Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 4 R 371/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 163/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei der Vergabe einer neuen Versicherungsnummer unter Zugrundelegung eines geänderten Geburtsdatums hat der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 33a SGB I die Anknüpfung an das wahre Geburtsdatum aufgegeben und das im Geltungsbereich des SGB für altersabhängige Rechte und Pflichten maßgebende Geburtsdatum eigenständig definiert (vgl. BSG, Urteil vom 5. April 2001, B 12 RJ 35/00, juris, Rn. 32; Anschluss an Hessisches LSG, Urteil vom 7. März 2014, L 5 R 504/13).
2. Maßgeblich ist insbesondere die Erstangabe des Geburtsdatums durch den Berechtigten oder Verpflichteten (oder seiner Angehörigen) gegenüber einem Sozialleistungsträger (§ 33a Abs. 1, 1. Alt. SGB I), unabhängig von dessen konkreter Zuständigkeit.
2. Maßgeblich ist insbesondere die Erstangabe des Geburtsdatums durch den Berechtigten oder Verpflichteten (oder seiner Angehörigen) gegenüber einem Sozialleistungsträger (§ 33a Abs. 1, 1. Alt. SGB I), unabhängig von dessen konkreter Zuständigkeit.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. April 2016 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine neue Versicherungsnummer unter Zugrundelegung eines Geburtsdatums am X.Y.1951 anstelle des bisher berücksichtigten Geburtsdatums am X.Y.1963 zu erteilen.
Der aus Äthiopien stammende Kläger lebt nach seinen Angaben seit 22. März 1983 in Deutschland. Zunächst war er als Asylberechtigter anerkannt, am 22. Januar 1993 wurde er eingebürgert und besitzt seitdem die deutsche Staatsangehörigkeit.
Am 26. April 1984 vergab die Beklagte die Versicherungsnummer WW WWWW63 W WWW unter Verwendung des Geburtsdatums X.Y.1963. Die Beklagte vergab für den Kläger weitere Versicherungsnummern jeweils unter Zugrundelegung dieses Geburtsdatums, die 1994 bzw. 1995 wieder stillgelegt wurden. Sowohl in der Heiratsurkunde über seine Eheschließung am 19. September 1988 als auch im Familienbuch war als Geburtsdatum der X.Y. 1963 eingetragen.
Aus dem Versicherungsverlauf des Klägers ergeben sich erstmals Versicherungszeiten ab 6. März 1984. Für den Zeitraum vom 6. März 1984 bis 12. Oktober 1985 ist mit tageweisen Unterbrechungen eine Anrechnungszeit bei Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug vermerkt. Ab 14. Oktober 1985 bis 22. März 1986 schließt sich eine Pflichtversicherungszeit aufgrund Beschäftigung an. Dem Versicherungsverlauf sind weitere, später zurückgelegte Zeiten zu entnehmen.
Am 10. Dezember 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten, sein Geburtsdatum auf den X.Y.1951 zu ändern und eine neue Versicherungsnummer zu vergeben. Zur Begründung fügte er den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 14. August 2013 bei, nach dem das Standesamt – Mitte – in Frankfurt am Main angewiesen wurde, die Geburtsdaten des Klägers im Heirats- und Familienbuch auf das Geburtsdatum X.Y.1951 zu berichtigen. Wie aus den Beschlussgründen hervorgeht, behauptete der Kläger, am X.Y.1946 geboren zu sein. Gestützt auf ein rechtsmedizinisches Gutachten des Universitätsklinikums Düsseldorf vom 30. April 2013 ging das Amtsgericht davon aus, dass der Kläger nicht am X.Y.1963 geboren sei. Ausweislich des Gutachtens läge der wahrscheinliche Geburtszeitraum zwischen 1947 und 1955, so dass das Geburtsdatum auf den Mittelwert, also den X.Y.1951, festgelegt werde.
Der Kläger legte zudem eine am 21. November 2013 ausgestellte Eheurkunde in Kopie vor, die das berichtigte Geburtsdatum ausweist. Ebenso legte er eine Kopie seines am 25. November 2013 ausgestellten und hinsichtlich des Geburtsdatums auf den X.Y.1951 berichtigten Reisepasses vor.
Mit Bescheid vom 1. April 2014 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Änderung der Versicherungsnummer ab. Für die gesetzliche Rentenversicherung sei nach § 33a Erstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB I – das Geburtsdatum maßgeblich, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten gegenüber einem Sozialleistungsträger oder gegenüber einem Arbeitgeber ergebe. Von diesem Geburtsdatum dürfe nur bei einem Schreibfehler oder aufgrund von Urkunden, deren Original vor dem Zeitpunkt der ersten Angabe ausgestellt worden sei und aus denen sich ein anderes Geburtsdatum ergebe, abgewichen werden. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor, da die Versicherungsnummer entsprechend der ursprünglichen Angaben des Klägers gebildet worden sei.
Der hiergegen am 9. April 2014 erhobene Widerspruch, den der Kläger im Wesentlichen damit begründete, dass das Amtsgericht Frankfurt am Main nach intensiven gesundheitlichen Untersuchungen und Begutachtungen das Geburtsdatum berichtigt habe und die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden müssten, blieb ohne Erfolg. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie unter Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften im Wesentlichen aus, dass ein Anspruch auf die Neuvergabe einer Versicherungsnummer insbesondere nur bestehe, wenn die vergebene Versicherungsnummer aufgrund einer nach § 33a SGB I zu berücksichtigenden Änderung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sei. Diese Voraussetzungen lägen aber nicht vor. Eine Personenstandsurkunde oder eine andere Urkunde, die geeignet sei, das Geburtsdatum nachzuweisen und die vor dem Zeitpunkt der ersten Angabe des Geburtsdatums ausgestellt worden sei, habe der Kläger nicht vorgelegt. Zudem habe er nicht nachgewiesen, dass er bei der ersten Angabe seines Geburtsdatums bei einem Sozialleistungsträger ein anderes Geburtsdatum als den X.Y.1963 benannt habe und es sich um einen Schreibfehler handele. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Dokumente und der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main stellten keine älteren Urkunden i.S.v. § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I dar. Diese Vorschrift lasse überdies nur den Urkundenbeweis zu, so dass ein rechtsmedizinisches Gutachten ungeeignet sei.
Mit der hiergegen am 11. August 2014 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhobenen Klage machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass in Äthiopien bis vor ca. 15 bis 20 Jahren keine Geburtsurkunden ausgestellt worden seien. So sei auch für ihn erst im Jahr 1999 eine Geburtsurkunde mit dem Geburtsdatum X.Y.1946 erstellt und vom dortigen Sozialgericht bestätigt worden. Weiterhin hätte er sich bei der Angabe seines Geburtsdatums im Jahre 1983 aufgrund eines ihm unbekannten Unterschiedes des julianischen und des gregorianischen Kalenders bei der Umrechnung des Geburtsdatums geirrt und habe anstatt dem X.Y.1946 den X.Y.1963 angegeben. Bei einer vorzunehmenden Einzelfallprüfung sei zu berücksichtigen, dass er als Asylsuchender aus Äthiopien ohne Papiere nach Deutschland gekommen sei. Da das Geburtsjahr 1963 falsch gewesen sei, habe er erst in seinem Heimatland und danach in Deutschland das Verfahren der Berichtigung durchführen müssen. Das Geburtsdatum mit dem Jahr 1963 sei zum ersten Mal im Asylverfahren eingetragen worden. Er habe der Beklagten gegenüber keine Angaben zu seinem Geburtsdatum gemacht. Die Angaben stammten vielmehr aus Mitteilungen Dritter, d.h. der Ausländerbehörde oder des Auswärtigen Amtes, so dass sich die Beklagte nicht darauf berufen könne, ihm sei die Versicherungsnummer auf der Grundlage seiner ursprünglichen Angaben erteilt worden. Ihm sei folglich eine neue Versicherungsnummer mit geändertem Geburtsdatum mit dem Geburtsjahr 1951 zu vergeben.
