Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
16
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 16 SO 6/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 550/11
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Änderung der Bescheide vom 23.01.2007, 20.02.2007, 30.04.2007, 23.05.2007, 21.06.2007 und 20.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.12.2008 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01.02.2007 bis 31.03.2007 und vom 01.05.2007 bis 30.06.2009 weitere Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Höhe von 13,51 Euro zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches - Zwölftes Buch (SGB XII).
Der 19xx geborene Kläger bezog zunächst Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz und sodann seit 01.01.2005 Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Er ist schwerbehindert mit einem GdB von 80 und Merkzeichen G und H. Er wohnt im Einfamilienhaus seiner Eltern. Seit dem 01.12.2006 ist er in der Werkstatt für behinderten Menschen (WfbM) der Albert-Schweizer-Einrichtung für Behinderte gGmbH beschäftigt.
Mit Bescheid vom 22.11.2006 bewilligte die Beklagte Leistungen für die Zeit von Juli 2006 bis Juni 2007 in Höhe von insgesamt 489,32 Euro. Hierbei berücksichtigte sie einen Regelsatz von 276,00 Euro.
Am 16.01.2007 reichte der Kläger seine Verdienstabrechnung der Albert-Schweitzer gGmbH für Dezember 2006 ein. Daraus ergibt sich ein Lohn von 67,00 Euro, eine Prämie von 35,78 Euro, Arbeitsförderungsgeld von 26,00 Euro und eine Sonderzahlung von 8,57 Euro, insgesamt damit 137,35 Euro.
Mit Änderungsbescheid vom 23.01.2007 rechnete die Beklagte für Februar 2007 ein Einkommen nach Abzug der Freibeträge in Höhe von 47,27 Euro an. Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 13.02.2007.
Mit Bescheiden vom 20.02.2007, 30.04.2007 und 23.05.2007 rechnete die Beklagte sodann für die Monate März, Mai und Juni 2007 das Werkstatteinkommen in Höhe von jeweils 40,84 Euro an. Hiergegen richten sich die Widersprüche des Klägers vom 15.03.2007, 29.05.2007 und 15.06.2007.
Gegen den Bescheid vom 22.03.2007, mit dem die Beklagte für den Monat April 2007 ebenfalls ein Einkommen von 40,84 Euro anrechnete, erhob der Kläger keinen Widerspruch.
Auf den Folgeantrag des Klägers vom 29.05.2007 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 21.06.2007 für die Zeit vom 01.07.2007 bis 30.06.2008 Grundsicherung nach dem 4. Kapitel in Höhe von 437,09 Euro und legte dabei ein durchschnittliches Arbeitseinkommen – berechnet aus den Einkünften der Monate Dezember 2006 bis Mai 2007 – in Höhe von 147,34 Euro zugrunde. Auf die Grundsicherung wurde unter Berücksichtigung der Freibeträge ein Betrag von 54,57 Euro angerechnet. Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 16.07.2007.
Auf den weiteren Folgeantrag des Klägers vom 30.04.2008 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 20.06.2008 für die Zeit vom 01.07.2008 bis 30.06.2009 Grundsicherung nach dem 4. Kapitel in Höhe von 435,14 Euro und legte dabei ein durchschnittliches Arbeitseinkommen in Höhe von 163,04 Euro zugrunde. Auf die Grundsicherung wurde unter Berücksichtigung der Freibeträge ein Betrag von 65,97 Euro angerechnet. Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 10.07.2008 mit dem er sich wiederum gegen die Anrechnung des Werkstatteinkommens aber auch gegen die Höhe des Regelsatzes wendet. Er sei als Erwachsener zu beurteilen, weshalb der volle Regelsatz zugrunde zu legen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2008 wies die Beklagte sämtliche Widersprüche als unbegründet mit der Begründung zurück, dass es sich bei dem Werkstatteinkommen um auf die Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII anrechenbares Arbeitseinkommen handele. Der Landschaftsverband übernehme demgegenüber die Fahrtkosten sowie die Kosten des Arbeitsplatzes. Diese erfolge unabhängig von dem gezahlten Arbeitslohn. Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Regelsatz eines Haushaltsvorstandes, weil er nicht dazu verpflichtet sei, die Generalunkosten des Haushalts zu tragen, denn diese tragen seine Eltern.
