Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
29
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 29 KR 777/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 276/11
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand:
1. Der Kläger begehrt eine Hörgeräteversorgung beiderseits mit dem ihm angepassten Hörsystem "Phonak Naida V SP". Bei dem vertraglichen Leistungserbringer der Beklagten, Hörgeräte E., D., hatte er die Vertragsgeräte
Unitron NeXt Essential HP (Hörgewinn rechts und links jeweils 30 %, beiderseits 40 %), "Audio-Service Nova 2 HP" (Hörgewinn rechts 20 %, links 25 %, beiderseits 35 %), "Audio-Service Astral HP" (Hörgewinn rechts 35 %, links 45 %, beiderseits 55 %) sowie "Phonak Milo UP" (rechts 40 % Hörgewinn, links 45 %, beiderseits 55 %)
getestet und sich dann doch für das erwähnte Hörgerät "Phonak Naida V SP" (Hörgewinn rechts 45 %, links 50 %, beiderseits 60 %) entschieden. Hierfür fiel ein Eigenanteil von 3196,40 EUR zuzüglich der gesetzlichen Zuzahlung von 20 EUR an.
Die Erstattung dieses Eigenanteils hat die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 11. Mai 2010 verweigert.
Der dagegen gerichtete Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2011 als unbegründet zurückgewiesen. Die Beklagte begründet dies damit, dass über den Betrag von 1145,80 EUR hinaus kein Anspruch auf die volle Kostenübernahme für die beidseitige Hörgeräteversorgung bestehe. Der Kläger habe nicht nur selbst bestätigt, dass er kein eigenanteilsfreies Versorgungsangebot wünsche, sondern eine höherwertige Versorgung mit Eigenanteil gewählt und zudem hätte die Feststellung durch den Leistungserbringer ergeben, dass eine aufzahlungsfreie Hörgeräteversorgung mit einem ausreichenden Hörverständnis möglich gewesen wäre.
2. Mit der am 19. August 2010 beim Sozialgericht München eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.
Der Kläger beantragt, die streitgegenständlichen Bescheide aufzuheben und das gewählte Hörgerät zuzahlungsfrei zuzuerkennen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Akteninhalt verwiesen. Der Kammer haben die Beklagtenakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Klage ist zulässig, da das sachlich (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG) und örtlich (§ 57 Abs. 1 SGG) zuständige Sozialgericht München angerufen, das gesetzlich vorgesehene (§ 78 SGG) Vorverfahren durchgeführt wurde und fristgerecht (§ 87 Abs. 2 SGG) Klage erhoben worden ist. Vorliegend konnte das Gericht einen Gerichtsbescheid erlassen, da gemäß § 105 Absatz 1 Satz 1 SGG die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufwies und der Sachverhalt geklärt war. Die Beteiligten wurden ordnungsgemäß gehört, bzw. haben sich vorab mit einem Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet!
a) Versicherte haben gemäß § 33 SGB V Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung, die im Einzelfall erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohen-den Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit sie nicht - was vorliegend auszuschließen war - als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Hilfsmittel können zulasten der Krankenkasse nur geleistet werden, wenn sie notwendig sind, den Erfolg der Krankenbehandlung zusichern beziehungsweise eine Behinderung auszugleichen und darüber hinaus auch wirtschaftlich sind (§ 12 Abs. 1 SGB V).
Dabei bemisst sich der Behinderungsausgleich entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder mittelbaren Behinderungsausgleich beansprucht wird (BSGE, Ur-teil vom 17. Dezember 2009, B 3 KR 20/08 R, Juris, Rn. 14). Während beim unmittelbaren Behinderungsausgleich das Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleich als Maßstab herzunehmen ist, gilt für den mittelbaren Behinderungsausgleich, also wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunkti-onen nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden, ein beschränkter Maß-stab. Hier (und nur hier!) müssen die Krankenkassen nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintreten (BSG, a.a.O., Rn. 15,16) und haben für über die Leistungspflicht der Krankenkasse hinausreichende Behinderungsfolgen gegebenenfalls auch andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen. Dies gilt auch etwa für Gebrauchsvorteile der Hilfsmittel im Beruf (BSG, a.a.O., Rn. 16,17).
b) Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich und demzufolge ist das vom Kläger begehrte Hörgerät für seine Versorgung grundsätzlich schon deshalb erforderlich iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V, wenn es nach dem Stand der Medizintechnik (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) die bestmögliche Angleichung an das Hör-vermögen Gesunder erlaubt und damit im allgemeinen Alltagsleben einen erheblichen Gebrauchsvorteil gegenüber anderen Hörhilfen bietet.
