Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 11 AL 1540/03
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AL 167/07 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 4. April 2005 wird zurückgewiesen.
II. Auch Kosten der zweiten und dritten Instanz sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 20. Juni 2002 bewilligte Arbeitslosenhilfe (Alhi) vollständig und für den Zeitraum vom 21. Juni 2002 bis 24. Januar 2003 teilweise zurückgenommen und Erstattungsansprüche für zurückgenommene Alhi sowie geleistete Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 20. Juni 2002 festgesetzt hat.
Die 1948 geborene Klägerin war vom 12. März 1984 bis zum 31. Dezember 1997 als Verkäuferin im Einzelhandel versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend erhielt sie bis zum 22. März 1998 Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Auf ihre Arbeitslosmeldung bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 30. April 1998 Arbeitslosengeld für längstens 789 Tage nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt in Höhe von 740,00 DM ab dem 24. März 1998. Zuletzt bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 19. August 2001 Arbeitslosengeld nach einem gerundeten Bemessungsentgelt in Höhe von 760,00 DM, bzw. ab 1. Januar 2002 385,00 EUR bis zur Anspruchserschöpfung zum 17. Januar 2002 weiter.
Die Klägerin beantragte erstmals am 8. Januar 2002 Alhi. Dabei verneinte sie im Antragsformblatt der Beklagten, über Vermögen zu verfügen. Zugleich bestätigte sie schriftlich, das Merkblatt Ib für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Aufgrund des Krankengeldbezuges vom 18. Januar 2002 bis 12. Februar 2002 meldete sie sich erneut am 12. Februar 2002 zum 13. Februar 2002 arbeitslos. Im Antragsformblatt bestätigte sie die Angaben wie zuvor am 8. Januar 2002. Mit Bescheid vom 6. März 2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alhi ab dem 13. Februar 2002 nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 385,00 EUR in Höhe des allgemeinen Leistungssatzes, Leistungsgruppe A in Höhe von 135,10 EUR wöchentlich (19,30 EUR täglich). Mit Änderungsbescheid vom 8. Januar 2003 änderte die Beklagte die Bewilligung ab dem 1. Januar 2003 auf 134,33 EUR wöchentlich ab.
Die Klägerin hatte für das Kalenderjahr 2001 Freistellungsaufträge in Höhe von insgesamt 3.158,00 DM für die A-Stadter X-bank e.G. (X.) und die C. (C.) erteilt. Auf weitere Ermittlungen teilte die C. mit Schreiben vom 24. Januar 2003 der Beklagten mit, dass für fünf Konten der Klägerin Kapitalerträge zu verzeichnen seien. Von geringfügigen Beträgen in Höhe von höchstens 3,61 DM abgesehen, handelt es sich um folgende Erträge:
1. Kontonummer xxx1 (Konto xxx1) mit Wertstellung zum 20.06.2002 90,08 DM und
2. Kontonummer xxx2 (Konto xxx2) mit Wertstellung zum 20.12.2002 818,60 DM.
Die Mutter der Klägerin (Zeugin) gab mit Schreiben vom 30. Januar 2003 an, bei dem Konto xxx1 habe es sich um eine Geldanlage zum 20. Dezember 2001 in Höhe von 15.000,00 DM mit einer Laufzeit von 6 Monaten und bei dem Konto xxx2 um eine Geldanlage zum 20. Dezember 2001 in Höhe von 55.000,00 DM mit einer Laufzeit von 12 Monaten gehandelt. Es handele sich dabei um ihr Vermögen und nicht das der Klägerin. Sie habe ihr Vermögen nur auf den Namen der Klägerin angelegt, um nicht weiteren finanziellen Begehrlichkeiten der übrigen Geschwister der Klägerin ausgesetzt zu sein. Beide Geldanlagen seien inzwischen an sie ausgezahlt und die Konten aufgelöst worden. Zudem legte sie Einzahlungsbelege zum 20. Dezember 2001 für beide Konten vor. Weiter fügte sie eine Übersicht der C. über erloschene Konten bei, aus der ersichtlich ist, dass das Konto xxx2 zum 24. Januar 2003 und das Konto xxx1 zum 20. Juni 2002 geschlossen ist. Für das Konto xxx2 ist weiter vermerkt, es sei ein Übertrag innerhalb des eigenen Instituts erfolgt. Einer Produktübersicht der X. vom 27. Januar 2003 ist keine relevante Wertstellung zu entnehmen. In einer weiteren Auskunft vom 13. März 2003 teilte die C. mit, das Konto xxx1 sei am 20. Juni 2002 aufgelöst und das Konto xxx2 am 20. Dezember 2002 auf 5.000,00 EUR reduziert und neu angelegt. Im Januar 2003 sei das Konto xxx2 dann auf die Zeugin umgeschrieben worden. Mit weiterem Schreiben vom 14. März 2003 bestätigte die Zeugin nochmals ihre bisherigen Angaben. Ergänzend führte sie aus, sie habe der Klägerin vor 1989 bis 1999 insgesamt 80.250,00 DM geliehen. Das Geld habe sie vor allem für eine Hormonbehandlung wegen Kinderwunsches zur Verfügung gestellt. Im Dezember 2001 habe sie dann von der Klägerin 70.000,00 DM als Rückzahlung der Darlehen erhalten, welche dann entsprechend auf die Konten xxx1 und xxx2 angelegt worden seien. Das Konto xxx2 mit einem Restbetrag von 5.000,00 EUR (Neuanlage) habe sie am 24. Januar 2003 auf ihren Namen umschreiben lassen, weil die Klägerin das Anhörungsschreiben vom 6. Januar 2003 zu den Freistellungsaufträgen erhalten habe. Beigefügt ist dem Schreiben eine handschriftliche Aufstellung geleisteter Zahlungen der Zeugin an die Klägerin von Januar 1989 bis August 1999. Wegen einer Erbschaft, die die Klägerin in den Jahren 1999 bis 2000 erhalten habe, habe sie ihr zunächst geraden, das Geld größtenteils auf der Bank zu lassen, damit sie sich davon etwas gönnen könne. Ausweislich des vorgelegten Kaufvertrages über das für die Erbschaft maßgebliche Grundstück, ist zu erkennen, dass der Klägerin abzüglich geleisteter Verbindlichkeiten aus der Erbschaft ein Betrag in Höhe von 70.000,00 DM zugestanden hat. Zudem gab die Klägerin mit Schreiben vom 17. März 2003 an, ihre Abfindung in Höhe von 40.000,00 DM schon vor vielen Jahren aufgebraucht zu haben.
Mit Schreiben vom 21. März 2003 hörte die Beklagte die Klägerin zur vorgesehenen Rücknahme und Erstattung geleisteter Arbeitslosenhilfe sowie übernommener Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 24. Januar 2003 an.
Mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 22. April 2003 nahm die Beklagte die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 20. Juni 2002 vollständig zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe in der oben angegebenen Zeit über Vermögen in Höhe von 70.000,00 DM (35.790,43 EUR) verfügt. Deswegen sei sie nicht bedürftig gewesen. Insoweit habe sie geleistete Alhi in Höhe von 2.470,40 EUR und übernommene Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 592,04 EUR und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 42,01 EUR zu erstatten. Mit weiterem Bescheid vom 22. April 2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi auch für die Zeit vom 21. Juni 2002 bis 24. Juni 2003 in Höhe von 937,40 EUR auf. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe Zinseinnahmen aus vorhandenem Vermögen erzielt, welches in Höhe von 30,10 EUR wöchentlich auf die ab dem 21. Juni 2002 zustehende Alhi anzurechnen sei. Aus dem Berechnungsbogen auf Bl. 198 der Leistungsakte der Beklagten ist zu entnehmen, dass dabei die Beklagte Zinsen nach Maßgabe des Freistellungsauftrages für das Jahr 2001 in Höhe von 3.158,00 DM berücksichtigt und anteilig auf den entsprechenden Zeitraum unter Abzug angemessener Versicherungen in Höhe von 3 % des Einkommens aufgeteilt hat. Daraus ergebe sich ein Erstattungsbetrag in Höhe von insgesamt 937,40 EUR.
Gegen beide Bescheide legte die Klägerin am 16. Mai 2003 schriftlich Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, wie bereits vorgetragen seien die 70.000,00 DM Vermögen der Zeugin gewesen. Auch die Zinseinnahmen seien an sie geflossen.
Mit Rentenbescheid vom 26. August 2003 bewilligte der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab dem 1. Juni 2002. Die Beklagte machte deshalb gegenüber dem Rentenversicherungsträger ab dem 21. Juni 2002 einen Erstattungsanspruch für gezahlte Alhi abzüglich der teilweisen Rücknahme mit angefochtenem Bescheid (30,10 EUR wöchentlich) nach § 103 SGB X geltend (wöchentlich 105,00 EUR für 2002 und 104,23 EUR für 2003). Unter Abzug des Erstattungsanspruchs zahlte der RV den Nachzahlungsbetrag für den Zeitraum ab 1. Juni 2002 an die Klägerin laut an sie gerichtetem Schreiben vom 9. Oktober 2003 aus. Dabei wurde im Wege der Verrechnung aufgrund einer bestandskräftigen Forderung der Beklagten ein weiterer Betrag in Höhe von 266,50 EUR abgezogen.
Die Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 2003 als unbegründet zurück. Im Wesentlichen führte sie hierzu aus, die Klägerin könne nicht damit gehört werden, das Vermögen habe der Zeugin gehört, weil sie insoweit den Rechtsschein der Inhaberschaft gegen sich gelten lassen müsse.
Hiergegen hat die Klägerin am 20. Dezember 2003 bei dem Sozialgericht Wiesbaden (SG) Klage erhoben. Die Beteiligten haben ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Ergänzend hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt, die Klägerin habe später einen Teil der für die Mutter angelegten Gelder zurückgezahlt und nur noch 15.000,00 DM (gemeint sind wohl 5.000,00 DM) auf den eigenen Namen angelegt behalten.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 4. April 2005 die Klage als unbegründet abgewiesen. Hierzu hat es ausgeführt, für die Vermögensstellung sei der Rechtsschein ausreichend. Hilfsweise habe ohnehin ab dem 1. Juni 2002 ein vorrangig zu berücksichtigender Rentenanspruch bestanden, der die Bedürftigkeit ausschließe. Der Klägerin sei vorzuwerfen, zumindest grob fahrlässig das Vermögen in den Antragsformblättern der Beklagten verneint zu haben.
Gegen den am 8. April 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 7. Mai 2005 bei dem Hessischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt.
Der Senat hat mit Urteil vom 28. Oktober 2005 unter Einbeziehung des Bescheids vom 22. April 2003 für den Bewilligungszeitraum ab 21. Juni 2002 die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Klägerin sei bereits zu Beginn ihres Alhi-Bezuges nicht bedürftig gewesen, weil sie über verwertbares Vermögen verfügt habe. Nach dem äußeren Schein habe die Klägerin über die ihr im Dezember 2001 überwiesenen und auf ihren Namen eingerichteten Sparguthaben in Höhe von 70.000,00 DM volle Vermögensinhaberschaft besessen. Ob das Vermögen der Klägerin zuzurechnen sei, könne indes dahingestellt bleiben. Selbst wenn man also die Richtigkeit der Darstellung der Klägerin unterstellen würde, käme vorliegend die Rechtsfigur der verdeckten Treuhand zur Anwendung. Nach ständiger Rechtsprechung des LSG müsste sich aber derjenige, der – und sei es auch als verdeckter Treuhänder – den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft erzeuge, hierin im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung durch den Sozialleistungsträger festhalten lassen. Die rechtswidrige Bewilligung von Alhi beruhe darauf, dass die Klägerin zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht habe.
Auf die von dem LSG zugelassene Revision hat das BSG mit Urteil vom 28. August 2007 das Urteil des Senats vom 7. Mai 2005 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Seine Entscheidung hat es darauf gestützt, dass es nicht der Rechtsauffassung des LSG folge, bei einer verdeckten Treuhand müsse der Treuhänder den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft gegen sich gelten lassen. Deswegen habe das LSG anhand aller Umstände des Einzelfalles zu ermitteln, ob und gegebenenfalls mit welchem Inhalt die Klägerin mit der Zeugin überhaupt Vereinbarungen getroffen habe. Insoweit sei zu ermitteln, welches Vermögen die Klägerin bei Antragstellung und dann ab dem 21. Juni 2002 besessen habe und worauf ab diesem Zeitpunkt die Zinsen geflossen seien. Ebenso wenig nachprüfbar sei die Zuordnung der Zinsen auf den Zeitraum vom 21. Juni 2002 bis 24. Januar 2003. Schließlich fehlten jegliche Feststellungen zur Höhe der Erstattungsforderung nach § 50 Abs. 1 SGB X und zum Ersatzanspruch nach § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB III. Zu beachten sei weiter, dass insoweit die Klägerin die objektive Beweislast zu tragen habe, soweit in ihrer Sphäre wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar seien. Dabei ist das BSG davon ausgegangen, das SG habe über den Bescheid vom 22. April 2003 nur entschieden, soweit der Bewilligungszeitraum bis 20. Juni 2002 betroffen ist.
Der Berichterstatter hat in einem Termin zur Beweisaufnahme am 7. Mai 2010 im Gebäude des Sozialgerichts Wiesbaden die Zeugin zur Vermögensinhaberschaft vernommen, weil ihr aus gesundheitlichen Gründen eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung in Darmstadt nicht zugemutet werden kann. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Die Beklagte hat im Termin vom 7. Mai 2010 zur Niederschrift zugesichert, den Schadensausgleich nach § 153a StPO auf den Erstattungsbetrag anzurechnen.
Die Beteiligten wiederholen ihr bisheriges Vorbringen. Die Klägerin erklärt weiter, die Zeugin würde das Heft, in dem die Geldleistungen an sie aufgezeichnet seien, nicht mehr auffinden. Die Anschrift der Geschwister würde sie nicht mitteilen, weil eine Zeugenvernehmung erheblichen familiären Streit heraufbeschwören würde.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 4. April 2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 22. April 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. November 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten und dem Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte der Beklagten sowie der beigezogenen Akten der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Wiesbaden, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg, weil das SG im Ergebnis zu Recht die Klage gegen die Bescheide vom 22. April 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. November 2003 abgewiesen hat.
