Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
37
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 37 R 309/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 15.09.1955 in Italien geborene Kläger absolvierte keine Berufsausbildung. Zuletzt war er in der Zeit von 2005 bis 2009 versicherungspflichtig als Pizzabäcker und in der Buchhaltung im Betrieb seiner Ehefrau beschäftigt. Seitdem ist er keiner Tätigkeit mehr nachgegangen.
In der Zeit vom 22.04.2008 bis zum 27.05.2008 unterzog sich der Kläger auf Veranlassung der Beklagten wegen einer wiederkehrenden depressiven Störung und eines Schlafapnoe-Syndroms einer stationären Rehabilitationsbehandlung in der H.-Klinik in Bad Z ... Er wurde aus dem Heilverfahren als nicht einsatzfähig für die Tätigkeit als Pizzabäcker entlassen; in dem Entlassungsbericht wurde wegen der schweren Depression und den damit verbundenen Störungen im kognitiven Bereich auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt für die Dauer von jedenfalls 12 Monaten ein unter dreistündiges Leistungsvermögen angenommen. Das Leistungsvermögen solle danach unter der Prämisse einer intensiven psychotherapeutischen Weiterbehandlung erneut überprüft werden.
Am 27.07.2009 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine internistische Begutachtung durch Dr. W. und eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung durch Dr. K ... Dr. W. stellte aufgrund einer am 21.08.2009 durchgeführten ambulanten Untersuchung fest, dass der Kläger an Bluthochdruck, einer Hyperlipidämie, einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom und einer Visusminderung nach Linsenersatz unklarer Genese leide. Zudem bestünden bei dem Kläger ein Verdacht auf eine Pankreopathie und ein Lendenwirbelsäulensyndrom nach mehrfacher Bandscheibenoperation. Trotz dieser Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich als Pizzabäcker arbeiten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe zudem ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten. Tätigkeiten in der Hocke oder gebückter Haltung, mit erhöhter Unfallgefahr oder die das Heben und Tragen schwerer Lasten erfordern, könne der Kläger nicht mehr verrichten. Dr. K. stellte aufgrund einer am 03.09.2009 durchgeführten ambulanten Untersuchung fest, dass der Kläger an einer psychogenen Pseudodemenz, einer Konversionsstörung, einer wiederkehrenden depressiven Störung mittelgradiger Ausprägung und einer Anpassungsstörung mit länger anhaltender depressiver Reaktion leide. Trotz dieser Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch vollschichtig als Pizzabäcker arbeiten; auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er körperlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung in Tagesschicht oder in Früh- und Spätschicht vollschichtig verrichten. Einen Schlafentzug oder Arbeiten mit erhöhtem Zeitdruck, wie Akkordarbeiten am Fließband, könne man dem Kläger nicht mehr abverlangen.
Auf der Grundlage dieser sozialmedizinischen Leistungsbeurteilungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.10.2009 die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung mit der Begründung ab, der Kläger sei mit dem vorhandenen Leistungsvermögen noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer 5-Tage-Woche unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Er habe auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er noch mindestens sechs Stunden täglich als Pizzabäcker arbeiten könne.
Gegen diesen Bescheid legte die Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 14.10.2009 Widerspruch ein und bat um Akteneinsicht. Unter dem 03.12.2009 trug sie zur Begründung vor, der Kläger sei nicht mehr in der Lage, vollschichtig und regelmäßig zu arbeiten. Die ärztlichen Unterlagen aus der Vergangenheit würden ganz andere Rückschlüsse zulassen. Danach liege bei dem Kläger eine mittelschwere Demenzerkrankung vor; er sei nicht mehr in der Lage, die einfachsten alltäglichen Aufgaben zu bewältigen und sein Zustand verschlechtere sich ständig.
Die Beklagte legte dieses Schreiben ihrem ärztlichen Dienst vor, der feststellte, dass seit der im Jahr 2008 durchgeführten Reha-Maßnahme ein auf Dauer aufgehobenes Leistungsvermögen anzunehmen sei.
Mit Bescheid vom 11.02.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die medizinischen Ermittlungen hätten ergeben, dass am 23.01.2008 volle Erwerbsminderung eingetreten sei. Für diesen Zeitpunkt seien jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, da innerhalb der letzten fünf Jahre nicht drei Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt seien. In dem Zeitraum vom 23.01.2003 bis zum 22.01.2008 seien nur 29 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 09.03.2010 Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren ist, da sich sein Gesundheitszustand erst in den Monaten Mai und Juni 2009 so verschlechtert habe, dass er seine Tätigkeit nicht mehr habe ausüben können. Die Beklagte habe sich zunächst auf ein Gutachten berufen, welches ihn als vollschichtig arbeitsfähig beschreiben habe und dann im Widerspruchsbescheid ohne weitere Sachverhaltsaufklärung behauptet, volle Erwerbsminderung sei bereits am 23.01.2008 eingetreten. Er sei jedoch bis Ende des Jahres 2009 im Rahmen eines ordentlichen Arbeitsverhältnisses vollschichtig beschäftigt gewesen und habe die Buchhaltung für den Steuerberater des Betriebs seiner Ehefrau vorbereitet. Lediglich in den letzten drei Monaten habe er seine Tochter eingearbeitet.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2010 zu verurteilen, ihm ab dem 01.08.2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Ansicht, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt sind, da bereits im Reha-Verfahren im Jahr 2008 ein erloschenes Leistungsvermögen angenommen worden sei. Die Einschätzung des Gutachters im Verwaltungsverfahren sei retrospektiv zu positiv ausgefallen. Die Demenz bestehe bereits seit dem Jahr 2001 und verlaufe progredient.