Mit Gerichtsbescheid vom 28. April 2016 wies das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage ab und führte insbesondere aus, dass die Voraussetzungen des § 33a SGB I nicht gegeben seien. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass er gegenüber den Sozialversicherungsträgern keine Angaben zu seinem Geburtsdatum gemacht habe. Die Argumentation des Klägers, nur gegenüber den Ausländerbehörden und dem Auswärtigen Amt Angaben zu seinem Geburtsdatum gemacht zu haben, sei nicht überzeugend. Wie sich aus den Versicherungszeiten ergebe, habe der Kläger ab 1984 Zeiten des Leistungsbezugs bei Arbeitslosigkeit und auch in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis unter dem Geburtsdatum X.Y.1963 zurückgelegt. Die unbeanstandete Nutzung des Geburtsdatums stehe im Rahmen des § 33a SGB I der Angabe gleich. Auch habe dem Kläger bewusst sein müssen, dass das Geburtsdatum auch bei der Beklagten geführt werde.
Auch ein Schreibfehler oder ein rein offensichtlicher Rechenfehler liege nicht vor, da ein offensichtlicher Umrechnungsfehler nicht nachvollzogen werden könne.
Der Kläger könne auch keine Urkunden vorlegen, die vor 1984 ausgestellt worden seien und ein anderes Geburtsdatum als den X.Y.1963 enthielten. Selbst wenn ein solches Dokument vorgelegt werden könnte, fehle ein Nachweis im Sinne des Vollbeweises, dass das gewünschte Geburtsdatum am X.Y.1951 das tatsächliche Geburtsdatum sei, da es lediglich aus einem Mittelwert des wahrscheinlichen Geburtszeitraums gebildet worden sei.
Gegen den am 2. Mai 2016 zugestellten Gerichtsbescheid legte der Kläger am 30. Mai 2016 Berufung ein.
Ergänzend trägt er im Berufungsverfahren vor, dass er entgegen den Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichtsbescheids nicht die Versicherungsnummer ohne Beanstandung geführt habe. Es habe aber erst der Durchführung des Berichtigungsverfahrens bedurft. Er dürfe insoweit nicht schlechter gestellt werden als ein im Inland geborener Versicherter.
Schließlich sei der Nachweis im Vollbeweis nicht erforderlich, sondern es genüge der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit, wie sich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entnehmen lasse. Das vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main eingeholte Gutachten hätte die Fehlerhaftigkeit des Geburtsjahres 1963 festgestellt. Die Feststellung und Entscheidung des Amtsgerichts, das Geburtsjahr auf 1951 zu berichtigen, erfüllten die Voraussetzungen des Vollbeweises. Im Übrigen sei das Geburtsdatum zwischenzeitlich überall auf den X.Y.1951 berichtigt worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. April 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2014 zu verpflichten, ihm eine neue Versicherungsnummer mit dem Geburtsdatum X.Y.1951 zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend und verbleibt im Wesentlichen bei ihren Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden.
Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte mit Schreiben vom 2. Februar 2018 mitgeteilt, dass nicht mehr nachvollzogen werden könne, auf welcher Angabe/Mitteilung die Vergabe der Versicherungsnummer 1984 erfolgt sei. Die erste Meldung im Versicherungskonto des Klägers ab 6. März 1984 sei durch die Agentur für Arbeit Fulda (gemeint ist wohl das Arbeitsamt) ohne Angabe des dortigen Aktenzeichens erfolgt.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 24. April 2018 ausgeführt, dass sein Arbeitsverhältnis aufgrund Erreichens der Altersgrenze zum 31. März 2018 geendet habe. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main habe dies mit Urteil vom 9. Juni 2017, 4 Ca 1305/17 bestätigt. Da er keine Rente beziehen könne, sei er auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) angewiesen.
In der mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2018 hat der Senat den Kläger zu den Einzelheiten seiner Angaben gegenüber dem Arbeitsamt Fulda befragt. Auf die Sitzungsniederschrift wird insoweit Bezug genommen.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. April 2016 ist nicht zu beanstanden. Im Ergebnis hat es zu Recht die Klage abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer unter Berücksichtigung eines geänderten Geburtsdatums hat. Der dies ablehnende Bescheid der Beklagten vom 1. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2014 (§ 95 SGG) ist insoweit rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG.
Der Kläger verfolgt sein Begehren zulässigerweise im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG), denn jedenfalls die Neuvergabe einer Versicherungsnummer stellt einen Verwaltungsakt dar (vgl. BSG, Urteil vom 5. April 2001, B 13 RJ 35/00 R, BSGE 88, 89 = SozR 3-1200 § 33a Nr. 4).
Rechtsgrundlage für die Neuvergabe einer Versicherungsnummer sind § 147 und § 152 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) i.V.m. § 3 Abs. 1 der Verordnung über die Versicherungsnummer, die Kontoführung und den Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung (Versicherungsnummern-, Kontoführungs- und Versicherungsverlauf-Verordnung - VKVV) vom 30. März 2001 (BGBl I, S. 475). Nach § 147 Abs. 1 Satz 1 SGB VI kann die Datenstelle der Träger der Rentenversicherung für Personen eine Versicherungsnummer vergeben, wenn dies zur personenbezogenen Zuordnung der Daten für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe nach diesem Gesetzbuch erforderlich oder dies durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmt ist. Für die nach diesem Buche versicherten Personen hat sie eine Versicherungsnummer zu vergeben (§ 147 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach § 147 Abs. 2 SGB VI setzt sich die Versicherungsnummer u.a. auch aus dem Geburtsdatum zusammen. Die auf Grundlage der nach § 153 Nr. 3 SGB VI erlassene VKVV regelt in § 3 Abs. 1 das Nähere über die Berichtigung der Versicherungsnummer. Hiernach wird eine Versicherungsnummer nur einmal vergeben und nicht berichtigt (Satz 1). Versicherungsnummern, in denen das Geburtsdatum oder die Seriennummer unrichtig sind oder Versicherungsnummern, die aufgrund einer nach § 33a SGB I zu berücksichtigenden Änderung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sind, werden gesperrt (Satz 2). Die Versicherten erhalten eine neue Versicherungsnummer (Satz 3).
Welches Geburtsdatum Bestandteil der Versicherungsnummer ist, richtet sich nach § 33a SGB I. Nach § 33a Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 SGB I ist sowohl für die Herleitung von Rechten und Pflichten, die das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze voraussetzen, als auch für die Versicherungsnummer das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des Dritten oder Sechsten Abschnitts des Vierten Buches (des Sozialgesetzbuchs) handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt.
