L 3 U 186/12

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 19 U 57/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 186/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Achillessehnenruptur ist nur dann im naturwissenschaftlichen Sinne auf ein Ereignis zurückzuführen, wenn dieses Ereignis im Vollbeweis bewiesen und generell geeignet gewesen ist, eine traumatische Zusammenhangstrennung der Achillessehne herbeizuführen.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 28. August 2012 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung des Ereignisses vom 26. Januar 2009 als Arbeitsunfall und Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. wegen dessen Folgen.

Der 1958 geborene Kläger ist als kaufmännischer Angestellter bei der C-bank eG in B Stadt beschäftigt. Im H-Arztbericht des Dr. D. vom 27. Januar 2009 wurde ein Unfallhergang dahingehend geschildert, dass der Kläger am 26. Januar 2009 gegen 18 Uhr auf dem Heimweg beim Aussteigen aus dem Pkw mit dem rechten Fuß hängen blieb, stürzte und mit dem linken Fuß in eine Vertiefung trat. Die Erstdiagnose lautete: Achillessehnenruptur links. In der Unfallanzeige des Arbeitgebers vom 29. Januar 2009 wurde ausgeführt, der Kläger sei beim Aussteigen aus seinem Pkw auf eisglatter Fahrbahn ausgerutscht und gestürzt. In dem ihm von der Beklagten übermittelten Fragebogen zum Unfallhergang teilte der Kläger unter dem 20. Februar 2009 mit, er sei beim Aussteigen aus dem Pkw mit dem Fuß hängengeblieben und durch Wegrutschen des linken Fußes auf glatter und unebener Straße gestürzt.

Der Kläger wurde vom 27. Januar 2009 bis 5. Februar 2009 stationär in der Orthopädischen Klinik Braunfels behandelt. Die Achillessehnenruptur wurde am 28. Januar 2009 operativ versorgt. Nach dem OP-Bericht des Dr. D. verlief die Ruptur ca. 2-3 Querfinger proximal des Ansatzes. In der pathologisch-anatomischen Begutachtung des Dr. E. vom 30. Januar 2009 wurde zu dem eingeschickten Gewebe ausgeführt, man erkenne aufgefasertes, kollagenfaserreiches Sehnengewebe mit Erythrozytenextravasaten, fokal Fibrinabscheidungen und Kernverlust. Es seien nur wenige einsprossende resorbtive Entzündungszellen, kein Siderinpigment und keine Fettinseln erkennbar. Es handele sich um eine frische, in eben beginnender Resorption stehende Ruptur der Achillessehne links. Der histologische Befund passe zu einem frischen Trauma. Da ausschließlich Gewebe von der Rupturzone vorliege, sei zu der gutachterlichen Frage einer vorbestehenden Degeneration keine zweifelsfreie Aussage möglich. Am 19. Mai 2009 erhob Dr. D. als Befund ein Bewegungsausmaß für die Dorsalextension/Plantarflexion des rechten oberen Sprunggelenks (OSG) von 20-0-40°, des linken OSG von 10-0-30°, die Pronation/Supination des rechten unteren Sprunggelenks (USG) betrug 4/4, des linken USG 3/4. Dr. D. ging vom Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit des Klägers am 1. April 2009 sowie von einer rentenberechtigenden MdE über die 26. Woche nach dem geltend gemachten Ereignis hinaus aus. Dementgegen ging der beratende Arzt der Beklagten Dr. F. von einer funktionellen Betroffenheit aus, die maximal eine MdE von 10 v. H. rechtfertige (Stellungnahme vom 13. Juli 2009). Der beratende Arzt der Beklagten Dr. G. hielt den Bewegungsablauf, das Wegrutschen auf glattem Boden, nach der Literatur nicht zur Herbeiführung der Achillessehnenruptur geeignet (Stellungnahme vom 6. Oktober 2009).

Mit Bescheid vom 15. Januar 2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er keinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Ereignisses vom 26. Januar 2009 habe, da es an einem geeigneten äußeren Ereignis fehle. Das Wegrutschen auf glatter Straße setze die (gesunde) Achillessehne nicht so unter Stress, dass sie traumatisch bedingt reiße. Selbst eine Unebenheit der Straße verstärke den Unfallmechanismus nicht entsprechend. Es sei gelegentlich bei einer versicherten Tätigkeit zu einer schicksalhaften Verletzung der Achillessehne gekommen. Den hiergegen am 1. Februar 2010 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. April 2010 als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 27. April 2010 Klage bei dem Sozialgericht Gießen erhoben. Mit Beschluss vom 14. Mai 2010 hat das Sozialgericht Gießen den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Sozialgericht Wiesbaden (Sozialgericht) verwiesen.

