Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
22
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 22 R 1001/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens zuletzt, ob die vom Beigeladenen zu 1) vom 01.06.2000 bis zum 18.12.2009 für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Architekt und Bauleiter Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- sowie in der Arbeitslosenversicherung begründet hat.
Die Klägerin betrieb ein Bauunternehmen. Der Beigeladene zu 1) ist Diplomingenieur; er war vom 01.06.2000 bis zum 18.12.2009 als Architekt und Bauleiter für die Klägerin tätig.
Am 29.10.2009 beantragte die Klägerin die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Diesen Antrag lehnte das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 07.01.2010 (Az. 43 IN 1343/09) mangels Masse ab.
Am 02.11.2009 erhob der Beigeladene zu 1) beim Arbeitsgericht Bielefeld Klage gegen die Klägerin (Az. 4 Ca 3459/09) auf Nachzahlung von Vergütung in Höhe von 21.767,61 Euro brutto nebst Zinsen. Mit Beschluss vom 14.09.2011 entschied das Arbeitsgericht, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei eröffnet, weil der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit für die Klägerin als Arbeitnehmer erbracht habe. Die hiergegen von der Klägerin erhobene sofortige Beschwerde wies das Landesarbeitsgericht Hamm mit Beschluss vom 14.05.2012 (Az. 2 Ta 668/11) zurück.
Am 09.11.2009 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die Feststellung, dass er in seiner Tätigkeit als Architekt und Bauleiter eine abhängige Beschäftigung ausübe und der Sozialversicherungspflicht unterliege. Er gab an, den Antrag primär zu stellen, um Insolvenzgeld erhalten zu können. Die Tätigkeit sei weisungsgebunden erfolgt. Er sei in die Betriebsstruktur der Klägerin eingebunden gewesen und habe regelmäßige Arbeitszeiten einzuhalten gehabt. Ein Kapitaleinsatz habe nicht vorgelegen. In neun Jahren Tätigkeit habe er keinen Auftrag abgelehnt. Ein schriftlicher Vertrag existiere nicht. Es sei im Jahr 2000 ein Stundenentgelt in Höhe von damals 70,00 DM netto vereinbart worden. Die Arbeitszeit habe sich wie bei den ca. 15 angestellten Bauleitern von morgens 8.00 Uhr bis abends 18.00 Uhr erstreckt. Bei Krankheit und Urlaub sei keine Lohnfortzahlung erfolgt. Er habe alle Tätigkeiten persönlich ausgeführt und habe keine Hilfs- oder Ersatzkräfte ge-stellt. Bei Krankheit oder Urlaub sei seine Tätigkeit von den angestellten Bauleitern übernommen worden. Ein Unterschied zu den angestellten Bauleitern habe lediglich in der Vergütung bestanden. Arbeitsmittel wie Telefon, Fax, Schreibtisch, PC und PKW seien von der Klägerin zur Verfügung gestellt worden. Er habe bei der Klägerin einen festen Büroarbeitsplatz gehabt. Er sei mit einer Firmenvisitenkarte der Klägerin ausgestattet gewesen, in deren Telefonverzeichnis aufgeführt gewesen, habe eine E-Mail-Adresse der Klägerin gehabt und habe an allen Betriebsfeiern teilgenommen. Der Beigeladene zu 1) legte u.a. Stundennachweise, Rechnungen, Visitenkarte und Telefonverzeichnis vor.
Auf Anhörung der Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 12.03.2010 zu der beabsichtigten Feststellung des Vorliegens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nahm diese nicht Stellung.
