Erhöhung des Regelleistungsvolumens geführt, nämlich von ursprünglich 24.952,49 Euro auf 57.947,68 Euro, wie die Vergleichsberechnung der Beklagten (Bl. 153 der Gerichtsakte), zeigt.
Gründe dafür, dass die Beklagte anstelle von oder zusätzlich zu der Fallwerterhöhung noch auf die Abstaffelung der Fallzahl hätte verzichten müssen, sind nicht erkennbar. Im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens darf die Beklagte wählen, auf welche Weise sie bestehende Praxisbesonderheiten bei der Honorarverteilung berücksichtigt, d.h. ob sie ganz oder teilweise von der Abstaffelung absieht oder den Fallwert entsprechend steigert. Sie kann auch beide Maßnahmen nebeneinander anwenden. Entscheidet sie sich – wie hier – für die Fallwerterhöhung, ist das Festhalten an der Abstaffelung nur dann ermessensfehlerhaft, wenn das sich hierdurch errechnende Regelleistungsvolumen die vorhandenen Besonderheiten der Praxis nicht hinreichend abbildet. Davon ist vorliegend aber nicht auszugehen.
Wie die Klägerin und das erstinstanzliche Gericht nimmt auch der Senat an, dass das klägerische Tätigkeitsspektrum in dem streitgegenständlichen Quartal mit dem der Gruppe der Fachärzte für Innere Medizin, Schwerpunkt Angiologie und invasive Tätigkeit, vergleichbar war. Daraus folgt, dass die Klägerin auch beim Regelleistungsvolumen wie diese Gruppe zu behandeln ist. Geboten, aber auch ausreichend ist damit eine Sonderregelung, aufgrund der der Klägerin letztlich ein Regelleistungsvolumen in gleicher Höhe, wie es die Ärzte der Fachgruppe im Quartal I/09 erhalten haben, zugewiesen wird. Die Sonderregelung muss dabei keine völlige Gleichstellung erreichen; bleibt es bei einer geringfügigen Unterschreitung, ist dies unbedenklich. Diesen Anforderungen hat die Beklagte genügt, denn wie sich aus ihrer Vergleichsberechnung, Bl. 153 der Gerichtsakte, ergibt, lag das Regelleistungsvolumen der Gruppe der Fachärzte für Innere Medizin, Schwerpunkt Angiologie und invasive Tätigkeit bei 58.665,37 Euro und war damit nur in geringem Umfang - nämlich um ca. 717,00 Euro - höher als das Regelleistungsvolumen der Klägerin nach Anwendung der Sonderregelung. Würde man trotz der nahezu identischen Regelleistungsvolumina bei der Klägerin noch zusätzlich von der Abstaffelung absehen, würde man sie hierdurch besser stellen als die Ärzte dieser vergleichbaren Facharztgruppe. Dafür gibt es keinen Grund.
Nur klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass jedes Quartal grundsätzlich für sich zu beurteilen ist. Ob die Sonderregelungen, die die Beklagten der Klägerin in den Folgequartalen (bei denen die Höhe des Regelleistungsvolumens ebenfalls zwischen den Beteiligten streitig ist) zuerkannt hat, den rechtlichen Anforderungen genügt, muss daher jeweils quartalsbezogen entschieden werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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