L 7 AL 117/05

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 11 AL 1540/03
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AL 117/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7/7a AL 10/06 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 4. April 2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) wegen fehlender Bedürftigkeit nicht gegeben war und die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Alhi aufgehoben und die Erstattung von Leistungen und Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung angeordnet hat.

Die 1948 geborene Klägerin gab zum 31. Dezember 1997 ihre Beschäftigung als Verkäuferin bei der Firma C. aus gesundheitlichen Gründen auf und bezog anschließend von der Beklagten mit Unterbrechungen antragsgemäß Arbeitslosengeld. Am 8. Januar 2002 beantragte sie Alhi, wobei sie die Formularfrage zu 8.3 "über welche Konten bzw. Geldanlagen verfügen Sie, Ihr Ehegatte bzw. Ihr Partner?" zu a) "Girokonten" mit "nur Überziehungszinsen" und die Frage betreffend Sparbücher, Sparbriefe, Wertpapiere, Lebensversicherungen, Bausparverträge jeweils mit "Nein" beantwortete. Am 12. Februar 2002 stellte sie einen weiteren Antrag auf Alhi, nachdem sie zwischenzeitlich arbeitsunfähig erkrankt war. Auch in diesem Antrag verneinte sie Fragen bezüglich anrechenbaren Vermögens. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 6. März 2002 Alhi ab dem 13. Februar 2002 in Höhe von 19,30 EUR täglich.

Durch Mitteilung des Zentralamts der Beklagten vom 16. Dezember 2002 wurde dem Arbeitsamt A-Stadt das Ergebnis des Datenabgleichs zwischen dem Bundesamt für Finanzen und der Beklagten gemäß § 45d des Einkommenssteuergesetzes bekannt gegeben, demzufolge die Klägerin zwei Freistellungsaufträge betreffend ein Konto bei der A-Stadter D. e.G. mit einem Kapitalertrag von 3.100,00 DM sowie bei der E. Sparkasse A-Stadt mit einem Kapitalertrag von 58,00 DM erteilt habe. Die Beklagte hörte die Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 6. Januar 2003 zum Sachverhalt an, die in ihrem Folgeantrag auf Alhi vom 17. Februar 2003 ihre Angaben zu anrechenbarem Vermögen wiederholte und dazu ein Schreiben der E. Sparkasse vom 24. Januar 2003 betreffend ihre Erträge aus Guthaben und Einlagen sowie eine Erklärung ihrer Mutter F. A. vom 30. Januar 2003 vorlegte, in welcher diese ausführte: "Hiermit erkläre ich, dass die Geldanlage am 20.12.01 von 15.000,- DM, Laufzeit 6 Monate u. die Geldanlage am 20.12.01 von 55.000,- DM, Laufzeit 12 Monate mein Geld war. Der Hintergrund der Anlage auf den Namen meiner Tochter A. A. war, dass meine anderen Töchter oft von mir Geld geliehen haben wollten, was ich dadurch vermeiden wollte. Die beiden Anlagen sind mir ausgezahlt u. die Konten aufgelöst worden. Dies erkläre ich wahrheitsgemäß. 30.01.2003 F. A ..." Ferner fügte die Klägerin weitere Unterlagen betreffend ihrer Geldanlagen sowie die Freistellungsaufträge bei. Mit Schreiben vom 4. März 2003 befragte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich des Ursprungs des Vermögens in Höhe von 70.000,00 DM sowie bezüglich der Verfügungen über beide Konten (Schließung bzw. Übertragung innerhalb desselben Instituts) und forderte die Klägerin außerdem auf, den Verbleib ihrer Abfindungssumme in Höhe von 43.000,00 DM, die sie anlässlich der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1997 erhalten hatte, nachzuweisen. Unter Vorlage eines Schreibens der E. vom 13. März 2003 erwiderte die Klägerin daraufhin, dass ein Sparkassenbuch am 20. Juni 2002 aufgelöst worden sei und dass das Guthaben des weiteren Sparkassenbuches auf 5.000,00 EUR reduziert und neu angelegt sei und im Januar 2003 schließlich auf ihre Mutter F. A. umgeschrieben worden sei. Ferner brachte sie eine Auflistung der von ihrer Mutter an sie geleisteten Darlehensbeträge in Höhe von 80.250,00 DM bei und legte einen notariellen Kaufvertrag betreffend ein Grundstück in A Stadt X. vom Frühjahr 2000 mit einem Kaufpreis von 650.000,00 DM vor, von welchem an die Klägerin ein Betrag von 243.750,00 DM flossen. Die Klägerin führte hierzu aus, von diesem Betrag seien Verbindlichkeiten und unter anderem Rückforderungen des Sozialamtes beglichen worden und ein Rest von 70.000,00 DM schließlich angelegt worden. Ihre Abfindung sei bereits nach einem Jahr verbraucht gewesen.