Die Beklagte stellte mit gegenüber dem Beigeladenen zu 1) erlassenen Bescheid vom 28.04.2010 und gegenüber der Klägerin erlassenen Bescheid vom 12.05.2010 fest, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden. Sie führte aus, für eine abhängige Beschäftigung sprächen folgende Merkmale: Die Tätigkeit sei am Betriebssitz der Klägerin ausgeübt worden. Es habe ein fester Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden. Der Beigeladene zu 1) sei in der Gestaltung der Arbeitszeit durch die Verfügbarkeit der Arbeitsmittel am Betriebssitz der Klägerin eingeschränkt gewesen. Es sei eine erfolgsunabhängige Vergütung auf Stun-denbasis gezahlt worden. Es seien weder eigenes Kapital noch eigene Betriebsmittel in erheblichem Umfang eingesetzt worden. Das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos sei zu verneinen. Es sei eine Zusammenarbeit mit festangestellten Bauleitern erfolgt. Bei Urlaub oder Krankheit sei der Beigeladene zu 1) von diesen vertreten worden. Der Beige-ladene zu 1) habe die Tätigkeit persönlich ausgeführt. Hilfskräfte seien nicht eingesetzt worden. Er sei ausschließlich im Namen und auf Rechnung der Klägerin tätig gewesen. Nach außen sei er als deren Mitarbeiter erschienen. Im allgemeinen Geschäftsverkehr sei er nicht als selbständig Tätiger wahrgenommen worden. Es hätten in der Ausgestaltung der Tätigkeit keine Unterschiede zu den festangestellten Mitarbeitern bestanden. Wesentliche Merkmale für eine selbständige Tätigkeit seien nicht erkennbar. Die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale überwögen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 08.06.2010 Widerspruch und führte zur Begründung aus, der der Entscheidung der Beklagten zugrunde gelegte Sachverhalt sei offenbar unvollständig. Der Beigeladene zu 1) sei auch für andere Auftraggeber tätig gewesen und habe Gutachten und sonstige architektonische Leistungen gegenüber Dritten erstellt. Er habe auch in seinem Hause eine Büroausstattung gehabt sowie einen eigenen PKW. Die Einbindung des Beigeladenen zu 1) in ihre Betriebsabläufe habe auf den Erfordernissen einer bestmöglichen Erledigung der Arbeiten beruht und der optimalen Kommunikation mit ihren Mitarbeitern gedient. In die Gestaltung des Tagesablaufs sei dem Beigeladenen zu 1) nicht hineingeredet worden. Dieser sei keineswegs von morgens bis abends an dem Schreibtisch in ihrem Hause tätig gewesen, sondern auch im eigenen Büro, auf Baustellen oder an ihr unbekannten Orten. Für Urlaubs- oder Krankheitszeiten sei dem Beigeladenen zu 1) keine Vergütung gezahlt worden, so dass das unternehmerische Risiko allein bei ihm gelegen habe. Eine erfolgsunabhängige Vergütung spreche nicht für eine abhängige Beschäftigung.
Mit Bescheiden vom 17.09.2010 änderte die Beklagte die Bescheide vom 28.04.2010 und 12.05.2010 ab und stellte ergänzend fest, aufgrund der Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) habe vom 01.06.2000 bis zum 18.12.2009 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Ergänzend zur Begründung im angefochtenen Bescheid führte sie aus, allein eine formale Berechtigung, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, schließe das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus, wenn die persönliche Leistungserbringung die Regel sei. Eine über das Maß einer abhängigen Beschäftigung hinausgehende Verantwortung sei nicht ersichtlich. Gerade bei Diensten höherer Art trete anstelle der Weisungsgebundenheit die funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess. Ein echtes Unternehmerrisiko habe nicht vorgelegen, weil der Beigeladene zu 1) kein eigenes Kapital eingesetzt habe. Die Chance, länger oder mehr zu arbeiten, um so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance eines Unternehmers. Das Einkommensrisiko jedes Beschäftigten sei von einem Unternehmerrisiko zu unterscheiden. Eine Tätigkeit für weitere Auftraggeber ändere nichts an der getroffenen Feststellung, da jedes Auftragsverhältnis gesondert zu beurteilen sei.
Zur Begründung ihrer hiergegen am 24.01.2011 erhobenen Klage wiederholt die Klägerin im Wesentlichen ihre bisherigen Ausführungen.
