S 5 KA 5/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KA 5/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 31/18
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beschluss des Beklagten vom 28.01.2015 wird aufgehoben. Der Beklagte und die Beigeladene zu 1) tragen die Kosten des Verfahrens und Die Kosten der Klägerin je zur Hälfte. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die von der Klägerin betriebenen Tageskliniken von der der M-Klinik H erteilten Ermächtigung erfasst werden.

Die Klägerin ist neben anderen psychiatrischen Krankenhäusern Trägerin der M-Klinik H am Standort C-Str ... 00. Den Fachkrankenhäusern der Klägerin sind insgesamt 40 Tageskliniken zugeordnet, die über verschiedene Ausrichtungen verfügen.

Die bereits seit 1919 bestehende Klinik ist ein gemeindenahes Behandlungszentrum für psychiatrische, psychosomatische, internistische und neurologische Erkrankungen. Sie verfügt über 338 stationären Betten und 91 Tagesklinikplätze (www.M-klinik-h.de). Die Tageskliniken sind allgemein-psychiatrisch, gerontopsychiatrisch und suchtmedizinisch ausgerichtet. Sie befinden sich inzwischen im Wesentlichen auf dem Klinikgelände (C-Str ... 00 und I-T-Str. 0). Ferner befindet sich am Standort N-Str. 0b in 00000 I1 eine Tagesklinik mit psychiatrischer und psychotherapeutischer Ausrichtung (20,8 km Entfernung vom Standort C-Str ... H).

Die Klinik ist ausweislich der regelmäßig aktualisierten Feststellungsbescheide der Bezirksregierung Detmold mit dem Standort C-Str ... 00 in H im Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen. Die Feststellungsbescheide verweisen jeweils in ihrem Verfügungssatz auf eine sich aus dem Krankenhausplan ergebende Anlage, die neben dem Hauptstandort die o.g. Standorte der Tageskliniken aufführt.

Die M-Klinik war bis zum Inkrafttreten des SGB V zur Teilnahme an der allgemeinen ambulanten Psychiatrischen Versorgung auf der Grundlage des § 386 n Abs. 6 RVO berechtigt. Nach Einführung des § 118 SGB V zum 01.01.1989 durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20.12.1988 war eine Umstellung vorzunehmen. Diese erfolgte mit Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte für den Regierungsbezirk Detmold vom 13.01.1993.

Der Beschluss hat folgenden Inhalt:

Die Westfälische Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Neurologie in H wird gemäß § 118 Abs. 1 S. 1 SGB V zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung auf Überweisung durch niedergelassene Vertragsärzte vom 13.01.1993 an unbefristet für folgende Leistungen ermächtigt:

Durchführung ambulanter psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung auf Originalschein oder auf Überweisung niedergelassener Vertragsärzte.

Zu diesem Zeitpunkt betrieb die M-Klinik H zwei Ambulanzen, eine in H und eine in E. Für die Ambulanz in E bestanden gesonderte Verträge mit den Krankenkassen über die ambulante Erbringung ärztlicher Maßnahmen der psychiatrischen Versorgung im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung. Mit Beschluss vom 03.06.1998 wurde auch diese Ermächtigung auf Antrag der Beigeladenen zu 1) gemäß § 118 Abs. 1 S. 1 SGB V umgestellt. Im Jahr 2003 hat die H1 A M1 (H2QA1) gGmbH die M-Ambulanz in E übernommen.

Bereits im Jahr 2010 teilte die Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen in Westfalen-Lippe der beigeladenen kassenärztlichen Vereinigung (Beigeladene zu 1)) mit, dass zwischen den Krankenkassen und der Klägerin Uneinigkeit darüber bestehe, ob und welche Tageskliniken in den von der Klägerin geführten psychiatrischen Krankenhäusern von den Institutsermächtigungen erfasst seien. Während die Beigeladene zu 1) die Ermächtigung dahingehend auslegte, dass sich die Institutsermächtigung nur auf am (Haupt-)Standort der M-Klinik H erbrachte Leistungen bezieht, vertrat die Klägerin die Auffassung, dass die Ermächtigung durch die Mitaufnahme der Tageskliniken in den Krankenhausplan des Landes NRW auch für diese gelte.

