Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 27 R 1644/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 564/11
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Der Bescheid vom 20.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2010 wird mit der Maßgabe aufgehoben, dass dem Antrag des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab dem 01.04.2010 stattzugeben ist.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist nunmehr noch streitig, ob dem Kläger ein Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab 01.04.2010 zusteht.
Der 1969 geborene Kläger ist Volljurist, bei der BMW Bank GmbH/BMW Financial Services abhängig im Bereich Problemkredite beschäftigt und aufgrund dieser Beschäftigung pflichtversichert. Vorher war er als Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht tätig. Seit dem 23.07.2009 ist er (wieder) als Rechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer München zugelassen und Mitglied der bayerischen Versorgungskammer für Rechtsanwälte und Steuerberater.
Am 29.06.2009 beantragte der Kläger Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Er sei seit dem 01.02.2008 als Krisenmanager bei der BMW Bank GmbH beschäftigt, die bestätige, dass er als Rechtsanwalt tätig sei. Es bestehe Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer München.
Mit Bescheid vom 20.11.2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, werde nicht personen- sondern tätigkeitsbezogen ausgesprochen. Er seit zwar als Rechtsanwalt zugelassen und Pflichtmitglied in der Rechtsanwaltskammer und in der entsprechenden Versorgungskammer, aber nicht anwaltlich beschäftigt. Auch wenn der Arbeitgeber eine Rechtsanwaltstätigkeit bestätige, sei die Tätigkeit als Kreditmanager schon deshalb nicht als anwaltliche Tätigkeit zu qualifizieren, da sie laut Stellenbeschreibung lediglich ein abgeschlossenes juristisches oder wirtschaftswissenschaftliches Studium erfordere.
Mit Schreiben vom 06.12.2009 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Die Haupttätigkeit liege nahezu ausschließlich in der juristischen Bearbeitung von Sanierungs- und Abwicklungsfällen, ein abgeschlossenes zweites juristisches Staatsexamen sei sehr wohl Voraussetzung, lediglich die veraltete Stellenbeschreibung noch nicht angepasst.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Auch die endgültige Stellenbeschreibung spreche von Volljurist oder abgeschlossenem Hochschulstudium im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich; die Tätigkeit erfordere dem-nach nicht zwingend einen Volljuristen. Zudem dürfe die Arbeitszeit beim Arbeitgeber nicht zur Ausübung der Nebentätigkeit als Rechtsanwalt verwendet werden.
Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht München. Ausführlich legte er in der Klagebegründung nochmals seine Rechtsauffassung dar. Die Beklagte vertrat ebenfalls weiterhin ihren Standpunkt und bezog sich ausdrücklich erneut auf die Stellenbeschreibung und verwies auf den betriebswirtschaftlichen Schwerpunkt der Tätigkeit eines Kreditmanagers.
In der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2011 stellte der Kläger ausführlich Art und Weise seiner Tätigkeit für die BMW Bank dar. Insbesondere wies er darauf hin, dass er nicht als Kreditmanager tätig sei, da er gerade nicht mit der regulären Kreditvergabe, Kreditbearbeitung zu tun habe, sondern als Risikospezialist im Bereich Problemkredite arbeite. Hierbei gehe es um die eigenverantwortliche Sanierung (hochgradig) gefährdeter Kredite. Auf die ausführliche Tätigkeitsbeschreibung laut Protokoll wird verwiesen.
Ferner wurde umfassend der Zeuge W. M. gehört, Abteilungsleiter des Klägers. Er decke die betriebswirtschaftliche Seite ab, der Kläger, als einziger Volljurist, die juristische. Dem Kläger stünden zur Bewältigung der Problemstellungen im Sanierungsbereich alle Freiheiten und Entscheidungsbefugnisse zu. Auf die ausführliche Wiedergabe der Befragung im Protokoll wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2010 wird teilweise aufgehoben. Dem Antrag des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wird mit Wirkung vom 01.04.2010 stattgegeben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der SG Akte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2010 ist insoweit rechtswidrig als er dem Antrag des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherung ab dem 01.04.2010 nicht stattgibt. Der Kläger ist in seiner Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt ab dem 01.04.2010 von der Versicherungspflicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zu befreien.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI werden unter den in Nr. a) bis c) genannten Voraussetzungen auf Antrag Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich Kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, von der Versicherungspflicht befreit. Die Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht setzt eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit voraus, die in der gesetzlichen Rentenversicherung die Versicherungspflicht von Gesetzes wegen oder auf Antrag begründet hat und nimmt unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 SGB VI und eines Antrags nach § 6 Abs. 2 SGB VI die von ihr erfassten Sachverhalte von der Versicherungspflicht aus.
