Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 R 384/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 20.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2012 verurteilt, die Altersrente des Klägers ab Rentenbeginn unter Anrechnung der Zeiten vom 02.08.1965 bis 05.10.1966 und 01.03.1968 bis 14.06.1975 als nachgewiesene Beitragszeiten zu berechnen und zu leisten.
II. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Anrechnung ungekürzter Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG). Der Kläger ist geboren in Rumänien am XX.XX.1946. Er lebt seit 21.08.1975 im Bundesgebiet. Am 07.11.2010 beantragte er, nach § 44 Sozialgesetzbuch 10 (SGB X) einen älteren Feststellungsbescheid vom 28.04.1982 dahingehend zu korrigieren, dass die Beitragszeiten vom 02.08.1965 bis 05.10.1966 und vom 01.03.1968 bis 14.06.1975 zu 6/6 und mithin ungekürzt in seiner Altersrente anzurechnen seien. Der Kläger war damals als gelernter Metallbauschlosser in der Versuchsabteilung und im Prototypenbau der "Mechanischen Werke" in T-Stadt tätig. Die zeitliche Lücke war durch den Wehrdienst bedingt. Mit Bescheid vom 20.12.2011 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, in der vorgelegten rumänischen Adeverinta vom 24.10.2011 seien zwar die Fehlzeiten eingetragen, nicht jedoch die tatsächlichen Arbeitstage. Mit seinem Widerspruch beharrt der Kläger auf der ungekürzten Anrechnung der strittigen Beitragszeiten. Nach den von den Landessozialgerichten Bayern und Baden-Württemberg entwickelten Kriterien sei die Dokumentation der Fehlzeiten ausreichend. Der Widerspruchsbescheid vom 10.02.2012 bestätigte die Kürzung der rumänischen Beitragszeiten. Damit eine rumänische Arbeitgeberbescheinigung als Nachweis anerkannt werden könne, müssten folgende Voraussetzungen erfüllt sein: 1. Die eigenen Angaben und die vorgelegten Unterlagen sind in sich schlüssig. 2. Aus der Bescheinigung gehen die tatsächlichen Arbeitstage und Fehlzeiten (z.B. Krankheitstage und bezahlte Fehltage) durch den jeweiligen Eintrag hervor. 3. Die Bescheinigung lässt durch konkrete Angaben erkennen, dass sie anhand der archivierten Lohn- bzw. sonstiger Personalunterlagen erstellt wurde. 4. Es bestehen keine begründeten Zweifel, dass diese Unterlagen tatsächlich vor-handen sind und auch voll inhaltlich ausgewertet wurden, also dass z.B. keine sog. Gefälligkeitsbescheinigung vorliegt. Wenn eines der genannten Kriterien nicht erfüllt sei, führe dies bereits zur Ablehnung der Bescheinigung als Nachweis. Die vorgelegte Adeverinta scheitere bereits an der Nichtangabe von Arbeitstagen. Sogenannte 3-Spalten-Bescheinigungen, welche nur Angaben zu Krankenstand, unbezahltem Urlaub und unentschuldigter Abwesenheit beinhalten, erfüllten das Kriterium Nr. 2 nicht. Mit seiner Klage lässt der Kläger vortragen, dass die Eintragung der Arbeitstage nur bei Tagelöhnern und nicht bei Monatslöhnern erforderlich sei. Die Beklagte sei schon mehr-fach zur Anerkennung von 6/6-Entgeltwerten bei Vorlage von Lohnlistenauszügen verpflichtet worden.