Da keine Einigung erzielt werden konnte und die Klägerin keine Angaben dazu machte, an welchen Standorten welche Leistungen erbracht werden, beantragte die Beigeladene zu 1) am 01.08.2013 beim Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Detmold eine Präzisierung der erteilten Ermächtigung. Es obliege nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts den Zulassungsgremien, eine nähere Ausgestaltung der Ermächtigung nach den Vorgaben des § 118 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 SGB V vorzunehmen.

Der Zulassungsausschuss fasste am 16.10.2013 einen Änderungsbeschluss und tenorierte dabei u.a. wie folgt:

"Die Ermächtigung bezieht sich ausschließlich auf den im Beschluss genannten Stand- und Leistungsort der durch die im Beschluss genannte Anschrift der M-Klinik festgelegt wird; eine darüber hinaus gehende Leistungserbringung an weiteren Orten, insbesondere an räumlich ausgegliederten Tageskliniken, ist nicht Gegenstand der Ermächtigungen."

Dabei folgte der Zulassungsausschuss wortwörtlich dem Antrag der Beigeladenen zu 1).

Zur Begründung führte der Zulassungsausschuss aus, die Ermächtigung vom 13.01.1993 beziehe sich dem Wortlaut nach auf die genannte Klinik und ihre Anschrift. Die Angaben im Beschluss seien präzise und auch hinreichend bestimmt. Eine Klarstellung sei aufgrund der unterschiedlichen Auslegung der Beteiligten notwendig, so dass die Präzisierung vorzunehmen war.

Auf den Widerspruch der Klägerin änderte der Beklagte am 28.01.2015 den Beschluss des Zulassungsausschusses ab und fasste ihn folgendermaßen neu:

"Es wird festgestellt, dass die Ermächtigung der M-Klinik zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung durch Beschluss des Zulassungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk Detmold vom 13.01.1993 sich nicht auf Tageskliniken und andere Behandlungseinrichtungen bezieht, die ohne räumliche und organisatorische Bindung an die Klinik betrieben werden."

Im Übrigen wurde der Beschluss des Zulassungsausschusses aufgehoben. Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Widerspruch sei nur teilweise begründet. Erfolglos sei er insoweit, als die Klägerin die Bestätigung ihrer Rechtsauffassung verfolge, dass alle Tageskliniken von der der M-Klinik H erteilten Ermächtigung vom 13.01.1993 erfasst würden. Vielmehr sei auf der Grundlage des § 118 Abs. 1 S. 1 SGB V davon auszugehen, dass nur diejenigen Einrichtungen, die mit räumlicher und organisatorischer Anbindung an die Klinik betrieben würden, in die Ermächtigung einbezogen sind. Die Beteiligten seien im Jahr 1993 ersichtlich der Überzeugung gewesen, dass die Institutsermächtigung für die Klinik externe Ambulanzen nicht erfasse. Ohne weiteres seien sie davon ausgegangen, dass die damalige Ambulanz in E eine eigene Ermächtigung benötige.

Gegen den am 29.04.2015 zugestellten Beschluss richtet sich die am 21.05.2015 erhobene Klage. Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Beschlusses und vertritt hierzu die Auffassung, der Beschluss sei wegen des Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot bereits rechtswidrig. Der Wille der Behörde müsse unzweideutig erkennbar sein. Unklar sei allerdings, ob die Tageskliniken von der Ermächtigung erfasst seien oder nicht. Schließlich lasse der Beschluss offen, ob die Klägerin Tageskliniken ohne räumliche Anbindung betreibe. Außerdem handele es sich um eine unzulässige Nebenbestimmung zu der Ermächtigung. Die Voraussetzungen für einen Teilwiderruf seien nicht gegeben. Außerdem fehle es an der Ausübung von Ermessen. Da die Tageskliniken sämtlich unter einheitlicher medizinischer Leitung und daher organisatorisch unselbständig seien, bedürfe es der Feststellung nicht. Die Klägerin habe Anspruch auf uneingeschränkte Ermächtigung. Sie betreibe gerade keine isolierten Tageskliniken ohne Anbindung an die Klinik am Hauptstandort.