Mit Schreiben vom 20. März 2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach gegebener Sachlage habe diese in der Zeit vom 13. Februar 2002 bis zum 20. Juni 2002 Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von 2.470,40 EUR zu Unrecht bezogen und seien für diesen Zeitraum an die Kranken- und Pflegekassenbeiträge in Höhe von 592,04 EUR bzw. 42,01 EUR entrichtet worden, und hörte die Klägerin hierzu an. Mit Schreiben vom selben Tage wurde die Klägerin des Weiteren hinsichtlich ihrer Zinseinnahmen in Höhe von 937,40 EUR und deren Anrechnung in Höhe von 30,10 EUR wöchentlich auf die Alhi angehört. Die Klägerin teilte daraufhin mit, sie habe sämtliche Unterlagen beigebracht einschließlich der wahrheitsgemäßen Erklärung ihrer Mutter, dass die 70.000,00 DM dieser gehörten und die Summe lediglich auf den Namen der Klägerin angelegt worden sei. Sie habe ihrer Mutter ca. 80.000,00 DM zurückzugeben gehabt und 70.000,00 DM am 20. Dezember 2001 zurückgezahlt.

Mit Bescheiden vom 22. April 2003 nahm die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 13. Februar 2002 bis zum 20. Juni 2002 zurück, da die Klägerin wegen ihres Vermögens nicht bedürftig gewesen sei und sie in ihrem Antrag zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe. Die für die genannte Zeit geleistete Alhi in Höhe von 2.470,40 EUR sei zu erstatten, desgleichen die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von zusammen 634,05 EUR. Mit weiterem Bescheid vom 22. April 2003 hob die Beklagte ihre Bewilligungsentscheidung für die Zeit vom 21. Juni 2002 bis zum 24. Januar 2003 teilweise in Höhe von 937,40 EUR auf, da die von der Klägerin erzielten Zinseinnahmen in Höhe von 30,10 EUR wöchentlich auf die Alhi ab 21. Juni 2002 anzurechnen gewesen seien.

Die Klägerin widersprach am 16. Mai 2003 mit der Begründung, sie habe von 1989 bis 1999 insgesamt 80.250,00 DM von ihrer Mutter als Darlehen erhalten und darauf aus der Erbschaft 70.000,00 DM zurückgezahlt. Ihre Mutter habe nicht gewollt, dass zwischen der Klägerin und ihren vier Geschwistern familiäre Streitigkeiten auftreten, falls die anderen Geschwister von dem hohen Geldbetrag erführen; sie habe es deshalb als beste Lösung angesehen, das Geld auf den Namen der Klägerin anzulegen, der seitens ihrer Mutter besonderes Vertrauen entgegengebracht worden sei. Man müsse deswegen vorliegend von einer fremdnützigen Treuhand ausgehen. Eine entsprechende Erklärung der F. A. vom 14. März 2003 fügte die Klägerin bei.

Mit Bescheid vom 26. August 2003 gewährte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Juni 2002.

Mit Bescheid vom 21. November 2003 wies die Beklagte die Widersprüche vom 16. Mai 2003 zurück. Das strittige Vermögen sei als das der Klägerin anzusehen, sie habe während des streitigen Zeitraumes die Konten unterhalten und das Vermögen sei während des gesamten Zeitraumes noch vorhanden gewesen. Die Klägerin könne mit dem Vortrag, es habe sich um Geld ihrer Mutter gehandelt, nicht gehört werden, denn derjenige, der den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft setze, müsse sich hieran auch im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung gemäß § 193 SGB III festhalten lassen.

Mit am 20. Dezember 2003 beim Sozialgericht Wiesbaden (SG) erhobener Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Sie habe die Fragen auf dem Formular wahrheitsgemäß beantwortet, denn es habe sich nicht um ihr Vermögen gehandelt.