Die Klägervertreterin beantragt, die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 20.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2012 verpflichtet, die Zeiten vom 02.08.1965 bis 05.10.1966 sowie vom 01.03.1968 bis 14.06.1975 als nachgewiesene Beitragszeiten anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Akten der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht beim zuständigen Gericht erhoben und ist daher zulässig. Sie ist in der Sache auch begründet. Vorliegend ist das FRG uneingeschränkt in der ab 01.01.1992 geltenden Fassung anzuwenden, da ein Anspruch auf Zahlung einer Rente erstmals ab 01.01.1996 besteht. Der somit anzuwendende § 22 Abs 3 FRG ersetzt die Kürzung der Zeiten nach § 19 Abs 2 FRG a.F. durch eine Kürzung der Entgeltpunkte. Danach werden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkt um 1/6 gekürzt. Vorliegend sind die streitigen Zeiten als Beitragszeiten in Rumänien nachgewiesen und somit ungekürzt zu berücksichtigen. Nachgewiesen sind Zeiten dann, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass sie ohne relevante Unterbrechungen zurückgelegt sind. Dies kann zum Beispiel angenommen werden, wenn eine Arbeitsbescheinigung (Adeverinta) nicht nur konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungs- bzw. Beitragszeiten, sondern auch über dazwischenliegende Lücken von Beschäftigung, Entlohnung und Beitragszahlung enthält. Der Beweis einer im Sinne des Monatsprinzips lückenlosen Beitragsleistung zum Rentenversicherungssystem eines nichtdeutschen Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung wird in erster Linie durch Urkunden, amtliche Auskünfte und Zeugenaussagen geführt. Die von früheren Arbeitgebern ausgestellten Bescheinigungen und ebenfalls von Arbeitgebern vorgenommenen Eintragungen in den rumänischen Arbeitsbüchern sind zum vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen grundsätzlich geeignet. Enthalten die Beweismittel wie in der Regel die rumänischen Arbeitsbücher nur Angaben über Beginn und Ende der Beschäftigung, ohne erkennen zu lassen, ob und in welchem Umfang die Beitrags- und Beschäftigungszeiten durch Fehlzeiten unterbrochen wurden, sind sie nur als Mittel der Glaubhaftmachung geeignet (BSG Urteile vom 21.04.1982 4 RJ 33/81 und vom 09.11.1982 11 RA 64/81). Demgemäß ist vorliegend der erforderliche Nachweis durch die Adeverinta Nr. 444 vom 24.10.2011 geführt. Aus ihr ergibt sich, dass der Kläger in den streitigen Zeiträumen abgesehen von zehn Tagen seiner Abwesenheit 1970, 1972 und 1974 keine unbezahlten Urlaubstage und keine unbegründeten Fehlzeiten hatte. Die Adeverinta entspricht daher den Anforderungen des Bayerischen Landessozialgerichts, wie sie auch im Urteil vom L 19 RJ 163/99 vom 12.07.2000 formuliert wurden. Innerhalb eines vollen Kalendermonats bleibt für einen nach Monaten bezahlten Arbeitnehmer denkgesetzlich neben abschließend dokumentierten Fehlzeiten kein Raum für Unklarheiten, mit denen Zweifel an einer kontinuierlichen Beitragszahlung begründet werden könnten. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
II. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Anrechnung ungekürzter Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG). Der Kläger ist geboren in Rumänien am XX.XX.1946. Er lebt seit 21.08.1975 im Bundesgebiet. Am 07.11.2010 beantragte er, nach § 44 Sozialgesetzbuch 10 (SGB X) einen älteren Feststellungsbescheid vom 28.04.1982 dahingehend zu korrigieren, dass die Beitragszeiten vom 02.08.1965 bis 05.10.1966 und vom 01.03.1968 bis 14.06.1975 zu 6/6 und mithin ungekürzt in seiner Altersrente anzurechnen seien. Der Kläger war damals als gelernter Metallbauschlosser in der Versuchsabteilung und im Prototypenbau der "Mechanischen Werke" in T-Stadt tätig. Die zeitliche Lücke war durch den Wehrdienst bedingt. Mit Bescheid vom 20.12.2011 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, in der vorgelegten rumänischen Adeverinta vom 24.10.2011 seien zwar die Fehlzeiten eingetragen, nicht jedoch die tatsächlichen Arbeitstage. Mit seinem Widerspruch beharrt der Kläger auf der ungekürzten Anrechnung der strittigen Beitragszeiten. Nach den von den Landessozialgerichten Bayern und Baden-Württemberg entwickelten Kriterien sei die Dokumentation der Fehlzeiten ausreichend. Der Widerspruchsbescheid vom 10.02.2012 bestätigte die Kürzung der rumänischen Beitragszeiten. Damit eine rumänische Arbeitgeberbescheinigung als Nachweis anerkannt werden könne, müssten folgende Voraussetzungen erfüllt sein: 1. Die eigenen Angaben und die vorgelegten Unterlagen sind in sich schlüssig. 2. Aus der Bescheinigung gehen die tatsächlichen Arbeitstage und Fehlzeiten (z.B. Krankheitstage und bezahlte Fehltage) durch den jeweiligen Eintrag hervor. 3. Die Bescheinigung lässt durch konkrete Angaben erkennen, dass sie anhand der archivierten Lohn- bzw. sonstiger Personalunterlagen erstellt wurde. 4. Es bestehen keine begründeten Zweifel, dass diese Unterlagen tatsächlich vor-handen sind und auch voll inhaltlich ausgewertet wurden, also dass z.B. keine sog. Gefälligkeitsbescheinigung vorliegt. Wenn eines der genannten Kriterien nicht erfüllt sei, führe dies bereits zur Ablehnung der Bescheinigung als Nachweis. Die vorgelegte Adeverinta scheitere bereits an der Nichtangabe von Arbeitstagen. Sogenannte 3-Spalten-Bescheinigungen, welche nur Angaben zu Krankenstand, unbezahltem Urlaub und unentschuldigter Abwesenheit beinhalten, erfüllten das Kriterium Nr. 2 nicht. Mit seiner Klage lässt der Kläger vortragen, dass die Eintragung der Arbeitstage nur bei Tagelöhnern und nicht bei Monatslöhnern erforderlich sei. Die Beklagte sei schon mehr-fach zur Anerkennung von 6/6-Entgeltwerten bei Vorlage von Lohnlistenauszügen verpflichtet worden.