§ 33a SGB I soll die missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen in Fällen vermeiden, in denen aufgrund einer Änderung von Geburtsdaten ein längerer Bezug von Sozialleistungen oder ein früherer Bezug derselben beantragt wird. Hintergrund dieser Regelung ist, dass ausländische Rechtsordnungen die Möglichkeit vorsehen, das Geburtsdatum durch eine gerichtliche Entscheidung nachträglich zu ändern, was im deutschen Sozialrecht zu Vorteilen führen kann, die in der jeweiligen ausländischen Rechtsordnung nicht damit verbunden sind (vgl. BT-Drucks. 13/8994, S. 67; Hessisches LSG, Urteil vom 15. Februar 2010, L 2 R 362/09). Mit § 33a SGB I hat der Gesetzgeber die Anknüpfung an das "wahre" Geburtsdatum aufgegeben und - zur Vermeidung einer dafür besonders verwaltungsintensiven Prüfung und um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen vorzubeugen - das im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs für altersabhängige Rechte und Pflichten maßgebende Geburtsdatum eigenständig definiert (BSG, a.a.O., unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/8994, a.a.O.; siehe auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Juni 2014, L 11 R 2651/13, juris). Es kommt folglich einzig darauf an, welches Geburtsdatum nach den gesetzlichen Vorgaben maßgeblich ist.
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben hat der Kläger keinen Anspruch auf die Änderung der Versicherungsnummer unter Zugrundelegung eines Geburtsdatums am X.Y.1951. Maßgebliches Geburtsdatum des Klägers ist der X.Y.1963.
Zunächst hat der Kläger sein Geburtsdatum mit dem X.Y.1963 zur Überzeugung des Senats erstmals gegenüber dem Arbeitsamt Fulda als Sozialleistungsträger angegeben.
Nach § 33a Abs. 1 SGB I ist insbesondere das erstangegebene Geburtsdatum gegenüber einem Sozialleistungsträger entscheidend. Sozialleistungsträger sind nach § 12 Abs. 1 SGB I die in §§ 18 bis 29 SGB I genannten Körperschaften, Anstalten und Behörden, also unter anderem nach § 19 Abs. 2 SGB I i.d.F. vom 4. November 1982, gültig vom 1. Juli 1982 bis 31. Dezember 1995, die Arbeitsämter und die sonstigen Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit. Nicht Sozialleistungsträger i.S.v. § 33a Abs. 1 SGB I sind dagegen Asylbehörden (Gutzler in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, SGB I, Stand 1. März 2018, § 33a Rn. 29 zu Angaben gegenüber einer Aufnahmeeinrichtung; Mrozynski, SGB I, 5. Aufl., § 33a Rn. 6 u.a. zu Angaben gegenüber Behörden, die das Asylbewerberleistungsgesetz ausführen; siehe auch Lilge, SGB I, 5. Aufl., § 33a Rn. 16).
Zwar mag – wie der Kläger vorgetragen hat – das Geburtsdatum X.Y.1963 erstmals von den im Asylverfahren zuständigen Stellen eingetragen worden sein. Da aber im Anwendungsbereich des § 33a Abs. 1 SGB I einzig die erste Angabe gegenüber einem Sozialleistungsträger (oder in bestimmten Fällen gegenüber einem Arbeitgeber) durch den Kläger maßgeblich ist, kommt es nicht darauf an, ob der Kläger bereits zu einem früheren Zeitpunkt sein Geburtsdatum gegenüber einer Stelle, die kein Sozialleistungsträger ist, angegeben hat. Entscheidend ist alleine, dass und welches Geburtsdatum er erstmals gegenüber einem Sozialleistungsträger im oben dargestellten Sinne angegeben hat, wobei die Zuständigkeit des Sozialleistungsträgers unerheblich ist (BT-Drs. 13/8994, S. 67; Just in Hauck/Noftz, SGB I, Stand: April 2009; § 33a Rn. 9; Weselski in jurisPK-SGB I, Stand 15. März 2018, § 33a Rn. 32; Timme in LPK-SGB I, 3. Aufl., § 33a Rn. 8).
Zur Überzeugung des Senats ergibt sich aus der Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2018 in Zusammenschau mit den von ihm zurückgelegten Versicherungszeiten bei der Beklagten, wie sie dem Versicherungsverlauf zu entnehmen sind, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger sein Geburtsdatum unter Angabe des X.Y.1963 gegenüber dem Arbeitsamt Fulda und damit erstmals gegenüber einem Sozialleistungsträger im Zusammenhang mit der Aufnahme einer Ausbildungsmaßnahme und dem erstmaligen Leistungsbezug 1984 angegeben hat. Dass es sich nicht um eine Angabe gegenüber der Beklagten handelte, ist unerheblich. Zudem wäre es unbeachtlich, wenn gegebenenfalls zusätzlich eine Meldung von einer Stelle, die kein Sozialleistungsträger ist, an die Beklagte erfolgt wäre.
Ausweislich des Versicherungsverlaufs hat der Kläger erstmals Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung seit 6. März 1984 als Zeiten der Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug zurückgelegt. Diese Zeiten meldete das Arbeitsamt Fulda der Beklagten. In der Folge hat die Beklagte im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang am 26. April 1984 die Versicherungsnummer WW WWWW 63 WWWW vergeben, was auf eine sozialleistungsrechtliche Erstbefassung des Arbeitsamts Fulda schließen lässt. Wie sich des Weiteren aus den glaubwürdigen Angaben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung ergibt, hat er sich nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zunächst zeitweise in Fulda aufgehalten und im Anschluss an die Teilnahme an einem sechsmonatigen Deutschkurs mithilfe des Deutschlehrers bzw. mithilfe einer Person in der Berufsschule dort ausgefüllte Formulare für eine sich anschließende Ausbildungsmaßnahme, Fachrichtung Metall, unterschrieben. Der Kläger hat hierzu nicht nur angegeben, dass diese Formulare die Angaben seines Namens und des Geburtsdatums X.Y.1963 enthalten hätten. Vielmehr hat er auf konkrete Nachfrage darüber hinaus ausgeführt, dass er selbst sein Geburtsdatum mit X.Y.1963 angegeben hat, weil dieses Geburtsdatum auf all seinen Dokumenten angegeben war. Auch wenn er überdies dargelegt hat, Analphabet zu sein und aufgrund seines geringen Bildungsstandes und schlechter Deutschkenntnisse den Inhalt der Formulare nicht verstanden zu haben, wusste er, dass es sich um Formulare des Arbeitsamtes im Zusammenhang mit der beschriebenen Ausbildungsmaßnahme handelte. Dies hat er bei seiner Befragung während der mündlichen Verhandlung wiederholt angegeben. Er war sich folglich bewusst, dass er durch die ausgefüllten und unterschriebenen Formulare eine Erklärung gegenüber dem Arbeitsamt abgab, die unter anderem sein Geburtsdatum mit dem X.Y.1963 umfasste. Die Angaben des Klägers waren diesbezüglich in sich widerspruchsfrei und haben auf Nachfrage des Senats und seiner eigenen Prozessbevollmächtigten und des Beklagtenvertreters einen sich steigernden Grad an Präzisierung erfahren. Zeitlich ist die Erstangabe des X.Y.1963 als Geburtsdatum nach dem von dem Kläger dargestellten Ablauf vor dem erstmaligen Leistungsbezug ab März 1984 einzuordnen.
