S 18 AL 468/11

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 18 AL 468/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 27.07.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2011 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Insolvenzgeld für die Monate Januar und Februar 2011 aus einem Bruttolohnanspruch in Höhe von 3.321,00 EUR zu zahlen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Insolvenzgeld streitig. Insbesondere ist das Vorliegen eines Insolvenzereignisses streitig.

Der Kläger war bei der Firma V T in W als LKW-Fahrer beschäftigt. Ausweislich der Bezügeabrechnung für Januar 2011 stand dem Kläger ein Monatsbruttolohn von 2.135,00 EUR zu. Dies ergab einen Nettoverdienst von 1.633,99 EUR. Mit Schreiben vom 09.02.2011 wurde der Kläger durch den Arbeitgeber informiert, dass der Lohn für Januar 2011 nicht gezahlt werden könne. Dies begründete der Arbeitgeber damit, dass sich das Unternehmen in erheblichen Liquiditätsschwierigkeiten befände.

Zum 15.02.2011 kündigte der Kläger selbst sein Beschäftigungsverhältnis bei der Firma V T. In der Folgezeit erfolgte die Abrechnung für Februar 2011 für den Kläger in Höhe eines Bruttolohnes von 1.186,00 EUR, woraus sich ein zu zahlender Nettobetrag von 919,61 EUR ergab. Auch dieser Lohnanspruch wurde dem Kläger nicht ausgezahlt.

Zum 28.03.2011 erfolgte die Gewerbeabmeldung durch den Arbeitgeber.

Am 06.05.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Insolvenzgeld für die Zeit ab Januar 2011.

Mit Bescheid vom 27.07.2011 lehnte die Beklagte die Gewährung von Insolvenzgeld ab. Dies begründete sie damit, dass das erforderliche Insolvenzereignis nicht festgestellt wer-den konnte. Ein Insolvenzverfahren sei nicht anhängig, auch liege keine vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit bei offensichtlicher Zahlungsunfähigkeit vor, da nicht davon auszugehen sei, dass ein beantragtes Insolvenzverfahren mangels Masse abgewiesen würde.

Hiergegen erhob der Kläger am 03.08.2011 Widerspruch. Diesen begründete er damit, dass er erst aus einem arbeitsgerichtlichen Verfahren erfahren habe, dass der Arbeitgeber bereits im Februar 2011 das Gewerbe abgemeldet habe. Gleichzeitig habe der Arbeitgeber auch sämtliche Zahlungen eingestellt. Auch von weiteren Arbeitnehmern seien erhebliche Lohn- und Gehaltsforderungen geltend gemacht worden, die nicht gezahlt worden seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24.08.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Dies begründet sie damit, dass kein Insolvenzereignis festgestellt werden könne. Als Insolvenzereignis komme lediglich die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit bei offensichtlicher Masselosigkeit in Betracht. Die Gewerbeabmeldung sei zum 28.03.2011 erfolgt. Dass die weiteren Voraussetzungen der offensichtlichen Masselosigkeit vorliegen würden, könne nicht festgestellt werden. Hierzu reiche die alleinige Beendigung der Betriebstätigkeit oder die Gewerbeabmeldung nicht aus. Auch könne Zahlungsunfähigkeit nicht mit Zahlungsunwilligkeit gleichgesetzt werden. Für die Zahlungsunfähigkeit müssten weitere Umstände, z.B. Beitragsrückstände bei der Einzugsstelle, Schulden bei anderen Gläubigern hinzutreten. Bloße Liquiditätsprobleme bedeuten nicht, dass das vorhandene Vermögen nicht ausreichen würde, um die Kosten eines Insolvenzverfahrens zu decken.

Hiergegen hat der Kläger am 05.09.2011 Klage erhoben.