Entgegen der Auffassung des BSG, die wohl nur auf einem Versehen beruhen kann, hat das SG über die Klage hinsichtlich beider Bescheide vom 22. April 2003 in der Sache entschieden. Ersichtlich ist das, weil im Klageantrag und in den Entscheidungsgründen bei der Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Bescheide ausdrücklich beide Bescheide benannt sind (Bescheide statt Bescheid).
Die angefochtenen Bescheide sind formell nicht zu beanstanden. Insbesondere die nach § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung der Klägerin ist erfolgt.
Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 20. Juni 2002 ist rechtmäßig.
Die Beklagte durfte einen Erstattungsbetrag für gezahlte Alhi in Höhe von 2.470,40 EUR nach § 50 Abs. 1 SGB X für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 20. Juni 2002 festsetzen, weil sie zugleich den zugrundeliegenden Bewilligungsbescheid vom 6. März 2002 zu Recht nach § 330 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 45 Abs. 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 2, Abs. 3 S. 3, Abs. 4 SGB X für denselben Zeitraum zurückgenommen hat.
Danach ist ein anfänglich rechtswidriger Bewilligungsbescheid auch mit Wirkung für die Vergangenheit unter anderem zurückzunehmen, wenn er auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Die Rücknahme hat innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Bescheides zu erfolgen. Die Behörde hat das innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen zu tun.
Der Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 6. März 2002 ist anfänglich rechtswidrig.
Nach § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III i.V.m. § 193 Abs. 1 SGB III in der bis zur Aufhebung der Alhi-Vorschriften durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I 2954) geltenden Fassung ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. § 193 Abs. 2 SGB III bestimmt darüber hinaus, dass nicht bedürftig ein Arbeitsloser ist, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Die in § 193 SGB III getroffene Regelung wird durch die AlhiV vom 13. Dezember 2001 (BGBl I S. 3734) - AlhiV 2002 -, i.d.F. des Art. 11 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 4607, 4619) – AlhiV 2003 - (§ 4 AlhiV 2002 und § 4 AlhiV 2003), konkretisiert. Nach § 1 Abs. 1 AlhiV 2003 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und u.a. seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Abzustellen ist dabei gemäß § 1 Abs. 4 S. 2 AlhiV 2003 auf den Zeitpunkt der Antragstellung, hier den 12. Februar 2002. Dahingestellt bleiben kann, ob entgegen dem Wortlaut bei verständiger Auslegung der Tag maßgeblich zu sein hat, ab dem aus dem Vermögen der Bedarf anstelle der Alhi vorrangig zu decken ist (so wohl: BSG, 25.5.2005 – B 11a/11 AL 51/04 R – NZS 2006, 381; vgl. hierzu: Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand: XII/05, Rn. 79e m.w.N.), hier den 13. Februar 2002, da insoweit keine wesentliche Änderung des Vermögens festzustellen ist.
Der Freibetrag beträgt wiederum nach § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 520 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen. § 1 Abs. 2 AlhiV 2003 mit einem Freibetrag von nur 200 EUR ist gemäß § 2 Abs. 2 AlhiV 2003 im laufenden Bezug nicht anzuwenden, wenn ein Anspruch auf Alhi vom 1. Oktober 2002 bis 31. Dezember 2002 bestanden hat.
Der Freibetrag für die Klägerin beträgt damit insgesamt 22.880 EUR (umgerechnet 44.749,39 DM).
Bedürftigkeit ist ausgeschlossen, weil die Klägerin im Antragszeitpunkt über ein Vermögen von mindestens 70.000 DM verfügt hat. Eine Umrechnung des Vermögens auf einen fiktiven Verbrauchszeitraum hat nicht zu erfolgen, weil § 9 AlhiV 1974 mit Wirkung zum 1. Januar 2002 gestrichen ist.
Es bleibt jedenfalls zu Lasten der Klägerin unbewiesen, dass sie das Vermögen nur treuhänderisch für die Zeugin übernommen haben soll, um gegenüber den Geschwistern die Vermögenslage der Zeugin zu verschleiern.
Hierfür sind folgende Gesichtspunkte unter Berücksichtigung der Vernehmung der Zeugin und Befragung der Klägerin im Termin zur Beweisaufnahme vom 7. Mai 2010 maßgeblich:
Die Klägerin hat zunächst gesagt, sie habe das Blatt über die Aufstellung ihrer Verbindlichkeiten bei der Zeugin zerrissen, nachdem sie ihr die 70.000 DM gegeben habe. Erst auf Vorhalt wieso dann die Zeugin noch am 14. März 2003 eine Aufstellung habe fertigen können, sagte sie dann, es habe weitere Blätter gegeben, die ihre Mutter als Doppel - geführt habe. Die Zeugin wiederum hat zunächst gesagt, Aufzeichnungen über die Verbindlichkeiten der Klägerin habe es nicht gegeben. Auf Vorhalt hat sie dann eingeräumt, es müsse ein Notizbuch verwandt worden sein, über das sie mittlerweile nicht mehr verfüge. Auf Vorhalt, wie sie ohne Aufzeichnungen die maschinenschriftliche Aufstellung für das Gericht habe fertigen können, räumte sie ein, zu dem Zeitpunkt muss das Notizbuch noch vorhanden gewesen sein. Auch war sie unsicher, ob es ein Notizbuch gewesen ist oder wie von der Klägerin behauptet einzelne DIN A4 Blätter gewesen sind.
Unglaubhaft ist die Behauptung der Zeugin, sie habe noch für das Rücknahmeverfahren eine Aufstellung anhand des Notizbuches gefertigt, das Buch im Original gleichwohl verloren. Zu einem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte bereits das Rücknahmeverfahren eingeleitet hatte, hätte die nach dem persönlichen Eindruck des Berichterstatters geschäftlich erfahrene und handlungssichere Zeugin wissen müssen, dass es sich um eine wesentliche Urkunde handelt, um die behauptete Treuhandvereinbarung beweisen zu können. Eine Vernichtung oder Verlegung der Urkunde zu diesem Zeitpunkt überzeugt daher nicht. Es liegt vielmehr der Verdacht nahe, dass die bei Gericht vorgelegte maschinenschriftliche Aufstellung nachträglich konstruiert ist.
Weiter ist das Motiv nicht nachvollziehbar, wieso das Vermögen gegenüber den Geschwistern auf diesem Wege hätte verschleiert werden sollen. Es hätte ohne Weiteres ausgereicht, das Sparbuch auf dem Namen der Zeugin an einem Ort aufzubewahren, zu dem die Geschwister keinen Zugriff haben. Notfalls hätte sie es sogar in der Wohnung der Klägerin deponieren können. So drängt sich der Verdacht auf, die Zeugin wollte gegenüber den Geschwistern eher verschleiern, der Klägerin das streitige Vermögen zugewendet zu haben. Allein das würde auch erklären, wieso die Klägerin eine Vernehmung der Geschwister als Zeugen vereitelt hat. Ein Umstand, der ebenfalls zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen ist.