Im Übrigen stehen die mündlichen Auskünfte des Klägers im Einklang mit seinem bisherigen Vorbringen, dass er das Geburtsdatum X.Y.1963 genutzt hat, bis das Berichtigungsverfahren abgeschlossen war. Er hat folglich das Geburtsdatum des X.Y.1963 bis zu seiner (personenstandsrechtlichen) Berichtigung im Rechtsverkehr verwandt und muss sich hieran festhalten lassen (vgl. zur Nutzung einer Scheinidentität: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. März 2012, L 4 R 487/11, juris Rn. 34).
Es ergeben sich keine Anhaltpunkte dafür, dass der Kläger noch vor der Angabe seines Geburtsdatums gegenüber dem Arbeitsamt Fulda gegenüber einem anderen Sozialleistungsträger i.S.v. § 33a Abs. 1 SGB I sein Geburtsdatum angegeben haben könnte. Der Senat musste sich daher nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt sehen. Aufgrund der überzeugenden Angaben des Klägers konnten auch weitere Ermittlungen bei der Agentur für Arbeit Fulda unterbleiben, zumal auch sämtliche Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind.
Von dem erstangegebenen Geburtsdatum darf nach § 33a Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 SGB I nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass
1. ein Schreibfehler vorliegt oder
2. sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Abs. 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
Zunächst kommt eine Berichtigung des Geburtsdatums aufgrund eines Schreibfehlers nicht in Betracht.
Wie das Sozialgericht im Ergebnis bereits zutreffend ausgeführt hat, liegt ein Schreibfehler nicht deswegen vor, weil der Kläger nach seinem eigenen Vortrag aufgrund eines Umrechnungsfehlers zwischen den unterschiedlichen Zeitrechnungen in seinem Herkunftsland und in Deutschland von einem unzutreffenden Geburtsdatum ausgegangen ist. Unabhängig davon, ob der Umrechnungsfehler nachvollziehbar ist oder nicht, setzt ein Schreibfehler i.S.v. § 33a Abs. 2 Nr. 1 SGB I nach allgemeinem Sprachgebrauch voraus, dass von einer mündlichen oder schriftlichen Vorgabe schriftlich unbewusst abgewichen wird, also sich das Gewollte von dem tatsächlich Geschriebenen unterscheidet (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). Ein Schreibfehler wäre insbesondere dann gegeben, wenn aus Versehen ein anderes als das durch den Berechtigten oder Verpflichteten oder seinen Angehörigen tatsächlich mündlich angegebene Geburtsdatum oder sich aus seinen vorgelegten Dokumenten ergebende Geburtsdatum durch einen Sachbearbeiter oder Arbeitgeber schriftlich festgehalten wurde oder wenn der Versicherte schriftlich versehentlich (im Sinne eines Zahlendrehers) ein anderes Datum aufgeschrieben hätte, als er wollte. Eine bewusst falsche Angabe oder die Angabe eines fiktiven Datums stellen keinen Schreibfehler dar (vgl. Weselski in jurisPK-SGB I, 3. Aufl. 2018, Stand 15. März 2018, § 33a Rn. 41). Gleiches gilt auch, wenn die Angabe des Klägers zu seinem Geburtsdatum – auch wenn er gegebenenfalls einem Irrtum unterlag – korrekt im Sinne seiner vorgenommenen Erklärung niedergelegt worden ist. Der Kläger hat insoweit selber vorgetragen, vom X.Y.1963 als seinem Geburtsdatum ausgegangen zu sein und dieses Datum verwendet zu haben. Das Geäußerte und das Gewollte unterschieden sich folglich nicht von dem tatsächlich Geschriebenen. Ein Fehler auf der vorgelagerten Ebene der Wissensbildung ist unbeachtlich.
Der Kläger hat darüber hinaus auch keine Urkunde beigebracht, welche die Anforderungen nach § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I erfüllt.
Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, datieren sämtliche von dem Kläger vorgelegte Urkunden – der Personalausweis, die Eheschließungsurkunde und auch der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main – aus dem Jahre 2013 und damit zeitlich offensichtlich weit nach der erstmaligen Angabe seines Geburtsdatums i.S.v. § 33a SGB I. Auf die vorgelegten Urkunden kann nicht abgestellt werden, da sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I ergibt, dass nur solche Urkunden zu berücksichtigen sind, die vor der ersten Angabe ausgestellt wurden.
Aufgrund der klaren und restriktiven gesetzlichen Regelung sind die vorgetragenen Umstände des Einzelfalls unbeachtlich. Insbesondere kann keine Berücksichtigung finden, dass der Kläger als Asylsuchender ohne Papiere nach Deutschland gekommen ist. Ebenso ist es unerheblich, dass es ihm erst weit nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland möglich gewesen sei, entsprechende Urkunden aus seinem Heimatland zu beschaffen und das Berichtigungsverfahren zu betreiben.
Da der Kläger keine i.S.v. § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I ausreichenden Urkunden vorgelegt hat, ist die Frage des erforderlichen Beweisgrades unerheblich. Angemerkt sei lediglich, dass die von dem Kläger angeführte Entscheidung des BSG alleine den besonderen Fall des Beweisgrades in Kausalitätsfragen im Bereich des gesetzlichen Unfallversicherungsrechts betrifft. Sie ist daher nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Vielmehr ist bei der Beweiswürdigung ausschlaggebend, ob zur vollen Überzeugung des Gerichts festgestellt werden kann, dass eine Urkunde, die den Anforderungen des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I entspricht, ein anderes Geburtsdatum ergibt (BSG, Urteil vom 5. April 2011, B 13 RJ 35/00R, a.a.O.).
Im Bereich der Sozialversicherung muss es nach dem Gesagten aufgrund der Vorschrift des § 33a SGB I bei der bereits erteilten Versicherungsnummer verbleiben. Dem steht nicht entgegen, dass dem Personenstandsrecht andere Maßgaben zugrunde liegen und sich aufgrund verschiedener maßgeblicher Geburtsdaten sozialrechtlich hiervon abweichende Konsequenzen ergeben können.
Dies stellt auch keine Schlechterstellung und Benachteiligung des Klägers gegenüber im Inland geborenen Versicherten dar. Die Regelung des § 33a SGB I verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Es liegt weder ein Verstoß gegen das durch Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte Eigentum noch gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor (hierzu BSG, Urteil vom 19. Oktober 2000, B 8 KN 3/00 R, juris; Urteil vom 31. März 1998, B 8 KN 5/95 R und B 8 KN 11/95 R, SozR 3-1200 § 33a Nr. 1 und 2; Urteil vom 9. April 2003, B 5 RJ 32/02 R, SozR 4-1200 § 33a Nr. 1, m.w.N.; BVerfG 19. März 2007, 1 BvR 2426/04, SozR 4-1200 § 33a Nr. 3). Wie bereits oben ausgeführt, soll durch die gesetzliche Regelung des § 33a SGB I eine Besserstellung ausländischer Personen gegenüber den im Inland geborenen Versicherten gerade ausgeschlossen werden. Der Senat verkennt nicht, dass dies gerade für aus dem Ausland zugezogene Personen wie den Kläger, die aus Ländern stammen, in denen ein weniger stringentes Personenstandsrecht galt bzw. gilt, besondere Schwierigkeiten mit sich bringt. Dies rechtfertigt jedoch keine andere Beurteilung.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG fehlt.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine neue Versicherungsnummer unter Zugrundelegung eines Geburtsdatums am X.Y.1951 anstelle des bisher berücksichtigten Geburtsdatums am X.Y.1963 zu erteilen.