Mit Schriftsatz vom 21.02.2014 hat die Beklagte den mit der Klage geltend gemachten Anspruch teilweise dahingehend anerkannt, dass sie davon ausgeht, dass Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung nicht bestanden hat. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis mit Schriftsatz vom 06.03.2014 angenommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 12.05.2010 in der Fassung des Bescheides vom 17.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.12.2010 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 21.02.2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner vom 01.06.2000 bis zum 18.12.2009 für sie ausgeübten Tätigkeit nicht als abhängig Beschäftigter versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Mit Beschluss vom 10.12.2013 hat das Gericht die Beigeladenen gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen. Die Beigeladenen zu 1) und 4) schließen sich der Rechtsauffassung der Beklagten an. Die übrigen Beigeladenen haben keine Stellungnahme abgegeben. Einen Antrag stellt keiner der Beigeladenen.
Vom 01.04.2011 bis zum 24.10.2013 hat das Verfahren auf Antrag der Hauptbeteiligten im Hinblick auf das beim Arbeitsgericht Bielefeld und beim Landesarbeitsgericht Hamm geführte Verfahren geruht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, des Verwaltungsvorgangs der Beklagten und der beigezogenen Akte des Arbeitsgerichts Bielefeld (Az. 4 Ca 3459/09) Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 12.05.2010 in der Fassung des Bescheides vom 17.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.12.2010 in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner vom 01.06.2000 bis zum 18.12.2009 für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Architekt und Bauleiter wegen einer abhängigen Be-schäftigung zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig gewesen ist.
Nach § 7a Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) konnten die Klägerin und der Beigeladene zu 1) schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliege, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hätte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet gehabt, was hier nicht der Fall war. Für die Entscheidung über den Antrag war abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Beklagte zuständig; sie hatte aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden.
Hiernach ist sie in dem Anfrageverfahren aufgrund der von ihr vorgenommenen Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene zu 1) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden hat und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung bestanden hat.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetz-buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]) der Versicherungspflicht und Beitragspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. z.B. Urteil vom 28.09.2011, Az. B 12 R 17/09 R m.w.N.).
Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In die-sem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist.
Ausgehend von den soeben dargelegten Grundsätzen überwiegen nach sorgfältiger Betrachtung der einzelnen Merkmale und Indizien nach Auffassung der Kammer vorliegend die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände. Die Kammer sieht von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gem. § 136 Abs. 3 SGG ab und verweist auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, die sie sich zu eigen macht. Lediglich ergänzend ist folgendes auszuführen.
Dass der Beigeladene zu 1) in die Betriebsabläufe der Klägerin eingebunden gewesen ist, ergibt sich bereits - ausdrücklich - aus dem Vorbringen der Klägerin im Widerspruchsverfahren. Daran ändern auch gewisse, nach den vom Vortrag des Beigeladenen zu 1) abweichenden Ausführungen der Klägerin gegebene Freiheiten bei der Arbeitszeitgestaltung nichts.
Außerdem hat der Beigeladene zu 1) weder versicherungspflichtige Arbeitnehmer noch Aushilfen beschäftigt und die Aufträge persönlich ausgeführt. Die von der Klägerin vorgebrachte Möglichkeit des Beigeladenen zu 1), die Aufträge durch Dritte erledigen zu lassen, erscheint rein theoretisch und ist nicht praktiziert worden. Die Organisation einer Vertretung hat der Beigeladenen oblegen und das Vertragsverhältnis ist auch auf Dauer angelegt gewesen. Auch diese Gesichtspunkte sind typisch für eine abhängige Beschäftigung.