Das Gericht hat eine Arbeitgeberauskunft des letzten Arbeitgebers des Klägers, dem Betrieb seiner Ehefrau, Befundberichte seiner behandelnden Ärzte, Dr. B., Dr. H. und Dr. H. sowie einen Entlassungsbericht über einen stationären Aufenthalt in der Augusta Krankenanstalt B. eingeholt. Zu der Frage, wann letztmalig die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vorgelegen haben hat das Gericht die Beklagte angeschrieben, die mitgeteilt hat, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Leistungsfall in der Zeit von August 2008 bis Juli 2009 erfüllt sind. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes und des Leistungsvermögens des Klägers im Erwerbsleben ist darüber hinaus Beweis erhoben worden durch die Einholung eines internistisch-sozialmedizinischen Sachverständigengutachtens des Dr. C. aufgrund einer am 01.03.2011 durchgeführten ambulanten Untersuchung und eines neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens der Dr. L. aufgrund einer am 23.12.2010 durchgeführten ambulanten Untersuchung. Die Sachverständige Dr. L. hat festgestellt, dass das Leistungsvermögen des Klägers insbesondere durch eine mittelgradige depressive Episode auf dem Boden einer demenziellen Entwicklung, differentialdiagnostisch eine frontotemporale Demenz bzw. Alzheimer-Demenz eingeschränkt ist. Als weitere Differentialdiagnose hat die Sachverständige eine wiederkehrende depressive Episode, aktuell mittelgradigen Ausmaßes mit passiv-regressiven Zügen und eine Pseudodemenz im Sinne einer dissoziativen Störung festgestellt. Darüber hinaus leidet der Kläger an einem Lendenwirbelsäulen-Schmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch körperlich mittelschwere und geistig einfache Arbeiten mit geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit in einem zeitlichen Umfang von weniger als drei Stunden täglich verrichten. Der Kläger könne noch überwiegend im Sitzen arbeiten, mit der Möglichkeit kurzzeitig aufzustehen und umherzugehen, aber auch überwiegend im Stehen oder Gehen, mit der Möglichkeit, kurzzeitig zu sitzen. Zudem könne die Arbeit auch in zu gleichen Anteilen wechselnder Körperhaltung durchgeführt werden. Der Kläger sei auch noch in der Lage, Arbeiten mit längeren einseitigen körperlichen Belastungen und Zwangshaltungen und Tätigkeiten mit häufigem Knien, Hocken und Bücken auszuüben; Gerüst- und Leiterarbeiten könne man dem Kläger aber nicht mehr abverlangen. Im Freien sei ein Arbeitseinsatz noch unter Witterungsschutz möglich. Tätigkeiten unter Nacht- und Wechselschichtbedingungen, unter besonderem Zeitdruck oder mit häufigem Publikumsverkehr seien aber nicht mehr leidensgerecht. Die kognitiven Einschränkungen haben nach den Feststellungen der Sachverständigen schon im Rahmen eines stationären Aufenthaltes vom 22.04.2008 bis zum 27.05.2008 vorgelegen und seitdem stetig zugenommen. Der Sachverständige Dr. C. hat festgestellt, dass das Leistungsvermögen des Klägers darüber hinaus durch eine Funktionseinschränkung und Minderbelastbarkeit, führend der Lendenwirbelsäule und nachgeordnet der Halswirbelsäule, auf dem anatomischen Boden degenerativer Veränderungen sowie dreifach operierten Bandscheibenvorfällen in den unteren Lendenwirbelsäulensegmenten, Bluthochdruck mit Herzbeteiligung, eine schlafbezogene Atemstörung bei indizierter NCPAP-Beatmung und Durchführungsunfähigkeit des Patienten sowie durch eine unbehandelte kombinierte Fettstoffwechselstörung eingeschränkt ist. Aufgrund sämtlicher Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten, wobei der sitzenden Anteil nicht überwiegen sollte. Tätigkeiten mit lang anhaltenden Zwangshaltungen für die Wirbelsäule oder Arbeiten in kniender und hockender Position sowie Gerüst- und Leiterarbeiten seien dem Kläger nicht mehr zumutbar. Die Arbeiten sollten nur noch unter Witterungsschutz und ohne Exposition gegenüber inhalativen Noxen, Nässe, Kälte, Hitze und Zugluft ausgeführt werden. In geistiger Hinsicht sei das Leistungsvermögen des Klägers erloschen und er könne auch nur noch Tätigkeiten ohne Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit verrichten. Insoweit könne der Kläger nur noch weniger als drei Stunden täglich einer Tätigkeit nachgehen, wobei ein gewinnbringendes Leistungsvermögen selbst für die schlichtesten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr bestehe. Das aufgehobene Leistungsvermögen sei bereits im Rahmen eines stationären Aufenthaltes in der Hardtwaldklinik (22.04.2008 bis zum 27.05.2008) festgestellt worden. Seit April 2008 sei es zu einer weiteren Verschlechterung gekommen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 01.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2010 ist nicht rechtswidrig und beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten. Die Beklagte hat darin die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung zu Recht abgelehnt.
Nach § 43 Abs.1 und 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit geleistet haben und vor dem Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein, § 43 Abs.1 S.2 SGB VI. Volle Erwerbsminderung liegt nach § 43 Abs.2 S.2 SGB VI vor, wenn der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Dagegen ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann (§ 43 Abs.3 SGB VI).
