Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 16 VE 8/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 VE 29/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 1/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob im Wege des Überprüfungsverfahrens bei dem Kläger ein Impfschaden anzuerkennen und zu entschädigen ist.
Der 1951 geborene Kläger beantragte am 20. Januar 2007 bei dem Beklagten Impfschadensentschädigung. Er sei im August 1990 gegen Tetanus geimpft worden. Etwa zwei bis drei Wochen nach der zweiten Tetanusimpfung seien aus völliger Gesundheit heraus plötzlich grippeartige Symptome aufgetreten. In der Folge habe er immer öfter unter Schwindelattacken und später unter Ausfallerscheinungen der rechten Hand und starken Kopfschmerzen gelitten. Ende November 1990 seien dann erstmals nachts krampfartige, stromstoßartige Schmerzen in den Außenseiten beider Waden sowie psoriasisartige Hautveränderungen an der Rückseite beider Oberschenkel unterhalb des Gesäßes aufgetreten. Als Schädigungsfolgen gab er u. a. eine Polyneuropathie, Gelenkbeschwerden, Allergie und Hautausschläge an. Ab März 1992 sei es zu einem beruflichen Leistungsabfall mit nachfolgender Berentung 1996 gekommen. Dem Antrag beigefügt waren u. a. die Impfbescheinigung von Dr. C. über die am 7. August und 21. August 1990 durchgeführte Tetanus-Schutzimpfung mit Tetanol, Impfbescheinigungen über frühere Tetanus-Schutzimpfungen in den Jahren 1971 bis 1978 sowie diverse Krankenunterlagen. Ergänzend verwies der Kläger mit Schreiben vom 1. Februar 2007 auf eine nach einem Verkehrsunfall durchgeführte weitere Tetanusimpfung vom 29. August 1986 im Kreiskrankenhaus Bad Homburg als mögliche Ursache einer leichten Nervenschädigung, welche durch die später erfolgten Impfungen eskaliert sei. Zusätzlich legte er einen nervenärztlichen Befundbericht von Dr. Dr. D. vom 28. März 2007 vor, der bei dem Kläger eine Polyneuropathie unklarer Genese diagnostizierte.
Der Beklagte zog die Schwerbehindertenakte des Klägers bei. Danach war bei dem Kläger mit Bescheid vom 25. Juli 1994 ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt und als Behinderungen anerkannt worden: degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenschädigungen und Bewegungseinschränkungen, Reizerscheinungen; Schuppenflechte mit Gelenkbeteiligung und Knochenumbauprozessen bei Notwendigkeit der Immunsuppression; nervöse Störungen. Ferner stellte der Beklagte im September 1999 in Ausführung eines sozialgerichtlichen Vergleichs bei dem Kläger das Merkzeichen "G" fest.
Der Beklagte holte eine aktenmäßige internistische Stellungnahme von Dr. E. vom 14. Mai 2007 ein, der ausführte, dass unspezifische neurologische Störungen erst viele Jahre nach der Impfung berichtet worden seien; aus der Zeit unmittelbar nach der Impfung seien keinerlei derartige Störungen dokumentiert. Nervenschäden infolge einer Impfung träten jedoch in der Regel Stunden bis wenige Wochen nach der Impfung auf. Hierauf lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29. Mai 2007 eine Versorgung des Klägers nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2007 als unbegründet zurück.
Der Kläger erhob am 10. August 2007 Klage zum Sozialgericht Gießen und machte eine Schädigung des peripheren Nervensystems als Folge der Impfung geltend. Es sei bereits ein bis zwei Wochen nach den Impfungen zu diversen Beschwerden gekommen (Fieber, Schwindel, Kopfschmerz, geschwollene Lymphknoten). Anfang Oktober 1990 seien dann erstmals stromschlagartige Schmerzen in den Außenseiten beider Waden aufgetreten, die dauerhaft angehalten hätten; im Mai 1991 habe er ähnliche Beschwerden in den Armen gehabt. Es sei zu einem erheblichen Leistungseinbruch in seiner beruflichen Tätigkeit als Versicherungsfachmann gekommen, die ab April 1992 dauerhafte Arbeitsunfähigkeit zur Folge gehabt habe. Der Kläger legte ein in seinem Auftrag von Dr. F. am 13. März 2008 erstattetes Gutachten vor. Dieser bejahte den Kausalzusammenhang zwischen den Tetanusimpfungen sowie einer Erkrankung des Klägers an einer makrophagischen Myofasziitis und nahm eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mit 50 v. H. an. Das Sozialgericht zog die Krankenunterlagen des Klägers bei dessen ehemaligen Hausärzten Dr. C., Dr. G. sowie Dr. H. sowie die Schadensakte der J. Versicherung AG bezüglich eines Verkehrsunfalls des Klägers im Jahr 1986 bei und holte auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei Prof. Dr. K. (ehemaliger Direktor der Landeskinderklinik Neunkirchen-Kohlhof/Saar) ein. Dieser verneinte unter dem 25. Oktober 2008 nach ambulanter Untersuchung des Klägers die Anerkennung eines Impfschadens aufgrund der fehlenden Primärbeschwerden in der postvakzinalen Inkubationszeit von maximal 21 Tagen im Anschluss an die Impfung vom 21. August 1990. Dem Gutachten von Dr. F. sei nicht zu folgen, weil die Beschwerdeschilderung des Klägers mit dem Krankheitsbild einer makrophagischen Myofasziitis nicht übereinstimme und diese Diagnose auch nicht bewiesen sei.
Mit Urteil vom 4. Juni 2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Ein Impfschaden im Sinne eines über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden Gesundheitsschadens sei bei dem Kläger nicht erwiesen. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. K. trete eine unübliche Impfreaktion innerhalb der sog. postvakzinalen Inkubationszeit auf, die im Fall einer Tetanus-Impfung maximal 21 Tage betrage. Die vom Kläger für den Zeitraum unmittelbar nach den Impfungen im August 1990 geklagten Beschwerden (Fieber, Schwindel, Kopfschmerz, Schwellung regionaler Lymphknoten, Kreislaufreaktionen) seien nach den Ausführungen des Sachverständigen die üblichen Impfreaktionen bei hyperimmunisierten Personen. Als unübliche Impfreaktionen in ursächlichem Gefolge von Tetanus-Impfungen seien Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems wie z. B. Mono- und Polyneuritiden, Guillain-Barré-Syndrom, Neuropathie anzusehen. Eine derartige außergewöhnliche bzw. unübliche Impfreaktion im Sinne neuraler Beschwerden sei bei dem Kläger auf der Grundlage seiner eigenen Aussagen erstmals für den 12. bis 14. Oktober 1990 feststellbar und ein neurologischer Befund sei erstmals am 15. Juli 1991 in der Praxiskartei des Dr. C. festgehalten. Im Hinblick auf diese zeitliche Distanz zwischen schädigendem Ereignis und Nachweis bzw. Glaubhaftmachung einer ersten außergewöhnlichen Impfreaktion könnten die bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsschäden jedenfalls nicht mit Wahrscheinlichkeit wesentlich auf die durchgeführte Impfung zurückgeführt werden. Soweit der Kläger vortrage, die Verordnung des Medikaments "Kalitrans" durch Dr. C. am 24. August 1990 belege Herzrhythmusstörungen als unübliche Impfreaktion, sei festzustellen, dass Herzrhythmusstörungen noch "übliche" Impffolgen bei hyperimmunisierten Personen seien. Im Übrigen habe es sich nicht um therapiepflichtige und damit nicht um pathologische Herzrhythmusstörungen gehandelt. Die Ausführungen von Dr. F. vom 13. März 2008 seien nicht geeignet, das Gutachten des Prof. Dr. K. zu entkräften. Es handele sich lediglich um einen Parteivortrag, da Dr. F. ohne gerichtlichen Auftrag und ohne Einsichtnahme in die maßgeblichen Akten Stellung genommen habe. Entsprechend würden keinerlei Quellen im Sinne von ärztlichen Befunden zitiert. Die Darstellung sei derart deckungsgleich zu den Angaben des Klägers, dass der Verdacht der ungeprüften Übernahme der Angaben des Klägers bestehe. Zum anderen beziehe sich Dr. F. auf das Krankheitsbild der sog. makrophagischen Myofasziitis, welche bisher bei dem Kläger nicht bewiesen sei. Auch passe das ursprüngliche Beschwerdebild des Klägers nicht zu dem von Dr. F. unterstellten Impfschaden.
Die hiergegen erhobene Berufung begründete der Kläger damit, dass das Gutachten von Prof. Dr. K. nicht dem neuesten Stand der Wissenschaft entspreche. Die gewählte Zeitspanne von 21 Tagen als Inkubationszeit sei willkürlich. In der Schulmedizin bestünden diesbezüglich erhebliche Unsicherheiten. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) setze die Inkubationszeit für neurologische Erkrankungen nach einer Tetanusimpfung auf maximal 6 bis 8 Wochen an. Die aufgetretenen Symptome lägen innerhalb dieses zeitlichen Rahmens. Die Kopfschmerzen und Schwindelattacken nach der Impfung seien nicht vorübergehend gewesen, sondern als dauerhafte Gesundheitsstörung anzusehen. Die Unterlagen von Dr. C. seien lückenhaft, was im Zusammenhang damit stehen könne, dass dieser Arzt ihm gegenüber voreingenommen gewesen sei. Es gebe in seiner Vorgeschichte keine Hinweise auf andere Erkrankungen, die geeignet wären, eine Polyneuropathie zu verursachen. Der Kläger legte eine Auskunft des PEI vom 19. Juni 2009 vor, in der mitgeteilt wird, als plausibler Zeitabstand für das Auftreten eines Guillian-Barré-Syndroms nach einer Impfung seien maximal 6 bis 8 Wochen anzusehen, sowie eine eidesstattliche Versicherung des L. (ein früherer Arbeitskollegen des Klägers) über gesundheitliche Probleme des Klägers im Sommer 1990. Das Landessozialgericht holte ein Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. (Arzt für Neurologie und Psychiatrie, ehemaliger Direktor der Neurologischen Klinik des Städt. Klinikums Karlsruhe) ein. Dieser führte nach ambulanter Untersuchung des Klägers unter dem 29. Juli 2010 aus, dass klinische Symptome einer Polyneuropathie erstmals überhaupt in dem Bericht des Neurologen und Psychiaters Dr. Dr. D. vom 28. März 2007 angegeben würden und zwar an den unteren Extremitäten. Die Behandlungsdaten von Dr. C. vom 15. Juli 1991 belegten einen völlig normalen neurologischen Befund, und auch in den Folgejahren seien verschiedene Untersuchungen an unterschiedlichen Orten ohne irgendwelche Anhaltspunkte für eine neurologische Grunderkrankung wie eine Polyneuropathie geblieben. Die über Jahre geklagte Schmerzsymptomatik lasse sich ohne neurologisches Korrelat nicht als Ausdruck einer Polyneuropathie werten. Dem Gutachten von Prof. Dr. K. sei insofern zuzustimmen, als der bei dem Kläger nach der Tetanusimpfung vom 21. August 1990 einsetzende Beschwerdekomplex zu den häufigen, passageren, letztlich folgenlosen Nebenwirkungen der Tetanusimpfung gehöre. Zu dem von Prof. Dr. K. als möglicher Beginn einer neuropathischen Symptomatik in den Beinen angenommenen Termin im Mai 1991 (aufgrund der damaligen neurologischen Untersuchung) bzw. im Zeitraum vom 12. bis 14. Oktober 1990 (aufgrund der eigenen Angaben des Klägers) sei zu sagen, dass die von dem Kläger angegebene Beschwerdesymptomatik in den Armen sich nicht als typische oder verdächtige Symptomatik einer Neuropathie werten lasse. Der Kläger habe bereits in Zusammenhang mit dem Unfallereignis 1986 Schmerzen im Halswirbelsäulen-Bereich mit zeitweiser Ausstrahlung in den rechten Arm und Gefühlsstörungen angegeben. Auch bei späteren Untersuchungen habe er über Schmerzen und Lähmungserscheinungen in den Armen geklagt, ohne dass ein neurologischer Befund habe erhoben werden können. Schmerzen in den Armen, die erstmals im engen zeitlichen Zusammenhang mit insgesamt drei stattgehabten Halswirbelsäulendistorsionen aufgetreten seien, ließen sich bei normalem neurologischem Befund nicht als Hinweis auf eine Polyneuropathie werten, die letztlich erstmals 2007 an den unteren Extremitäten objektiviert worden sei. Ein Impfschaden aufgrund der 1990 durchgeführten Tetanus-Impfung sei nicht wahrscheinlich zu machen. Die jetzt nachweisbare Polyneuropathie sei erst seit 2007 manifestiert. Der Kläger führte hierzu aus, dass schon der Befund aus dem Jahr 1991, in dem ein verminderter Achillessehnenreflex und Patellarsehnenreflex beidseitig festgestellt worden seien, ein deutlicher Hinweis auf eine Polyneuropathie sei. Auch die bei späteren Untersuchungen festgestellten Hypästhesien seien dafür Symptome. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 22. Dezember 2010 setzte sich Prof. Dr. Dr. M. mit den Einwänden des Klägers auseinander und verwies auf das neurologische Gutachten von Prof. Dr. N. (Neurologische Klinik der Universität Gießen) vom 17. Juni 1992. Danach sei das Vorliegen einer Polyneuropathie aufgrund der völlig regelgerechten Befunde zum damaligen Zeitpunkt auszuschließen, wie sich auch bei allen nachfolgenden Untersuchungen keinerlei Hinweise für das Vorliegen einer Polyneuropathie oder einer sonstigen Schädigung somatosensorischer Nervenstrukturen im peripheren Nervensystem hätten feststellen lassen. Die von dem Kläger angegebenen subjektiven Beschwerden im Sinne von Schmerzen seien nicht durch objektive Befunde belegt. Die nach einer Tetanusimpfung möglicherweise auftretenden Störungen des peripheren Nervensystems (Guillain-Barré-Syndrom, Mononeuropathie mit Hirnnervenbeteiligung oder Armplexus-Neuritis) seien gut definierte Krankheitsbilder, für deren Vorliegen es in einem Zeitraum von acht Wochen nach der Impfung keine Anhaltspunkte gebe. Der Kläger hielt auch in Kenntnis der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen daran fest, dass eine Entzündung peripherer Nerven durch die Impfung angesichts der eindeutigen Symptome, der daraufhin verordneten medizinischen Maßnahmen (Behandlung mit Rekawan, Kalitrans und später auch Keltican) und der mittlerweile gesicherten Diagnose als bewiesen angesehen werden müsse. Bei der Untersuchung in Gießen im Juni 1992 hätten die Schmerzen in den Armen und ein möglicher Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen 1986 im Vordergrund gestanden. Das Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. widerspreche der geltenden Lehrmeinung. Der Sachverständige sei kein zertifizierter Gutachter und nicht kompetent zur Beurteilung eines Impfschadens.