Der Kläger hat in der Klagebegründung geltend gemacht, er sei beim Aussteigen aus dem Auto mit dem rechten Fuß hängen geblieben, auf dem vereisten Boden ausgerutscht und dadurch mit dem linken Fuß in eine Bodenvertiefung getreten, die sich unmittelbar neben dem Ausstieg befunden habe. Besondere Bedeutung habe hier das Auftreten mit dem linken Fuß auf einen glatten Untergrund. Dadurch habe er keine Kontrolle mehr über den Bewegungsablauf gehabt. Nach Schönberger/Mehrtens/Valentin könne nicht nur eine hohe Kraftausübung auf die Achillessehne, sondern auch das Treten in ein 20 cm tiefes Loch unter ungünstigen Bedingungen eine normal belastete Achillessehne zerreißen. Der Kläger hat zur Stützung seines Vorbringens einen Behandlungsbericht des Dr. H. vom 20. Juli 2009 vorgelegt, der einen Zustand nach Achillessehnenruptur, Ausschluss einer tiefen Beinvenenthrombose, Phlegmone und Lymphödem sowie eine Hautulceration diagnostiziert hat, sowie einen Ambulanzbericht des Dr. D. vom 1. September 2010. Des Weiteren hat er ein für die J-Versicherung erstattetes unfallchirurgisches Gutachten des Dr. K. vom 9. August 2010 zu den Akten gereicht. Dr. K. hat – ohne nähere Begründung – ausgeführt, der Kläger habe sich bei dem geeigneten Unfall am 26. Januar 2009 eine Achillessehnenruptur links zugezogen. Dabei war Dr. K. von einem Unfallhergang ausgegangen, wonach der Kläger bei dem Aussteigen aus dem Pkw mit dem linken Fuß hängengeblieben und gestürzt sei (S. 2 des Gutachtens). Nach Hinweis der Beklagten auf die Abweichung von dem bisher beschriebenen Unfallhergang hat der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte unter dem 20. Dezember 2010 ausgeführt, es werde klargestellt, dass Dr. K. den Unfallhergang falsch niedergeschrieben habe. Allein maßgeblich sei die Unfallschilderung in der Unfallanzeige vom 27. Januar 2009.

Die Beklagte hat eine Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. G. vom 17. September 2010 vorgelegt, der nicht von einem geeigneten Ereignis für einen Achillessehnenriss ausgeht. Gerade durch das Wegrutschen mit dem Fuß – ähnlich wie beim Umknicken – sei belegt, dass das Sprunggelenk als Funktionsorgan der Achillessehne nicht fixiert (funktionell festgestellt) gewesen sei. Bei einem Wegrutschen werde der Lastaufbau durch den Sehnenzug nicht in einer Weise verändert, der als unphysiologische Belastung der Achillessehne zu werten wäre. Die in der Literatur genannten Abläufe - ein plötzliches Ausrutschen beim Tragen von Lasten, der Sturz nach vorn bei fixiertem Fersenbein unter rückwärtiger Belastung des Fußes oder ein Abrutschen bzw. Verfehlen einer Stufe oder Treppe, der Tritt in eine nicht erkennbare Vertiefung, so dass mehr oder weniger das gesamte Körpergewicht auf der Sehne laste - sei hier nicht zu erkennen.

