Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 31 KR 352/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Bescheide der Beklagten vom 04.09.2009, 03.03. und 16.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.04.2011 werden aufgehoben, soweit vom Kläger die Erstattung von Leistungen in Höhe von 9.654,70 EUR verlangt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten zu ½.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beigeladene trotz Einkommens aus Vermietung und Verpachtung über den Kläger bei der Beklagten familienversichert war und ob die Beklagte Leistungen, die sie im Hinblick auf diese Familienversicherung der Beigeladenen gewährt hat, vom Kläger erstattet verlangen kann.
Der am 23.09.19xx geborene Kläger ist der Ehemann der am 21.08.19xx geborenen Beigeladenen. Beide sind seit 1965 verheiratet. Der Kläger ist Mitglied bei der Beklagten, aktuell als Rentner. Die Beigeladene ist über den Kläger seit dem 03.10.1984 familienversichert.
Sowohl der Kläger als auch die Beigeladene erzielen seit Jahren und nahezu ausschließlich Einkommen aus Vermietung und Verpachtung. Die Beigeladene ist Eigentümerin mehrerer Mietshäuser. Jedenfalls seit 1999 beläuft sich das Einkommen der Beigeladenen aus Vermietung und Verpachtung durchgängig auf einen Betrag, der oberhalb der jeweils gültigen Grenze nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - liegt (Erstellungsdatum des ältesten aktenkundigen Einkommensteuerbescheids – desjenigen für 1999 –: 02.02.2001).
Jedenfalls seit März 1999 hat der Kläger jährlich das Formular "Angaben zur Feststellung der Familienversicherung" an die Beklagte übersandt. Bis auf die Jahre 2000 und 2001 wurden diese Formulare immer vom Kläger allein unterschrieben. Die Felder zum Einkommen der Beigeladenen sind jeweils durchgestrichen und mit dem handschriftlichen Zusatz "Hausfrau" versehen.
Im Zusammenhang mit der Beratung des Klägers zu einer freiwilligen Mitgliedschaft Anfang 2008 erhielt die Beklagte Kenntnis vom Einkommensteuerbescheid des Klägers und der Beigeladenen für das Jahr 2005. Im Folgenden ließ sie sich sämtliche Einkommensteuerbescheide ab 1999 vorlegen. Der Kläger erklärte, vor 1999 habe die Beigeladene keine Einnahmen über der nach § 10 SGB V maßgeblichen Grenze gehabt. Mit notarieller Urkunde vom 20.07.2009 ließ sich der Kläger das lebenslange Nießbrauchsrecht an den Immobilien der Beigeladenen einräumen, was ab diesem Zeitpunkt zu einer steuerrechtlichen Berücksichtigung des Einkommens aus Vermietung und Verpachtung bei ihm führte.
Nach Anhörung vom 20.07.2009 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 04.09.2009 gegenüber dem Kläger fest, dass eine Familienversicherung der Beigeladenen nur bis 1999 vorliege. Ab April 2007 sei die Beigeladene im Rahmen der Bürgerversicherung zu versichern. Die Beklagte kündigte an, die an die Beigeladene im Zeitraum 1999 bis März 2007 erbrachten Leistungen zurückzufordern. Am 23.09.2009 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Ab 2007 könne die Beklagte die Feststellung noch nicht treffen, da noch keine Unterlagen diesbezüglich vorlägen. Was die angekündigte Rückforderung angehe, so scheide diese aus, da er sich bei Eingang der Fragebögen zur Familienversicherung immer telefonisch bei seinem jeweiligen Sachbearbeiter nach dem Grund für diese Angaben erkundigt habe. Die jeweiligen Sachbearbeiter hätten dann gefragt, was die Beigeladene beruflich mache. Auf seine Angabe, dass sie Hausfrau sei, sei ihm gesagt worden, dass er dann den Bogen durchstreichen könne. Er habe außerdem gegenüber einem Sachbearbeiter gesagt, dass am Ende des Jahres bei der Steuer ohnehin alles zusammenlaufe. Das sei ihm vom Sachbearbeiter bestätigt worden.
Unter dem 01.10.2009 übersandte die Beigeladene der Beklagten eine "Anzeige zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V". Nach Beiziehung weiterer Unterlagen übersandte die Beklagte dem Kläger unter dem 18.01.2011 ein Schreiben, in dem sie darauf hinwies, dass in dem Fragebogen zur Familienversicherung ausdrücklich eine Spalte für Einkommen aus Vermietung und Verpachtung vorgesehen sei, die der Kläger hätte ausfüllen müssen. Es sei beabsichtigt, die an die Beigeladene erbrachten Leistungen von ihm zurückzufordern.
