L 5 R 138/15

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 5 R 362/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 138/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Bösgläubigkeit des Begünstigten im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X muss bereits im Zeitpunkt der Bekanntgabe des zurückzunehmenden Verwaltungsaktes vorgelegen haben. Dass der Begünstigte nachträglich von der Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung Kenntnis erlangt, genügt insoweit nicht.

2. Bei einer Korrektur eines Bescheides über die Bewilligung eines Beitragszuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung nach § 106 SGB VI ist ein Fall des § 45 SGB X gegeben, sofern bereits bei Erlass des Bewilligungsbescheides die Voraussetzungen für die Gewährung eines Beitragszuschusses objektiv nicht (mehr) vorlagen. Dass der Sozialleistungsträger hiervon erst nach Erlass des Bescheides Kenntnis erlangt, eröffnet nicht den Anwendungsbereich des § 48 SGB X.
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 23. Februar 2015 sowie der Bescheid der Beklagten vom 22. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten für beide Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rücknahme der Bewilligung von Zuschüssen zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung des Klägers und deren Erstattung in Höhe von 5.794,05 EUR.

Dem 1940 geborenen Kläger gewährte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als Rechtsvorgängerin der Beklagten Altersrente für langjährig Versicherte wegen Vollendung des 63. Lebensjahres für die Zeit ab 1. April 2005 (Bescheid vom 14. Juli 2005). Anlässlich der Rentenantragstellung hatte der Kläger unter anderem angegeben, ab Rentenbeginn weniger als 345,00 EUR zu verdienen, und außerdem beantragt, ihm einen Zuschuss zu den Aufwendungen für seine freiwillige Krankenversicherung zu gewähren.

Nachdem der Kläger von der BfA insbesondere darauf hingewiesen worden war, dass der Anspruch auf Beitragszuschuss nur bestehe, wenn er nicht gleichzeitig in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sei (Schreiben vom 13. Juli 2005) und er auf dem dafür vorgesehenen Vordruck mit Datum vom 26. Juli 2015 weitere Angaben zu seinem freiwilligen Krankenversicherungsverhältnis bei der Techniker Krankenkasse (TKK) gemacht hatte, berechnete die BfA seine Altersrente mit Bescheid vom 1. August 2005 für die Zeit ab 1. April 2005 neu. Ab 1. September 2005 ergab sich nunmehr ein monatlicher Rentenzahlbetrag von 1.071,45 EUR sowie für die Zeit vom 1. April 2005 bis 31. August 2005 eine Nachzahlung in Höhe von 335,84 EUR. Als Gründe für die Neuberechnung gab die BfA an, dass sich das Krankenversicherungsverhältnis des Klägers geändert habe. Weiter hieß es, dass der Kläger einen Anspruch auf Beitragszuschuss zur Krankenversicherung ab 1. April 2005 in Höhe von 64,45 EUR monatlich hat.

Der im System der BfA gespeicherte KV-Meldesatz (Zählernummer 002), wonach der Kläger ab 1. April 2005 die Voraussetzungen für die Krankenversicherung der Rentner (KVdR) erfülle, wurde am 22. August 2005 als fehlerhaft storniert.

Ausweislich des am 25. Januar 2012 im System der Beklagten gespeicherten weiteren KV-Meldesatzes (Zählernummer 003) ist der Kläger ab 1. April 2005 bis 14. Juni 2005 und ab 15. Juni 2005 in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert.

Daraufhin berechnete die Beklagte die Altersrente des Klägers mit Bescheid vom 1. Februar 2012 für die Zeit ab 1. Dezember 2007 neu. Ab 1. Februar 2012 ergab sich nunmehr ein monatlicher Rentenzahlbetrag von 951,19 EUR sowie für die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis 31. Januar 2012 eine Überzahlung in Höhe von 5.138,24 EUR. Zur Begründung hieß es, die Rente werde neu berechnet, weil sich das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis des Klägers geändert habe. Laut Mitteilung der Krankenkasse sei die Änderung zwar bereits zum 1. April 2005 eingetreten. Für die Zeit bis zum 30. November 2007 seien die Beitragsansprüche allerdings bereits verjährt. In der Anlage 10 des Bescheides ("Ergänzende Begründungen und Hinweise") setzte die Beklagte den Kläger außerdem von ihrer Absicht in Kenntnis, den Bescheid über die Bewilligung des Zuschusses zur Krankenversicherung vom 1. August 2005 mit Wirkung zum 1. April 2005 zurückzunehmen, die laufende Zuschusszahlung einzustellen sowie eine Überzahlung von 5.794,05 EUR (1. April 2005 bis 31. Januar 2012) zurückzufordern, und gab ihm Gelegenheit, sich hierzu zu äußern.