Der aus Äthiopien stammende Kläger lebt nach seinen Angaben seit 22. März 1983 in Deutschland. Zunächst war er als Asylberechtigter anerkannt, am 22. Januar 1993 wurde er eingebürgert und besitzt seitdem die deutsche Staatsangehörigkeit.
Am 26. April 1984 vergab die Beklagte die Versicherungsnummer WW WWWW63 W WWW unter Verwendung des Geburtsdatums X.Y.1963. Die Beklagte vergab für den Kläger weitere Versicherungsnummern jeweils unter Zugrundelegung dieses Geburtsdatums, die 1994 bzw. 1995 wieder stillgelegt wurden. Sowohl in der Heiratsurkunde über seine Eheschließung am 19. September 1988 als auch im Familienbuch war als Geburtsdatum der X.Y. 1963 eingetragen.
Aus dem Versicherungsverlauf des Klägers ergeben sich erstmals Versicherungszeiten ab 6. März 1984. Für den Zeitraum vom 6. März 1984 bis 12. Oktober 1985 ist mit tageweisen Unterbrechungen eine Anrechnungszeit bei Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug vermerkt. Ab 14. Oktober 1985 bis 22. März 1986 schließt sich eine Pflichtversicherungszeit aufgrund Beschäftigung an. Dem Versicherungsverlauf sind weitere, später zurückgelegte Zeiten zu entnehmen.
Am 10. Dezember 2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten, sein Geburtsdatum auf den X.Y.1951 zu ändern und eine neue Versicherungsnummer zu vergeben. Zur Begründung fügte er den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 14. August 2013 bei, nach dem das Standesamt – Mitte – in Frankfurt am Main angewiesen wurde, die Geburtsdaten des Klägers im Heirats- und Familienbuch auf das Geburtsdatum X.Y.1951 zu berichtigen. Wie aus den Beschlussgründen hervorgeht, behauptete der Kläger, am X.Y.1946 geboren zu sein. Gestützt auf ein rechtsmedizinisches Gutachten des Universitätsklinikums Düsseldorf vom 30. April 2013 ging das Amtsgericht davon aus, dass der Kläger nicht am X.Y.1963 geboren sei. Ausweislich des Gutachtens läge der wahrscheinliche Geburtszeitraum zwischen 1947 und 1955, so dass das Geburtsdatum auf den Mittelwert, also den X.Y.1951, festgelegt werde.
Der Kläger legte zudem eine am 21. November 2013 ausgestellte Eheurkunde in Kopie vor, die das berichtigte Geburtsdatum ausweist. Ebenso legte er eine Kopie seines am 25. November 2013 ausgestellten und hinsichtlich des Geburtsdatums auf den X.Y.1951 berichtigten Reisepasses vor.
Mit Bescheid vom 1. April 2014 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Änderung der Versicherungsnummer ab. Für die gesetzliche Rentenversicherung sei nach § 33a Erstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB I – das Geburtsdatum maßgeblich, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten gegenüber einem Sozialleistungsträger oder gegenüber einem Arbeitgeber ergebe. Von diesem Geburtsdatum dürfe nur bei einem Schreibfehler oder aufgrund von Urkunden, deren Original vor dem Zeitpunkt der ersten Angabe ausgestellt worden sei und aus denen sich ein anderes Geburtsdatum ergebe, abgewichen werden. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor, da die Versicherungsnummer entsprechend der ursprünglichen Angaben des Klägers gebildet worden sei.
Der hiergegen am 9. April 2014 erhobene Widerspruch, den der Kläger im Wesentlichen damit begründete, dass das Amtsgericht Frankfurt am Main nach intensiven gesundheitlichen Untersuchungen und Begutachtungen das Geburtsdatum berichtigt habe und die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden müssten, blieb ohne Erfolg. Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie unter Verweis auf die gesetzlichen Vorschriften im Wesentlichen aus, dass ein Anspruch auf die Neuvergabe einer Versicherungsnummer insbesondere nur bestehe, wenn die vergebene Versicherungsnummer aufgrund einer nach § 33a SGB I zu berücksichtigenden Änderung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sei. Diese Voraussetzungen lägen aber nicht vor. Eine Personenstandsurkunde oder eine andere Urkunde, die geeignet sei, das Geburtsdatum nachzuweisen und die vor dem Zeitpunkt der ersten Angabe des Geburtsdatums ausgestellt worden sei, habe der Kläger nicht vorgelegt. Zudem habe er nicht nachgewiesen, dass er bei der ersten Angabe seines Geburtsdatums bei einem Sozialleistungsträger ein anderes Geburtsdatum als den X.Y.1963 benannt habe und es sich um einen Schreibfehler handele. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Dokumente und der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main stellten keine älteren Urkunden i.S.v. § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I dar. Diese Vorschrift lasse überdies nur den Urkundenbeweis zu, so dass ein rechtsmedizinisches Gutachten ungeeignet sei.
Mit der hiergegen am 11. August 2014 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhobenen Klage machte der Kläger im Wesentlichen geltend, dass in Äthiopien bis vor ca. 15 bis 20 Jahren keine Geburtsurkunden ausgestellt worden seien. So sei auch für ihn erst im Jahr 1999 eine Geburtsurkunde mit dem Geburtsdatum X.Y.1946 erstellt und vom dortigen Sozialgericht bestätigt worden. Weiterhin hätte er sich bei der Angabe seines Geburtsdatums im Jahre 1983 aufgrund eines ihm unbekannten Unterschiedes des julianischen und des gregorianischen Kalenders bei der Umrechnung des Geburtsdatums geirrt und habe anstatt dem X.Y.1946 den X.Y.1963 angegeben. Bei einer vorzunehmenden Einzelfallprüfung sei zu berücksichtigen, dass er als Asylsuchender aus Äthiopien ohne Papiere nach Deutschland gekommen sei. Da das Geburtsjahr 1963 falsch gewesen sei, habe er erst in seinem Heimatland und danach in Deutschland das Verfahren der Berichtigung durchführen müssen. Das Geburtsdatum mit dem Jahr 1963 sei zum ersten Mal im Asylverfahren eingetragen worden. Er habe der Beklagten gegenüber keine Angaben zu seinem Geburtsdatum gemacht. Die Angaben stammten vielmehr aus Mitteilungen Dritter, d.h. der Ausländerbehörde oder des Auswärtigen Amtes, so dass sich die Beklagte nicht darauf berufen könne, ihm sei die Versicherungsnummer auf der Grundlage seiner ursprünglichen Angaben erteilt worden. Ihm sei folglich eine neue Versicherungsnummer mit geändertem Geburtsdatum mit dem Geburtsjahr 1951 zu vergeben.