Mit Bescheid vom 03.03.2011 erklärte die Beklagte, sie habe den Sachverhalt nochmals umfassend geprüft. Es habe sich ergeben, dass die Voraussetzungen einer Familienversicherung der Beigeladenen im Zeitraum 01.01.1999 bis 19.07.2009 nicht vorgelegen hätten. Entsprechend sei die Familienversicherung für diesen Zeitraum aufzuheben. Es seien keine Vermerke über die vom Kläger angeführten Telefongespräche vorhanden. Unter dem 16.03.2011 erließ die Beklagte einen weitgehend inhaltsgleichen Bescheid (nunmehr mit dem richtigen Namen der Beigeladenen).
Am 23.03.2011 legte der Kläger gegen die Bescheide vom 03.03. und 16.03.2011 Widerspruch ein. Er habe einem Sachbearbeiter sogar einmal mitgeteilt, dass seine Ehefrau Grundeigentum habe. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2011 (Zugang beim Bevollmächtigten am 15.04.2011) zurück. Die Zulässigkeit der rückwirkenden Feststellung, dass keine Familienversicherung bestanden habe, ergebe sich aus dem Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – vom 07.12.2000 (B 10 KR 3/99). Der Kläger habe die der Beigeladenen gegenüber erbrachten Leistungen zu erstatten. Rechtsgrundlage sei § 50 Abs. 2 SGB X i.V.m. §§ 45 ff. SGB X.
Hiergegen richtet sich die am 16.05.2011 (der 15.05.2011 war ein Sonntag) erhobene Klage.
Die Beklagte hat die streitgegenständliche Feststellung im Termin zur mündlichen Verhandlung dahingehend beschränkt, dass eine Familienversicherung lediglich vom 03.02.2001 bis 19.07.2009 nicht bestanden habe.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Er trägt ergänzend vor, er hätte sofort die Bestellung eines Nießbrauchsrechts zu seinen Gunsten am Grundeigentum der Beigeladenen veranlasst, wenn er früher von der Beklagten darauf hingewiesen worden wäre, dass deren Einkommen aus Vermietung und Verpachtung einer Familienversicherung entgegenstehe.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide vom 04.09.2009, 18.01.2011, 03.03.2011 und 16.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.04.2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene über ihn auch für den Zeitraum 03.02.2001 bis 19.07.2009 bei der Beklagten familienversichert war.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene stellt keine Anträge.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Sie trägt ergänzend vor, das Schreiben vom 18.01.2011 sei als Anhörung, das Schreiben vom 03.03.2011 als nochmaliger Bescheid anzusehen. Der Erstattungsbetrag ergebe sich aus den Leistungen, die der Beigeladenen bis März 2007 erbracht worden seien. In diese Berechnung hätten allerdings nur diejenigen Leistungen einbezogen werden können, die bei der Beklagten noch dokumentiert seien. Vor dem 09.02.2001 sei keine Leistung dokumentiert. Arzt- und Arzneimittelkosten seien erst ab 2004 berücksichtigt.
Die Beklagte hat schriftliche Stellungnahmen ihrer Sachbearbeiter Duemke, Range sowie des Zeugen Zimek vorgelegt und darauf hingewiesen, dass die vom Kläger ebenfalls benannten Sachbearbeiter Schmitz und Titz nicht mehr bei ihr beschäftigt seien. Der frühere Mitarbeiter Schmitz sei mittlerweile verstorben.
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Titz und Zimek. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 17.10.2011 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, deren jeweiliger wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Entscheidungen insofern im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – beschwert, als die ihm gegenüber geltend gemachte Erstattungsforderung rechtswidrig ist. Die auf den Zeitraum ab dem 03.02.2001 beschränkte Klage auf Feststellung des Bestehens einer Familienversicherung im Sinne von § 55 SGG ist dagegen unbegründet.