Mit Urteil vom 10. August 2011 wies das Hessische Landessozialgericht die Berufung zurück. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erhalte derjenige, welcher durch eine empfohlene oder angeordnete Schutzimpfung eine gesundheitliche Schädigung erlitten habe, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen des Impfschadens auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Nach § 2 Nr. 11 IfSG sei ein Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung. Erforderlich sei, dass die schädigende Einwirkung (die Impfung), die gesundheitliche Primärschädigung in Form einer unüblichen Impfreaktion (Impfkomplikation) und die Schädigungsfolge (ein Dauerleiden) nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nachgewiesen und nicht nur wahrscheinlich seien (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 1986, 9 a RVi 2/84, Juris; BSG, Urteil vom 7. April 2011, B 9 VJ 1/10 R, Juris Rdnr. 38). Zudem müsse zwischen den genannten Anspruchsmerkmalen ein Ursachenzusammenhang bestehen, wobei für den Zusammenhang zwischen Impfung und Schädigungsfolge der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit ausreiche (§ 61 IfSG). Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung habe mithin in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst müsse ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann sei die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen seien. Bei der vorzunehmenden Kausalitätsbeurteilung seien für den hier maßgeblichen Zeitraum grundsätzlich die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP) in ihrer jeweils geltenden Fassung (zuletzt AHP 2008) zu beachten, die jeweils unter den Nrn. 53 bis 143 Hinweise zur Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen enthielten. Dies gelte auch für die Zeit ab Inkrafttreten der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) am 1. Januar 2009, die solche auf einzelne Krankheitszustände bezogene Hinweise nicht mehr enthalte. Die auf den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft fußenden AHP hätten normähnlichen Charakter und seien grundsätzlich wie untergesetzliche Normen heranzuziehen, um eine möglichst gleichmäßige Handhabung der in ihnen niedergelegten Maßstäbe im gesamten Bundesgebiet zu gewährleisten. Nach Teil C Nr. 57 AHP 2008 stellten die von der beim Robert Koch-Institut eingerichteten Ständigen Impfkommission (STIKO) entwickelten und im Epidemiologischen Bulletin (EB) veröffentlichten Kriterien (Arbeitsergebnisse) zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion von einer über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung ("Impfschaden") den jeweils aktuellen Stand der Wissenschaft dar. Dieser Beurteilungsgrundsatz beruhe auf einem Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS, Rundschreiben vom 12. Dezember 2006 – IV c.6-48064-3 –) und ersetze die noch in den AHP 1996, 2004 und 2005 enthaltenen detaillierten Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion von einem "Impfschaden" (Impfkomplikation). Die von der STIKO in dem Zeitraum ab 2005 im EB veröffentlichten Arbeitsergebnisse enthielten allerdings keine neuen medizinischen Erkenntnisse zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion von einer Impfkomplikation, weshalb für den hier maßgeblichen Zeitraum die AHP 2004 und 2005 als aktueller Stand der Wissenschaft in Betracht zu ziehen sind (BSG, a. a. O., Rdnr. 41). Als Impfkomplikationen infolge einer Tetanus-Schutzimpfung, bei der es sich im Jahr 1990 um eine im Land Hessen öffentlich empfohlene Impfung handele (vgl. StAnz Hessen 1987, S. 1694), kämen danach, wie bereits vom Sozialgericht zutreffend dargestellt, eine Neuritis und das Guillain-Barré-Syndrom in Betracht (vgl. Teil C Nr. 57.13 AHP 2005). Vorliegend sei jedoch nicht nachgewiesen, dass es bei dem Kläger zu einer unüblichen Impfreaktion in Form einer Schädigung peripherer Nerven gekommen sei. Hierbei könne der Senat den Streit, welche maximale Inkubationszeit zwischen der Impfung gegen Tetanus und dem Auftreten einer unüblichen Impfreaktion maximal angenommen werden kann, dahinstehen lassen. Prof. Dr. K. habe in seinem Gutachten unter Hinweis auf entsprechende wissenschaftliche Quellen eine maximale Inkubationszeit von 21 Tagen für eine unübliche Impfreaktion in Form von Mono- oder Polyneuropathien angenommen. Der Kläger sei dem unter Hinweis auf eine Auskunft des PEI entgegengetreten und vertrete die Auffassung, die Inkubationszeit könne 6-8 Wochen betragen. Die Ausführungen des PEI bezögen sich allerdings nicht auf alle Formen neurologischer Erkrankungen, sondern ausschließlich auf das Guillain-Barré-Syndrom (vgl. Weißer/Barth/Stanislawski, Sicherheit von Impfstoffen, Bundesgesundheitsblatt 2009, Seite 6). Dennoch unterstelle das Landessozialgericht zugunsten des Klägers, dass nach einer Impfung gegen Tetanus eine unübliche Impfreaktion in Form einer Schädigung peripherer Nerven unter Umständen in einem Zeitraum bis maximal acht Wochen nach einer Impfung eintreten könne. Auch Prof. Dr. Dr. M. habe seiner Beurteilung einen Zeitraum von acht Wochen zugrunde gelegt. Innerhalb des so bestimmten Zeitraums sei bei dem Kläger jedoch keine Impfkomplikation nachgewiesen. Bei den unmittelbar nach der Impfung Ende August 1990 von dem Kläger geschilderten Beschwerden (Schwindel, Fieber, geschwollene Lymphknoten), die durch die Unterlagen des damaligen Hausarztes Dr. C. allerdings nicht belegt seien, sei – ihr Vorhandensein unterstellt – nach dem Gutachten von Prof. Dr. K. davon auszugehen, dass es sich um typische vorübergehende Nebenwirkungen der Impfung gehandelt habe. Zeichen für eine Schädigung peripherer Nerven seien in diesem Zeitraum nicht dokumentiert. Die von Dr. C. ab 24. August 1990 verordneten Medikamente hätten keinen zwingenden Bezug zu einer neurologischen Krankheit, sondern könnten in Zusammenhang mit den damals aufgetretenen Arrhythmien gesehen werden; Prof. Dr. K. habe darauf hingewiesen, dass Kaliumpräparate probatorisch bei Herzrhythmusstörungen verschrieben würden. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf das Zeugnis eines früheren Arbeitskollegen über von diesem beobachtete Krankheitssymptome im August 1990 Bezug nehme, seien solche Aussagen zum Nachweis einer unüblichen Impfreaktion, die eine Schädigung peripherer Nerven verursacht habe, offensichtlich ungeeignet. Aber auch für die Zeit nach August 1990 seien Impfkomplikationen im Sinne einer Schädigung peripherer Nerven innerhalb eines denkbaren Inkubationszeitraums nach der Impfung nicht belegt. Es fehle, wie der Sachverständige Prof. Dr. Dr. M. zu Recht festgestellt habe, an jeder objektivierbaren Brückensymptomatik. Die von dem Kläger in zeitlichem Zusammenhang mit den Impfungen geschilderten Symptome, insbesondere die angegebenen Missempfindungen an den Armen und Beinen, könnten nicht als Zeichen einer Polyneuropathie angesehen werden, weil eine derartige Krankheit nach den schlüssigen Ausführungen von Prof. Dr. Dr. M. erstmals überhaupt im Jahr 2007 nachgewiesen worden sei. Dagegen könne insbesondere aufgrund der 1992 durchgeführten umfangreichen neurologischen Untersuchung das Bestehen einer Polyneuropathie für die damalige Zeit ausgeschlossen werden. Zu Recht verweise der Sachverständige hierzu auf das in einem Zivilrechtsstreit des Klägers gegen die J. Versicherung AG erstattete ausführliche neurologische Gutachten von Prof. Dr. N. vom 17. Juni 1992, in dem ein unauffälliger neurologischer Befund erhoben worden sei. Soweit der Kläger dagegen einwende, dass bei dieser Untersuchung die Folgen des Unfallgeschehens vom 29. August 1986 im Mittelpunkt gestanden hätten, sei festzuhalten, dass von Prof. Dr. N. ein neurologischer Status des gesamten Körpers erhoben worden sei, ohne dass sich irgendwelche pathologischen Befunde gezeigt hätten. Prof. Dr. N. habe den klinisch-neurologischen Befund als "vollkommen regelgerecht" bezeichnet. Zudem seien auch bei anderen Untersuchungen in den Folgejahren, wie von dem Sachverständigen im Einzelnen referiert, keine Anhaltspunkte für eine neurologische Grunderkrankung festgestellt worden; noch im Arztbrief der Neurologischen Klinik der Universität Gießen vom 16. März 2001 werde ein unauffälliger neurologischer Befund festgestellt. Insoweit lasse sich, wie der Sachverständige zu Recht ausgeführt habe, auch die von dem Kläger über Jahre geklagte Schmerzsymptomatik ohne neurologisches Korrelat nicht als Ausdruck einer Polyneuropathie werten. Aus den Eintragungen in den Unterlagen von Dr. C. aus Juli/August 1991 über die damaligen Behandlungen des Klägers ergebe sich nichts anderes. Der am 15. Juli 1991 gefertigte Eintrag "war bei Neurologen, Polyneuropathie, bd. Beine" sei nicht als ärztlicher Befund zu identifizieren, sondern gebe offensichtlich Angaben des Klägers im Gespräch mit Dr. C. wieder. Ein – erkennbar auf den Untersuchungsergebnissen des Neurologen und Psychiaters Dr. Dr. D. beruhender – neurologischer Befund sei in den Unterlagen von Dr. C. erst am 16. August 1991 festgehalten; denn dieser Befund sei weitgehend identisch mit den Angaben von Dr. Dr. D. in seinem späteren Befundbericht an das Versorgungsamt. In diesem Bericht von Dr. Dr. D. werde neben ansonsten unauffälligen neurologischen Befunden zwar ein verminderter Achillessehnenreflex und Patellarsehnenreflex beschrieben, der Sachverständige habe aber nachvollziehbar dargelegt, dass hieraus kein Schluss auf eine Nervenschädigung gezogen werden könne, weil die Ergebnisse der Eigenreflexprüfung zum Teil auch vom Entspannungszustand des Patienten abhängig