L 5 R 61/16

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 6 R 454/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 61/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Auch wenn ein Antragsteller, der zutreffende Angaben macht, im Allgemeinen nicht gehalten sein dürfte, Bewilligungsbescheide des Näheren auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, besteht doch eine Obliegenheit des Versicherten, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen, denn die Beteiligten haben sich gegenseitig vor vermeidbarem, das Versicherungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewahren.

2. Eine grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes liegt vor, wenn ein Antragsteller die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). In besonders schwerem Maße verletzt ein Antragsteller die erforderliche Sorgfalt, dem bei einer einfachen Parallelwertung in der Laiensphäre die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes "ins Auge springen" muss und der davor die Augen "verschließt", indem er sich überhaupt keine Gedanken macht.

Zu Leitsatz 1 vergleiche auch: BSG, Urteil vom 8. Februar 2001, B 11 AL 21/00 R, und BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 77/04 R
I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. Dezember 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rücknahme der Entscheidung über die Gewährung einer großen Witwerrente für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 30. September 2014 wegen anzurechnendem eigenen Einkommens sowie die Erstattung eines seitens der Beklagten im Wege der Ermessensausübung von 14.877,96 EUR auf 7.438,94 EUR ermäßigten Überzahlungsbetrags.

Der 1966 geborene Kläger ist Witwer der 1964 geborenen und 2010 verstorbenen Versicherten C-A., geb. C. Aus der Ehe stammen der 1990 geborene Sohn D. und die 1993 geborene Tochter E. Seit dem 16. November 1998 ist der Kläger bei der F. AG als Schlosser bzw. Maschinenführer versicherungspflichtig beschäftigt und bezieht fortlaufend Arbeitsentgelt.

Am 2. Dezember 2010 beantragte der Kläger persönlich in der Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Hessen in Kassel eine Hinterbliebenenrente und verpflichtete sich durch seine Unterschrift, jede Änderung in den Einkommensverhältnissen mitzuteilen. Dabei wurde ihm der Vordruck R665 zur Bescheinigung des Arbeitseinkommens durch den Arbeitgeber ausgehändigt. Nachdem dieser Vordruck am 13. Dezember 2010 ausgefüllt wieder bei der Auskunfts- und Beratungsstelle in B-Stadt eingegangen war, bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 22. Dezember 2010 große Witwerrente. Dazu stellte die Beklagte auf Seite 1 des Bescheides fest: Die Rente beginnt am 19. Dezember 2010. Sie ist ab 1. März 2011 nicht zu zahlen. Sie ist befristet und endet mit dem 31. August 2011.

Für die Zeit vom 19. November 2010 bis zum 28. Februar 2011 beträgt die Nachzahlung 2.792,89 EUR.

Auf Seite 3 erläuterte die Beklagte zu der Frage: Warum wird Ihre Rente nicht gezahlt? Die Rente ist wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens nicht zu zahlen.

In der Anlage 1 stellte die Beklagte zusammengefasst die Berechnung der Rente unter Berücksichtigung des anzurechnenden Einkommens dar. Die Anlage 8 enthielt die Berechnung des anzurechnenden Hinzuverdienstes. Danach stand ab dem 1. März 2011 der Bruttorente in Höhe von 502,13 EUR ein anzurechnendes Einkommen von 536,84 EUR gegenüber.

Am 26. Juli 2011 beantragte der Kläger erneut persönlich in der Auskunfts- und Beratungsstelle eine Witwerrente bei der Beklagten und gab auch hierbei an, Einkommen aus abhängiger Beschäftigung zu erzielen. Wiederum wurde ihm dort der Vordruck R665 für den Arbeitgeber ausgehändigt.

Nachdem der Kläger auf die Erinnerung der Beklagten vom 26. September 2011 telefonisch am 28. September 2011 mitgeteilt hatte, dass der Vordruck an den Arbeitgeber weitergeleitet worden sei und er noch auf den Rücklauf warte, ging dieser am 30. September 2011 bei der Auskunfts- und Beratungsstelle in B-Stadt ein.

