Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 28 AS 1979/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 28.08.2012 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 17.10.2012 und des Widerspruchsbescheides vom 22.10.2012 wird abgeändert und den Klägern zusätzliche Leistungen der Grundsicherung für den Bedarf für die Kosten der Unterkunft in Höhe von 44,00 EUR monatlich im Zeitraum Oktober 2012 bis März 2013 bewilligt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger in Höhe von 82 v.H ...
Tatbestand:
Die Kläger begehren von dem Beklagten höhere Leistungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung nach den Vorschriften des Zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II).
Die Kläger (der am 00.00.1950 geborene Kläger zu 1) und seine Ehefrau, die am 00.00.1956 geborene Klägerin zu 2)) zogen zum 01.10.2012 von C in die im streitgegenständlichen Zeitraum von ihnen bewohnte Wohnung Uweg 0b in I. Den Mietvertrag hatten sie Ende Juli 2012 unterzeichnet. Die Wohnung verfügte über eine Wohnfläche von 68 qm. Die monatliche Grundmiete betrug 310,00 EUR, die monatlichen Vorauszahlungen für die kalten Nebenkosten 85,00 EUR und die monatliche Heizkostenvorauszahlung ebenfalls 85,00 EUR. Daneben waren monatlich 25,00 EUR für einen PKW-Stellplatz zu entrichten.
Bereits am 24.07.2012 hatten die Kläger bei dem Beklagten Leistungen ab dem 01.10.2012 beantragt und auf ihren Zuzug in die o.g. Wohnung hingewiesen. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 28.08.2012 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen für den Zeitraum 01.10.2012 bis März 2013. Dabei berücksichtigte er einen Bedarf für die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 418,50 EUR monatlich.
Hiergegen erhoben die Kläger am 10.09.2012 Widerspruch. Die Festsetzung der Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft sei nicht rechtmäßig. Mit Änderungsbescheid vom 17.10.2012 erhöhte der Beklagte die monatlichen Leistungen für Unterkunft und Heizung auf 436,00 EUR monatlich. Den Widerspruch im Übrigen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2012 zurück. Zur Ermittlung der angemessenen Kaltmiete habe der Beklagte die zugänglichen Wohnungsinserate aus dem Kreis I seit dem 01.01.2005 kontinuierlich ausgewertet, insgesamt mehr als 5800. Damit habe er sowohl Bestands- als auch Angebotsmieten in einem Umfang von mehr als 10 v.H. des gesamten Wohnungsbestandes im Kreis erfasst. Hieraus ergebe sich eine angemessene Kaltmiete von 4,09 EUR/qm, unter Berücksichtigung einer angemessenen Wohnfläche von 65 qm für zwei Personen mithin rund 266 EUR monatlich. Daneben seien die tatsächlichen kalten Nebenkosten und Heizkosten zu berücksichtigten. Selbst wenn das Konzept des Beklagten nicht als schlüssig im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angesehen werden könnte, so zumindest auf den für die Kreisstadt I erstellten qualifizierten Mietspiegel abgestellt werden. Für die Baualtersklassen 1970-1979 und älter ergebe sich ein durchschnittlicher Betrag von 4,04 EUR/qm. Im Zeitraum Ende 2011 bis Mitte 2012 seien auch ausreichend Wohnungen inseriert und angeboten worden, die im Rahmen dieser Grenzen hätten angemietet werden können.
Hiergegen richtet sich die am 07.11.2012 erhobene Klage. Die Kläger haben vorgetragen, das Konzept des Beklagten zur Ermittlung der angemessenen Kaltmiete sei nicht schlüssig im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Die dort aufgestellten Voraussetzungen seien sämtlich nicht erfüllt. Der Mietspiegel sei ebenfalls kein schlüssiges Konzept. Somit sei auf § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen. Danach sei inklusive eines Sicherheitszuschlags von 10 v.H. eine Kaltmiete inklusive kalte Nebenkosten von 387,00 EUR monatlich angemessen. Zusammen mit den tatsächlichen Heizkosten ergäben sich angemessene Kosten der Unterkunft von 472,00 EUR monatlich. Diese Leistungen stünden den Klägern zu.
Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
den Bescheid vom 28.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern weitere Leistungen für den Zeitraum 01.10.2012 bis 31.03.2013 in Höhe von 53,50 EUR monatlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Es bestehe ein qualifizierter Mietspiegel. Die Werte der Wohngeldtabelle seien deshalb nicht anzuwenden. Sofern das Gericht darauf hinweise, dass nicht nur eine angemessene Nettokaltmiete, sondern eine angemessene Bruttokaltmiete zu ermitteln sei, so halte sie dies, wie in anderen Verfahren vorgetragen, für nicht richtig.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und beschweren die Kläger jedenfalls im Umfang des von ihnen gestellten Antrags. Denn jedenfalls in diesem Umfang stehen den Klägern weitere Leistungen der Grundsicherung für die Kosten für Unterkunft und Heizung zu.
Die Kläger waren im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.04.2012 bis 30.09.2012 im Sinne der §§ 9, 7 und 8 SGB II erwerbsfähig und hilfebedürftig. Gegenteilige Anhaltspunkte liegen nicht vor und werden von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht.
Anspruchsgrundlage für die begehrten höheren Leistungen ist § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
Die tatsächlichen monatlichen Aufwendungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung betrugen hier 405 EUR, zusammengesetzt aus der Nettokaltmiete von 310,00 EUR, den kalten Nebenkosten von 85,00 EUR und den Heizkosten von 85,00 EUR. Nicht zu berücksichtigen sind die Kosten von 25 EUR monatlich für den KFZ-Stellplatz. Solche Kosten sind nur dann Unterkunftskosten im Sinne von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II, wenn die Wohnung ohne den Stellplatz nicht angemietet werden kann (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R). Dies war hier nach Auskunft des Vermieters nicht der Fall.
Die Angemessenheit der vorgenannten tatsächlichen Aufwendungen für eine Wohnung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in mehreren Schritten zu prüfen (BSG, Urteil vom 17.12.2009 Az. B 4 AS 27/09 R; 19.10.2010 Az. B 14 AS 2/10 R). Zunächst ist die Größe der Wohnung des oder der Hilfebedürftigen festzustellen und zu prüfen, ob diese angemessen ist. Dabei erfolgt die Bemessung der angemessenen Größe nach den landesrechtlichen Durchführungsvorschriften zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.09.2001. Angemessen ist eine Wohnung ferner nur, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügt es jedoch insoweit, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist, also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, die angemessenen Mietobergrenzen nicht überschreitet (Bundessozialgericht Urteil vom 17.12.2009 und 19.10.2010 a.a.O.).
Zu ermitteln ist somit zunächst die abstrakte Angemessenheit der Wohnkosten bestehend aus Wohnungsgröße, Grundmiete und kalten Betriebskosten (ohne Heizkosten), sodann ist in einem zweiten Schritt im Rahmen der konkreten Angemessenheit zu prüfen, ob es dem Betroffenen aufgrund seiner individuellen Verhältnisse möglich und zumutbar war, die Wohnung zu wechseln und sodann ist in einem dritten Schritt zu ermitteln, ob die als abstrakt angemessenen Wohnungen am Wohnungsmarkt auch konkret verfügbar waren.
Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich nach den Werten, die die Länder aufgrund von § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.09.2001 festgelegt haben. Maßgeblich in Nordrhein-Westfalen sind die mit dem Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 12.12.2009 erlassenen Wohnraumnutzungsbestimmungen. Für die Bewilligung von gefördertem Wohnraum sind ab dem 01.01.2010 daher die in Nr. 8.2 der Wohnraumnutzungsbestimmungen angesetzten Werte für Wohnflächen maßgeblich (Bundessozialgericht Urteil vom 16.05.2012 Az. B 4 AS 109/11 R). Für einen Zweipersonenhaushalt ist demnach eine Wohnfläche von bis zu 65 m² als angemessen anzusehen. Die von den Klägern bewohnte Wohnung überschreitet mit 68 m² die maßgeblichen Wohnflächengrenzen von 65 m² bzw. 50 m² und ist somit hinsichtlich der Wohnungsgröße nicht angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II.