Mit Gerichtsbescheid vom 28. April 2016 wies das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage ab und führte insbesondere aus, dass die Voraussetzungen des § 33a SGB I nicht gegeben seien. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass er gegenüber den Sozialversicherungsträgern keine Angaben zu seinem Geburtsdatum gemacht habe. Die Argumentation des Klägers, nur gegenüber den Ausländerbehörden und dem Auswärtigen Amt Angaben zu seinem Geburtsdatum gemacht zu haben, sei nicht überzeugend. Wie sich aus den Versicherungszeiten ergebe, habe der Kläger ab 1984 Zeiten des Leistungsbezugs bei Arbeitslosigkeit und auch in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis unter dem Geburtsdatum X.Y.1963 zurückgelegt. Die unbeanstandete Nutzung des Geburtsdatums stehe im Rahmen des § 33a SGB I der Angabe gleich. Auch habe dem Kläger bewusst sein müssen, dass das Geburtsdatum auch bei der Beklagten geführt werde.
Auch ein Schreibfehler oder ein rein offensichtlicher Rechenfehler liege nicht vor, da ein offensichtlicher Umrechnungsfehler nicht nachvollzogen werden könne.
Der Kläger könne auch keine Urkunden vorlegen, die vor 1984 ausgestellt worden seien und ein anderes Geburtsdatum als den X.Y.1963 enthielten. Selbst wenn ein solches Dokument vorgelegt werden könnte, fehle ein Nachweis im Sinne des Vollbeweises, dass das gewünschte Geburtsdatum am X.Y.1951 das tatsächliche Geburtsdatum sei, da es lediglich aus einem Mittelwert des wahrscheinlichen Geburtszeitraums gebildet worden sei.
Gegen den am 2. Mai 2016 zugestellten Gerichtsbescheid legte der Kläger am 30. Mai 2016 Berufung ein.
Ergänzend trägt er im Berufungsverfahren vor, dass er entgegen den Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichtsbescheids nicht die Versicherungsnummer ohne Beanstandung geführt habe. Es habe aber erst der Durchführung des Berichtigungsverfahrens bedurft. Er dürfe insoweit nicht schlechter gestellt werden als ein im Inland geborener Versicherter.
Schließlich sei der Nachweis im Vollbeweis nicht erforderlich, sondern es genüge der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit, wie sich der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entnehmen lasse. Das vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main eingeholte Gutachten hätte die Fehlerhaftigkeit des Geburtsjahres 1963 festgestellt. Die Feststellung und Entscheidung des Amtsgerichts, das Geburtsjahr auf 1951 zu berichtigen, erfüllten die Voraussetzungen des Vollbeweises. Im Übrigen sei das Geburtsdatum zwischenzeitlich überall auf den X.Y.1951 berichtigt worden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. April 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 1. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2014 zu verpflichten, ihm eine neue Versicherungsnummer mit dem Geburtsdatum X.Y.1951 zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend und verbleibt im Wesentlichen bei ihren Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden.
Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte mit Schreiben vom 2. Februar 2018 mitgeteilt, dass nicht mehr nachvollzogen werden könne, auf welcher Angabe/Mitteilung die Vergabe der Versicherungsnummer 1984 erfolgt sei. Die erste Meldung im Versicherungskonto des Klägers ab 6. März 1984 sei durch die Agentur für Arbeit Fulda (gemeint ist wohl das Arbeitsamt) ohne Angabe des dortigen Aktenzeichens erfolgt.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 24. April 2018 ausgeführt, dass sein Arbeitsverhältnis aufgrund Erreichens der Altersgrenze zum 31. März 2018 geendet habe. Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main habe dies mit Urteil vom 9. Juni 2017, 4 Ca 1305/17 bestätigt. Da er keine Rente beziehen könne, sei er auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) angewiesen.
In der mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2018 hat der Senat den Kläger zu den Einzelheiten seiner Angaben gegenüber dem Arbeitsamt Fulda befragt. Auf die Sitzungsniederschrift wird insoweit Bezug genommen.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
Die Berufung bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. April 2016 ist nicht zu beanstanden. Im Ergebnis hat es zu Recht die Klage abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer unter Berücksichtigung eines geänderten Geburtsdatums hat. Der dies ablehnende Bescheid der Beklagten vom 1. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2014 (§ 95 SGG) ist insoweit rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG.
Der Kläger verfolgt sein Begehren zulässigerweise im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG), denn jedenfalls die Neuvergabe einer Versicherungsnummer stellt einen Verwaltungsakt dar (vgl. BSG, Urteil vom 5. April 2001, B 13 RJ 35/00 R, BSGE 88, 89 = SozR 3-1200 § 33a Nr. 4).
Rechtsgrundlage für die Neuvergabe einer Versicherungsnummer sind § 147 und § 152 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) i.V.m. § 3 Abs. 1 der Verordnung über die Versicherungsnummer, die Kontoführung und den Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung (Versicherungsnummern-, Kontoführungs- und Versicherungsverlauf-Verordnung - VKVV) vom 30. März 2001 (BGBl I, S. 475). Nach § 147 Abs. 1 Satz 1 SGB VI kann die Datenstelle der Träger der Rentenversicherung für Personen eine Versicherungsnummer vergeben, wenn dies zur personenbezogenen Zuordnung der Daten für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe nach diesem Gesetzbuch erforderlich oder dies durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmt ist. Für die nach diesem Buche versicherten Personen hat sie eine Versicherungsnummer zu vergeben (§ 147 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Nach § 147 Abs. 2 SGB VI setzt sich die Versicherungsnummer u.a. auch aus dem Geburtsdatum zusammen. Die auf Grundlage der nach § 153 Nr. 3 SGB VI erlassene VKVV regelt in § 3 Abs. 1 das Nähere über die Berichtigung der Versicherungsnummer. Hiernach wird eine Versicherungsnummer nur einmal vergeben und nicht berichtigt (Satz 1). Versicherungsnummern, in denen das Geburtsdatum oder die Seriennummer unrichtig sind oder Versicherungsnummern, die aufgrund einer nach § 33a SGB I zu berücksichtigenden Änderung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sind, werden gesperrt (Satz 2). Die Versicherten erhalten eine neue Versicherungsnummer (Satz 3).
Welches Geburtsdatum Bestandteil der Versicherungsnummer ist, richtet sich nach § 33a SGB I. Nach § 33a Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 SGB I ist sowohl für die Herleitung von Rechten und Pflichten, die das Erreichen einer bestimmten Altersgrenze voraussetzen, als auch für die Versicherungsnummer das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es sich um eine Angabe im Rahmen des Dritten oder Sechsten Abschnitts des Vierten Buches (des Sozialgesetzbuchs) handelt, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt.