Diese Befreiung ist nicht personen- sondern tätigkeitsbezogen. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der Befreiungsmöglichkeit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, da er eine berufsspezifische Tätigkeit ausübt im Sinne dieser Vorschrift, obgleich er als Jurist ab-hängig bei der BMW Bank beschäftigt ist.
Der Kläger ist als Rechtsanwalt zugelassen, Mitglied der Rechtsanwaltskammer München und Mitglied des entsprechenden Versorgungswerkes. Sein Arbeitgeber hat diese Nebentätigkeit genehmigt.
Eine Tätigkeit als angestellter Volljurist allein erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht, hinzukommen muss, dass eine Tätigkeit mit denselben Rechten und Pflichten wie ein freier Rechtsanwalt ausgeübt wird.
Unstrittig ist der Kläger Volljurist, hat damit die Befähigung zum Richteramt und erfüllt so-mit die Voraussetzungen zur Ausübung der Tätigkeit als Rechtsanwalt gemäß § 4 BRAO. Der Kläger arbeitet als Risikospezialist im Bereich Problemkredite und nicht als Kreditmanager im herkömmlichen betriebswirtschaftlichen Sinn.
Herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist, dass die Tätigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI die Bereiche Rentenrechtsberatung, Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung bei einem nicht anwaltlichen Arbeitgeber kumulativ umfassen muss (vgl. z. B. Hessisches LSG vom 29.10.2009, Az: L 8 KR 189/09).
Aufgrund der schriftlichen Ausführungen und der überzeugenden Darlegungen und Aus-sagen des Klägers und insbesondere auch des Zeugen in der mündlichen Verhandlung ist die Kammer zum Ergebnis gekommen, dass der Kläger diese Voraussetzungen erfüllt.
Rechtsberatung umfasst die unabhängige Analyse von betriebsrelevanten, konkreten Rechtsfragen, die selbständige Herausarbeitung und Darstellung von Lösungswegen und Lösungsmöglichkeiten vor dem spezifischen betrieblichen Hintergrund und das unabhängige Bewerten der Lösungsmöglichkeiten (so Hessisches LSG a.a.O.). Der Kläger analysiert frei und unabhängig die Sanierung von gefährdeten und gefährdesten Krediten und stellt eigenverantwortlich das weitere Vorgehen und deren Bewertung dar, Freigabe von Sicherheiten, Umgestaltung von Sonderkrediten, Vereinbarung von Rückzahlungen.
Rechtsentscheidung beinhaltet das nach außen wirksame Auftreten als Entscheidungsträger mit eigenständiger Entscheidungskompetenz. Eine wesentliche Teilhabe an einem innerbetrieblichen Entscheidungsprozess muss erkennbar, auch nach außen sein. Ledi-lich unterstützende Tätigkeit genügt diesen Anforderungen nicht (Hess. LSG a.a.O.). Der Kläger vertritt seinen Arbeitgeber im Rahmen von Banken-Pool-Sitzungen bezüglich Kreditsanierungen eigenverantwortlich. Dort agiert er frei und trifft allein schon wegen der Eilbedürftigkeit und risikobehafteten Situation sofortige, kurzfristige, den Arbeitgeber bindende Entscheidungen.
Das eigenständige Führen von Vertrags- und Einigungsverhandlungen ist dem Bereich der Rechtsgestaltung zuzuordnen. Auch hier ist die Abgrenzung zu unterstützenden Tätigkeiten zu ziehen. Für die Erfüllung dieses Kriteriums ist hier beispielhaft das eigenständige und eigenverantwortliche gestaltende Agieren des Klägers in den Fortführungsverhandlungen mit vor-läufigen Insolvenzvertretern zu nennen.
Die Rechtsvermittlung umfasst die mündliche Darstellung abstrakter Regelungskomplexe vor einem größeren Zuhöhrerkreis, deren schriftliche Aufarbeitung und Bekanntgabe so-wie Erläuterung von Entscheidungen im Einzelfall (Hess. LSG a.a.O.). Der Kläger erarbeitet für die Mitarbeiter der anderen Teams anhand von ihm bearbeiteter (gravierender) Einzelfälle Lernkonzepte, Handreichungen u.ä., um Probleme zukünftig rechtzeitig zu erkennen und bei der Neukreditvergabe – die Aufgabe der anderen Teams ist – Fehler zu vermeiden und führt entsprechende Schulungen durch.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist nunmehr noch streitig, ob dem Kläger ein Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab 01.04.2010 zusteht.