Er ist der Ansicht, dass die Ablehnung der Beklagten rechtswidrig sei. Der frühere Arbeitgeber sei zahlungsunfähig gewesen. Er habe mehrfach erklärt, dass er nicht in der Lage sei, Zahlungen zu leisten. Im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens habe der Arbeitgeber erklären lassen, dass er nicht zur Zahlung in der Lage sei. Er wolle auch keinen Vergleich eingehen da er versuche, sich mit seinen Gläubigern auf einen außergerichtlichen Vergleich außerhalb eines Insolvenzverfahrens zu einigen. Das Vermögen des Arbeitgebers habe nicht ausgereicht, um die Verfahrenskosten für ein Insolvenzverfahren zu decken. Im Rahmen eines vom ihm am 22.11.2011 angestrengten Insolvenzantragsverfahrens gegen den Arbeitgeber habe das Amtsgericht Osnabrück ihn aufgefordert, binnen 3 Wochen einen Kostenvorschuss zur Deckung der Verfahrenskosten für das Insolvenzverfahren in Höhe von 6.000,00 EUR zu leisten, da die Kosten des Verfahrens nicht aus der Masse gedeckt werden könnten. Dies würde das Insolvenzereignis nachweisen. Auch habe der frühere Arbeitgeber bereits am 09.12.2011 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Dies lasse den Rückschluss zu, dass bereits zuvor Vermögenslosigkeit gegeben war.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

den Bescheid der Beklagten vom 27.07.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Insolvenzgeld für die Monate Januar und Februar 2011 aus einem Bruttolohnanspruch in Höhe von 3.321,00 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält ihre Entscheidung für rechtmäßig. Sie nimmt hierzu Bezug auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid. Ein Insolvenzverfahren gegen den Arbeitgeber sei durch das Amtsgericht Osnabrück nicht mangels Masse abgewiesen worden. Vielmehr sei der Hinweis erteilt worden, dass eine Abweisung erfolgen würde, wenn der Kostenvorschuss nicht eingezahlt würde. Auch erfolgte der Beschluss über den Kostenvorschuss des Amtsgerichts Osnabrück im März 2012. Dieses stehe nicht im Zusammenhang mit der Betriebseinstellung im März 2011.

Im Erörterungstermin am 09.04.2013 hat das Gericht den früheren Arbeitgeber des Klägers, Herrn V T, als Zeuge gehört. Dieser hat bekundet, dass es hinsichtlich der ausgebliebenen Lohnzahlungen Anfang 2011 so gewesen sei, dass die wirtschaftliche Situation sich in den Vormonaten verschlechtert habe. Er hätte in den Vormonaten zum Teil andere Rechnungen, die hätten gezahlt werden müssen, zunächst aufgeschoben, um mit dem vorhandenen Geld die Arbeitnehmer zu bezahlen. In der Folgezeit hätten sich Verhandlungen mit der Bank zerschlagen, so dass keine weiteren Kredite gewährt wurden und dadurch im Januar insgesamt die Löhne nicht mehr gezahlt werden konnten. Er hätte auch Zahlungen an das Finanzamt und die Sozialversicherungsträger aufgeschoben. Nachdem diese dann Pfändungen angedroht hätten, hätte er an diese zahlen müssen. Im Verlauf des Februar 2011 sei die gesamte betriebliche Tätigkeit weitgehend eingestellt worden. Bis Ende März sei dann die Firma dergestalt abgewickelt worden, dass zuletzt noch im März mit einem Fahrzeug letzte Aufträge erledigt wurden. Die wirtschaftliche Situation, die er im Rahmen des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Amtsgericht Osnabrück angegeben habe, entspreche in etwa der Situation, die auch schon Anfang des Jahres 2011 bei ihm geherrscht habe. Es seien noch Gläubiger im Laufe des Jahres dazugekommen, aber teils seien dies auch Schulden gewesen, die aus der beruflichen Tätigkeit herrührten. In der Zeit, in der der Betrieb abgewickelt wurde, habe es noch einen Mitarbeiter gegeben, der gefahren sei. Dieser habe für seine Tätigkeit seinen Lohn auch nicht erhalten. Die von der Firma verwendeten neueren Lkw seien finanziert bzw. geleast gewesen und seien von den entsprechenden Finanzierungs- bzw. Leasinggebern abgeholt worden. Es habe noch einige Lkw, die überwiegend älter gewesen seien, gegeben. Zwei oder drei hiervon seien im Hinblick auf offene Rechnungen an Werkstätten bzw. an eine Tankstelle abgetreten gewesen. Die noch vorhandenen weiteren Lkw, zwei oder drei Stück, seien anschließend verkauft worden. Von den Erlösen seien u.a. Darlehen bei den Banken zurückgeführt bzw. es sei versucht worden, das Kontokorrent auszugleichen. Für die weiteren Einzelheiten des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 09.04.2013.