Darin bescheinigte der Arbeitgeber dem Kläger für November 2010 ein Bruttoentgelt von 3.127,86 EUR, für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2009 von 41.925,23 EUR, sowie vom 1. Januar bis 31. Dezember 2010 von 42.298,12 EUR, so dass die Beklagte auf den Antrag vom 2. Dezember 2010 hin mit Bescheid vom 18. Oktober 2011 den Anspruch des Klägers auf kleine Witwerrente ab 19. November 2010 bis zum 30. November 2012 anerkannte und gleichzeitig auf Seite 1 des Bescheides feststellte, dass die Rente ab Rentenbeginn nicht zu zahlen sei. Auf Seite 2 findet sich unter der Frage "Warum wird Ihre Rente nicht gezahlt?" wieder die Antwort "Die Rente ist wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens nicht zu zahlen." Auch dieser Bescheid umfasste insbesondere die Anlagen 1 und 8.

Aus Anlass der Vollendung des 45. Lebensjahres des Klägers stellte die Beklagte mit Bescheid vom 25. November 2011 auf den Antrag vom 26. Juli 2011 hin "anstelle der bisherigen Rente" eine große Witwerrente ab dem 1. Januar 2012 mit einem monatlichen Zahlanspruch von 456,17 EUR fest, wobei in der Anlage 1 keine Anrechnung von Einkommen aufgeführt wurde und eine Anlage 8 fehlte.

In der Folgezeit teilte der Kläger Einkommensänderungen nicht mit. Auf die Bitte der Beklagten an die das Rentenkonto des Klägers führende DRV Hessen, zwecks Überprüfung der Einkommensanrechnung auf die Hinterbliebenenrente eine Gesamtkontenübersicht nebst Jahresentgelten und Betriebsnummern zu überlassen, übersandte diese am 31. Juli 2014 einen Teilkontospiegel, aus dem sich ein weiterhin bestehendes versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Klägers bei der F. AG ergab mit jährlich steigenden Bruttoeinkommen von 50.284,00 EUR (2011), 51.239,00 EUR (2012) und 52.781,00 EUR (2013).

Im Rahmen der am 15. August 2014 durchgeführten Anhörung machte der Kläger geltend, dass er seiner Mitwirkungspflicht bei der Ermittlung der Rente und insbesondere der etwaigen Anrechnung von Einkommen immer Genüge getan habe und infolge dessen keinesfalls als bösgläubig bezeichnet werden könne. Ferner habe er die Fehlerhaftigkeit des Bescheides weder gekannt noch hätte er sie erkennen können.

Mit Bescheid vom 10. September 2014 nahm die Beklagte den Bescheid vom 25. November 2011 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung für die Vergangenheit (ab 1. Januar 2012) und die Zukunft zurück und berechnete die große Witwerrente ab 1. Januar 2012 neu. Für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 30. September 2014 ergebe sich eine Überzahlung von 14.877,96 EUR, von der - nach Ermessensausübung - 7.438,94 EUR zu erstatten seien. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger die Fehlerhaftigkeit des Bescheides vom 25. November 2011 gekannt habe bzw. diese hätte erkennen müssen, so dass er sich nicht auf Vertrauensschutz berufen könne. Im Rahmen der Ermessensabwägung sei ihr eigenes Mitverschulden berücksichtigt worden, gleichzeitig liege ein erhebliches Mitverschulden des Klägers vor, so dass 7.438,94 EUR zu erstatten sei.

Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch hielt der Kläger an seiner Begründung aus dem Anhörungsverfahren fest.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe aufgrund der zuvor erteilten Rentenbescheide gewusst, dass die Einkommensanrechnung zum Ruhen der Witwerrente führe. Bei Erhalt des Bescheides vom 25. November 2011 hätte ihm auffallen müssen, dass der Bescheid entgegen den vorangegangenen Bescheiden keine Anlage 8 mit Darstellung der Einkommensanrechnung enthielt und sich trotz gleicher Einkommenshöhe nunmehr ein monatlicher Zahlbetrag von 456,17 EUR ergab, obwohl die Witwerrente zuvor wegen des Einkommens vollständig ruhte.