Der 1969 geborene Kläger ist Volljurist, bei der BMW Bank GmbH/BMW Financial Services abhängig im Bereich Problemkredite beschäftigt und aufgrund dieser Beschäftigung pflichtversichert. Vorher war er als Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht tätig. Seit dem 23.07.2009 ist er (wieder) als Rechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer München zugelassen und Mitglied der bayerischen Versorgungskammer für Rechtsanwälte und Steuerberater.
Am 29.06.2009 beantragte der Kläger Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Er sei seit dem 01.02.2008 als Krisenmanager bei der BMW Bank GmbH beschäftigt, die bestätige, dass er als Rechtsanwalt tätig sei. Es bestehe Pflichtmitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer München.
Mit Bescheid vom 20.11.2009 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, werde nicht personen- sondern tätigkeitsbezogen ausgesprochen. Er seit zwar als Rechtsanwalt zugelassen und Pflichtmitglied in der Rechtsanwaltskammer und in der entsprechenden Versorgungskammer, aber nicht anwaltlich beschäftigt. Auch wenn der Arbeitgeber eine Rechtsanwaltstätigkeit bestätige, sei die Tätigkeit als Kreditmanager schon deshalb nicht als anwaltliche Tätigkeit zu qualifizieren, da sie laut Stellenbeschreibung lediglich ein abgeschlossenes juristisches oder wirtschaftswissenschaftliches Studium erfordere.
Mit Schreiben vom 06.12.2009 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Die Haupttätigkeit liege nahezu ausschließlich in der juristischen Bearbeitung von Sanierungs- und Abwicklungsfällen, ein abgeschlossenes zweites juristisches Staatsexamen sei sehr wohl Voraussetzung, lediglich die veraltete Stellenbeschreibung noch nicht angepasst.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2010 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Auch die endgültige Stellenbeschreibung spreche von Volljurist oder abgeschlossenem Hochschulstudium im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich; die Tätigkeit erfordere dem-nach nicht zwingend einen Volljuristen. Zudem dürfe die Arbeitszeit beim Arbeitgeber nicht zur Ausübung der Nebentätigkeit als Rechtsanwalt verwendet werden.
Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht München. Ausführlich legte er in der Klagebegründung nochmals seine Rechtsauffassung dar. Die Beklagte vertrat ebenfalls weiterhin ihren Standpunkt und bezog sich ausdrücklich erneut auf die Stellenbeschreibung und verwies auf den betriebswirtschaftlichen Schwerpunkt der Tätigkeit eines Kreditmanagers.
In der mündlichen Verhandlung vom 15.04.2011 stellte der Kläger ausführlich Art und Weise seiner Tätigkeit für die BMW Bank dar. Insbesondere wies er darauf hin, dass er nicht als Kreditmanager tätig sei, da er gerade nicht mit der regulären Kreditvergabe, Kreditbearbeitung zu tun habe, sondern als Risikospezialist im Bereich Problemkredite arbeite. Hierbei gehe es um die eigenverantwortliche Sanierung (hochgradig) gefährdeter Kredite. Auf die ausführliche Tätigkeitsbeschreibung laut Protokoll wird verwiesen.
Ferner wurde umfassend der Zeuge W. M. gehört, Abteilungsleiter des Klägers. Er decke die betriebswirtschaftliche Seite ab, der Kläger, als einziger Volljurist, die juristische. Dem Kläger stünden zur Bewältigung der Problemstellungen im Sanierungsbereich alle Freiheiten und Entscheidungsbefugnisse zu. Auf die ausführliche Wiedergabe der Befragung im Protokoll wird Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2010 wird teilweise aufgehoben. Dem Antrag des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht wird mit Wirkung vom 01.04.2010 stattgegeben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Übrigen wird auf den Inhalt der SG Akte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2010 ist insoweit rechtswidrig als er dem Antrag des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherung ab dem 01.04.2010 nicht stattgibt. Der Kläger ist in seiner Tätigkeit als angestellter Rechtsanwalt ab dem 01.04.2010 von der Versicherungspflicht im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zu befreien.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI werden unter den in Nr. a) bis c) genannten Voraussetzungen auf Antrag Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich Kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, von der Versicherungspflicht befreit. Die Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht setzt eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit voraus, die in der gesetzlichen Rentenversicherung die Versicherungspflicht von Gesetzes wegen oder auf Antrag begründet hat und nimmt unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 SGB VI und eines Antrags nach § 6 Abs. 2 SGB VI die von ihr erfassten Sachverhalte von der Versicherungspflicht aus.