Hiervon machte der Kläger keinen Gebrauch, sondern erklärt mit Schreiben vom 9. März 2012 lediglich sein Einverständnis mit der Rückzahlung der 5.138,24 EUR durch monatlichen Einbehalt seiner laufenden Rente in Höhe von 120,00 EUR.

Nachdem ihr telefonisch von der TKK am 21. März 2012 mitgeteilt worden war, dass der Kläger seit Ende 2005 keine freiwilligen Krankenversicherungsbeiträge mehr gezahlt habe, nahm die Beklagte mit Bescheid vom 22. März 2012 den Bescheid über die Bewilligung des Zuschusses zur Krankenversicherung vom 1. August 2005 für die Zeit ab 1. April 2005 gemäß § 45 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) zurück und verlangte vom Kläger die Erstattung der in der Zeit vom 1. April 2005 bis 31. Januar 2012 überzahlten Leistungen in Höhe von 5.794,05 EUR. Zur Begründung führte sie aus, dass der Rentenbescheid vom 1. August 2005 von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Diese Rechtswidrigkeit habe der Kläger infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt, weil er anlässlich der Antragstellung auf seine Mitteilungspflichten hingewiesen worden sei und ihm die TKK bereits im Jahr 2005 mitgeteilt hätte, dass ab Rentenbeginn keine freiwillige Krankenversicherung mehr bestanden habe. Das ihr eingeräumte Ermessen übe sie dahingehend aus, dass im Interesse der Versichertengemeinschaft die Rückforderung erforderlich sei. Es lägen keine besonderen Umstände vor, die eine Rückforderung als unbilligen Eingriff in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers erscheinen ließen.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 20. April 2012 Widerspruch, den er damit begründete, das Geld unwissend verbraucht zu haben. Es gelte die vierjährige Verjährungsfrist. Er habe darauf vertraut, dass die Beklagte ihre Arbeit stets richtig ausführe. Noch am 28. Juli 2005 habe ihm die TKK geschrieben, dass er freiwillig krankenversichert bleibe. Weshalb er auf einmal pflichtversichert gewesen sein solle, wisse er nicht. Hierüber sei er auch nicht benachrichtigt worden. Zur Stütze seines Vortrags legte der Kläger noch diverse Unterlagen vor, darunter auch das besagte Schreiben der TKK vom 28. Juli 2005, in dem es auszugsweise wie folgt heißt:

"( ...) Da Sie weiterhin Ihre selbständige Tätigkeit ausüben, bleiben Sie freiwillig krankenversichert. Bitte informieren Sie uns, falls Ihre selbständige Tätigkeit endet.

Ihr Leistungsanspruch ändert sich nicht.

( ...)."

Unter dem 14. Juni 2012 gab die TKK auf dem ihr von der Beklagten übersandten Vordruck an, die Pflichtmitgliedschaft des Klägers in der gesetzlichen Krankenversicherung mit Bescheid vom 20. August 2005 festgestellt zu haben und dass der Kläger bis zum 31. März 2005 freiwillige Beiträge gezahlt habe.

Durch Widerspruchsbescheid vom 31. August 2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil er durch den Bescheid der TKK vom 20. August 2005 über seine Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung in Kenntnis gesetzt worden sei und freiwillige Beiträge auch nur bis zum 31. März 2005 gezahlt habe. Bei gehöriger Aufmerksamkeit und ohne rechtliche Überlegungen anzustellen hätte der Kläger den Fehler erkennen und sie darüber informieren können, dass er versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung sei und somit keinen Anspruch auf Beitragszuschuss habe. Bei der Ermessensausübung sei zu berücksichtigen, dass sie, die Beklagte, die Überzahlung nicht mitverschuldet habe, und auch keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die mit der Rücknahme verbundene Erstattungspflicht zu einer unbilligen Härte führe. Die gesetzlich vorgesehenen Fristen seien eingehalten und eine Verjährung im Übrigen nicht zu beachten.