1. Gegenstand der Klage sind die Bescheide der Beklagten vom 04.09.2009, 03.03. und 16.03.2011. Das Schreiben der Beklagten vom 18.01.2011 wird lediglich als Anhörung gewertet. Dafür spricht nicht nur das Fehlen der äußeren Form eines Verwaltungsakts, sondern auch, dass in diesem Schreiben die Erstattungsforderung erst noch angekündigt wird. Das Schreiben diente nach längerer Sachverhaltsermittlung durch die Beklagte auf den ursprünglichen Widerspruch des Klägers vom 23.09.2009 hin offensichtlich als erneute Anhörung zur Vorbereitung einer nochmaligen Entscheidung.
Dass der Widerspruch vom 23.09.2009 möglicherweise nur auf die Feststellung für die Jahre 2007 bis 2009 beschränkt war, ist unerheblich, da die Beklagte mit den als Einheit anzusehenden Bescheiden vom 03.03. und 16.03.2011 im Hinblick auf den feststellenden Teil nochmals eine umfassende Sachentscheidung traf, die vom Kläger unter dem 23.03.2011 nunmehr umfassend angegriffen wurde.
Jedenfalls aus den zuletzt genannten Bescheiden ergibt sich auch eindeutig, dass Adressat der Bescheide allein der Kläger und nicht auch etwa die Beigeladene ist.
2. Die Feststellung, dass eine Familienversicherung vom 03.02.2001 bis 19.07.2009 nicht bestand, ist rechtmäßig.
Diese Feststellung ist nicht an die Voraussetzungen der §§ 45 ff. SGB X gebunden. Sie wäre nur dann unter den Voraussetzungen der §§ 45 ff. SGB X möglich, wenn in der Vergangenheit ein Bescheid erlassen worden wäre, der sich zum Bestehen einer Familienversicherung verhalten hätte. Das ist aber nicht der Fall. Insbesondere die aller Wahrscheinlichkeit nach erfolgte Übergabe einer Versichertenkarte stellt keinen solchen Bescheid dar (vgl. Baier, in: Krauskopf, SGB V, Stand: Juli 2005, § 10 Rdnr. 5; Landessozialgericht – LSG – Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.08.2005, L 9 KR 136/03, juris, Rdnr. 22). Fehlt es aber an einer vorangegangenen Feststellung per Bescheid, kann die Kasse ohne Weiteres eine rückwirkende Feststellung treffen (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 6; BSG, Urteil vom 07.12.2000, B 10 KR 3/99 R, juris, LS 2; LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rdnr. 23).
Auch bei einer rückwirkenden Feststellung ist jedoch eine vorausschauende Betrachtung vorzunehmen (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 6; BSG, a.a.O., Rdnr. 29 f.). Erster hier aktenkundiger Anhaltspunkt für das Nichtvorliegen einer Familienversicherung war der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 vom 02.02.2001. Bei vorausschauender Betrachtung konnte damit nach Aktenlage erstmals zum 03.02.2001 das Fehlen einer Familienversicherung festgestellt werden. Ausweislich der Steuerbescheide ab 1999 verfügte die Klägerin in der Folge immer über Einkommen aus Vermietung und Verpachtung, das die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V maßgebliche Grenze überstieg, weswegen eine Familienversicherung ausgeschlossen war. Die Beklagte hat ihre Feststellung im Termin zur mündlichen Verhandlung auf die Zeit ab dem 03.02.2001 beschränkt. Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob die Angabe des Klägers zutreffend war, seine Ehefrau habe vor 1999 kein Einkommen aus Vermietung und Verpachtung gehabt, das die nach § 10 SGB V maßgebliche Grenze überstieg.