Aufgrund der durchgeführten medizinischen Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger gesundheitlich nur noch in der Lage ist, körperlich leichte Arbeiten ohne Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit und ohne jegliche geistige Beanspruchung in einem zeitlichen Umfang von weniger als drei Stunden täglich unter Berücksichtigung weiterer qualitativer Einschränkungen zu verrichten. Danach ist das Leistungsvermögen des Klägers seit April 2008 insbesondere durch seine Leiden auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet eingeschränkt. So leidet der Kläger an einer mittelgradigen depressiven Episode auf dem Boden einer demenziellen Entwicklung mit den Differentialdiagnosen frontotemporale Demenz und Alzheimer-Demenz. Zudem leidet der Kläger an einer wiederkehrenden depressiven Störung mit passiv-repressiven Zügen, einer Pseudodemenz im Sinne einer dissoziativen Störung und einem Lendenwirbelsäulenschmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung. Auf internistisch-sozialmedizinischem Fachgebiet bestehen bei dem Kläger darüber hinaus eine Funktionseinschränkung und Minderbelastbarkeit, führend der Lendenwirbelsäule und nachgeordnet der Halswirbelsäule auf dem anatomischen Boden degenerativer Veränderungen sowie dreifach operierten Bandscheibenvorfällen in den unteren Lendenwirbelsäulensegmenten, Bluthochdruck mit Herzbeteiligung gemäß WHO Stadium II, eine schlafbezogene Atemstörung mit indizierter NCPAP Beatmung bei Durchführungsunfähigkeit des Patienten und eine unbehandelte kombinierte Fettstoffwechselstörung. Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass das Leistungsvermögen des Klägers aufgrund seiner Gesundheitsstörungen, insbesondere auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, seit April 2008 dahingehend eingeschränkt, dass er nur noch körperlich leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang von weniger als drei Stunden täglich verrichten kann. Wegen einer Apraxie kann der Kläger nur noch Arbeiten ohne jegliche geistige Beanspruchung und ohne Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit verrichten. Wegen des chronischen Schmerzsyndroms der Lenden- und Halswirbelsäule sollte der Kläger in wechselnder Körperhaltung arbeiten, wobei der sitzende Anteil nicht überwiegen sollte. Arbeiten mit lang anhaltenden Zwangshaltungen für die Wirbelsäule oder Tätigkeiten im Knien und Hocken sind dem Kläger deswegen ebenfalls nicht mehr zumutbar. Aufgrund der Desorientiertheit kann der Kläger auch keine Gerüst- und Leiterarbeiten mehr verrichten. Tätigkeiten unter Nacht- und Wechselschichtbedingungen, unter besonderem Zeitdruck oder mit Publikumsverkehr sind dem Kläger nicht mehr zumutbar und er sollte nur noch unter Witterungsschutz ohne Exposition gegenüber Nässe, Kälte, Hitze, Zugluft und inhalativen Noxen arbeiten. Der Kläger ist wegen der damit verbundenen Fremdgefährdung nicht mehr in der Lage, ein Kfz zu steuern. Fußwege kann er nur noch in Begleitung zurücklegen, da er sich ansonsten verlaufen würde.
Die Kammer folgt hinsichtlich dieser Feststellungen den Sachverständigen Dr. C. und Dr. L ... Die von dem Sachverständigen getroffenen Feststellungen zu den Erkrankungen des Klägers und die vor diesem Hintergrund vorgenommenen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilungen waren für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend. Insgesamt ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass die von den Sachverständigen vorgenommenen Beurteilungen unzutreffend ist. Die Sachverständigen haben den Kläger eingehend untersucht, sich detailliert mit den einzelnen Krankheitsbildern und den geltend gemachten Beschwerden des Klägers auseinandergesetzt, Art und Schwere der daraus resultierenden Funktionsstörungen dargelegt und die sich daraus ergebenden Konsequenzen in sozialmedizinischer Hinsicht nachvollziehbar beschrieben. Sie haben auch alle Erkrankungen und Befunde, die von den behandelnden Ärzten und den Vorgutachtern im Verwaltungsverfahren beschrieben worden sind, berücksichtigt und gewürdigt. Soweit sie zu einer anderen Einschätzung gekommen sind, haben sie dies nachvollziehbar und schlüssig begründet. Soweit die Sachverständige Dr. L. jedoch davon ausgeht, der Kläger könne noch geistig einfache Arbeiten mit geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Übersicht, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit verrichten, vermag sich die Kammer dieser Einschätzung nicht anzuschließen. Der Sachverständige Dr. C. hat in diesem Zusammenhang vollkommen schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass selbst die einfachsten geistigen Tätigkeiten u.a. ein Mindestmaß an Vigilanz und Zuverlässigkeit beinhalten, welches mit der schweren Zerrüttung der geistigen Fähigkeiten des Klägers nicht mehr vereinbar ist. Insoweit hat der Sachverständige Dr. C. auch ausgeführt, der Kläger erkenne zuweilen Alltagsgegenstände nicht mehr und glaube, es handele sich um ein optisches Phänomen der Augen. Bei dem Kläger besteht insoweit eine hirnorganisch verursachte Unfähigkeit, Informationen in ein sinnvolles Handlungsmuster einzubringen, durch welche die beschriebene Einschränkung auf geistig-mentalem Gebiet begründet wird.
Danach ist der Kläger unter Zugrundelegung eines unter dreistündigen Leistungsvermögens voll erwerbsgemindert, so dass ihm allein unter Berücksichtigung der medizinischen Befunde bei fehlender Besserungsaussicht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren wäre.
Gleichwohl hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung einer solchen Rente, da er die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. So hat der Kläger zwar die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, jedoch sind – ausgehend von einem Leistungsfall am 22.04.2008 - nicht in den letzten fünf Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt. In dem hier maßgeblichen Zeitraum vom 22.04.2003 bis zum 21.04.2008 sind nämlich keine 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt.
Zwar wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Leistungsfall in der Zeit zwischen August 2008 und Juli 2009 erfüllt. Jedoch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Leistungsfall zu einem späteren als dem hier festgestellten Zeitpunkt eingetreten ist. Die persönliche Befragung des Klägers im Verhandlungstermin zu dem zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit im Betrieb seiner Frau in der Zeit nach der Beendigung des Rehabilitationsverfahrens in der Hardtwaldklinik in Bad Z. blieb unergiebig. Aufgrund seiner Gesundheitsstörungen konnte sich der Kläger nicht mehr daran erinnern, ob und in welchem Umfang er in der Zeit ab Mai 2008 erwerbstätig gewesen ist. Die Kammer hat daher die im Termin anwesende Tochter des Klägers als Zeugin vernommen. Diese verstrickte sich während ihrer Aussage jedoch in Widersprüche, so dass die Kammer erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin hat.