Mit seiner am 18. September 2012 vor dem Sozialgericht Gießen erhobenen Klage machte der Kläger geltend, über den 31. März 2005 hinaus Pflegeversicherungsbeiträge mittels Abbuchungsauftrag gezahlt zu haben, sodass er nachvollziehbar davon habe ausgehen dürfen, auch weiterhin beitragszuschussberechtigt zu sein. Ebenso sei er der Meinung gewesen, dass die Beklagte von der Rente die Beiträge zur TKK abführe und ihm dafür im Gegenzug einen Zuschuss leiste. Er habe sämtliche erforderlichen Angaben sowohl gegenüber der TKK als auch gegenüber der Beklagten wahrheitsgemäß und zutreffend gemacht. Die eingetretene Überzahlung habe er daher nicht mitverschuldet. Er habe auf die Richtigkeit der Leistungen sowie darauf vertraut, den Zuschuss behalten zu dürfen, und sei insoweit entreichert. Mit Blick auf den Zeitraum von immerhin sieben Jahren würde das Verjährungs- und Verwirkungsmoment greifen. Die weitere Forderung der Beklagten über 5.794,05 EUR sei für ihn überraschend gewesen und könne von ihm wirtschaftlich nicht geleistet werden. Seine Rente liege mit aktuell 850,88 EUR unterhalb des Pfändungsfreibetrags.

Hierauf erwiderte die Beklagte, vom Kläger zu keiner Zeit über die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung in Kenntnis gesetzt worden zu sein. Ab 1. April 2005 habe er auch keine freiwilligen Beiträge mehr entrichtet, dennoch aber weiterhin Zuschüsse entgegen genommen. Auf schutzwürdiges Vertrauen könne sich der Kläger nicht berufen.

Durch Urteil vom 23. Februar 2015 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Kläger habe die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Hierbei sei vor allem zu berücksichtigen, dass er anlässlich der Zuschussbeantragung auf seine Verpflichtung hingewiesen worden sei, die Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung unverzüglich der Beklagten mitzuteilen. Auch aufgrund der im Rentenbescheid vom 1. August 2005 enthaltenen Hinweise hätte der Kläger erkennen können und müssen, dass der ihm zuerkannte Anspruch auf Zuschuss zu den tatsächlich nicht entstandenen - Aufwendungen zur freiwilligen Krankenversicherung nicht bestanden habe, zumal es sich hierbei um nicht unbedeutende Beträge gehandelt habe. Dass er weiterhin Pflegeversicherungsbeiträge gezahlt habe, sei in diesem Zusammenhang unbeachtlich. Die zehnjährige Rücknahmefrist sei ebenso eingehalten wie die einjährige Handlungsfrist. Das Mitverschulden der TKK, das sich die Beklagte zurechnen lassen müsse, bedeute nicht zwangsläufig, dass der Umfang der Bescheidrücknahme und damit die Höhe der Überzahlung zu reduzieren sei. Die Erstattungsforderung der Beklagten sei auch weder verjährt noch verwirkt.

Gegen das ihm am 21. April 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger noch am selben Tag Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen und betont, dass ihm die fehlerhafte Meldung der TKK nicht zugerechnet werden dürfe. Ihm könne keine grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich der Rechtswidrigkeit des Bescheides vorgeworfen werden, zumal ihn wegen der Meldepflichten und tatsächlich erfolgten Meldungen der TKK sowie der von ihm durchgängig erteilten Einzugsermächtigungen keine besonderen Informationspflichten getroffen hätten. Er habe Schwierigkeiten mit deutschen Behördenschriftstücken. Selbst für kaufmännisch geschulte Personen sei der Rentenbescheid kaum verständlich und für rentenversicherungsrechtliche Laien gar unverständlich. Eine schriftliche Mitteilung über die Umstellung des Versicherungsverhältnisses nach Rentenbeginn habe er nicht erhalten. Ihr Ermessen müsse die Beklagte dahingehend ausüben, dass sie auf eine Rückforderung verzichte.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 23. Februar 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt zunächst das erstinstanzliche Urteil.

