Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 2 SO 63/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ein Persönliches Budget für die ABA-L-Therapie in Höhe von 1.500 EUR monatlich abzüglich bereits erbrachter diesbezüglicher Leistungen ab dem 01.10.2015 bis zum 31.07.2016 zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten hier um die Höhe eines Persönlichen Budgets für die ABA-Therapie.
Der Antragsteller wurde am 00.00.2006 geboren. Er leidet an einem frühkindlichen Autismus, einer deutlichen kognitiven Retardierung, eine hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens sowie einer erheblichen Verhaltensstörung mit Distanzlosigkeit und Impulsivität. Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100 sowie den Nachteilsausgleichen G, H und B. Von der Pflegeversicherung wurde ihm die Pflegestufe 3 zuerkannt. Der inzwischen zehn Jahre alte Antragsteller befindet sich in vielen Bereichen auf dem Entwicklungsniveau eines Kleinkindes. Seit Juli 2009 nimmt der Antragsteller an dem Programm des Instituts L-ABA zur Autismustherapie teil, was auch im Rahmen Persönlicher Budgets in der Vergangenheit von der Antragsgegnerin gefördert wurde. Nach dem ABA-Konzept wurde er auch in der Kindertagesstätte gefördert. Zudem standen neben den Eltern mehrere Co-Therapeuten zur Verfügung, die ebenfalls eine Förderung nach dem Konzept vornahmen.
Um die Höhe des Persönlichen Budgets für den vorangegangenen Zeitraum vom 01.08.2012 bis 31.07.2013 betreffend die Schulbegleitung durch einen Integrationshelfer haben die Beteiligten bereits das Klageverfahren S 8 SO 328/12 geführt. Dort wurde die Antragsgegnerin diesbezüglich erstinstanzlich zu monatlichen Leistungen von 2.212,12 Euro verpflichtet. Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 17.02.2015 Bezug genommen. Die Berufung ist unter dem Aktenzeichen L 20 SO 99/15 beim LSG NRW anhängig.
Dem Antragsteller wurden außerdem anfänglich zunächst Leistungen in Höhe von 1.500 Euro monatlich für die Autismustherapie bewilligt. Mit Bescheid vom 07.11.2013 wurde für die Folgezeit vom 01.01.2013 bis 31.07.2014 ein persönliches Budget von 1.250 Euro bestimmt. Mit Bescheid vom 25.04.2014 wurde für die Zeit vom 01.03.2014 bis 31.07.2014 erneut ein persönliches Budget von 1.250 Euro bestimmt, nachdem der Bescheid vom 07.11.2013 zwischenzeitlich wegen eines Schulwechsels zunächst teilweise aufgehoben worden war. Mit Bescheid vom 02.02.2015 wurde für die Zeit vom 01.08.2014 bis 31.07.2015 ein persönliches Budget von 841 Euro für die Therapie nach ABA-L bestimmt. Gegen die drei genannten Bescheide erhob der Antragsteller jeweils Widerspruch mit dem Ziel, höhere Leistungen zu erhalten. Diesbezüglich erging der gemeinsame Widerspruchsbescheid vom 23.10.2015. Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 2 SO 352/15 geführt wird.