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Beklagten vom 28.01.2015 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

Zunächst vertritt er die Auffassung, die Klägerin sei nicht klagebefugt, da eine inhaltliche Änderung der ursprünglichen Ermächtigung nicht Gegenstand des Beschlusses gewesen sei. Die Klage sei jedenfalls unbegründet, denn der Beschluss habe ausschließlich feststellenden Charakter hinsichtlich der Reichweite und des Inhalts der ursprünglichen Ermächtigung. Rechtsgrundlage hierfür sei § 118 SGB V. Der Beschluss sei auch ausreichend bestimmt, zumal bislang keine konkrete Tagesklinik Gegenstand der Prüfung gewesen sei. Die Klägerin habe schließlich die im Grundsatz mögliche Präzisierung verhindert, indem sie ihre Mitwirkung an der weiteren Sachaufklärung verweigert habe. Dass die rechtliche Präzisierung der ursprünglichen Ermächtigung zutreffe, ergebe sich auch daraus, dass der Gesetzgeber zwischenzeitlich § 118 Abs. 4 SGB V eingefügt habe. Auch wenn diese Norm erst seit dem 25.07.2015 gelte, stehe nunmehr fest, dass Einrichtungen ohne räumliche und organisatorische Anbindung an ein Krankenhaus zu keinem Zeitpunkt nach § 118 Abs. 1 S. 1 SGB V hätten ermächtigt werden können.

Die Beigeladene zu 1) schließt sich den Ausführungen des Beklagten an.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt die Kammer Bezug auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten des Beklagten. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2018 verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladenen zu 4) bis 7) nicht anwesend waren. Diese sind mit der Ladung auf die Möglichkeit einer Entscheidung des Rechtsstreits im Falle ihrer Abwesenheit hingewiesen worden.

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Beschluss des Beklagten vom 28.01.2015. Allein dieser Beschluss bildet den Gegenstand der Anfechtungsklage.

Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nach § 54 Abs. 1 SGG ist nach Auffassung der Kammer gegeben. Insbesondere handelt es sich bei der Entscheidung des Beklagten um eine Verwaltungsentscheidung im Sinne des § 31 SGB X, die jedenfalls dem äußeren Anschein nach geeignet ist, die Rechte der Klägerin einzuschränken. Der regelnde Charakter ist darin zu sehen, dass der Beklagte für die im Januar 1993 ausgesprochene Ermächtigung bezogen auf die Tageskliniken eine räumliche und organisatorische Anbindung fordert. Damit handelt es sich nicht nur um eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Erläuterung, die als klarstellende und präzisierende Regelung anzusehen wäre. Vielmehr liegt ein feststellender Verwaltungsakt vor, der die Bestimmung der Reichweite der Ursprungsermächtigung aus dem Jahr 1993 zum Gegenstand hat. Von einem schlichten Hinweis auf die Rechtslage ohne regelnden Charakter kann auch unter Berücksichtigung des § 118 Abs. 4 SGB V bereits deshalb nach Auffassung der Kammer nicht ausgegangen werden, weil diese Regelung erst nach Beschlussfassung in Kraft getreten ist. Auch wenn sich die gewählte Formulierung als Abgrenzungskriterium in einigen der Gesetzesänderung vorangegangenen Entscheidungen des Bundessozialgerichts zum Umfang von Institutsermächtigungen findet, kann ihre Verwendung im Tenor einer Entscheidung eines Zulassungsgremiums nicht als Hinweis auf die (eindeutige) Rechtslage angesehen werden. Die bei der Abgrenzung zu berücksichtigende Interessenlage der Klägerin spricht neben der gewählten Formulierung durch den Beklagten nach Auffassung der Kammer eindeutig dafür, vom regelnden Charakter des Beschlusses auszugehen.