Das Sozialgericht hat von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines fachorthopädisch-unfallchirurgischen Sachverständigengutachtens des Dr. L. vom 22. Februar 2011. In dem Gutachten wird zum Unfallhergang ausgeführt, der Kläger sei bei Eis- und Schneeglätte mit dem linken Fuß beim Aussteigen aus dem Auto auf unebenem Boden weggerutscht und mit dem rechten Fuß am Auto hängen geblieben. Er habe noch versucht, sich festzuhalten, dies sei ihm nicht gelungen. Er sei dann regelrecht zusammengesackt und in einer tiefen Hockposition mit voller Belastung auf das linke Bein getreten (S. 5 d. Gutachtens). Er sei nach hinten gestürzt und in einer tiefen Hockposition, d. h. in maximaler Beugung auf dem linken Kniegelenk gelandet (S. 18 d. Gutachtens). Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass nach dem biomechanischen Ablauf nicht von einer fußsohlenwärtigen Belastung im OSG bei gleichzeitiger Streckung des Kniegelenks als typischem Unfallmechanismus auszugehen sei und damit ein Argument gegen den Kausalzusammenhang vorliege. Aus der histologischen Untersuchung, dem OP-Bericht und der sofort einsetzenden klinischen Symptomatik ließen sich weder Argumente für eine traumatische noch eine degenerative Sehnenruptur entnehmen. Insgesamt spreche mehr gegen als für einen Kausalzusammenhang der Achillessehnenruptur mit dem Ereignis vom 26. Januar 2009. Es bestehe keine unfallbedingte MdE.

Der Kläger hat hiergegen über seinen Prozessbevollmächtigten am 7. April 2011 eingewandt, er sei entgegen den Feststellungen des Sachverständigen nicht nach hinten gestürzt, sondern nach vorne gefallen. Anderenfalls wäre er mit dem Gesäß auf den Autositz zurück oder gegen das Auto gefallen. Dies sei nicht geschehen, hierzu habe er auch keine Angaben im Untersuchungstermin gemacht. Nachdem er bei glatten Witterungsverhältnissen in die Vertiefung getreten sei, habe er eine starke Spannung in der Achillessehne gespürt und sei dann nach vorne gesackt. Ein geeigneter Hergang zur Herbeiführung eines Achillessehnenrisses liege vor. Der Vorgang sei vergleichbar mit dem Abrutschen bzw. Verfehlen einer Stufe oder dem Tritt in eine nicht erkennbare Vertiefung.

Der Sachverständige hat hierzu in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10. Mai 2011 ausgeführt, das Unfallereignis sei so, wie es auf S. 5 seines Gutachtens dargelegt sei, von dem Kläger geschildert worden. Dieser Ablauf sei der Kausalbeurteilung zugrunde gelegt worden. Der Kläger sei sehr exakt zum biomechanischen Ablauf des Unfallereignisses befragt worden und der Ablauf in Anwesenheit des Klägers diktiert worden. Er sei von ihm ausdrücklich bestätigt worden. Dies hat der Kläger erneut bestritten, er sei nach vorne gefallen. Er hat ein weiteres unfallchirurgisches Fachgutachten des Dr. K. für die J-Versicherung vom 1. September 2011 vorgelegt. Dr. K. hat in diesem Gutachten nach persönlicher Untersuchung des Klägers zum Unfallhergang ausgeführt: "Der Versicherte hatte sich am 26.01.2009, er war beim Aussteigen aus dem Pkw mit dem linken Fuß hängengeblieben und gestürzt, eine traumatische Achillessehnenruptur links zugezogen" (S. 2 d. Gutachtens).