Zur Begründung seiner am 08.01.2009 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, bei dem Werkstatteinkommen handele es sich um eine anderweitige Sozialleistung, welche gerade und mit Rücksicht auf die Behinderung gezahlt werde. Eine Anrechnung verbiete sich daher. Um Nachteile zu vermeiden, seien die Freibeträge nach dem SGB II anzuwenden. Außerdem habe er einen eigenen Hausstand, so dass ihm der Regelsatz eines Haushaltsvorstandes zustehe. Er bewohne die gesamte erste Etage bestehend aus Flur, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Badezimmer. Es sei auch noch ein Ankleidezimmer in der ersten Etage, welches jedoch nicht bewohnt werde. Die Wohnfläche des Hauses belaufe sich auf insgesamt 98 qm. Davon entfallen auf das Erdgeschoss, welches von den Eltern bewohnt werde 50 qm und auf das erste Obergeschoss 48 qm bzw. - ohne Ankleidezimmer – 37 qm. Seine Räume seien auch seinen Bedürfnissen entsprechend eingerichtet. Es fehle lediglich eine Kochgelegenheit. Aufgrund seiner Behinderung und der damit einhergehend Brandgefahr sei hierauf bewusst verzichtet worden.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 23.01.2007, 20.02.2007, 30.04.2007, 23.05.2007, 21.06.2007 und 20.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.12.2008 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.02.2007 bis 31.03.2007 und vom 01.05.2007 bis 30.06.2009 Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII ohne Anrechnung des Werkstatteinkommens und unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung aus den im Widerspruchsbescheid genannten Gründen für rechtmäßig. Bei dem Werkstatteinkommen handele es sich um Einkommen im Sinne des § 82 SGB XII. Der Kläger habe auch lediglich Anspruch auf den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen. Es werde bestritten, dass der Kläger eine im Wesentlichen abgeschlossene, behindertengerecht ausgebaute Wohneinheit im Einfamilienhaus seiner Eltern bewohne. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger im Haushalt seiner Eltern zwei Zimmer bewohne. Er führe mit seinen Eltern eine Haushaltsgemeinschaft. Die fehlende Küchen- und Waschmaschinennutzung stelle ein deutliches Indiz dafür dar, dass keine zwei selbständigen Haushalte in der Wohnung geführt werden.
Auf Anforderung des Gerichts hat die Beklagte eine Neuberechnung des anzurechnenden Einkommens unter Berücksichtigung des tatsächlich zugeflossenen Werkstatteinkommens vorgenommen. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 58 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.
Die Beklagte führt hierzu ergänzend aus, dass der errechnete Überschuss zu Gunsten des Klägers von 13,51 Euro nicht bestehe, da zu berücksichtigen sei, dass dieser bereits im Dezember 2006 und Januar 2007 Einkommen erzielt habe, welches nicht angerechnet worden sei.
Zur Erörterung der Sach- und Rechtslage hat am 13.09.2010 ein Erörterungstermin stattgefunden. Bezüglich der Einzelheiten wird auf das Protokoll des Erörterungstermins auf Blatt 30 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn die Parteien damit einverstanden sind. Dieses Einverständnis liegt vor.
Die zulässige Klage ist lediglich zu einem geringen Teil begründet, zum überwiegenden Teil jedoch unbegründet.
Streitig ist der Zeitraum von Februar 2007 bis März 2007 und von Mai 2007 bis Juni 2009. Der Monat April 2007 ist nicht Gegenstand des Verfahrens, denn der für diesen Monat ergangene Änderungsbescheid vom 22.03.2007 ist nicht mit Widerspruch angegriffen und damit bestandskräftig geworden.
Die Beklagte hat im streitigen Zeitraum den Bedarf des Klägers richtig errechnet. Insbesondere hat sie zu Recht lediglich den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen zugrunde gelegt. Von dem Bedarf hat die Beklagte außerdem zu Recht das Werkstatteinkommen des Klägers nach § 82 SGB XII bedarfsmindernd berücksichtigt. Unter Berücksichtigung des tatsächlich im streitigen Zeitraum erzielten Einkommens hatte der Kläger jedoch Anspruch auf weitere Grundsicherung in Höhe von 13,51 Euro.
Nach § 19 Abs. 2 SGB XII erhält Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wer seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus seinem Einkommen und Vermögen, bestreiten kann. Der Kläger gehört unstreitig zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach §§ 19 Abs. 2 i.V.m. 41 SGB XII. Gegenteilige Anhaltspunkte wurden nicht vorgetragen und sind nicht ersichtlich.
Die Beklagte hat zu Recht bei der Bedarfsberechnung den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen zugrunde gelegt. Auch die Bedarfsberechnung im Übrigen ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat hiergegen auch keine Einwendungen erhoben.