Der Kläger kann eine Rechtswidrigkeit der Feststellung des Nichtbestehens einer Fami-lienversicherung der Beigeladenen nicht mit einer Falschberatung begründen. Zum einen könnte der Kläger über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht so gestellt werden, als hätte er sich schon früher ein Nießbrauchsrecht am Grundeigentum der Beigeladenen einräumen lassen. "Im Unterschied und zur Abgrenzung zum Amtshaftungsanspruch kommt im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs eine Ersetzung von tatsächlichen Umständen - wie dem Vorliegen einer vertraglichen Vereinbarung - denen gestaltende Entscheidungen des Antragstellers zu Grunde liegen, nicht in Betracht" (BSG, Urteil vom 31.10.2007, B 14/11b AS 63/06 R, Rdnr. 17 m.w.N.). Zum anderen ist eine Falschberatung nicht bewiesen. Der Vortrag des Klägers begegnet schon insofern Zweifeln, als in dem übersichtlich gehaltenen Formular "Angaben zur Feststellung der Familienversicherung" ausdrücklich nach Einkommen des Familienversicherten auch aus Vermietung und Verpachtung gefragt wird. Es wäre überraschend, wenn der Kläger dies nie gelesen hätte, zumal sein Vortrag, er habe gerade im Hinblick auf dieses Formular bei der Beklagten um Rat gefragt, nahelegt, dass er sich mit dem Formular beschäftigt hat. Die in Frage kommenden Sachbearbeiter konnten den Vortrag des Klägers jedenfalls nicht bestätigen. Die Zeugen, die wie die schriftlich befragten Mitarbeiter der Beklagten keine Erinnerung an konkrete Gespräche mit dem Kläger mehr hatten, haben vielmehr nachvollziehbar ausgesagt, dass sie die vermeintlichen Auskünfte entweder mangels Zuständigkeit oder wegen Kenntnis der Relevanz des Einkommens eines Familienversicherten aus Vermietung und Verpachtung keinesfalls gegeben hätten.
Als problematisch erweist sich allein, dass die Feststellung (nur) gegenüber dem Kläger als Stammversichertem vorgenommen wurde. Denn Feststellungen über die Familienversicherung sind grundsätzlich auch dem Familienversicherten gegenüber bekannt zu geben (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 7). Allerdings werden Fälle diskutiert, in denen eine gesonderte Feststellung gegenüber dem Familienversicherten unterbleibt, ohne dass dies offenbar zu einer Rechtswidrigkeit der Feststellung allein gegenüber dem Stammversicherten führt (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 7). Jedenfalls nach der älteren Rechtsprechung des BSG kann der Stammversicherte auch selber eine entsprechende Feststellung betreiben (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.1993, 12 RK 48/91, juris, Rdnr. 15 und Urteil vom 23.10.1996, 4 RK 1/96, Rdnr. 17; vgl. auch BSG, Urteil vom 18.03.1999, B 12 KR 8/98 R, juris, Rdnr. 18; kritisch hierzu Gerlach, in: Hauck/Noftz, VI/04, § 10 SGB V Rdnr. 98b). Die Kammer geht daher davon aus, dass die Feststellung des Nichtbestehens der Familienversicherung der Beigeladenen gegenüber dem Kläger als Stammversichertem als solche rechtmäßig war. Welche Folgen die unterbliebene Feststellung auch gegenüber der Beigeladenen als Familienversicherten im Verhältnis Beklagte/Beigelade hat, bedarf hier keiner weiteren Erörterung.
3. Die in den angefochtenen Entscheidungen des Weiteren enthaltene Erstattungsforderung gegenüber dem Kläger ist allerdings rechtswidrig. Die Beklagte ist nicht berechtigt, zu Unrecht an die Beigeladene erbrachte Leistungen vom Kläger zurückzufordern.
Im Leistungsverhältnis ist zwischen Leistungen an den Stammversicherten und Leistungen an den Familienversicherten zu unterscheiden. Der Familienversicherte hat einen eigenen Leistungsanspruch (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 13, 15; Felix, in: jurisPK-SGB V, Stand: 27.09.2010, § 10 Rdnr. 8; Ulmer, in: BeckOK-SGB V, Stand: 01.09.2011, § 10 Rdnr. 2; Peters, in: KassKomm, Stand: Januar 2009, § 10 Rdnr. 43). Die Rückabwicklungsbefugnis nach dem von der Beklagten im Grundsatz zutreffend herangezogenen § 50 SGB X ist aber als Kehrseite des sozialrechtlichen Leistungsverhältnisses anzusehen (vgl. Schütze, in: von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 50 Rdnr. 6 m.w.N.). Besteht also ein Leistungsverhältnis zwischen der Beklagten und der Beigeladenen, so muss auch ein etwaiger Erstattungsanspruch gegen die Beigeladene gerichtet werden. So wie Leistungsbescheide (nur) gegenüber dem Familienversicherten ergehen (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 14), so muss auch der Erstattungsbescheid gegen den Familienversicherten gerichtet werden. Dass die unzutreffenden Angaben in den entsprechenden Fragebögen zum Einkommen der Beigeladenen überwiegend vom Kläger getätigt wurden, hat keinen Einfluss auf dieses Rückabwicklungsverhältnis.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich für beide Beteiligten aus § 144 Abs. 1 SGG.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten zu ½.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beigeladene trotz Einkommens aus Vermietung und Verpachtung über den Kläger bei der Beklagten familienversichert war und ob die Beklagte Leistungen, die sie im Hinblick auf diese Familienversicherung der Beigeladenen gewährt hat, vom Kläger erstattet verlangen kann.