In seiner schriftlichen Auskunft vom 17. November 2017 hat der Mitarbeiter der TKK, C., angegeben, dass der Kläger seit dem 1. August 2000 als Selbständiger freiwilliges Mitglied der TKK gewesen sei. Aufgrund der Rentenantragstellung seien zwar die Voraussetzungen der KVdR erfüllt gewesen, wegen der vorrangigen selbständigen Tätigkeit sei der Kläger jedoch zunächst freiwillig krankenversichert geblieben. Mit der Rentenbewilligung sei beim Kläger angefragt worden, ob er seine selbständige Tätigkeit auch als Rentner weiterhin ausüben werde. Seine Antwort hierauf liege der TKK zwar nicht mehr vor. Es sei jedoch davon auszugehen, dass er dies verneint habe, da nachfolgend sein Versicherungsverhältnis rückwirkend zum 1. April 2005 umgestellt worden sei. Seitdem sei der Kläger im Rahmen der KVdR pflichtversichert. Die für den Zeitraum von April 2005 bis Juli 2005 überzahlten freiwilligen Versicherungsbeiträge in Höhe von 878,28 EUR seien dem Kläger am 22. August 2005 erstattet und er auch über die Umstellung seines Versicherungsverhältnisses informiert worden. Gegenüber dem Rentenversicherungsträger sei ebenfalls eine Änderungsmeldung erfolgt, die jedoch von dort abgewiesen worden sei.

Daraufhin hat die Beklagte mit Schreiben vom 8. Dezember 2017 ein Vergleichsangebot dahingehend abgegeben, ihren Bescheid vom 1. August 2005 über die Bewilligung der Zuschüsse zur freiwilligen Krankenversicherung erst ab 22. August 2005 aufzuheben, vom Kläger die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Zuschüsse in Höhe von 5.479,00 EUR (22. August 2005 bis 31. Januar 2012) zu verlangen und ihm 1/10 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Dieses Vergleichsangebot hat der Kläger nachfolgend abgelehnt, weil er keine Kenntnis von einer möglichen Unrechtmäßigkeit der Zahlungen gehabt habe. Er sei auch wirtschaftlich nicht in der Lage, den Forderungen der Beklagten nachzukommen. Die Ermessensentscheidung der Beklagten sei schon deshalb nicht ordnungsgemäß, weil von einem atypischen Fall auszugehen sei. Denn bei einer rechtzeitigen Unterrichtung durch die TKK wäre er schon früher in der Lage gewesen, den Wegfall der Zuschussberechtigung zu erkennen und das Entstehen einer erheblichen Überzahlung zu verhindern. Ihr eigenes Mitverschulden an der Überzahlung habe die Beklagte unberücksichtigt gelassen. Im Übrigen mache er weiterhin die Verjährungseinrede und den Verwirkungseinwand geltend.

Hierauf sowie auf den gerichtlichen Hinweis vom 16. Januar 2018 entgegnet die Beklagte abschließend, dass von einer Bösgläubigkeit des Klägers aufgrund der Rückzahlung der freiwilligen Krankenversicherungsbeiträge durch die TKK am 22. August 2005 auszugehen sei. Der Prozessbevollmächtigte habe nun bestätigt, dass der Kläger die Zahlung der freiwilligen Krankenversicherungsbeiträge, die per Lastschrift abgebucht worden seien, nicht kontrolliert habe. Maßgeblich sei allein, ob es dem Kläger möglich gewesen wäre, die Fehlerhaftigkeit des Bescheides zu erkennen. Den Behördenfehler der TKK müsse sie sich nicht zurechnen lassen. Auch ein bloßer Austausch der Rechtsgrundlage würde den Kläger nicht von seiner Rückzahlungsverpflichtung entbinden. Ihr Ermessen habe sie in ausreichendem Umfang ausgeübt und begründet. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers seien hierbei nicht zu berücksichtigen. Die vom Kläger bemühten Verjährungsregelungen seien nicht einschlägig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die beigezogene Rentenakte des Klägers, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 143, § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG).

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 23. Februar 2015 ist rechtsfehlerhaft ergangen und kann keinen Bestand haben. Zu Unrecht hat es die Klage abgewiesen. Der Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 22. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2012 (§ 95 SGG) ist rechtswidrig und beschwert den Kläger im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG.