Aus den vorliegenden Messprotokollen ergibt sich diesbezüglich, dass das vom Kläger gewählte Hörgerät einen Hörgewinn von 60 % ermöglicht während das beste angebotene und getestete Vertragsgerät ("Phonak Milo UP" ) hier einen Wert von 55 % erreicht. Nach den Ausführungen des Vertragsgehörakustikers ist auch dieses Gerät aufgrund seiner Leistungsdaten ausreichend um den Hörverlust des Klägers auszugleichen (verglei-che Schreiben an die Beklagte vom 21. Juni 2010, Blatt 26 Beklagtenakte). Demgegenüber verfügt nach Angaben des Vertragsgehörakustikers das vom Kläger gewählte Gerät "Phonak Naida V SP" über eine Vielzahl zusätzlicher technischer Details, mit denen die Ausstattung des Gerätes das erforderliche Maß weit überschreitet (vergleiche Schreiben vom 15. November 2010, Blatt 39 Beklagten-Akte und vom 21. Juni 2010, Blatt 25 Beklagtenakte). Dazu gehört ein so genanntes "soundflow"-System (automatische Programmwahl, abhängig von der Umgebungssituation), ein "Sound recover"-System (Übertragung nicht hörbarer Frequenzanteile in den hörbaren Bereich, was das Tragen des Gerätes angenehmer macht), "windblock"-Management (Unterdrückung von Windgeräuschen), "realEarsound"-System (Berücksichtigung anatomischer Verhältnisse, was ein komfortableres Hören ermöglicht).
Ziel der Versorgung ist die Angleichung an das Hörvermögen hörgesunder Menschen (siehe oben); solange dieser Ausgleich im Sinne eines Gleichziehens mit deren Hörvermögen nicht vollständig erreicht ist, kann die Versorgung mit einem geeigneteren Hörgerät schon aus gesetzessystematischen Überlegungen heraus nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die GKV nur für die Aufrechterhaltung eines - wie auch immer zu bestimmenden - Basishörvermögens aufzukommen habe. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009,B 3 KR 20/08 R, Juris, Rn. 19,20).
Von den vorliegenden Messdaten ausgehend, kann durch das gewählte Hörgerät sowohl in der Einzelbewertung des rechten und linken Ohres als auch in der beidseitigen Versorgung lediglich ein Hörgewinn von zusätzlich 5 % erreicht werden. Damit wird der Kläger durch die Vertragsgeräte nicht etwa - was die BSG-Rechtsprechung ausdrücklich aus-schließt - auf ein Basishörvermögen reduziert, sondern es ergeben sich ganz erhebliche Hörgewinne, die durch das gewählte streitgegenständliche Hörgerät nur geringfügig (um 5 %) verbessert werden können.
c) Begrenzt ist der Anspruch zusätzlich noch durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Aus-geschlossen sind danach Ansprüche auf teurere Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist. Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwendige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten nach ärztlicher Einschätzung in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen oder wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, a.a.O., Rn. 21).
Diese anspruchsvernichtenden Kriterien liegen beim Kläger vor. Die verschiedenen oben genannten Zusatzsysteme, wie etwa eine automatische Programmwahl, die Unterdrückung von Windgeräuschen Übertragung nicht hörbarer Frequenzanteile in den hörbaren Bereich und nicht zuletzt ein komfortableres Tragen dienen offensichtlich zu aller erst einer komfortableren Ausstattung und haben weniger mit der Angleichung an ein gesundes Gehör zu tun. Dies bestätigt auch die Aussage des Hörgerät Akustikers, dass das streitgegenständliche Hörgerät durch den Kläger vor Beginn der Auswahl bereits als Wunschgerät auserkoren war, da es in seinem Bekanntenkreis bereits einige Hörgeräte dieser Art gab.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG abzuweisen.
II. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand:
1. Der Kläger begehrt eine Hörgeräteversorgung beiderseits mit dem ihm angepassten Hörsystem "Phonak Naida V SP". Bei dem vertraglichen Leistungserbringer der Beklagten, Hörgeräte E., D., hatte er die Vertragsgeräte
Unitron NeXt Essential HP (Hörgewinn rechts und links jeweils 30 %, beiderseits 40 %), "Audio-Service Nova 2 HP" (Hörgewinn rechts 20 %, links 25 %, beiderseits 35 %), "Audio-Service Astral HP" (Hörgewinn rechts 35 %, links 45 %, beiderseits 55 %) sowie "Phonak Milo UP" (rechts 40 % Hörgewinn, links 45 %, beiderseits 55 %)
getestet und sich dann doch für das erwähnte Hörgerät "Phonak Naida V SP" (Hörgewinn rechts 45 %, links 50 %, beiderseits 60 %) entschieden. Hierfür fiel ein Eigenanteil von 3196,40 EUR zuzüglich der gesetzlichen Zuzahlung von 20 EUR an.
Die Erstattung dieses Eigenanteils hat die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 11. Mai 2010 verweigert.
Der dagegen gerichtete Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2011 als unbegründet zurückgewiesen. Die Beklagte begründet dies damit, dass über den Betrag von 1145,80 EUR hinaus kein Anspruch auf die volle Kostenübernahme für die beidseitige Hörgeräteversorgung bestehe. Der Kläger habe nicht nur selbst bestätigt, dass er kein eigenanteilsfreies Versorgungsangebot wünsche, sondern eine höherwertige Versorgung mit Eigenanteil gewählt und zudem hätte die Feststellung durch den Leistungserbringer ergeben, dass eine aufzahlungsfreie Hörgeräteversorgung mit einem ausreichenden Hörverständnis möglich gewesen wäre.
2. Mit der am 19. August 2010 beim Sozialgericht München eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter.
Der Kläger beantragt, die streitgegenständlichen Bescheide aufzuheben und das gewählte Hörgerät zuzahlungsfrei zuzuerkennen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 SGG auf den Akteninhalt verwiesen. Der Kammer haben die Beklagtenakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
1. Die Klage ist zulässig, da das sachlich (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG) und örtlich (§ 57 Abs. 1 SGG) zuständige Sozialgericht München angerufen, das gesetzlich vorgesehene (§ 78 SGG) Vorverfahren durchgeführt wurde und fristgerecht (§ 87 Abs. 2 SGG) Klage erhoben worden ist. Vorliegend konnte das Gericht einen Gerichtsbescheid erlassen, da gemäß § 105 Absatz 1 Satz 1 SGG die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufwies und der Sachverhalt geklärt war. Die Beteiligten wurden ordnungsgemäß gehört, bzw. haben sich vorab mit einem Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet!
a) Versicherte haben gemäß § 33 SGB V Anspruch auf eine Hilfsmittelversorgung, die im Einzelfall erforderlich ist, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohen-den Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit sie nicht - was vorliegend auszuschließen war - als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Diese Hilfsmittel können zulasten der Krankenkasse nur geleistet werden, wenn sie notwendig sind, den Erfolg der Krankenbehandlung zusichern beziehungsweise eine Behinderung auszugleichen und darüber hinaus auch wirtschaftlich sind (§ 12 Abs. 1 SGB V).
Dabei bemisst sich der Behinderungsausgleich entscheidend danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder mittelbaren Behinderungsausgleich beansprucht wird (BSGE, Ur-teil vom 17. Dezember 2009, B 3 KR 20/08 R, Juris, Rn. 14). Während beim unmittelbaren Behinderungsausgleich das Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleich als Maßstab herzunehmen ist, gilt für den mittelbaren Behinderungsausgleich, also wenn die Erhaltung bzw. Wiederherstellung der beeinträchtigten Körperfunkti-onen nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung benötigt werden, ein beschränkter Maß-stab. Hier (und nur hier!) müssen die Krankenkassen nur für einen Basisausgleich von Behinderungsfolgen eintreten (BSG, a.a.O., Rn. 15,16) und haben für über die Leistungspflicht der Krankenkasse hinausreichende Behinderungsfolgen gegebenenfalls auch andere Sozialleistungssysteme Sorge zu tragen. Dies gilt auch etwa für Gebrauchsvorteile der Hilfsmittel im Beruf (BSG, a.a.O., Rn. 16,17).
b) Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich und demzufolge ist das vom Kläger begehrte Hörgerät für seine Versorgung grundsätzlich schon deshalb erforderlich iS von § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V, wenn es nach dem Stand der Medizintechnik (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) die bestmögliche Angleichung an das Hör-vermögen Gesunder erlaubt und damit im allgemeinen Alltagsleben einen erheblichen Gebrauchsvorteil gegenüber anderen Hörhilfen bietet.