Nach §§ 42 Satz 1 Nr. 1 und 28 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Nr. 2 der Regelsatzverordnung beträgt der Regelsatz eines Haushaltsvorstandes 100 vom Hundert und für einen Haushaltsangehörigen 80 vom Hundert des Eckregelsatzes. Nach Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 23.03.2010 (Az: B 8 SO 17/09 R), ist ein volljähriger, unverheirateter Hilfebedürftiger, der mit seinen Eltern zusammenlebt, aber weder eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II) noch eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des § 19 SGB XII bildet, kein Haushaltsangehöriger im Sinne der Regesatzverordnung, sondern hat Anspruch auf den Eckregelsatzes eines Haushaltsvorstandes, der auch für Alleinstehende gilt und zwar unabhängig davon, ob er Generalunkosten des Haushalts trägt oder nicht. Das BSG führt zur Begründung dieser Rechtsprechung wie folgt aus:
"Die abgestufte Höhe des Regelsatzes beruht auf der Erwägung, dass bei einer gemeinsamen Haushaltsführung Ersparnisse die Annahme eines geringeren Bedarfs rechtfertigen. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt vor dem 1.1.2005 die Zuordnung als Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger in allen Konstellationen des Zusammenlebens für möglich und machte dies allein von einer gemeinsamen Wirtschaftsführung im Sinne einer "Wirtschaftsgemeinschaft" abhängig, deren Vorliegen allerdings bei nicht miteinander verwandten oder verschwägerten Personen besonders sorgfältig zu prüfen war (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 30.12.1965 - V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242; W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl 2006, § 3 RSV RdNr 12).
Bei der Bestimmung des Begriffs des Haushaltsangehörigen in der RSV muss ab 1.1.2005 aber berücksichtigt werden, dass die Annahme einer Haushaltsersparnis nach den Regelungen des SGB II einer gegenüber den bisherigen Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) abweichenden gesetzgeberischen Konzeption folgt. Der Gesetzgeber des SGB II hat die Annahme einer Haushaltsersparnis und Kürzung der Regelleistung nicht mehr mit einer individuellen Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden, sondern in § 20 SGB II typisierend prozentuale Abschläge von der Regelleistung wegen Haushaltsersparnis nur bei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft vorgenommen und insofern bewusst auf die Normierung der Rechtsfigur eines "Haushaltsvorstands" verzichtet (BSGE 97, 211 ff RdNr 19 = SozR 4-4200 § 20 Nr 2). Da aber bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw der Regelleistung wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, hat der Senat bereits früher entschieden (BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2), dass seit dem 1.1.2005, mit dem Inkrafttreten des SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und des SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954), nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG)) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur dann anzunehmen sind, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden."
Dieser Ansicht schließt sich das erkennende Gericht nach eigener Prüfung umfassend an. Der Kläger war im streitigen Zeitraum bereits volljährig und hätte danach grundsätzlich Anspruch auf den vollen Eckregelsatz gehabt. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II in der Fassung bis zum 30.06.2006 gehörten nur die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder (der in § 7 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 SGB II genannten Personen) zur Bedarfsgemeinschaft. Zu berücksichtigen ist jedoch für den vorliegend streitigen Zeitraum, dass ab dem 01.07.2006 eine Neufassung dieser Regelung in Kraft getretenen ist, die auf vorliegend zu berücksichtigen ist. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II in der ab dem 1.7.2006 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) werden jetzt auch volljährige bedürftige Kinder bis zum 25. Lebensjahr in Bedarfsgemeinschaften einbezogen (vgl BT-Drucks 16/688, S 13). Hieraus folgt unter Zugrundelegung der genannten Rechtsprechung des BSG, dass unter 25jährige in Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern leben mit der Folge, dass ihnen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres lediglich der Regelsatz eines Haushaltsangehörigen zusteht (so sinngemäß auch: BSG aaO, Rn. 21). Zu beachten ist dabei, dass die alte Fassung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II weiterhin für Bewilligungszeiträume anzuwenden ist, die vor dem 01.07.2006 beginnen (BSG, Urteil vom 23.03.2010, AZ. B 8 SO 15/08 R). Der 1986 geborene Kläger war im gesamten streitigen Zeitraum unter 25 Jahre alt mit der Folge, dass er deshalb keinen Anspruch auf den vollen Regelsatz, sondern nur auf den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen hat. In diesem Zusammenhang ist daher auch ohne Bedeutung ob der Kläger einen eigenen Haushalt führt bzw. er die Generalunkosten seines Haushalts trägt oder nicht. Die Neuregelung war vorliegend auch anzuwenden, denn der streitige Zeitraum begann erst mit Erlass des ersten Änderungsbescheids vom 23.01.2007 ab dem 01.02.2007. Soweit für die Frage, welche Fassung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II anzuwenden ist auf den ursprünglichen Bewilligungszeitraum abgestellt wird, ergibt sich hieraus kein anderes Ergebnis, denn dieser begann am 01.07.2006, zum diesem Zeitpunkt galt bereits die Neuregelung.