Streitgegenständlich ist die Rücknahme des Bescheides vom 1. August 2005 über die Bewilligung des Zuschusses zur Krankenversicherung mit Wirkung ab 1. April 2005 und die Erstattung der in der Zeit vom 1. April 2005 bis 31. Januar 2012 überzahlten Leistungen in Höhe von 5.794,05 EUR. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der isolierten Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG. Die Aufhebung der Zuschussbewilligung mit Wirkung ab 1. Februar 2012 ist dagegen nicht streitgegenständlich. Der dies (auch) regelnde Bescheid vom 1. Februar 2012 ist bestandskräftig und somit in der Sache für die Beteiligten bindend geworden, nachdem der Kläger hiergegen keinen Widerspruch erhoben hatte (§ 77 SGG). Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Beklagte ihre Absicht, die laufende Zuschusszahlung einzustellen, in eben jenem Bescheid erst kundgetan hatte. Dies darf vor allem nicht als Hinweis darauf verstanden werden, dass diesbezüglich noch eine Entscheidung ausstehen würde, die dann mit dem Bescheid vom 22. März 2012 getroffen worden sein könnte. Stattdessen handelte es sich hierbei ganz offenkundig um die Nachholung der vor Erlass des Bescheides vom 1. Februar 2012 unterbliebenen Anhörung des Klägers (§ 24 Abs. 1 i. V. m. § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X). Eine Regelung, wonach mit dem Bescheid vom 22. März 2012 die Zuschussbewilligung auch mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen werden solle, lässt sich somit nicht nachvollziehbar ableiten.

Unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen ein nach Maßgabe von § 77 SGG in der Sache bindend gewordener Verwaltungsakt aufgehoben werden kann und welche Folgen sich daraus ergeben, ist in den §§ 44 ff. SGB X geregelt.

Der angefochtene Rücknahme- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 22. März 2012 stützt sich auf § 45 SGB X und § 50 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB X. Deren Voraussetzungen sind vorliegend allerdings nicht erfüllt.

Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Dabei ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X allerdings nicht berufen, soweit

1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Das gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 Zivilprozessordnung (ZPO) vorliegen (§ 45 Abs. 3 Satz 2 SGB X). Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann nach § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1. die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2. der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.

In den Fällen des § 45 Abs. 3 Satz 3 SGB X kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung der Vorschrift des § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X zufolge auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde.

Gemäß § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X wird der Verwaltungsakt nur in den Fällen des Absatzes 2 Satz 3 und des Absatzes 3 Satz 2 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies nach § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

Rechtswidrig im Sinne des § 45 SGB X ist ein Bescheid, wenn bei seinem Erlass entweder das Recht unrichtig angewandt oder aber von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Für die Frage, ob der Bescheid bereits bei seinem Erlass rechtswidrig war, kommt es darauf an, ob im Zeitpunkt der Erteilung des ursprünglichen Bescheides eine andere als die getroffene Entscheidung hätte ergehen müssen. Das ist hier offenkundig zu bejahen. Hätte nämlich die Beklagte berücksichtigt, dass der Kläger ab 1. April 2005 als Mitglied der KVdR pflichtversichert war (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGBV) in der Fassung von Art. 4 Nr. 1 des Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz - UVEG) vom 7. August 1996, BGBl. I, S. 1254) und hierdurch seine freiwillige Krankenversicherung endete (§ 191 Satz 1 Nr. 2 SGB V), hätte sie ihm ab diesem Zeitpunkt keinen Beitragszuschuss gemäß § 106 SGB VI in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 19. Februar 2002 (BGBl. I, S. 754) bewilligt und somit ganz offenkundig eine andere Entscheidung getroffen als diejenige im Bescheid vom 1. August 2005. Durch die Zuschussbewilligung ist zugunsten des Klägers auch ein rechtlich erheblicher Vorteil im Sinne von § 45 Abs. 1 SGB X begründet worden.

Dass die TKK die Pflichtversicherung des Klägers mit Bescheid vom 20. August 2005 festgestellt hatte, wie sie gegenüber der Beklagten auf Nachfrage im Widerspruchsverfahren angab, steht dem nicht entgegen. Insbesondere ist deshalb nicht von einer erst nach Erlass des Rentenbescheides vom 1. August 2005 eingetretenen wesentlichen Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen, die den Anwendungsbereich des § 48 SGB X eröffnen würde. Da nämlich die in § 5 Abs. 1 SGB V aufgeführten Versicherungspflichten bereits dann eintreten, sofern die dort geforderten Verhältnisse tatsächlich vorliegen, hatte der besagte Feststellungsbescheid der TKK lediglich deklaratorische Wirkung.