Am 22. Dezember 2014 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Kassel erhoben, mit der er geltend machte, auf sämtliche Anfragen und Aufforderungen jedes Mal sein Einkommen nachgewiesen zu haben. Dass die Berechnung fehlerhaft sein könnte, sei ihm erstmals mit dem Anhörungsschreiben bekannt geworden. Dass im streitgegenständlichen Bescheid keine Anlage 8 mit Darstellung der Einkommensanrechnung beigefügt gewesen sei, habe ihn nicht weiter verwundert. Es sei ihm überhaupt nicht aufgefallen. Im Nachhinein könne er nicht sagen, ob er sich hierüber überhaupt Gedanken gemacht habe. Für ihn habe sich eine Änderung ergeben. Diese Änderung sei zu seinem Vorteil gewesen.

Mit Urteil vom 9. Dezember 2015 hat das Sozialgericht Kassel den Bescheid vom 10. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2014 aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass angesichts der Kompliziertheit der Regelung zum Hinzuverdienst bei Witwerrente nicht von grober Fahrlässigkeit ausgegangen werden könne. Dem Kläger habe nach seinen Erkenntnismöglichkeiten die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 25. November 2011 nicht "ins Auge springen" müssen. Die Frist für eine Rücknahme sei deshalb nicht gewahrt.

Gegen das am 15. Februar 2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. Februar 2016 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Zur Begründung trägt sie vor, dass der Kläger gegen seine Obliegenheit, Bescheide zu lesen und deren Inhalt zur Kenntnis zu nehmen, verstoßen habe. Dem Kläger sei aufgrund der vorausgehenden Ermittlung des Arbeitsentgelts sowie des Bescheides vom 22. Dezember 2010 und der darin enthaltenen Hinweise bekannt gewesen, dass das Einkommen zu berücksichtigen sei und zur Einstellung des Zahlungsanspruchs führe. Ihr eigenes Mitverschulden sei unbestritten und auch im Rahmen der Ermessensentscheidung insoweit ausreichend berücksichtigt worden, da nahezu von der Rückforderung der Hälfte der überzahlten Rente abgesehen worden sei.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. Dezember 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des Sozialgerichts Kassel für zutreffend. Insbesondere angesichts des erheblichen Eigenverschuldens der Beklagten dürfe ein Schluss auf bei ihm angeblich gegebene grobe Fahrlässigkeit oder gar Bösgläubigkeit nicht zulässig sein. Tatsächlich sei aus seiner Sicht alles Erforderliche getan worden, um einen inhaltlich richtigen Bescheid zu erlassen. Er habe sich daher darauf verlassen dürfen, dass der Bescheid Bestand haben würde. Sein Vertrauensschutz verbiete eine nachträgliche Aufhebung und Erstattungsforderung. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat er klargestellt, dass gegen die Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft keine Einwände erhoben werden.

Der Senat hat den Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung persönlich angehört. Hinsichtlich des Inhalts wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2017 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Rentenakte der Versicherten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG).

Die Berufung ist auch begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. Dezember 2015 ist aufzuheben. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Kassel den Bescheid der Beklagten vom 10. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2014 (§ 95 SGG) aufgehoben. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, denn die Beklagte war berechtigt, den Rentenbewilligungsbescheid vom 25. November 2011 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, weil er von Anfang an rechtswidrig war und der Rücknahme kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers gegenüber stand, und von dem Kläger die Erstattung von 7.438,94 EUR zu verlangen.

Hinsichtlich der Rücknahme des Bescheides vom 25. November 2011 mit Wirkung für die Zukunft hat der Kläger erstmals im Berufungsverfahren explizit erklärt, dagegen von Anfang an keine Einwände erhoben zu haben, so dass der Rechtsstreit insoweit durch teilweise Klagerücknahme erledigt ist (§ 102 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Nach § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Dabei ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X allerdings nicht berufen, soweit

1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe nach § 45 Abs. 2 SGB X zurückgenommen werden; bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe ist eine Rücknahme nach § 45 Abs. 2 SGB X möglich, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind (§ 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X).

Gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X wird der Verwaltungsakt nur in den Fällen des Absatzes 2 Satz 3 und des Absatzes 3 Satz 2 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

Ausgehend davon war der Bescheid vom 25. November 2011, mit dem die Beklagte eine große Witwerrente mit Dauerwirkung bewilligt hat, von Anfang an rechtswidrig. Der Kläger hatte zwar aufgrund der Vollendung des 45. Lebensjahres am xx. xxx 2011 ab dem 1. Januar 2012 nach § 46 Abs. 2 i.V.m. § 242a Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) grundsätzlich einen Anspruch auf große Witwerrente. Unter Berücksichtigung des nach § 97 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI (in der bis zum 30. Juni 2015 geltenden Fassung) anzurechnenden, nach §§ 18a bis 18e Sozialgesetzbuch, Viertes Buch (SGB IV) zu ermittelnden Einkommens ergab sich jedoch - dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig - kein Zahlbetrag der Witwerrente ab dem 1. Januar 2012.

Dass es zwischen Januar 2012 und August 2014 Änderungen in der Einkommenshöhe gegeben hat, über die der Kläger die Beklagte trotz bestehender Mitteilungspflicht nicht von sich aus informiert hat, eröffnet nicht den Anwendungsbereich des § 48 SGB X. Wenn ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung von Anfang an rechtswidrig ist, hindert dies zwar grundsätzlich nicht die Heranziehung des § 48 SGB X im Falle der nachträglichen Änderung in jenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, auf denen die Rechtswidrigkeit nicht beruht. Ist dies jedoch nicht der Fall, bleibt nur die Möglichkeit der Rücknahmeentscheidung nach § 45 SGB X (BSG, Urteil vom 2. Juni 2004, B 7 AL 58/03 R = SozR 4-4100 § 115 Nr. 1; Urteil vom 11. April 2002, B 3 P 8/01 R, juris; Hessisches LSG, Urteil vom 2. Juli 2013, L 2 R 97/12, juris). § 48 Abs. 1 SGB X ermächtigt dagegen nicht zur Rücknahme wegen solcher Tatsachen, die objektiv bereits bei Erlass des früheren Verwaltungsaktes gegeben waren (BSG, Urteil vom 28. November 1990, 4 RLw 5/90 = SozR 3-1300, § 32 Nr. 4; Urteil des erkennenden Senats vom 23. Juni 2017, L 5 R 376/14).

Der Kläger kann sich gegenüber der Rücknahme von vornherein nicht auf Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X berufen, weil einer der Tatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X vorlag, der die Notwendigkeit einer Abwägung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X ausschließt. Denn zur Überzeugung des Senats kannte der Kläger die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 25. November 2011 zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 1. Halbsatz SGB X).

Grob fahrlässig handelt nach der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 2. Halbsatz SGB X, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchtet; dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; st. Rspr. des BSG, vgl. Urteil vom 8. Februar 2001, B 11 AL 21/00 R, juris = SozR 3-1300 § 45 Nr. 45 m.w.N.). Bezugspunkt für das grobfahrlässige Nichtwissen ist schon nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, also das Ergebnis der Tatsachenfeststellung und Rechtsanwendung durch die Behörde. Auch wenn ein Antragsteller, der zutreffende Angaben gemacht hat, im Allgemeinen nicht zugunsten der Fachbehörde gehalten sein dürfte, Bewilligungsbescheide des Näheren auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, weil er davon ausgehen darf, dass eine Fachbehörde nach den für die Leistung erheblichen Tatsachen fragt und seine wahrheitsgemäßen Angaben zutreffend umsetzt (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2001, B 11 AL 21/00 R, juris, Rdnr. 25 m.w.N.), besteht doch eine Obliegenheit des Versicherten, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen, auch wenn sie nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 77/09 R, juris, Rdnr. 33 = SozR 4-1300 § 48 Nr. 18). Denn die Beteiligten haben sich gegenseitig vor vermeidbarem, das Versicherungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewahren (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2001, B 11 AL 21/00 R, juris, Rdnr. 25 = SozR 3-1300 § 45 Nr. 45; BSG; Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 77/09 R, juris, Rdnr. 33 = SozR 4-1300 § 48 Nr. 18; Hess. LSG, Urteil vom 12. März 2002, L 12 RJ 32/01, juris, Rdnr. 29).