Weiterhin wird Bezug genommen auf die beigezogene Akte des Amtsgerichts Osnabrück zum Insolvenzverfahren gegen den Arbeitgeber des Klägers (Az.: 46 IN 7/12).

Beim hiesigen Sozialgericht sind weitere Klagen von anderen Arbeitnehmern des Arbeitgebers des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung von Insolvenzgeld anhängig.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten sowie den Inhalt des beigezogenen Insolvenzantragsverfahrens des Amtsgerichts Osnabrück. Diese lagen vor und waren Gegenstand der gerichtlichen Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgrund des erklärten Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die zulässige Klage ist begründet.

Der angefochtene Bescheid vom 27.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 24.08.2011 erweist sich als rechtwidrig und der Kläger ist durch ihn beschwert im Sinn von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Die Beklagte hat zu Unrecht die Gewährung von Insolvenzgeld (§§ 183 ff. SGB III a.F.) abgelehnt. Nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.

Das Insolvenzereignis der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland liegt vor, da ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam (§ 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III a.F.). Hierbei handelt es sich um einen Auffangtatbestand für die Fälle, in denen der Arbeitnehmer wegen der behaupteten und nicht leicht zu widerlegenden Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers keinen Lohn erhalten hat (BSG, Urteil vom 04.03.1999, B 11/10 AL 3/98 R). Der Anwendungsbereich des Auffangtatbestandes ist nicht durch den Insolvenzantrag des Klägers gegen seinen früheren Arbeitgeber vom 22.11.2011 ausgeschlossen. Denn der Insolvenzantrag wurde erst nach der Betriebsstillegung, welche Ende März 2011 erfolgte, gestellt. Auch hat der Kläger den Antrag am 19.03.2012 zurückgenommen. Ein zurückgenommener Insolvenzantrag löst jedoch keine Sperrwirkung für die Annahme des Auffangtatbestandes aus (vgl. BSGE 70, 9-13).

Die Voraussetzungen des Insolvenzereignisses nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III a.F. sind gegeben, wenn für einen unvoreingenommenen Betrachter alle äußeren Umstände für Masseunzulänglichkeit sprechen (BSG, Urteil vom 04.03.1999, B 11/10 AL 3/98 R). Die Masselosigkeit muss dabei vor oder spätestens im Zeitpunkt der vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit bestehen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.05.2012, L 18 AL 54/11; Peters-Lange in: Gagel, SGB II / SGB III, 44. Erg. 2012, § 183 Rn. 46).

Im Zeitpunkt der Betriebseinstellung lag nach Ansicht der Kammer Masselosigkeit im Sinn von § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III a.F. vor. Die Betriebseinstellung war jedenfalls zum 28.03.2011 mit der Gewerbeabmeldung gegeben. Wann eine Einstellung der Betriebstätigkeit vorliegt, ist nach dem Gesamtbild des Einzelfalles zu entscheiden. Tätigkeiten, die nur der Auflösung des Betriebes dienen, und Arbeiten, die lediglich der Erhaltung von Anlagen dienen, sind keine Fortsetzung der Betriebstätigkeit. Solange noch betriebstypische Aufträge abzuwickeln sind, ist jedenfalls die Betriebstätigkeit noch nicht "vollständig" eingestellt (vgl. Peters-Lange a.a.O., Rn. 42). Der Zeuge T hat bekundet, dass im Februar 2011 die betriebliche Tätigkeit weitgehend eingestellt worden. Bis Ende März 2011 sei die Firma dergestalt abgewickelt worden, dass zuletzt noch mit einem Fahrzeug und einem Arbeitnehmer letzte Aufträge erledigt wurden. Entsprechend ist dann mit der Erledigung der letzten Aufträge und der daraufhin folgenden Gewerbeabmeldung eine Einstellung der Betriebstätigkeit erfolgt.