Sodann hat das Sozialgericht ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Dr. M., Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Chirotherapie, Sozialmedizin, Sportmedizin, vom 17. Januar 2012 eingeholt. In den Beweisfragen hat es dem Sachverständigen aufgegeben, die jeweils abweichenden Unfallschilderungen (in der Verwaltungsakte, Klagebegründung, im Gutachten des Sachverständigen Dr. L., gegenüber dem Sachverständigen Dr. M.) zugrunde zu legen. Gegenüber dem Sachverständigen Dr. M. hat der Kläger zum Unfallhergang angegeben, er habe das Auto an der leicht abschüssigen Straße auf dem Trottoir geparkt. Er habe Halbschuhe mit Ledersohle getragen, sei mit dem linken Bein zuerst ausgestiegen und auf verharschten Schnee getreten. Der Untergrund habe zunächst ausreichend Halt gegeben, so dass er zügig ausgestiegen sei und sein gesamtes Körpergewicht auf das linke Bein verlagert und dieses gestreckt habe. In diesem Augenblick sei er mit dem rechten Fuß an der Schwelle der Autotür hängen geblieben, wobei gleichzeitig der verharschte Schnee unter der Ferse des linken Fußes weggebrochen sei und sich die Last des Körpergewichts schlagartig vom Rückfuß auf den Vorfuß verlagert habe. Hierdurch sei es zu einer impulsartigen Fußhebung gekommen, wobei er das Gleichgewicht verloren habe und gestürzt sei (S. 9 d. Gutachtens). Dr. M. hat zu den Unfalldarstellungen in der Verwaltungsakte, der Klagebegründung und im Gutachten von Dr. L. ausgeführt, dort sei davon ausgegangen worden, dass der Kläger beim Aussteigen aus dem Auto mit dem linken Fuß zunächst weggerutscht, dadurch gestürzt und im Sturz mit dem linken Fuß in eine Vertiefung getreten sei. Bei diesem Ablauf sei es nicht wahrscheinlich, dass die Zugkraft hinreichend plötzlich als schlagartiger maximaler Kraftimpuls auf die Achillessehne eingewirkt habe, um eine Ruptur zu provozieren. Hingegen stelle die Unfallschilderung ihm gegenüber eine ungewöhnliche, plötzliche und unerwartete Belastung mit einem für eine Achillessehnenruptur adäquaten schlagartig einwirkenden Kraftimpuls dar. Danach sei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Unfallfolge wahrscheinlich. Hinweise auf eine Vorschädigung der Achillessehne hätten sich bei dem Kläger nicht gefunden, was jedoch (altersgemäß physiologische) degenerative Veränderungen nicht ausschließe, da sie üblicherweise unbemerkt abliefen. Der Sachverständige hat die unfallbedingte MdE bis zur Begutachtung durch Dr. L. (22. Januar 2011) mit 10 v. H., anschließend mit unter 10 v. H. eingeschätzt.

Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, auch nach Einschätzung ihres fachärztlichen Beraters sei der jetzt beschriebene Unfallhergang geeignet, eine Achillessehne zu schädigen. Der gegenüber Dr. M. erst nach 3 Jahren abgegebenen Schilderung sei jedoch nicht die gleiche Beweiskraft wie den früheren Angaben zuzumessen.

Mit Urteil vom 28. August 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass kein rechtlich wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis vom 26. Januar 2009 und der festgestellten sowie operativ versorgten Achillessehnenruptur bestehe. Für einen Arbeitsunfall sei grundsätzlich erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei, diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt und dieses einen Gesundheitserstschaden des Versicherten verursacht habe (Hinweis auf BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -; Urteil vom 27. April 2010 - B 2 U 11/09 R -). Als Voraussetzung für die Feststellung von Unfallfolgen und die Bewilligung von Leistungen müssten die versicherte Tätigkeit, der Unfall und die Gesundheitsschädigung im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden. Der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfall und einem Gesundheitsschaden sei nach der Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen; dafür reiche die "hinreichende" Wahrscheinlichkeit aus (Hinweis auf BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 29/07 R -). Nach diesen Grundsätzen sei die Achillessehnenruptur nicht rechtlich wesentlich auf das Ereignis vom 26. Januar 2009 zurückzuführen, so dass im Ergebnis kein Arbeitsunfall vorliege. Dies ergebe sich aus den vorliegenden ärztlichen Befunden und insbesondere den Darlegungen in dem Gutachten des Dr. L. Anhand des geschilderten biomechanischen Ablaufs des Unfallereignisses sei nicht von einer fußsohlenwärtigen Belastung im OSG bei gleichzeitiger Streckung des Kniegelenks als typischem Unfallmechanismus auszugehen. Im Gegenteil, durch die Einnahme einer maximalen Beugungsposition am linken Kniegelenk sei eine Entlastung der Wadenmuskulatur mit der Achillessehne erfolgt. Deshalb sei der geschilderte biomechanische Ablauf des Unfallereignisses als Argument gegen den Kausalzusammenhang zu werten. Die Achillessehnenruptur wäre auch ohne das Unfallereignis vom 26. Januar 2009 bei jeder anderen, nicht zu vermeidenden Gelegenheit zum Ausbruch gekommen. Unabhängig von der Kausalitätsfrage lasse sich am linken Sprunggelenk keine Funktionsbeeinträchtigung nachweisen, und damit keine MdE. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 10. Mai 2011 habe der Sachverständige erläutert, den biomechanischen Ablauf des Unfallereignisses in Anwesenheit des Klägers diktiert zu haben, welcher von diesem auch so bestätigt worden sei. Damit bestätige der Sachverständige die ärztlichen Einschätzungen der Verwaltungsakte. Seine Einschätzung finde ihre Bestätigung in der Literatur (Hinweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 398 ff). Dem stehe das Gutachten des Dr. M. nach § 109 SGG nicht entgegen. Auch nach dessen Auffassung sei es bei den in der Verwaltungsakte und gegenüber Dr. L. geschilderten Unfallabläufen nicht wahrscheinlich, dass die Zugkraft hinreichend plötzlich als schlagartiger maximaler Kraftimpuls auf die Achillessehne eingewirkt habe, um eine Ruptur zu provozieren. Nur bei der ihm gegenüber geschilderten Version des Unfallhergangs ergebe sich im Ablauf eine ungewöhnliche, plötzliche und unerwartete Belastung mit einem für die Achillessehnenruptur adäquaten schlagartig einwirkenden Kraftimpuls. Die neue Version könne im Hinblick auf den erheblichen Zeitablauf und die bis dahin immer anders dargestellten Unfallschilderungen für die rechtliche Bewertung nicht zu Grunde gelegt werden.