Besteht danach zwar keine Verpflichtung, den Bescheid "näher" auf seine Richtigkeit zu prüfen, so können doch "Fehler im Bereich der Tatsachenermittlung oder im Bereich der Rechtsanwendung", auch wenn sie nicht Bezugspunkt des grobfahrlässigen Nichtwissens sind (vgl. BSG, Urteil vom 26. August 1987, 11a RA 30/86, juris = SozR 1300 § 48 Nr. 39), Anhaltspunkt für den Begünstigten sein, die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes selbst zu erkennen. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich die tatsächlichen oder rechtlichen Mängel aus dem Bewilligungsbescheid oder anderen Umständen ergeben und für das Einsichtsvermögen des Betroffenen ohne Weiteres erkennbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2001, B 11 AL 21/00 R, juris = SozR 3-1300 § 45 Nr. 45). Dabei ist auf die Abschätzung der Rechtsfolgen durch den Betroffenen nach dessen individuellem Verständigungshorizont und insoweit auf eine "Parallelwertung in der Laiensphäre" abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2009, B 11 AL 10/08 R = SozR 4-4300 § 144 Nr. 19). Auf dieser Ebene besteht die erforderliche Kenntnis, wenn der Begünstigte weiß oder wissen muss, dass ihm die zuerkannte Leistung oder anderweitige Begünstigung so nicht zusteht (vgl. Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl., § 45 Rdnr. 55). Daher kann einem Leistungsempfänger immer nur dann grobe Fahrlässigkeit im Zusammenhang mit § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vorgeworfen werden, wenn ihm der Fehler bei seinen subjektiven Erkenntnismöglichkeiten aus anderen Gründen geradezu "in die Augen springt". Das ist der Fall, wenn er aufgrund einfachster und ganz nahe liegender Überlegungen sicher die Rechtswidrigkeit hätte erkennen können (vgl. BSG, Urteil vom 26. August 1987, 11a RA 30/86 = BSGE 62, 103) oder er das nicht beachtet hat, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 1980, 7 RAr 13/79 = SozR 4100 § 152 Nr. 10). Augenfällig im vorstehenden Sinne sind Fehler zunächst, wenn die Begünstigung dem Verfügungssatz nach ohne weitere Überlegungen als unzutreffend erkannt werden kann. Darüber hinaus ist der Begründung des Verwaltungsaktes nach ein Fehler augenfällig, wenn die Fehlerhaftigkeit dem Adressaten unter Berücksichtigung seiner individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit ohne weitere Nachforschungen und mit ganz nahe liegenden Überlegungen einleuchten und auffallen muss (vgl. Schütze in: von Wulffen/Schütze, 8. Aufl., § 45 Rdnrn. 56, 57).

Daran gemessen ist dem Kläger zur Überzeugung des Senats unter den gegebenen Umständen eine Sorgfaltspflichtverletzung in besonders schwerem Maße vorzuwerfen, da bei ihm zumindest eine grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 25. November 2011 vorlag. Er verletzte die gebotene Sorgfalt, die von ihm erwartet werden konnte und musste, in besonders schwerem Maße, weil er einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellte, vielmehr davon ausging, dass die Bewilligung der Witwerrente zu Recht erfolgt war. Unter Berücksichtigung seiner individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit hätte der Kläger anhand einer einfachen Parallelwertung in der Laiensphäre jedoch erkennen können und müssen, dass der ihm zuerkannte Anspruch auf eine große Witwerrente ab Januar 2012 nicht bestand. Eines besonderen sozialversicherungsrechtlichen Wissens, das dem Kläger als gelerntem Schlosser sicherlich nicht abverlangt werden könnte, bedurfte es hierzu nicht.