Der Antragsteller begehrt nun einstweiligen Rechtsschutz. Die Eltern des Antragstellers brächten weiterhin unverändert monatlich 1.500 Euro für die ABA-Therapie auf. Sie könnten nun nicht mehr weiter in Vorleistung treten. Der Antragsteller brauche dringend Eingliederungshilfe für alle Lebensbereiche und es könnte ihm großen Schaden zufügen, wenn man die intensive verhaltenstherapeutische Betreuung einstellen würde. Für die Einzelheiten wird auf die Antragsschrift vom 07.03.2016 Bezug genommen.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin bis zum Abschluss des Klageverfahrens S 2 SO 352/15 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig Eingliederungshilfe für die Therapie nach ABA-L in Form eines persönlichen Budgets in Höhe von 1.500 Euro monatlich zu leisten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Bereits mit der Zielvereinbarung für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 31.07.2015 sei dem Antragsteller mitgeteilt worden, dass bezüglich der Förderung durch das Institut L eine finanzielle Förderung bis Juli 2015 durch das Gesundheitsamt befürwortet werde und danach eine Förderpause für sinnvoll erachtet werde.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten S 2 SO 63/16 ER, S 2 SO 352/15 und S 2 SO 345/15, sowie das Urteil S 8 SO 328/12, das in Ablichtung zur Verfügung stand, Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist begründet. Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 86b Abs. 1 SGG auf Antrag ( ) 2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Diese Bestimmung kommt auch zur Anwendung, wenn die Verwaltung die aufschiebende Wirkung nicht beachtet, also die aufschiebende Wirkung festgestellt werden muss (Meyer-Ladewig-Keller, Kommentar zum SGG § 86b Rdnr. 5 und 15). Gemäß § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines bestehenden Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), die Eilbedürftigkeit, sind gemäß §§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens bedarf es einer Interessenabwägung, ob dem Antragsteller unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten unzumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Im vorliegenden Fall geht die Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers aus. Denn Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, erhalten gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten. Von einer Behinderung bedroht sind gemäß § 53 Abs. 2 SGB XII Personen, bei denen der Eintritt der Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dies gilt für Personen, für die vorbeugende Gesundheitshilfe und Hilfe bei Krankheit nach den §§ 47 und 48 erforderlich ist, nur, wenn auch bei Durchführung dieser Leistungen eine Behinderung einzutreten droht. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es gemäß § 53 Abs. 3 SGB XII, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Für die Leistungen zur Teilhabe gelten gemäß § 53 Abs. 4 SGB XII die Vorschriften des Neunten Buches, soweit sich aus diesem Buch und den auf Grund dieses Buches erlassenen Rechtsverordnungen nichts Abweichendes ergibt. Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach diesem Buch.
Die Möglichkeit der Leistung durch ein Persönliches Budget bestimmt sich nach § 57 S. 1 SGB XII in Verbindung § 17 Abs. 2 bis 4 SGB IX und der Budgetverordnung. Für die Einzelheiten wird insoweit auf die Entscheidungsgründe im Urteil vom 17.02.2015 zum Verfahren S 8 SO 328/12 Bezug genommen.
Ob der Antragsteller hiervon ausgehend tatsächlich weiterhin der Autismustherapie im ABA-Institut L bedarf, kann letztlich nur im Wege der Beweisaufnahme durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt werden. Eine solche Beweisaufnahme ist jedoch dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Daher bedurfte es hier der Interessenabwägung für die Dauer des laufenden Klageverfahrens. Insoweit sprechen hier ganz gewichtige Gründe dafür, dass der Antragsteller weiterhin der Autismustherapie im bisherigen Umfang bedarf. Denn der Antragsteller ist nach wie vor sehr verhaltensauffällig. Der Entwicklungsstand bleibt immer stärker im Vergleich zu Gleichaltrigen zurück. Der Antragsteller befindet sich weiterhin auf dem Niveau eines Kleinkindes. Im Rahmen der Interessenabwägung hat das Gericht keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dieses etwa an einer falsch gewählten Therapieform läge. Vielmehr ist dieses starke Entwicklungsdefizit jedenfalls bei summarischer Beurteilung ohne Beweisaufnahme vorläufig als Ausdruck der starken Autismuserkrankung des Antragstellers zu beurteilen. Hierfür spricht auch die Be-urteilung des Sozialpädriatischen Zentrums des Ev. Krankenhauses in C durch Dr. C1 vom 22.06.2015, die sich in Ablichtung bei der Streitakte S 2 SO 352/15 befindet. Darin heißt es in der Beurteilung: "Aus sozialpädriatischer Sicht ist die intensive Fortführung der autismusspezifischen Förderung nach dem ABA-Prinzip sowie die umfassenden integrativen Maßnahmen weiterhin dringend notwendig." Ebenso spricht der Bericht der Uniklinik N vom 21.01.2016, der sich in Ablichtung ebenfalls bei der Streitakte S 2 SO 352/15 befindet, für eine Fortsetzung der Therapie. Auch die dortige Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie spricht sich dafür aus: "Aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht wäre es deshalb wünschenswert, wenn Q die bestehenden Eingliederungshilfen in Form der ABA/VB Methode weiter erhalten könnte. ( ) Gerade der verhaltenstherapeutische klare Ansatz der ABA Methode ist bei ggf. auch niedrigem Gesamtintelligenzniveau wirkungsvoll, da Aktion und Reaktion klar und zeitlich direkt und immer wiederholend gekoppelt werden und so zu neu erlernten Verhaltensweisen führen, die einerseits Q Kontakt zur Außenwelt erleichtern, anderseits jedoch auch unerwünschte, weil ggf. provozierende oder aggressive Handlungen unterbinden." Auf den Inhalt der Stellungnahme wird für die Einzelheiten Bezug genommen.