seien. Dr. Dr. D. habe aufgrund seiner damaligen Untersuchung, wie der Sachverständige zu Recht bemerkt, die Diagnose einer Polyneuropathie auch nicht gestellt. Die Beineigenreflexe seien zudem bei späteren Untersuchungen bis 2001 immer als seitengleich und mittellebhaft beschrieben worden. Angesichts des fehlenden Nachweises einer Schädigung peripherer Nerven durch die Impfung gehe die Argumentation des Klägers, er sei vor den Impfungen "völlig gesund" gewesen und deshalb könne allein die Impfung für die nachfolgenden Beschwerden maßgeblich sein, ins Leere. Der Sachverständige weise zu Recht darauf hin, dass als Grund für die Beschwerden des Klägers nicht allein Nervenschädigungen in Betracht kämen, sondern diese auch anders erklärbar seien, insbesondere durch die Folgen der 1986 erlittenen Auffahrunfälle. Insoweit treffe es auch nicht zu, dass der Kläger bis zu den angeschuldigten Impfungen keine gesundheitlichen Probleme gehabt habe. Der Kläger habe bereits vor der Impfung unter Schmerzausstrahlungen in die Schulter und den rechten Oberarm gelitten und eine passagere Bewegungslosigkeit im rechten Arm beklagt. Es sei eine C7-Wurzelreizung bei Halswirbelsäulenschleudertrauma diagnostiziert worden. Wegen der Folgen dieses Unfalls habe der Kläger seit 1989 vor dem Amtsgericht Usingen (2 C 974/89) einen Rechtsstreit gegen die J. Versicherung AG auf Feststellung und Entschädigung eines gesundheitlichen Dauerschadens geführt. In diesem Rechtsstreit habe Prof. Dr. N. in dem Gutachten vom 17. Juni 1992 in der abschließenden Beurteilung ausgeführt, es bestehe ein normaler neurologischer Befund; Klagen über eine Bewegungseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule, subjektive Gefühlsstörungen im Bereich der Arme in Verbindung mit einer Muskelschwäche und rezidivierenden Verspannungen im Bereich der Schulter-Nacken-Muskulatur seien auf degenerative Halswirbelsäulenveränderungen zurückzuführen. Ähnliche Feststellungen würden sich in weiteren Fachgutachten der damaligen Zeit, z. B. des Orthopäden Dr. O. vom 29. Januar 1991 aus Anlass desselben Rechtsstreits, finden. Angesichts der Ausführungen von Prof. Dr. Dr. M. stehe gleichzeitig fest, dass die Ausführungen von Prof. Dr. K. zum Teil als nicht mehr haltbar anzusehen seien. Denn Prof. Dr. K. gehe in seinem Gutachten inzident davon aus, dass der von Dr. C. am 15. Juli 1991 erwähnte neurologische Befund ein Zeichen für eine bereits damals bestehende Polyneuropathie gewesen sei. Dem sei jedoch, wie Prof. Dr. Dr. M. überzeugend nachweise, nicht so. Prof. Dr. K. habe insoweit, wie sich aus seinem Gutachten ergebe, die Aktenlage nicht ausreichend beachtet. Denn insbesondere das neurologische Gutachten der Universitätsklinik Gießen vom 17. Juni 1992 fände bei ihm keine Erwähnung. Sein Gutachten sei insgesamt dadurch geprägt, dass er sich auf die Frage eines ausreichenden zeitlichen Zusammenhangs zwischen Impfung und möglichen Zeichen einer neurogenen Schädigung konzentriert habe, jedoch nicht genügend der Frage nachgegangen sei, ob eine Schädigung peripherer Nerven überhaupt bewiesen sei. Im Ergebnis lasse sich damit festhalten, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den Impfungen und dem Entstehen einer Polyneuropathie nicht nur nicht bewiesen sei, sondern angesichts eines zeitlichen Abstands zwischen der Impfung und dem erstmaligen Nachweis einer Polyneuropathie im Jahr 2007 als unwahrscheinlich angesehen werden müsse. Dem von dem Kläger vorgelegten Parteigutachten des Dr. F., der bei dem Kläger eine makrophagische Myofasziitis als Folge der Impfung diagnostiziert habe, sei nicht zu folgen wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt habe. Der Antrag des Klägers auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG durch Dr. F. sei abzulehnen, da dieser Antrag verspätet gestellt und zur Überzeugung des Senats aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden sei. Dem Kläger sei für die konkrete Benennung eines Sachverständigen eine (bereits verlängerte) Frist bis zum 28. Februar 2011 gesetzt worden. Diese sei ungenutzt verstrichen, ohne dass der Kläger hierfür erhebliche Gründe genannt habe. Die Zulassung eines neuerlichen Gutachtens würde die Erledigung des aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. Dr. M. entscheidungsreifen Rechtsstreits wesentlich verzögern.
Die hiergegen vom Kläger erhobene Nichtzulassungsbeschwerde verwarf das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 29. Februar 2012 als unzulässig (B 9 V 34/11 B).
Unter dem 28. Dezember 2012 stellte der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Er legte einen Laborbericht vom 20. April 2011 vor und verwies auf die Wirkung des in Tetanol enthaltenen Konservierungsmittels Thiomersal. Da keine Studien zu Langzeitfolgen vorlägen, sei die Festsetzung einer Inkubationszeit nicht möglich.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2013 lehnte der Beklagte die Aufhebung des Bescheides vom 29. Mai 2007 ab. Zur Begründung führte er aus, dass bei Erlass dieses Bescheides weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Ein Impfschaden sei nicht nachgewiesen und ein Kausalzusammenhang zwischen Impfung und dem Entstehen einer Polyneuropathie sei nicht wahrscheinlich. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2013 als unbegründet zurück.
Am 22. März 2013 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass eine Anfrage zu möglichen immunologischen Prozessen nach Tetanus-Impfungen beim Hersteller des Impfstoffes einzuholen sei. Zudem sei dem Impfstoff Thiomersal zugesetzt gewesen, wodurch sich die zeitlichen Verläufe neurologischer Komplikationen möglicherweise verändern könnten.
Mit Gerichtsbescheid vom 4. Juli 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zutreffend habe der Beklagte mit Bescheid vom 15. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2013 entschieden, dass der Bescheid vom 29. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2007 rechtmäßig und daher nicht aufzuheben sei. Der angegriffene Bescheid sei auf der Grundlage eines ausführlichen, und schlüssigen Gutachtens von Prof. Dr. Dr. M., einem mit den Besonderheiten des Impfschadensrechts besonders vertrauten Sachverständigen, durch das Hessische Landessozialgericht bestätigt worden. Hiergegen habe der Kläger keine neuen Erkenntnisse, sondern lediglich unbewiesene Vermutungen vorgebracht. Soweit der Kläger sich auf die Wirkung von Thiomersal berufe und eine Überprüfung im Hinblick auf die schädlichen Nebenwirkungen von den Impfstoffen beigemischten Adjuvantien begehre, sei dies im Rahmen von § 44 SGB X nicht relevant. Die herrschende medizinische Lehrmeinung halte einen Zusammenhang zwischen derartigen Zusatzstoffen und bestimmten genetischen bzw. neurologischen Erkrankungen nicht für wahrscheinlich. Neue Erkenntnisse in diesem Sinne lägen derzeit nicht vor. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2012 habe der Kläger selbst eingeräumt, dass zu der Frage, inwieweit durch thiomersalhaltige Impfstoffe es vereinzelt zu neurologischen Komplikationen komme, noch keine Studien über Langzeitfolgen oder Spätschäden existierten. Letztlich habe der Kläger mit Schreiben vom 21. Juni 2013 auch eingeräumt, dass er all die Argumente, die er nun erneut vortrage, bereits früher vorgebracht habe. Damit seien sie aber auch Gegenstand des Vorverfahrens sowie der gerichtlichen Überprüfung über zwei Instanzen gewesen und könnten nicht erneut zu einer Überprüfung nach § 44 SGB X führen, da es sich nicht um Neuigkeiten handele.
Der Kläger hat gegen den ihm am 13. Juli 2013 zugestellten Gerichtsbescheid am 5. August 2013 vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Am 9. September 2015 hat der Senat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG ein Gutachten von Prof. Dr. P. (Internist, Nephrologie, Umweltmedizin) eingeholt. Dieser hat nach ambulanter Untersuchung des Klägers (6. Juli 2016) in seinem internistisch-umweltmedizinischen Gutachten vom 10. März 2017 bei dem Kläger eine Polyneuropathie sowie eine Psoriasis diagnostiziert. Es sei unverständlich, weshalb dem Kläger, der bereits am 29. August 1986 eine Tetanusimpfung erhalten habe, am 7. August 1990 und am 21. August 1990 jeweils erneut eine Tetanusimpfung appliziert worden sei. Es bestehe eine Hyperimmunisierung. Welches Adjuvans dem Tetanusimpfstoff zugesetzt gewesen sei, sei den Unterlagen nicht zu entnehmen. Als Konservierungsstoff sei zur damaligen Zeit das quecksilberhaltige Thiomersal eingesetzt worden. Impfreaktionen könnten zu einer Aktivierung ruhender Prozesse führen. Impfungen könnten eine Infektbelastung oder Exacerbation eines Entzündungsgeschehens bewirken. Erworbene Funktionsstörungen der Mitochondrien gingen mit einem erniedrigten intrazellulären Adenosintriphosphat (ATP) einher. Beobachtet werde eine ATP-Verminderung bei zellulärer Hypoxie bei neurodegenerativen Erkrankungen. Das ATP gelte als entscheidendes Parameter einer mitochondrialen Dysfunktion. Das Kriterium eines chronisch persistierenden Entzündungsgeschehens werde bei dem Kläger labordiagnostisch nachgewiesen. Die Infektbelastungen des Klägers seien mit Wahrscheinlichkeit Koinfektionen bei persistierendem Entzündungsgeschehen. Die ersten Symptome seien bei dem Kläger ca. zwei Wochen nach der zweiten Tetanusimpfung aufgetreten. Ein solcher Zeitintervall sei für die Ausbildung einer immunologischen Impfkomplikation typisch. Die auf den Impfschaden zurückzuführenden Störungen seien mit einem GdB von 50 zu bewerten. Dies gelte ab der Antragstellung am 20. Januar 2007.