Vom errechneten Bedarf ist nach § 82 Abs. 1 SGB XII das Einkommen des Klägers in Abzug zu bringen. Zum Einkommen in diesem Sinne zählt entgegen der Ansicht des Klägers auch sein Werkstatteinkommen, denn nach dieser Regelung gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Das Werkstatteinkommen zählt auch nicht zu den ausdrücklich in § 82 Abs. 1 SGB XII aufgeführten Ausnahmen. Die Anrechnungsfähigkeit des Werkstatteinkommens ergibt sich zudem bereits unmittelbar aus § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII. Danach ist bei einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen von dem Entgelt ein Achtel des Eckregelsatzes zuzüglich 25 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts abzusetzen. Außerdem spricht für eine Anrechenbarkeit des Einkommens auch das genannte Urteil des BSG vom 23.03.2010 (Az: B 8 SO 17/09 R), denn unter Randziffer 33 macht das Gericht Ausführungen dazu, wie das Werkstatteinkommen eines im Arbeitsbereich einer WfbM tätigen Beschäftigten anzurechnen ist. Darüber hinaus vertritt auch das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen die Ansicht, dass Werkstatteinkommen anzurechnen ist (vgl. u.a. Beschluss vom 12.03.2010, Az: L 20 SO 20/10 B).
Die Höhe des anzurechnenden Werkstatteinkommens ergibt sich aus der von der Beklagten übersandten Aufstellung (Bl. 59 ff. der Gerichtsakte). Da es sich um einen abgeschlossenen Zeitraum handelt, war nach Ansicht des Gerichts das tatsächlich erzielte und nicht das von der Beklagten teilweise zugrunde gelegte durchschnittlich erzielte Werkstatteinkommen zugrunde zu legen.
In Bezug auf die anzuwendenden Vorschriften, die Berechnung der Freibeträge und des danach anzurechnenden Einkommens verweist das Gericht vollumfänglich auf die zutreffenden Berechnungen der Beklagten (Bl. 59 ff der Gerichtsakte) sowie auf die ausführlichen Darlegungen der Beklagten im Schriftsatz vom 03.03.2009 (Bl. 7 ff. der Gerichtsakte), welchen sich das Gericht umfassend anschließt. Weitere Ausführungen hierzu sind entbehrlich, zumal der Kläger hiergegen auch keine Einwendungen erhoben hat.
Entgegen der Ansicht des Klägers enthält das SGB XII auch ausdrückliche Regelungen dazu, wie die Freibeträge bei Erzielung von Werkstatteinkommen zu berechnen sind. Ein Rückgriff auf die Regelungen des SGB II ist damit nicht möglich. Da es sich um einen speziellen Fall der Anrechnung von Einkommen handelt ist auch keine Ungleichbehandlung mit nicht behinderten Menschen ersichtlich, denn der Gesetzgeber hatte damit sachliche Gründe, für das Werkstatteinkommen anderen Regelungen zu Grunde zu legen, als für das Einkommen Erwerbsfähiger.
Unter Berücksichtigung des im streitigen Zeitraum tatsächlich erzielten Einkommens war die Beklagte jedoch verpflichtet noch 13,51 Euro an den Kläger auszuzahlen, denn sie hat im streitigen Zeitraum in dieser Höhe mehr Einkommen angerechnet als tatsächlich erzielt worden ist. Damit hat sie in dieser Höhe zu wenig Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII erbracht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte für Dezember 2006 und Januar 2007 keine Einkommensanrechnung vorgenommen hat. Es hätte ihr insoweit frei gestanden, für diese Monate Aufhebungs- und Erstattungsbescheide zu erlassen. Eine Verrechnung der Nachzahlung im vorliegenden Verfahren ist wegen der Bestandskraft der Bewilligungsbescheide für Dezember 2006 und Januar 2007 jedenfalls nicht möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Wegen des geringen Obsiegens des Klägers gegenüber dem Unterliegen war eine Kostenquotelung nach Ansicht des Gerichts nicht angemessen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt höhere Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches - Zwölftes Buch (SGB XII).
Der 19xx geborene Kläger bezog zunächst Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz und sodann seit 01.01.2005 Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Er ist schwerbehindert mit einem GdB von 80 und Merkzeichen G und H. Er wohnt im Einfamilienhaus seiner Eltern. Seit dem 01.12.2006 ist er in der Werkstatt für behinderten Menschen (WfbM) der Albert-Schweizer-Einrichtung für Behinderte gGmbH beschäftigt.