Die von der Klägerin behauptete Rechtsverletzung liegt darin, dass die räumliche und organisatorische Anbindung an das Fachkrankenhaus bezüglich aller Standorte angezweifelt werden könnte und sich hieraus für sie Rechtsnachteile ergeben. Hierin sieht sie eine rechtswidrige Verkürzung ihrer Rechtsposition.

Die Klage ist auch begründet. Die angefochtene Entscheidung erweist sich im Ergebnis als rechtswidrig. Die Klägerin ist hierdurch beschwert.

Rechtsgrundlage der Entscheidung des Beklagten ist § 118 Abs. 1 SGB V. Die Kammer folgt insoweit der Auffassung des Beklagten, dass feststellende Verwaltungsakte zur Klärung des Umfangs einer Ermächtigung erlassen werden können. Der Erlass eines Verwaltungsakts unterliegt sowohl hinsichtlich der inhaltlich zu treffenden Regelung als auch hinsichtlich der Handlungsform dem Gesetzesvorbehalt. Die Befugnis zum Handeln durch Verwaltungsakt muss allerdings nicht ausdrücklich im Gesetz ausgesprochen werden. Vielmehr ist durch Auslegung der Ermächtigungsnorm zu ermittelt, ob diese die Behörde zum Handeln durch Verwaltungsakt ermächtigt (Mutschler, Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 97. EL Dezember 2017, § 31 SGB X, Rn. 6).

Die Frage, ob einzelne Tageskliniken noch die nach Auffassung des Beklagten erforderliche Anbindung an die M Klinik haben, ist nach Auffassung der Kammer grundsätzlich einer feststellenden Entscheidung zugänglich. Auch wenn hierfür keine ausdrückliche Ermächtigung im Gesetz vorhanden ist, muss eine solche behördliche Befugnis jedenfalls dann angenommen werden, wenn für den Erlass eines solchen feststellenden Bescheides ein legitimes Interesse existiert (vgl. BSG, Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 36/13 R -, SozR 4-2500 § 95 Nr 28, juris, Rn. 16). Dass eine Klärung vonnöten ist, zeigen die vorgerichtliche Auseinandersetzung und der Umstand, dass es ebenso im Interesse der niedergelassenen Vertragsärzte und -psychotherapeuten liegen dürfte, eine Präzisierung des Umfangs einer Institutsermächtigung herbeizuführen.

Die Befugnis zum Erlass feststellender Verwaltungsakte rechtfertigt jedoch nicht zur Außerachtlassung der allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften. Vor diesem Hintergrund muss jede feststellende Entscheidung die Prüfung beinhalten, ob und inwieweit hiermit ein durch bestandskräftigen Verwaltungsakt bestehender Zustand verändert wird und die Rechtsposition des Adressaten des Ursprungsverwaltungsakts hierdurch geschmälert wird. Gegebenenfalls sind die allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmungen zur Änderung bestandskräftiger Verwaltungsakte heranzuziehen

Der Beschluss des Beklagten erweist sich im Ergebnis als formell und materiell rechtswidrig.

Der Beschluss ist zunächst nicht hinreichend bestimmt.