Neben der Eingliederung in die Betriebsorganisation der Klägerin ist weiter maßgeblich, dass der Beigeladene zu 1) auch kein wesentlich ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko getragen hat, was ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist. Der Beigeladene zu 1) erhielt von der Klägerin eine Vergütung nach Arbeitsstunden. Der vereinbarte Stundenlohn enthielt keine Bestandteile, die auch nur ansatzweise auf eine (ggf. geringe) Gewinn- bzw. Umsatzbeteiligung schließen ließen. Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beigeladene zu 1) das Risiko des Erhalts seiner eigenen Arbeitskraft getragen hat, nur nach tatsächlich gearbeiteten Stunden bezahlt worden ist und ein vertraglicher Urlaubsanspruch sowie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht vereinbart worden waren. Abgesehen davon, dass Entlohnungssysteme dieser Art auch bei abhängig Beschäftigten eingesetzt werden, sind solche Vertragsgestaltungen als typisch anzusehen, wenn eine selbstständige freie Mitarbeit gewollt ist. Letztlich ist dies nicht entscheidend. Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird.
Von der Beurteilung der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung ist auch nicht deshalb abzuweichen, weil der Beigeladene zu 1) neben der Tätigkeit für die Klägerin auch noch für andere Auftraggeber gearbeitet hat. Gegenstand der Klage ist allein die Beurteilung der Tätigkeit bei der Klägerin. Daneben ausgeübte Tätigkeiten haben auf die bei der Klägerin verrichtete Tätigkeit im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit keinen Einfluss.
Ein Anhalt für das Vorliegen eines Tatbestandes, der bei der vorliegenden Bejahung einer abhängigen Beschäftigung zur Versicherungsfreiheit führen könnte, besteht nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 1 Sätze 1 und 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, die Kosten der Beigeladenen der Klägerin und der Beklagten aufzuerlegen, wenn die Beigealdenen keine eigenen (erfolgreichen) Anträge gestellt haben.
Die Entscheidung über den Streitwert stützt sich auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Es ist vom Regel-Streitwert auszugehen. Anhaltspunkte für eine konkrete Bemessung des Streitwerts liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens zuletzt, ob die vom Beigeladenen zu 1) vom 01.06.2000 bis zum 18.12.2009 für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Architekt und Bauleiter Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- sowie in der Arbeitslosenversicherung begründet hat.
Die Klägerin betrieb ein Bauunternehmen. Der Beigeladene zu 1) ist Diplomingenieur; er war vom 01.06.2000 bis zum 18.12.2009 als Architekt und Bauleiter für die Klägerin tätig.
Am 29.10.2009 beantragte die Klägerin die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Diesen Antrag lehnte das Amtsgericht Bielefeld mit Beschluss vom 07.01.2010 (Az. 43 IN 1343/09) mangels Masse ab.
Am 02.11.2009 erhob der Beigeladene zu 1) beim Arbeitsgericht Bielefeld Klage gegen die Klägerin (Az. 4 Ca 3459/09) auf Nachzahlung von Vergütung in Höhe von 21.767,61 Euro brutto nebst Zinsen. Mit Beschluss vom 14.09.2011 entschied das Arbeitsgericht, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei eröffnet, weil der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit für die Klägerin als Arbeitnehmer erbracht habe. Die hiergegen von der Klägerin erhobene sofortige Beschwerde wies das Landesarbeitsgericht Hamm mit Beschluss vom 14.05.2012 (Az. 2 Ta 668/11) zurück.