Die Überschreitung der angemessenen Wohnungsgröße ist jedoch grundsicherungsrechtlich unbeachtlich, wenn das Produkt aus Wohnungsgröße und Wohnungsstandard ausgedrückt in der Höhe des Mietpreises gleichwohl angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II wäre (Bundessozialgericht Urteil vom 17.12.2009 a.a.O.). Die Wohnung muss hierbei nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen und darf keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen. Zu ermitteln ist die zu übernehmende Miete im räumlichen Vergleichsraum begrenzt auf die angemessene Mietobergrenze (Bundessozialgericht Urteil vom 17.12.2009 a.a.O.). Zu ermitteln ist sodann die angemessene Miete für Wohnungen einfachen Standards, das heißt die Referenzmiete in dem angegebenen Vergleichsraum. Der Begriff der Angemessenheit stellt hierbei einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der von den Gerichten voll überprüfbar ist. Der angemessene Mietpreis soll dabei die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraumes abbilden und gewährleisten, dass der Hilfebedürftige durch die Grundsicherungsleistungen das elementare Grundbedürfnis "Wohnen" zu grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen befriedigen kann (Bundessozialgericht Urteil vom 17.12.2009 a.a.O.). Grundlage für die Ermittlung der Mietobergrenze bildet nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein schlüssiges Konzept, welches grundsätzlich von dem Grundsicherungsträger vorzulegen ist, der im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflichten dem Gericht eine Entscheidungsgrundlage zu verschaffen hat (Bundessozialgericht Urteil vom 17.12.2009 a.a.O.). Kommt der Grundsicherungsträger dieser Verpflichtung nicht nach, ist es zunächst im Sinne der Amtsermittlung Aufgabe der Gerichte, den angemessenen Mietwert zu ermitteln. Erst im Falle eines Ermittlungsausfalls kann hilfsweise auf die Werte des § 12 Wohngeldgesetz (gegebenenfalls unter Einschluss eines Zuschlages) zurückgegriffen werden (Bundessozialgericht Urteil vom 17.12.2009 a.a.O.).
Ein schlüssiges Konzept erfordert ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (Bundessozialgericht vom 17.12.2009 a.a.O. m.w.N., Urteil vom 10.09.2013 Az. B 4 AS 77/12 R). Diese Voraussetzungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dann erfüllt wenn:
- Die Datenerhebung ausschließlich in dem genau eingegrenzten und über den gesamten Vergleichsraum erfolgt (keine Ghettobildung) - Eine nachvollziehbare Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zum Beispiel welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße vorliegt - Die Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zum Beispiel Mietspiegel) festgelegt sind - Die Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten gewährleistet ist - Die Validität der Datenerhebung gewährleistet ist - Anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze der Datenauswertung eingehalten worden sind - Angaben über die gezogenen Schlüsse (zum Beispiel Spannoberwert oder Kappungsgrenze) enthalten sind.
Nach Überzeugung der Kammer liegt dem von der Beklagten als angemessen erachteten Grundmietpreis von 4,09 EUR ein schlüssiges Konzept im vorgenannten Sinne nicht zu Grunde. Dies ergibt sich allein schon daraus, dass bei einer alleinigen Auswertung von Zeitungsannoncen weder die Validität noch die Repräsentativität der erhobenen Daten gesichert ist. Die vom Beklagten anhand von Zeitungsanzeigen zusammengestellten Daten unterliegen einer Zufälligkeit im Hinblick auf die vom Vermieter mitgeteilten Informationen, begrenzt auch durch die zulässigen Zeichen eines Anzeigentextes (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 03.04.2014, L 7 AS 786/11). Aufgrund der Natur der Datenerhebung ist auch eine "Nachbesserung" dieses Konzepts durch den Beklagten ausgeschlossen. Die Kammer weist darauf hin, dass das schlüssige Konzept auch nicht durch eine "Gegenprobe" ersetzt werden kann. D.h., allein der Umstand, dass es möglich war, Wohnraum zu den von dem Beklagten für angemessen erachteten Wert anzumieten, bedeutet nicht, dass ein Wert zutreffend ermittelt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, Rz. 22).
Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass dieser Wert von 4,09 EUR durch den Mietspiegel der Stadt I nicht hinreichend validiert ist. Die Kammer hält es jedenfalls für nicht hinreichend, dass der Beklagte hierbei nur die Baualtersklassen bis 1979 berücksichtigt. Dass Wohnungen einfachen Standards sich nur in diesen Baualtersklassen befinden, ist eine Annahme, die die Kammer nicht teilt. Lediglich die Wohnung der (in Relation zu dem streitgegenständlichen Zeitraum) neuesten Baujahre sind nach ihrer Überzeugung auszuschließen. Bezieht man allein die Baualtersklassen bis 1989 mit ein, so ergibt sich ein Wert von 4,25 EUR/qm, woraus sich eine angemessene Kaltmiete von 276,25 EUR ergibt.