Der am 23.09.19xx geborene Kläger ist der Ehemann der am 21.08.19xx geborenen Beigeladenen. Beide sind seit 1965 verheiratet. Der Kläger ist Mitglied bei der Beklagten, aktuell als Rentner. Die Beigeladene ist über den Kläger seit dem 03.10.1984 familienversichert.
Sowohl der Kläger als auch die Beigeladene erzielen seit Jahren und nahezu ausschließlich Einkommen aus Vermietung und Verpachtung. Die Beigeladene ist Eigentümerin mehrerer Mietshäuser. Jedenfalls seit 1999 beläuft sich das Einkommen der Beigeladenen aus Vermietung und Verpachtung durchgängig auf einen Betrag, der oberhalb der jeweils gültigen Grenze nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - liegt (Erstellungsdatum des ältesten aktenkundigen Einkommensteuerbescheids – desjenigen für 1999 –: 02.02.2001).
Jedenfalls seit März 1999 hat der Kläger jährlich das Formular "Angaben zur Feststellung der Familienversicherung" an die Beklagte übersandt. Bis auf die Jahre 2000 und 2001 wurden diese Formulare immer vom Kläger allein unterschrieben. Die Felder zum Einkommen der Beigeladenen sind jeweils durchgestrichen und mit dem handschriftlichen Zusatz "Hausfrau" versehen.
Im Zusammenhang mit der Beratung des Klägers zu einer freiwilligen Mitgliedschaft Anfang 2008 erhielt die Beklagte Kenntnis vom Einkommensteuerbescheid des Klägers und der Beigeladenen für das Jahr 2005. Im Folgenden ließ sie sich sämtliche Einkommensteuerbescheide ab 1999 vorlegen. Der Kläger erklärte, vor 1999 habe die Beigeladene keine Einnahmen über der nach § 10 SGB V maßgeblichen Grenze gehabt. Mit notarieller Urkunde vom 20.07.2009 ließ sich der Kläger das lebenslange Nießbrauchsrecht an den Immobilien der Beigeladenen einräumen, was ab diesem Zeitpunkt zu einer steuerrechtlichen Berücksichtigung des Einkommens aus Vermietung und Verpachtung bei ihm führte.
Nach Anhörung vom 20.07.2009 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 04.09.2009 gegenüber dem Kläger fest, dass eine Familienversicherung der Beigeladenen nur bis 1999 vorliege. Ab April 2007 sei die Beigeladene im Rahmen der Bürgerversicherung zu versichern. Die Beklagte kündigte an, die an die Beigeladene im Zeitraum 1999 bis März 2007 erbrachten Leistungen zurückzufordern. Am 23.09.2009 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Ab 2007 könne die Beklagte die Feststellung noch nicht treffen, da noch keine Unterlagen diesbezüglich vorlägen. Was die angekündigte Rückforderung angehe, so scheide diese aus, da er sich bei Eingang der Fragebögen zur Familienversicherung immer telefonisch bei seinem jeweiligen Sachbearbeiter nach dem Grund für diese Angaben erkundigt habe. Die jeweiligen Sachbearbeiter hätten dann gefragt, was die Beigeladene beruflich mache. Auf seine Angabe, dass sie Hausfrau sei, sei ihm gesagt worden, dass er dann den Bogen durchstreichen könne. Er habe außerdem gegenüber einem Sachbearbeiter gesagt, dass am Ende des Jahres bei der Steuer ohnehin alles zusammenlaufe. Das sei ihm vom Sachbearbeiter bestätigt worden.
Unter dem 01.10.2009 übersandte die Beigeladene der Beklagten eine "Anzeige zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V". Nach Beiziehung weiterer Unterlagen übersandte die Beklagte dem Kläger unter dem 18.01.2011 ein Schreiben, in dem sie darauf hinwies, dass in dem Fragebogen zur Familienversicherung ausdrücklich eine Spalte für Einkommen aus Vermietung und Verpachtung vorgesehen sei, die der Kläger hätte ausfüllen müssen. Es sei beabsichtigt, die an die Beigeladene erbrachten Leistungen von ihm zurückzufordern.