Die Zeugin hat zunächst angegeben, der Kläger habe nach seiner Rückkehr aus dem Rehabilitationsverfahren wieder voll im Betrieb mitgearbeitet. Er sei als Pizzabäcker und in der Buchhaltung tätig gewesen und habe auch Besorgungen erledigt. Der Kläger habe seine Arbeit regelmäßig gegen 11.30 Uhr begonnen und bis in den späten Abend voll mitgearbeitet. Zusätzliche Pausen habe er nicht gemacht. Hinsichtlich des Inhalts der ihm obliegenden Aufgaben habe sich nichts geändert; der Kläger habe dieselben Tätigkeiten wie zuvor gemacht, nur habe er dafür mehr Zeit benötigt. In der Buchhaltung habe die Vorbereitung für die abschließende Bearbeitung durch den Steuerberater übernommen. Dabei sei es vornehmlich in der Zeit von Mitte bis Ende 2009 häufiger zu Fehlern gekommen. So sei es z.B. zu Zahlendrehern gekommen und es habe Schwierigkeiten in der Kommunikation mit dem Steuerberater gegeben. Der Kläger habe sie dann in den letzten Monaten vor seinem Ausscheiden eingearbeitet. Auf den Vorhalt der Vorsitzenden, die Ehefrau des Klägers habe in der erteilten Arbeitgeberauskunft angegeben, dass der Kläger ab dem Ende der Rehabilitationsbehandlung nur noch drei Stunden pro Tag gearbeitet habe, gab die Zeugin dann nach wiederholtem Hinweis auf die Wahrheitspflicht an, sie könne dazu gar keine genauen Angaben machen, da sie zu dieser Zeit noch nicht voll im Betrieb mitgearbeitet habe. Sofern aber in der Arbeitgeberauskunft angegeben worden sei, dass der Kläger nur noch drei Stunden täglich gearbeitet hat, werde dies wohl stimmen. Vor diesem Hintergrund erschien die Aussage der Zeugin insgesamt unglaubhaft. Jedenfalls konnte die Kammer dadurch nicht zu der Überzeugung gelangen, dass der Kläger nach dem Ende des Rehabilitationsverfahrens wieder in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich gearbeitet hätte.
Auch die von dem Kläger eingereichte Bescheinigung des Steuerberaters lässt keine begründeten Zweifel daran aufkommen, dass die von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen hinsichtlich des Leistungsfalles unzutreffend sein könnten. Der Steuerberater hat in dieser Bescheinigung lediglich angegeben, der Kläger sei bis zu seinem Ausscheiden im Dezember 2009 im Rahmen eines ordentlichen Arbeitsverhältnisses im Betrieb seiner Ehefrau tätig gewesen und habe alle im Betrieb anfallenden kaufmännischen Tätigkeiten, insbesondere die Buchhaltung übernommen. Zu dem zeitlichen Umfang der Tätigkeit des Klägers, die hier aber von entscheidender Bedeutung ist, wurden jedoch keine Angaben gemacht. Die Kammer hält es durchaus für denkbar, dass der Kläger möglicherweise noch stundenweise im Familienbetrieb gearbeitet hat und dem Steuerberater als Ansprechpartner zur Verfügung gestanden hat. Dass er aber tatsächlich noch mindestens sechs Stunden täglich gearbeitet hat, erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der Angaben in der Arbeitgeberauskunft und der nachträglich korrigierten Zeugenaussage als äußerst unwahrscheinlich.
Bezüglich der Frage, ob der Kläger in der Zeit ab Ende Mai 2008 noch vollschichtig gearbeitet hat war auch zu berücksichtigen, dass die Angaben zu den tatsächlichen Aufgaben des Klägers variierten. So wurde in dem Fragebogen zur Person angebeben, dass eine Tätigkeit als Pizzabäcker ausgeübt worden ist. Von einer Tätigkeit in der Buchhaltung wurde nichts erwähnt. Der Steuerberater beschreibt hingegen eine rein kaufmännische Tätigkeit ohne einen Hinweis darauf, dass daneben noch andere Aufgaben übernommen worden sind. In der Arbeitgeberauskunft wurde dagegen angegeben, der Kläger sei für die Vorbereitung und Herstellung der Speisen, den Wareneinkauf und die Vorbereitung der Buchhaltung zuständig gewesen. Die Arbeit habe zu 90% im Stehen und zu 10% im Sitzen stattgefunden. Der Kläger habe in der Küche gearbeitet. Insoweit dürfte die Tätigkeit in der Buchhaltung ohnehin nur einen kleinen Teil ausgemacht haben, da solche Tätigkeiten nach der allgemeinen Lebenserfahrung überwiegend im Sitzen ausgeübt werden. Im Hinblick auf die insgesamt widersprüchlichen Angaben zu den Aufgaben des Klägers im Familienbetrieb und zu dem Umfang seiner Tätigkeit konnte die Kammer daher nicht zu der Überzeugung gelangen, dass der Kläger die angegebenen Aufgaben tatsächlich und auch noch bis Mitte/Ende 2009 vollschichtig verrichtet hat und somit der Leistungsfall erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt eingetreten ist.
Einzig schlüssig erscheint daher der von den Sachverständigen angenommene Leistungsfall in April 2008. So war bereits zu diesem Zeitpunkt von der Hardtwaldklinik in Bad Z. wegen der schweren Depression und den damit verbundenen kognitiven Störungen ein aufgehobenes Leistungsvermögen für die Dauer von 12 Monaten angenommen worden. Seitdem hat sich der Gesundheitszustand des Klägers nach den Feststellungen der Sachverständigen keineswegs verbessert sondern noch weiter verschlechtert. Insoweit ist von einem durchgehend aufgehobenen Leistungsvermögen seit April 2008 auszugehen.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs.1 SGB VI. Danach haben Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersrente einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Ein solcher Anspruch scheitert aber ebenfalls an dem Nichtvorliegen der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 15.09.1955 in Italien geborene Kläger absolvierte keine Berufsausbildung. Zuletzt war er in der Zeit von 2005 bis 2009 versicherungspflichtig als Pizzabäcker und in der Buchhaltung im Betrieb seiner Ehefrau beschäftigt. Seitdem ist er keiner Tätigkeit mehr nachgegangen.
