Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 18 P 143/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Wohngruppenzuschlages nach § 38a Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) streitig.
Die 1937 geborene Klägerin ist bei der Beklagten pflegepflichtversichert. Die Klägerin wohnt seit Ende Januar 2011 in der Hausgemeinschaft N-Straße 00 in H. Zwischen der Klägerin und dem Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. ist eine so genannte Nutzungs- und Betreuungsvereinbarung geschlossen worden. Ausweislich der Ziffer 1) dieser Vereinbarung wird durch die Vereinbarung kein Mietverhältnis im üblich rechtlichen Sinn geschlossen. Aus der Nutzung- und Betreuungsvereinbarung ergibt sich u.a. die Höhe der von der Klägerin für die von ihr bewohnte Wohneinheit zu zahlende Nutzungsentschädigung sowie die Verpflichtung zur Zahlung einer Kaution in Höhe von drei Nettokaltmieten.
Weiterhin schloss die Klägerin mit dem Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. einen Hausgemeinschaftsvertrag. Ausweislich des § 1 des Vertrages wird der abgeschlossene Mietvertrag für die Wohnung Bestandteil dieses Vertrages. Weiterhin verpflichtet sich der Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. dazu, direkte mittelbare und indirekte Versorgungspflege- und Betreuungsleistungen für die Klägerin zu erbringen.
Unter § 6 Ziffer 2 des Vertrages ist geregelt, dass, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der pflegebedürftige Bewohner aufgrund der Entwicklung seines Zustandes einer höheren Pflegestufe zuzuordnen ist, er auf schriftliche Aufforderung der Einrichtung verpflichtet sei, bei seiner Pflegekasse die Zuordnung zu einer höheren Pflegestufe zu beantragen. Weigere sich der Bewohner, diesen Antrag zu stellen, könne die Einrichtung ihm oder seinem Kostenträger ab dem ersten Tage des zweiten Monats nach der Aufforderung vorläufig den Pflegesatz nach der nächsthöheren Pflegeklasse berechnen.
Für die weiteren Einzelheiten des Hausgemeinschaftsvertrages sowie der Nutzungs- und Betreuungsvereinbarung wird auf die Seiten 23-34 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Auf Antrag der Klägerin hin bewilligte die Beklagte ihr einen Wohngruppenzuschlag ab Januar 2013 in Höhe von 200,00 EUR (Bescheid vom 19.03.2013).
Im Rahmen des der Bewilligung zugrundeliegenden Antrages gab die Klägerin an, dass weitere 14 Personen in der gemeinsamen Wohnung wohnen würden, von denen ebenfalls 13 pflegebedürftig seien und sie den ambulanten Pflegedienst habe frei wählen können.
Im August 2013 hörte die Beklagte die Klägerin zu einer beabsichtigten Aufhebung des Wohngruppenzuschlages an, da die Hausgemeinschaft durch den Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. betrieben werde, der Vermieter und zugleich Pflegedienstleister sei. Daher sei keine freie Wählbarkeit des ambulanten Pflegedienstes gegeben.
Mit Bescheid vom 10.09.2013 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 19.03.2013 gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf. Dies begründete sie damit, dass eine Leistungsgewährung nicht hätte erfolgen dürfen, da durch den Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. sowohl der Mietvertrag über das Zimmer, als auch der Vertrag über die ambulante Pflegeleistung geschlossen werde. Daher sei die freie Wählbarkeit eines Pflegedienstes tatsächlich eingeschränkt und es handele sich nicht um eine selbstbestimmte ambulante betreute Wohngemeinschaft im Sinn des Gesetzes. Zwar komme es durch die Rücknahme des Bescheides zu einer Vermögenseinbuße bei der Klägerin, jedoch sei hierbei auch zu prüfen, inwieweit das öffentliche Interesse an einer Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes höher zu bewerten sei als das Interesse der Klägerin an der Weitergewährung der Leistungen. Da Dauerleistungen die Solidargemeinschaft stärker belasten als einmalige Leistungen, sei das Interesse der Versicherten an einer zweckgerichteten Mittelverwendung in diesem Fall höher zu bewerten. Aus diesem Grund sei man nicht in der Lage, eine für die Klägerin günstigere Entscheidung herbeizuführen.
Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch erhoben.
Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2014 als unbegründet zurück. Dies begründete sie damit, dass die Voraussetzungen für die Gewährung des Wohngruppenzuschlages nach § 38a SGB XI nicht vorliegen würden. Der Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. sei gleichzeitig Vermieter und auch Pflegedienst, daher sei davon auszugehen, dass aufgrund der rechtlichen und/oder tatsächlichen rechtlichen und/oder wirtschaftlichen Abhängigkeit zwischen Vermietung und Pflegedienst zumindest eine tatsächliche Einschränkung der freien Wählbarkeit der Bewohner auf die Pflege- und Betreuungsleistungen vorliege. Daher könne nur theoretisch nicht aber praktisch ein anderer Dienst mit der Betreuung und/oder Pflege unter Beibehaltung des bewohnten Zimmers beauftragt werden. Hierfür spreche auch, dass im Hausgemeinschaftsvertrag geregelt sei, dass der Mietvertrag Bestandteil des Pflege- und Betreuungsvertrages werde. Der bewilligende Verwaltungsakt vom 19.03.2013 könne daher nach § 45 SGB X zurückgenommen werden. Eine Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft sei möglich, da kein schutzwürdiges Vertrauen bestehe. Ein Verbrauch der Pflegeleistung für die Zukunft sei nicht erkennbar, da Leistungen für die Zeit nach Aufhebung nicht erbracht wurden. Auch sei nicht ersicht-lich, dass eine Vermögensdisposition getroffen wurde, die nicht oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden könne. Das ihr zustehende Ermessen habe die Beklagte ausgeübt. Sie habe bei allen ihren Entscheidungen das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu beachten. Sie dürfe nicht gegen das Gerechtigkeitsgebot und Willkürverbot verstoßen. Im Hinblick auf die Belastung der Versichertengemeinschaft habe die Beklagte dafür Sorge zu tragen, dass Anträge auf Leistungen nur bewilligt werden, als deren Voraussetzungen vorliegen. Die Vermögenseinbuße bei der Klägerin werde bei einer Dauerleistung durch das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes überwogen. Die Dauerleistung belaste die Solidargemeinschaft grundsätzlich stärker als eine einmalige Leistung. Auch lege der Gleichbehandlungsgrundsatz nahe, den Bewilligungsbescheid aufzuheben. Daher müsse das Interesse der Klägerin am Bestand der Bewilligung hinter dem öffentlichen Interesse an dessen Aufhebung zurücktreten. Aus diesem Grunde sei eine Entscheidung zu Gunsten der Klägerin nicht herbeizuführen.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für den Zuschlag vorliegen würden. Insbesondere seien die Verträge separat kündbar.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid vom 10.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass die angefochtene Entscheidung rechtmäßig sei. Hierzu nimmt sie Bezug auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Auch sei die Gesetzesänderung ab Januar 2015 zu berücksichtigen, wonach Wohngruppen für eine Leistungsgewährung zwischen 3 bis maximal 12 Personen groß sein dürften. Auch verfügten die Zimmer lt. der Beschreibung der Wohngruppen im Internet über ein eigenes Bad. Bei Appartements einer Wohnanlage liege keine gemeinsame Wohnung im Sinn der Vorschriften über den Wohngruppenzuschlag vor.
Das Gericht hat eine schriftliche Auskunft vom Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. eingeholt. Hiernach lebten 15 Personen in der Hausgemeinschaft unverändert seit Oktober 2013. Für alle Personen würden durch den Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. Pflegeleistungen erbracht. Es sei kein anderer Anbieter tätig. Bei Abschluss des Mietvertrages würde grundsätzlich auch der Abschluss eines Pflege- und Betreuungsvertrages mit angeboten.