Die Prüfung der Masselosigkeit muss nicht dazu führen, dass hierüber letzte Klarheit geschaffen wird. Es reicht vielmehr aus, dass andere Tatsachen festgestellt werden, die regelmäßig den Schluss zulassen, dass der Arbeitgeber insolvent geworden ist. Erforderlich ist nicht, dass Tatsachen vorliegen, die den zwingenden Schluss auf die Masseunzulänglichkeit nahelegen. Ausreichend ist, wenn alle äußeren Tatsachen und insofern der Anschein für die Masseunzulänglichkeit sprechen. Bloße Zweifel an der Masselosigkeit schließen die Annahme des Insolvenzereignisses nicht aus (vgl. BSG SozR 4100 § 141b Nr. 21). Vorliegend hat der Arbeitgeber gegenüber dem Kläger die ausgebliebe Entgeltzahlung für Januar 2011 mit Schreiben vom 09.02.2011 mit Liquiditätsschwierigkeiten begründet. Neben dem Kläger haben auch weitere Arbeitnehmer kein Entgelt erhalten, was sich aus den weiteren auf Insolvenzgeld gerichteten Klagen vor dem hiesigen Sozialgericht (u.a. S 18 AL 484/11 und S 4 AL 573/11) ergibt. Es ist auch gerade nicht erkennbar, dass die ausgeblieben Entgeltzahlungen auf bloßer Zahlungsunwilligkeit des Arbeitsgebers beruhen. Der Zeuge T hat hierzu bekundet, dass bereits in den Vormonaten die wirtschaftliche Lage sich verschlechtert gehabt habe. Es seien Rechnungen nicht bezahlt worden, um die Arbeitnehmer bezahlen zu können. Auch sei seine finanzielle Lage bereits ähnlich der Situation gewesen, die er im Rahmen des Insolvenzverfahrens vor dem AG Osnabrück angegeben habe. Auch konnte der Kläger seinen - unstreitig - bestehenden Vergütungsanspruch nicht auf arbeitsgerichtlichem Weg durchsetzen, da der Arbeitgeber sich auch dort auf Zahlungsunfähigkeit berufen hatte. Gerade auch aus den Angaben über die finanzielle Situation des Arbeitgebers, die im Rahmen des Insolvenzverfahrens beim AG Osnabrück (Az.: 46 IN 7/12) gemacht wurden, ergibt sich für die Kammer der Rückschluss auf die offensichtliche Masselosigkeit. So hat das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 07.03.2012 einen Kostenvorschuss vom Kläger als Insolvenzantragsteller gefordert, da eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse nicht vorhanden sei. Zwar ist das Insolvenzverfahren erst nach Beendigung der Betriebstätigkeit eingeleitet und auch der Kostenvorschuss mehr als 11 Monate nach Betriebsschließung gefordert worden, jedoch ergeben sich aus dem Insolvenzvorgang, dass die beim Arbeitgeber bestehenden Verbindlichkeiten beinahe ausschließlich solche sind, die aus der betrieblichen Tätigkeit stammen und bereits zum Zeitpunkt der Betriebseinstellung vorgelegen hatten. So bestanden beim Arbeitgeber Verbindlichkeiten für Löhne von ca. 60.000 EUR, für Beiträge für die Berufsgenossenschaft von ca. 9.000 EUR, für Rechnungen des Steuerberaters von ca. 7.800 EUR, für Tankrechnungen von ca. 35.000 EUR, für Versicherungen von ca. 8.000 EUR, für Beiträge an diverse gesetzliche Krankenversicherungen von ca. 3.900 EUR, für Gewerbesteuer von ca. 8.200 EUR und Umsatzsteuer von ca. 40.000 EUR, für Gewerbemiete von ca. 3.400 EUR, für gemietete LKW von ca. 23.500 EUR und für Schäden aus Unfällen mit LKW von ca. 15.000 EUR. Demgegenüber sind keine besonderen Vermögenswerte beim Arbeitgeber ersichtlich, aus denen sich eine ausreichende Masse für die Tragung der Kosten eines Insolvenzverfahrens ergeben würde. Nach den Angaben des Zeugen T waren die neueren LKW finanziert bzw. geleast. Insofern stellten sie keine Vermögenswerte des Arbeitgebers dar, da sie im Eigentum der entsprechenden Finanzierungs- und Leasinggeber standen. Von den verbliebenen älteren Fahrzeugen waren nach den Bekundungen des Zeugen T einige Fahrzeuge an Werkstätten und eine Tankstelle abgetreten, womit rechtlich eine Sicherungsübereignung gemeint ist. Insofern ergibt sich auch hieraus keine Masse. Anhaltspunkte für weitere Vermögenswerte, die zusammen ausreichen würden, um die Kosten eines Insolvenzverfahrens zu tragen, sind für die Kammer nicht ersichtlich. Da bloße Zweifel die Annahme der Masselosigkeit gerade nicht ausschließen (s.o.), verbleiben für die Kammer daher keine Gründe, um nicht von Masselosigkeit als Insolvenzereignis auszugehen.