In der Zeit vom 22.04.2008 bis zum 27.05.2008 unterzog sich der Kläger auf Veranlassung der Beklagten wegen einer wiederkehrenden depressiven Störung und eines Schlafapnoe-Syndroms einer stationären Rehabilitationsbehandlung in der H.-Klinik in Bad Z ... Er wurde aus dem Heilverfahren als nicht einsatzfähig für die Tätigkeit als Pizzabäcker entlassen; in dem Entlassungsbericht wurde wegen der schweren Depression und den damit verbundenen Störungen im kognitiven Bereich auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt für die Dauer von jedenfalls 12 Monaten ein unter dreistündiges Leistungsvermögen angenommen. Das Leistungsvermögen solle danach unter der Prämisse einer intensiven psychotherapeutischen Weiterbehandlung erneut überprüft werden.
Am 27.07.2009 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine internistische Begutachtung durch Dr. W. und eine neurologisch-psychiatrische Begutachtung durch Dr. K ... Dr. W. stellte aufgrund einer am 21.08.2009 durchgeführten ambulanten Untersuchung fest, dass der Kläger an Bluthochdruck, einer Hyperlipidämie, einem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom und einer Visusminderung nach Linsenersatz unklarer Genese leide. Zudem bestünden bei dem Kläger ein Verdacht auf eine Pankreopathie und ein Lendenwirbelsäulensyndrom nach mehrfacher Bandscheibenoperation. Trotz dieser Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich als Pizzabäcker arbeiten. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe zudem ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten. Tätigkeiten in der Hocke oder gebückter Haltung, mit erhöhter Unfallgefahr oder die das Heben und Tragen schwerer Lasten erfordern, könne der Kläger nicht mehr verrichten. Dr. K. stellte aufgrund einer am 03.09.2009 durchgeführten ambulanten Untersuchung fest, dass der Kläger an einer psychogenen Pseudodemenz, einer Konversionsstörung, einer wiederkehrenden depressiven Störung mittelgradiger Ausprägung und einer Anpassungsstörung mit länger anhaltender depressiver Reaktion leide. Trotz dieser Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch vollschichtig als Pizzabäcker arbeiten; auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er körperlich mittelschwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung in Tagesschicht oder in Früh- und Spätschicht vollschichtig verrichten. Einen Schlafentzug oder Arbeiten mit erhöhtem Zeitdruck, wie Akkordarbeiten am Fließband, könne man dem Kläger nicht mehr abverlangen.
Auf der Grundlage dieser sozialmedizinischen Leistungsbeurteilungen lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01.10.2009 die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung mit der Begründung ab, der Kläger sei mit dem vorhandenen Leistungsvermögen noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer 5-Tage-Woche unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Er habe auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er noch mindestens sechs Stunden täglich als Pizzabäcker arbeiten könne.
Gegen diesen Bescheid legte die Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 14.10.2009 Widerspruch ein und bat um Akteneinsicht. Unter dem 03.12.2009 trug sie zur Begründung vor, der Kläger sei nicht mehr in der Lage, vollschichtig und regelmäßig zu arbeiten. Die ärztlichen Unterlagen aus der Vergangenheit würden ganz andere Rückschlüsse zulassen. Danach liege bei dem Kläger eine mittelschwere Demenzerkrankung vor; er sei nicht mehr in der Lage, die einfachsten alltäglichen Aufgaben zu bewältigen und sein Zustand verschlechtere sich ständig.
Die Beklagte legte dieses Schreiben ihrem ärztlichen Dienst vor, der feststellte, dass seit der im Jahr 2008 durchgeführten Reha-Maßnahme ein auf Dauer aufgehobenes Leistungsvermögen anzunehmen sei.
Mit Bescheid vom 11.02.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die medizinischen Ermittlungen hätten ergeben, dass am 23.01.2008 volle Erwerbsminderung eingetreten sei. Für diesen Zeitpunkt seien jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, da innerhalb der letzten fünf Jahre nicht drei Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt seien. In dem Zeitraum vom 23.01.2003 bis zum 22.01.2008 seien nur 29 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 09.03.2010 Klage erhoben. Er ist der Ansicht, dass ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren ist, da sich sein Gesundheitszustand erst in den Monaten Mai und Juni 2009 so verschlechtert habe, dass er seine Tätigkeit nicht mehr habe ausüben können. Die Beklagte habe sich zunächst auf ein Gutachten berufen, welches ihn als vollschichtig arbeitsfähig beschreiben habe und dann im Widerspruchsbescheid ohne weitere Sachverhaltsaufklärung behauptet, volle Erwerbsminderung sei bereits am 23.01.2008 eingetreten. Er sei jedoch bis Ende des Jahres 2009 im Rahmen eines ordentlichen Arbeitsverhältnisses vollschichtig beschäftigt gewesen und habe die Buchhaltung für den Steuerberater des Betriebs seiner Ehefrau vorbereitet. Lediglich in den letzten drei Monaten habe er seine Tochter eingearbeitet.
Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2010 zu verurteilen, ihm ab dem 01.08.2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist weiterhin der Ansicht, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nicht erfüllt sind, da bereits im Reha-Verfahren im Jahr 2008 ein erloschenes Leistungsvermögen angenommen worden sei. Die Einschätzung des Gutachters im Verwaltungsverfahren sei retrospektiv zu positiv ausgefallen. Die Demenz bestehe bereits seit dem Jahr 2001 und verlaufe progredient.