Für die weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten. Dieser lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte auch in Abwesenheit der Klägerin und ihrer Betreuerin verhandeln und entscheiden, da die Klägerin ordnungsgemäß geladen wurde und mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 110 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 10.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2014 ist rechtmäßig sowie ermessensfehlerfrei und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten im Sinn von § 54 Abs. 2 Satz 1 und 2 (SGG).
Die Beklagte hat ermessensfehlerfrei ihren Bewilligungsbescheid vom 19.03.2013 mit Wirkung für die Zukunft ab dem 01.10.2013 zurückgenommen.
Die erforderliche Anhörung der Klägerin (§ 24 SGB X) vor der Entscheidung der Beklagten ist erfolgt.
Die Voraussetzungen für eine Rücknahme gem. § 45 Abs. 1 SGB X lagen vor. Gem. § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich er-heblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann.
Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 19.03.2013 war rechtswidrig, da die Voraussetzungen für die Gewährung des Wohngruppenzuschlages gem. § 38a SGB XI a.F. von Anfang an nicht vorlagen. Die Klägerin erfüllte die notwendigen Anspruchsvoraussetzun-gen des § 38a a.F. nicht. Prüfungsmaßstab für die Frage der Rechtswidrigkeit ist allein der § 38 a SGB XI a.F., da im Rahmen der Anfechtungsklage gegen die Rücknahmeentscheidung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. A. 2012, § 54 Rn. 33).
Es kann hierbei offenbleiben, ob die Voraussetzungen des § 38a Abs. 1 SGB XI a.F. vorgelegen haben, da jedenfalls aufgrund von § 38a Abs. 2 Satz 1 SGB XI a.F. ein Anspruch der Klägerin ausgeschlossen war und daher eine Bewilligung nicht hätte erfolgen dürfen. Gemäß § 38a Abs. 2 Satz 1 SGB XI a.F. liegt keine ambulante Versorgungsform im Sinn des Abs. 1 vor, wenn die freie Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen rechtlich oder tatsächlich eingeschränkt ist. Dies ist im Fall der Klägerin gegeben. Vorliegend liegt nämlich eine tatsächliche Einschränkung der freien Wählbarkeit der Pflege- und Be-treuungsleistungen vor. Die freie Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen erfordert bezogen auch den Wohn- sowie den Pflegebereich eine klare Aufgabentrennung. Es ist insofern nicht zulässig, dass derselbe Träger, welcher den Wohnraum beschafft, orga-nisiert und verwaltet, dies damit verbindet, dass durch ihn auch die Pflege- und Betreuungsleistungen erfolgen müssen. Diese Einschränkung beruht auf den Ergebnissen von früheren Modellprojekten, die als Grundprinzip für die von § 38a SGB XI a.F. erfassten Wohngemeinschaften aufgenommen hatten, dass die Bewohner eigenständige Mieter sind, eine strikte Trennung von Miet- und Pflegevertrag erfolgt sowie dass es sich bei den Pflegeanbietern und dem Vermieter um getrennte juristische Personen handeln solle (so Behrend in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 1. Aufl., 2014, § 38a Rd.-Nrn. 25-26). Im Fall der Klägerin ist es gerade so, dass durch den Vermieter auch die Pflegeleistungen in der Wohngruppe erbracht werden. Zwar sieht die Nutzungs- und Betreuungsvereinbarung keine ausdrückliche Verpflichtung zum Abschluss eines Betreuungs- und Pflegevertrages mit dem Vermieter vor. Jedoch ist die vorliegende Situation ausreichend, um eine tatsächliche Einschränkung der freien Wählbarkeit des Anbieters der Pflege- und Betreuungsleistungen anzunehmen. Dies zeigt sich bereits dadurch, dass nach § 1 des Hausgemeinschaftsvertrages der