S 50 KR 122/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
50
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 50 KR 122/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 22.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2010 verpflichtet, die seit dem 01.02.2008 an den Kläger von der RWE Rhein-Ruhr AG geleistete monatliche Zahlung in Höhe von 2841,59 Euro bei der Beitragsbemessung unberücksichtigt zu lassen und die Beiträge des Klägers zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung nach der Mindestbemessungsgrundlage gemäß §§ 240 Abs. 4 Satz 1 iVm 243 SGB V festzusetzen und den Differenzbetrag an den Kläger auszuzahlen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob eine an den Kläger geleistete monatliche Abfindungszahlung von seinem ehemaligen Arbeitgeber aufgrund einer vorzeitigen Auflösung seines Arbeitsverhältnisses als Versorgungsbezug bei der Beitragsbemessung angerechnet werden kann oder ob diese als Abfindungszahlung anrechnungsfrei bleibt sowie über die Höhe der Beitragsfestsetzung nach dem allgemeinen oder dem ermäßigten Beitragssatz.

Der am 6.9.19xx geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 31.1.2008 freiwillig krankenversichert.

Der Kläger stand vom 1.1.1983 bis zum 31.1.2004 bei der Thyssengas GmbH als Angestellter in einem Arbeitsverhältnis. Aufgrund eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB ging sein Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 1.2.2004 auf die RWE Rhein-Ruhr AG über. Das Arbeitsverhältnis endete gemäß Aufhebungsvertrag vom 19.12.2003 mit Wirkung zum 30.6.2004 aus betriebsbedingten Gründen. Zum Ausgleich der durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Nachteile vereinbarten der Kläger und die RWE Rhein-Ruhr AG eine Abfindung gemäß einer sogenannten 51er-Regelung der Thyssengas GmbH. Hiernach sollte der Kläger eine monatliche Abfindungszahlung bis zum Rentenbeginn, unter Anrechnung von Einkünften aus selbständiger oder nicht selbständiger Beschäftigung sowie Anrechnung weiterer vom Kläger bezogener bzw. zu beziehender sozialversicherungsrechtlicher Leistungen erhalten. Die Abfindungsleistung erhielt der Kläger nach dem Aufhebungsvertrag nur unter der Voraussetzung, dass er sich arbeitssuchend meldete und Arbeitslosengeld beantragte sowie rechtzeitig einen Antrag auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zur frühestmöglichen Inanspruchnahme stellte. Wegen des genauen Inhalts des Aufhebungsvertrages vom 19.12.2003 sowie der Betriebsvereinbarung zur vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen (51er-Regelung) wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (Blatt 29 bis 35) verwiesen.

Nach der Auflösung des Arbeitsverhältnisses wechselte der Kläger befristet für zwei Jahre in ein Beschäftigungsverhältnis mit der Transfergesellschaft Personalentwicklungs- und Arbeitsmarktagentur GmbH (PEAG).

Danach erhielt der Kläger vom 1.4.2006 bis zum 30.1.2008 Arbeitslosengeld I.

Seit dem 1.2.2008 erhält der Kläger von der RWE Rhein-Ruhr AG eine monatliche Abfindungsleistung in Höhe von 2841,59 Euro brutto.

Aus diesem Betrag setzte die Beklagte unter Berücksichtigung des allgemeinen Beitragssatzes die Beiträge des Klägers zur freiwilligen Krankenversicherung gemäß ihrer Satzung vom 1.1.2008 fest.

Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei der Abfindungsleistung nicht um einen Versorgungsbezug handele, sondern um eine Abfindung, so dass diese Leistung bei der Beitragsbemessung nicht berücksichtigt werden dürfe. Außerdem müsse die Beklagte bei der Beitragsbemessung den ermäßigten Beitragssatz zu Grunde legen, da der Kläger keinen Anspruch auf Krankengeld habe.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2010 zu verurteilen festzustellen, dass auf das Krankenversicherungsverhältnis des Klägers die Mindestbemessungsgrundlage in Verbindung mit dem ermäßigten Beitragssatz der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zugrundezulegen ist sowie die Beklagte zu verpflichten, die seitens der RWE Rhein-Ruhr AG seit dem 01.02.2008 geleistete Abfindungsleistung bei der Beitragsbemessung unberücksichtigt zu lassen und die zu viel gezahlten Beiträge der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge an den Kläger auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass es sich bei der Abfindungsleistung um einen Versorgungsbezug im Sinne des § 229 SGB V handele, da die Abfindungsleistung als Übergangszahlung über einen längeren Zeitraum im rentennahen Alter gezahlt werde und der Versorgung des Begünstigten diene. Sie sei daher als vorgezogene Alterssicherung zu qualifizieren und habe einen rentenähnlichen Charakter.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Verwaltungsakt vom 22.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.2.2010 im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seinen Rechten verletzt.