§ 33a SGB I soll die missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen in Fällen vermeiden, in denen aufgrund einer Änderung von Geburtsdaten ein längerer Bezug von Sozialleistungen oder ein früherer Bezug derselben beantragt wird. Hintergrund dieser Regelung ist, dass ausländische Rechtsordnungen die Möglichkeit vorsehen, das Geburtsdatum durch eine gerichtliche Entscheidung nachträglich zu ändern, was im deutschen Sozialrecht zu Vorteilen führen kann, die in der jeweiligen ausländischen Rechtsordnung nicht damit verbunden sind (vgl. BT-Drucks. 13/8994, S. 67; Hessisches LSG, Urteil vom 15. Februar 2010, L 2 R 362/09). Mit § 33a SGB I hat der Gesetzgeber die Anknüpfung an das "wahre" Geburtsdatum aufgegeben und - zur Vermeidung einer dafür besonders verwaltungsintensiven Prüfung und um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen vorzubeugen - das im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs für altersabhängige Rechte und Pflichten maßgebende Geburtsdatum eigenständig definiert (BSG, a.a.O., unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/8994, a.a.O.; siehe auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Juni 2014, L 11 R 2651/13, juris). Es kommt folglich einzig darauf an, welches Geburtsdatum nach den gesetzlichen Vorgaben maßgeblich ist.
Unter Zugrundelegung dieser Maßgaben hat der Kläger keinen Anspruch auf die Änderung der Versicherungsnummer unter Zugrundelegung eines Geburtsdatums am X.Y.1951. Maßgebliches Geburtsdatum des Klägers ist der X.Y.1963.
Zunächst hat der Kläger sein Geburtsdatum mit dem X.Y.1963 zur Überzeugung des Senats erstmals gegenüber dem Arbeitsamt Fulda als Sozialleistungsträger angegeben.
Nach § 33a Abs. 1 SGB I ist insbesondere das erstangegebene Geburtsdatum gegenüber einem Sozialleistungsträger entscheidend. Sozialleistungsträger sind nach § 12 Abs. 1 SGB I die in §§ 18 bis 29 SGB I genannten Körperschaften, Anstalten und Behörden, also unter anderem nach § 19 Abs. 2 SGB I i.d.F. vom 4. November 1982, gültig vom 1. Juli 1982 bis 31. Dezember 1995, die Arbeitsämter und die sonstigen Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit. Nicht Sozialleistungsträger i.S.v. § 33a Abs. 1 SGB I sind dagegen Asylbehörden (Gutzler in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, SGB I, Stand 1. März 2018, § 33a Rn. 29 zu Angaben gegenüber einer Aufnahmeeinrichtung; Mrozynski, SGB I, 5. Aufl., § 33a Rn. 6 u.a. zu Angaben gegenüber Behörden, die das Asylbewerberleistungsgesetz ausführen; siehe auch Lilge, SGB I, 5. Aufl., § 33a Rn. 16).
Zwar mag – wie der Kläger vorgetragen hat – das Geburtsdatum X.Y.1963 erstmals von den im Asylverfahren zuständigen Stellen eingetragen worden sein. Da aber im Anwendungsbereich des § 33a Abs. 1 SGB I einzig die erste Angabe gegenüber einem Sozialleistungsträger (oder in bestimmten Fällen gegenüber einem Arbeitgeber) durch den Kläger maßgeblich ist, kommt es nicht darauf an, ob der Kläger bereits zu einem früheren Zeitpunkt sein Geburtsdatum gegenüber einer Stelle, die kein Sozialleistungsträger ist, angegeben hat. Entscheidend ist alleine, dass und welches Geburtsdatum er erstmals gegenüber einem Sozialleistungsträger im oben dargestellten Sinne angegeben hat, wobei die Zuständigkeit des Sozialleistungsträgers unerheblich ist (BT-Drs. 13/8994, S. 67; Just in Hauck/Noftz, SGB I, Stand: April 2009; § 33a Rn. 9; Weselski in jurisPK-SGB I, Stand 15. März 2018, § 33a Rn. 32; Timme in LPK-SGB I, 3. Aufl., § 33a Rn. 8).
Zur Überzeugung des Senats ergibt sich aus der Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2018 in Zusammenschau mit den von ihm zurückgelegten Versicherungszeiten bei der Beklagten, wie sie dem Versicherungsverlauf zu entnehmen sind, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger sein Geburtsdatum unter Angabe des X.Y.1963 gegenüber dem Arbeitsamt Fulda und damit erstmals gegenüber einem Sozialleistungsträger im Zusammenhang mit der Aufnahme einer Ausbildungsmaßnahme und dem erstmaligen Leistungsbezug 1984 angegeben hat. Dass es sich nicht um eine Angabe gegenüber der Beklagten handelte, ist unerheblich. Zudem wäre es unbeachtlich, wenn gegebenenfalls zusätzlich eine Meldung von einer Stelle, die kein Sozialleistungsträger ist, an die Beklagte erfolgt wäre.
Ausweislich des Versicherungsverlaufs hat der Kläger erstmals Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung seit 6. März 1984 als Zeiten der Arbeitslosigkeit mit Leistungsbezug zurückgelegt. Diese Zeiten meldete das Arbeitsamt Fulda der Beklagten. In der Folge hat die Beklagte im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang am 26. April 1984 die Versicherungsnummer WW WWWW 63 WWWW vergeben, was auf eine sozialleistungsrechtliche Erstbefassung des Arbeitsamts Fulda schließen lässt. Wie sich des Weiteren aus den glaubwürdigen Angaben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung ergibt, hat er sich nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zunächst zeitweise in Fulda aufgehalten und im Anschluss an die Teilnahme an einem sechsmonatigen Deutschkurs mithilfe des Deutschlehrers bzw. mithilfe einer Person in der Berufsschule dort ausgefüllte Formulare für eine sich anschließende Ausbildungsmaßnahme, Fachrichtung Metall, unterschrieben. Der Kläger hat hierzu nicht nur angegeben, dass diese Formulare die Angaben seines Namens und des Geburtsdatums X.Y.1963 enthalten hätten. Vielmehr hat er auf konkrete Nachfrage darüber hinaus ausgeführt, dass er selbst sein Geburtsdatum mit X.Y.1963 angegeben hat, weil dieses Geburtsdatum auf all seinen Dokumenten angegeben war. Auch wenn er überdies dargelegt hat, Analphabet zu sein und aufgrund seines geringen Bildungsstandes und schlechter Deutschkenntnisse den Inhalt der Formulare nicht verstanden zu haben, wusste er, dass es sich um Formulare des Arbeitsamtes im Zusammenhang mit der beschriebenen Ausbildungsmaßnahme handelte. Dies hat er bei seiner Befragung während der mündlichen Verhandlung wiederholt angegeben. Er war sich folglich bewusst, dass er durch die ausgefüllten und unterschriebenen Formulare eine Erklärung gegenüber dem Arbeitsamt abgab, die unter anderem sein Geburtsdatum mit dem X.Y.1963 umfasste. Die Angaben des Klägers waren diesbezüglich in sich widerspruchsfrei und haben auf Nachfrage des Senats und seiner eigenen Prozessbevollmächtigten und des Beklagtenvertreters einen sich steigernden Grad an Präzisierung erfahren. Zeitlich ist die Erstangabe des X.Y.1963 als Geburtsdatum nach dem von dem Kläger dargestellten Ablauf vor dem erstmaligen Leistungsbezug ab März 1984 einzuordnen.