Gegen das ihm am 6. September 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. Oktober 2012 (Montag) Berufung zu dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, die Darstellung des Unfallablaufes im Gutachten des Dr. L., auf das sich das Sozialgericht maßgeblich gestützt habe, sei unzutreffend. Er habe gegenüber dem Gutachter nicht behauptet, dass er im Zusammenhang mit dem Sturz nach hinten gefallen sei. Er habe, nachdem diese Aussage im Gutachten getroffen worden sei, dieser Darstellung unmittelbar widersprochen. Auch aus den in der Verwaltungsakte dokumentierten Unfalldarstellungen ergebe sich nicht, dass er die Aussage getroffen habe, dass er nach hinten gefallen sei. Das Gutachten des Dr. M. sei nicht zutreffend gewürdigt worden. Dieser komme zu dem Ergebnis, dass die Achillessehnenruptur durch das Ereignis vom 26. Januar 2009 verursacht worden sei. Der histologische Befund vom 29. Januar 2009 passe nach Dr. E. zu einem frischen Trauma. Der Kläger hat u. a. die Kopie eines Unfallbogens vom 27. Januar 2009 vorgelegt, in dem zum Unfallhergang folgendes ausgeführt ist: "Von der Arbeit auf dem direkten Wege nach Hause gefahren. Beim Aussteigen aus dem PKW mit dem anderen Fuß hängengeblieben, auf vorhandener Straßenglätte weggerutscht, verdreht und mit dem eigenem Körpergewicht auf den linken Unterschenkel aufgeschlagen. Bodenverhältnisse: Unebenheiten durch Schnee + Eisreste." In der in Kopie vorgelegten Unfallanzeige des Klägers an die J. ist ausgeführt: "Aus dem PKW beim Aussteigen mit dem Fuß hängengeblieben, gestürzt durch Wegrutschen des linken Fußes auf glatter und unebener Straße."

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 28. August 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 26. Januar 2009 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls Rente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für rechtmäßig und hat ergänzend ausgeführt, die von dem Gutachter Dr. M. angenommene Ablaufvariante sei als singulär zu bezeichnen. Auch müsse die Schilderung als unwahrscheinlich oder unmöglich bezeichnet werden. Breche man plötzlich mit der Ferse des Standbeins ein, falle man nach hinten. Stehe man zwischen Fahrzeug und geöffneter Tür, könne man nicht nach vorne fallen.

Wegen weiterer Einzelheiten sowie des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 28. August 2012 und der Bescheid der Beklagten vom 15. Januar 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. April 2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 26. Januar 2009 als Arbeitsunfall noch auf Rente nach einer MdE von mindestens 20 v. H.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII - sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Versicherte Tätigkeit ist auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach grundsätzlich erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern für die Gewährung von Verletztenrente (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R - juris Rdnr. 10 m. w. N.).