1.) Die von der ehemaligen Arbeitgeberin gezahlte monatliche Abfindung ist nicht als beitragspflichtige Einnahme im Sinne des § 240 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu berücksichtigen.

Bei der monatlichen Zahlung an den Kläger handelt es sich nicht um einen Versorgungsbezug im Sinne der §§ 248,226, 229 SGB V. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Abfindungszahlung nicht um eine der Rente vergleichbare Einnahme im Sinne des § 229 SGB V.

Beitragspflichtige Einnahmen im Sinne des § 240 SGB V iVm § 226 SGB V sind das Arbeitsentgelt, Vorruhestandsgeld, Renten der gesetzlichen Rentenversicherung, Versorgungsbezüge und das Arbeitseinkommen. Die dem Kläger gezahlte monatliche Abfindung gehört nicht zu den beitragspflichtigen Einnahmen im Sinne der §§ 226, 229 SGB V.

a.) Insbesondere stellt die Abfindung keinen Versorgungsbezug dar.

Versorgungsbezüge sind gemäß § 229 SGB V der Rente vergleichbare Einnahmen, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden. Die Abfindung ist keine mit einer Rente vergleichbare Einnahme. Die Abfindungszahlung wird auch nicht - wie von der Beklagten angenommen - dadurch zu einem beitragspflichtigen Versorgungsbezug im Sinne der §§ 226,229 SGB V, weil die Beklagte die Abfindung monatlich bis zum frühestmöglichen Eintritt der Rente an den Kläger leistet.

Sie wird weder wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit noch zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung gezahlt. Vielmehr handelt es sich bei der Abfindungszahlung um eine arbeitsförderungsrechtliche Leistung. Sie dient dazu, Arbeitsentgeltausfälle aufzufangen, sofern der Kläger nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der RWE Rhein-Ruhr AG bis zum frühestmöglichen Beginn der Altersrente keinen neuen Arbeitsplatz findet. Der Kläger ist nach der Aufhebungsvereinbarung in Verbindung mit der sog. 51er Regelung verpflichtet, sich drei Monate vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden, Arbeitslosengeld zu beantragen, die gesetzlich geforderten Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld zu erfüllen sowie den Aufforderungen des Arbeitsamtes nachzukommen, bis Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bewilligt werden. Weiterhin sieht die Vereinbarung vor, dass der Kläger rechtzeitig einen Antrag auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung stellt. Sofern der Kläger diese Bedingungen schuldhaft nicht erfüllt und er dadurch sozialversicherungsrechtliche Leistungen nicht erhält, verringert sich die Abfindung um die entgangenen Beiträge. Daraus ergibt sich, dass der Kläger verpflichtet ist, eine Sperrzeit zu vermeiden sowie eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen und aufrechtzuerhalten. Die Leistungen der Bundesagentur für Arbeit werden auf die Abfindung angerechnet. Sofern der Kläger während des Bezuges der monatlichen Abfindung Einkünfte aus selbstständiger oder nicht selbstständiger Arbeit erzielt, werden nach der sog. 51er Regelung die tatsächlich erzielten Nettoeinkünfte bis zur Höhe des fiktiven Arbeitslosengeldes angerechnet. Die vorgenannten Bedingungen sprechen bereits gegen eine Qualifizierung der Abfindungszahlung als Versorgungsbezug. Eine vorgezogene Altersrente würde unabhängig und ohne Anrechnung von Sozialleistungen sowie Einkünften aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit geleistet.

Nach den Vorstellungen der am Aufhebungsvertrag Beteiligten sollte das Arbeitsleben des Klägers gerade nicht beendet sein. Der Kläger sollte im Gegenteil alle Maßnahmen unternehmen, die ihm zur Aufnahme einer neuen Beschäftigung verhelfen. Hierfür war der Kläger auch in der Transfergesellschaft PEAG beschäftigt. Dies wäre nicht erforderlich gewesen, wenn die am Aufhebungsvertrag Beteiligten die Abfindungszahlung im Sinne einer vorgezogenen Altersrente vereinbart hätten. Die Abfindung zielt darauf ab, die Arbeitslosigkeit bis zum frühestmöglichen Beginn einer Altersrente zu kompensieren, sofern der Kläger trotz aller ihm zur Verfügung stehenden Maßnahmen keine neue Beschäftigung finden sollte.

b.) Bei der Abfindung handelt es sich auch nicht um eine vorgezogene Betriebsrente. Das Betriebsrentengesetz (BetrAVG) findet hier keine Anwendung.