Maßgeblich für die Bestimmung der abstrakten Angemessenheit ist dann auch nicht allein die Nettokaltmiete. Entscheidend ist vielmehr das Produkt aus Wohnungsgröße und Wohnungsstandard zzgl. der kalten Betriebskosten (Nebenkosten ohne Heizkosten; vgl. Bundessozialgericht Urteil vom 19.10.2010 Az. B 14 AS 2/10 R, 10.09.2013, B 4 AS 77/12 R). Zwar ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass im Rahmen des schlüssigen Konzeptes zunächst eine Vergleichsbasis geschaffen werden muss. Dies hat der Beklagte getan, indem er unter Berücksichtigung des Mietspiegels zunächst allein auf die Nettokaltmiete abgestellt hat. Um jedoch zu ermitteln, welcher Mietpreis für die Wohnungen im unteren Segment als maximal abstrakt angemessen anzusehen ist, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf das Produkt aus Wohnungsgröße und Wohnungsstandard zzgl. der kalten Betriebskosten abzustellen (vgl. Bundessozialgericht Urteil vom 19.10.2010 a.a.O.). Der 4. Senates des Bundessozialgerichts hat sich dieser Rechtsprechung ausdrücklich angeschlossen (vgl. Urteil vom 10.09.2013 a.a.O.). Dieses Vorgehen gewährleistet für die Leistungsberechtigten die Möglichkeit, innerhalb des die Angemessenheit bestimmenden Produkts aus Wohnungsgröße und Ausstattung tatsächlich frei wählen zu können, die Möglichkeiten der Produkttheorie also ausschöpfen zu können (vgl. Bundessozialgericht Urteil vom 10.09.2013 a.a.O.). Eine solche Bestimmung der abstrakten Angemessenheit unter Einschluss der kalten Betriebskosten hat der Beklagte nicht vorgenommen, sondern vielmehr allein auf die Grundmiete zuzüglich der tatsächlichen Betriebskosten abgestellt. Das Konzept des Beklagten ist insoweit zu ergänzen. Da der Beklagte keine eigene Datenerhebung hinsichtlich der Betriebskosten vorgenommen hat, ist zur Bestimmung der abstrakt angemessenen (kalten) Betriebskosten auf Betriebskostenübersichten abzustellen, wobei örtliche Betriebskostenübersichten zu bevorzugen sind (Bundessozialgericht Urteil vom 19.10.2010 a.a.O.). Dem folgend stellt die Kammer für die Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Nebenkosten auf den Betriebskostenspiegel für Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2011 ab. Hiernach ergeben sich durchschnittlich angemessene Betriebskosten ohne Heizkosten in Höhe von 1,94 EUR pro Quadratmeter (Grundsteuer 0,20 EUR, Wasser inklusive Abwasser 0,44 EUR, Aufzug 0,13 EUR, Straßenreinigung und, 0,03 Euro, Müllbeseitigung 0,21 EUR, Gebäudereinigung 0,19 EUR, Gartenpflege 0,10 EUR, allgemein Strom 0,04 EUR, Schornsteinreinigung 0,03 EUR, Versicherung 0,17 EUR, Hauswart 0,18 EUR, Antenne/Kabel 0,15 EUR und sonstige Kosten 0,07 EUR). Auf Grundlage einer angemessenen Wohnfläche von 65 qm ergeben sich mithin angemessene kalte Betriebskosten von 126,10 EUR.
Zuzüglich der von der Kammer angemessen erachteten Nettokaltmiete von 276,25 EUR monatlich ergeben sich angemessene Bruttokaltmietkosten von 402,35 EUR monatlich, während die tatsächlichen Kosten insoweit nur 395,00 EUR monatlich betragen.
Hieraus ergibt sich ein Anspruch der Kläger auf weitere monatliche Leistungen für die Bedarfe für die Kosten der Unterkunft in Höhe von 44,00 EUR monatlich (tatsächliche Bruttokaltmiete von 395,00 EUR abzüglich der bereits berücksichtigen Bruttokaltmiete von 351,00 EUR).
Der Antrag der Kläger im Übrigen (welcher einerseits auf der Annahme einer angemessenen Bruttokaltmiete von 472,00 EUR monatlich, andererseits darauf beruht, dass die Kläger den Änderungsbescheid vom 17.10.2012 übersehen haben) war dagegen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Die Kläger begehren von dem Beklagten höhere Leistungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung nach den Vorschriften des Zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II).