Mit Bescheid vom 22.11.2006 bewilligte die Beklagte Leistungen für die Zeit von Juli 2006 bis Juni 2007 in Höhe von insgesamt 489,32 Euro. Hierbei berücksichtigte sie einen Regelsatz von 276,00 Euro.
Am 16.01.2007 reichte der Kläger seine Verdienstabrechnung der Albert-Schweitzer gGmbH für Dezember 2006 ein. Daraus ergibt sich ein Lohn von 67,00 Euro, eine Prämie von 35,78 Euro, Arbeitsförderungsgeld von 26,00 Euro und eine Sonderzahlung von 8,57 Euro, insgesamt damit 137,35 Euro.
Mit Änderungsbescheid vom 23.01.2007 rechnete die Beklagte für Februar 2007 ein Einkommen nach Abzug der Freibeträge in Höhe von 47,27 Euro an. Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 13.02.2007.
Mit Bescheiden vom 20.02.2007, 30.04.2007 und 23.05.2007 rechnete die Beklagte sodann für die Monate März, Mai und Juni 2007 das Werkstatteinkommen in Höhe von jeweils 40,84 Euro an. Hiergegen richten sich die Widersprüche des Klägers vom 15.03.2007, 29.05.2007 und 15.06.2007.
Gegen den Bescheid vom 22.03.2007, mit dem die Beklagte für den Monat April 2007 ebenfalls ein Einkommen von 40,84 Euro anrechnete, erhob der Kläger keinen Widerspruch.
Auf den Folgeantrag des Klägers vom 29.05.2007 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 21.06.2007 für die Zeit vom 01.07.2007 bis 30.06.2008 Grundsicherung nach dem 4. Kapitel in Höhe von 437,09 Euro und legte dabei ein durchschnittliches Arbeitseinkommen – berechnet aus den Einkünften der Monate Dezember 2006 bis Mai 2007 – in Höhe von 147,34 Euro zugrunde. Auf die Grundsicherung wurde unter Berücksichtigung der Freibeträge ein Betrag von 54,57 Euro angerechnet. Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 16.07.2007.
Auf den weiteren Folgeantrag des Klägers vom 30.04.2008 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 20.06.2008 für die Zeit vom 01.07.2008 bis 30.06.2009 Grundsicherung nach dem 4. Kapitel in Höhe von 435,14 Euro und legte dabei ein durchschnittliches Arbeitseinkommen in Höhe von 163,04 Euro zugrunde. Auf die Grundsicherung wurde unter Berücksichtigung der Freibeträge ein Betrag von 65,97 Euro angerechnet. Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 10.07.2008 mit dem er sich wiederum gegen die Anrechnung des Werkstatteinkommens aber auch gegen die Höhe des Regelsatzes wendet. Er sei als Erwachsener zu beurteilen, weshalb der volle Regelsatz zugrunde zu legen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2008 wies die Beklagte sämtliche Widersprüche als unbegründet mit der Begründung zurück, dass es sich bei dem Werkstatteinkommen um auf die Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII anrechenbares Arbeitseinkommen handele. Der Landschaftsverband übernehme demgegenüber die Fahrtkosten sowie die Kosten des Arbeitsplatzes. Diese erfolge unabhängig von dem gezahlten Arbeitslohn. Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Regelsatz eines Haushaltsvorstandes, weil er nicht dazu verpflichtet sei, die Generalunkosten des Haushalts zu tragen, denn diese tragen seine Eltern.
Zur Begründung seiner am 08.01.2009 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, bei dem Werkstatteinkommen handele es sich um eine anderweitige Sozialleistung, welche gerade und mit Rücksicht auf die Behinderung gezahlt werde. Eine Anrechnung verbiete sich daher. Um Nachteile zu vermeiden, seien die Freibeträge nach dem SGB II anzuwenden. Außerdem habe er einen eigenen Hausstand, so dass ihm der Regelsatz eines Haushaltsvorstandes zustehe. Er bewohne die gesamte erste Etage bestehend aus Flur, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Badezimmer. Es sei auch noch ein Ankleidezimmer in der ersten Etage, welches jedoch nicht bewohnt werde. Die Wohnfläche des Hauses belaufe sich auf insgesamt 98 qm. Davon entfallen auf das Erdgeschoss, welches von den Eltern bewohnt werde 50 qm und auf das erste Obergeschoss 48 qm bzw. - ohne Ankleidezimmer – 37 qm. Seine Räume seien auch seinen Bedürfnissen entsprechend eingerichtet. Es fehle lediglich eine Kochgelegenheit. Aufgrund seiner Behinderung und der damit einhergehend Brandgefahr sei hierauf bewusst verzichtet worden.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 23.01.2007, 20.02.2007, 30.04.2007, 23.05.2007, 21.06.2007 und 20.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.12.2008 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.02.2007 bis 31.03.2007 und vom 01.05.2007 bis 30.06.2009 Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII ohne Anrechnung des Werkstatteinkommens und unter Berücksichtigung des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung aus den im Widerspruchsbescheid genannten Gründen für rechtmäßig. Bei dem Werkstatteinkommen handele es sich um Einkommen im Sinne des § 82 SGB XII. Der Kläger habe auch lediglich Anspruch auf den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen. Es werde bestritten, dass der Kläger eine im Wesentlichen abgeschlossene, behindertengerecht ausgebaute Wohneinheit im Einfamilienhaus seiner Eltern bewohne. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass der Kläger im Haushalt seiner Eltern zwei Zimmer bewohne. Er führe mit seinen Eltern eine Haushaltsgemeinschaft. Die fehlende Küchen- und Waschmaschinennutzung stelle ein deutliches Indiz dafür dar, dass keine zwei selbständigen Haushalte in der Wohnung geführt werden.
