S 1 U 18/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 1 U 18/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beigeladene zu 2) am 12.09.2008 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Der Kläger teilte der Beigeladenen zu 1) in einer Unfallmeldung vom 08.08.2011 mit, am 12.09.2008 habe sich auf der Reitanlage T-H in F ein Unfall ereignet. Sein Pferd, das er zu dem Zeitpunkt an dem oben genannten Ort in Pension eingestellt habe, sei am Schadenstag durch seine beruflich bedingte Abwesenheit von der Beigeladenen zu 2) freundlicherweise in der Reithalle geführt worden. Das Pferd sei erschrocken, die Beigeladene zu 2) sei gestürzt und habe sich verletzt. Dazu teilte der Kläger später ergänzend, die Beigeladene zu 2) sei aus freundschaftlicher Gefälligkeit für ihn tätig geworden und habe für ihre Tätigkeit kein Geld oder andere Vergünstigungen erhalten. Es habe sich um ein Bekanntschaftsverhältnis innerhalb der Reitgemeinschaft gehandelt.

Die Beigeladene zu 2) teilte der Beklagten mit Schreiben vom 13.02.2012 mit, sie sei unregelmäßig auf Zuruf für den Kläger tätig geworden. Sie habe aus Kameradschaft gehandelt und keine Gegenleistung für ihre Tätigkeit erhalten. Ihre Tätigkeit bis zum Unfall habe circa eine Viertelstunde gedauert, ohne den Unfall hätte sie eine weitere Viertelstunde gedauert. Sie habe aus Gefälligkeit gehandelt, da der Kläger nicht vor Ort gewohnt habe.

Mit Bescheid vom 22.02.2012 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 12.09.2008 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, um einen Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII i.V.m. § 128 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII begründen zu können, werde vorausgesetzt, dass die versicherte Tätigkeit ihrer Art nach arbeitnehmerähnlich sei, d.h. sie müsse unter solchen Umständen geleistet werden, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Arbeitsverhältnisses ähnlich sei. Für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis sei entscheidend, welche Handlungstendenz der Betroffene habe. Diese müsse fremdwirtschaftlich auf die Belange des Unternehmers, hier des Pferdehalters, gerichtet sein. Die zum Unfallzeitpunkt ausgeführte Tätigkeit habe hinsichtlich Art, Umfang und Zeitdauer keine Ähnlichkeit mit einer Tätigkeit aufgrund eines ernstlichen Beschäftigungsverhältnisses. Es liege hier vielmehr eine Tätigkeit vor, die maßgeblich durch die kameradschaftliche Beziehung im Rahmen einer Gefälligkeitsleistung geprägt sei. Die Tätigkeit stelle somit keine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit dar. Die Tätigkeit habe ihr Gepräge im Rahmen der unter Pferdehaltern oder Reittierfreunden üblichen gängigen Hilfeleistungen und Unterstützung gehabt. Damit habe es sich um eine unversicherte Tätigkeit gehandelt.

Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beigeladene zu 2) habe eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VII i.V.m. § 2 Abs. 1 SGB VII verrichtet. Die Beigeladene zu 2) habe auf Abruf für den Kläger das Pferd bewegt. Dies in der Weise, dass sie es entweder in der zur Reitanlage gehörenden Halle an der Leine geführt oder es auf die Weide gebracht habe. Selbst habe sie das Pferd somit nicht geritten. Auch am Unglückstag habe der Kläger die Beigeladene zu 2) darüber unterrichtet, dass er selbst verhindert gewesen sei, sich um das Pferd zu kümmern. Wie üblich habe der Kläger die Beigeladene zu 2) gebeten, auch am Unglückstag das Pferd zu bewegen, was die Beigeladene zu 2) auch getan habe. Damit habe die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2), die in der Bewegung des Pferdes bestanden habe, dem Unternehmen des Klägers gedient im Sinne des § 121 Abs. 1 SGB VII. Sogar die spontane Hilfeleistung sei geeignet, Versicherungsschutz zu begründen. Auch eine geringfügige und kurze Hilfeleistung genüge, ein erheblicher Nutzen werde nicht gefordert. Eine übliche Gefälligkeit oder unter Reitern kurze Hilfeleistung liege hier insbesondere nicht vor. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2) sei vielmehr ausschließlich fremdnützig erfolgt, wenn auch unentgeltlich. Das Tätigwerden der Beigeladenen zu 2) habe auch ausschließlich der Entlastung des Klägers gedient. Wenn dieser keine Zeit gehabt habe, sich um das Tier zu kümmern, sei die Beigeladene zu 2) eingesprungen. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2) sei damit weit über übliche Gefälligkeiten unter Nachbarn, Bekannten oder Freunden, die gegenseitig gewährt werden, hinaus gegangen. Insbesondere sei die Beigeladene zu 2) auch nicht selbst geritten. Es könne also keine Rede davon sein, dass die von der Beigeladenen zu 2) durchgeführte Tätigkeit dem Interesse der Beigeladenen zu 2) gedient habe. Ob sie dabei selbst Freude daran gehabt habe, das Pferd des Klägers im Rahmen ihrer eigenen Freizeitgestaltung zu bewegen, sei dabei völlig unerheblich. Die Motive für eine Tätigkeit seien für deren versicherungsrechtliche Bewertung ohne jeden Belang, es habe sich vorliegend um ständige Leistungen und nicht nur um eine lediglich einmalige Hilfeleistung der Beigeladenen zu 2) gehandelt. Ihre Tätigkeit sei, was sie in jedem Fall als versicherungsrechtlich relevante Tätigkeit auch qualifiziere, auf eine gewisse Dauer angelegt und habe immer wieder zu erfolgen gehabt. Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2) sei so angelegt gewesen, dass sie jeweils auch im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses hätte erbracht werden können. Letztendlich sei die Beigeladene zu 2) wie eine Tierpflegerin für den Kläger tätig geworden, auch wenn sie die Tätigkeit dabei unentgeltlich ausgeübt habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2012 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts stehe ein Tätigwerden aufgrund einer freundschaftlichen Beziehung dem Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII entgegen, soweit es sich um einen aufgrund der konkreten sozialen Beziehung geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst handele. Lediglich Tätigkeiten im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses, die länger andauerten, besonders anstrengend und gefährlich seien, seien versichert. Unter Reitern seien kurze Hilfeleistungen, die maßgeblich durch das kameradschaftliche und gemeinschaftsfördernde, auf Gegenseitigkeit beruhende Verhalten von Reitern untereinander geprägt seien, Teil der reitsportlichen Betätigung und daher durch die gesetzliche Unfallversicherung nicht geschützt. Gefälligkeiten seien also unter Reitern, trotz der jedem Pferd innewohnenden Tiergefahr, nicht ohne das Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte im Einzelfall, als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VII anzusehen (OLG Celle vom 14.02.2011 - 20 U 35/10 -). Bei lebensnaher Betrachtung habe zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) ein reines Gefälligkeitsverhältnis bestanden, innerhalb dessen die Beigeladene zu 2) ausschließlich kurze und unter Pferdefreunden als geringfügig zu betrachtende Tätigkeiten fast ohne jeden Marktwert ausgeübt habe. Die Beigeladene zu 2) habe das zu privaten Zwecken gehaltene Pferd des Klägers unregelmäßig, freiwillig und unentgeltlich auf die Weide bzw. in die Halle geführt, und zwar, wenn der Kläger verhindert gewesen sei, und dies nur auf Zuruf, ohne vorherige Absprache hinsichtlich eines längeren Zeitraumes und ohne jede Verbindlichkeit. Zeitlich gesehen hätte die Beigeladene zu 2) hierfür insgesamt circa 30 Minuten aufgewendet. Darüber hinaus spreche schon die Tatsache, dass die Beigeladene zu 2) freiwillig und unentgeltlich tätig geworden sei, gegen eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit, denn Arbeitnehmer handelten im Allgemeinen nach Aufforderung und nur gegen Entgelt oder sonstige materielle Vorteile. Davon sei vorliegend nach den übereinstimmenden Angaben des Klägers und der Beigeladenen zu 2) keine Rede gewesen. Auch habe zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) kein arbeitnehmerähnliches Über-/Unterordnungsverhältnis bestanden. Überdies sei die Beigeladene zu 2) während ihrer Tätigkeit nicht dergestalt in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen, dass sie nach Art, Ort, Dauer und Zeit der Ausübung weisungsgebunden agiert habe. Vielmehr habe die Beigeladene zu 2) mangels rechtlicher Bindung ihre Hilfeleistung jederzeit einstellen können oder diese auch gar nicht erst aufnehmen müssen.