Die Kläger (der am 00.00.1950 geborene Kläger zu 1) und seine Ehefrau, die am 00.00.1956 geborene Klägerin zu 2)) zogen zum 01.10.2012 von C in die im streitgegenständlichen Zeitraum von ihnen bewohnte Wohnung Uweg 0b in I. Den Mietvertrag hatten sie Ende Juli 2012 unterzeichnet. Die Wohnung verfügte über eine Wohnfläche von 68 qm. Die monatliche Grundmiete betrug 310,00 EUR, die monatlichen Vorauszahlungen für die kalten Nebenkosten 85,00 EUR und die monatliche Heizkostenvorauszahlung ebenfalls 85,00 EUR. Daneben waren monatlich 25,00 EUR für einen PKW-Stellplatz zu entrichten.
Bereits am 24.07.2012 hatten die Kläger bei dem Beklagten Leistungen ab dem 01.10.2012 beantragt und auf ihren Zuzug in die o.g. Wohnung hingewiesen. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 28.08.2012 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen für den Zeitraum 01.10.2012 bis März 2013. Dabei berücksichtigte er einen Bedarf für die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 418,50 EUR monatlich.
Hiergegen erhoben die Kläger am 10.09.2012 Widerspruch. Die Festsetzung der Höhe der angemessenen Kosten der Unterkunft sei nicht rechtmäßig. Mit Änderungsbescheid vom 17.10.2012 erhöhte der Beklagte die monatlichen Leistungen für Unterkunft und Heizung auf 436,00 EUR monatlich. Den Widerspruch im Übrigen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.10.2012 zurück. Zur Ermittlung der angemessenen Kaltmiete habe der Beklagte die zugänglichen Wohnungsinserate aus dem Kreis I seit dem 01.01.2005 kontinuierlich ausgewertet, insgesamt mehr als 5800. Damit habe er sowohl Bestands- als auch Angebotsmieten in einem Umfang von mehr als 10 v.H. des gesamten Wohnungsbestandes im Kreis erfasst. Hieraus ergebe sich eine angemessene Kaltmiete von 4,09 EUR/qm, unter Berücksichtigung einer angemessenen Wohnfläche von 65 qm für zwei Personen mithin rund 266 EUR monatlich. Daneben seien die tatsächlichen kalten Nebenkosten und Heizkosten zu berücksichtigten. Selbst wenn das Konzept des Beklagten nicht als schlüssig im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts angesehen werden könnte, so zumindest auf den für die Kreisstadt I erstellten qualifizierten Mietspiegel abgestellt werden. Für die Baualtersklassen 1970-1979 und älter ergebe sich ein durchschnittlicher Betrag von 4,04 EUR/qm. Im Zeitraum Ende 2011 bis Mitte 2012 seien auch ausreichend Wohnungen inseriert und angeboten worden, die im Rahmen dieser Grenzen hätten angemietet werden können.
Hiergegen richtet sich die am 07.11.2012 erhobene Klage. Die Kläger haben vorgetragen, das Konzept des Beklagten zur Ermittlung der angemessenen Kaltmiete sei nicht schlüssig im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Die dort aufgestellten Voraussetzungen seien sämtlich nicht erfüllt. Der Mietspiegel sei ebenfalls kein schlüssiges Konzept. Somit sei auf § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen. Danach sei inklusive eines Sicherheitszuschlags von 10 v.H. eine Kaltmiete inklusive kalte Nebenkosten von 387,00 EUR monatlich angemessen. Zusammen mit den tatsächlichen Heizkosten ergäben sich angemessene Kosten der Unterkunft von 472,00 EUR monatlich. Diese Leistungen stünden den Klägern zu.
Die Kläger beantragen schriftsätzlich,
den Bescheid vom 28.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Klägern weitere Leistungen für den Zeitraum 01.10.2012 bis 31.03.2013 in Höhe von 53,50 EUR monatlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Es bestehe ein qualifizierter Mietspiegel. Die Werte der Wohngeldtabelle seien deshalb nicht anzuwenden. Sofern das Gericht darauf hinweise, dass nicht nur eine angemessene Nettokaltmiete, sondern eine angemessene Bruttokaltmiete zu ermitteln sei, so halte sie dies, wie in anderen Verfahren vorgetragen, für nicht richtig.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben.
Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und beschweren die Kläger jedenfalls im Umfang des von ihnen gestellten Antrags. Denn jedenfalls in diesem Umfang stehen den Klägern weitere Leistungen der Grundsicherung für die Kosten für Unterkunft und Heizung zu.
Die Kläger waren im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.04.2012 bis 30.09.2012 im Sinne der §§ 9, 7 und 8 SGB II erwerbsfähig und hilfebedürftig. Gegenteilige Anhaltspunkte liegen nicht vor und werden von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht.
Anspruchsgrundlage für die begehrten höheren Leistungen ist § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
Die tatsächlichen monatlichen Aufwendungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung betrugen hier 405 EUR, zusammengesetzt aus der Nettokaltmiete von 310,00 EUR, den kalten Nebenkosten von 85,00 EUR und den Heizkosten von 85,00 EUR. Nicht zu berücksichtigen sind die Kosten von 25 EUR monatlich für den KFZ-Stellplatz. Solche Kosten sind nur dann Unterkunftskosten im Sinne von § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II, wenn die Wohnung ohne den Stellplatz nicht angemietet werden kann (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R). Dies war hier nach Auskunft des Vermieters nicht der Fall.
Die Angemessenheit der vorgenannten tatsächlichen Aufwendungen für eine Wohnung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in mehreren Schritten zu prüfen (BSG, Urteil vom 17.12.2009 Az. B 4 AS 27/09 R; 19.10.2010 Az. B 14 AS 2/10 R). Zunächst ist die Größe der Wohnung des oder der Hilfebedürftigen festzustellen und zu prüfen, ob diese angemessen ist. Dabei erfolgt die Bemessung der angemessenen Größe nach den landesrechtlichen Durchführungsvorschriften zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.09.2001. Angemessen ist eine Wohnung ferner nur, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts genügt es jedoch insoweit, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist, also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, die angemessenen Mietobergrenzen nicht überschreitet (Bundessozialgericht Urteil vom 17.12.2009 und 19.10.2010 a.a.O.).
Zu ermitteln ist somit zunächst die abstrakte Angemessenheit der Wohnkosten bestehend aus Wohnungsgröße, Grundmiete und kalten Betriebskosten (ohne Heizkosten), sodann ist in einem zweiten Schritt im Rahmen der konkreten Angemessenheit zu prüfen, ob es dem Betroffenen aufgrund seiner individuellen Verhältnisse möglich und zumutbar war, die Wohnung zu wechseln und sodann ist in einem dritten Schritt zu ermitteln, ob die als abstrakt angemessenen Wohnungen am Wohnungsmarkt auch konkret verfügbar waren.
Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich nach den Werten, die die Länder aufgrund von § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.09.2001 festgelegt haben. Maßgeblich in Nordrhein-Westfalen sind die mit dem Runderlass des Ministeriums für Bauen und Verkehr vom 12.12.2009 erlassenen Wohnraumnutzungsbestimmungen. Für die Bewilligung von gefördertem Wohnraum sind ab dem 01.01.2010 daher die in Nr. 8.2 der Wohnraumnutzungsbestimmungen angesetzten Werte für Wohnflächen maßgeblich (Bundessozialgericht Urteil vom 16.05.2012 Az. B 4 AS 109/11 R). Für einen Zweipersonenhaushalt ist demnach eine Wohnfläche von bis zu 65 m² als angemessen anzusehen. Die von den Klägern bewohnte Wohnung überschreitet mit 68 m² die maßgeblichen Wohnflächengrenzen von 65 m² bzw. 50 m² und ist somit hinsichtlich der Wohnungsgröße nicht angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II.