Sollte die ABA-Therapie die richtige Therapieform sein, wofür die beiden ärztlichen Stellungnahmen dritter Stellen hier deutlich sprechen und würde dem Antragsteller die ABA-Therapie vorenthalten, so würden aus dem Abbruch der Therapie für den Antragsteller schwere, unzumutbare gesundheitliche Nachteile entstehen, die später nicht mehr zu korrigieren wären. Daher ist die ABA-Therapie einstweilen fortzuführen.
Die Eltern haben dargelegt, dass sie nun nicht mehr in der Lage sind die Therapie aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren. Der Zeitpunkt ergibt sich aus den Darlegungen im Schriftsatz vom 10.10.2015 zum vorangegangenen Verfahren S 2 SO 345/15 ER, das den schulischen Integrationshelfer betraf. Für vorher aufgelaufene Kosten fehlt es unter dem Aspekt des gegenwärtigen Fortwirkens hier an der Eilbedürftigkeit. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten hier um die Höhe eines Persönlichen Budgets für die ABA-Therapie.
Der Antragsteller wurde am 00.00.2006 geboren. Er leidet an einem frühkindlichen Autismus, einer deutlichen kognitiven Retardierung, eine hyperkinetischen Störung des Sozialverhaltens sowie einer erheblichen Verhaltensstörung mit Distanzlosigkeit und Impulsivität. Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100 sowie den Nachteilsausgleichen G, H und B. Von der Pflegeversicherung wurde ihm die Pflegestufe 3 zuerkannt. Der inzwischen zehn Jahre alte Antragsteller befindet sich in vielen Bereichen auf dem Entwicklungsniveau eines Kleinkindes. Seit Juli 2009 nimmt der Antragsteller an dem Programm des Instituts L-ABA zur Autismustherapie teil, was auch im Rahmen Persönlicher Budgets in der Vergangenheit von der Antragsgegnerin gefördert wurde. Nach dem ABA-Konzept wurde er auch in der Kindertagesstätte gefördert. Zudem standen neben den Eltern mehrere Co-Therapeuten zur Verfügung, die ebenfalls eine Förderung nach dem Konzept vornahmen.
Um die Höhe des Persönlichen Budgets für den vorangegangenen Zeitraum vom 01.08.2012 bis 31.07.2013 betreffend die Schulbegleitung durch einen Integrationshelfer haben die Beteiligten bereits das Klageverfahren S 8 SO 328/12 geführt. Dort wurde die Antragsgegnerin diesbezüglich erstinstanzlich zu monatlichen Leistungen von 2.212,12 Euro verpflichtet. Für die weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil vom 17.02.2015 Bezug genommen. Die Berufung ist unter dem Aktenzeichen L 20 SO 99/15 beim LSG NRW anhängig.