geschlossene Mietvertrag Bestandteil des Hausgemeinschaftsvertra-ges wird. Eine solche Einbeziehung ist lediglich möglich, da an den beiden Verträgen dieselben Personen beteiligt sind. Hierdurch zeigt sich bereits ein enger Zusammenhang der nach der Grundintention des § 38a SGB XI getrennten Bereiche des Wohnens und der Pflege. Die tatsächliche Einschränkung der freien Wählbarkeit im Sinn von § 38a Abs. 2 Satz 1 SGB XI a.F. bestätigt sich auch dadurch, dass ausweislich der schriftlich durch das Gericht eingeholten Stellungnahme des Pflege- und Betreuungsdienstleisters/Vermieters der Klägerin seit Oktober 2013 die von der Klägerin bewohnte Hausgemeinschaft von insgesamt 15 Personen bewohnt wurde, und für alle 15 Personen auch Pflegedienstleistungen durch den Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. erbracht wurden. Auch ist es nach den Angaben des Pflegedienstanbieters/Vermieters so, dass bei Abschluss eines Mietvertrages zugleich auch der Abschluss eines Pflege- und Betreuungsvertrages angeboten wird. Dies spricht für die Annahme der Einschränkung der freien Wählbarkeit im Sinn von § 38a Abs. 2 Satz 1 SGB XI a.F. Dies wird auch durch die Regelung in § 6 Satz 2 des Hausgemeinschaftsvertrages bestätigt. Die dortige Regelung zur Pflicht der Beantragung einer höheren Pflegestufe für die Klägerin und des Rechts des Pflegedienstes eine vorläufig höhere Vergütung zu berechnen, wenn die Beantragung nicht erfolgt, entspricht nicht den üblichen vertraglichen Bestimmungen in der ambulanten Pflege. Vielmehr stellt dies eine Regelung dar, wie sie in der stationären Pflege üblich ist.
Dieses Ergebnis wird auch dadurch bestätigt, dass eine ambulant betreute Wohngemeinschaft im Sinne von § 38a Abs. 1 Nr. 1 SGB XI a.F. dahingehend verstanden wird, dass eine kleinere Gruppe pflegebedürftiger bzw. hilfebedürftiger älterer Menschen als Mieter in einer normalen Wohnung oder einem Haus, überwiegend in bestehenden Wohngebäuden zusammen lebt (so Behrend a.a.O., Rd.-Nr. 15). Vorliegend stellt sich die von der Klägerin bewohnte Wohngruppe vielmehr dergestalt dar, dass sie von einem Anbieter als Kombi-nation aus Wohnung und Pflegedienstleistung angeboten wird. Hieraus ergibt sich jedenfalls eine tatsächlich wirkende Kopplung des Verhältnisses von Vermieter und Pflegedienstanbieter. Eben eine solche Konstellation sollte durch den Ausschluss nach § 38a Abs. 2 Satz 1 SGB XI a.F. ausdrücklich vom Leistungsanspruch ausgeschlossen werden.
Der Rücknahme steht auch kein Vertrauensschutz entgegen. Da lediglich eine Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft erfolgte hat die Klägerin die Leistungen noch nicht erhalten und verbrauchen können. Auch eine getroffene Vermögensdisposition steht der Rücknahme nicht entgegen, da eine solche nur dann geschützt ist, wenn sie nach Erlass des Bewilligungsbescheides im Vertrauen auf dessen Bestand getroffen wurde (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. A. 2010, § 45 Rn. 45). Hier hat die Klägerin ihre Verträge mit dem Verein Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. jedoch bereits vorher geschlossen und nicht im Hinblick auf die Bewilligungsentscheidung.
Die Rücknahmeentscheidung der Beklagten erfolgte schließlich auch ermessensfehlerfrei. Das bestehende Ermessen hat die Beklagte erkannt und sowohl im Rahmen des Rücknahmebescheides als auch im Widerspruchsbescheid ausgeübt. Anhaltspunkte für einen Ermessensfehlgebrauch liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Wohngruppenzuschlages nach § 38a Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) streitig.