Schließlich haben Klägerin und Zeugin nichts substantiiert und im Einzelnen belegbar zur weiteren Verwendung des Vermögens nach Auflösung der Konten vorgebracht.
Ein Verbrauch des Vermögens ist zumindest bis 20. Juni 2002 nicht erfolgt.
Es ist der Klägerin auch unter Berücksichtigung ihres subjektiven Beurteilungsvermögens vorzuwerfen, im Antragsformblatt das Vermögen nicht angegeben zu haben.
Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss; dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff).
Die als langjährige Einzelhandelskauffrau geschäftlich erfahrene Klägerin hätte zumindest wissen müssen, dass auf ihren Namen lautende Sparbücher bei der Nachfrage nach Vermögen anzugeben sind. Zumindest hätte es sich ihr aufdrängen müssen, deswegen die Beklagte im Einzelnen zu fragen.
Die erforderlichen Rücknahmefristen sind von der Beklagten eingehalten.
Ebenso hat die Beklagte zutreffend Erstattungsbeträge für übernommene Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 592,04 EUR und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 42,01 EUR für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 20. Juni 2002 festgesetzt.
Der Ersatzanspruch nach § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III setzt voraus, dass die BA für den Leistungsbezieher Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bzw. zur sozialen Pflegeversicherung bezahlt hat, die Entscheidung über die Leistung, die den Grund für die Beitragszahlung gebildet hat, rückwirkend aufgehoben und die Leistung (durch Verwaltungsakt) zurückgefordert ist. Der Ersatzanspruch setzt nach der Rechtsprechung des BSG darüber hinaus voraus, dass der Leistungsempfänger pflichtwidrig gehandelt hat und für den Zeitraum, für den die Leistung zurückgefordert worden ist, kein weiteres Kranken- oder Pflegeversicherungsverhältnis iS des § 335 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 SGB III bestanden hat und (deshalb) kein Anspruch der BA gegen die auf Grund des Leistungsbezuges zuständigen Kranken- oder Pflegekasse nach § 335 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 SGB III besteht. Erforderlich ist schließlich, dass die Beklagte die Beiträge dem Grunde und der Höhe nach auch zu Recht gezahlt hat. Für die zutreffende Beitragshöhe kommt es insbesondere auf die zu Grunde zu legenden beitragspflichtigen Einnahmen (vgl. § 232a Abs. 1 SGB V, § 57 Abs. 1 SGB XI) sowie auf den jeweiligen Beitragssatz an (zu allem mit weiteren Nachweisen: BSG, 18.5.2010 - B 7 AL 16/09 R).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Rücknahme der Alhi-Bewilligung erfolgte, weil die Klägerin ihre Mitteilungspflicht verletzt hat. Ein anderes Kranken- oder Pflegeversicherungsverhältnis hat nicht bestanden. Unter Berücksichtigung eines Beitragssatzes für die gesetzliche Krankenversicherung von 14,5 % für 2002 und 15,2 % für 2003 sowie für die soziale Pflegeversicherung in Höhe von 1,7 % hat die Beklagte auch in zutreffender Höhe Beiträge gezahlt und zur Erstattung festgesetzt.
Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten für den Zeitraum vom 21. Juni 2002 bis 24. Juni 2003 ist materiell-rechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Abzustellen ist bei einer Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 1. Var. SGG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung, hier des Widerspruchsbescheids vom 21. November 2003.
Nach der Sach- und Rechtslage zu diesem Zeitpunkt ist der Erstattungsbetrag gemäß § 50 Abs. 1 SGB X rechtmäßig festgesetzt, weil insoweit die Beklagte zugleich die Bewilligung von Alhi in derselben Höhe rechtmäßig aufgehoben hat.
Die Beklagte durfte ihre Aufhebungsentscheidung allerdings nicht darauf stützen, wiederkehrende Zinseinnahmen in Höhe von 3.158,00 DM jährlich hätten als anzurechnendes Einkommen die Bedürftigkeit der Klägerin ausgeschlossen. Der vorbenannte Betrag fußt allein auf den Freistellungsaufträgen der Klägerin für das Kalenderjahr 2001. Kapitalerträge ab 21. Juni 2002 aus Vermögen der Klägerin sind damit nicht nachgewiesen.
Das ist gleichwohl unschädlich, weil der Verfügungssatz der Beklagten unverändert auf eine andere Befugnisgrundlage nach § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 und S. 3 SGB X gestützt werden kann.
Danach ist bei einer Änderung wesentlicher tatsächlicher oder rechtlicher Verhältnisse nach Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung dieser auch für die Vergangenheit aufzuheben, wenn Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile des Sozialgesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.
Die Aufhebung hat innerhalb von zehn Jahren nach Erlass des Bewilligungsbescheids und innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Aufhebung rechtfertigenden Tatsachen zu erfolgen.
Die Klägerin hat mit Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Juni 2002 mit Bescheid des RV vom 26. August 2003 Einkommen erzielt, das zum Wegfall des Anspruchs führt. Zwar tritt gemäß §§ 198 S. 2 Nr. 6, 202 Abs. 2 1. Hs., 142 S. 1 Nr. 3 SGB III nur eine Ruhenswirkung ein. Diese ist dem Wegfall aber gleichzustellen (BSG für Arbeitslosengeld nach AFG: 13.8.1986 - 7 RAr 33/85). Im Wege der Fiktion nach § 48 Abs. 1 S. 3 SGB X ist die Rente unabhängig vom tatsächlichen Zufluss dem Zeitraum zuzuordnen, für den sie gezahlt ist (zuletzt für SGB II: BSG, 23.11.2006 - B 11b AS 17/06 B mwN). Die Rente ist auch zuerkannt im Sinne des § 142 S. 1 Nr. 3 SGB III, weil der RV gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 9. Oktober 2003 eindeutig mitgeteilt hat, auch die Nachzahlung an sie auszuzahlen, soweit die Beklagte keinen Erstattungsanspruch geltend gemacht hat (vgl. BSG, 20.9.2001 - B 11 AL 35/01 R). Die Differenz zwischen geleisteter Alhi und geltend gemachtem Erstattungsanspruch entspricht genau dem Betrag, in dessen Höhe die Beklagte die Alhi-Bewilligung ab 21. Juni 2002 aufgehoben hat (wöchentlich 30,10 EUR).
Der Rückabwicklung gegenüber der Klägerin steht nicht die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X entgegen. Das BSG hat in den Gründen seiner Zurückverweisung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Erstattungsanspruch erst im Zeitpunkt der Bewilligung der Rente entstehen kann. Zu diesem Zeitpunkt hat die Beklagte bereits den Aufhebungsbescheid vom 22. April 2002 erlassen. Deshalb hat sie zutreffend keinen Erstattungsanspruch geltend gemacht, soweit sie geleistete Alhi in Höhe von 30,10 EUR wöchentlich mit diesem Bescheid bereits aufgehoben hat.
Die zu beachtenden Fristen für eine Aufhebung hat die Beklagte beachtet.
Die Kostenentscheidung beruht auf dem Ausgang des Rechtsstreits gemäß § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Auch Kosten der zweiten und dritten Instanz sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 20. Juni 2002 bewilligte Arbeitslosenhilfe (Alhi) vollständig und für den Zeitraum vom 21. Juni 2002 bis 24. Januar 2003 teilweise zurückgenommen und Erstattungsansprüche für zurückgenommene Alhi sowie geleistete Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 20. Juni 2002 festgesetzt hat.