Die Überschreitung der angemessenen Wohnungsgröße ist jedoch grundsicherungsrechtlich unbeachtlich, wenn das Produkt aus Wohnungsgröße und Wohnungsstandard ausgedrückt in der Höhe des Mietpreises gleichwohl angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II wäre (Bundessozialgericht Urteil vom 17.12.2009 a.a.O.). Die Wohnung muss hierbei nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen und darf keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen. Zu ermitteln ist die zu übernehmende Miete im räumlichen Vergleichsraum begrenzt auf die angemessene Mietobergrenze (Bundessozialgericht Urteil vom 17.12.2009 a.a.O.). Zu ermitteln ist sodann die angemessene Miete für Wohnungen einfachen Standards, das heißt die Referenzmiete in dem angegebenen Vergleichsraum. Der Begriff der Angemessenheit stellt hierbei einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der von den Gerichten voll überprüfbar ist. Der angemessene Mietpreis soll dabei die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraumes abbilden und gewährleisten, dass der Hilfebedürftige durch die Grundsicherungsleistungen das elementare Grundbedürfnis "Wohnen" zu grundsicherungsrechtlich angemessenen Bedingungen befriedigen kann (Bundessozialgericht Urteil vom 17.12.2009 a.a.O.). Grundlage für die Ermittlung der Mietobergrenze bildet nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein schlüssiges Konzept, welches grundsätzlich von dem Grundsicherungsträger vorzulegen ist, der im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflichten dem Gericht eine Entscheidungsgrundlage zu verschaffen hat (Bundessozialgericht Urteil vom 17.12.2009 a.a.O.). Kommt der Grundsicherungsträger dieser Verpflichtung nicht nach, ist es zunächst im Sinne der Amtsermittlung Aufgabe der Gerichte, den angemessenen Mietwert zu ermitteln. Erst im Falle eines Ermittlungsausfalls kann hilfsweise auf die Werte des § 12 Wohngeldgesetz (gegebenenfalls unter Einschluss eines Zuschlages) zurückgegriffen werden (Bundessozialgericht Urteil vom 17.12.2009 a.a.O.).
Ein schlüssiges Konzept erfordert ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (Bundessozialgericht vom 17.12.2009 a.a.O. m.w.N., Urteil vom 10.09.2013 Az. B 4 AS 77/12 R). Diese Voraussetzungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dann erfüllt wenn:
- Die Datenerhebung ausschließlich in dem genau eingegrenzten und über den gesamten Vergleichsraum erfolgt (keine Ghettobildung) - Eine nachvollziehbare Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zum Beispiel welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße vorliegt - Die Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zum Beispiel Mietspiegel) festgelegt sind - Die Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten gewährleistet ist - Die Validität der Datenerhebung gewährleistet ist - Anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze der Datenauswertung eingehalten worden sind - Angaben über die gezogenen Schlüsse (zum Beispiel Spannoberwert oder Kappungsgrenze) enthalten sind.
Nach Überzeugung der Kammer liegt dem von der Beklagten als angemessen erachteten Grundmietpreis von 4,09 EUR ein schlüssiges Konzept im vorgenannten Sinne nicht zu Grunde. Dies ergibt sich allein schon daraus, dass bei einer alleinigen Auswertung von Zeitungsannoncen weder die Validität noch die Repräsentativität der erhobenen Daten gesichert ist. Die vom Beklagten anhand von Zeitungsanzeigen zusammengestellten Daten unterliegen einer Zufälligkeit im Hinblick auf die vom Vermieter mitgeteilten Informationen, begrenzt auch durch die zulässigen Zeichen eines Anzeigentextes (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 03.04.2014, L 7 AS 786/11). Aufgrund der Natur der Datenerhebung ist auch eine "Nachbesserung" dieses Konzepts durch den Beklagten ausgeschlossen. Die Kammer weist darauf hin, dass das schlüssige Konzept auch nicht durch eine "Gegenprobe" ersetzt werden kann. D.h., allein der Umstand, dass es möglich war, Wohnraum zu den von dem Beklagten für angemessen erachteten Wert anzumieten, bedeutet nicht, dass ein Wert zutreffend ermittelt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 50/09 R, Rz. 22).
Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass dieser Wert von 4,09 EUR durch den Mietspiegel der Stadt I nicht hinreichend validiert ist. Die Kammer hält es jedenfalls für nicht hinreichend, dass der Beklagte hierbei nur die Baualtersklassen bis 1979 berücksichtigt. Dass Wohnungen einfachen Standards sich nur in diesen Baualtersklassen befinden, ist eine Annahme, die die Kammer nicht teilt. Lediglich die Wohnung der (in Relation zu dem streitgegenständlichen Zeitraum) neuesten Baujahre sind nach ihrer Überzeugung auszuschließen. Bezieht man allein die Baualtersklassen bis 1989 mit ein, so ergibt sich ein Wert von 4,25 EUR/qm, woraus sich eine angemessene Kaltmiete von 276,25 EUR ergibt.