Die 1937 geborene Klägerin ist bei der Beklagten pflegepflichtversichert. Die Klägerin wohnt seit Ende Januar 2011 in der Hausgemeinschaft N-Straße 00 in H. Zwischen der Klägerin und dem Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. ist eine so genannte Nutzungs- und Betreuungsvereinbarung geschlossen worden. Ausweislich der Ziffer 1) dieser Vereinbarung wird durch die Vereinbarung kein Mietverhältnis im üblich rechtlichen Sinn geschlossen. Aus der Nutzung- und Betreuungsvereinbarung ergibt sich u.a. die Höhe der von der Klägerin für die von ihr bewohnte Wohneinheit zu zahlende Nutzungsentschädigung sowie die Verpflichtung zur Zahlung einer Kaution in Höhe von drei Nettokaltmieten.
Weiterhin schloss die Klägerin mit dem Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. einen Hausgemeinschaftsvertrag. Ausweislich des § 1 des Vertrages wird der abgeschlossene Mietvertrag für die Wohnung Bestandteil dieses Vertrages. Weiterhin verpflichtet sich der Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. dazu, direkte mittelbare und indirekte Versorgungspflege- und Betreuungsleistungen für die Klägerin zu erbringen.
Unter § 6 Ziffer 2 des Vertrages ist geregelt, dass, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der pflegebedürftige Bewohner aufgrund der Entwicklung seines Zustandes einer höheren Pflegestufe zuzuordnen ist, er auf schriftliche Aufforderung der Einrichtung verpflichtet sei, bei seiner Pflegekasse die Zuordnung zu einer höheren Pflegestufe zu beantragen. Weigere sich der Bewohner, diesen Antrag zu stellen, könne die Einrichtung ihm oder seinem Kostenträger ab dem ersten Tage des zweiten Monats nach der Aufforderung vorläufig den Pflegesatz nach der nächsthöheren Pflegeklasse berechnen.
Für die weiteren Einzelheiten des Hausgemeinschaftsvertrages sowie der Nutzungs- und Betreuungsvereinbarung wird auf die Seiten 23-34 der Verwaltungsakte Bezug genommen.
Auf Antrag der Klägerin hin bewilligte die Beklagte ihr einen Wohngruppenzuschlag ab Januar 2013 in Höhe von 200,00 EUR (Bescheid vom 19.03.2013).
Im Rahmen des der Bewilligung zugrundeliegenden Antrages gab die Klägerin an, dass weitere 14 Personen in der gemeinsamen Wohnung wohnen würden, von denen ebenfalls 13 pflegebedürftig seien und sie den ambulanten Pflegedienst habe frei wählen können.
Im August 2013 hörte die Beklagte die Klägerin zu einer beabsichtigten Aufhebung des Wohngruppenzuschlages an, da die Hausgemeinschaft durch den Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. betrieben werde, der Vermieter und zugleich Pflegedienstleister sei. Daher sei keine freie Wählbarkeit des ambulanten Pflegedienstes gegeben.
Mit Bescheid vom 10.09.2013 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 19.03.2013 gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf. Dies begründete sie damit, dass eine Leistungsgewährung nicht hätte erfolgen dürfen, da durch den Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. sowohl der Mietvertrag über das Zimmer, als auch der Vertrag über die ambulante Pflegeleistung geschlossen werde. Daher sei die freie Wählbarkeit eines Pflegedienstes tatsächlich eingeschränkt und es handele sich nicht um eine selbstbestimmte ambulante betreute Wohngemeinschaft im Sinn des Gesetzes. Zwar komme es durch die Rücknahme des Bescheides zu einer Vermögenseinbuße bei der Klägerin, jedoch sei hierbei auch zu prüfen, inwieweit das öffentliche Interesse an einer Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes höher zu bewerten sei als das Interesse der Klägerin an der Weitergewährung der Leistungen. Da Dauerleistungen die Solidargemeinschaft stärker belasten als einmalige Leistungen, sei das Interesse der Versicherten an einer zweckgerichteten Mittelverwendung in diesem Fall höher zu bewerten. Aus diesem Grund sei man nicht in der Lage, eine für die Klägerin günstigere Entscheidung herbeizuführen.