Hiergegen hat der Kläger am 18.01.2013 Klage erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und ergänzend vorgetragen, die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2) habe ausschließlich ihm gedient, dessen Pferd gepflegt und betreut worden sei. Es habe hier auch kein aufgrund der konkreten sozialen Beziehungen geradezu selbstverständlicher Hilfsdienst der Beigeladenen zu 2) vorgelegen. Konkrete soziale Beziehungen zwischen ihm und der Beigeladenen zu 2) seien in keiner Weise eng gewesen. Es bestehe keinerlei Verwandtschaftsverhältnis, die Beigeladene zu 2) habe im Rahmen ihrer Anhörung nicht einmal eine Freundschaft bekundet, vielmehr lediglich eine Bekanntschaft. Es gebe auch keinerlei Verbindungen über den Reitverein. Die sozialen Beziehungen zwischen ihm und der Beigeladenen zu 2) lägen auf unterster, von der Beklagten abgefragter Stufe. Auf dieser Stufe könnten allerhöchstens die geringfügigsten Hilfs- bzw. Unterstützungsleistungen "als selbstverständliche Hilfsdienste" angenommen werden. Es habe eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB VII vorgelegen.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2012 zu verurteilen, den Unfall der Beigeladenen zu 2) vom 12.09.2008 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, die angefochtene Verwaltungsentscheidung entspreche der Sach- und Rechtslage und sei nicht zu beanstanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte 6 O 191/09 (Landgericht Hannover), 20 U 35/10 (OLG Celle), VI ZR 66/11 (Bundesgerichtshof) sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da der Sachverhalt geklärt war und die Streitsache auch keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufwies.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Kläger konnte anstelle der Beigeladenen zu 2) die Feststellung begehren, ob ein Arbeitsunfall vorliegt. § 109 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch ( SGB VII) räumt dem Kläger eine Antrags- und Klagebefugnis zur Feststellung eines Versicherungsfalles ein. Nach dieser Vorschrift können Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist und von denen der Verletzte Schadensersatz fordert, statt des Berechtigten die Feststellung nach § 108 SGB VII beantragen und das entsprechende Verfahren vor dem Sozialgericht betreiben. Die Beigeladene zu 2) nimmt den Kläger wegen eines Personenschadens zivilrechtlich in Anspruch. Eine Haftung des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 2) kommt nur dann in Betracht, wenn der Unfall der Beigeladenen zu 2) kein Arbeitsunfall war. Der Kläger ist daher durch die ablehnende Entscheidung der Beklagten beschwert und nach § 109 SGB VII feststellungsberechtigt und prozessführungsbefugt.

Der angefochtene Bescheid vom 22.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2012 ist rechtmäßig.

Die Beklagte hat die Anerkennung des Ereignisses vom 12.09.2008 als Arbeitsunfall zu Recht abgelehnt.

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind kraft Gesetzes versichert Beschäftigte. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind ferner Personen versichert, die wie ein nach Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherter tätig werden.

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Das Gericht stellt zunächst fest, dass es der Begründung des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2012 folgt und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 136 Abs. 3 SGG).

Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII scheidet - wie unstreitig - mangels eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) aus.

Entgegen der Auffassung des Klägers war die Beigeladene zu 2) auch nicht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII gegen Arbeitsunfälle versichert.

Der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) folgend, legt das Gericht die Vorschrift des § 2 Abs. 2 SGB VII ebenso wie die Vorgängervorschrift des § 539 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) dahingehend aus, dass aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen Versicherungsschutz auch dann gewährt werden soll, wenn die Voraussetzungen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht vollständig erfüllt sind und bei einer ggfs. nur vorübergehenden Tätigkeit die Grundstruktur eines Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist. Dies kommt in Betracht, wenn eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert vorliegt, die von der Handlungstendenz her einem fremden Unternehmen dienen soll, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht, einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist und nicht auf einer Sonderbeziehung zum Unternehmer z.B. als Familienangehöriger oder als Vereinsmitglied beruht (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.2005 - B 2 U 35/04 R - m.w.N.; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 30.09.2011 - L 4 U 685/10 -; vom 28.02.2011 - L 4 U 484/10 -, vom 03.09.2010 - L 4 U 140/09 - und vom 02.03.2007 - L 4 U 47/06 -). Bei Gefälligkeitsleistungen, die ihr gesamtes Gepräge durch ein verwandtschaftliches oder ein freundschaftliches Verhältnis zwischen den beteiligten Personen erhalten, besteht kein Versicherungsschutz. Dabei sind die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beachten, insbesondere Art, Umfang und Zeitdauer der verrichteten Tätigkeit sowie die Intensität der tatsächlichen verwandtschaftlichen bzw. freundschaftlichen Beziehung. Je enger eine Gemeinschaft ist, umso größer wird regelmäßig der Rahmen sein, innerhalb dessen bestimmte Tätigkeiten ihr Gepräge daraus erhalten. Dabei können im Rahmen eines engsten verwandtschaftlichen bzw. freundschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses auch Tätigkeiten von erheblichem Umfang und größerer Zeitdauer diesem Gemeinschaftsverhältnis ihr Gepräge geben (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.01.2009 - L 31 U 369/08 - m.w.N.). Nach der Rechtsprechung besteht keine feste Stundengrenze für die Beurteilung einer Versicherungspflicht bei Gefälligkeitsdiensten (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 28.05.2008 - L 2 U 28/08 -). Als Kriterien kommen insbesondere in Betracht, ob eine besonders nahe verwandtschaftliche oder freundschaftliche Beziehung besteht, in häuslicher Gemeinschaft gelebt wird, besondere Fachkenntnisse bestehen, eine gefährliche, anstrengende oder längerdauernde Tätigkeit verrichtet, bzw. ob aufgrund konkreter sozialer Beziehungen ein geradezu selbstverständlicher Hilfsdienst geleistet wird. Nicht arbeitnehmerähnlich sind auf Kameradschaft und Gegenseitigkeit beruhende kleinere Handreichungen (vgl. zum Vorstehenden: LSG NRW, Urteil vom 30.09.2011 - L 4 U 685/10 -).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung sind die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII hier bereits deshalb nicht erfüllt, weil es sich bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 2) für den Kläger um eine Gefälligkeitsleistung aufgrund einer zwischen den beiden bestehenden Sonderbeziehung handelte. Zwar bestand zwischen der Beigeladenen zu 2) und dem Kläger kein verwandtschaftliches Verhältnis, wohl aber eine gute Bekanntschaft innerhalb einer Reitgemeinschaft. Diese ist für die von der Beigeladenen zu 2) verrichtete Tätigkeit im Sinne einer Gefälligkeitsleistung prägend gewesen.