Auf Anforderung des Gerichts hat die Beklagte eine Neuberechnung des anzurechnenden Einkommens unter Berücksichtigung des tatsächlich zugeflossenen Werkstatteinkommens vorgenommen. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 58 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.
Die Beklagte führt hierzu ergänzend aus, dass der errechnete Überschuss zu Gunsten des Klägers von 13,51 Euro nicht bestehe, da zu berücksichtigen sei, dass dieser bereits im Dezember 2006 und Januar 2007 Einkommen erzielt habe, welches nicht angerechnet worden sei.
Zur Erörterung der Sach- und Rechtslage hat am 13.09.2010 ein Erörterungstermin stattgefunden. Bezüglich der Einzelheiten wird auf das Protokoll des Erörterungstermins auf Blatt 30 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden, wenn die Parteien damit einverstanden sind. Dieses Einverständnis liegt vor.
Die zulässige Klage ist lediglich zu einem geringen Teil begründet, zum überwiegenden Teil jedoch unbegründet.
Streitig ist der Zeitraum von Februar 2007 bis März 2007 und von Mai 2007 bis Juni 2009. Der Monat April 2007 ist nicht Gegenstand des Verfahrens, denn der für diesen Monat ergangene Änderungsbescheid vom 22.03.2007 ist nicht mit Widerspruch angegriffen und damit bestandskräftig geworden.
Die Beklagte hat im streitigen Zeitraum den Bedarf des Klägers richtig errechnet. Insbesondere hat sie zu Recht lediglich den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen zugrunde gelegt. Von dem Bedarf hat die Beklagte außerdem zu Recht das Werkstatteinkommen des Klägers nach § 82 SGB XII bedarfsmindernd berücksichtigt. Unter Berücksichtigung des tatsächlich im streitigen Zeitraum erzielten Einkommens hatte der Kläger jedoch Anspruch auf weitere Grundsicherung in Höhe von 13,51 Euro.
Nach § 19 Abs. 2 SGB XII erhält Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wer seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus seinem Einkommen und Vermögen, bestreiten kann. Der Kläger gehört unstreitig zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach §§ 19 Abs. 2 i.V.m. 41 SGB XII. Gegenteilige Anhaltspunkte wurden nicht vorgetragen und sind nicht ersichtlich.
Die Beklagte hat zu Recht bei der Bedarfsberechnung den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen zugrunde gelegt. Auch die Bedarfsberechnung im Übrigen ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat hiergegen auch keine Einwendungen erhoben.
Nach §§ 42 Satz 1 Nr. 1 und 28 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Nr. 2 der Regelsatzverordnung beträgt der Regelsatz eines Haushaltsvorstandes 100 vom Hundert und für einen Haushaltsangehörigen 80 vom Hundert des Eckregelsatzes. Nach Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 23.03.2010 (Az: B 8 SO 17/09 R), ist ein volljähriger, unverheirateter Hilfebedürftiger, der mit seinen Eltern zusammenlebt, aber weder eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Sozialgesetzbuch – Zweites Buch (SGB II) noch eine Einsatzgemeinschaft im Sinne des § 19 SGB XII bildet, kein Haushaltsangehöriger im Sinne der Regesatzverordnung, sondern hat Anspruch auf den Eckregelsatzes eines Haushaltsvorstandes, der auch für Alleinstehende gilt und zwar unabhängig davon, ob er Generalunkosten des Haushalts trägt oder nicht. Das BSG führt zur Begründung dieser Rechtsprechung wie folgt aus:
"Die abgestufte Höhe des Regelsatzes beruht auf der Erwägung, dass bei einer gemeinsamen Haushaltsführung Ersparnisse die Annahme eines geringeren Bedarfs rechtfertigen. Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung hielt vor dem 1.1.2005 die Zuordnung als Haushaltsvorstand oder Haushaltsangehöriger in allen Konstellationen des Zusammenlebens für möglich und machte dies allein von einer gemeinsamen Wirtschaftsführung im Sinne einer "Wirtschaftsgemeinschaft" abhängig, deren Vorliegen allerdings bei nicht miteinander verwandten oder verschwägerten Personen besonders sorgfältig zu prüfen war (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 30.12.1965 - V B 152.65 -, FEVS 14, 241, 242; W. Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl 2006, § 3 RSV RdNr 12).