Die 1948 geborene Klägerin war vom 12. März 1984 bis zum 31. Dezember 1997 als Verkäuferin im Einzelhandel versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend erhielt sie bis zum 22. März 1998 Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Auf ihre Arbeitslosmeldung bewilligte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 30. April 1998 Arbeitslosengeld für längstens 789 Tage nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt in Höhe von 740,00 DM ab dem 24. März 1998. Zuletzt bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 19. August 2001 Arbeitslosengeld nach einem gerundeten Bemessungsentgelt in Höhe von 760,00 DM, bzw. ab 1. Januar 2002 385,00 EUR bis zur Anspruchserschöpfung zum 17. Januar 2002 weiter.
Die Klägerin beantragte erstmals am 8. Januar 2002 Alhi. Dabei verneinte sie im Antragsformblatt der Beklagten, über Vermögen zu verfügen. Zugleich bestätigte sie schriftlich, das Merkblatt Ib für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Aufgrund des Krankengeldbezuges vom 18. Januar 2002 bis 12. Februar 2002 meldete sie sich erneut am 12. Februar 2002 zum 13. Februar 2002 arbeitslos. Im Antragsformblatt bestätigte sie die Angaben wie zuvor am 8. Januar 2002. Mit Bescheid vom 6. März 2002 bewilligte die Beklagte der Klägerin Alhi ab dem 13. Februar 2002 nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 385,00 EUR in Höhe des allgemeinen Leistungssatzes, Leistungsgruppe A in Höhe von 135,10 EUR wöchentlich (19,30 EUR täglich). Mit Änderungsbescheid vom 8. Januar 2003 änderte die Beklagte die Bewilligung ab dem 1. Januar 2003 auf 134,33 EUR wöchentlich ab.
Die Klägerin hatte für das Kalenderjahr 2001 Freistellungsaufträge in Höhe von insgesamt 3.158,00 DM für die A-Stadter X-bank e.G. (X.) und die C. (C.) erteilt. Auf weitere Ermittlungen teilte die C. mit Schreiben vom 24. Januar 2003 der Beklagten mit, dass für fünf Konten der Klägerin Kapitalerträge zu verzeichnen seien. Von geringfügigen Beträgen in Höhe von höchstens 3,61 DM abgesehen, handelt es sich um folgende Erträge:
1. Kontonummer xxx1 (Konto xxx1) mit Wertstellung zum 20.06.2002 90,08 DM und
2. Kontonummer xxx2 (Konto xxx2) mit Wertstellung zum 20.12.2002 818,60 DM.
Die Mutter der Klägerin (Zeugin) gab mit Schreiben vom 30. Januar 2003 an, bei dem Konto xxx1 habe es sich um eine Geldanlage zum 20. Dezember 2001 in Höhe von 15.000,00 DM mit einer Laufzeit von 6 Monaten und bei dem Konto xxx2 um eine Geldanlage zum 20. Dezember 2001 in Höhe von 55.000,00 DM mit einer Laufzeit von 12 Monaten gehandelt. Es handele sich dabei um ihr Vermögen und nicht das der Klägerin. Sie habe ihr Vermögen nur auf den Namen der Klägerin angelegt, um nicht weiteren finanziellen Begehrlichkeiten der übrigen Geschwister der Klägerin ausgesetzt zu sein. Beide Geldanlagen seien inzwischen an sie ausgezahlt und die Konten aufgelöst worden. Zudem legte sie Einzahlungsbelege zum 20. Dezember 2001 für beide Konten vor. Weiter fügte sie eine Übersicht der C. über erloschene Konten bei, aus der ersichtlich ist, dass das Konto xxx2 zum 24. Januar 2003 und das Konto xxx1 zum 20. Juni 2002 geschlossen ist. Für das Konto xxx2 ist weiter vermerkt, es sei ein Übertrag innerhalb des eigenen Instituts erfolgt. Einer Produktübersicht der X. vom 27. Januar 2003 ist keine relevante Wertstellung zu entnehmen. In einer weiteren Auskunft vom 13. März 2003 teilte die C. mit, das Konto xxx1 sei am 20. Juni 2002 aufgelöst und das Konto xxx2 am 20. Dezember 2002 auf 5.000,00 EUR reduziert und neu angelegt. Im Januar 2003 sei das Konto xxx2 dann auf die Zeugin umgeschrieben worden. Mit weiterem Schreiben vom 14. März 2003 bestätigte die Zeugin nochmals ihre bisherigen Angaben. Ergänzend führte sie aus, sie habe der Klägerin vor 1989 bis 1999 insgesamt 80.250,00 DM geliehen. Das Geld habe sie vor allem für eine Hormonbehandlung wegen Kinderwunsches zur Verfügung gestellt. Im Dezember 2001 habe sie dann von der Klägerin 70.000,00 DM als Rückzahlung der Darlehen erhalten, welche dann entsprechend auf die Konten xxx1 und xxx2 angelegt worden seien. Das Konto xxx2 mit einem Restbetrag von 5.000,00 EUR (Neuanlage) habe sie am 24. Januar 2003 auf ihren Namen umschreiben lassen, weil die Klägerin das Anhörungsschreiben vom 6. Januar 2003 zu den Freistellungsaufträgen erhalten habe. Beigefügt ist dem Schreiben eine handschriftliche Aufstellung geleisteter Zahlungen der Zeugin an die Klägerin von Januar 1989 bis August 1999. Wegen einer Erbschaft, die die Klägerin in den Jahren 1999 bis 2000 erhalten habe, habe sie ihr zunächst geraden, das Geld größtenteils auf der Bank zu lassen, damit sie sich davon etwas gönnen könne. Ausweislich des vorgelegten Kaufvertrages über das für die Erbschaft maßgebliche Grundstück, ist zu erkennen, dass der Klägerin abzüglich geleisteter Verbindlichkeiten aus der Erbschaft ein Betrag in Höhe von 70.000,00 DM zugestanden hat. Zudem gab die Klägerin mit Schreiben vom 17. März 2003 an, ihre Abfindung in Höhe von 40.000,00 DM schon vor vielen Jahren aufgebraucht zu haben.
Mit Schreiben vom 21. März 2003 hörte die Beklagte die Klägerin zur vorgesehenen Rücknahme und Erstattung geleisteter Arbeitslosenhilfe sowie übernommener Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 24. Januar 2003 an.
Mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 22. April 2003 nahm die Beklagte die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 20. Juni 2002 vollständig zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe in der oben angegebenen Zeit über Vermögen in Höhe von 70.000,00 DM (35.790,43 EUR) verfügt. Deswegen sei sie nicht bedürftig gewesen. Insoweit habe sie geleistete Alhi in Höhe von 2.470,40 EUR und übernommene Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 592,04 EUR und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 42,01 EUR zu erstatten. Mit weiterem Bescheid vom 22. April 2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi auch für die Zeit vom 21. Juni 2002 bis 24. Juni 2003 in Höhe von 937,40 EUR auf. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe Zinseinnahmen aus vorhandenem Vermögen erzielt, welches in Höhe von 30,10 EUR wöchentlich auf die ab dem 21. Juni 2002 zustehende Alhi anzurechnen sei. Aus dem Berechnungsbogen auf Bl. 198 der Leistungsakte der Beklagten ist zu entnehmen, dass dabei die Beklagte Zinsen nach Maßgabe des Freistellungsauftrages für das Jahr 2001 in Höhe von 3.158,00 DM berücksichtigt und anteilig auf den entsprechenden Zeitraum unter Abzug angemessener Versicherungen in Höhe von 3 % des Einkommens aufgeteilt hat. Daraus ergebe sich ein Erstattungsbetrag in Höhe von insgesamt 937,40 EUR.
Gegen beide Bescheide legte die Klägerin am 16. Mai 2003 schriftlich Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, wie bereits vorgetragen seien die 70.000,00 DM Vermögen der Zeugin gewesen. Auch die Zinseinnahmen seien an sie geflossen.
Mit Rentenbescheid vom 26. August 2003 bewilligte der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (RV) der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab dem 1. Juni 2002. Die Beklagte machte deshalb gegenüber dem Rentenversicherungsträger ab dem 21. Juni 2002 einen Erstattungsanspruch für gezahlte Alhi abzüglich der teilweisen Rücknahme mit angefochtenem Bescheid (30,10 EUR wöchentlich) nach § 103 SGB X geltend (wöchentlich 105,00 EUR für 2002 und 104,23 EUR für 2003). Unter Abzug des Erstattungsanspruchs zahlte der RV den Nachzahlungsbetrag für den Zeitraum ab 1. Juni 2002 an die Klägerin laut an sie gerichtetem Schreiben vom 9. Oktober 2003 aus. Dabei wurde im Wege der Verrechnung aufgrund einer bestandskräftigen Forderung der Beklagten ein weiterer Betrag in Höhe von 266,50 EUR abgezogen.
Die Widersprüche der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 2003 als unbegründet zurück. Im Wesentlichen führte sie hierzu aus, die Klägerin könne nicht damit gehört werden, das Vermögen habe der Zeugin gehört, weil sie insoweit den Rechtsschein der Inhaberschaft gegen sich gelten lassen müsse.
Hiergegen hat die Klägerin am 20. Dezember 2003 bei dem Sozialgericht Wiesbaden (SG) Klage erhoben. Die Beteiligten haben ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Ergänzend hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mitgeteilt, die Klägerin habe später einen Teil der für die Mutter angelegten Gelder zurückgezahlt und nur noch 15.000,00 DM (gemeint sind wohl 5.000,00 DM) auf den eigenen Namen angelegt behalten.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 4. April 2005 die Klage als unbegründet abgewiesen. Hierzu hat es ausgeführt, für die Vermögensstellung sei der Rechtsschein ausreichend. Hilfsweise habe ohnehin ab dem 1. Juni 2002 ein vorrangig zu berücksichtigender Rentenanspruch bestanden, der die Bedürftigkeit ausschließe. Der Klägerin sei vorzuwerfen, zumindest grob fahrlässig das Vermögen in den Antragsformblättern der Beklagten verneint zu haben.
Gegen den am 8. April 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 7. Mai 2005 bei dem Hessischen Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt.
Der Senat hat mit Urteil vom 28. Oktober 2005 unter Einbeziehung des Bescheids vom 22. April 2003 für den Bewilligungszeitraum ab 21. Juni 2002 die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Klägerin sei bereits zu Beginn ihres Alhi-Bezuges nicht bedürftig gewesen, weil sie über verwertbares Vermögen verfügt habe. Nach dem äußeren Schein habe die Klägerin über die ihr im Dezember 2001 überwiesenen und auf ihren Namen eingerichteten Sparguthaben in Höhe von 70.000,00 DM volle Vermögensinhaberschaft besessen. Ob das Vermögen der Klägerin zuzurechnen sei, könne indes dahingestellt bleiben. Selbst wenn man also die Richtigkeit der Darstellung der Klägerin unterstellen würde, käme vorliegend die Rechtsfigur der verdeckten Treuhand zur Anwendung. Nach ständiger Rechtsprechung des LSG müsste sich aber derjenige, der – und sei es auch als verdeckter Treuhänder – den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft erzeuge, hierin im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung durch den Sozialleistungsträger festhalten lassen. Die rechtswidrige Bewilligung von Alhi beruhe darauf, dass die Klägerin zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht habe.
Auf die von dem LSG zugelassene Revision hat das BSG mit Urteil vom 28. August 2007 das Urteil des Senats vom 7. Mai 2005 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Seine Entscheidung hat es darauf gestützt, dass es nicht der Rechtsauffassung des LSG folge, bei einer verdeckten Treuhand müsse der Treuhänder den Rechtsschein der Vermögensinhaberschaft gegen sich gelten lassen. Deswegen habe das LSG anhand aller Umstände des Einzelfalles zu ermitteln, ob und gegebenenfalls mit welchem Inhalt die Klägerin mit der Zeugin überhaupt Vereinbarungen getroffen habe. Insoweit sei zu ermitteln, welches Vermögen die Klägerin bei Antragstellung und dann ab dem 21. Juni 2002 besessen habe und worauf ab diesem Zeitpunkt die Zinsen geflossen seien. Ebenso wenig nachprüfbar sei die Zuordnung der Zinsen auf den Zeitraum vom 21. Juni 2002 bis 24. Januar 2003. Schließlich fehlten jegliche Feststellungen zur Höhe der Erstattungsforderung nach § 50 Abs. 1 SGB X und zum Ersatzanspruch nach § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB III. Zu beachten sei weiter, dass insoweit die Klägerin die objektive Beweislast zu tragen habe, soweit in ihrer Sphäre wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar seien. Dabei ist das BSG davon ausgegangen, das SG habe über den Bescheid vom 22. April 2003 nur entschieden, soweit der Bewilligungszeitraum bis 20. Juni 2002 betroffen ist.
Der Berichterstatter hat in einem Termin zur Beweisaufnahme am 7. Mai 2010 im Gebäude des Sozialgerichts Wiesbaden die Zeugin zur Vermögensinhaberschaft vernommen, weil ihr aus gesundheitlichen Gründen eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung in Darmstadt nicht zugemutet werden kann. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Die Beklagte hat im Termin vom 7. Mai 2010 zur Niederschrift zugesichert, den Schadensausgleich nach § 153a StPO auf den Erstattungsbetrag anzurechnen.
Die Beteiligten wiederholen ihr bisheriges Vorbringen. Die Klägerin erklärt weiter, die Zeugin würde das Heft, in dem die Geldleistungen an sie aufgezeichnet seien, nicht mehr auffinden. Die Anschrift der Geschwister würde sie nicht mitteilen, weil eine Zeugenvernehmung erheblichen familiären Streit heraufbeschwören würde.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 4. April 2005 sowie die Bescheide der Beklagten vom 22. April 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. November 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten und dem Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte der Beklagten sowie der beigezogenen Akten der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Wiesbaden, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg, weil das SG im Ergebnis zu Recht die Klage gegen die Bescheide vom 22. April 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. November 2003 abgewiesen hat.
