S 11 R 653/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 11 R 653/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI).

Die im Jahre 1958 geborene Klägerin ist im Jahr 1977 vom Land Nordrhein-Westfalen zur Regierungsinspektoranwärterin ernannt und gleichzeitig in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen worden. Sie war dann bei der Bezirksregierung in E tätig, im Jahr 1985 erfolgte die Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit.

Im Jahr 1978 heiratete die Klägerin einen Pfarrer, der eine Besoldung und Versorgung nach kirchenrechtlichen Grundsätzen erhielt. Die Ehe wurde am 18.02.2003 durch das Amtsgericht Detmold geschieden. Zu Lasten Versorgung des Ehemanns bei der Gemeinsamen Versorgungskasse für Pfarrer und Kirchenbeamte wurden auf einem bei der gesetzlichen Rentenversicherung einzurichtenden Versicherungskonto der Klägerin Rentenanwartschaften von monatlich 497,84 EUR bezogen auf den 31.07.2002 begründet. Die Klägerin hat nach einer Renteninformation vom 30.01.2014 aufgrund dieses Versorgungsausgleichs eine Anwartschaft auf eine Altersrente i.H.v. 541,73 EUR.

Die Klägerin ist mit Bescheid der Bezirksregierung E vom 21.01.2014 aufgrund von dauernder Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden. Sie erhält eine Beamtenversorgung, der Ruhegehaltssatz beläuft sich auf ca. 71%, daraus ergibt sich ein Nettobetrag von ca. 2.300,- EUR. Im Hinblick auf ihre Dienstunfähigkeit beantragte sie am 28.01.2014 eine Rente i.H.v. 541,73 EUR bei der Beklagten.

Die Beklagte legte den Antrag so aus, dass er auf eine Altersrente gerichtet sei, und lehnte ihn daraufhin mit Bescheid vom 13.02.2014 ab, da die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht sei. Die Klägerin legte gegen den Bescheid Widerspruch ein und teilte mit, dass sie gar keine Altersrente beantragt habe. Sie begehre eine Rente aufgrund ihrer Dienstunfähigkeit.

Die Beklagte legte den Antrag nun als Antrag auf eine Erwerbungsminderungsrente aus und lehnte diesen mit Bescheid vom 27.03.2014 ab, da die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Die Klägerin habe in dem Zeitraum von fünf Jahren von dem Eintritt der Dienstunfähigkeit keinen Monat mit Pflichtbeiträgen belegt. Durch den Versorgungsausgleich könnten die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt werden, da es sich dabei nicht um Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit handele.

Die Klägerin legte gegen den Bescheid am 24.04.2014 Widerspruch ein. Diesen begründete sie damit, dass sie als Beamtin die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gar nicht erfüllen könne. Insofern könne dies auch nicht von ihr verlangt werden.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2014 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien und daher kein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung bestehe. Aufgrund der Bindung an Recht und Gesetz sei eine andere Entscheidung nicht möglich, eine Verwerfungskompetenz im Hinblick auf Gesetze stehe der Rentenversicherung nicht zu, sondern allein dem Bundesverfassungsgericht.

Die Klägerin hat am 09.07.2014 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie sei Zeit ihres Lebens Beamtin gewesen und könne die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen daher gar nicht erfüllen. Trotzdem müsse sie im Falle der Erwerbsminderung die Möglichkeit haben, aufgrund der Rentenanwartschaft eine Rente in Anspruch zu nehmen. Andernfalls werde sich im Vergleich zu geschiedenen Ehefrauen, die einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgingen und daher vom Versorgungsausgleich profitieren könnten, erheblich benachteiligt. Die gesetzlichen Regelungen seien daher verfassungskonform auszulegen. Soweit das nicht möglich sei, sei die derzeitige Regelung verfassungswidrig, so dass das Verfahren gem. Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 27.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr rückwirkend ab der Antragstellung eine Rente wegen Erwerbsminderung i.H.v. mindestens 541,73 EUR zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide, die sie für rechtmäßig hält. Die Klägerin habe nach dem geltenden Recht keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, da sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfülle. Dies sei auch nicht verfassungswidrig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid vom 27.03.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2014 erweist sich als rechtmäßig, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Als Anspruchsgrundlage für das Begehren der Klägerin kommt nur § 43 SGB VI in Betracht. Einen Anspruch auf eine Altersrente kann die Klägerin nicht geltend machen, da sie die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht hat. Auch auf das Urteil des Amtsgerichts Detmold vom 18.02.2003 bzw. § 1587 BGB in der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung kann sich die Klägerin nicht stützen. Bei dem Urteil handelt es sich schon nicht um eine gesetzliche Grundlage und § 1587 BGB begründet keine Ansprüche auf eine Rente, sondern regelt den Versorgungsausgleich.

Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Es kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben, ob bei der Klägerin eine volle Erwerbsminderung vorliegt, allein aus der festgestellten Dienstunfähigkeit ergibt sich dies jedenfalls nicht, da insoweit andere Kriterien gelten. Die Klägerin erfüllt jedenfalls die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht, da sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung keine drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat (sog. 3/5-Belegung). Es liegen auch keine Umstände vor, nach denen die 3/5-Belegung ausnahmsweise entbehrlich wäre. Das Gericht folgt insoweit der in dem Widerspruchsbescheid vom 19.06.2014 gegebenen Begründung und sieht daher gem. § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Die Regelung in § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI ist nach Auffassung der Kammer auch nicht verfassungswidrig. Die Vorschrift ist an Art. 14 GG zu messen, denn es liegt möglicherweise ein Eingriff in eine eigentumsrechtlich geschützte Position der Klägerin vor.

Zu den von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Rechtspositionen können grundsätzlich auch öffentlich-rechtliche Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung gehören (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.02.1998 - 1 BvR 1318/86). Sie genießen Eigentumsschutz, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und seiner Existenzsicherung dienen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.02.1998 - 1 BvR 1318/86).

Im vorliegenden Verfahren bestehen indes Zweifel, ob sich die Klägerin auf Art. 14 GG überhaupt berufen kann, denn die Anwartschaften beruhen nicht auf ihren Eigenleistungen, sondern sind im Zuge des Versorgungsausgleiches begründet worden. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob überhaupt eine Eigenleistung vorliegt. Das BVerfG hat dies im Hinblick auf die Hinterbliebenenrenten verneint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.02.1998 - 1 BvR 1318/86). Diese beruhten nicht auf einer dem einzelnen Versicherten individuell zurechenbaren Leistung, die eine Zuordnung der zugrunde liegenden gesetzlichen Ansprüche zur verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie rechtfertigen könne. Es fehle der hinreichend personale Bezug zwischen der Beitragsleistung des Versicherten und der später an seine Hinterbliebenen geleisteten Rente. Das System der gesetzlichen Rentenversicherung sei zwar auch durch das Versicherungsprinzip geprägt und gerechtfertigt. Dieses Prinzip werde aber durch soziale Gesichtspunkte modifiziert. Denn die gesetzliche Rentenversicherung beruhe im Wesentlichen auf dem Gedanken der Solidarität ihrer Mitglieder sowie des sozialen Ausgleichs und enthalte von jeher ein Element sozialer Fürsorge. Auch die Hinterbliebenenrente sei eine vorwiegend fürsorgerisch motivierte Leistung, weil sie ohne eigene Beitragsleistung des Rentenempfängers und ohne erhöhte Beitragsleistung des Versicherten gewährt wird (vgl. BVerfG, a.a.O.).

Im Gegensatz zur Hinterbliebenenversorgung beruhen die im Rahmen eines Versorgungsausgleichs begründeten Anwartschaften jedoch auf einer Eigenleistung, wenn auch nicht auf der eigenen, so doch auf der des geschiedenen Ehepartners. Dessen Anwartschaften werden durch den Versorgungsausgleich teilweise übertragen worden, so dass einiges dafür spricht, auch diese Anwartschaften unter den Schutz des Art. 14 GG zu stellen. Im vorliegenden Verfahren ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Ehemann ebenfalls keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hat, sondern als Pfarrer eine Besoldung und Versorgung nach kirchenrechtlichen Grundsätzen erhielt. Die Anwartschaften sind erst im Zuge des Versorgungsausgleichs begründet worden. Dies könnte wiederum gegen den Schutz des Art. 14 GG sprechen, denn Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind hier nicht gezahlt worden, so dass es an einer Eigenleistung fehlt.