Mit Bescheid vom 03.03.2011 erklärte die Beklagte, sie habe den Sachverhalt nochmals umfassend geprüft. Es habe sich ergeben, dass die Voraussetzungen einer Familienversicherung der Beigeladenen im Zeitraum 01.01.1999 bis 19.07.2009 nicht vorgelegen hätten. Entsprechend sei die Familienversicherung für diesen Zeitraum aufzuheben. Es seien keine Vermerke über die vom Kläger angeführten Telefongespräche vorhanden. Unter dem 16.03.2011 erließ die Beklagte einen weitgehend inhaltsgleichen Bescheid (nunmehr mit dem richtigen Namen der Beigeladenen).
Am 23.03.2011 legte der Kläger gegen die Bescheide vom 03.03. und 16.03.2011 Widerspruch ein. Er habe einem Sachbearbeiter sogar einmal mitgeteilt, dass seine Ehefrau Grundeigentum habe. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2011 (Zugang beim Bevollmächtigten am 15.04.2011) zurück. Die Zulässigkeit der rückwirkenden Feststellung, dass keine Familienversicherung bestanden habe, ergebe sich aus dem Urteil des Bundessozialgerichts – BSG – vom 07.12.2000 (B 10 KR 3/99). Der Kläger habe die der Beigeladenen gegenüber erbrachten Leistungen zu erstatten. Rechtsgrundlage sei § 50 Abs. 2 SGB X i.V.m. §§ 45 ff. SGB X.
Hiergegen richtet sich die am 16.05.2011 (der 15.05.2011 war ein Sonntag) erhobene Klage.
Die Beklagte hat die streitgegenständliche Feststellung im Termin zur mündlichen Verhandlung dahingehend beschränkt, dass eine Familienversicherung lediglich vom 03.02.2001 bis 19.07.2009 nicht bestanden habe.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Er trägt ergänzend vor, er hätte sofort die Bestellung eines Nießbrauchsrechts zu seinen Gunsten am Grundeigentum der Beigeladenen veranlasst, wenn er früher von der Beklagten darauf hingewiesen worden wäre, dass deren Einkommen aus Vermietung und Verpachtung einer Familienversicherung entgegenstehe.
Der Kläger beantragt,
die Bescheide vom 04.09.2009, 18.01.2011, 03.03.2011 und 16.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.04.2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene über ihn auch für den Zeitraum 03.02.2001 bis 19.07.2009 bei der Beklagten familienversichert war.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene stellt keine Anträge.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Sie trägt ergänzend vor, das Schreiben vom 18.01.2011 sei als Anhörung, das Schreiben vom 03.03.2011 als nochmaliger Bescheid anzusehen. Der Erstattungsbetrag ergebe sich aus den Leistungen, die der Beigeladenen bis März 2007 erbracht worden seien. In diese Berechnung hätten allerdings nur diejenigen Leistungen einbezogen werden können, die bei der Beklagten noch dokumentiert seien. Vor dem 09.02.2001 sei keine Leistung dokumentiert. Arzt- und Arzneimittelkosten seien erst ab 2004 berücksichtigt.
Die Beklagte hat schriftliche Stellungnahmen ihrer Sachbearbeiter Duemke, Range sowie des Zeugen Zimek vorgelegt und darauf hingewiesen, dass die vom Kläger ebenfalls benannten Sachbearbeiter Schmitz und Titz nicht mehr bei ihr beschäftigt seien. Der frühere Mitarbeiter Schmitz sei mittlerweile verstorben.
Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Titz und Zimek. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 17.10.2011 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, deren jeweiliger wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Entscheidungen insofern im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – beschwert, als die ihm gegenüber geltend gemachte Erstattungsforderung rechtswidrig ist. Die auf den Zeitraum ab dem 03.02.2001 beschränkte Klage auf Feststellung des Bestehens einer Familienversicherung im Sinne von § 55 SGG ist dagegen unbegründet.
1. Gegenstand der Klage sind die Bescheide der Beklagten vom 04.09.2009, 03.03. und 16.03.2011. Das Schreiben der Beklagten vom 18.01.2011 wird lediglich als Anhörung gewertet. Dafür spricht nicht nur das Fehlen der äußeren Form eines Verwaltungsakts, sondern auch, dass in diesem Schreiben die Erstattungsforderung erst noch angekündigt wird. Das Schreiben diente nach längerer Sachverhaltsermittlung durch die Beklagte auf den ursprünglichen Widerspruch des Klägers vom 23.09.2009 hin offensichtlich als erneute Anhörung zur Vorbereitung einer nochmaligen Entscheidung.