Das Gericht hat eine Arbeitgeberauskunft des letzten Arbeitgebers des Klägers, dem Betrieb seiner Ehefrau, Befundberichte seiner behandelnden Ärzte, Dr. B., Dr. H. und Dr. H. sowie einen Entlassungsbericht über einen stationären Aufenthalt in der Augusta Krankenanstalt B. eingeholt. Zu der Frage, wann letztmalig die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vorgelegen haben hat das Gericht die Beklagte angeschrieben, die mitgeteilt hat, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Leistungsfall in der Zeit von August 2008 bis Juli 2009 erfüllt sind. Hinsichtlich des Gesundheitszustandes und des Leistungsvermögens des Klägers im Erwerbsleben ist darüber hinaus Beweis erhoben worden durch die Einholung eines internistisch-sozialmedizinischen Sachverständigengutachtens des Dr. C. aufgrund einer am 01.03.2011 durchgeführten ambulanten Untersuchung und eines neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens der Dr. L. aufgrund einer am 23.12.2010 durchgeführten ambulanten Untersuchung. Die Sachverständige Dr. L. hat festgestellt, dass das Leistungsvermögen des Klägers insbesondere durch eine mittelgradige depressive Episode auf dem Boden einer demenziellen Entwicklung, differentialdiagnostisch eine frontotemporale Demenz bzw. Alzheimer-Demenz eingeschränkt ist. Als weitere Differentialdiagnose hat die Sachverständige eine wiederkehrende depressive Episode, aktuell mittelgradigen Ausmaßes mit passiv-regressiven Zügen und eine Pseudodemenz im Sinne einer dissoziativen Störung festgestellt. Darüber hinaus leidet der Kläger an einem Lendenwirbelsäulen-Schmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch körperlich mittelschwere und geistig einfache Arbeiten mit geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit in einem zeitlichen Umfang von weniger als drei Stunden täglich verrichten. Der Kläger könne noch überwiegend im Sitzen arbeiten, mit der Möglichkeit kurzzeitig aufzustehen und umherzugehen, aber auch überwiegend im Stehen oder Gehen, mit der Möglichkeit, kurzzeitig zu sitzen. Zudem könne die Arbeit auch in zu gleichen Anteilen wechselnder Körperhaltung durchgeführt werden. Der Kläger sei auch noch in der Lage, Arbeiten mit längeren einseitigen körperlichen Belastungen und Zwangshaltungen und Tätigkeiten mit häufigem Knien, Hocken und Bücken auszuüben; Gerüst- und Leiterarbeiten könne man dem Kläger aber nicht mehr abverlangen. Im Freien sei ein Arbeitseinsatz noch unter Witterungsschutz möglich. Tätigkeiten unter Nacht- und Wechselschichtbedingungen, unter besonderem Zeitdruck oder mit häufigem Publikumsverkehr seien aber nicht mehr leidensgerecht. Die kognitiven Einschränkungen haben nach den Feststellungen der Sachverständigen schon im Rahmen eines stationären Aufenthaltes vom 22.04.2008 bis zum 27.05.2008 vorgelegen und seitdem stetig zugenommen. Der Sachverständige Dr. C. hat festgestellt, dass das Leistungsvermögen des Klägers darüber hinaus durch eine Funktionseinschränkung und Minderbelastbarkeit, führend der Lendenwirbelsäule und nachgeordnet der Halswirbelsäule, auf dem anatomischen Boden degenerativer Veränderungen sowie dreifach operierten Bandscheibenvorfällen in den unteren Lendenwirbelsäulensegmenten, Bluthochdruck mit Herzbeteiligung, eine schlafbezogene Atemstörung bei indizierter NCPAP-Beatmung und Durchführungsunfähigkeit des Patienten sowie durch eine unbehandelte kombinierte Fettstoffwechselstörung eingeschränkt ist. Aufgrund sämtlicher Gesundheitsstörungen könne der Kläger noch körperlich leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten, wobei der sitzenden Anteil nicht überwiegen sollte. Tätigkeiten mit lang anhaltenden Zwangshaltungen für die Wirbelsäule oder Arbeiten in kniender und hockender Position sowie Gerüst- und Leiterarbeiten seien dem Kläger nicht mehr zumutbar. Die Arbeiten sollten nur noch unter Witterungsschutz und ohne Exposition gegenüber inhalativen Noxen, Nässe, Kälte, Hitze und Zugluft ausgeführt werden. In geistiger Hinsicht sei das Leistungsvermögen des Klägers erloschen und er könne auch nur noch Tätigkeiten ohne Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit verrichten. Insoweit könne der Kläger nur noch weniger als drei Stunden täglich einer Tätigkeit nachgehen, wobei ein gewinnbringendes Leistungsvermögen selbst für die schlichtesten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr bestehe. Das aufgehobene Leistungsvermögen sei bereits im Rahmen eines stationären Aufenthaltes in der Hardtwaldklinik (22.04.2008 bis zum 27.05.2008) festgestellt worden. Seit April 2008 sei es zu einer weiteren Verschlechterung gekommen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 01.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2010 ist nicht rechtswidrig und beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten. Die Beklagte hat darin die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. wegen teilweiser Erwerbsminderung zu Recht abgelehnt.
Nach § 43 Abs.1 und 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit geleistet haben und vor dem Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden erwerbstätig zu sein, § 43 Abs.1 S.2 SGB VI. Volle Erwerbsminderung liegt nach § 43 Abs.2 S.2 SGB VI vor, wenn der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Dagegen ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann (§ 43 Abs.3 SGB VI).