Der hier zur Entscheidung stehende Fall darf im Übrigen keinesfalls mit der Konstellation gleichgesetzt werden, wie sie dem vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung erwähnten Urteil des erkennenden Senats vom 18. Oktober 2013 (Az.: L 5 R 130/13 - veröffentlicht in juris) zugrunde lag. Denn dort war erst nach Erlass des ursprünglichen Zuschussbewilligungsbescheides ein bei dessen Erlass noch nicht absehbarer, auf den Rentenbeginn zurückwirkender Wechsel im Krankenversicherungsverhältnis eingetreten und daher § 48 SGB X einschlägig. Eben das war vorliegend jedoch nicht der Fall. Vielmehr verhielt es sich so, dass bei Erlass des Bescheides vom 1. August 2005 die Voraussetzungen des § 106 SGB VI schon nicht mehr vorlagen, wovon die Beklagte allerdings erst nach Erlass des Bescheides Kenntnis erlangt hat. Für diese Konstellation ist auch nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats allein die Korrekturvorschrift des § 45 SGB X heranzuziehen (juris Rdnr. 33). An dieser Abgrenzung hält der Senat auch weiterhin fest.

Der rechtswidrig begünstigende Rentenbescheid vom 1. August 2005 durfte nicht mit Wirkung für die Vergangenheit - das heißt für die Zeit ab 1. April 2005 - zurückgenommen werden, weil die Voraussetzungen des § 45 Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 3 bzw. Abs. 3 Satz 2 SGB X nicht erfüllt sind.

Der Kläger war nicht unlauter im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dem Kläger nicht der Vorwurf gemacht werden, die Rechtswidrigkeit des Rentenbescheides vom 1. August 2005 gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt zu haben. Er war damit nicht bösgläubig im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X.

Bösgläubigkeit im Sinne dieser Vorschrift liegt entweder bei einem positiven "Wissen" oder dann vor, wenn der zum Wegfall führende Umstand eingetreten ist und der Betroffene die Auswirkungen auf die Leistungsberechtigung wegen grober Fahrlässigkeit nicht kannte (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 1986, 7 RAr 55/84 = SozR 1300 § 48 Nr. 22). Ein bloßes "Wissenmüssen" genügt nicht, weshalb es nicht darauf ankommt, ob der Betroffene ernsthaft annehmen (damit rechnen) konnte, dass der Anspruch weggefallen war (vgl. BSG, Urteil vom 26. Februar 2003, B 8 KN 6/02 R = SozR 4-2600 § 101 Nr. 1). Dabei ist auf die Abschätzung der Rechtsfolgen durch den Betroffenen nach dessen individuellem Verständnishorizont und insoweit auf eine "Parallelwertung in der Laiensphäre" abzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 6. Mai 2009, B 11 AL 10/08 R = SozR 4-4300 § 144 Nr. 19). Auf dieser Ebene besteht die erforderliche Kenntnis, wenn der Begünstigte weiß oder wissen muss, dass ihm die zuerkannte Leistung oder anderweitige Begünstigung so nicht zusteht (vgl. Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 45 Rdnr. 55). Daher kann einem Leistungsempfänger immer nur dann grobe Fahrlässigkeit im Zusammenhang mit § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vorgeworfen werden, wenn ihm der Fehler bei seinen subjektiven Erkenntnismöglichkeiten aus anderen Gründen geradezu in die Augen springt. Das ist der Fall, wenn er aufgrund einfachster und ganz nahe liegender Überlegungen sicher die Rechtswidrigkeit hätte erkennen können (vgl. BSG, Urteil vom 26. August 1987, 11a RA 30/86 = BSGE 62, 103) oder er das nicht beachtet hat, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 1980, 7 RAr 13/79 = SozR 4100 § 152 Nr. 10). Augenfällig im vorstehenden Sinne sind Fehler zunächst, wenn die Begünstigung dem Verfügungssatz nach ohne weitere Überlegungen als unzutreffend erkannt werden kann. Darüber hinaus ist der Begründung des Verwaltungsaktes nach ein Fehler augenfällig, wenn die Fehlerhaftigkeit dem Adressaten unter Berücksichtigung seiner individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit ohne weitere Nachforschungen und mit ganz nahe liegenden Überlegungen einleuchten und auffallen muss (vgl. Schütze, a.a.O., Rdnr. 57). Der Adressat eines Bescheides ist hierbei grundsätzlich verpflichtet, dessen Inhalt zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen. Allerdings dürfte ein Antragsteller, der zutreffende Angaben gemacht hat, im Allgemeinen nicht zugunsten der Fachbehörde gehalten sein, Bewilligungsbescheide des Näheren auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Vielmehr darf er davon ausgehen, dass eine Fachbehörde nach den für die Leistung erheblichen Tatsachen fragt und seine wahrheitsgemäßen Angaben zutreffend umsetzt (vgl. BSG, Urteil vom 8. Februar 2001, B 11 AL 21/00 R - juris Rdnr. 25 m.w.N.).