Bei der Bestimmung des Begriffs des Haushaltsangehörigen in der RSV muss ab 1.1.2005 aber berücksichtigt werden, dass die Annahme einer Haushaltsersparnis nach den Regelungen des SGB II einer gegenüber den bisherigen Regelungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) abweichenden gesetzgeberischen Konzeption folgt. Der Gesetzgeber des SGB II hat die Annahme einer Haushaltsersparnis und Kürzung der Regelleistung nicht mehr mit einer individuellen Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse der zusammenlebenden Personen verbunden, sondern in § 20 SGB II typisierend prozentuale Abschläge von der Regelleistung wegen Haushaltsersparnis nur bei Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft vorgenommen und insofern bewusst auf die Normierung der Rechtsfigur eines "Haushaltsvorstands" verzichtet (BSGE 97, 211 ff RdNr 19 = SozR 4-4200 § 20 Nr 2). Da aber bezogen auf die Minderung des Regelsatzes bzw der Regelleistung wegen Annahme einer Haushaltsersparnis für eine unterschiedliche Behandlung zwischen der Personengruppe der SGB-XII- und SGB-II-Leistungsempfänger im Hinblick auf die identische sozialrechtliche Funktion beider Leistungen (Sicherstellung des Existenzminimums) keine sachlichen Gründe erkennbar sind, hat der Senat bereits früher entschieden (BSGE 103, 181 ff = SozR 4-3500 § 42 Nr 2), dass seit dem 1.1.2005, mit dem Inkrafttreten des SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch) und des SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 - BGBl I 2954), nach Maßgabe des Gleichheitssatzes (Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG)) und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zwischen dem SGB II und dem SGB XII Einsparungen bei gemeinsamer Haushaltsführung nur dann anzunehmen sind, wenn die zusammenlebenden Personen bei Bedürftigkeit eine Bedarfsgemeinschaft iS des § 7 Abs 3 SGB II oder eine Einsatzgemeinschaft iS des § 19 SGB XII bilden."
Dieser Ansicht schließt sich das erkennende Gericht nach eigener Prüfung umfassend an. Der Kläger war im streitigen Zeitraum bereits volljährig und hätte danach grundsätzlich Anspruch auf den vollen Eckregelsatz gehabt. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II in der Fassung bis zum 30.06.2006 gehörten nur die dem Haushalt angehörenden minderjährigen unverheirateten Kinder (der in § 7 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 SGB II genannten Personen) zur Bedarfsgemeinschaft. Zu berücksichtigen ist jedoch für den vorliegend streitigen Zeitraum, dass ab dem 01.07.2006 eine Neufassung dieser Regelung in Kraft getretenen ist, die auf vorliegend zu berücksichtigen ist. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II in der ab dem 1.7.2006 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) werden jetzt auch volljährige bedürftige Kinder bis zum 25. Lebensjahr in Bedarfsgemeinschaften einbezogen (vgl BT-Drucks 16/688, S 13). Hieraus folgt unter Zugrundelegung der genannten Rechtsprechung des BSG, dass unter 25jährige in Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern leben mit der Folge, dass ihnen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres lediglich der Regelsatz eines Haushaltsangehörigen zusteht (so sinngemäß auch: BSG aaO, Rn. 21). Zu beachten ist dabei, dass die alte Fassung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II weiterhin für Bewilligungszeiträume anzuwenden ist, die vor dem 01.07.2006 beginnen (BSG, Urteil vom 23.03.2010, AZ. B 8 SO 15/08 R). Der 1986 geborene Kläger war im gesamten streitigen Zeitraum unter 25 Jahre alt mit der Folge, dass er deshalb keinen Anspruch auf den vollen Regelsatz, sondern nur auf den Regelsatz eines Haushaltsangehörigen hat. In diesem Zusammenhang ist daher auch ohne Bedeutung ob der Kläger einen eigenen Haushalt führt bzw. er die Generalunkosten seines Haushalts trägt oder nicht. Die Neuregelung war vorliegend auch anzuwenden, denn der streitige Zeitraum begann erst mit Erlass des ersten Änderungsbescheids vom 23.01.2007 ab dem 01.02.2007. Soweit für die Frage, welche Fassung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II anzuwenden ist auf den ursprünglichen Bewilligungszeitraum abgestellt wird, ergibt sich hieraus kein anderes Ergebnis, denn dieser begann am 01.07.2006, zum diesem Zeitpunkt galt bereits die Neuregelung.