Voraussetzung für den Bezug einer betrieblichen Altersvorsorge ist der Eintritt eines biologischen Ereignisses. Leistungen, die nicht durch den Eintritt eines biologischen Ereignisses ausgelöst werden, unterfallen nicht der betrieblichen Altersvorsorge. Dazu gehören Jubiläumszahlungen, Tantiemen und Kündigungsabfindungen (Henssler/Willemsen/Kalb-Schipp Vorb. BetrAVG Rd. 14).

Als Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind ebenfalls nicht sogenannte Übergangsgelder zu qualifizieren. Sie dienen der Überbrückung der Zeitspanne zwischen dem Ausscheiden aus dem Betrieb und dem Einsetzen von Altersversorgungsleistungen. Das gilt sogar dann, wenn sie als Ruhegeld bezeichnet und erst ab Vollendung des 60. Lebensjahres gezahlt werden (HWK/Schipp Vorb. BetrAVG Rd. 13). Die hier vereinbarte Abfindung ist nach Auffassung der Kammer einem Übergangsgeld gleichzusetzen.

c.) Die Abfindung ist auch weder Arbeitsentgelt noch Arbeitseinkommen. Das Arbeitsverhältnis war zum Zeitpunkt des Beginns der monatlichen Abfindungszahlung bereits beendet. Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass bestimmte Entgeltleistungen teilweise oder vollständig in den Abfindungsbetrag des Klägers eingeflossen sind.

2.) Schließlich ergibt sich auch aus der Satzungsregelung der Beklagten nicht, dass die Abfindungszahlung als beitragspflichtige Einnahme zu qualifizieren ist.

Nach § 240 Abs. 1 SGB V in der bis zum 31.12.2008 gültigen Fassung wird die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder durch die Satzung der Krankenkasse geregelt. Hierbei muss die beklagte Krankenkasse allerdings Rücksicht auf die gesetzlichen Vorgaben nehmen. Es ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Nach § 240 Abs. 2 S. 1 SGB V sind mindestens die Einnahmen des Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind.

Daran anknüpfend hat die Beklagte in ihrer Satzung mit Stand vom 1.1.2008 für die Beitragsbemessung der freiwilligen Mitglieder Folgendes geregelt: "Bei der Beitragsbemessung sind die durchschnittlichen monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen (1/12 der Brutto-Jahreseinnahme) maßgebend unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Mitglieds. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen gehören alle Einnahmen und Geldmittel, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden könnten, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung."

Zwar kann eine solche generalklauselartige Satzungsregelung ausreichen, um bestimmte Einnahmen der Beitragsbemessung zugrundezulegen, wenn diese bereits in ständiger Rechtsprechung vom Bundessozialgericht (BSG) als Einnahme zum Lebensunterhalt anerkannt worden ist (LSG Sachsen, Urteil vom 4.2.2009, L 1 KR 132/07). Dies ist hier aber gerade nicht der Fall. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG Urteil vom 21.2.1990, 12 RK 20/88) stellt eine Abfindungszahlung gerade kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt darstellt.

Die Satzungsregelung der Beklagten ist im Übrigen so weit gefasst, dass die Mitglieder der Beklagten nicht erkennen können, mit welchen Beitragsbelastungen sie zu rechnen haben. Wie sich aus § 240 Abs. 2 S. 1 SGB V ergibt, muss die Beklagte mindestens die Einnahmen des Mitglieds berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind. Dieser Anforderung wird die Beklagte mit ihrer Satzungsregelung nicht gerecht. Denn nach der oben genannten Satzungsregelung würde jegliche Geldeinnahme bei der Beitragsbemessung berücksichtigt und die Kongruenz der Einnahmen mit gleichgelagerten versicherungspflichtig Beschäftigten nicht mehr gewährleistet.

Bei nicht bereits anerkannten beitragspflichtigen Einnahmen muss die Satzung wenigstens in einem gewissen Umfang konkretisierende Regelungen enthalten (vgl LSG Sachsen aaO), damit eine gleichmäßige Behandlung aller freiwilligen Mitglieder einer Krankenkasse sichergestellt wird. Derartige konkretisierende Regelungen enthält die Satzung der Beklagten gerade nicht.

3.) Die dem Kläger gewährte Abfindung ist nicht als beitragsrelevantes Einkommen bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen.