Wie die Beklagte geht zwar auch der Senat davon aus, dass der Kläger aufgrund der Rücküberweisung der freiwilligen Versicherungsbeiträge in Höhe von 878,28 EUR am 22. August 2005 wusste bzw. jedenfalls hätte wissen müssen, dass sein freiwilliges Krankenversicherungsverhältnis mit Wirkung zum 1. April 2005 rückabgewickelt worden war und ihm daher kein Anspruch mehr auf Zuschüsse zu den hierfür anfallenden Aufwendungen zustand. Dies lag offenkundig auf der Hand und hätte sich auch einer in sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten unbedarften Person mithilfe einfachster Gedankengänge geradezu aufdrängen müssen, sodass sich der Kläger - sofern er sich dieser Erkenntnis verschlossen haben sollte - jedenfalls den Vorwurf gefallen lassen muss, die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt zu haben (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 2. Halbs. SGB X).

Gleichwohl war der Kläger nicht bösgläubig im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X, weil jene Bösgläubigkeit bereits im Zeitpunkt der Bekanntgabe (§ 37 SGB X) des rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes vorgelegen haben muss (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 1995, 10 RKg 10/89 = SozR 3-1300 § 45 Nr. 24; BSG, Urteil vom 4. Februar 1998, B 9 V 24/96 R - juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 27. Januar 2009, B 7/7a AL 30/07 R - juris Rdnr. 17). Dies folgt einerseits aus dem Gesetzeswortlaut ("kannte") sowie andererseits aus dem Sinn der Vorschrift, wie ein Vergleich mit den § 45 Abs. 2 Satz 3 Nrn. 1 und 2 SGB X zeigt, wonach schwerere Verstöße dem Erlass des begünstigenden Verwaltungsaktes sogar vorausgegangen sein müssen. Insoweit unterscheidet sich § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X ganz maßgeblich von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X, der die Aufhebung eines Dauerverwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit ab dem Zeitpunkt des Eintritts der Bösgläubigkeit erlaubt und worauf sich offenkundig auch das Vergleichsangebot der Beklagten vom 8. Dezember 2017 stützt. Die Bösgläubigkeit im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X wird also nicht durch solche Umstände begründet, von denen der Begünstigte erst nach Bekanntgabe des zurückzunehmenden Verwaltungsaktes erfährt. Eine andere Sicht der Dinge würde zudem den Vertrauensschutz, wie er in § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X normiert ist, konterkarieren, den die Behörde dann nämlich durch spätere Hinweise auf die Rechtswidrigkeit der Begünstigung ohne weiteres ausschalten könnte.