Im Übrigen stehen die mündlichen Auskünfte des Klägers im Einklang mit seinem bisherigen Vorbringen, dass er das Geburtsdatum X.Y.1963 genutzt hat, bis das Berichtigungsverfahren abgeschlossen war. Er hat folglich das Geburtsdatum des X.Y.1963 bis zu seiner (personenstandsrechtlichen) Berichtigung im Rechtsverkehr verwandt und muss sich hieran festhalten lassen (vgl. zur Nutzung einer Scheinidentität: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. März 2012, L 4 R 487/11, juris Rn. 34).
Es ergeben sich keine Anhaltpunkte dafür, dass der Kläger noch vor der Angabe seines Geburtsdatums gegenüber dem Arbeitsamt Fulda gegenüber einem anderen Sozialleistungsträger i.S.v. § 33a Abs. 1 SGB I sein Geburtsdatum angegeben haben könnte. Der Senat musste sich daher nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt sehen. Aufgrund der überzeugenden Angaben des Klägers konnten auch weitere Ermittlungen bei der Agentur für Arbeit Fulda unterbleiben, zumal auch sämtliche Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind.
Von dem erstangegebenen Geburtsdatum darf nach § 33a Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 SGB I nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass
1. ein Schreibfehler vorliegt oder
2. sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Abs. 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
Zunächst kommt eine Berichtigung des Geburtsdatums aufgrund eines Schreibfehlers nicht in Betracht.
Wie das Sozialgericht im Ergebnis bereits zutreffend ausgeführt hat, liegt ein Schreibfehler nicht deswegen vor, weil der Kläger nach seinem eigenen Vortrag aufgrund eines Umrechnungsfehlers zwischen den unterschiedlichen Zeitrechnungen in seinem Herkunftsland und in Deutschland von einem unzutreffenden Geburtsdatum ausgegangen ist. Unabhängig davon, ob der Umrechnungsfehler nachvollziehbar ist oder nicht, setzt ein Schreibfehler i.S.v. § 33a Abs. 2 Nr. 1 SGB I nach allgemeinem Sprachgebrauch voraus, dass von einer mündlichen oder schriftlichen Vorgabe schriftlich unbewusst abgewichen wird, also sich das Gewollte von dem tatsächlich Geschriebenen unterscheidet (vgl. LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). Ein Schreibfehler wäre insbesondere dann gegeben, wenn aus Versehen ein anderes als das durch den Berechtigten oder Verpflichteten oder seinen Angehörigen tatsächlich mündlich angegebene Geburtsdatum oder sich aus seinen vorgelegten Dokumenten ergebende Geburtsdatum durch einen Sachbearbeiter oder Arbeitgeber schriftlich festgehalten wurde oder wenn der Versicherte schriftlich versehentlich (im Sinne eines Zahlendrehers) ein anderes Datum aufgeschrieben hätte, als er wollte. Eine bewusst falsche Angabe oder die Angabe eines fiktiven Datums stellen keinen Schreibfehler dar (vgl. Weselski in jurisPK-SGB I, 3. Aufl. 2018, Stand 15. März 2018, § 33a Rn. 41). Gleiches gilt auch, wenn die Angabe des Klägers zu seinem Geburtsdatum – auch wenn er gegebenenfalls einem Irrtum unterlag – korrekt im Sinne seiner vorgenommenen Erklärung niedergelegt worden ist. Der Kläger hat insoweit selber vorgetragen, vom X.Y.1963 als seinem Geburtsdatum ausgegangen zu sein und dieses Datum verwendet zu haben. Das Geäußerte und das Gewollte unterschieden sich folglich nicht von dem tatsächlich Geschriebenen. Ein Fehler auf der vorgelagerten Ebene der Wissensbildung ist unbeachtlich.
Der Kläger hat darüber hinaus auch keine Urkunde beigebracht, welche die Anforderungen nach § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I erfüllt.
Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, datieren sämtliche von dem Kläger vorgelegte Urkunden – der Personalausweis, die Eheschließungsurkunde und auch der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main – aus dem Jahre 2013 und damit zeitlich offensichtlich weit nach der erstmaligen Angabe seines Geburtsdatums i.S.v. § 33a SGB I. Auf die vorgelegten Urkunden kann nicht abgestellt werden, da sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I ergibt, dass nur solche Urkunden zu berücksichtigen sind, die vor der ersten Angabe ausgestellt wurden.
Aufgrund der klaren und restriktiven gesetzlichen Regelung sind die vorgetragenen Umstände des Einzelfalls unbeachtlich. Insbesondere kann keine Berücksichtigung finden, dass der Kläger als Asylsuchender ohne Papiere nach Deutschland gekommen ist. Ebenso ist es unerheblich, dass es ihm erst weit nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland möglich gewesen sei, entsprechende Urkunden aus seinem Heimatland zu beschaffen und das Berichtigungsverfahren zu betreiben.
Da der Kläger keine i.S.v. § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I ausreichenden Urkunden vorgelegt hat, ist die Frage des erforderlichen Beweisgrades unerheblich. Angemerkt sei lediglich, dass die von dem Kläger angeführte Entscheidung des BSG alleine den besonderen Fall des Beweisgrades in Kausalitätsfragen im Bereich des gesetzlichen Unfallversicherungsrechts betrifft. Sie ist daher nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Vielmehr ist bei der Beweiswürdigung ausschlaggebend, ob zur vollen Überzeugung des Gerichts festgestellt werden kann, dass eine Urkunde, die den Anforderungen des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I entspricht, ein anderes Geburtsdatum ergibt (BSG, Urteil vom 5. April 2011, B 13 RJ 35/00R, a.a.O.).
Im Bereich der Sozialversicherung muss es nach dem Gesagten aufgrund der Vorschrift des § 33a SGB I bei der bereits erteilten Versicherungsnummer verbleiben. Dem steht nicht entgegen, dass dem Personenstandsrecht andere Maßgaben zugrunde liegen und sich aufgrund verschiedener maßgeblicher Geburtsdaten sozialrechtlich hiervon abweichende Konsequenzen ergeben können.
Dies stellt auch keine Schlechterstellung und Benachteiligung des Klägers gegenüber im Inland geborenen Versicherten dar. Die Regelung des § 33a SGB I verstößt nicht gegen Verfassungsrecht. Es liegt weder ein Verstoß gegen das durch Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte Eigentum noch gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor (hierzu BSG, Urteil vom 19. Oktober 2000, B 8 KN 3/00 R, juris; Urteil vom 31. März 1998, B 8 KN 5/95 R und B 8 KN 11/95 R, SozR 3-1200 § 33a Nr. 1 und 2; Urteil vom 9. April 2003, B 5 RJ 32/02 R, SozR 4-1200 § 33a Nr. 1, m.w.N.; BVerfG 19. März 2007, 1 BvR 2426/04, SozR 4-1200 § 33a Nr. 3). Wie bereits oben ausgeführt, soll durch die gesetzliche Regelung des § 33a SGB I eine Besserstellung ausländischer Personen gegenüber den im Inland geborenen Versicherten gerade ausgeschlossen werden. Der Senat verkennt nicht, dass dies gerade für aus dem Ausland zugezogene Personen wie den Kläger, die aus Ländern stammen, in denen ein weniger stringentes Personenstandsrecht galt bzw. gilt, besondere Schwierigkeiten mit sich bringt. Dies rechtfertigt jedoch keine andere Beurteilung.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG fehlt.
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