Dass der Widerspruch vom 23.09.2009 möglicherweise nur auf die Feststellung für die Jahre 2007 bis 2009 beschränkt war, ist unerheblich, da die Beklagte mit den als Einheit anzusehenden Bescheiden vom 03.03. und 16.03.2011 im Hinblick auf den feststellenden Teil nochmals eine umfassende Sachentscheidung traf, die vom Kläger unter dem 23.03.2011 nunmehr umfassend angegriffen wurde.
Jedenfalls aus den zuletzt genannten Bescheiden ergibt sich auch eindeutig, dass Adressat der Bescheide allein der Kläger und nicht auch etwa die Beigeladene ist.
2. Die Feststellung, dass eine Familienversicherung vom 03.02.2001 bis 19.07.2009 nicht bestand, ist rechtmäßig.
Diese Feststellung ist nicht an die Voraussetzungen der §§ 45 ff. SGB X gebunden. Sie wäre nur dann unter den Voraussetzungen der §§ 45 ff. SGB X möglich, wenn in der Vergangenheit ein Bescheid erlassen worden wäre, der sich zum Bestehen einer Familienversicherung verhalten hätte. Das ist aber nicht der Fall. Insbesondere die aller Wahrscheinlichkeit nach erfolgte Übergabe einer Versichertenkarte stellt keinen solchen Bescheid dar (vgl. Baier, in: Krauskopf, SGB V, Stand: Juli 2005, § 10 Rdnr. 5; Landessozialgericht – LSG – Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.08.2005, L 9 KR 136/03, juris, Rdnr. 22). Fehlt es aber an einer vorangegangenen Feststellung per Bescheid, kann die Kasse ohne Weiteres eine rückwirkende Feststellung treffen (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 6; BSG, Urteil vom 07.12.2000, B 10 KR 3/99 R, juris, LS 2; LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rdnr. 23).
Auch bei einer rückwirkenden Feststellung ist jedoch eine vorausschauende Betrachtung vorzunehmen (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 6; BSG, a.a.O., Rdnr. 29 f.). Erster hier aktenkundiger Anhaltspunkt für das Nichtvorliegen einer Familienversicherung war der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 vom 02.02.2001. Bei vorausschauender Betrachtung konnte damit nach Aktenlage erstmals zum 03.02.2001 das Fehlen einer Familienversicherung festgestellt werden. Ausweislich der Steuerbescheide ab 1999 verfügte die Klägerin in der Folge immer über Einkommen aus Vermietung und Verpachtung, das die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V maßgebliche Grenze überstieg, weswegen eine Familienversicherung ausgeschlossen war. Die Beklagte hat ihre Feststellung im Termin zur mündlichen Verhandlung auf die Zeit ab dem 03.02.2001 beschränkt. Damit kommt es nicht mehr darauf an, ob die Angabe des Klägers zutreffend war, seine Ehefrau habe vor 1999 kein Einkommen aus Vermietung und Verpachtung gehabt, das die nach § 10 SGB V maßgebliche Grenze überstieg.
Der Kläger kann eine Rechtswidrigkeit der Feststellung des Nichtbestehens einer Fami-lienversicherung der Beigeladenen nicht mit einer Falschberatung begründen. Zum einen könnte der Kläger über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht so gestellt werden, als hätte er sich schon früher ein Nießbrauchsrecht am Grundeigentum der Beigeladenen einräumen lassen. "Im Unterschied und zur Abgrenzung zum Amtshaftungsanspruch kommt im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs eine Ersetzung von tatsächlichen Umständen - wie dem Vorliegen einer vertraglichen Vereinbarung - denen gestaltende Entscheidungen des Antragstellers zu Grunde liegen, nicht in Betracht" (BSG, Urteil vom 31.10.2007, B 14/11b AS 63/06 R, Rdnr. 17 m.w.N.). Zum anderen ist eine Falschberatung nicht bewiesen. Der Vortrag des Klägers begegnet schon insofern Zweifeln, als in dem übersichtlich gehaltenen Formular "Angaben zur Feststellung der Familienversicherung" ausdrücklich nach Einkommen des Familienversicherten auch aus Vermietung und Verpachtung gefragt wird. Es wäre überraschend, wenn der Kläger dies nie gelesen hätte, zumal sein Vortrag, er habe gerade im Hinblick auf dieses Formular bei der Beklagten um Rat gefragt, nahelegt, dass er sich mit dem Formular beschäftigt hat. Die in Frage kommenden Sachbearbeiter konnten den Vortrag des Klägers jedenfalls nicht bestätigen. Die Zeugen, die wie die schriftlich befragten Mitarbeiter der Beklagten keine Erinnerung an konkrete Gespräche mit dem Kläger mehr hatten, haben vielmehr nachvollziehbar ausgesagt, dass sie die vermeintlichen Auskünfte entweder mangels Zuständigkeit oder wegen Kenntnis der Relevanz des Einkommens eines Familienversicherten aus Vermietung und Verpachtung keinesfalls gegeben hätten.