Letztlich kann die Kammer die Frage nach dem Schutzbereich des Art. 14 GG hier offen lassen, denn selbst wenn die Klägerin sich auf diesen Schutz berufen kann, wäre ein Eingriff jedenfalls gerechtfertigt.

Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 53, 257 (292); 64, 87 (98); 70, 101 (110)). Der Gesetzgeber darf derartige Bestimmungen treffen, jedoch mit ihnen eigentumsrechtlich geschützte Positionen nicht beliebig umgestalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.04.1987 - 1 BvR 564/84). Im Hinblick auf die hier streitigen Rentenansprüche ist zur berücksichtigen, dass die gesetzliche Rente nicht nur den Lebensunterhalt im Alter sichern, sondern auch einen Schutz bei Erwerbsminderung bieten soll. Der Versicherungsschutz im Falle der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit ist ein wesentlicher Teil der von der gesetzlichen Rentenversicherung zu erbringenden Leistungen. Für den Versicherten ist die Frage, ob er im Versicherungsfall einen Rentenanspruch hat, von erheblicher Bedeutung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.04.1987 - 1 BvR 564/84). Vor diesem Hintergrund stellt § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI einen Eingriff in das Eigentum dar, denn indem der Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht wird, werden bestimmte Personen vom Bezug dieser Leistungen ausgeschlossen.

Das BVerfG hat auch schon entschieden, dass ein Totalentzug eines Anspruchs auf eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht mit Art. 14 GG vereinbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.04.1987 - 1 BvR 564/84). Hätte der Gesetzgeber die angegriffenen Regelungen getroffen, ohne den Betroffenen die Gelegenheit zu geben, ihre Anwartschaften durch die Leistung monatlicher Mindestbeiträge aufrechtzuerhalten, so hätten diese, auch wenn sie zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele als geeignet und erforderlich erscheinen, den Anforderungen des Art. 14 GG an eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG nicht entsprochen. Der Entzug der durch eigene, oft erhebliche Beitragsleistungen erworbenen Invaliditätssicherung wäre für die in typischen Fällen auf diesen Versicherungsschutz angewiesenen Versicherten nicht mehr zumutbar gewesen (vgl. BVerfG, a.a.O.).

Im vorliegenden Verfahren stellt sich das Problem, dass ein Totalentzug des Anspruchs auf eine Erwerbsminderungsrente vorliegt, denn die Klägerin hat aufgrund ihrer Stellung als Beamtin keine Möglichkeit, die 3/5-Belegung zu erfüllen. Sie kann den Versicherungsschutz auch nicht durch freiwillige Beiträge aufrecht erhalten, denn nach § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI müssen drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorliegen. Eine freiwillige Beitragszahlung reicht also nicht aus. Auch die von der Beklagten genannte Möglichkeit, neben der dienstlichen Tätigkeit im Beamtenverhältnis noch eine (genehmigungsbedürftige) Nebentätigkeit auszuüben und dadurch den Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten, hält die Kammer nicht für zumutbar.

Vor diesem Hintergrund liegt ein Totalentzug des Anspruchs auf eine Erwerbsminderungsrente vor, der nach der zitierten Rechtsprechung des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der Regelung führt.

Die Kammer hält den Eingriff indes aus anderen Gründen für gerechtfertigt und hat das Verfahren daher nicht gem. Art. 100 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Eingriffe in Art. 14 GG sind dann gerechtfertigt, wenn sie zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich sind, insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.04.1987 - 1 BvR 564/84). Nach Auffassung der Kammer ist der Entzug des Anspruchs auf eine Erwerbsminderungsrente im Falle der Klägerin gerechtfertigt, denn sie hat einen vergleichbaren Anspruch im Rahmen der Beamtenversorgung. Diese sieht im Fall der Dienstunfähigkeit eine Versorgung vor, die sich an der vorherigen Besoldung orientiert. So erhält auch die Klägerin eine Pension mit einem Ruhegehaltssatz von ca. 71%, daraus ergibt sich ein Nettobetrag von ca. 2.300,- EUR. Im Hinblick auf diese Versorgung ist der Entzug des Anspruchs auf eine Erwerbsminderungsrente nach Auffassung der Kammer gerechtfertigt.