Hiergegen hat die Klägerin Widerspruch erhoben.
Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2014 als unbegründet zurück. Dies begründete sie damit, dass die Voraussetzungen für die Gewährung des Wohngruppenzuschlages nach § 38a SGB XI nicht vorliegen würden. Der Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. sei gleichzeitig Vermieter und auch Pflegedienst, daher sei davon auszugehen, dass aufgrund der rechtlichen und/oder tatsächlichen rechtlichen und/oder wirtschaftlichen Abhängigkeit zwischen Vermietung und Pflegedienst zumindest eine tatsächliche Einschränkung der freien Wählbarkeit der Bewohner auf die Pflege- und Betreuungsleistungen vorliege. Daher könne nur theoretisch nicht aber praktisch ein anderer Dienst mit der Betreuung und/oder Pflege unter Beibehaltung des bewohnten Zimmers beauftragt werden. Hierfür spreche auch, dass im Hausgemeinschaftsvertrag geregelt sei, dass der Mietvertrag Bestandteil des Pflege- und Betreuungsvertrages werde. Der bewilligende Verwaltungsakt vom 19.03.2013 könne daher nach § 45 SGB X zurückgenommen werden. Eine Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft sei möglich, da kein schutzwürdiges Vertrauen bestehe. Ein Verbrauch der Pflegeleistung für die Zukunft sei nicht erkennbar, da Leistungen für die Zeit nach Aufhebung nicht erbracht wurden. Auch sei nicht ersicht-lich, dass eine Vermögensdisposition getroffen wurde, die nicht oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden könne. Das ihr zustehende Ermessen habe die Beklagte ausgeübt. Sie habe bei allen ihren Entscheidungen das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu beachten. Sie dürfe nicht gegen das Gerechtigkeitsgebot und Willkürverbot verstoßen. Im Hinblick auf die Belastung der Versichertengemeinschaft habe die Beklagte dafür Sorge zu tragen, dass Anträge auf Leistungen nur bewilligt werden, als deren Voraussetzungen vorliegen. Die Vermögenseinbuße bei der Klägerin werde bei einer Dauerleistung durch das öffentliche Interesse an der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes überwogen. Die Dauerleistung belaste die Solidargemeinschaft grundsätzlich stärker als eine einmalige Leistung. Auch lege der Gleichbehandlungsgrundsatz nahe, den Bewilligungsbescheid aufzuheben. Daher müsse das Interesse der Klägerin am Bestand der Bewilligung hinter dem öffentlichen Interesse an dessen Aufhebung zurücktreten. Aus diesem Grunde sei eine Entscheidung zu Gunsten der Klägerin nicht herbeizuführen.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für den Zuschlag vorliegen würden. Insbesondere seien die Verträge separat kündbar.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid vom 10.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, dass die angefochtene Entscheidung rechtmäßig sei. Hierzu nimmt sie Bezug auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Auch sei die Gesetzesänderung ab Januar 2015 zu berücksichtigen, wonach Wohngruppen für eine Leistungsgewährung zwischen 3 bis maximal 12 Personen groß sein dürften. Auch verfügten die Zimmer lt. der Beschreibung der Wohngruppen im Internet über ein eigenes Bad. Bei Appartements einer Wohnanlage liege keine gemeinsame Wohnung im Sinn der Vorschriften über den Wohngruppenzuschlag vor.
Das Gericht hat eine schriftliche Auskunft vom Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. eingeholt. Hiernach lebten 15 Personen in der Hausgemeinschaft unverändert seit Oktober 2013. Für alle Personen würden durch den Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. Pflegeleistungen erbracht. Es sei kein anderer Anbieter tätig. Bei Abschluss des Mietvertrages würde grundsätzlich auch der Abschluss eines Pflege- und Betreuungsvertrages mit angeboten.