Dem Antragsteller wurden außerdem anfänglich zunächst Leistungen in Höhe von 1.500 Euro monatlich für die Autismustherapie bewilligt. Mit Bescheid vom 07.11.2013 wurde für die Folgezeit vom 01.01.2013 bis 31.07.2014 ein persönliches Budget von 1.250 Euro bestimmt. Mit Bescheid vom 25.04.2014 wurde für die Zeit vom 01.03.2014 bis 31.07.2014 erneut ein persönliches Budget von 1.250 Euro bestimmt, nachdem der Bescheid vom 07.11.2013 zwischenzeitlich wegen eines Schulwechsels zunächst teilweise aufgehoben worden war. Mit Bescheid vom 02.02.2015 wurde für die Zeit vom 01.08.2014 bis 31.07.2015 ein persönliches Budget von 841 Euro für die Therapie nach ABA-L bestimmt. Gegen die drei genannten Bescheide erhob der Antragsteller jeweils Widerspruch mit dem Ziel, höhere Leistungen zu erhalten. Diesbezüglich erging der gemeinsame Widerspruchsbescheid vom 23.10.2015. Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 2 SO 352/15 geführt wird.
Der Antragsteller begehrt nun einstweiligen Rechtsschutz. Die Eltern des Antragstellers brächten weiterhin unverändert monatlich 1.500 Euro für die ABA-Therapie auf. Sie könnten nun nicht mehr weiter in Vorleistung treten. Der Antragsteller brauche dringend Eingliederungshilfe für alle Lebensbereiche und es könnte ihm großen Schaden zufügen, wenn man die intensive verhaltenstherapeutische Betreuung einstellen würde. Für die Einzelheiten wird auf die Antragsschrift vom 07.03.2016 Bezug genommen.
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin bis zum Abschluss des Klageverfahrens S 2 SO 352/15 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller vorläufig Eingliederungshilfe für die Therapie nach ABA-L in Form eines persönlichen Budgets in Höhe von 1.500 Euro monatlich zu leisten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Bereits mit der Zielvereinbarung für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 31.07.2015 sei dem Antragsteller mitgeteilt worden, dass bezüglich der Förderung durch das Institut L eine finanzielle Förderung bis Juli 2015 durch das Gesundheitsamt befürwortet werde und danach eine Förderpause für sinnvoll erachtet werde.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten S 2 SO 63/16 ER, S 2 SO 352/15 und S 2 SO 345/15, sowie das Urteil S 8 SO 328/12, das in Ablichtung zur Verfügung stand, Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist begründet. Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 86b Abs. 1 SGG auf Antrag ( ) 2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Diese Bestimmung kommt auch zur Anwendung, wenn die Verwaltung die aufschiebende Wirkung nicht beachtet, also die aufschiebende Wirkung festgestellt werden muss (Meyer-Ladewig-Keller, Kommentar zum SGG § 86b Rdnr. 5 und 15). Gemäß § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines bestehenden Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Der geltend gemachte Hilfeanspruch (Anordnungsanspruch) und die besonderen Gründe für die Notwendigkeit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund), die Eilbedürftigkeit, sind gemäß §§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens bedarf es einer Interessenabwägung, ob dem Antragsteller unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten unzumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Im vorliegenden Fall geht die Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers aus. Denn Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, erhalten gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten. Von einer Behinderung bedroht sind gemäß § 53 Abs. 2 SGB XII Personen, bei denen der Eintritt der Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Dies gilt für Personen, für die vorbeugende Gesundheitshilfe und Hilfe bei Krankheit nach den §§ 47 und 48 erforderlich ist, nur, wenn auch bei Durchführung dieser Leistungen eine Behinderung einzutreten droht. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es gemäß § 53 Abs. 3 SGB XII, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. Für die Leistungen zur Teilhabe gelten gemäß § 53 Abs. 4 SGB XII die Vorschriften des Neunten Buches, soweit sich aus diesem Buch und den auf Grund dieses Buches erlassenen Rechtsverordnungen nichts Abweichendes ergibt. Die Zuständigkeit und die Voraussetzungen für die Leistungen zur Teilhabe richten sich nach diesem Buch.