Der Beklagte hat die Stellungnahme der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Q. vom 9. April 2017 vorgelegt. Diese hat ausgeführt, dass Prof. Dr. P. keine differenzierte Stellung genommen habe, welche seine indifferente Auffassung begründe bzw. erkläre. Die Medizinaldirektorin R. habe am 24. Juli 2008 in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme sehr differenziert den Beschwerdeverlauf des Klägers dargestellt und bewertet. Aus ihren chronologischen Ausführungen, insbesondere der Krankenakte von Dr. C. gehe hervor, dass der Kläger schon im April 1990 und damit vor der Tetanusimpfung über Muskelbeschwerden geklagt habe. Bei den Ende November 1990 erstmals nächtlich geklagten krampfartigen, stromstoßartigen Schmerzen in den Außenseiten der Waden sei davon auszugehen, dass es sich um muskulär verursachte Schmerzen handele. Sollte die Tetanus-Schutzimpfung zu einer axonal symmetrischen distal betonten Neuropathie geführt haben, wäre der Zeitablauf für eine Verursachung solcher Beschwerden zu kurz. Der Zeitraum würde allerdings für ein Guillain-Barré-Syndrom sprechen, was jedoch anhand der Symptomatik nicht bestanden habe. Allein hieraus sei ein kausaler Zusammenhang unwahrscheinlich. Dies werde auch belegt durch die weiteren fundierten Untersuchungen in den folgenden Jahren. Erstmals habe der Neurologe und Psychiater Dr. Dr. D. am 28. März 2007 neurophysiologisch die Diagnose der vorwiegend axonalen sensiblen Polyneuropathie gestellt, d.h. 17 Jahre nach der Tetanusimpfung. Prof. Dr. P. könne in seinen Ausführungen keine Brückensymptome beschreiben bzw. belegen, die seine Auffassung begründeten. Die differenzierte Darstellung der Vorgutachter, die einen ursächlichen Zusammenhang verneint hätten, würde damit nicht entkräftet.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. August 2017 hat Prof. Dr. P. ausgeführt, dass nach den Angaben des Klägers bei diesem zwei Tage nach der letzten Impfung Lymphozytenschwellungen aufgetreten seien. Diese Aussagen würden von Dr. Dr. D. bestätigt. Die Neuropathie sei durch den Neurologen Dr. S. (richtig wohl: Dr. Dr. D. aus S-Stadt) nicht nur klinisch, sondern auch elektrophysiologisch gesichert. Es habe sich nicht um eine Muskelerkrankung gehandelt. Die vom Kläger geschilderten Beschwerden (Lymphknotenschwellungen, Kopfschmerzen, Schmerzen in den Waden) im September 2007 (richtige Jahresangabe wohl: 1990) werte er als Brückensymptome, da sie zeitnah nach der Impfung aufgetreten seien. Dr. Q. habe die Hyperimmunisierung durch die Thiomersalbelastung nicht berücksichtigt. Die Hyperimmunisierung sei für das Krankheitsgeschehen des Klägers von entscheidender Bedeutung.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger erneut auf die Wirkung des Konservierungsmittels Thiomersal hingewiesen. Die Behandlung mit den Medikamenten Kalitrans, Rekawan, Neuro-Ratio-Tabletten und Keltican-Injektionen im Jahr 1991 durch den Neurologen Dr. Dr. D. sei aufgrund der neurologischen Beschwerden erfolgt. Bis zum Juli 1990 hätten keine Anzeichen für infektiöse Erkrankungen oder für entzündliche Prozesse vorgelegen. Bereits zwei Tage nach der Impfung vom 21. August 1990 sei es zu erheblichen Krankheitssymptomen gekommen. Im März 1992 sei durch den Neurologen die dauerhafte Krankschreibung erfolgt. Der Kläger hat auf einen Befundbericht von Dr. R. vom 9. Dezember 2009 verwiesen, in welchem eine sekundäre sensible Polyneuropathie sowie Beschwerden nach der Tetanusschutzimpfung beschrieben seien. Die Polyneuropathie sei als Nebenwirkung bei Impfungen mit dem Impfstoff Tetanol bekannt. Dies werde in der Herstellerinformation ausdrücklich erwähnt. Der Kläger verweist auf ein Schreiben des Paul-Ehrlich-Instituts vom 17. April und 5. August 2014. In einer tabellarischen Fallschilderung sei für den 24. August 1990 bei ihm eine Neuritis erwähnt worden. Das PEI habe bestätigt, dass es sich hierbei um seinen Fall handele. Den Experten der Firma T. sei eine höhere Kompetenz zuzuerkennen, als Prof. Dr. Dr. M ... Die Beweiserleichterung gemäß § 15 KOVVfG sei vorliegend anwendbar. Die Ausführungen von Prof. Dr. Dr. M., dass bis zum Jahr 2005 keinerlei Symptome einer Polyneuropathie erkennbar seien, seien falsch. Es gäbe auch Formen der Neuropathie, bei welchen die routinemäßig durchgeführten "neurologischen Konsile" keinerlei Auffälligkeiten zeigten. Oft werde die Polyneuropathie nicht erkannt und diagnostiziert. Sie entwickle sich ferner schleichend. Zudem sei zwischen Neuritis (Nervenentzündung) und Neuropathie (Nervenschädigung) zu unterscheiden. Insoweit habe die Deutsche Klinik für Diagnostik nicht umfangreich genug untersucht. Konkurrierende Ursachen, welche die Polyneuropathie verursacht hätten, lägen nicht vor. Im Übrigen sei die Polyneuropathie bereits im Juli 1991 diagnostiziert worden. Prof. Dr. Dr. M. habe sich nicht damit auseinander gesetzt, dass eine Small-Fiber-Neuropathie vorgelegen haben könnte. Die bei dem Kläger aufgetretenen Beschwerden, die er immer wieder geschildert habe, seien zudem als Brückensymptome zu werten. Zwar sei die ärztliche Dokumentation nach dem 21. August 1990 unzureichend, aber die erfolgten Medikamentenverordnungen seien eindeutig. Die Häufigkeit seiner Arztbesuche sei nach der letzten Tetanusimpfung im Vergleich zum davor liegenden Zeitraum deutlich erhöht. Auch sei er im Zeitraum 21. August 1990 bis 28. April 1992 an insgesamt 83 Tagen arbeitsunfähig gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juli 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 15. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 29. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2007 aufzuheben, bei dem Kläger eine schmerzhafte Polyneuropathie beider Beine als Folge der am 29. August 1986, 7. August 1990 und 21. August 1990 durchgeführten Tetanusimpfungen anzuerkennen und ab dem 1. Januar 2008 aufgrund eines GdS von 50 Geschädigtenversorgung im gesetzlichen Umfang zu gewähren,
die Übernahme der Kosten des Gutachtens und der Stellungnahme von Prof. Dr. P. durch die Staatskasse,
hilfsweise die mündliche Befragung des Gutachters Prof. Dr. Dr. M. in der mündlichen Verhandlung
sowie die Zulassung der Revision.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Die Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren seien nicht geeignet, die eingeholten umfassenden Gutachten und die vorgenommene Kausalitätsbeurteilung zu entkräften. Hinsichtlich des Zusatzstoffes Thiomersal sei nach wie vor nicht erwiesen, dass dieser geeignet sei, gesundheitliche Schäden zu verursachen. Eine Beweiserleichterung im Sinne von § 15 KOVVfG komme nicht in Betracht. Die Beweiserleichterung solle einer Beweisnot des Opfers Rechnung tragen. Eine solche könne jedoch nur bezüglich der Frage bestehen, ob es zu einem schädigenden Ereignis (hier einer Impfung) gekommen sei. Fast alle bisher eingeholten Stellungnahmen und Gutachten kämen zudem zu dem Ergebnis, dass ein ursächlicher Kausalzusammenhang zwischen der geltend gemachten Gesundheitsstörung und der erfolgten Impfung nicht nachweisbar sei.
Durch Beschluss des Senats vom 31. August 2017 ist der Rechtsstreit gemäß § 153 Abs. 5 SGG der Berichterstatterin als Einzelrichterin zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern zur Entscheidung übertragen worden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakten im Verfahren L 4 VE 16/09 sowie die Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berichterstatterin konnte gemeinsam mit den ehrenamtlichen Richtern über die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 4. April 2016 entscheiden, da ihr mit Beschluss vom 31. August 2017 der Rechtsstreit übertragen worden ist, § 153 Abs. 5 SGG.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Rechtlich zutreffend hat der Beklagte mit Bescheid vom 15. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2013 abgelehnt, den Bescheid vom 29. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2007 aufzuheben, da dieser rechtmäßig ist.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Es ist weiterhin nicht nachgewiesen, dass bei dem Kläger ein Impfschaden aufgrund der streitigen Impfungen vorliegt.
Eine neurologische Erkrankung des Klägers ist erst ab etwa 2005 nachgewiesen (Befundbericht von Dr. Dr. D. vom 28. März 2007). Soweit der Kläger auf seine bereits vor diesem Zeitpunkt vorgelegenen Beschwerden verweist, begründet dies keinen Impfschaden. Insoweit wird auf das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. M. sowie das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 10. August 2011 (L 4 VE 16/09) verwiesen. Daraus ergibt sich überzeugend, dass die Polyneuropathie nicht bereits im Juli 1991 diagnostiziert worden ist. Insoweit führen auch die Angaben des Klägers zu den Medikamenten, die ihm Dr. Dr. D. im Jahre 1991 verordnet hat, zu keinem anderen Ergebnis. Es ist vielmehr weiterhin nicht nachgewiesen, dass diese Verordnungen aufgrund einer nachgewiesenen neurologischen Erkrankung des Klägers erfolgt sind. Dies gilt gleichermaßen hinsichtlich der häufigen Krankschreibungen nach dem 21. August 1990.
Die im Berufungsverfahren vom Kläger zitierten Angaben der Firma T. und die Schreiben des PEI aus dem Jahre 2014 können eine andere Einschätzung nicht begründen. Denn diese Ausführungen hinsichtlich einer beim Kläger vorliegenden Neuritis beruhen auf dessen Angaben und nicht auf (zusätzlichen) belastbaren ärztlichen Befunderhebungen bzw. Diagnosestellungen.
Auch der Verweis darauf, dass sich eine Polyneuropathie schleichend entwickle und häufig – auch im Rahmen neurologischer Konsile – nicht erkannt und diagnostiziert werde, weil sie keine Auffälligkeiten zeige, kann einen Impfschaden vorliegend nicht begründen. Der Kläger ist hinsichtlich des Vorliegens eines Impfschadens beweispflichtig, so dass ein Hinweis auf Schwierigkeiten hinsichtlich der Diagnosestellung nicht zureichend ist. Dies gilt umso mehr, wenn – wie im Fall des Klägers – erst 17 Jahre nach den maßgeblichen Impfungen eine seit circa 2 Jahren bestehende neurologische Erkrankung diagnostiziert wird.
Zudem liegen Brückensymptome nicht vor. Wie der Kläger selbst einräumt, ist die ärztliche Dokumentation für die Zeit nach den streitigen Impfungen unzureichend. Die Angaben des Klägers hinsichtlich seiner gesundheitlichen Beschwerden belegen keine ausreichenden Brückensymptome. Insoweit wird auf das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. M. und das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 10. August 2011 (L 4 VE 16/09) verwiesen. Das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. P. führen zu keinem anderen Ergebnis. Wie von Dr. Q. zutreffend vorgetragen hat der Sachverständige Prof. Dr. P. insoweit keine differenzierte Stellungnahme abgegeben. Dieser hat sich letztlich lediglich auf die vom Kläger geschilderten Symptome bezogen, ohne sich insbesondere mit den Ausführungen von Prof. Dr. Dr. M. auseinanderzusetzen. Wann es zu dem von Prof. Dr. P. angeführten chronisch persistierenden Entzündungsgeschehen bei dem Kläger gekommen ist, ist nicht nachgewiesen.
Der Kläger kann sich auch nicht auf die Beweiserleichterung gemäß § 15 des Gesetzes über die Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOV), die auch im Recht der Impfopferversorgung gilt (§ 64 Abs. 2 IfSG), berufen. Denn Lücken im Sachverhalt, die durch Glaubhaftmachung geschlossen werden könnten, bestehen aufgrund der zahlreichen vorliegenden Befundberichte und Gutachten aufgrund neurologischer Untersuchungen bereits nicht.
Der Vortrag des Klägers, Prof. Dr. Dr. M. habe sich nicht damit auseinander gesetzt, ob eine Small-Fiber-Neuropathie bei dem Kläger vorgelegen habe, ist vorliegend nicht relevant. Nach den zahlreichen neurologischen Befundberichten bestand – bis im Jahr 2007 – kein Anhalt für eine neurologische Erkrankung des Klägers. Es ist nicht ersichtlich, dass bei dieser Befundlage eine vor vielen Jahren aufgrund der erfolgten Impfungen eingetretene Small-Fiber-Neuropathie nachgewiesen werden könnte.
Entgegen der Auffassung des Klägers müssen auch keine konkurrierenden Ursachen nachgewiesen sein, so dass sein Einwand, dass entsprechende Ursachen nicht vorlägen, nicht durchgreift.
Der Kläger kann sich auch nicht erfolgreich auf das Konservierungsmittel Thiomersal berufen. Denn auch insoweit gilt, dass ein entsprechender Impfschaden nicht nachgewiesen ist. Auf die oben gemachten Ausführungen zum Nachweis der neurologischen Erkrankung wird verwiesen. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass Weisser/Bauer/Volkers/Keller-Stanislawski ausgeführt haben, dass – mit Ausnahme seltener Überempfindlichkeitsreaktionen – keine Nebenwirkungen durch die in Impfstoffen verwendeten niedrigen Thiomersaldosen bekannt seien ("Thiomersal und Impfungen", Bundesgesundheitsblatt 2004, S. 1165 ff.). Auch haben epidemiologische Studien keinen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen thiomersalhaltigen Impfstoffen und neurologischen Entwicklungsstörungen ergeben (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 14. Februar 2012, L 15 VJ 3/08, juris, Rn. 56).
Für die vom Kläger beantragte Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. M. in der mündlichen Verhandlung bestand für den Senat keine Veranlassung. Das Recht der Beteiligten auf Befragung eines Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung besteht grundsätzlich nur hinsichtlich der Gutachten, die in derselben Instanz (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, Kommentar, 12. Aufl., § 118 Rn. 12g mwN) und in demselben Verfahren erstattet worden sind. Prof. Dr. Dr. M. ist zwar von dem Hessischen Landessozialgericht mit der Begutachtung beauftragt worden, allerdings in einem vorhergehenden Verfahren (L 4 VE 16/09). Damit bestand vorliegend kein Anspruch des Klägers auf Anhörung von Prof. Dr. Dr. M ... Darüber hinaus sah der Senat aufgrund der umfangreichen Ausführungen des Sachverständigen in dem vorherigen Verfahren keine Veranlassung zu einer entsprechenden Anhörung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob im Wege des Überprüfungsverfahrens bei dem Kläger ein Impfschaden anzuerkennen und zu entschädigen ist.