Entgegen der Auffassung des BSG, die wohl nur auf einem Versehen beruhen kann, hat das SG über die Klage hinsichtlich beider Bescheide vom 22. April 2003 in der Sache entschieden. Ersichtlich ist das, weil im Klageantrag und in den Entscheidungsgründen bei der Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Bescheide ausdrücklich beide Bescheide benannt sind (Bescheide statt Bescheid).
Die angefochtenen Bescheide sind formell nicht zu beanstanden. Insbesondere die nach § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung der Klägerin ist erfolgt.
Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 20. Juni 2002 ist rechtmäßig.
Die Beklagte durfte einen Erstattungsbetrag für gezahlte Alhi in Höhe von 2.470,40 EUR nach § 50 Abs. 1 SGB X für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 20. Juni 2002 festsetzen, weil sie zugleich den zugrundeliegenden Bewilligungsbescheid vom 6. März 2002 zu Recht nach § 330 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 45 Abs. 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 2, Abs. 3 S. 3, Abs. 4 SGB X für denselben Zeitraum zurückgenommen hat.
Danach ist ein anfänglich rechtswidriger Bewilligungsbescheid auch mit Wirkung für die Vergangenheit unter anderem zurückzunehmen, wenn er auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Die Rücknahme hat innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Bescheides zu erfolgen. Die Behörde hat das innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen zu tun.
Der Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 6. März 2002 ist anfänglich rechtswidrig.
Nach § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III i.V.m. § 193 Abs. 1 SGB III in der bis zur Aufhebung der Alhi-Vorschriften durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I 2954) geltenden Fassung ist bedürftig ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. § 193 Abs. 2 SGB III bestimmt darüber hinaus, dass nicht bedürftig ein Arbeitsloser ist, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Alhi nicht gerechtfertigt ist. Die in § 193 SGB III getroffene Regelung wird durch die AlhiV vom 13. Dezember 2001 (BGBl I S. 3734) - AlhiV 2002 -, i.d.F. des Art. 11 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002 (BGBl I 4607, 4619) – AlhiV 2003 - (§ 4 AlhiV 2002 und § 4 AlhiV 2003), konkretisiert. Nach § 1 Abs. 1 AlhiV 2003 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und u.a. seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Abzustellen ist dabei gemäß § 1 Abs. 4 S. 2 AlhiV 2003 auf den Zeitpunkt der Antragstellung, hier den 12. Februar 2002. Dahingestellt bleiben kann, ob entgegen dem Wortlaut bei verständiger Auslegung der Tag maßgeblich zu sein hat, ab dem aus dem Vermögen der Bedarf anstelle der Alhi vorrangig zu decken ist (so wohl: BSG, 25.5.2005 – B 11a/11 AL 51/04 R – NZS 2006, 381; vgl. hierzu: Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand: XII/05, Rn. 79e m.w.N.), hier den 13. Februar 2002, da insoweit keine wesentliche Änderung des Vermögens festzustellen ist.
Der Freibetrag beträgt wiederum nach § 1 Abs. 2 AlhiV 2002 520 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen. § 1 Abs. 2 AlhiV 2003 mit einem Freibetrag von nur 200 EUR ist gemäß § 2 Abs. 2 AlhiV 2003 im laufenden Bezug nicht anzuwenden, wenn ein Anspruch auf Alhi vom 1. Oktober 2002 bis 31. Dezember 2002 bestanden hat.
Der Freibetrag für die Klägerin beträgt damit insgesamt 22.880 EUR (umgerechnet 44.749,39 DM).
Bedürftigkeit ist ausgeschlossen, weil die Klägerin im Antragszeitpunkt über ein Vermögen von mindestens 70.000 DM verfügt hat. Eine Umrechnung des Vermögens auf einen fiktiven Verbrauchszeitraum hat nicht zu erfolgen, weil § 9 AlhiV 1974 mit Wirkung zum 1. Januar 2002 gestrichen ist.
Es bleibt jedenfalls zu Lasten der Klägerin unbewiesen, dass sie das Vermögen nur treuhänderisch für die Zeugin übernommen haben soll, um gegenüber den Geschwistern die Vermögenslage der Zeugin zu verschleiern.
Hierfür sind folgende Gesichtspunkte unter Berücksichtigung der Vernehmung der Zeugin und Befragung der Klägerin im Termin zur Beweisaufnahme vom 7. Mai 2010 maßgeblich:
Die Klägerin hat zunächst gesagt, sie habe das Blatt über die Aufstellung ihrer Verbindlichkeiten bei der Zeugin zerrissen, nachdem sie ihr die 70.000 DM gegeben habe. Erst auf Vorhalt wieso dann die Zeugin noch am 14. März 2003 eine Aufstellung habe fertigen können, sagte sie dann, es habe weitere Blätter gegeben, die ihre Mutter als Doppel - geführt habe. Die Zeugin wiederum hat zunächst gesagt, Aufzeichnungen über die Verbindlichkeiten der Klägerin habe es nicht gegeben. Auf Vorhalt hat sie dann eingeräumt, es müsse ein Notizbuch verwandt worden sein, über das sie mittlerweile nicht mehr verfüge. Auf Vorhalt, wie sie ohne Aufzeichnungen die maschinenschriftliche Aufstellung für das Gericht habe fertigen können, räumte sie ein, zu dem Zeitpunkt muss das Notizbuch noch vorhanden gewesen sein. Auch war sie unsicher, ob es ein Notizbuch gewesen ist oder wie von der Klägerin behauptet einzelne DIN A4 Blätter gewesen sind.
Unglaubhaft ist die Behauptung der Zeugin, sie habe noch für das Rücknahmeverfahren eine Aufstellung anhand des Notizbuches gefertigt, das Buch im Original gleichwohl verloren. Zu einem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte bereits das Rücknahmeverfahren eingeleitet hatte, hätte die nach dem persönlichen Eindruck des Berichterstatters geschäftlich erfahrene und handlungssichere Zeugin wissen müssen, dass es sich um eine wesentliche Urkunde handelt, um die behauptete Treuhandvereinbarung beweisen zu können. Eine Vernichtung oder Verlegung der Urkunde zu diesem Zeitpunkt überzeugt daher nicht. Es liegt vielmehr der Verdacht nahe, dass die bei Gericht vorgelegte maschinenschriftliche Aufstellung nachträglich konstruiert ist.
Weiter ist das Motiv nicht nachvollziehbar, wieso das Vermögen gegenüber den Geschwistern auf diesem Wege hätte verschleiert werden sollen. Es hätte ohne Weiteres ausgereicht, das Sparbuch auf dem Namen der Zeugin an einem Ort aufzubewahren, zu dem die Geschwister keinen Zugriff haben. Notfalls hätte sie es sogar in der Wohnung der Klägerin deponieren können. So drängt sich der Verdacht auf, die Zeugin wollte gegenüber den Geschwistern eher verschleiern, der Klägerin das streitige Vermögen zugewendet zu haben. Allein das würde auch erklären, wieso die Klägerin eine Vernehmung der Geschwister als Zeugen vereitelt hat. Ein Umstand, der ebenfalls zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen ist.