Für die weiteren Einzelheiten wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges der Beklagten. Dieser lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte auch in Abwesenheit der Klägerin und ihrer Betreuerin verhandeln und entscheiden, da die Klägerin ordnungsgemäß geladen wurde und mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde (§ 110 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 10.09.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2014 ist rechtmäßig sowie ermessensfehlerfrei und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten im Sinn von § 54 Abs. 2 Satz 1 und 2 (SGG).
Die Beklagte hat ermessensfehlerfrei ihren Bewilligungsbescheid vom 19.03.2013 mit Wirkung für die Zukunft ab dem 01.10.2013 zurückgenommen.
Die erforderliche Anhörung der Klägerin (§ 24 SGB X) vor der Entscheidung der Beklagten ist erfolgt.
Die Voraussetzungen für eine Rücknahme gem. § 45 Abs. 1 SGB X lagen vor. Gem. § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich er-heblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gem. § 45 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann.
Der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 19.03.2013 war rechtswidrig, da die Voraussetzungen für die Gewährung des Wohngruppenzuschlages gem. § 38a SGB XI a.F. von Anfang an nicht vorlagen. Die Klägerin erfüllte die notwendigen Anspruchsvoraussetzun-gen des § 38a a.F. nicht. Prüfungsmaßstab für die Frage der Rechtswidrigkeit ist allein der § 38 a SGB XI a.F., da im Rahmen der Anfechtungsklage gegen die Rücknahmeentscheidung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung abzustellen ist (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. A. 2012, § 54 Rn. 33).
Es kann hierbei offenbleiben, ob die Voraussetzungen des § 38a Abs. 1 SGB XI a.F. vorgelegen haben, da jedenfalls aufgrund von § 38a Abs. 2 Satz 1 SGB XI a.F. ein Anspruch der Klägerin ausgeschlossen war und daher eine Bewilligung nicht hätte erfolgen dürfen. Gemäß § 38a Abs. 2 Satz 1 SGB XI a.F. liegt keine ambulante Versorgungsform im Sinn des Abs. 1 vor, wenn die freie Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen rechtlich oder tatsächlich eingeschränkt ist. Dies ist im Fall der Klägerin gegeben. Vorliegend liegt nämlich eine tatsächliche Einschränkung der freien Wählbarkeit der Pflege- und Be-treuungsleistungen vor. Die freie Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen erfordert bezogen auch den Wohn- sowie den Pflegebereich eine klare Aufgabentrennung. Es ist insofern nicht zulässig, dass derselbe Träger, welcher den Wohnraum beschafft, orga-nisiert und verwaltet, dies damit verbindet, dass durch ihn auch die Pflege- und Betreuungsleistungen erfolgen müssen. Diese Einschränkung beruht auf den Ergebnissen von früheren Modellprojekten, die als Grundprinzip für die von § 38a SGB XI a.F. erfassten Wohngemeinschaften aufgenommen hatten, dass die Bewohner eigenständige Mieter sind, eine strikte Trennung von Miet- und Pflegevertrag erfolgt sowie dass es sich bei den Pflegeanbietern und dem Vermieter um getrennte juristische Personen handeln solle (so Behrend in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 1. Aufl., 2014, § 38a Rd.