Als problematisch erweist sich allein, dass die Feststellung (nur) gegenüber dem Kläger als Stammversichertem vorgenommen wurde. Denn Feststellungen über die Familienversicherung sind grundsätzlich auch dem Familienversicherten gegenüber bekannt zu geben (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 7). Allerdings werden Fälle diskutiert, in denen eine gesonderte Feststellung gegenüber dem Familienversicherten unterbleibt, ohne dass dies offenbar zu einer Rechtswidrigkeit der Feststellung allein gegenüber dem Stammversicherten führt (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 7). Jedenfalls nach der älteren Rechtsprechung des BSG kann der Stammversicherte auch selber eine entsprechende Feststellung betreiben (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.1993, 12 RK 48/91, juris, Rdnr. 15 und Urteil vom 23.10.1996, 4 RK 1/96, Rdnr. 17; vgl. auch BSG, Urteil vom 18.03.1999, B 12 KR 8/98 R, juris, Rdnr. 18; kritisch hierzu Gerlach, in: Hauck/Noftz, VI/04, § 10 SGB V Rdnr. 98b). Die Kammer geht daher davon aus, dass die Feststellung des Nichtbestehens der Familienversicherung der Beigeladenen gegenüber dem Kläger als Stammversichertem als solche rechtmäßig war. Welche Folgen die unterbliebene Feststellung auch gegenüber der Beigeladenen als Familienversicherten im Verhältnis Beklagte/Beigelade hat, bedarf hier keiner weiteren Erörterung.
3. Die in den angefochtenen Entscheidungen des Weiteren enthaltene Erstattungsforderung gegenüber dem Kläger ist allerdings rechtswidrig. Die Beklagte ist nicht berechtigt, zu Unrecht an die Beigeladene erbrachte Leistungen vom Kläger zurückzufordern.
Im Leistungsverhältnis ist zwischen Leistungen an den Stammversicherten und Leistungen an den Familienversicherten zu unterscheiden. Der Familienversicherte hat einen eigenen Leistungsanspruch (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 13, 15; Felix, in: jurisPK-SGB V, Stand: 27.09.2010, § 10 Rdnr. 8; Ulmer, in: BeckOK-SGB V, Stand: 01.09.2011, § 10 Rdnr. 2; Peters, in: KassKomm, Stand: Januar 2009, § 10 Rdnr. 43). Die Rückabwicklungsbefugnis nach dem von der Beklagten im Grundsatz zutreffend herangezogenen § 50 SGB X ist aber als Kehrseite des sozialrechtlichen Leistungsverhältnisses anzusehen (vgl. Schütze, in: von Wulffen, SGB X, 6. Aufl. 2008, § 50 Rdnr. 6 m.w.N.). Besteht also ein Leistungsverhältnis zwischen der Beklagten und der Beigeladenen, so muss auch ein etwaiger Erstattungsanspruch gegen die Beigeladene gerichtet werden. So wie Leistungsbescheide (nur) gegenüber dem Familienversicherten ergehen (vgl. Baier, a.a.O., Rdnr. 14), so muss auch der Erstattungsbescheid gegen den Familienversicherten gerichtet werden. Dass die unzutreffenden Angaben in den entsprechenden Fragebögen zum Einkommen der Beigeladenen überwiegend vom Kläger getätigt wurden, hat keinen Einfluss auf dieses Rückabwicklungsverhältnis.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich für beide Beteiligten aus § 144 Abs. 1 SGG.
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