Aufgrund der durchgeführten medizinischen Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger gesundheitlich nur noch in der Lage ist, körperlich leichte Arbeiten ohne Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit und ohne jegliche geistige Beanspruchung in einem zeitlichen Umfang von weniger als drei Stunden täglich unter Berücksichtigung weiterer qualitativer Einschränkungen zu verrichten. Danach ist das Leistungsvermögen des Klägers seit April 2008 insbesondere durch seine Leiden auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet eingeschränkt. So leidet der Kläger an einer mittelgradigen depressiven Episode auf dem Boden einer demenziellen Entwicklung mit den Differentialdiagnosen frontotemporale Demenz und Alzheimer-Demenz. Zudem leidet der Kläger an einer wiederkehrenden depressiven Störung mit passiv-repressiven Zügen, einer Pseudodemenz im Sinne einer dissoziativen Störung und einem Lendenwirbelsäulenschmerzsyndrom mit pseudoradikulärer Ausstrahlung. Auf internistisch-sozialmedizinischem Fachgebiet bestehen bei dem Kläger darüber hinaus eine Funktionseinschränkung und Minderbelastbarkeit, führend der Lendenwirbelsäule und nachgeordnet der Halswirbelsäule auf dem anatomischen Boden degenerativer Veränderungen sowie dreifach operierten Bandscheibenvorfällen in den unteren Lendenwirbelsäulensegmenten, Bluthochdruck mit Herzbeteiligung gemäß WHO Stadium II, eine schlafbezogene Atemstörung mit indizierter NCPAP Beatmung bei Durchführungsunfähigkeit des Patienten und eine unbehandelte kombinierte Fettstoffwechselstörung. Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass das Leistungsvermögen des Klägers aufgrund seiner Gesundheitsstörungen, insbesondere auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, seit April 2008 dahingehend eingeschränkt, dass er nur noch körperlich leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang von weniger als drei Stunden täglich verrichten kann. Wegen einer Apraxie kann der Kläger nur noch Arbeiten ohne jegliche geistige Beanspruchung und ohne Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit verrichten. Wegen des chronischen Schmerzsyndroms der Lenden- und Halswirbelsäule sollte der Kläger in wechselnder Körperhaltung arbeiten, wobei der sitzende Anteil nicht überwiegen sollte. Arbeiten mit lang anhaltenden Zwangshaltungen für die Wirbelsäule oder Tätigkeiten im Knien und Hocken sind dem Kläger deswegen ebenfalls nicht mehr zumutbar. Aufgrund der Desorientiertheit kann der Kläger auch keine Gerüst- und Leiterarbeiten mehr verrichten. Tätigkeiten unter Nacht- und Wechselschichtbedingungen, unter besonderem Zeitdruck oder mit Publikumsverkehr sind dem Kläger nicht mehr zumutbar und er sollte nur noch unter Witterungsschutz ohne Exposition gegenüber Nässe, Kälte, Hitze, Zugluft und inhalativen Noxen arbeiten. Der Kläger ist wegen der damit verbundenen Fremdgefährdung nicht mehr in der Lage, ein Kfz zu steuern. Fußwege kann er nur noch in Begleitung zurücklegen, da er sich ansonsten verlaufen würde.
Die Kammer folgt hinsichtlich dieser Feststellungen den Sachverständigen Dr. C. und Dr. L ... Die von dem Sachverständigen getroffenen Feststellungen zu den Erkrankungen des Klägers und die vor diesem Hintergrund vorgenommenen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilungen waren für die Kammer nachvollziehbar und überzeugend. Insgesamt ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass die von den Sachverständigen vorgenommenen Beurteilungen unzutreffend ist. Die Sachverständigen haben den Kläger eingehend untersucht, sich detailliert mit den einzelnen Krankheitsbildern und den geltend gemachten Beschwerden des Klägers auseinandergesetzt, Art und Schwere der daraus resultierenden Funktionsstörungen dargelegt und die sich daraus ergebenden Konsequenzen in sozialmedizinischer Hinsicht nachvollziehbar beschrieben. Sie haben auch alle Erkrankungen und Befunde, die von den behandelnden Ärzten und den Vorgutachtern im Verwaltungsverfahren beschrieben worden sind, berücksichtigt und gewürdigt. Soweit sie zu einer anderen Einschätzung gekommen sind, haben sie dies nachvollziehbar und schlüssig begründet. Soweit die Sachverständige Dr. L. jedoch davon ausgeht, der Kläger könne noch geistig einfache Arbeiten mit geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Übersicht, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit verrichten, vermag sich die Kammer dieser Einschätzung nicht anzuschließen. Der Sachverständige Dr. C. hat in diesem Zusammenhang vollkommen schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass selbst die einfachsten geistigen Tätigkeiten u.a. ein Mindestmaß an Vigilanz und Zuverlässigkeit beinhalten, welches mit der schweren Zerrüttung der geistigen Fähigkeiten des Klägers nicht mehr vereinbar ist. Insoweit hat der Sachverständige Dr. C. auch ausgeführt, der Kläger erkenne zuweilen Alltagsgegenstände nicht mehr und glaube, es handele sich um ein optisches Phänomen der Augen. Bei dem Kläger besteht insoweit eine hirnorganisch verursachte Unfähigkeit, Informationen in ein sinnvolles Handlungsmuster einzubringen, durch welche die beschriebene Einschränkung auf geistig-mentalem Gebiet begründet wird.
Danach ist der Kläger unter Zugrundelegung eines unter dreistündigen Leistungsvermögens voll erwerbsgemindert, so dass ihm allein unter Berücksichtigung der medizinischen Befunde bei fehlender Besserungsaussicht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren wäre.
Gleichwohl hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung einer solchen Rente, da er die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. So hat der Kläger zwar die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt, jedoch sind – ausgehend von einem Leistungsfall am 22.04.2008 - nicht in den letzten fünf Jahren vor dem Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt. In dem hier maßgeblichen Zeitraum vom 22.04.2003 bis zum 21.04.2008 sind nämlich keine 36 Monate mit Pflichtbeitragszeiten belegt.
Zwar wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Leistungsfall in der Zeit zwischen August 2008 und Juli 2009 erfüllt. Jedoch bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Leistungsfall zu einem späteren als dem hier festgestellten Zeitpunkt eingetreten ist. Die persönliche Befragung des Klägers im Verhandlungstermin zu dem zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit im Betrieb seiner Frau in der Zeit nach der Beendigung des Rehabilitationsverfahrens in der Hardtwaldklinik in Bad Z. blieb unergiebig. Aufgrund seiner Gesundheitsstörungen konnte sich der Kläger nicht mehr daran erinnern, ob und in welchem Umfang er in der Zeit ab Mai 2008 erwerbstätig gewesen ist. Die Kammer hat daher die im Termin anwesende Tochter des Klägers als Zeugin vernommen. Diese verstrickte sich während ihrer Aussage jedoch in Widersprüche, so dass die Kammer erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin hat.