Die Klägervertreterin beantragt, die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 20.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.02.2012 verpflichtet, die Zeiten vom 02.08.1965 bis 05.10.1966 sowie vom 01.03.1968 bis 14.06.1975 als nachgewiesene Beitragszeiten anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat die Akten der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht beim zuständigen Gericht erhoben und ist daher zulässig. Sie ist in der Sache auch begründet. Vorliegend ist das FRG uneingeschränkt in der ab 01.01.1992 geltenden Fassung anzuwenden, da ein Anspruch auf Zahlung einer Rente erstmals ab 01.01.1996 besteht. Der somit anzuwendende § 22 Abs 3 FRG ersetzt die Kürzung der Zeiten nach § 19 Abs 2 FRG a.F. durch eine Kürzung der Entgeltpunkte. Danach werden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkt um 1/6 gekürzt. Vorliegend sind die streitigen Zeiten als Beitragszeiten in Rumänien nachgewiesen und somit ungekürzt zu berücksichtigen. Nachgewiesen sind Zeiten dann, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass sie ohne relevante Unterbrechungen zurückgelegt sind. Dies kann zum Beispiel angenommen werden, wenn eine Arbeitsbescheinigung (Adeverinta) nicht nur konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungs- bzw. Beitragszeiten, sondern auch über dazwischenliegende Lücken von Beschäftigung, Entlohnung und Beitragszahlung enthält. Der Beweis einer im Sinne des Monatsprinzips lückenlosen Beitragsleistung zum Rentenversicherungssystem eines nichtdeutschen Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung wird in erster Linie durch Urkunden, amtliche Auskünfte und Zeugenaussagen geführt. Die von früheren Arbeitgebern ausgestellten Bescheinigungen und ebenfalls von Arbeitgebern vorgenommenen Eintragungen in den rumänischen Arbeitsbüchern sind zum vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen grundsätzlich geeignet. Enthalten die Beweismittel wie in der Regel die rumänischen Arbeitsbücher nur Angaben über Beginn und Ende der Beschäftigung, ohne erkennen zu lassen, ob und in welchem Umfang die Beitrags- und Beschäftigungszeiten durch Fehlzeiten unterbrochen wurden, sind sie nur als Mittel der Glaubhaftmachung geeignet (BSG Urteile vom 21.04.1982 4 RJ 33/81 und vom 09.11.1982 11 RA 64/81). Demgemäß ist vorliegend der erforderliche Nachweis durch die Adeverinta Nr. 444 vom 24.10.2011 geführt. Aus ihr ergibt sich, dass der Kläger in den streitigen Zeiträumen abgesehen von zehn Tagen seiner Abwesenheit 1970, 1972 und 1974 keine unbezahlten Urlaubstage und keine unbegründeten Fehlzeiten hatte. Die Adeverinta entspricht daher den Anforderungen des Bayerischen Landessozialgerichts, wie sie auch im Urteil vom L 19 RJ 163/99 vom 12.07.2000 formuliert wurden. Innerhalb eines vollen Kalendermonats bleibt für einen nach Monaten bezahlten Arbeitnehmer denkgesetzlich neben abschließend dokumentierten Fehlzeiten kein Raum für Unklarheiten, mit denen Zweifel an einer kontinuierlichen Beitragszahlung begründet werden könnten. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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