Der Kläger hat auch innerhalb der Frist von zwei Monaten nach Eintritt des Insolvenzereignisses (§ 324 Abs. 3 Satz 1 SGB III) den Antrag auf Insolvenzgeld gestellt. Für den Fristbeginn ist der Tag nach dem Insolvenzereignis maßgebend, ohne dass es hierbei auf die Kenntnis des Arbeitsnehmers vom Insolvenzereignis ankommt (BSG SozR 4100 § 141e Nr. 8). Der Antrag von 06.05.2011 wurde innerhalb von zwei Monaten nach der vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit zum 28.03.2011 (s.o.) bei der Beklagten fristgerecht gestellt.

Insolvenzgeldfähig im Sinn von § 183 Abs. 1 Satz 3 SGB III a.F. ist der Bruttolohnanspruch des Klägers für den Monat Januar 2011 von 2.135,00 EUR und den Teilmonat Februar 2011 von 1.186,00 EUR, zusammen 3.321,00 EUR. Diese Monate sind vom Insolvenzgeldzeitraum von 3 Monaten vor dem Insolvenzereignis umfasst. Ob der Kläger darüber hinaus noch weitergehende, nicht gezahlte Ansprüche auf Arbeitsentgelt (wie z.B. Spesen) hatte, kann dahinstehen, da die Klage ausdrücklich auf die Gewährung von Insolvenzgeld ausgehend von einem Bruttolohnanspruch von 3.321,00 EUR gerichtet war. Hinsichtlich über diesen Betrag hinausgehender Insolvenzgeldansprüche ist der ablehnende Bescheid der Beklagte vom 27.07.2011 bestandskräftig geworden. Denn die Klage ist ausdrücklich nur auf Insolvenzgeld, ausgehend von dem Bruttolohnanspruch von 3.321,00 EUR, erhoben worden.

Entsprechend hat die Beklagte dem Kläger Insolvenzgeld in Höhe des Nettoarbeitsentgeltes (§ 185 Abs. 1 SGB III a.F.), ausgehend von einem Bruttolohnanspruch von 2.135,00 EUR für Januar 2011 und von 1.186,00 EUR für Februar 2011, zu zahlen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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