Gemäß § 33 SGB X muss aus dem Verfügungssatz eines Verwaltungsaktes für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, was die Behörde will. Sie müssen ihr Verhalten danach ausrichten können (v. Wulffen/Schütze/Engelmann, SGB X, § 33 Rn. 3). Die Klarstellungsfunktion des Verwaltungsaktes gebietet es dabei, in Abhängigkeit des zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses von der Behörde die nötige und erforderliche Konkretisierung des entscheidungserheblichen Sachverhalts zu verlangen. Diesem Bedürfnis wird der Beschluss nach Auffassung der Kammer nicht gerecht. Der Beklagte trägt mit der angefochtenen Entscheidung weder dem Anliegen der kassenärztlichen Vereinigung noch dem der beigeladenen Krankenkassenverbänden Rechnung, eine eindeutige Regelung dahingehend vorzunehmen, welche der bestehenden Tageskliniken von der Institutsermächtigung erfasst sind und welche nicht. Der abstrakt aufgestellte Rechtssatz, der den Inhalt des § 118 Abs. 4 SGB V wiedergibt, enthält keinen Bezug auf die konkrete Situation der Klägerin, ihren Status als im Krankenhausplan mit den Tageskliniken aufgeführte Einrichtung und die Problematik der Abrechnung durch die beteiligten Krankenkassen auf der Grundlage des §§ 119 Abs. 2 SGB V.

Dass eine weitere Spezifizierung des Verfügungssatzes aufgrund der fehlenden Mitwirkung durch die Klägerin unmöglich gemacht worden ist, spielt dabei keine Rolle. Sollte der Beklagte davon ausgegangen sein, dass die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten bei der Sachaufklärung nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, hätte dies ggf. zu einer Änderung der Darlegungs- und Beweislastverteilung führen können. Ohne vorherige Ausschöpfung dieser Möglichkeiten ist es jedoch der Behörde verwehrt, Verwaltungsentscheidungen mit allgemein gehaltenen Verfügungssätzen ohne klar und eindeutig erkennbaren Inhalt zu erlassen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten kann schließlich die Klägerin auch unter Berücksichtigung des angefochtenen Beschlusses aus ihrer Rechtsposition heraus weiterhin in den im Krankenhausplan aufgeführten Tageskliniken von ihrer Institutsermächtigung Gebrauch machen, da diese sämtlich an den Hauptstandort räumlich und auch organisatorisch angegliedert sind. Ebenso wenig können sich die beteiligten Krankenkassenverbände auf den Beschluss des Beklagten berufen und die Übernahme der Kosten für die ambulante Versorgung, die möglicherweise in Tageskliniken stattgefunden hat, verweigern. Die gewollte Klärung beinhaltet der Beschluss damit nicht.

In materieller Hinsicht ist zunächst zu beanstanden, dass aus dem Beschluss des Beklagten nicht hervorgeht, welchen Inhalt die Ursprungsermächtigung hatte. Zwar lag der Beschluss vom 13.01.1993 dem Beklagten bei seiner Entscheidung gar nicht vor. Eine hinreichende Berücksichtigung erfolgte jedoch nicht. Es hätte einer exakten Analyse, welche Tageskliniken im Zeitpunkt der Umsetzung des § 118 SGB V bestanden haben und ob es in diesem Zusammenhang Hinweise aus den bestehenden Verträgen für die Befugnis einzelner Tageskliniken zur Abrechnung ambulanter Leistungen gab. Gerade unter Berücksichtigung der seit langem bestehenden Aufgaben des Landschaftsverbandes im Bereich der psychiatrischen Versorgung ist es nach Auffassung der Kammer nicht von vornherein von der Hand zu weisen, dass die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des SGB V zum 01.01.1989 bestehenden Strukturen in der psychiatrischen Versorgung aufgegriffen werden sollten, um dem Gedanken, der der Psychiatrie-Enquête zu Grunde lag - nämlich eine gemeindenahe und schnell zu erhaltende psychiatrische ambulante Versorgung für die dort bestimmten Personenkreise sicher zu stellen - Rechnung zu tragen. Dies könnte dafür sprechen, den planerisch ebenfalls erfassten Tageskliniken eine (abgeleitete) Ermächtigung zukommen zu lassen. Ebenso wären Ermittlungen zu den Feststellungen des Krankenhausplans des Landes Nordrhein-Westfalen hilfreich gewesen. Überlegungen hierzu wurden allerdings weder vom Zulassungsausschuss noch vom Beklagten angestellt, obgleich diese nach Auffassung der Kammer schon deshalb erforderlich waren, um verfahrensrechtlich exakt zu klären, ob die Voraussetzungen einer Entziehung, einer Rücknahme oder eines Widerrufs vorlagen.