Vom SG wurde die Klage nach vorheriger Anhörung durch Gerichtsbescheid vom 4. April 2005 aus den Gründen des Widerspruchsbescheides abgewiesen. Ergänzend ist ausgeführt, es könne dahingestellt bleiben, ob die Mutter der Klägerin an dem streiterheblichen Vermögen das behauptete Eigentum habe, denn auch fremdes Vermögen sei einem Arbeitslosen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung dann zurechenbar, wenn dieser es in eigenem Namen verdeckt treuhänderisch verwalte (Bezugnahme auf Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 9. Mai 2001 – L 6 AL 432/00). Die Klägerin habe in ihrem Antrag auch mindestens grob fahrlässig falsche Angaben zu dem Vermögen gemacht, denn im Formblatt sei nach Tatsachen gefragt worden, welche dem juristischen Laien nicht zweifelhaft hätten sein können: "Über welche Konten bzw. Geldanlagen verfügen Sie?" und "Haben Sie Freistellungsaufträge erteilt?". Dies belege wahrheitswidrige Tatsachenangaben gegenüber der Beklagten und verpflichte die Klägerin zur Erstattung der zu Unrecht erlangten Leistungen. Darüber hinaus sei die Arbeitslosenhilfebewilligung auch durch die Rentenbewilligung ab 1. Juni 2002 durch den Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte rechtswidrig geworden, wobei das Erstattungsverhältnis der Beklagten zur BfA nachrangig abzuwickeln gewesen sei. Auf die Gründe wird ergänzend Bezug genommen. Die Zustellung erfolgte am 8. April 2005.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 6. Mai 2005, eingegangen beim Hessischen Landessozialgericht am 7. Mai 2005, Berufung eingelegt. Sie verfolgt ihr Begehren im Wesentlichen unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags weiter, dass sie die Fragen nach dem eigenen Vermögen wahrheitsgemäß beantwortet habe.

Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 4. April 2005 und die Bescheide der Beklagten vom 22. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Inhalt des angefochtenen Gerichtsbescheides für zutreffend.

Aus den Verwaltungsakten der Beklagten ist ersichtlich, dass ein auf Anzeige der Beklagten eröffnetes Strafverfahren in zweiter Instanz durch Einstellungsbeschluss der 4. Strafkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 1. Februar 2005 gemäß § 153 a Abs. 2 StPo seine Erledigung fand. Die endgültige Einstellung des Verfahrens wurde von einer Schadenswiedergutmachung der Klägerin an die Beklagte in Höhe von 2.000,00 EUR abhängig gemacht.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der mit Verfügung vom 6. März 2002 ausgesprochenen Bewilligung von Alhi, ist, soweit auf den Bestand des der Klägerin im Dezember 2001 zugeflossenen Sparvermögens abgestellt wird, § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch: Verwaltungsverfahren (SGB X) i.V.m. § 330 Abs. 2 und 3 des Sozialgesetzbuchs – Drittes Buch: Arbeitsförderung (SGB III). Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, im Falle seiner Rechtswidrigkeit nur unter der Einschränkung der Abs. 2 – 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Der Begünstigte kann sich jedoch insbesondere dann nicht mit Erfolg auf Vertrauen in die Bestandskraft des rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts berufen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). § 45 SGB X regelt somit die Rücknahme von Verwaltungsakten, die von Anfang an rechtswidrig gewesen sind, also bereits bei ihrem Erlass nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, denn der Bewilligungsbescheid vom 6. März 2002 stellt sich als rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt dar. Rechtswidrig ist dieser Verwaltungsakt, weil der Klägerin mangels Bedürftigkeit kein Anspruch auf Alhi zustand.

Eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi ist gemäß § 193 SGB III die Bedürftigkeit des Arbeitslosen. Nicht bedürftig im Sinne dieser Vorschrift ist ein Arbeitsloser, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt ist. Unter welchen Voraussetzungen die Gewährung von Alhi mit Rücksicht auf die Vermögensverhältnisse offenbar nicht gerechtfertigt ist, konkretisieren die §§ 6 ff. der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (Alhi-VO) vom 7. August 1974 (BGBl. I. S. 1929; vgl. BSG SozR 3-4300 § 193 Nr. 2 m.w.N). Nach § 6 Abs. 1 Alhi-VO ist das Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, jeweils 8.000,00 DM übersteigt. Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift ist Vermögen insbesondere verwertbar, soweit seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Es ist nicht verwertbar, soweit der Inhaber des Vermögens in der Verfügung beschränkt ist und die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann (Abs. 2 Satz 2). Die Verwertung ist zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens und seiner Angehörigen billigerweise erwartet werden kann (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Alhi-VO). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist als Vermögen im Sinne der Alhi-Vorschriften der gesamte Bestand an Sachen oder Rechten in Geld- oder Geldeswert in der Hand des Berechtigten anzusehen (BSG SozR 4100 § 138 Nr. 3; SozR 3-4220 § 6 Nrn. 8 u. 9).