Aus den vorliegenden Messprotokollen ergibt sich diesbezüglich, dass das vom Kläger gewählte Hörgerät einen Hörgewinn von 60 % ermöglicht während das beste angebotene und getestete Vertragsgerät ("Phonak Milo UP" ) hier einen Wert von 55 % erreicht. Nach den Ausführungen des Vertragsgehörakustikers ist auch dieses Gerät aufgrund seiner Leistungsdaten ausreichend um den Hörverlust des Klägers auszugleichen (verglei-che Schreiben an die Beklagte vom 21. Juni 2010, Blatt 26 Beklagtenakte). Demgegenüber verfügt nach Angaben des Vertragsgehörakustikers das vom Kläger gewählte Gerät "Phonak Naida V SP" über eine Vielzahl zusätzlicher technischer Details, mit denen die Ausstattung des Gerätes das erforderliche Maß weit überschreitet (vergleiche Schreiben vom 15. November 2010, Blatt 39 Beklagten-Akte und vom 21. Juni 2010, Blatt 25 Beklagtenakte). Dazu gehört ein so genanntes "soundflow"-System (automatische Programmwahl, abhängig von der Umgebungssituation), ein "Sound recover"-System (Übertragung nicht hörbarer Frequenzanteile in den hörbaren Bereich, was das Tragen des Gerätes angenehmer macht), "windblock"-Management (Unterdrückung von Windgeräuschen), "realEarsound"-System (Berücksichtigung anatomischer Verhältnisse, was ein komfortableres Hören ermöglicht).
Ziel der Versorgung ist die Angleichung an das Hörvermögen hörgesunder Menschen (siehe oben); solange dieser Ausgleich im Sinne eines Gleichziehens mit deren Hörvermögen nicht vollständig erreicht ist, kann die Versorgung mit einem geeigneteren Hörgerät schon aus gesetzessystematischen Überlegungen heraus nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die GKV nur für die Aufrechterhaltung eines - wie auch immer zu bestimmenden - Basishörvermögens aufzukommen habe. Teil des von den Krankenkassen nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V geschuldeten - möglichst vollständigen - Behinderungsausgleichs ist es, hörbehinderten Menschen im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen die dazu nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009,B 3 KR 20/08 R, Juris, Rn. 19,20).
Von den vorliegenden Messdaten ausgehend, kann durch das gewählte Hörgerät sowohl in der Einzelbewertung des rechten und linken Ohres als auch in der beidseitigen Versorgung lediglich ein Hörgewinn von zusätzlich 5 % erreicht werden. Damit wird der Kläger durch die Vertragsgeräte nicht etwa - was die BSG-Rechtsprechung ausdrücklich aus-schließt - auf ein Basishörvermögen reduziert, sondern es ergeben sich ganz erhebliche Hörgewinne, die durch das gewählte streitgegenständliche Hörgerät nur geringfügig (um 5 %) verbessert werden können.
c) Begrenzt ist der Anspruch zusätzlich noch durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs 1 SGB V. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Aus-geschlossen sind danach Ansprüche auf teurere Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist. Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der GKV ist eine kostenaufwendige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten nach ärztlicher Einschätzung in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen oder wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (BSG, a.a.O., Rn. 21).
Diese anspruchsvernichtenden Kriterien liegen beim Kläger vor. Die verschiedenen oben genannten Zusatzsysteme, wie etwa eine automatische Programmwahl, die Unterdrückung von Windgeräuschen Übertragung nicht hörbarer Frequenzanteile in den hörbaren Bereich und nicht zuletzt ein komfortableres Tragen dienen offensichtlich zu aller erst einer komfortableren Ausstattung und haben weniger mit der Angleichung an ein gesundes Gehör zu tun. Dies bestätigt auch die Aussage des Hörgerät Akustikers, dass das streitgegenständliche Hörgerät durch den Kläger vor Beginn der Auswahl bereits als Wunschgerät auserkoren war, da es in seinem Bekanntenkreis bereits einige Hörgeräte dieser Art gab.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG abzuweisen.
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