Der 1951 geborene Kläger beantragte am 20. Januar 2007 bei dem Beklagten Impfschadensentschädigung. Er sei im August 1990 gegen Tetanus geimpft worden. Etwa zwei bis drei Wochen nach der zweiten Tetanusimpfung seien aus völliger Gesundheit heraus plötzlich grippeartige Symptome aufgetreten. In der Folge habe er immer öfter unter Schwindelattacken und später unter Ausfallerscheinungen der rechten Hand und starken Kopfschmerzen gelitten. Ende November 1990 seien dann erstmals nachts krampfartige, stromstoßartige Schmerzen in den Außenseiten beider Waden sowie psoriasisartige Hautveränderungen an der Rückseite beider Oberschenkel unterhalb des Gesäßes aufgetreten. Als Schädigungsfolgen gab er u. a. eine Polyneuropathie, Gelenkbeschwerden, Allergie und Hautausschläge an. Ab März 1992 sei es zu einem beruflichen Leistungsabfall mit nachfolgender Berentung 1996 gekommen. Dem Antrag beigefügt waren u. a. die Impfbescheinigung von Dr. C. über die am 7. August und 21. August 1990 durchgeführte Tetanus-Schutzimpfung mit Tetanol, Impfbescheinigungen über frühere Tetanus-Schutzimpfungen in den Jahren 1971 bis 1978 sowie diverse Krankenunterlagen. Ergänzend verwies der Kläger mit Schreiben vom 1. Februar 2007 auf eine nach einem Verkehrsunfall durchgeführte weitere Tetanusimpfung vom 29. August 1986 im Kreiskrankenhaus Bad Homburg als mögliche Ursache einer leichten Nervenschädigung, welche durch die später erfolgten Impfungen eskaliert sei. Zusätzlich legte er einen nervenärztlichen Befundbericht von Dr. Dr. D. vom 28. März 2007 vor, der bei dem Kläger eine Polyneuropathie unklarer Genese diagnostizierte.
Der Beklagte zog die Schwerbehindertenakte des Klägers bei. Danach war bei dem Kläger mit Bescheid vom 25. Juli 1994 ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt und als Behinderungen anerkannt worden: degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenschädigungen und Bewegungseinschränkungen, Reizerscheinungen; Schuppenflechte mit Gelenkbeteiligung und Knochenumbauprozessen bei Notwendigkeit der Immunsuppression; nervöse Störungen. Ferner stellte der Beklagte im September 1999 in Ausführung eines sozialgerichtlichen Vergleichs bei dem Kläger das Merkzeichen "G" fest.
Der Beklagte holte eine aktenmäßige internistische Stellungnahme von Dr. E. vom 14. Mai 2007 ein, der ausführte, dass unspezifische neurologische Störungen erst viele Jahre nach der Impfung berichtet worden seien; aus der Zeit unmittelbar nach der Impfung seien keinerlei derartige Störungen dokumentiert. Nervenschäden infolge einer Impfung träten jedoch in der Regel Stunden bis wenige Wochen nach der Impfung auf. Hierauf lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29. Mai 2007 eine Versorgung des Klägers nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2007 als unbegründet zurück.
Der Kläger erhob am 10. August 2007 Klage zum Sozialgericht Gießen und machte eine Schädigung des peripheren Nervensystems als Folge der Impfung geltend. Es sei bereits ein bis zwei Wochen nach den Impfungen zu diversen Beschwerden gekommen (Fieber, Schwindel, Kopfschmerz, geschwollene Lymphknoten). Anfang Oktober 1990 seien dann erstmals stromschlagartige Schmerzen in den Außenseiten beider Waden aufgetreten, die dauerhaft angehalten hätten; im Mai 1991 habe er ähnliche Beschwerden in den Armen gehabt. Es sei zu einem erheblichen Leistungseinbruch in seiner beruflichen Tätigkeit als Versicherungsfachmann gekommen, die ab April 1992 dauerhafte Arbeitsunfähigkeit zur Folge gehabt habe. Der Kläger legte ein in seinem Auftrag von Dr. F. am 13. März 2008 erstattetes Gutachten vor. Dieser bejahte den Kausalzusammenhang zwischen den Tetanusimpfungen sowie einer Erkrankung des Klägers an einer makrophagischen Myofasziitis und nahm eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) mit 50 v. H. an. Das Sozialgericht zog die Krankenunterlagen des Klägers bei dessen ehemaligen Hausärzten Dr. C., Dr. G. sowie Dr. H. sowie die Schadensakte der J. Versicherung AG bezüglich eines Verkehrsunfalls des Klägers im Jahr 1986 bei und holte auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei Prof. Dr. K. (ehemaliger Direktor der Landeskinderklinik Neunkirchen-Kohlhof/Saar) ein. Dieser verneinte unter dem 25. Oktober 2008 nach ambulanter Untersuchung des Klägers die Anerkennung eines Impfschadens aufgrund der fehlenden Primärbeschwerden in der postvakzinalen Inkubationszeit von maximal 21 Tagen im Anschluss an die Impfung vom 21. August 1990. Dem Gutachten von Dr. F. sei nicht zu folgen, weil die Beschwerdeschilderung des Klägers mit dem Krankheitsbild einer makrophagischen Myofasziitis nicht übereinstimme und diese Diagnose auch nicht bewiesen sei.
Mit Urteil vom 4. Juni 2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Ein Impfschaden im Sinne eines über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden Gesundheitsschadens sei bei dem Kläger nicht erwiesen. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. K. trete eine unübliche Impfreaktion innerhalb der sog. postvakzinalen Inkubationszeit auf, die im Fall einer Tetanus-Impfung maximal 21 Tage betrage. Die vom Kläger für den Zeitraum unmittelbar nach den Impfungen im August 1990 geklagten Beschwerden (Fieber, Schwindel, Kopfschmerz, Schwellung regionaler Lymphknoten, Kreislaufreaktionen) seien nach den Ausführungen des Sachverständigen die üblichen Impfreaktionen bei hyperimmunisierten Personen. Als unübliche Impfreaktionen in ursächlichem Gefolge von Tetanus-Impfungen seien Erkrankungen des zentralen und peripheren Nervensystems wie z. B. Mono- und Polyneuritiden, Guillain-Barré-Syndrom, Neuropathie anzusehen. Eine derartige außergewöhnliche bzw. unübliche Impfreaktion im Sinne neuraler Beschwerden sei bei dem Kläger auf der Grundlage seiner eigenen Aussagen erstmals für den 12. bis 14. Oktober 1990 feststellbar und ein neurologischer Befund sei erstmals am 15. Juli 1991 in der Praxiskartei des Dr. C. festgehalten. Im Hinblick auf diese zeitliche Distanz zwischen schädigendem Ereignis und Nachweis bzw. Glaubhaftmachung einer ersten außergewöhnlichen Impfreaktion könnten die bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsschäden jedenfalls nicht mit Wahrscheinlichkeit wesentlich auf die durchgeführte Impfung zurückgeführt werden. Soweit der Kläger vortrage, die Verordnung des Medikaments "Kalitrans" durch Dr. C. am 24. August 1990 belege Herzrhythmusstörungen als unübliche Impfreaktion, sei festzustellen, dass Herzrhythmusstörungen noch "übliche" Impffolgen bei hyperimmunisierten Personen seien. Im Übrigen habe es sich nicht um therapiepflichtige und damit nicht um pathologische Herzrhythmusstörungen gehandelt. Die Ausführungen von Dr. F. vom 13. März 2008 seien nicht geeignet, das Gutachten des Prof. Dr. K. zu entkräften. Es handele sich lediglich um einen Parteivortrag, da Dr. F. ohne gerichtlichen Auftrag und ohne Einsichtnahme in die maßgeblichen Akten Stellung genommen habe. Entsprechend würden keinerlei Quellen im Sinne von ärztlichen Befunden zitiert. Die Darstellung sei derart deckungsgleich zu den Angaben des Klägers, dass der Verdacht der ungeprüften Übernahme der Angaben des Klägers bestehe. Zum anderen beziehe sich Dr. F. auf das Krankheitsbild der sog. makrophagischen Myofasziitis, welche bisher bei dem Kläger nicht bewiesen sei. Auch passe das ursprüngliche Beschwerdebild des Klägers nicht zu dem von Dr. F. unterstellten Impfschaden.
Die hiergegen erhobene Berufung begründete der Kläger damit, dass das Gutachten von Prof. Dr. K. nicht dem neuesten Stand der Wissenschaft entspreche. Die gewählte Zeitspanne von 21 Tagen als Inkubationszeit sei willkürlich. In der Schulmedizin bestünden diesbezüglich erhebliche Unsicherheiten. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) setze die Inkubationszeit für neurologische Erkrankungen nach einer Tetanusimpfung auf maximal 6 bis 8 Wochen an. Die aufgetretenen Symptome lägen innerhalb dieses zeitlichen Rahmens. Die Kopfschmerzen und Schwindelattacken nach der Impfung seien nicht vorübergehend gewesen, sondern als dauerhafte Gesundheitsstörung anzusehen. Die Unterlagen von Dr. C. seien lückenhaft, was im Zusammenhang damit stehen könne, dass dieser Arzt ihm gegenüber voreingenommen gewesen sei. Es gebe in seiner Vorgeschichte keine Hinweise auf andere Erkrankungen, die geeignet wären, eine Polyneuropathie zu verursachen. Der Kläger legte eine Auskunft des PEI vom 19. Juni 2009 vor, in der mitgeteilt wird, als plausibler Zeitabstand für das Auftreten eines Guillian-Barré-Syndroms nach einer Impfung seien maximal 6 bis 8 Wochen anzusehen, sowie eine eidesstattliche Versicherung des L. (ein früherer Arbeitskollegen des Klägers) über gesundheitliche Probleme des Klägers im Sommer 1990. Das Landessozialgericht holte ein Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. (Arzt für Neurologie und Psychiatrie, ehemaliger Direktor der Neurologischen Klinik des Städt. Klinikums Karlsruhe) ein. Dieser führte nach ambulanter Untersuchung des Klägers unter dem 29. Juli 2010 aus, dass klinische Symptome einer Polyneuropathie erstmals überhaupt in dem Bericht des Neurologen und Psychiaters Dr. Dr. D. vom 28. März 2007 angegeben würden und zwar an den unteren Extremitäten. Die Behandlungsdaten von Dr. C. vom 15. Juli 1991 belegten einen völlig normalen neurologischen Befund, und auch in den Folgejahren seien verschiedene Untersuchungen an unterschiedlichen Orten ohne irgendwelche Anhaltspunkte für eine neurologische Grunderkrankung wie eine Polyneuropathie geblieben. Die über Jahre geklagte Schmerzsymptomatik lasse sich ohne neurologisches Korrelat nicht als Ausdruck einer Polyneuropathie werten. Dem Gutachten von Prof. Dr. K. sei insofern zuzustimmen, als der bei dem Kläger nach der Tetanusimpfung vom 21. August 1990 einsetzende Beschwerdekomplex zu den häufigen, passageren, letztlich folgenlosen Nebenwirkungen der Tetanusimpfung gehöre. Zu dem von Prof. Dr. K. als möglicher Beginn einer neuropathischen Symptomatik in den Beinen angenommenen Termin im Mai 1991 (aufgrund der damaligen neurologischen Untersuchung) bzw. im Zeitraum vom 12. bis 14. Oktober 1990 (aufgrund der eigenen Angaben des Klägers) sei zu sagen, dass die von dem Kläger angegebene Beschwerdesymptomatik in den Armen sich nicht als typische oder verdächtige Symptomatik einer Neuropathie werten lasse. Der Kläger habe bereits in Zusammenhang mit dem Unfallereignis 1986 Schmerzen im Halswirbelsäulen-Bereich mit zeitweiser Ausstrahlung in den rechten Arm und Gefühlsstörungen angegeben. Auch bei späteren Untersuchungen habe er über Schmerzen und Lähmungserscheinungen in den Armen geklagt, ohne dass ein neurologischer Befund habe erhoben werden können. Schmerzen in den Armen, die erstmals im engen zeitlichen Zusammenhang mit insgesamt drei stattgehabten Halswirbelsäulendistorsionen aufgetreten seien, ließen sich bei normalem neurologischem Befund nicht als Hinweis auf eine Polyneuropathie werten, die letztlich erstmals 2007 an den unteren Extremitäten objektiviert worden sei. Ein Impfschaden aufgrund der 1990 durchgeführten Tetanus-Impfung sei nicht wahrscheinlich zu machen. Die jetzt nachweisbare Polyneuropathie sei erst seit 2007 manifestiert. Der Kläger führte hierzu aus, dass schon der Befund aus dem Jahr 1991, in dem ein verminderter Achillessehnenreflex und Patellarsehnenreflex beidseitig festgestellt worden seien, ein deutlicher Hinweis auf eine Polyneuropathie sei. Auch die bei späteren Untersuchungen festgestellten Hypästhesien seien dafür Symptome. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 22. Dezember 2010 setzte sich Prof. Dr. Dr. M. mit den Einwänden des Klägers auseinander und verwies auf das neurologische Gutachten von Prof. Dr. N. (Neurologische Klinik der Universität Gießen) vom 17. Juni 1992. Danach sei das Vorliegen einer Polyneuropathie aufgrund der völlig regelgerechten Befunde zum damaligen Zeitpunkt auszuschließen, wie sich auch bei allen nachfolgenden Untersuchungen keinerlei Hinweise für das Vorliegen einer Polyneuropathie oder einer sonstigen Schädigung somatosensorischer Nervenstrukturen im peripheren Nervensystem hätten feststellen lassen. Die von dem Kläger angegebenen subjektiven Beschwerden im Sinne von Schmerzen seien nicht durch objektive Befunde belegt. Die nach einer Tetanusimpfung möglicherweise auftretenden Störungen des peripheren Nervensystems (Guillain-Barré-Syndrom, Mononeuropathie mit Hirnnervenbeteiligung oder Armplexus-Neuritis) seien gut definierte Krankheitsbilder, für deren Vorliegen es in einem Zeitraum von acht Wochen nach der Impfung keine Anhaltspunkte gebe. Der Kläger hielt auch in Kenntnis der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen daran fest, dass eine Entzündung peripherer Nerven durch die Impfung angesichts der eindeutigen Symptome, der daraufhin verordneten medizinischen Maßnahmen (Behandlung mit Rekawan, Kalitrans und später auch Keltican) und der mittlerweile gesicherten Diagnose als bewiesen angesehen werden müsse. Bei der Untersuchung in Gießen im Juni 1992 hätten die Schmerzen in den Armen und ein möglicher Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen 1986 im Vordergrund gestanden. Das Gutachten von Prof. Dr. Dr. M. widerspreche der geltenden Lehrmeinung. Der Sachverständige sei kein zertifizierter Gutachter und nicht kompetent zur Beurteilung eines Impfschadens.