Zum Vermögen der Klägerin gehörte im Zeitpunkt der mit Bescheid vom 6. März 2002 ausgesprochenen Bewilligung von Arbeitslosenhilfe das im Dezember 2001 überwiesene Sparguthaben in Höhe von 15.000,00 DM und 55.000,00 DM (einschließlich der darauf in den Folgezeiträumen entfallenen Zinsen). Die Sparbücher waren auf den Namen der Klägerin eingerichtet. Sie hat zugleich die Freistellungsaufträge erteilt. In Anbetracht der Gesamtumstände - namentlich der erhaltenen Abfindung in Höhe von 43.000,00 DM sowie des Zuflusses des anteiligen Kaufpreises aus dem Hausverkauf in Höhe von 243.000,00 DM, ferner fehlender Urkunden über die behauptete Ablösung von Verbindlichkeiten mit Ausnahme der Bescheinigung ihrer Mutter - spricht für den Senat der äußere Schein für die volle Vermögensinhaberschaft der Klägerin.

Diese Frage kann indes dahingestellt bleiben. Denn die Klägerin hat nicht behauptet, dass bei der Einrichtung der Konten etwa Verfügungsbeschränkungen publiziert worden seien. Selbst wenn man also die Richtigkeit der Darstellung der Klägerin und ihrer Mutter unterstellen würde, käme vorliegend allenfalls die Rechtsfigur einer "verdeckten Treuhand" zur Anwendung. Insoweit hält der Senat jedoch an seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass derjenige, der – und sei es als verdeckter Treuhänder – den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft erzeugt, sich hieran auch im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung durch Sozialleistungsträger festhalten lassen muss. Zwar wird der Treuhänder unter Umständen gezwungen, das ihm zur Verfügung stehende Treugut für seinen Lebensunterhalt zu verwerten, weshalb er möglicherweise wirtschaftlich außerstande gesetzt wird, den Anspruch des Treugebers nach § 667 BGB zu befriedigen, jedoch entspricht es der Rechtssystematik ebenso wie billiger Interessenabwägung, das wirtschaftliche Risiko der Durchsetzbarkeit des Herausgabeanspruchs nach § 667 BGB dem Treugeber aufzubürden, der das verdeckte Treuhandverhältnis ermöglicht hat und auch die Vorteile hieraus zieht (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 13. Juni 2005 - L 7/10 AL 1217/02; Urteil vom 19. November 2004 - L 10 AL 1160/03 - im Anschluss an das Urteil des 6. Senats des HLSG vom 9. Mai 2001 - L 6 AL 432/00; ebenso LSG NRW vom 16. Januar 2002 - L 12 AL 40/01; LSG Brandenburg vom 27. Juni 2003 - L 10 AL 4/02).

Angesichts dieser Umstände des vorliegenden Falles steht für den erkennenden Senat zugleich fest, dass die Klägerin ihre falschen Angaben gegenüber der Beklagten zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hatte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Ziff. 2 SGB X), denn sie hat die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Als sie ihre Anträge auf Arbeitslosenhilfe unterschrieb, war der Geldzufluss auf den Konten jedoch bereits erfolgt und ihr diese Tatsache bekannt. In den von der Klägerin verwandten Antragsformularen der Beklagten wird unmissverständlich nach Bargeld und Bankguthaben gefragt, gleichwohl hat sie den Besitz der streitgegenständlichen Sparbücher geleugnet. Selbst wenn sie dabei der Meinung gewesen sein sollte, das Vermögen gehöre nicht ihr, sondern ihrer Mutter, so entsprach es doch einer einfachsten und nahe liegenden Überlegung, die entsprechenden Bankguthaben offen zu legen, damit die Beklagte überhaupt eine rechtliche Bewertung im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung vornehmen konnte. Die subjektive Urteils- und Kritikfähigkeit der Klägerin, die einen kaufmännischen Beruf ausgeübt hatte, war auch nicht eingeschränkt.

Nach allem liegen somit die Rechtsvoraussetzungen für die rückwirkende Aufhebung der Alhi-Bewilligung vor. Für Ermessenserwägungen lässt die Vorschrift des § 330 Abs. 2 SGB III keinen Raum. Die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X wurde von der Beklagten eingehalten. Die Rücknahme der Alhi-Bewilligungen hat ohne weiteres zur Folge, dass die Klägerin verpflichtet ist, die für diese Zeiträume erhaltenen Leistungen zurückzuzahlen. Nach § 50 Abs. 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit - wie hier - ein Verwaltungsakt aufgehoben wurde. Infolge der rückwirkenden Aufhebung der Alhi-Bewilligung ist die Klägerin auch verpflichtet, der Beklagten die von ihr für diese Zeiträume an die Krankenkasse entrichteten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten. Diese Verpflichtung folgt aus § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III.

Aus alledem ergibt sich, dass die Beklagte in ihren angefochtenen Bescheiden das Recht zutreffend angewandt hat. Anhaltspunkte für Fehler in den Berechnungen der Beklagten vermag der Senat nicht zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision hat der Senat gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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