Hinsichtlich des Beweismaßstabs müssen die Tatbestandsmerkmale der "versicherten Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", des "Unfallereignisses" sowie des "Gesundheits(erst)schadens" im Grad des Vollbeweises, d. h. mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R – juris Rdnr. 28). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die Tatsache in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (§ 128 SGG; BSGE 103, 99, 104). Demgegenüber genügt für den Nachweis des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitserstschaden (haftungsbegründende Kausalität) die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R- juris Rdnr. 20 m.w.N.).

Vorliegend ist davon auszugehen, dass die Verrichtung des Klägers zurzeit des Unfalls, das Aussteigen aus dem Fahrzeug auf dem Nachhauseweg von seiner Arbeitsstelle, der nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versicherten Tätigkeit zuzurechnen und eine versicherte Tätigkeit damit im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen ist. Aufgrund des Sturzgeschehens ist grundsätzlich auch ein Unfallereignis, d. h. ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper des Klägers einwirkendes Ereignis im Vollbeweis nachgewiesen. Ein Gesundheitserstschaden in Form eines Achillessehnenrisses liegt ebenfalls im Vollbeweis vor. Allerdings fehlt es zur Überzeugung des Senats im vorliegenden Fall an der haftungsbegründenden Kausalität.

Die Kausalitätsfeststellungen zwischen den einzelnen Gliedern des Arbeitsunfalls basieren dabei auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Beweisrechtlich ist zudem zu beachten, dass der möglicherweise aus mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang positiv festgestellt werden muss (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, a.a.O.) und dass die Anknüpfungstatsachen der Kausalkette im Vollbeweis vorliegen müssen (BSG, Beschluss vom 23. September 1997 – 2 BU 194/97 – Deppermann-Wöbbeking in: Thomann (Hrsg), Personenschäden und Unfallverletzungen, Referenz Verlag Frankfurt 2015, Seite 630). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006, a.a.O.).

Vorliegend lässt sich die bei dem Kläger nachgewiesene Achillessehnenruptur schon im naturwissenschaftlichen Sinne (1. Prüfungsstufe) nicht hinreichend wahrscheinlich auf das Unfallereignis zurückführen.

Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Gesundheitsstörungen zu erfolgen. Dies schließt die Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche Störung hervorzurufen. Daher ist im Rahmen der ersten Stufe der Kausalitätsprüfung nach der im gesetzlichen Unfallversicherungsrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung auch die Frage mit zu beantworten, ob es einen anerkannten wissenschaftlichen Erfahrungssatz über den Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, also die Frage der "generellen Eignung" zwischen der konkreten Einwirkung und dem tatsächlichen Gesundheitserstschaden, gibt. Im vorliegenden Fall muss daher die - als Anknüpfungstatsache im Vollbeweis nachzuweisende - konkrete Einwirkung ihrer Intensität nach geeignet sein, zu einer traumatischen Zusammenhangstrennung der Achillessehne zu führen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – juris Rdnr. 17 ff m. w. N.; BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 – B 2 U 9/11 R – juris Rdnr. 55 ff, 59; Hempfling, Meyer-Clement, Bultmann, Brill, Krenn, Ludolph, "Achillessehnenschaden – Physik, Medizin und Recht", Trauma und Berufskrankheit 2/2016, S. 132, 137 ff).

Im Fall des Klägers steht zur Überzeugung des Senats jedoch fest, dass im Zusammenhang mit dem Sturzgeschehen vom 26. Januar 2009 keine konkrete Einwirkung im Vollbeweis nachgewiesen ist, die generell geeignet ist, zu einer traumatischen Zusammenhangstrennung der Achillessehne zu führen.

Dabei sind u. a. folgende wissenschaftliche Grundsätze als aktueller Kenntnisstand zu berücksichtigen (vgl. hierzu Hempfling, Meyer-Clement, Bultmann, Brill, Krenn, Ludolph, "Achillessehnenschaden – Physik, Medizin und Recht", a. a. O., S. 138 ff; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 400 ff m. w. N.; Ausführungen des Sachverständigen Dr. L. vom 22. Februar 2011 zum wissenschaftlichen Erkenntnisstand, S. 17 ff des Gutachtens):
- Durch einen Muskelzug, unabhängig von der Zuggeschwindigkeit/-belastung ist eine altersentsprechende Sehne nicht zu schädigen.
- Die Sicherheitsreserve zwischen Reißfestigkeit der Sehne und des Muskels ist um ein Vielfaches höher.
- Physiologisch gewollte, motorisch koordinierte kontrollierte Bewegungen führen objektiv – nicht Zerreißungen altersentsprechender Sehnen, denn solche Belastungen entsprechen dem bauplanmäßigen Bewegungsmuster.
- Die individuelle/altersentsprechende Konstitution eines Versicherten muss bei der Ursachenbeurteilung im Einzelfall Berücksichtigung finden, aber immer auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes.
- Es muss etwas eingewirkt haben, was im Bauplan der Sehne nicht vorgesehen ist, ein so genannter Störfaktor muss vorgelegen haben.
- Auch bei Vorliegen von Störmechanismen muss mehr für den wissenschaftlichen Zusammenhang sprechen als dagegen, d.h. der tatsächliche Störmechanismus ist aus biomechanischer Sicht in Bezug auf die konkrete Gefährdung genau zu analysieren.