Vom errechneten Bedarf ist nach § 82 Abs. 1 SGB XII das Einkommen des Klägers in Abzug zu bringen. Zum Einkommen in diesem Sinne zählt entgegen der Ansicht des Klägers auch sein Werkstatteinkommen, denn nach dieser Regelung gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Das Werkstatteinkommen zählt auch nicht zu den ausdrücklich in § 82 Abs. 1 SGB XII aufgeführten Ausnahmen. Die Anrechnungsfähigkeit des Werkstatteinkommens ergibt sich zudem bereits unmittelbar aus § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII. Danach ist bei einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen von dem Entgelt ein Achtel des Eckregelsatzes zuzüglich 25 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts abzusetzen. Außerdem spricht für eine Anrechenbarkeit des Einkommens auch das genannte Urteil des BSG vom 23.03.2010 (Az: B 8 SO 17/09 R), denn unter Randziffer 33 macht das Gericht Ausführungen dazu, wie das Werkstatteinkommen eines im Arbeitsbereich einer WfbM tätigen Beschäftigten anzurechnen ist. Darüber hinaus vertritt auch das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen die Ansicht, dass Werkstatteinkommen anzurechnen ist (vgl. u.a. Beschluss vom 12.03.2010, Az: L 20 SO 20/10 B).
Die Höhe des anzurechnenden Werkstatteinkommens ergibt sich aus der von der Beklagten übersandten Aufstellung (Bl. 59 ff. der Gerichtsakte). Da es sich um einen abgeschlossenen Zeitraum handelt, war nach Ansicht des Gerichts das tatsächlich erzielte und nicht das von der Beklagten teilweise zugrunde gelegte durchschnittlich erzielte Werkstatteinkommen zugrunde zu legen.
In Bezug auf die anzuwendenden Vorschriften, die Berechnung der Freibeträge und des danach anzurechnenden Einkommens verweist das Gericht vollumfänglich auf die zutreffenden Berechnungen der Beklagten (Bl. 59 ff der Gerichtsakte) sowie auf die ausführlichen Darlegungen der Beklagten im Schriftsatz vom 03.03.2009 (Bl. 7 ff. der Gerichtsakte), welchen sich das Gericht umfassend anschließt. Weitere Ausführungen hierzu sind entbehrlich, zumal der Kläger hiergegen auch keine Einwendungen erhoben hat.
Entgegen der Ansicht des Klägers enthält das SGB XII auch ausdrückliche Regelungen dazu, wie die Freibeträge bei Erzielung von Werkstatteinkommen zu berechnen sind. Ein Rückgriff auf die Regelungen des SGB II ist damit nicht möglich. Da es sich um einen speziellen Fall der Anrechnung von Einkommen handelt ist auch keine Ungleichbehandlung mit nicht behinderten Menschen ersichtlich, denn der Gesetzgeber hatte damit sachliche Gründe, für das Werkstatteinkommen anderen Regelungen zu Grunde zu legen, als für das Einkommen Erwerbsfähiger.
Unter Berücksichtigung des im streitigen Zeitraum tatsächlich erzielten Einkommens war die Beklagte jedoch verpflichtet noch 13,51 Euro an den Kläger auszuzahlen, denn sie hat im streitigen Zeitraum in dieser Höhe mehr Einkommen angerechnet als tatsächlich erzielt worden ist. Damit hat sie in dieser Höhe zu wenig Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII erbracht. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte für Dezember 2006 und Januar 2007 keine Einkommensanrechnung vorgenommen hat. Es hätte ihr insoweit frei gestanden, für diese Monate Aufhebungs- und Erstattungsbescheide zu erlassen. Eine Verrechnung der Nachzahlung im vorliegenden Verfahren ist wegen der Bestandskraft der Bewilligungsbescheide für Dezember 2006 und Januar 2007 jedenfalls nicht möglich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Wegen des geringen Obsiegens des Klägers gegenüber dem Unterliegen war eine Kostenquotelung nach Ansicht des Gerichts nicht angemessen.
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