-Nrn. 25-26). Im Fall der Klägerin ist es gerade so, dass durch den Vermieter auch die Pflegeleistungen in der Wohngruppe erbracht werden. Zwar sieht die Nutzungs- und Betreuungsvereinbarung keine ausdrückliche Verpflichtung zum Abschluss eines Betreuungs- und Pflegevertrages mit dem Vermieter vor. Jedoch ist die vorliegende Situation ausreichend, um eine tatsächliche Einschränkung der freien Wählbarkeit des Anbieters der Pflege- und Betreuungsleistungen anzunehmen. Dies zeigt sich bereits dadurch, dass nach § 1 des Hausgemeinschaftsvertrages der geschlossene Mietvertrag Bestandteil des Hausgemeinschaftsvertra-ges wird. Eine solche Einbeziehung ist lediglich möglich, da an den beiden Verträgen dieselben Personen beteiligt sind. Hierdurch zeigt sich bereits ein enger Zusammenhang der nach der Grundintention des § 38a SGB XI getrennten Bereiche des Wohnens und der Pflege. Die tatsächliche Einschränkung der freien Wählbarkeit im Sinn von § 38a Abs. 2 Satz 1 SGB XI a.F. bestätigt sich auch dadurch, dass ausweislich der schriftlich durch das Gericht eingeholten Stellungnahme des Pflege- und Betreuungsdienstleisters/Vermieters der Klägerin seit Oktober 2013 die von der Klägerin bewohnte Hausgemeinschaft von insgesamt 15 Personen bewohnt wurde, und für alle 15 Personen auch Pflegedienstleistungen durch den Förderkreis Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. erbracht wurden. Auch ist es nach den Angaben des Pflegedienstanbieters/Vermieters so, dass bei Abschluss eines Mietvertrages zugleich auch der Abschluss eines Pflege- und Betreuungsvertrages angeboten wird. Dies spricht für die Annahme der Einschränkung der freien Wählbarkeit im Sinn von § 38a Abs. 2 Satz 1 SGB XI a.F. Dies wird auch durch die Regelung in § 6 Satz 2 des Hausgemeinschaftsvertrages bestätigt. Die dortige Regelung zur Pflicht der Beantragung einer höheren Pflegestufe für die Klägerin und des Rechts des Pflegedienstes eine vorläufig höhere Vergütung zu berechnen, wenn die Beantragung nicht erfolgt, entspricht nicht den üblichen vertraglichen Bestimmungen in der ambulanten Pflege. Vielmehr stellt dies eine Regelung dar, wie sie in der stationären Pflege üblich ist.
Dieses Ergebnis wird auch dadurch bestätigt, dass eine ambulant betreute Wohngemeinschaft im Sinne von § 38a Abs. 1 Nr. 1 SGB XI a.F. dahingehend verstanden wird, dass eine kleinere Gruppe pflegebedürftiger bzw. hilfebedürftiger älterer Menschen als Mieter in einer normalen Wohnung oder einem Haus, überwiegend in bestehenden Wohngebäuden zusammen lebt (so Behrend a.a.O., Rd.-Nr. 15). Vorliegend stellt sich die von der Klägerin bewohnte Wohngruppe vielmehr dergestalt dar, dass sie von einem Anbieter als Kombi-nation aus Wohnung und Pflegedienstleistung angeboten wird. Hieraus ergibt sich jedenfalls eine tatsächlich wirkende Kopplung des Verhältnisses von Vermieter und Pflegedienstanbieter. Eben eine solche Konstellation sollte durch den Ausschluss nach § 38a Abs. 2 Satz 1 SGB XI a.F. ausdrücklich vom Leistungsanspruch ausgeschlossen werden.
Der Rücknahme steht auch kein Vertrauensschutz entgegen. Da lediglich eine Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft erfolgte hat die Klägerin die Leistungen noch nicht erhalten und verbrauchen können. Auch eine getroffene Vermögensdisposition steht der Rücknahme nicht entgegen, da eine solche nur dann geschützt ist, wenn sie nach Erlass des Bewilligungsbescheides im Vertrauen auf dessen Bestand getroffen wurde (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. A. 2010, § 45 Rn. 45). Hier hat die Klägerin ihre Verträge mit dem Verein Wohnen-Arbeit-Freizeit e.V. jedoch bereits vorher geschlossen und nicht im Hinblick auf die Bewilligungsentscheidung.
Die Rücknahmeentscheidung der Beklagten erfolgte schließlich auch ermessensfehlerfrei. Das bestehende Ermessen hat die Beklagte erkannt und sowohl im Rahmen des Rücknahmebescheides als auch im Widerspruchsbescheid ausgeübt. Anhaltspunkte für einen Ermessensfehlgebrauch liegen nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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