Die Zeugin hat zunächst angegeben, der Kläger habe nach seiner Rückkehr aus dem Rehabilitationsverfahren wieder voll im Betrieb mitgearbeitet. Er sei als Pizzabäcker und in der Buchhaltung tätig gewesen und habe auch Besorgungen erledigt. Der Kläger habe seine Arbeit regelmäßig gegen 11.30 Uhr begonnen und bis in den späten Abend voll mitgearbeitet. Zusätzliche Pausen habe er nicht gemacht. Hinsichtlich des Inhalts der ihm obliegenden Aufgaben habe sich nichts geändert; der Kläger habe dieselben Tätigkeiten wie zuvor gemacht, nur habe er dafür mehr Zeit benötigt. In der Buchhaltung habe die Vorbereitung für die abschließende Bearbeitung durch den Steuerberater übernommen. Dabei sei es vornehmlich in der Zeit von Mitte bis Ende 2009 häufiger zu Fehlern gekommen. So sei es z.B. zu Zahlendrehern gekommen und es habe Schwierigkeiten in der Kommunikation mit dem Steuerberater gegeben. Der Kläger habe sie dann in den letzten Monaten vor seinem Ausscheiden eingearbeitet. Auf den Vorhalt der Vorsitzenden, die Ehefrau des Klägers habe in der erteilten Arbeitgeberauskunft angegeben, dass der Kläger ab dem Ende der Rehabilitationsbehandlung nur noch drei Stunden pro Tag gearbeitet habe, gab die Zeugin dann nach wiederholtem Hinweis auf die Wahrheitspflicht an, sie könne dazu gar keine genauen Angaben machen, da sie zu dieser Zeit noch nicht voll im Betrieb mitgearbeitet habe. Sofern aber in der Arbeitgeberauskunft angegeben worden sei, dass der Kläger nur noch drei Stunden täglich gearbeitet hat, werde dies wohl stimmen. Vor diesem Hintergrund erschien die Aussage der Zeugin insgesamt unglaubhaft. Jedenfalls konnte die Kammer dadurch nicht zu der Überzeugung gelangen, dass der Kläger nach dem Ende des Rehabilitationsverfahrens wieder in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich gearbeitet hätte.
Auch die von dem Kläger eingereichte Bescheinigung des Steuerberaters lässt keine begründeten Zweifel daran aufkommen, dass die von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen hinsichtlich des Leistungsfalles unzutreffend sein könnten. Der Steuerberater hat in dieser Bescheinigung lediglich angegeben, der Kläger sei bis zu seinem Ausscheiden im Dezember 2009 im Rahmen eines ordentlichen Arbeitsverhältnisses im Betrieb seiner Ehefrau tätig gewesen und habe alle im Betrieb anfallenden kaufmännischen Tätigkeiten, insbesondere die Buchhaltung übernommen. Zu dem zeitlichen Umfang der Tätigkeit des Klägers, die hier aber von entscheidender Bedeutung ist, wurden jedoch keine Angaben gemacht. Die Kammer hält es durchaus für denkbar, dass der Kläger möglicherweise noch stundenweise im Familienbetrieb gearbeitet hat und dem Steuerberater als Ansprechpartner zur Verfügung gestanden hat. Dass er aber tatsächlich noch mindestens sechs Stunden täglich gearbeitet hat, erscheint insbesondere vor dem Hintergrund der Angaben in der Arbeitgeberauskunft und der nachträglich korrigierten Zeugenaussage als äußerst unwahrscheinlich.
Bezüglich der Frage, ob der Kläger in der Zeit ab Ende Mai 2008 noch vollschichtig gearbeitet hat war auch zu berücksichtigen, dass die Angaben zu den tatsächlichen Aufgaben des Klägers variierten. So wurde in dem Fragebogen zur Person angebeben, dass eine Tätigkeit als Pizzabäcker ausgeübt worden ist. Von einer Tätigkeit in der Buchhaltung wurde nichts erwähnt. Der Steuerberater beschreibt hingegen eine rein kaufmännische Tätigkeit ohne einen Hinweis darauf, dass daneben noch andere Aufgaben übernommen worden sind. In der Arbeitgeberauskunft wurde dagegen angegeben, der Kläger sei für die Vorbereitung und Herstellung der Speisen, den Wareneinkauf und die Vorbereitung der Buchhaltung zuständig gewesen. Die Arbeit habe zu 90% im Stehen und zu 10% im Sitzen stattgefunden. Der Kläger habe in der Küche gearbeitet. Insoweit dürfte die Tätigkeit in der Buchhaltung ohnehin nur einen kleinen Teil ausgemacht haben, da solche Tätigkeiten nach der allgemeinen Lebenserfahrung überwiegend im Sitzen ausgeübt werden. Im Hinblick auf die insgesamt widersprüchlichen Angaben zu den Aufgaben des Klägers im Familienbetrieb und zu dem Umfang seiner Tätigkeit konnte die Kammer daher nicht zu der Überzeugung gelangen, dass der Kläger die angegebenen Aufgaben tatsächlich und auch noch bis Mitte/Ende 2009 vollschichtig verrichtet hat und somit der Leistungsfall erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt eingetreten ist.
Einzig schlüssig erscheint daher der von den Sachverständigen angenommene Leistungsfall in April 2008. So war bereits zu diesem Zeitpunkt von der Hardtwaldklinik in Bad Z. wegen der schweren Depression und den damit verbundenen kognitiven Störungen ein aufgehobenes Leistungsvermögen für die Dauer von 12 Monaten angenommen worden. Seitdem hat sich der Gesundheitszustand des Klägers nach den Feststellungen der Sachverständigen keineswegs verbessert sondern noch weiter verschlechtert. Insoweit ist von einem durchgehend aufgehobenen Leistungsvermögen seit April 2008 auszugehen.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 Abs.1 SGB VI. Danach haben Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersrente einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Ein solcher Anspruch scheitert aber ebenfalls an dem Nichtvorliegen der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
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