Aus dem Verwaltungsverfahren bei der Beklagten war dem Kläger hinlänglich bekannt, dass die Witwerrente einkommensabhängig ist. Bei beiden persönlichen Antragstellungen, zwischen denen gerade einmal gut sieben Monate lagen, wurde ihm, da er durchgehend Einkommen aus einer abhängigen Beschäftigung erzielte, der Vordruck R665 für seinen Arbeitgeber ausgehändigt. Dass diese Angaben notwendig für eine Entscheidung waren, musste der Kläger auch deshalb wissen, weil die Beklagte den Kläger an die Rückgabe dieses Vordrucks explizit im September 2011 erinnert hatte. Darüber hinaus enthielten die Bescheide vom 22. Dezember 2010 und 18. Oktober 2011, die der Kläger nach seinen Angaben gelesen hat, die eindeutige Aussage, dass der Kläger - bis auf das Sterbevierteljahr - keine Witwerrente erhielt, weil sein anzurechnendes Einkommen zu hoch war. Dass die große Witwerrente ab dem 1. März 2011 nicht gezahlt wird, steht bereits auf Seite 1 des Bescheides vom 22. Dezember 2010. Auf Seite 3 wird in textlich hervorgehobener Weise in einem einfachen und prägnanten Satz erläutert, warum keine Zahlung der Witwerrente erfolgt: Das anzurechnende Einkommen ist zu hoch.

Bewilligt die Beklagte bei für den Kläger unverändertem Sachverhalt die Zahlung der großen Witwerrente ab 1. Januar 2012, die sie für die Zeit bis August 2011 abgelehnt hatte, so war es ohne jede Kenntnis der konkreten Einkommensanrechnung sowie der Einkommensgrenze und ohne eingehende Prüfung des Bescheides augenfällig und musste sich dem Kläger aufdrängen, dass der Bescheid vom 25. November 2011 insoweit fehlerhaft sein musste. Dafür musste es ihm noch nicht einmal auffallen, dass die Anlage 8 bei dem Bescheid vom 25. November 2011 fehlte und in der Anlage 1 keine Einkommensanrechnung aufgeführt war.

Auch ist dem Kläger nach seinem eigenen Vortrag aufgefallen, dass es zwar eine Änderung zu seinem Vorteil gegeben hat. Gleichzeitig wusste er aber, dass sich in den maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen, seinem Einkommen, nichts geändert hatte und er bei diesen Einkommensverhältnissen zuvor keine Witwerrente (nach Ablauf des Sterbevierteljahres) ausgezahlt bekommen hatte.

Es sind für den Senat bei diesem Sachverhalt keine Gründe erkennbar, die den Kläger hätten annehmen lassen dürften, er könne, bei unverändertem Einkommen, nunmehr ab dem 1. Januar 2012 eine große Witwerrente erhalten, obwohl die Zahlung bis August 2011 aufgrund der Einkommenshöhe abgelehnt worden war. Der Kläger hat dafür auch keine Gründe nennen können, wie sich aus seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung ergab.

Es musste dem Kläger deshalb bei einer einfachen Parallelwertung in der Laiensphäre "ins Auge springen", dass der Bescheid vom 25. November 2011 offensichtlich nicht richtig sein kann. "Verschließt" er davor die Augen und denkt sich - wie er vorgetragen hat - einfach gar nichts, verletzt er damit die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße. Sind die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X erfüllt, wird zum einen gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Zum anderen kann dies gemäß § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X bis zum Ablauf von zehn Jahren bzw. bei Leistungserbringung bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens auch darüber hinaus (§ 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X) geschehen. Die Begrenzung des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X auf eine Rücknahme innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntgabe entfällt.

Die Rücknahme erfolgte auch innerhalb der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X. Die Frist beginnt zu laufen, sobald dem zuständigen Sachbearbeiter der Behörde die für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen bekannt sind. Dazu gehören alle Umstände, deren Kenntnis es der Behörde objektiv ermöglicht, ohne weitere Sachaufklärung unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme zu entscheiden. Der Umfang der Kenntnis der Tatsachen richtet sich nach dem Tatbestand der Aufhebungsnorm. Im Fall der Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts (§ 45 SGB X) setzt diese voraus, dass die Behörde nicht nur Kenntnis der Tatsachen hat, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts ergibt, sondern auch sämtliche für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig kennt (vgl. BSG, Urteil vom 31. Januar 2008, B 13 R 23/07 R, juris, Rdnr. 24). Eine solche Kenntnis hatte die Beklagte erst nach Durchführung der Anhörung am 15. August 2014, denn erst danach waren ihr alle Umstände bekannt, die für die Feststellungen zur groben Fahrlässigkeit oder zum Ermessen notwendig waren.