Schließlich haben Klägerin und Zeugin nichts substantiiert und im Einzelnen belegbar zur weiteren Verwendung des Vermögens nach Auflösung der Konten vorgebracht.
Ein Verbrauch des Vermögens ist zumindest bis 20. Juni 2002 nicht erfolgt.
Es ist der Klägerin auch unter Berücksichtigung ihres subjektiven Beurteilungsvermögens vorzuwerfen, im Antragsformblatt das Vermögen nicht angegeben zu haben.
Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss; dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff).
Die als langjährige Einzelhandelskauffrau geschäftlich erfahrene Klägerin hätte zumindest wissen müssen, dass auf ihren Namen lautende Sparbücher bei der Nachfrage nach Vermögen anzugeben sind. Zumindest hätte es sich ihr aufdrängen müssen, deswegen die Beklagte im Einzelnen zu fragen.
Die erforderlichen Rücknahmefristen sind von der Beklagten eingehalten.
Ebenso hat die Beklagte zutreffend Erstattungsbeträge für übernommene Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von 592,04 EUR und sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 42,01 EUR für den Zeitraum vom 13. Februar 2002 bis 20. Juni 2002 festgesetzt.
Der Ersatzanspruch nach § 335 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 SGB III setzt voraus, dass die BA für den Leistungsbezieher Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bzw. zur sozialen Pflegeversicherung bezahlt hat, die Entscheidung über die Leistung, die den Grund für die Beitragszahlung gebildet hat, rückwirkend aufgehoben und die Leistung (durch Verwaltungsakt) zurückgefordert ist. Der Ersatzanspruch setzt nach der Rechtsprechung des BSG darüber hinaus voraus, dass der Leistungsempfänger pflichtwidrig gehandelt hat und für den Zeitraum, für den die Leistung zurückgefordert worden ist, kein weiteres Kranken- oder Pflegeversicherungsverhältnis iS des § 335 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 SGB III bestanden hat und (deshalb) kein Anspruch der BA gegen die auf Grund des Leistungsbezuges zuständigen Kranken- oder Pflegekasse nach § 335 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 SGB III besteht. Erforderlich ist schließlich, dass die Beklagte die Beiträge dem Grunde und der Höhe nach auch zu Recht gezahlt hat. Für die zutreffende Beitragshöhe kommt es insbesondere auf die zu Grunde zu legenden beitragspflichtigen Einnahmen (vgl. § 232a Abs. 1 SGB V, § 57 Abs. 1 SGB XI) sowie auf den jeweiligen Beitragssatz an (zu allem mit weiteren Nachweisen: BSG, 18.5.2010 - B 7 AL 16/09 R).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Rücknahme der Alhi-Bewilligung erfolgte, weil die Klägerin ihre Mitteilungspflicht verletzt hat. Ein anderes Kranken- oder Pflegeversicherungsverhältnis hat nicht bestanden. Unter Berücksichtigung eines Beitragssatzes für die gesetzliche Krankenversicherung von 14,5 % für 2002 und 15,2 % für 2003 sowie für die soziale Pflegeversicherung in Höhe von 1,7 % hat die Beklagte auch in zutreffender Höhe Beiträge gezahlt und zur Erstattung festgesetzt.
Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten für den Zeitraum vom 21. Juni 2002 bis 24. Juni 2003 ist materiell-rechtlich im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Abzustellen ist bei einer Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 1. Var. SGG auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung, hier des Widerspruchsbescheids vom 21. November 2003.
Nach der Sach- und Rechtslage zu diesem Zeitpunkt ist der Erstattungsbetrag gemäß § 50 Abs. 1 SGB X rechtmäßig festgesetzt, weil insoweit die Beklagte zugleich die Bewilligung von Alhi in derselben Höhe rechtmäßig aufgehoben hat.
Die Beklagte durfte ihre Aufhebungsentscheidung allerdings nicht darauf stützen, wiederkehrende Zinseinnahmen in Höhe von 3.158,00 DM jährlich hätten als anzurechnendes Einkommen die Bedürftigkeit der Klägerin ausgeschlossen. Der vorbenannte Betrag fußt allein auf den Freistellungsaufträgen der Klägerin für das Kalenderjahr 2001. Kapitalerträge ab 21. Juni 2002 aus Vermögen der Klägerin sind damit nicht nachgewiesen.
Das ist gleichwohl unschädlich, weil der Verfügungssatz der Beklagten unverändert auf eine andere Befugnisgrundlage nach § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 und S. 3 SGB X gestützt werden kann.
Danach ist bei einer Änderung wesentlicher tatsächlicher oder rechtlicher Verhältnisse nach Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung dieser auch für die Vergangenheit aufzuheben, wenn Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum aufgrund der besonderen Teile des Sozialgesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.
Die Aufhebung hat innerhalb von zehn Jahren nach Erlass des Bewilligungsbescheids und innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der die Aufhebung rechtfertigenden Tatsachen zu erfolgen.
Die Klägerin hat mit Bewilligung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Juni 2002 mit Bescheid des RV vom 26. August 2003 Einkommen erzielt, das zum Wegfall des Anspruchs führt. Zwar tritt gemäß §§ 198 S. 2 Nr. 6, 202 Abs. 2 1. Hs., 142 S. 1 Nr. 3 SGB III nur eine Ruhenswirkung ein. Diese ist dem Wegfall aber gleichzustellen (BSG für Arbeitslosengeld nach AFG: 13.8.1986 - 7 RAr 33/85). Im Wege der Fiktion nach § 48 Abs. 1 S. 3 SGB X ist die Rente unabhängig vom tatsächlichen Zufluss dem Zeitraum zuzuordnen, für den sie gezahlt ist (zuletzt für SGB II: BSG, 23.11.2006 - B 11b AS 17/06 B mwN). Die Rente ist auch zuerkannt im Sinne des § 142 S. 1 Nr. 3 SGB III, weil der RV gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 9. Oktober 2003 eindeutig mitgeteilt hat, auch die Nachzahlung an sie auszuzahlen, soweit die Beklagte keinen Erstattungsanspruch geltend gemacht hat (vgl. BSG, 20.9.2001 - B 11 AL 35/01 R). Die Differenz zwischen geleisteter Alhi und geltend gemachtem Erstattungsanspruch entspricht genau dem Betrag, in dessen Höhe die Beklagte die Alhi-Bewilligung ab 21. Juni 2002 aufgehoben hat (wöchentlich 30,10 EUR).
Der Rückabwicklung gegenüber der Klägerin steht nicht die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X entgegen. Das BSG hat in den Gründen seiner Zurückverweisung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Erstattungsanspruch erst im Zeitpunkt der Bewilligung der Rente entstehen kann. Zu diesem Zeitpunkt hat die Beklagte bereits den Aufhebungsbescheid vom 22. April 2002 erlassen. Deshalb hat sie zutreffend keinen Erstattungsanspruch geltend gemacht, soweit sie geleistete Alhi in Höhe von 30,10 EUR wöchentlich mit diesem Bescheid bereits aufgehoben hat.
Die zu beachtenden Fristen für eine Aufhebung hat die Beklagte beachtet.
Die Kostenentscheidung beruht auf dem Ausgang des Rechtsstreits gemäß § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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