Die monatliche Abfindungszahlung ist dem Kläger als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt worden. Ob diese in einem Betrag oder als laufend wiederkehrende Leistung ausgezahlt wird, ist hierbei unerheblich (vgl. BSG Urteil vom 28.4.1987, 12 RK 50/85, SozR 2200 § 180 Nr. 36). Hierbei handelt es sich nicht um eine Nachzahlung von während der Beschäftigung verdientem Entgelt. Bei der Abfindungszahlung handelt es sich um eine zweckbestimmte Leistung, die dazu dient, den Verlust des Arbeitsplatzes zu kompensieren (LSG Niedersachsen, Urteil vom 15.6.1994, L 4 KR 212/93). Sie kann nicht mehr der früheren Beschäftigung zugeordnet werden, weil dies mit dem Zweck der Abfindung als einer Entschädigung für künftig entfallende Verdienstmöglichkeiten nicht vereinbar wäre (BSG Urteil vom 21.02.1990, 12 RK 20/88). Die Abfindung ist daher der Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zuzurechnen, in der sich der Kläger bereits freiwillig krankenversichert hat.

a.) Die Abfindung stellt auch keine sonstige Einnahme dar, die zum Lebensunterhalt bestimmt ist. Sie unterliegt einer besonderen Zweckbindung, denn sie entschädigt den Kläger für den Verlust seines sozialen Besitzstandes.

b.) Die Abfindung enthält keinen Arbeitsentgeltanteil, der der Beitragsbemessung unterliegen würde. Denn die Abfindung beinhaltet im Falle des Klägers ausschließlich einen sozialen Anteil.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG Urteil vom 28.4.1987, 12 RK 50/85) enthält eine Abfindung, die wegen der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses gezahlt wird, einen Arbeitsentgeltanteil für den Fall des vor Ablauf der Kündigungsfrist vorzeitigen Wegfalls des Arbeitsentgeltes und einen sozialen Anteil, der für den Verlust sozialer Besitzstände entschädigen soll. Danach soll der Arbeitsentgeltanteil der Abfindung bei der Beitragsbemessung berücksichtigt werden. Wie lange nach der Rechtsprechung des BSG ein möglicher Arbeitsentgeltanteil bei einer Abfindungszahlung angenommen wird, wird im Sinne des § 143a SGB III danach bestimmt, ob und in welchem Umfang der Anspruch auf eine Abfindung den Anspruch auf Arbeitslosengeld zum Ruhen bringen kann. Grundsätzlich stellt § 143a SGB III für das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld auf die Kündigungsfrist des jeweiligen Arbeitsverhältnisses ab. Sofern die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, geht diese Norm von einer Kündigungsfrist von 18 Monaten aus. Fristbeginn ist hierbei der Tag der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Längstens würde daher ein Arbeitsentgeltanteil für 18 Monate bei der Beitragsbemessung berücksichtigt werden können.

Vorliegend hat der Kläger die Aufhebungsvereinbarung am 19.12.2003 geschlossen, die Arbeitslosigkeit begann am 1.4.2006 und die freiwillige Mitgliedschaft bei der Beklagten begann am 31.1.2008. Zwischen dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Beginn der Arbeitslosigkeit sowie der freiwilligen Mitgliedschaft lagen hier weit mehr als 18 Monate. Damit ist bei der Abfindungszahlung kein Arbeitsentgeltanteil zu berücksichtigen. Es handelt sich aufgrund des ausschließlich sozialen Anteils um eine zweckgebundene Leistung, welche von der Beitragsbemessung nach § 240 SGB V ausgenommen ist (BSG Urteil vom 23.11.1992, 12 RK 29/92).

4.) Ob vorliegend ein möglicher Beitragszuschuss seitens des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers bei der tenorierten Beitragsrückzahlungsverpflichtung der Beklagten in Abzug zu bringen gewesen wäre, kann dahinstehen, da hierzu seitens der Beteiligten kein Vortrag erfolgt ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass überhaupt ein eventueller Beitragszuschuss erfolgt ist. Der Arbeitgeber war hier auch nicht notwendig beizuladen, denn der Kläger ist bei der Beklagten nicht pflichtversichert.

5.) Die Beklagte ist mithin verpflichtet dem Kläger, der keinen Anspruch auf Krankengeld hat, lediglich den Mindestbeitrag nach dem ermäßigten Beitragssatz zu berechnen und den Differenzbetrag zu dem bisher berechneten Beitrag zu erstatten.

6.) Die vorstehenden Ausführungen gelten für die Beitragsbemessung der Pflegeversicherung gemäß § 57 Abs. 4 SGB XI entsprechend.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S 1 SGG.

Der Beklagten waren die Kosten aufzuerlegen. Bei der Kostenentscheidung hat die Kammer berücksichtigt, dass der Kläger seinen ursprünglich gestellten Antrag zu 3) (vgl. Klageschrift vom 5.3.2010) zurückgenommen hat. Aber auch für den Fall des Unterlegens mit diesem Antrag wäre dies bei der Kostenentscheidung nicht ins Gewicht gefallen, da er insoweit nur zu einem geringen Teil (unter 10%) unterlegen gewesen wäre.
Rechtskraft
Aus
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