Eine Bösgläubigkeit des Klägers bereits bei Bekanntgabe des Rentenbescheides vom 1. August 2005 lässt sich auch nicht mit Blick auf das Schreiben der TKK vom 28. Juli 2005 im Zusammenspiel mit den von der Beklagten im Schreiben vom 13. Juli 2005 erteilten Hinweisen begründen. Dabei bedarf es vorliegend keiner abschließenden Entscheidung darüber, ob dem Kläger das Schreiben der TKK bereits zugegangen war, bevor er den Rentenbescheid erhielt. Denn die mit jenem Schreiben gegebenen Informationen reichten letztlich nicht aus, um den Kläger in Bezug auf die Rechtswidrigkeit der Zuschussbewilligung bösgläubig im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X zu machen. Zwar wird dort ein Zusammenhang zwischen der freiwilligen Versicherung des Klägers mit seiner selbständigen Tätigkeit hergestellt, aufgrund dessen möglicherweise hätte geschlussfolgert werden können, dass die Ausübung seiner selbständigen Tätigkeit irgendwie für seinen Krankenversicherungsstatus von Bedeutung war. Indem er sich darüber keine tiefgreifenden Gedanken gemacht hat, hat der Kläger indes nicht in besonders schwerem Maße die erforderliche Sorgfalt verletzt. Denn dem Schreiben der TKK lässt sich nicht explizit entnehmen, dass der Kläger bei Beendigung seiner selbständigen Tätigkeit unweigerlich pflichtversichert wäre, weil er aufgrund der Rentenantragstellung die Voraussetzungen der KVdR erfüllte und auch keine anderen Tatbestände vorlagen, die dem Eintritt von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung entgegen gestanden hätten. Ein Hinweis auf diese Zwangsläufigkeit fehlt in jenem Schreiben. Dies aber wäre nach Auffassung des Senats unbedingt erforderlich gewesen, damit der Kläger aufgrund einfachster und ganz nahe liegender Überlegungen zu der einleuchtenden Erkenntnis hätte kommen müssen, dass die Beendigung seiner selbständigen Tätigkeit zum 31. März 2005 zum Wegfall der Zuschussleistungen ab 1. April 2005 geführt hatte. Letztlich hätte es einer weitergehenden Aufklärung des Klägers bedurft, um ihn bösgläubig zu machen. Dies sieht offenkundig auch die Beklagte so, die die Bösgläubigkeit des Klägers anhand anderer Umständen ausgemacht und insoweit nicht auf die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen der rechtswidrigen Begünstigung aufgrund der in dem Schreiben der TKK vom 28. Juli 2005 gegebenen Informationen abgestellt hat.

Überdies beruht der Rentenbescheid vom 1. August 2005 nicht auf Angaben, die der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig im Sinne von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X gemacht hat. Denn am 26. Juli 2005, als der Kläger das für die Zuschussbewilligung vorgesehene Antragsformular ausfüllte, konnte er offensichtlich noch keine positive Kenntnis davon haben, dass er bereits seit dem 1. April 2005 pflichtversichert war. Ebenso wenig hatte er sich dem bereits zu diesem frühen Zeitpunkt in grob fahrlässiger Weise verschlossen. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen zu den insoweit nur ungenügend gegebenen Informationen der TKK im Schreiben vom 28. Juli 2005 war der Kläger im Übrigen auch nicht gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, Erstes Buch (SGB I) verpflichtet, gegenüber der Beklagten seine ursprünglichen Angaben noch vor Erlass des Rentenbescheides zu korrigieren. Dass sich die Notwendigkeit, der Beklagten eine entsprechende Mitteilung zu machen, dem Kläger dann ab dem 22. August 2005 geradezu hätte aufdrängen müssen, ist demgegenüber unbeachtlich. Denn auf einer erst ab diesem Zeitpunkt grob fahrlässig unterbliebenen Mitteilung kann der Rentenbescheid vom 1. August 2005 von Vornherein nicht beruhen.

Da der Kläger den Rentenbescheid vom 1. August 2005 ganz offenkundig nicht durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB X) und schließlich auch keine Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO ersichtlich sind (§ 45 Abs. 3 Satz 2 SGB X), bleibt insgesamt festzuhalten, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X für eine Rücknahme des Rentenbescheides vom 1. August 2005 mit Wirkung für die Vergangenheit ab 1. April 2005 nicht gegeben sind. Deshalb ist der Bescheid der Beklagten vom 22. März 2012 insoweit rechtswidrig ergangen und war folglich aufzuheben.

War die Beklagte demnach nicht berechtigt, ihre Zuschussbewilligung vom 1. August 2005 mit Wirkung für die Vergangenheit ab 1. April 2005 zurückzunehmen, liegen auch die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 SGB X nicht vor. Die Beklagte kann daher vom Kläger nicht verlangen, ihr 5.794,05 EUR zu erstatten.

Nach alledem konnte die Berufung des Klägers nicht ohne Erfolg bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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