Die Möglichkeit der Leistung durch ein Persönliches Budget bestimmt sich nach § 57 S. 1 SGB XII in Verbindung § 17 Abs. 2 bis 4 SGB IX und der Budgetverordnung. Für die Einzelheiten wird insoweit auf die Entscheidungsgründe im Urteil vom 17.02.2015 zum Verfahren S 8 SO 328/12 Bezug genommen.
Ob der Antragsteller hiervon ausgehend tatsächlich weiterhin der Autismustherapie im ABA-Institut L bedarf, kann letztlich nur im Wege der Beweisaufnahme durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt werden. Eine solche Beweisaufnahme ist jedoch dem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Daher bedurfte es hier der Interessenabwägung für die Dauer des laufenden Klageverfahrens. Insoweit sprechen hier ganz gewichtige Gründe dafür, dass der Antragsteller weiterhin der Autismustherapie im bisherigen Umfang bedarf. Denn der Antragsteller ist nach wie vor sehr verhaltensauffällig. Der Entwicklungsstand bleibt immer stärker im Vergleich zu Gleichaltrigen zurück. Der Antragsteller befindet sich weiterhin auf dem Niveau eines Kleinkindes. Im Rahmen der Interessenabwägung hat das Gericht keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dieses etwa an einer falsch gewählten Therapieform läge. Vielmehr ist dieses starke Entwicklungsdefizit jedenfalls bei summarischer Beurteilung ohne Beweisaufnahme vorläufig als Ausdruck der starken Autismuserkrankung des Antragstellers zu beurteilen. Hierfür spricht auch die Be-urteilung des Sozialpädriatischen Zentrums des Ev. Krankenhauses in C durch Dr. C1 vom 22.06.2015, die sich in Ablichtung bei der Streitakte S 2 SO 352/15 befindet. Darin heißt es in der Beurteilung: "Aus sozialpädriatischer Sicht ist die intensive Fortführung der autismusspezifischen Förderung nach dem ABA-Prinzip sowie die umfassenden integrativen Maßnahmen weiterhin dringend notwendig." Ebenso spricht der Bericht der Uniklinik N vom 21.01.2016, der sich in Ablichtung ebenfalls bei der Streitakte S 2 SO 352/15 befindet, für eine Fortsetzung der Therapie. Auch die dortige Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie spricht sich dafür aus: "Aus kinder- und jugendpsychiatrischer Sicht wäre es deshalb wünschenswert, wenn Q die bestehenden Eingliederungshilfen in Form der ABA/VB Methode weiter erhalten könnte. ( ) Gerade der verhaltenstherapeutische klare Ansatz der ABA Methode ist bei ggf. auch niedrigem Gesamtintelligenzniveau wirkungsvoll, da Aktion und Reaktion klar und zeitlich direkt und immer wiederholend gekoppelt werden und so zu neu erlernten Verhaltensweisen führen, die einerseits Q Kontakt zur Außenwelt erleichtern, anderseits jedoch auch unerwünschte, weil ggf. provozierende oder aggressive Handlungen unterbinden." Auf den Inhalt der Stellungnahme wird für die Einzelheiten Bezug genommen.
Sollte die ABA-Therapie die richtige Therapieform sein, wofür die beiden ärztlichen Stellungnahmen dritter Stellen hier deutlich sprechen und würde dem Antragsteller die ABA-Therapie vorenthalten, so würden aus dem Abbruch der Therapie für den Antragsteller schwere, unzumutbare gesundheitliche Nachteile entstehen, die später nicht mehr zu korrigieren wären. Daher ist die ABA-Therapie einstweilen fortzuführen.
Die Eltern haben dargelegt, dass sie nun nicht mehr in der Lage sind die Therapie aus eigenen Mitteln vorzufinanzieren. Der Zeitpunkt ergibt sich aus den Darlegungen im Schriftsatz vom 10.10.2015 zum vorangegangenen Verfahren S 2 SO 345/15 ER, das den schulischen Integrationshelfer betraf. Für vorher aufgelaufene Kosten fehlt es unter dem Aspekt des gegenwärtigen Fortwirkens hier an der Eilbedürftigkeit. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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