Es ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass in § 14a BeamtVG eine Härtefallregelung für die Fälle vorgesehen ist, in denen trotz Rentenanwartschaften keine Rente bezogen werden kann und der Ruhegehaltssatz einen bestimmten Prozentsatz nicht übersteigt. Nach dieser Vorschrift erhöht sich der nach § 14 Abs. 1, § 36 Abs. 3 Satz 1, § 66 Abs. 2 und § 85 Abs. 4 berechnete Ruhegehaltssatz vorübergehend, wenn der Beamte vor Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 51 Abs. 1 und 2 des Bundesbeamtengesetzes in den Ruhestand getreten ist und er 1. bis zum Beginn des Ruhestandes die Wartezeit von 60 Kalendermonaten für eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt hat, 2. a) wegen Dienstunfähigkeit im Sinne des § 44 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes in den Ruhestand versetzt worden ist oder b) wegen Erreichens einer besonderen Altersgrenze in den Ruhestand getreten ist, 3. einen Ruhegehaltssatz von 66,97 vom Hundert noch nicht erreicht hat und 4. keine Einkünfte im Sinne des § 53 Abs. 7 bezieht.

An dieser Regelung zeigt sich, dass der Gesetzgeber das Problem gesehen hat, dass Beamte trotz des Bestehens von Rentenanwartschaften bis zum Erreichen der Altersgrenze vom Bezug einer Rente ausgeschlossen sein können. Er hat dies zum Anlass genommen, die Beamtenversorgung vorübergehend anzuheben, was wiederum eine Rechtfertigung für den Eingriff in Art. 14 GG darstellt, weil dadurch die Unzumutbarkeit des Ausschlusses vom Rentenbezug für den Beamten entfällt. Die Klägerin kann von der Regelung in § 14a BeamtVG nicht profitieren, da ihr Ruhegehaltssatz über 66,97% liegt. Im Hinblick auf ihre Versorgung ist aber auch im vorliegenden Verfahren nicht von einer Unzumutbarkeit auszugehen.

Eine Verletzung des Art. 3 GG kommt von Vorneherein nicht in Betracht. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.01.2016 - 1 BvR 1687/14).

Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die von gelockerten auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können. Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich allerdings aus den jeweils betroffenen Freiheitsrechten ergeben. Zudem verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.01.2016 - 1 BvR 1687/14).

Es fehlt bereits an einer Ungleichbehandlung, denn die Klägerin wird nicht anderes behandelt, als andere Versicherte, die eine Rente wegen Erwerbsminderung in Anspruch nehmen wollen. Sie muss wie diese die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI erfüllen. Zur Begründung der Ungleichbehandlung könnte sich die Klägerin daher allenfalls darauf berufen, dass sie als Beamtin keine Pflichtbeiträge erbringen und damit die Voraussetzung des § 43 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI niemals erfüllen kann. Diese Regelung ist nach der Rechtsprechung des BVerfG jedoch verfassungsgemäß (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08.04.1987 - 1 BvR 564/84). Die Begünstigung der Pflichtversicherten lasse sich schon deswegen rechtfertigen, weil diese in der Regel nach Beitragszeit, Beitragsdichte und Beitragshöhe im wesentlich stärkeren Maße zur Versichertengemeinschaft beigetragen hätten und dabei ihren Verpflichtungen im Gegensatz zu den freiwillig Versicherten nicht haben ausweichen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem

Sozialgericht Detmold, Richthofenstraße 3, 32756 Detmold,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg-detmold.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO SG) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I, 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben.

Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.

Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Detmold schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.

Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Rechtskraft
Aus
Saved