Das nach § 45 Abs. 1 SGB X im Rahmen der Entscheidung über die Rücknahme auszuübende Ermessen hat die Beklagte ohne Fehler betätigt. Für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung ist es gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I) erforderlich, dass der Verwaltungsträger sein Ermessen überhaupt betätigt und er es entsprechend dem Zweck der Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens ausübt. Korrespondierend hierzu hat der von der Ermessensentscheidung Betroffene einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Nur in diesem - eingeschränkten - Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung nach Maßgabe des § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG der gerichtlichen Kontrolle auf Ermessensfehler. Rechtswidrig können Verwaltungsakte demnach nur in den Fällen des Ermessensfehlgebrauchs (entweder in Gestalt des Ermessensnichtgebrauchs oder in Gestalt der Ermessensüberschreitung) sein (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 1994, 4 RA 42/94 = SozR 3-1200 § 39 Nr. 1). Die Frage, ob und in welcher Weise Ermessen ausgeübt wurde, beurteilt sich nach dem Inhalt des Rücknahmebescheides, insbesondere nach seiner Begründung (§ 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Diese muss erkennen lassen, dass eine Ermessensentscheidung getroffen wurde, und sie muss darüber hinaus grundsätzlich auch diejenigen Gesichtspunkte aufzeigen, von denen der Verwaltungsträger bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 1994, 7 RAr 14/93 = SozR 3-1300 § 45 Nr. 20). Dafür ist zu prüfen, ob die Beklagte für die zur Ausschöpfung ihres Ermessensspielraums notwendige Interessenabwägung alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen (öffentlichen und privaten) Abwägungsbelange ermittelt, in diese Abwägung eingestellt, mit dem ihnen zukommenden objektiven Gewicht bewertet und bei widerstreitenden (öffentlichen und privaten) Belangen einen angemessen Ausgleich hergestellt hat. Dabei steht es der Behörde – in den gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens – grundsätzlich frei zu entscheiden, auf welche der abwägungsrelevanten Umstände sie die zu treffende Ermessenentscheidung im Ergebnis stützen möchte (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013, B 12 R 14/11 R, juris, Rdnr. 30 m.w.N. = SozR 4-1300 § 45 Nr. 15).

Diesen Anforderungen entspricht die Ermessensausübung der Beklagten. In dem Bescheid vom 10. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Dezember 2014 hat die Beklagte unter Würdigung der von dem Kläger vorgebrachten Argumente das eingeräumte Ermessen innerhalb des ihr zustehenden Spielraums unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Norm betätigt und dabei alle abwägungrelevanten Belange öffentlicher und privater Interessen geprüft. Insbesondere hat die Beklagte ihren eigenen ("normalen") Verwaltungsfehler als abwägungsrelevanten Belang im Rahmen der Ermessensausübung berücksichtigt und diesem ein solches Gewicht beigemessen, dass sie deshalb von fast der Hälfte der Rückforderung abgesehen hat. Dass vor diesem Hintergrund etwa (andere) wesentliche Tatsachen in die Interessenabwägung nicht eingestellt oder einbezogene abwägungsrelevante Tatsachen objektiv fehlerhaft gewichtet wurden (sog. Abwägungsfehleinschätzung) oder zwischen widerstreitenden Belangen kein angemessener Ausgleich hergestellt wurde (sog. Abwägungsdisproportionalität), ist nicht ersichtlich und wird von dem Kläger auch nicht geltend gemacht.

Die in dem streitigen Bescheid auch enthaltene Erstattungsforderung ist ebenfalls rechtmäßig. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist Voraussetzung für die Rückforderung der für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 30. September 2014 überzahlten Witwerrente lediglich, dass der sie bewilligende Verwaltungsakt aufgehoben wurde und der Rechtsgrund für diese Leistung dadurch nachträglich entfallen ist. Das ist hier der Fall.

Nach alledem musste die Berufung der Beklagten Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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