Mit Urteil vom 10. August 2011 wies das Hessische Landessozialgericht die Berufung zurück. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erhalte derjenige, welcher durch eine empfohlene oder angeordnete Schutzimpfung eine gesundheitliche Schädigung erlitten habe, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen des Impfschadens auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG). Nach § 2 Nr. 11 IfSG sei ein Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung. Erforderlich sei, dass die schädigende Einwirkung (die Impfung), die gesundheitliche Primärschädigung in Form einer unüblichen Impfreaktion (Impfkomplikation) und die Schädigungsfolge (ein Dauerleiden) nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen nachgewiesen und nicht nur wahrscheinlich seien (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 1986, 9 a RVi 2/84, Juris; BSG, Urteil vom 7. April 2011, B 9 VJ 1/10 R, Juris Rdnr. 38). Zudem müsse zwischen den genannten Anspruchsmerkmalen ein Ursachenzusammenhang bestehen, wobei für den Zusammenhang zwischen Impfung und Schädigungsfolge der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit ausreiche (§ 61 IfSG). Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung habe mithin in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst müsse ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann sei die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen seien. Bei der vorzunehmenden Kausalitätsbeurteilung seien für den hier maßgeblichen Zeitraum grundsätzlich die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AHP) in ihrer jeweils geltenden Fassung (zuletzt AHP 2008) zu beachten, die jeweils unter den Nrn. 53 bis 143 Hinweise zur Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen enthielten. Dies gelte auch für die Zeit ab Inkrafttreten der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) am 1. Januar 2009, die solche auf einzelne Krankheitszustände bezogene Hinweise nicht mehr enthalte. Die auf den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft fußenden AHP hätten normähnlichen Charakter und seien grundsätzlich wie untergesetzliche Normen heranzuziehen, um eine möglichst gleichmäßige Handhabung der in ihnen niedergelegten Maßstäbe im gesamten Bundesgebiet zu gewährleisten. Nach Teil C Nr. 57 AHP 2008 stellten die von der beim Robert Koch-Institut eingerichteten Ständigen Impfkommission (STIKO) entwickelten und im Epidemiologischen Bulletin (EB) veröffentlichten Kriterien (Arbeitsergebnisse) zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion von einer über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung ("Impfschaden") den jeweils aktuellen Stand der Wissenschaft dar. Dieser Beurteilungsgrundsatz beruhe auf einem Beschluss des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS, Rundschreiben vom 12. Dezember 2006 – IV c.6-48064-3 –) und ersetze die noch in den AHP 1996, 2004 und 2005 enthaltenen detaillierten Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion von einem "Impfschaden" (Impfkomplikation). Die von der STIKO in dem Zeitraum ab 2005 im EB veröffentlichten Arbeitsergebnisse enthielten allerdings keine neuen medizinischen Erkenntnisse zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion von einer Impfkomplikation, weshalb für den hier maßgeblichen Zeitraum die AHP 2004 und 2005 als aktueller Stand der Wissenschaft in Betracht zu ziehen sind (BSG, a. a. O., Rdnr. 41). Als Impfkomplikationen infolge einer Tetanus-Schutzimpfung, bei der es sich im Jahr 1990 um eine im Land Hessen öffentlich empfohlene Impfung handele (vgl. StAnz Hessen 1987, S. 1694), kämen danach, wie bereits vom Sozialgericht zutreffend dargestellt, eine Neuritis und das Guillain-Barré-Syndrom in Betracht (vgl. Teil C Nr. 57.13 AHP 2005). Vorliegend sei jedoch nicht nachgewiesen, dass es bei dem Kläger zu einer unüblichen Impfreaktion in Form einer Schädigung peripherer Nerven gekommen sei. Hierbei könne der Senat den Streit, welche maximale Inkubationszeit zwischen der Impfung gegen Tetanus und dem Auftreten einer unüblichen Impfreaktion maximal angenommen werden kann, dahinstehen lassen. Prof. Dr. K. habe in seinem Gutachten unter Hinweis auf entsprechende wissenschaftliche Quellen eine maximale Inkubationszeit von 21 Tagen für eine unübliche Impfreaktion in Form von Mono- oder Polyneuropathien angenommen. Der Kläger sei dem unter Hinweis auf eine Auskunft des PEI entgegengetreten und vertrete die Auffassung, die Inkubationszeit könne 6-8 Wochen betragen. Die Ausführungen des PEI bezögen sich allerdings nicht auf alle Formen neurologischer Erkrankungen, sondern ausschließlich auf das Guillain-Barré-Syndrom (vgl. Weißer/Barth/Stanislawski, Sicherheit von Impfstoffen, Bundesgesundheitsblatt 2009, Seite 6). Dennoch unterstelle das Landessozialgericht zugunsten des Klägers, dass nach einer Impfung gegen Tetanus eine unübliche Impfreaktion in Form einer Schädigung peripherer Nerven unter Umständen in einem Zeitraum bis maximal acht Wochen nach einer Impfung eintreten könne. Auch Prof. Dr. Dr. M. habe seiner Beurteilung einen Zeitraum von acht Wochen zugrunde gelegt. Innerhalb des so bestimmten Zeitraums sei bei dem Kläger jedoch keine Impfkomplikation nachgewiesen. Bei den unmittelbar nach der Impfung Ende August 1990 von dem Kläger geschilderten Beschwerden (Schwindel, Fieber, geschwollene Lymphknoten), die durch die Unterlagen des damaligen Hausarztes Dr. C. allerdings nicht belegt seien, sei – ihr Vorhandensein unterstellt – nach dem Gutachten von Prof. Dr. K. davon auszugehen, dass es sich um typische vorübergehende Nebenwirkungen der Impfung gehandelt habe. Zeichen für eine Schädigung peripherer Nerven seien in diesem Zeitraum nicht dokumentiert. Die von Dr. C. ab 24. August 1990 verordneten Medikamente hätten keinen zwingenden Bezug zu einer neurologischen Krankheit, sondern könnten in Zusammenhang mit den damals aufgetretenen Arrhythmien gesehen werden; Prof. Dr. K. habe darauf hingewiesen, dass Kaliumpräparate probatorisch bei Herzrhythmusstörungen verschrieben würden. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auf das Zeugnis eines früheren Arbeitskollegen über von diesem beobachtete Krankheitssymptome im August 1990 Bezug nehme, seien solche Aussagen zum Nachweis einer unüblichen Impfreaktion, die eine Schädigung peripherer Nerven verursacht habe, offensichtlich ungeeignet. Aber auch für die Zeit nach August 1990 seien Impfkomplikationen im Sinne einer Schädigung peripherer Nerven innerhalb eines denkbaren Inkubationszeitraums nach der Impfung nicht belegt. Es fehle, wie der Sachverständige Prof. Dr. Dr. M. zu Recht festgestellt habe, an jeder objektivierbaren Brückensymptomatik. Die von dem Kläger in zeitlichem Zusammenhang mit den Impfungen geschilderten Symptome, insbesondere die angegebenen Missempfindungen an den Armen und Beinen, könnten nicht als Zeichen einer Polyneuropathie angesehen werden, weil eine derartige Krankheit nach den schlüssigen Ausführungen von Prof. Dr. Dr. M. erstmals überhaupt im Jahr 2007 nachgewiesen worden sei. Dagegen könne insbesondere aufgrund der 1992 durchgeführten umfangreichen neurologischen Untersuchung das Bestehen einer Polyneuropathie für die damalige Zeit ausgeschlossen werden. Zu Recht verweise der Sachverständige hierzu auf das in einem Zivilrechtsstreit des Klägers gegen die J. Versicherung AG erstattete ausführliche neurologische Gutachten von Prof. Dr. N. vom 17. Juni 1992, in dem ein unauffälliger neurologischer Befund erhoben worden sei. Soweit der Kläger dagegen einwende, dass bei dieser Untersuchung die Folgen des Unfallgeschehens vom 29. August 1986 im Mittelpunkt gestanden hätten, sei festzuhalten, dass von Prof. Dr. N. ein neurologischer Status des gesamten Körpers erhoben worden sei, ohne dass sich irgendwelche pathologischen Befunde gezeigt hätten. Prof. Dr. N. habe den klinisch-neurologischen Befund als "vollkommen regelgerecht" bezeichnet. Zudem seien auch bei anderen Untersuchungen in den Folgejahren, wie von dem Sachverständigen im Einzelnen referiert, keine Anhaltspunkte für eine neurologische Grunderkrankung festgestellt worden; noch im Arztbrief der Neurologischen Klinik der Universität Gießen vom 16. März 2001 werde ein unauffälliger neurologischer Befund festgestellt. Insoweit lasse sich, wie der Sachverständige zu Recht ausgeführt habe, auch die von dem Kläger über Jahre geklagte Schmerzsymptomatik ohne neurologisches Korrelat nicht als Ausdruck einer Polyneuropathie werten. Aus den Eintragungen in den Unterlagen von Dr. C. aus Juli/August 1991 über die damaligen Behandlungen des Klägers ergebe sich nichts anderes. Der am 15. Juli 1991 gefertigte Eintrag "war bei Neurologen, Polyneuropathie, bd. Beine" sei nicht als ärztlicher Befund zu identifizieren, sondern gebe offensichtlich Angaben des Klägers im Gespräch mit Dr. C. wieder. Ein – erkennbar auf den Untersuchungsergebnissen des Neurologen und Psychiaters Dr. Dr. D. beruhender – neurologischer Befund sei in den Unterlagen von Dr. C. erst am 16. August 1991 festgehalten; denn dieser Befund sei weitgehend identisch mit den Angaben von Dr. Dr. D. in seinem späteren Befundbericht an das Versorgungsamt. In diesem Bericht von Dr. Dr. D. werde neben ansonsten unauffälligen neurologischen Befunden zwar ein verminderter Achillessehnenreflex und Patellarsehnenreflex beschrieben, der Sachverständige habe aber nachvollziehbar dargelegt, dass hieraus kein Schluss auf eine Nervenschädigung gezogen werden könne, weil die Ergebnisse der Eigenreflexprüfung zum Teil auch vom Entspannungszustand des Patienten abhängig seien. Dr. Dr. D. habe aufgrund seiner damaligen Untersuchung, wie der Sachverständige zu Recht bemerkt, die Diagnose einer Polyneuropathie auch nicht gestellt. Die Beineigenreflexe seien zudem bei späteren Untersuchungen bis 2001 immer als seitengleich und mittellebhaft beschrieben worden. Angesichts des fehlenden Nachweises einer Schädigung peripherer Nerven durch die Impfung gehe die Argumentation des Klägers, er sei vor den Impfungen "völlig gesund" gewesen und deshalb könne allein die Impfung für die nachfolgenden Beschwerden maßgeblich sein, ins Leere. Der Sachverständige weise zu Recht darauf hin, dass als Grund für die Beschwerden des Klägers nicht allein Nervenschädigungen in Betracht kämen, sondern diese auch anders erklärbar seien, insbesondere durch die Folgen der 1986 erlittenen Auffahrunfälle. Insoweit treffe es auch nicht zu, dass der Kläger bis