Gerichtliche Ermittlungen hierzu waren nicht vorzunehmen. Denn das Gericht ist auch unter Berücksichtigung des Untersuchungsgrundsatzes nicht verpflichtet, bei einer reinen Anfechtungsklage Ermittlungen nachzuholen, die die beklagte Behörde unterlassen hat, um die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts selbst festzustellen (Mushoff in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 103 SGG, Rn. 58).

Auch im Übrigen ist fraglich, ob die Tageskliniken nur unter den vom Beklagten formulierten Voraussetzungen von der Institutsermächtigung erfasst sind.

Der Status einer im Krankenhausplan des Landes aufgenommenen Tagesklinik ist seit der Entscheidung des BSG vom 28.01.2009 (B 6 KA 61/07 R, juris.de) geklärt. Danach hat eine Tagesklinik durch ihre Aufnahme in den Krankenhausplan des Landes aufgrund des § 108 Nr. 2 SGB V die Berechtigung erhalten, Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (Teil-) stationär zu versorgen. (BSG, aaO, Rn. 23 - juris). Diese Bindungswirkung gilt in der Folge auch für § 118 Abs. 1 SGB V. Mithin folgt aus der landesrechtlichen Verleihung des Status eines Fachkrankenhauses für Psychiatrie zugleich die Anerkennung als psychiatrisches Krankenhaus gemäß § 118 Abs. 1 SGB V (BSG, aaO, Rn. 28, juris). Nach der Entscheidung des BSG vom 21.06.1995 steht allerdings auch fest, dass der in § 118 SGB V verwandte Terminus "Psychiatrische Institutsambulanz" nur solche Einrichtungen erfasst, in denen die ambulante Behandlung der Versicherten in der Ambulanz einer Klinik durchgeführt wird, was eine organisatorische und räumliche Anbindung der Behandlungseinrichtung an die Klinik voraussetzt (vgl. BSG, Urt. v. 21.06.1995 - 6 RKa 49/94, juris Rdnr. 17).

Diese Rechtsprechung hat Niederschlag gefunden in § 118 Abs. 4 SGB V. Hierzu wird in der Gesetzesbegründung ausgeführt:

"Die Ermächtigungsregelungen nach § 118 Abs. 1 - 3 SGB V erfassen nur solche Einrichtungen, in denen die ambulante Behandlung der Versicherten in der Ambulanz einer Klinik durchgeführt wird. Das setzt eine organisatorische und räumliche Anbindung der Behandlungseinrichtung an die Klinik voraus. Räumlich und organisatorisch nicht an das Krankenhaus angegliederte Außenstellen von psychiatrischen Institutsambulanzen können nach bisheriger Rechtslage von den Zulassungsausschüssen allein unter den Voraussetzungen des § 31 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte ermächtigt werden. Sichert Institutsambulanzen erfüllen einen wichtigen Beitrag zur Versorgung psychisch Kranker. Angesichts der besonderen Bedeutung der psychiatrischen Versorgung insbesondere auch für Kinder und Jugendliche werden die Voraussetzungen für die Erteilung einer Instituts Ermächtigung für Außenstellen von psychiatrischen Institutsambulanz in gelockert. Außenstellen von psychiatrischen Institutsambulanzen sind daher auch ohne Vorliegen eines Feststellungsbeschlusses über eine Unterversorgung oder eine drohende Unterversorgung vom Zulassungsausschuss zu ermächtigen, soweit und solange eine Ermächtigung notwendig ist, um eine ausreichende ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung sicherzustellen. Damit wird für Außenstellen von psychiatrischen Institutsambulanz in § 118 Abs. 4 spezielle Ermächtigungsnorm geschaffen." (BT Drs. 18/5123, S. 133).