Diese Befreiung ist nicht personen- sondern tätigkeitsbezogen. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der Befreiungsmöglichkeit nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, da er eine berufsspezifische Tätigkeit ausübt im Sinne dieser Vorschrift, obgleich er als Jurist ab-hängig bei der BMW Bank beschäftigt ist.
Der Kläger ist als Rechtsanwalt zugelassen, Mitglied der Rechtsanwaltskammer München und Mitglied des entsprechenden Versorgungswerkes. Sein Arbeitgeber hat diese Nebentätigkeit genehmigt.
Eine Tätigkeit als angestellter Volljurist allein erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Befreiung von der Versicherungspflicht, hinzukommen muss, dass eine Tätigkeit mit denselben Rechten und Pflichten wie ein freier Rechtsanwalt ausgeübt wird.
Unstrittig ist der Kläger Volljurist, hat damit die Befähigung zum Richteramt und erfüllt so-mit die Voraussetzungen zur Ausübung der Tätigkeit als Rechtsanwalt gemäß § 4 BRAO. Der Kläger arbeitet als Risikospezialist im Bereich Problemkredite und nicht als Kreditmanager im herkömmlichen betriebswirtschaftlichen Sinn.
Herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist, dass die Tätigkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI die Bereiche Rentenrechtsberatung, Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung bei einem nicht anwaltlichen Arbeitgeber kumulativ umfassen muss (vgl. z. B. Hessisches LSG vom 29.10.2009, Az: L 8 KR 189/09).
Aufgrund der schriftlichen Ausführungen und der überzeugenden Darlegungen und Aus-sagen des Klägers und insbesondere auch des Zeugen in der mündlichen Verhandlung ist die Kammer zum Ergebnis gekommen, dass der Kläger diese Voraussetzungen erfüllt.
Rechtsberatung umfasst die unabhängige Analyse von betriebsrelevanten, konkreten Rechtsfragen, die selbständige Herausarbeitung und Darstellung von Lösungswegen und Lösungsmöglichkeiten vor dem spezifischen betrieblichen Hintergrund und das unabhängige Bewerten der Lösungsmöglichkeiten (so Hessisches LSG a.a.O.). Der Kläger analysiert frei und unabhängig die Sanierung von gefährdeten und gefährdesten Krediten und stellt eigenverantwortlich das weitere Vorgehen und deren Bewertung dar, Freigabe von Sicherheiten, Umgestaltung von Sonderkrediten, Vereinbarung von Rückzahlungen.
Rechtsentscheidung beinhaltet das nach außen wirksame Auftreten als Entscheidungsträger mit eigenständiger Entscheidungskompetenz. Eine wesentliche Teilhabe an einem innerbetrieblichen Entscheidungsprozess muss erkennbar, auch nach außen sein. Ledi-lich unterstützende Tätigkeit genügt diesen Anforderungen nicht (Hess. LSG a.a.O.). Der Kläger vertritt seinen Arbeitgeber im Rahmen von Banken-Pool-Sitzungen bezüglich Kreditsanierungen eigenverantwortlich. Dort agiert er frei und trifft allein schon wegen der Eilbedürftigkeit und risikobehafteten Situation sofortige, kurzfristige, den Arbeitgeber bindende Entscheidungen.
Das eigenständige Führen von Vertrags- und Einigungsverhandlungen ist dem Bereich der Rechtsgestaltung zuzuordnen. Auch hier ist die Abgrenzung zu unterstützenden Tätigkeiten zu ziehen. Für die Erfüllung dieses Kriteriums ist hier beispielhaft das eigenständige und eigenverantwortliche gestaltende Agieren des Klägers in den Fortführungsverhandlungen mit vor-läufigen Insolvenzvertretern zu nennen.
Die Rechtsvermittlung umfasst die mündliche Darstellung abstrakter Regelungskomplexe vor einem größeren Zuhöhrerkreis, deren schriftliche Aufarbeitung und Bekanntgabe so-wie Erläuterung von Entscheidungen im Einzelfall (Hess. LSG a.a.O.). Der Kläger erarbeitet für die Mitarbeiter der anderen Teams anhand von ihm bearbeiteter (gravierender) Einzelfälle Lernkonzepte, Handreichungen u.ä., um Probleme zukünftig rechtzeitig zu erkennen und bei der Neukreditvergabe – die Aufgabe der anderen Teams ist – Fehler zu vermeiden und führt entsprechende Schulungen durch.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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