Am 09.11.2009 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten die Feststellung, dass er in seiner Tätigkeit als Architekt und Bauleiter eine abhängige Beschäftigung ausübe und der Sozialversicherungspflicht unterliege. Er gab an, den Antrag primär zu stellen, um Insolvenzgeld erhalten zu können. Die Tätigkeit sei weisungsgebunden erfolgt. Er sei in die Betriebsstruktur der Klägerin eingebunden gewesen und habe regelmäßige Arbeitszeiten einzuhalten gehabt. Ein Kapitaleinsatz habe nicht vorgelegen. In neun Jahren Tätigkeit habe er keinen Auftrag abgelehnt. Ein schriftlicher Vertrag existiere nicht. Es sei im Jahr 2000 ein Stundenentgelt in Höhe von damals 70,00 DM netto vereinbart worden. Die Arbeitszeit habe sich wie bei den ca. 15 angestellten Bauleitern von morgens 8.00 Uhr bis abends 18.00 Uhr erstreckt. Bei Krankheit und Urlaub sei keine Lohnfortzahlung erfolgt. Er habe alle Tätigkeiten persönlich ausgeführt und habe keine Hilfs- oder Ersatzkräfte ge-stellt. Bei Krankheit oder Urlaub sei seine Tätigkeit von den angestellten Bauleitern übernommen worden. Ein Unterschied zu den angestellten Bauleitern habe lediglich in der Vergütung bestanden. Arbeitsmittel wie Telefon, Fax, Schreibtisch, PC und PKW seien von der Klägerin zur Verfügung gestellt worden. Er habe bei der Klägerin einen festen Büroarbeitsplatz gehabt. Er sei mit einer Firmenvisitenkarte der Klägerin ausgestattet gewesen, in deren Telefonverzeichnis aufgeführt gewesen, habe eine E-Mail-Adresse der Klägerin gehabt und habe an allen Betriebsfeiern teilgenommen. Der Beigeladene zu 1) legte u.a. Stundennachweise, Rechnungen, Visitenkarte und Telefonverzeichnis vor.
Auf Anhörung der Klägerin mit Schreiben der Beklagten vom 12.03.2010 zu der beabsichtigten Feststellung des Vorliegens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nahm diese nicht Stellung.
Die Beklagte stellte mit gegenüber dem Beigeladenen zu 1) erlassenen Bescheid vom 28.04.2010 und gegenüber der Klägerin erlassenen Bescheid vom 12.05.2010 fest, die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden. Sie führte aus, für eine abhängige Beschäftigung sprächen folgende Merkmale: Die Tätigkeit sei am Betriebssitz der Klägerin ausgeübt worden. Es habe ein fester Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden. Der Beigeladene zu 1) sei in der Gestaltung der Arbeitszeit durch die Verfügbarkeit der Arbeitsmittel am Betriebssitz der Klägerin eingeschränkt gewesen. Es sei eine erfolgsunabhängige Vergütung auf Stun-denbasis gezahlt worden. Es seien weder eigenes Kapital noch eigene Betriebsmittel in erheblichem Umfang eingesetzt worden. Das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos sei zu verneinen. Es sei eine Zusammenarbeit mit festangestellten Bauleitern erfolgt. Bei Urlaub oder Krankheit sei der Beigeladene zu 1) von diesen vertreten worden. Der Beige-ladene zu 1) habe die Tätigkeit persönlich ausgeführt. Hilfskräfte seien nicht eingesetzt worden. Er sei ausschließlich im Namen und auf Rechnung der Klägerin tätig gewesen. Nach außen sei er als deren Mitarbeiter erschienen. Im allgemeinen Geschäftsverkehr sei er nicht als selbständig Tätiger wahrgenommen worden. Es hätten in der Ausgestaltung der Tätigkeit keine Unterschiede zu den festangestellten Mitarbeitern bestanden. Wesentliche Merkmale für eine selbständige Tätigkeit seien nicht erkennbar. Die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale überwögen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 08.06.2010 Widerspruch und führte zur Begründung aus, der der Entscheidung der Beklagten zugrunde gelegte Sachverhalt sei offenbar unvollständig. Der Beigeladene zu 1) sei auch für andere Auftraggeber tätig gewesen und habe Gutachten und sonstige architektonische Leistungen gegenüber Dritten erstellt. Er habe auch in seinem Hause eine Büroausstattung gehabt sowie einen eigenen PKW. Die Einbindung des Beigeladenen zu 1) in ihre Betriebsabläufe habe auf den Erfordernissen einer bestmöglichen Erledigung der Arbeiten beruht und der optimalen Kommunikation mit ihren Mitarbeitern gedient. In die Gestaltung des Tagesablaufs sei dem Beigeladenen zu 1) nicht hineingeredet worden. Dieser sei keineswegs von morgens bis abends an dem Schreibtisch in ihrem Hause tätig gewesen, sondern auch im eigenen Büro, auf Baustellen oder an ihr unbekannten Orten. Für Urlaubs- oder Krankheitszeiten sei dem Beigeladenen zu 1) keine Vergütung gezahlt worden, so dass das unternehmerische Risiko allein bei ihm gelegen habe. Eine erfolgsunabhängige Vergütung spreche nicht für eine abhängige Beschäftigung.