zu den angeschuldigten Impfungen keine gesundheitlichen Probleme gehabt habe. Der Kläger habe bereits vor der Impfung unter Schmerzausstrahlungen in die Schulter und den rechten Oberarm gelitten und eine passagere Bewegungslosigkeit im rechten Arm beklagt. Es sei eine C7-Wurzelreizung bei Halswirbelsäulenschleudertrauma diagnostiziert worden. Wegen der Folgen dieses Unfalls habe der Kläger seit 1989 vor dem Amtsgericht Usingen (2 C 974/89) einen Rechtsstreit gegen die J. Versicherung AG auf Feststellung und Entschädigung eines gesundheitlichen Dauerschadens geführt. In diesem Rechtsstreit habe Prof. Dr. N. in dem Gutachten vom 17. Juni 1992 in der abschließenden Beurteilung ausgeführt, es bestehe ein normaler neurologischer Befund; Klagen über eine Bewegungseinschränkung im Bereich der Halswirbelsäule, subjektive Gefühlsstörungen im Bereich der Arme in Verbindung mit einer Muskelschwäche und rezidivierenden Verspannungen im Bereich der Schulter-Nacken-Muskulatur seien auf degenerative Halswirbelsäulenveränderungen zurückzuführen. Ähnliche Feststellungen würden sich in weiteren Fachgutachten der damaligen Zeit, z. B. des Orthopäden Dr. O. vom 29. Januar 1991 aus Anlass desselben Rechtsstreits, finden. Angesichts der Ausführungen von Prof. Dr. Dr. M. stehe gleichzeitig fest, dass die Ausführungen von Prof. Dr. K. zum Teil als nicht mehr haltbar anzusehen seien. Denn Prof. Dr. K. gehe in seinem Gutachten inzident davon aus, dass der von Dr. C. am 15. Juli 1991 erwähnte neurologische Befund ein Zeichen für eine bereits damals bestehende Polyneuropathie gewesen sei. Dem sei jedoch, wie Prof. Dr. Dr. M. überzeugend nachweise, nicht so. Prof. Dr. K. habe insoweit, wie sich aus seinem Gutachten ergebe, die Aktenlage nicht ausreichend beachtet. Denn insbesondere das neurologische Gutachten der Universitätsklinik Gießen vom 17. Juni 1992 fände bei ihm keine Erwähnung. Sein Gutachten sei insgesamt dadurch geprägt, dass er sich auf die Frage eines ausreichenden zeitlichen Zusammenhangs zwischen Impfung und möglichen Zeichen einer neurogenen Schädigung konzentriert habe, jedoch nicht genügend der Frage nachgegangen sei, ob eine Schädigung peripherer Nerven überhaupt bewiesen sei. Im Ergebnis lasse sich damit festhalten, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den Impfungen und dem Entstehen einer Polyneuropathie nicht nur nicht bewiesen sei, sondern angesichts eines zeitlichen Abstands zwischen der Impfung und dem erstmaligen Nachweis einer Polyneuropathie im Jahr 2007 als unwahrscheinlich angesehen werden müsse. Dem von dem Kläger vorgelegten Parteigutachten des Dr. F., der bei dem Kläger eine makrophagische Myofasziitis als Folge der Impfung diagnostiziert habe, sei nicht zu folgen wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt habe. Der Antrag des Klägers auf Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG durch Dr. F. sei abzulehnen, da dieser Antrag verspätet gestellt und zur Überzeugung des Senats aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden sei. Dem Kläger sei für die konkrete Benennung eines Sachverständigen eine (bereits verlängerte) Frist bis zum 28. Februar 2011 gesetzt worden. Diese sei ungenutzt verstrichen, ohne dass der Kläger hierfür erhebliche Gründe genannt habe. Die Zulassung eines neuerlichen Gutachtens würde die Erledigung des aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. Dr. M. entscheidungsreifen Rechtsstreits wesentlich verzögern.
Die hiergegen vom Kläger erhobene Nichtzulassungsbeschwerde verwarf das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 29. Februar 2012 als unzulässig (B 9 V 34/11 B).
Unter dem 28. Dezember 2012 stellte der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Er legte einen Laborbericht vom 20. April 2011 vor und verwies auf die Wirkung des in Tetanol enthaltenen Konservierungsmittels Thiomersal. Da keine Studien zu Langzeitfolgen vorlägen, sei die Festsetzung einer Inkubationszeit nicht möglich.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2013 lehnte der Beklagte die Aufhebung des Bescheides vom 29. Mai 2007 ab. Zur Begründung führte er aus, dass bei Erlass dieses Bescheides weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Ein Impfschaden sei nicht nachgewiesen und ein Kausalzusammenhang zwischen Impfung und dem Entstehen einer Polyneuropathie sei nicht wahrscheinlich. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. März 2013 als unbegründet zurück.
Am 22. März 2013 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass eine Anfrage zu möglichen immunologischen Prozessen nach Tetanus-Impfungen beim Hersteller des Impfstoffes einzuholen sei. Zudem sei dem Impfstoff Thiomersal zugesetzt gewesen, wodurch sich die zeitlichen Verläufe neurologischer Komplikationen möglicherweise verändern könnten.
Mit Gerichtsbescheid vom 4. Juli 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zutreffend habe der Beklagte mit Bescheid vom 15. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2013 entschieden, dass der Bescheid vom 29. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2007 rechtmäßig und daher nicht aufzuheben sei. Der angegriffene Bescheid sei auf der Grundlage eines ausführlichen, und schlüssigen Gutachtens von Prof. Dr. Dr. M., einem mit den Besonderheiten des Impfschadensrechts besonders vertrauten Sachverständigen, durch das Hessische Landessozialgericht bestätigt worden. Hiergegen habe der Kläger keine neuen Erkenntnisse, sondern lediglich unbewiesene Vermutungen vorgebracht. Soweit der Kläger sich auf die Wirkung von Thiomersal berufe und eine Überprüfung im Hinblick auf die schädlichen Nebenwirkungen von den Impfstoffen beigemischten Adjuvantien begehre, sei dies im Rahmen von § 44 SGB X nicht relevant. Die herrschende medizinische Lehrmeinung halte einen Zusammenhang zwischen derartigen Zusatzstoffen und bestimmten genetischen bzw. neurologischen Erkrankungen nicht für wahrscheinlich. Neue Erkenntnisse in diesem Sinne lägen derzeit nicht vor. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2012 habe der Kläger selbst eingeräumt, dass zu der Frage, inwieweit durch thiomersalhaltige Impfstoffe es vereinzelt zu neurologischen Komplikationen komme, noch keine Studien über Langzeitfolgen oder Spätschäden existierten. Letztlich habe der Kläger mit Schreiben vom 21. Juni 2013 auch eingeräumt, dass er all die Argumente, die er nun erneut vortrage, bereits früher vorgebracht habe. Damit seien sie aber auch Gegenstand des Vorverfahrens sowie der gerichtlichen Überprüfung über zwei Instanzen gewesen und könnten nicht erneut zu einer Überprüfung nach § 44 SGB X führen, da es sich nicht um Neuigkeiten handele.
Der Kläger hat gegen den ihm am 13. Juli 2013 zugestellten Gerichtsbescheid am 5. August 2013 vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt.
Am 9. September 2015 hat der Senat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG ein Gutachten von Prof. Dr. P. (Internist, Nephrologie, Umweltmedizin) eingeholt. Dieser hat nach ambulanter Untersuchung des Klägers (6. Juli 2016) in seinem internistisch-umweltmedizinischen Gutachten vom 10. März 2017 bei dem Kläger eine Polyneuropathie sowie eine Psoriasis diagnostiziert. Es sei unverständlich, weshalb dem Kläger, der bereits am 29. August 1986 eine Tetanusimpfung erhalten habe, am 7. August 1990 und am 21. August 1990 jeweils erneut eine Tetanusimpfung appliziert worden sei. Es bestehe eine Hyperimmunisierung. Welches Adjuvans dem Tetanusimpfstoff zugesetzt gewesen sei, sei den Unterlagen nicht zu entnehmen. Als Konservierungsstoff sei zur damaligen Zeit das quecksilberhaltige Thiomersal eingesetzt worden. Impfreaktionen könnten zu einer Aktivierung ruhender Prozesse führen. Impfungen könnten eine Infektbelastung oder Exacerbation eines Entzündungsgeschehens bewirken. Erworbene Funktionsstörungen der Mitochondrien gingen mit einem erniedrigten intrazellulären Adenosintriphosphat (ATP) einher. Beobachtet werde eine ATP-Verminderung bei zellulärer Hypoxie bei neurodegenerativen Erkrankungen. Das ATP gelte als entscheidendes Parameter einer mitochondrialen Dysfunktion. Das Kriterium eines chronisch persistierenden Entzündungsgeschehens werde bei dem Kläger labordiagnostisch nachgewiesen. Die Infektbelastungen des Klägers seien mit Wahrscheinlichkeit Koinfektionen bei persistierendem Entzündungsgeschehen. Die ersten Symptome seien bei dem Kläger ca. zwei Wochen nach der zweiten Tetanusimpfung aufgetreten. Ein solcher Zeitintervall sei für die Ausbildung einer immunologischen Impfkomplikation typisch. Die auf den Impfschaden zurückzuführenden Störungen seien mit einem GdB von 50 zu bewerten. Dies gelte ab der Antragstellung am 20. Januar 2007.
Der Beklagte hat die Stellungnahme der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Q. vom 9. April 2017 vorgelegt. Diese hat ausgeführt, dass Prof. Dr. P. keine differenzierte Stellung genommen habe, welche seine indifferente Auffassung begründe bzw. erkläre. Die Medizinaldirektorin R. habe am 24. Juli 2008 in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme sehr differenziert den Beschwerdeverlauf des Klägers dargestellt und bewertet. Aus ihren chronologischen Ausführungen, insbesondere der Krankenakte von Dr. C. gehe hervor, dass der Kläger schon im April 1990 und damit vor der Tetanusimpfung über Muskelbeschwerden geklagt habe. Bei den Ende November 1990 erstmals nächtlich geklagten krampfartigen, stromstoßartigen Schmerzen in den Außenseiten der Waden sei davon auszugehen, dass es sich um muskulär verursachte Schmerzen handele. Sollte die Tetanus-Schutzimpfung zu einer axonal symmetrischen distal betonten Neuropathie geführt haben, wäre der Zeitablauf für eine Verursachung solcher Beschwerden zu kurz. Der Zeitraum würde allerdings für ein Guillain-Barré-Syndrom sprechen, was jedoch anhand der Symptomatik nicht bestanden habe. Allein hieraus sei ein kausaler Zusammenhang unwahrscheinlich. Dies werde auch belegt durch die weiteren fundierten Untersuchungen in den folgenden Jahren. Erstmals habe der Neurologe und Psychiater Dr. Dr. D. am 28. März 2007 neurophysiologisch die Diagnose der vorwiegend axonalen sensiblen Polyneuropathie gestellt, d.h. 17 Jahre nach der Tetanusimpfung. Prof. Dr. P. könne in seinen Ausführungen keine Brückensymptome beschreiben bzw. belegen, die seine Auffassung begründeten. Die differenzierte Darstellung der Vorgutachter, die einen ursächlichen Zusammenhang verneint hätten, würde damit nicht entkräftet.