Grundlage des Traumas ist eine plötzliche Verlängerung der Muskel-Sehnen-Einheit mit gleichzeitiger Kontraktion des Muskels. Die Ursache der Sehnenruptur beim Gesunden ist ein Versagen des neuromuskulären Regler- und Sicherheitssystems. Diese wird überwunden durch hohe Belastungsspitzen bestimmter Muskeln und Sehnen bei zunächst physiologischem Bewegungsablauf, durch äußere Störfaktoren (Boden, Hindernisse, Kälte, Nässe), innere Störfaktoren (Ermüdung, Fehlinnervation) und/oder durch Ausfall der Reflexsicherung, die zur Innervation sämtlicher Muskelfasern gleichzeitig führt, obwohl die von außen wirkenden Kräfte nicht überwunden werden können. Als Mechanismen, welche die Sehne unter Belastungsspitzen setzen können, ohne dass sich die Zugspannung - koordiniert gesteuert und "gebremst" von der vorgeschalteten Muskulatur - systematisch aufbauen kann, werden genannt (vgl. hierzu Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. S. 401 m. w. N.; Ausführungen des Sachverständigen Dr. L. vom 22. Februar 2011, S. 17 des Gutachtens):
- Auf- und Absprung bei fußrückwärtiger Belastung des Fußes.
- sehr schneller Sprint und Anstoßen oder Aufsetzen des Fußes auf einer Matte.
- Sprung über eine Hürde mit folgendem Sturz und Aufkommen auf dem Rand einer Vertiefung.
- plötzliches Ausrutschen beim Tragen von Lasten (plötzliches Überdehnen der Sehne und Zusammenziehen der Beinmuskulatur).
- Sturz nach vorn bei fixiertem Fersenbein sowie aus der Höhe unter fußrückenwärtiger Belastung des Fußes.
- Abrutschen bzw. Verfehlen einer Stufe oder Tritt in eine nicht erkennbare Vertiefung, so dass mehr oder weniger das gesamte Körpergewicht auf der Sehne lastet.
- direktes Trauma, z.B. Schlag auf die gespannte Sehne.

Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M. ist unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes lediglich der zuletzt ihm gegenüber geschilderte Geschehensablauf generell geeignet, eine Zusammenhangstrennung der Achillessehne herbeizuführen, da der Geschehensablauf eine ungewöhnliche, plötzliche und unerwartete Belastung mit einem für eine Achillessehnenruptur adäquaten schlagartig einwirkenden Kraftimpuls darstelle. Dr. M. hat seiner Beurteilung die Schilderung des Klägers zugrunde gelegt, wonach dieser in dem Augenblick, indem er mit dem gesamten Körpergewicht auf dem nahezu gesteckten linken Bein gestanden habe, mit dem rechten Fuß an der Schwelle der Autotür hängen geblieben sei, wobei gleichzeitig der verharschte Schnee unter der Ferse des linken Fußes weggebrochen sei, und die Last des Körpergewichts sich schlagartig vom Rückfuß auf den Vorfuß verlagert habe. Hierdurch sei es zu einer impulsartigen Fußhebung gekommen, wobei der Kläger das Gleichgewicht verloren habe und gestürzt sei.