Mit Bescheiden vom 17.09.2010 änderte die Beklagte die Bescheide vom 28.04.2010 und 12.05.2010 ab und stellte ergänzend fest, aufgrund der Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) habe vom 01.06.2000 bis zum 18.12.2009 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.12.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Ergänzend zur Begründung im angefochtenen Bescheid führte sie aus, allein eine formale Berechtigung, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, schließe das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus, wenn die persönliche Leistungserbringung die Regel sei. Eine über das Maß einer abhängigen Beschäftigung hinausgehende Verantwortung sei nicht ersichtlich. Gerade bei Diensten höherer Art trete anstelle der Weisungsgebundenheit die funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess. Ein echtes Unternehmerrisiko habe nicht vorgelegen, weil der Beigeladene zu 1) kein eigenes Kapital eingesetzt habe. Die Chance, länger oder mehr zu arbeiten, um so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance eines Unternehmers. Das Einkommensrisiko jedes Beschäftigten sei von einem Unternehmerrisiko zu unterscheiden. Eine Tätigkeit für weitere Auftraggeber ändere nichts an der getroffenen Feststellung, da jedes Auftragsverhältnis gesondert zu beurteilen sei.
Zur Begründung ihrer hiergegen am 24.01.2011 erhobenen Klage wiederholt die Klägerin im Wesentlichen ihre bisherigen Ausführungen.
Mit Schriftsatz vom 21.02.2014 hat die Beklagte den mit der Klage geltend gemachten Anspruch teilweise dahingehend anerkannt, dass sie davon ausgeht, dass Versicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung nicht bestanden hat. Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis mit Schriftsatz vom 06.03.2014 angenommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 12.05.2010 in der Fassung des Bescheides vom 17.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.12.2010 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 21.02.2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Beigeladene zu 1) in seiner vom 01.06.2000 bis zum 18.12.2009 für sie ausgeübten Tätigkeit nicht als abhängig Beschäftigter versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft im Wesentlichen ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Mit Beschluss vom 10.12.2013 hat das Gericht die Beigeladenen gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen. Die Beigeladenen zu 1) und 4) schließen sich der Rechtsauffassung der Beklagten an. Die übrigen Beigeladenen haben keine Stellungnahme abgegeben. Einen Antrag stellt keiner der Beigeladenen.
Vom 01.04.2011 bis zum 24.10.2013 hat das Verfahren auf Antrag der Hauptbeteiligten im Hinblick auf das beim Arbeitsgericht Bielefeld und beim Landesarbeitsgericht Hamm geführte Verfahren geruht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, des Verwaltungsvorgangs der Beklagten und der beigezogenen Akte des Arbeitsgerichts Bielefeld (Az. 4 Ca 3459/09) Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 12.05.2010 in der Fassung des Bescheides vom 17.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.12.2010 in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner vom 01.06.2000 bis zum 18.12.2009 für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit als Architekt und Bauleiter wegen einer abhängigen Be-schäftigung zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig gewesen ist.
Nach § 7a Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) konnten die Klägerin und der Beigeladene zu 1) schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliege, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hätte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet gehabt, was hier nicht der Fall war. Für die Entscheidung über den Antrag war abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV die Beklagte zuständig; sie hatte aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden.
Hiernach ist sie in dem Anfrageverfahren aufgrund der von ihr vorgenommenen Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene zu 1) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Klägerin gestanden hat und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Arbeitslosenversicherung bestanden hat.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetz-buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]) der Versicherungspflicht und Beitragspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. z.B. Urteil vom 28.09.2011, Az. B 12 R 17/09 R m.w.N.).
Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In die-sem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist.
Ausgehend von den soeben dargelegten Grundsätzen überwiegen nach sorgfältiger Betrachtung der einzelnen Merkmale und Indizien nach Auffassung der Kammer vorliegend die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände. Die Kammer sieht von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gem. § 136 Abs. 3 SGG ab und verweist auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, die sie sich zu eigen macht. Lediglich ergänzend ist folgendes auszuführen.
Dass der Beigeladene zu 1) in die Betriebsabläufe der Klägerin eingebunden gewesen ist, ergibt sich bereits - ausdrücklich - aus dem Vorbringen der Klägerin im Widerspruchsverfahren. Daran ändern auch gewisse, nach den vom Vortrag des Beigeladenen zu 1) abweichenden Ausführungen der Klägerin gegebene Freiheiten bei der Arbeitszeitgestaltung nichts.
Außerdem hat der Beigeladene zu 1) weder versicherungspflichtige Arbeitnehmer noch Aushilfen beschäftigt und die Aufträge persönlich ausgeführt. Die von der Klägerin vorgebrachte Möglichkeit des Beigeladenen zu 1), die Aufträge durch Dritte erledigen zu lassen, erscheint rein theoretisch und ist nicht praktiziert worden. Die Organisation einer Vertretung hat der Beigeladenen oblegen und das Vertragsverhältnis ist auch auf Dauer angelegt gewesen. Auch diese Gesichtspunkte sind typisch für eine abhängige Beschäftigung.
Neben der Eingliederung in die Betriebsorganisation der Klägerin ist weiter maßgeblich, dass der Beigeladene zu 1) auch kein wesentlich ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko getragen hat, was ein besonders gewichtiges Entscheidungskriterium darstellt. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist. Der Beigeladene zu 1) erhielt von der Klägerin eine Vergütung nach Arbeitsstunden. Der vereinbarte Stundenlohn enthielt keine Bestandteile, die auch nur ansatzweise auf eine (ggf. geringe) Gewinn- bzw. Umsatzbeteiligung schließen ließen. Anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beigeladene zu 1) das Risiko des Erhalts seiner eigenen Arbeitskraft getragen hat, nur nach tatsächlich gearbeiteten Stunden bezahlt worden ist und ein vertraglicher Urlaubsanspruch sowie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht vereinbart worden waren. Abgesehen davon, dass Entlohnungssysteme dieser Art auch bei abhängig Beschäftigten eingesetzt werden, sind solche Vertragsgestaltungen als typisch anzusehen, wenn eine selbstständige freie Mitarbeit gewollt ist. Letztlich ist dies nicht entscheidend. Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird.
Von der Beurteilung der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung ist auch nicht deshalb abzuweichen, weil der Beigeladene zu 1) neben der Tätigkeit für die Klägerin auch noch für andere Auftraggeber gearbeitet hat. Gegenstand der Klage ist allein die Beurteilung der Tätigkeit bei der Klägerin. Daneben ausgeübte Tätigkeiten haben auf die bei der Klägerin verrichtete Tätigkeit im Hinblick auf die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit keinen Einfluss.
Ein Anhalt für das Vorliegen eines Tatbestandes, der bei der vorliegenden Bejahung einer abhängigen Beschäftigung zur Versicherungsfreiheit führen könnte, besteht nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 und 3, 155 Abs. 1 Sätze 1 und 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Es entspricht nicht der Billigkeit, die Kosten der Beigeladenen der Klägerin und der Beklagten aufzuerlegen, wenn die Beigealdenen keine eigenen (erfolgreichen) Anträge gestellt haben.
Die Entscheidung über den Streitwert stützt sich auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Es ist vom Regel-Streitwert auszugehen. Anhaltspunkte für eine konkrete Bemessung des Streitwerts liegen nicht vor.
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