In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1. August 2017 hat Prof. Dr. P. ausgeführt, dass nach den Angaben des Klägers bei diesem zwei Tage nach der letzten Impfung Lymphozytenschwellungen aufgetreten seien. Diese Aussagen würden von Dr. Dr. D. bestätigt. Die Neuropathie sei durch den Neurologen Dr. S. (richtig wohl: Dr. Dr. D. aus S-Stadt) nicht nur klinisch, sondern auch elektrophysiologisch gesichert. Es habe sich nicht um eine Muskelerkrankung gehandelt. Die vom Kläger geschilderten Beschwerden (Lymphknotenschwellungen, Kopfschmerzen, Schmerzen in den Waden) im September 2007 (richtige Jahresangabe wohl: 1990) werte er als Brückensymptome, da sie zeitnah nach der Impfung aufgetreten seien. Dr. Q. habe die Hyperimmunisierung durch die Thiomersalbelastung nicht berücksichtigt. Die Hyperimmunisierung sei für das Krankheitsgeschehen des Klägers von entscheidender Bedeutung.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger erneut auf die Wirkung des Konservierungsmittels Thiomersal hingewiesen. Die Behandlung mit den Medikamenten Kalitrans, Rekawan, Neuro-Ratio-Tabletten und Keltican-Injektionen im Jahr 1991 durch den Neurologen Dr. Dr. D. sei aufgrund der neurologischen Beschwerden erfolgt. Bis zum Juli 1990 hätten keine Anzeichen für infektiöse Erkrankungen oder für entzündliche Prozesse vorgelegen. Bereits zwei Tage nach der Impfung vom 21. August 1990 sei es zu erheblichen Krankheitssymptomen gekommen. Im März 1992 sei durch den Neurologen die dauerhafte Krankschreibung erfolgt. Der Kläger hat auf einen Befundbericht von Dr. R. vom 9. Dezember 2009 verwiesen, in welchem eine sekundäre sensible Polyneuropathie sowie Beschwerden nach der Tetanusschutzimpfung beschrieben seien. Die Polyneuropathie sei als Nebenwirkung bei Impfungen mit dem Impfstoff Tetanol bekannt. Dies werde in der Herstellerinformation ausdrücklich erwähnt. Der Kläger verweist auf ein Schreiben des Paul-Ehrlich-Instituts vom 17. April und 5. August 2014. In einer tabellarischen Fallschilderung sei für den 24. August 1990 bei ihm eine Neuritis erwähnt worden. Das PEI habe bestätigt, dass es sich hierbei um seinen Fall handele. Den Experten der Firma T. sei eine höhere Kompetenz zuzuerkennen, als Prof. Dr. Dr. M ... Die Beweiserleichterung gemäß § 15 KOVVfG sei vorliegend anwendbar. Die Ausführungen von Prof. Dr. Dr. M., dass bis zum Jahr 2005 keinerlei Symptome einer Polyneuropathie erkennbar seien, seien falsch. Es gäbe auch Formen der Neuropathie, bei welchen die routinemäßig durchgeführten "neurologischen Konsile" keinerlei Auffälligkeiten zeigten. Oft werde die Polyneuropathie nicht erkannt und diagnostiziert. Sie entwickle sich ferner schleichend. Zudem sei zwischen Neuritis (Nervenentzündung) und Neuropathie (Nervenschädigung) zu unterscheiden. Insoweit habe die Deutsche Klinik für Diagnostik nicht umfangreich genug untersucht. Konkurrierende Ursachen, welche die Polyneuropathie verursacht hätten, lägen nicht vor. Im Übrigen sei die Polyneuropathie bereits im Juli 1991 diagnostiziert worden. Prof. Dr. Dr. M. habe sich nicht damit auseinander gesetzt, dass eine Small-Fiber-Neuropathie vorgelegen haben könnte. Die bei dem Kläger aufgetretenen Beschwerden, die er immer wieder geschildert habe, seien zudem als Brückensymptome zu werten. Zwar sei die ärztliche Dokumentation nach dem 21. August 1990 unzureichend, aber die erfolgten Medikamentenverordnungen seien eindeutig. Die Häufigkeit seiner Arztbesuche sei nach der letzten Tetanusimpfung im Vergleich zum davor liegenden Zeitraum deutlich erhöht. Auch sei er im Zeitraum 21. August 1990 bis 28. April 1992 an insgesamt 83 Tagen arbeitsunfähig gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 4. Juli 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 15. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 29. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2007 aufzuheben, bei dem Kläger eine schmerzhafte Polyneuropathie beider Beine als Folge der am 29. August 1986, 7. August 1990 und 21. August 1990 durchgeführten Tetanusimpfungen anzuerkennen und ab dem 1. Januar 2008 aufgrund eines GdS von 50 Geschädigtenversorgung im gesetzlichen Umfang zu gewähren,
die Übernahme der Kosten des Gutachtens und der Stellungnahme von Prof. Dr. P. durch die Staatskasse,
hilfsweise die mündliche Befragung des Gutachters Prof. Dr. Dr. M. in der mündlichen Verhandlung
sowie die Zulassung der Revision.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend. Die Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren seien nicht geeignet, die eingeholten umfassenden Gutachten und die vorgenommene Kausalitätsbeurteilung zu entkräften. Hinsichtlich des Zusatzstoffes Thiomersal sei nach wie vor nicht erwiesen, dass dieser geeignet sei, gesundheitliche Schäden zu verursachen. Eine Beweiserleichterung im Sinne von § 15 KOVVfG komme nicht in Betracht. Die Beweiserleichterung solle einer Beweisnot des Opfers Rechnung tragen. Eine solche könne jedoch nur bezüglich der Frage bestehen, ob es zu einem schädigenden Ereignis (hier einer Impfung) gekommen sei. Fast alle bisher eingeholten Stellungnahmen und Gutachten kämen zudem zu dem Ergebnis, dass ein ursächlicher Kausalzusammenhang zwischen der geltend gemachten Gesundheitsstörung und der erfolgten Impfung nicht nachweisbar sei.
Durch Beschluss des Senats vom 31. August 2017 ist der Rechtsstreit gemäß § 153 Abs. 5 SGG der Berichterstatterin als Einzelrichterin zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern zur Entscheidung übertragen worden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakten im Verfahren L 4 VE 16/09 sowie die Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berichterstatterin konnte gemeinsam mit den ehrenamtlichen Richtern über die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gießen vom 4. April 2016 entscheiden, da ihr mit Beschluss vom 31. August 2017 der Rechtsstreit übertragen worden ist, § 153 Abs. 5 SGG.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Rechtlich zutreffend hat der Beklagte mit Bescheid vom 15. Januar 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 2013 abgelehnt, den Bescheid vom 29. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. August 2007 aufzuheben, da dieser rechtmäßig ist.
Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Es ist weiterhin nicht nachgewiesen, dass bei dem Kläger ein Impfschaden aufgrund der streitigen Impfungen vorliegt.
Eine neurologische Erkrankung des Klägers ist erst ab etwa 2005 nachgewiesen (Befundbericht von Dr. Dr. D. vom 28. März 2007). Soweit der Kläger auf seine bereits vor diesem Zeitpunkt vorgelegenen Beschwerden verweist, begründet dies keinen Impfschaden. Insoweit wird auf das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. M. sowie das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 10. August 2011 (L 4 VE 16/09) verwiesen. Daraus ergibt sich überzeugend, dass die Polyneuropathie nicht bereits im Juli 1991 diagnostiziert worden ist. Insoweit führen auch die Angaben des Klägers zu den Medikamenten, die ihm Dr. Dr. D. im Jahre 1991 verordnet hat, zu keinem anderen Ergebnis. Es ist vielmehr weiterhin nicht nachgewiesen, dass diese Verordnungen aufgrund einer nachgewiesenen neurologischen Erkrankung des Klägers erfolgt sind. Dies gilt gleichermaßen hinsichtlich der häufigen Krankschreibungen nach dem 21. August 1990.
Die im Berufungsverfahren vom Kläger zitierten Angaben der Firma T. und die Schreiben des PEI aus dem Jahre 2014 können eine andere Einschätzung nicht begründen. Denn diese Ausführungen hinsichtlich einer beim Kläger vorliegenden Neuritis beruhen auf dessen Angaben und nicht auf (zusätzlichen) belastbaren ärztlichen Befunderhebungen bzw. Diagnosestellungen.
Auch der Verweis darauf, dass sich eine Polyneuropathie schleichend entwickle und häufig – auch im Rahmen neurologischer Konsile – nicht erkannt und diagnostiziert werde, weil sie keine Auffälligkeiten zeige, kann einen Impfschaden vorliegend nicht begründen. Der Kläger ist hinsichtlich des Vorliegens eines Impfschadens beweispflichtig, so dass ein Hinweis auf Schwierigkeiten hinsichtlich der Diagnosestellung nicht zureichend ist. Dies gilt umso mehr, wenn – wie im Fall des Klägers – erst 17 Jahre nach den maßgeblichen Impfungen eine seit circa 2 Jahren bestehende neurologische Erkrankung diagnostiziert wird.
Zudem liegen Brückensymptome nicht vor. Wie der Kläger selbst einräumt, ist die ärztliche Dokumentation für die Zeit nach den streitigen Impfungen unzureichend. Die Angaben des Klägers hinsichtlich seiner gesundheitlichen Beschwerden belegen keine ausreichenden Brückensymptome. Insoweit wird auf das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. Dr. M. und das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 10. August 2011 (L 4 VE 16/09) verwiesen. Das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. P. führen zu keinem anderen Ergebnis. Wie von Dr. Q. zutreffend vorgetragen hat der Sachverständige Prof. Dr. P. insoweit keine differenzierte Stellungnahme abgegeben. Dieser hat sich letztlich lediglich auf die vom Kläger geschilderten Symptome bezogen, ohne sich insbesondere mit den Ausführungen von Prof. Dr. Dr. M. auseinanderzusetzen. Wann es zu dem von Prof. Dr. P. angeführten chronisch persistierenden Entzündungsgeschehen bei dem Kläger gekommen ist, ist nicht nachgewiesen.
Der Kläger kann sich auch nicht auf die Beweiserleichterung gemäß § 15 des Gesetzes über die Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOV), die auch im Recht der Impfopferversorgung gilt (§ 64 Abs. 2 IfSG), berufen. Denn Lücken im Sachverhalt, die durch Glaubhaftmachung geschlossen werden könnten, bestehen aufgrund der zahlreichen vorliegenden Befundberichte und Gutachten aufgrund neurologischer Untersuchungen bereits nicht.
Der Vortrag des Klägers, Prof. Dr. Dr. M. habe sich nicht damit auseinander gesetzt, ob eine Small-Fiber-Neuropathie bei dem Kläger vorgelegen habe, ist vorliegend nicht relevant. Nach den zahlreichen neurologischen Befundberichten bestand – bis im Jahr 2007 – kein Anhalt für eine neurologische Erkrankung des Klägers. Es ist nicht ersichtlich, dass bei dieser Befundlage eine vor vielen Jahren aufgrund der erfolgten Impfungen eingetretene Small-Fiber-Neuropathie nachgewiesen werden könnte.
Entgegen der Auffassung des Klägers müssen auch keine konkurrierenden Ursachen nachgewiesen sein, so dass sein Einwand, dass entsprechende Ursachen nicht vorlägen, nicht durchgreift.
Der Kläger kann sich auch nicht erfolgreich auf das Konservierungsmittel Thiomersal berufen. Denn auch insoweit gilt, dass ein entsprechender Impfschaden nicht nachgewiesen ist. Auf die oben gemachten Ausführungen zum Nachweis der neurologischen Erkrankung wird verwiesen. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass Weisser/Bauer/Volkers/Keller-Stanislawski ausgeführt haben, dass – mit Ausnahme seltener Überempfindlichkeitsreaktionen – keine Nebenwirkungen durch die in Impfstoffen verwendeten niedrigen Thiomersaldosen bekannt seien ("Thiomersal und Impfungen", Bundesgesundheitsblatt 2004, S. 1165 ff.). Auch haben epidemiologische Studien keinen Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen thiomersalhaltigen Impfstoffen und neurologischen Entwicklungsstörungen ergeben (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 14. Februar 2012, L 15 VJ 3/08, juris, Rn. 56).
Für die vom Kläger beantragte Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. M. in der mündlichen Verhandlung bestand für den Senat keine Veranlassung. Das Recht der Beteiligten auf Befragung eines Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung besteht grundsätzlich nur hinsichtlich der Gutachten, die in derselben Instanz (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, Kommentar, 12. Aufl., § 118 Rn. 12g mwN) und in demselben Verfahren erstattet worden sind. Prof. Dr. Dr. M. ist zwar von dem Hessischen Landessozialgericht mit der Begutachtung beauftragt worden, allerdings in einem vorhergehenden Verfahren (L 4 VE 16/09). Damit bestand vorliegend kein Anspruch des Klägers auf Anhörung von Prof. Dr. Dr. M ... Darüber hinaus sah der Senat aufgrund der umfangreichen Ausführungen des Sachverständigen in dem vorherigen Verfahren keine Veranlassung zu einer entsprechenden Anhörung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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