Zur Überzeugung des Senats ist diese gegenüber Dr. M. abgegebene Unfallschilderung als Anknüpfungstatsache jedoch nicht im Vollbeweis nachgewiesen, nachdem sie erstmals 3 Jahre nach dem Unfallereignis in dieser konkreten und der detaillierten Form vorgetragen wurde, während unfallnah und im Laufe des Verwaltungsverfahrens, in der Klagebegründung und gegenüber Dr. L. andere, weit weniger detaillierte Darstellungen des Unfallgeschehens dargeboten wurden. So wurde im H-Arztbericht vom 27. Januar 2009 lediglich angegeben, dass der Kläger beim Aussteigen aus dem Pkw mit dem rechten Fuß hängen geblieben, gestürzt und mit dem linken Fuß in eine Vertiefung getreten sei. Der Kläger selbst hat zum Unfallhergang unter dem 20. Februar 2009 lediglich angegeben: "Aus dem PKW beim Aussteigen mit dem Fuß hängen geblieben, gestürzt durch Wegrutschen des linken Fußes auf glatter und unebener Straße." Diese Schilderung wurde in der Klagebegründung dahingehend konkretisiert, dass der Kläger beim Aussteigen aus dem Auto mit dem rechten Fuß hängen geblieben, auf vereistem Boden ausgerutscht und dadurch mit dem linken Fuß in eine Bodenvertiefung getreten sei, die sich unmittelbar neben dem Ausstieg befunden habe. In all diesen Schilderungen ist zunächst von einem Wegrutschen des linken Fußes und dadurch verursachtem Sturz die Rede. In keiner der unfallnahen Unfallschilderungen wird angegeben, dass der Schnee unter der Ferse des linken Fußes weggebrochen ist und es hierdurch zu einer schlagartigen Körpergewichtsverlagerung gekommen ist, durch die der Kläger dann erst das Gleichgewicht verlor und stürzte. Eine entsprechende Schilderung findet sich auch nicht in dem im Berufungsverfahren vorgelegten Unfallbogen vom 27. Januar 2009, obwohl dort etwas detailliertere Angaben gemacht wurden. Vielmehr heißt es dort nur: "Beim Aussteigen aus dem PKW mit dem anderen Fuß hängengeblieben, auf vorhandener Straßenglätte weggerutscht, verdreht und mit dem eigenem Körpergewicht auf den linken Unterschenkel aufgeschlagen. Bodenverhältnisse: Unebenheiten durch Schnee + Eisreste". Ebenso wenig finden sich die Dr. M. gegenüber gemachten Angaben in der Unfallanzeige des Klägers an die J-Versicherung. Dort findet sich vielmehr die bereits bekannte Darstellung wieder: "Aus dem PKW beim Aussteigen mit dem Fuß hängen geblieben, gestürzt durch Wegrutschen des linken Fußes auf glatter und unebener Straße." Daher ist allenfalls möglich, dass sich der Unfall so zugetragen hat, wie der Kläger dies Dr. M. gegenüber geschildert hat, für die Erbringung des Vollbeweises reicht dies aber keinesfalls aus.

Die anderen dargebotenen Varianten des Unfallgeschehens erfüllen jedoch auch nach den Ausführungen des Dr. M. unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands nicht die Voraussetzungen für eine generelle Eignung, eine traumatische Ruptur der Achillessehne herbeizuführen. Dies gilt nach Dr. M. insbesondere für den in der Klagebegründung konkretisierten Unfallhergang, der Kläger sei beim Aussteigen aus dem Auto mit dem linken Fuß zunächst weggerutscht, dadurch gestürzt und im Sturz mit dem linken Fuß in eine Vertiefung getreten. Bei diesem Ablauf ist es nach Dr. M. nicht wahrscheinlich, dass die Zugkraft hinreichend plötzlich als schlagartiger maximaler Kraftimpuls auf die Achillessehne eingewirkt hat, um eine Ruptur zu provozieren. Ebenso wenig ist die von Dr. L. dokumentierte Unfallschilderung generell geeignet, eine traumatische Achillessehnenruptur herbeizuführen. Auf die zutreffenden erstinstanzlichen Ausführungen hierzu wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen. Selbst wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen würde, dass die im Gutachten des Dr. L. dokumentierte Unfallschilderung nicht zutrifft bzw. von dem Kläger so nicht abgegeben wurde, ist jedoch keine andere konkrete Einwirkung im Vollbeweis nachgewiesen, die nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand generell geeignet ist, eine traumatische Achillessehnenruptur zu verursachen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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