Damit steht fest, dass eine Institutsermächtigung ohne Mitwirkung der Zulassungsgremien nicht auf andere Behandlungsorte ausgedehnt werden kann. Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Genehmigung einer Zweigstelle der Institutsambulanz nach den Vorschriften der Ärzte-ZV (SG Marburg, Urt. vom 23.05.2007 SG Marburg, Urteil vom 23.05.2007 - S 12 KA 33/06 -, Rn. 30, juris).

Das (unzulässige) Betreiben einer Außenstelle oder die Genehmigung einer Zweigpraxis ist jedoch nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass die Reichweite einer Institutsermächtigung im Falle von planerisch erfassten Tageskliniken als Betriebsteile eines psychiatrischen Fachkrankenhauses höchstrichterlich noch nicht geklärt ist. Auch der Gesetzgeber hatte diesen Fall bei Einführung des § 118 Abs. 4 SGB V nicht im Blick. Insbesondere handelt es sich bei ggf. an den Tageskliniken der M-Klinik H geführten Ambulanzen nicht zwangsläufig um Außenstellen im Sinne des § 118 Abs. 4 SGB V, da sich diese als rechtlich unselbstständige Teile der Klinik darstellen, an denen entsprechend der Krankenhausplanung die erforderlichen Tagesplätze vorgehalten werden. Andererseits kann auch eine (örtlich ausgegliederte) Tagesklinik unter den Krankenhausbegriff des BSG fallen, denn bei umfassender Auslegung des § 107 Abs. 1 SGB V ergibt sich keine Ausgrenzung der nur teilstationär behandelnden Einrichtungen aus dem Rechtsbegriff "Krankenhaus" (BSG, Urt. v. 28.01.2009, aaO, Rn. 16, juris).

Ob die tagesklinischen "Außenstellen" des Krankenhauses des Klägers tatsächlich nicht als selbständige Krankenhäuser, sondern nur als unselbständige Teile des Fachkrankenhauses in den Krankenhausplan aufgenommen sind, so dass es bei ihnen schon formal am Status eines Krankenhauses fehlt, an das die psychiatrische Institutsambulanz räumlich und personell angebunden sein kann (SG Dresden, Urteil vom 11. Juli 2012 - S 18 KA 161/10 -, Rn. 44, Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. September 2004 - L 10 KA 33/03, juris), ist angesichts der Verzahnung des Rechts der Krankenhausförderung mit dem Anspruch auf Ermächtigung nicht zwingend. Denn die Höhe der Förderung hängt grundsätzlich auch von der Anzahl der in den Krankenhausplan aufgenommenen Betten/Plätzen ab (vgl. § 9 Abs. 3 Satz 2, Abs. 3a KHG). Dies gilt auch unter Berücksichtigung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW), der vorsieht, dass der Feststellungsbescheid neben dem Namen und dem Standort des Krankenhauses auch Name und Standort seiner Betriebsstellen enthält. Daher könnte vor dem Hintergrund der vom Bundessozialgericht in der Entscheidung vom 28.01.2009 gewählten Lösung einiges dafür sprechen, § 118 Abs. 1 SGB V auf die Ermächtigung angegliederter und planerisch erfasster Tageskliniken jedenfalls dann eingeschränkt anzuwenden, wenn bestimmte Qualifikationsanforderungen erfüllt werden. Die notwendige Abgrenzung zwischen stationärem und vertragsärztlichem Sektor wird hierdurch angesichts der Verschiedenheit der zu behandelnden Personenkreise nicht zwangsläufig gefährdet.

Der Beschluss war daher aufzuheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 S. 1 SGG, 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).
Rechtskraft
Aus
Saved