Maßgeblich für die Bestimmung der abstrakten Angemessenheit ist dann auch nicht allein die Nettokaltmiete. Entscheidend ist vielmehr das Produkt aus Wohnungsgröße und Wohnungsstandard zzgl. der kalten Betriebskosten (Nebenkosten ohne Heizkosten; vgl. Bundessozialgericht Urteil vom 19.10.2010 Az. B 14 AS 2/10 R, 10.09.2013, B 4 AS 77/12 R). Zwar ist mit dem Beklagten davon auszugehen, dass im Rahmen des schlüssigen Konzeptes zunächst eine Vergleichsbasis geschaffen werden muss. Dies hat der Beklagte getan, indem er unter Berücksichtigung des Mietspiegels zunächst allein auf die Nettokaltmiete abgestellt hat. Um jedoch zu ermitteln, welcher Mietpreis für die Wohnungen im unteren Segment als maximal abstrakt angemessen anzusehen ist, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf das Produkt aus Wohnungsgröße und Wohnungsstandard zzgl. der kalten Betriebskosten abzustellen (vgl. Bundessozialgericht Urteil vom 19.10.2010 a.a.O.). Der 4. Senates des Bundessozialgerichts hat sich dieser Rechtsprechung ausdrücklich angeschlossen (vgl. Urteil vom 10.09.2013 a.a.O.). Dieses Vorgehen gewährleistet für die Leistungsberechtigten die Möglichkeit, innerhalb des die Angemessenheit bestimmenden Produkts aus Wohnungsgröße und Ausstattung tatsächlich frei wählen zu können, die Möglichkeiten der Produkttheorie also ausschöpfen zu können (vgl. Bundessozialgericht Urteil vom 10.09.2013 a.a.O.). Eine solche Bestimmung der abstrakten Angemessenheit unter Einschluss der kalten Betriebskosten hat der Beklagte nicht vorgenommen, sondern vielmehr allein auf die Grundmiete zuzüglich der tatsächlichen Betriebskosten abgestellt. Das Konzept des Beklagten ist insoweit zu ergänzen. Da der Beklagte keine eigene Datenerhebung hinsichtlich der Betriebskosten vorgenommen hat, ist zur Bestimmung der abstrakt angemessenen (kalten) Betriebskosten auf Betriebskostenübersichten abzustellen, wobei örtliche Betriebskostenübersichten zu bevorzugen sind (Bundessozialgericht Urteil vom 19.10.2010 a.a.O.). Dem folgend stellt die Kammer für die Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Nebenkosten auf den Betriebskostenspiegel für Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2011 ab. Hiernach ergeben sich durchschnittlich angemessene Betriebskosten ohne Heizkosten in Höhe von 1,94 EUR pro Quadratmeter (Grundsteuer 0,20 EUR, Wasser inklusive Abwasser 0,44 EUR, Aufzug 0,13 EUR, Straßenreinigung und, 0,03 Euro, Müllbeseitigung 0,21 EUR, Gebäudereinigung 0,19 EUR, Gartenpflege 0,10 EUR, allgemein Strom 0,04 EUR, Schornsteinreinigung 0,03 EUR, Versicherung 0,17 EUR, Hauswart 0,18 EUR, Antenne/Kabel 0,15 EUR und sonstige Kosten 0,07 EUR). Auf Grundlage einer angemessenen Wohnfläche von 65 qm ergeben sich mithin angemessene kalte Betriebskosten von 126,10 EUR.
Zuzüglich der von der Kammer angemessen erachteten Nettokaltmiete von 276,25 EUR monatlich ergeben sich angemessene Bruttokaltmietkosten von 402,35 EUR monatlich, während die tatsächlichen Kosten insoweit nur 395,00 EUR monatlich betragen.
Hieraus ergibt sich ein Anspruch der Kläger auf weitere monatliche Leistungen für die Bedarfe für die Kosten der Unterkunft in Höhe von 44,00 EUR monatlich (tatsächliche Bruttokaltmiete von 395,00 EUR abzüglich der bereits berücksichtigen Bruttokaltmiete von 351,00 EUR).
Der Antrag der Kläger im Übrigen (welcher einerseits auf der Annahme einer angemessenen Bruttokaltmiete von 472,00 EUR monatlich, andererseits darauf beruht, dass die Kläger den Änderungsbescheid vom 17.10.2012 übersehen haben) war dagegen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
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NRW
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