Die Sonderbeziehung bestand im September 2008 darin, dass der Kläger und die Beigeladene zu 2) Mitglieder einer Reitgemeinschaft waren, die sich regelmäßig einmal in der Woche und außerdem auch am Wochenende im Kasino der Reitanlage T-H getroffen hat. Nach den Angaben des Klägers im Termin am 28.10.2014 haben sich in dem Kasino etwa zehn ehemalige bzw. aktuelle Reiter getroffen. Der Kläger war nach seinen Angaben mit der Beigeladenen zu 2) bekannt, wie man andere Leute im Sportverein kennt, er hat die Beigeladene geduzt, wie sich auch alle Reiter untereinander geduzt haben, und er hat die Beigeladene zu 2) auch zu privaten Feiern eingeladen. Die Reitgemeinschaft war nach den Angaben des Klägers dadurch geprägt, dass man sich untereinander bei der Pflege der Pferde geholfen hat. So hat der Kläger angegeben, es sei in einer Reitgemeinschaft üblich, dass man sich untereinander aushilft, wenn jemand z.B. nicht kann und ein Pferd bewegt werden muss. Er sei auch schon einmal von anderen Reitern angerufen und gefragt worden, ob er deren Pferd bewegen könne und er habe dies auch gemacht, wenn er gerade Zeit gehabt habe. Er habe auch andere Reiter außer der Beigeladenen gefragt, ob diese bereit seien, sein Pferd zu bewegen. Bereits aus diesen Angaben des Klägers wird deutlich, dass das Bewegen von Pferden durch andere Mitglieder der Reitgemeinschaft üblich war. Der Kläger hat insoweit auch ausdrücklich angegeben, die Beigeladene zu 2) habe kein Geld von ihm bekommen, weil sie eine Tätigkeit ausgeübt habe, die man aus Gefälligkeit tue. Ein Pferd müsse nun einmal bewegt werden, und wer ein Pferd liebe, der sehe dies auch, und der sei auch bereit, das Pferd eines anderen zu bewegen. Das sei eine Selbstverständlichkeit für Reiter. In der Sparte Sport sei es eben so, dass man sich gegenseitig hilft. Diese Angaben des Klägers stimmen überein mit den Angaben der Beigeladenen zu 2) im Termin am 28.10.2014. Die Beigeladene zu 2) hat bekundet, sie habe sich um das Pferd des Klägers gekümmert, weil das unter Reitern so üblich sei und man dies einfach mache. Eine Gegenleistung für das Bewegen des Pferdes habe sie von dem Kläger nie bekommen, sie habe eine solche Gegenleistung auch nie verlangt oder erwartet, weil man dies einfach tue unter Reitern.

Bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 2) hat es sich somit nach der übereinstimmenden Auffassung des Klägers und der Beigeladenen zu 2) um eine Tätigkeit aus Gefälligkeit bzw. um eine Selbstverständlichkeit unter Reitern gehandelt und somit um einen aufgrund der bestehenden sozialen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) geradezu selbstverständlichen Hilfsdienst, so dass eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII hier nicht festgestellt werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
Rechtskraft
Aus
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