Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KN 158/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 899/13
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über Anrechnung der Zeit vom 10.8.1967 bis 4.1.1988 als nach-gewiesene Beitragszeit zu 6/6 bei der Berechnung der Rente.
Der am XX.XX. 1938 geborene Kläger zog am 10.9.1995 aus Kasachstan in das Bundes-gebiet zu und ist als Spätaussiedler anerkannt.
Er war ausweislich des Arbeitsbuches nach einem Studium an der Bergbauschule vom 15.12.1955 bis 15.10.1956 zunächst beschäftigt vom 19.10.1956 bis 29.11.1958 im Bergwerk "Kalinin" als Maschinist, Fördermann und im Transport. Von Dezember 1958 bis 19.3.1962 diente er in der Sowjetarmee. Vom 17.4.1962 bis 17.8.1963 arbeitete er als Takelarbeiter im Schacht des Bergwerks "Kalinin", vom 31.8.1963 bis 18.1.1966 als Be-schicker im Kühlraum des Semipalatinsker Fleischkombinats "Kalinin" und vom 22.1.1966 bis 2.8.1967 als Kraftfahrer in der Semipalatinsker Fahrzeugbasis. Vom 10.8.1967 bis 4.1.1988 war er als Fahrer für das Semipalatinsker Fleisch- und Konservenkombinat "Kalinin" tätig und vom 14.1.1988 bis 3.8.1995 als Busfahrer und Reparaturschlosser bei der Eisenbahn Alma-Ata im Bahnhof Shana-Semej.
Mit Bescheid vom 16.5.1999 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 1.11.1998 im Wege eines Vorschusses gem. § 42 SGB I, da bzgl. der Versicherungszeiten noch Ermittlungen notwendig gewesen waren. Mit Bescheid vom 24.1.2000 stellte die Beklagte die Rente nach Anerkennung zusätzlicher Versicherungszeiten (Wehrdienst) endgültig fest. Die Beschäftigungszeiten in Kasachstan wurden nach dem Fremdrentengesetz (FRG) mit 5/6 als glaubhaft gemachte Zeiten in der Qualifikationsgruppe 5 berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 22.12.2009 beantragte der Klägerbevollmächtigte eine Überprüfung des Rentenbescheides gem. § 44 SGB X im Hinblick auf eine Anrechnung der FRG-Zeiten zu 5/6. Er war der Ansicht, dass das vorgelegte Arbeitsbuch für eine Vollanrechnung der Beschäftigungszeiten ausreichen müsse. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien Beitragszeiten zu 6/6 anzurechnen, wenn nichts dafür er-sichtlich sei, dass die Beitragszahlung unterbrochen gewesen ist. Diese zu den rumänischen LPG-Beschäftigten ergangene Entscheidung sei auch auf andere Systeme über-tragbar. Der Klägerbevollmächtigte machte zudem einen Beratungsfehler geltend. Es sei Aufgabe der Beklagten gewesen, den Kläger darüber zu informieren, mit welchen Unter-lagen eine Anrechnung der Zeiten als nachgewiesene Zeiten zu 6/6 erreicht hätte werden können. Der Klägerbevollmächtigte begehrte auch die Einstufung des Klägers in Qualifi-kationsgruppe 4 für seine Tätigkeit als Kraftfahrer und Schlosser.
Im Verwaltungsverfahren lag eine Archivbescheinigung der zuständigen Archivverwaltung des Ostkasachischen Gebietes vom 30.9.2009 vor. Darin wurde der Lohn des Klägers beim Semipalatinsker Fleischkonservenkombinat von 1967 bis 1988 bestätigt. Das Archiv teilte zudem mit, dass Lohnlisten für 1963 bis 1966 sowie Urlaubslisten des Fleischkonservenkombinates nicht vorlägen. Die Unternehmen existieren nicht mehr.
Mit Bescheid vom 22.6.2011 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Eine Anrechnung der FRG-Zeiten zu 6/6 sei nicht möglich, da sich aus der eingereichten Lohnbestätigung keine Krankheits- und Urlaubstage ergeben würden. Mit Widerspruch vom 1.7.2011 machte der Klägerbevollmächtigte geltend, dass bzgl. möglicher Krankheitszeiten es darauf ankomme, ob aus sämtlichen zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen hinreichend nachgewiesen sei, dass keine Krankheitstage von mehr als 30 Tagen ange-fallen sind. Er verwies dazu auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17.11.2010 (L 2 R 435/10). Mit Widerspruchsbescheid vom 24.8.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Klägerbevollmächtigte am 20.9.2011 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Das Gericht hat mit Beschluss vom 27.12.2011 Prozesskostenhilfe bewilligt und den Klägerbevollmächtigten beigeordnet. Es hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 6.11.2012 erörtert und eine Probeberechnung bei der Beklagten angefordert. Die Probeberechnung inkl. der Berücksichtigung der geltend gemachten Zeiten vom 10.8.1967 bis 4.1.1988 zu 6/6 ergibt eine um rund 55 EUR höhere Rente, als die derzeit ausgezahlte Nettorente.
Der Klägerbevollmächtigte verweist auf die Antragsbegründung und ist der Ansicht, dass unter Berücksichtigung des Urteils des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Nachweis für eine 6/6-Anrechnung der FRG-Zeiten auch durch die Anhörung des Klägers geführt werden könne. Auch die Sozialgerichte Altenburg und Hannover hätten dies zwischenzeitlich so bestätigt. Auch seien die Krankheitsstände in den 70er-Jahren nicht wesentlich höher gewesen, als die durch das Statistische Bundesamt belegten Zeiten. Spätestens mit der Absenkung der nach dem FRG zu berücksichtigenden Werte mittels des Faktors 0,6 sei das Eingliederungsprinzip aufgegeben worden. Es bestehe demnach auch keine Berechtigung mehr, statistische Durchschnittsgrößen hinsichtlich der Arbeitsdichte heranzuziehen. Zudem sei der Gesetzgeber bei Erlass des FRG davon ausgegangen, dass Vertriebene und Spätaus-siedler keine Arbeitsbücher vorlegen können. Soweit jetzt jedoch Arbeitsbücher vorgelegt werden, führe dies zu einer Doppelberücksichtigung von Arbeitslosigkeitszeiten. Diese ergäben sich aus dem Arbeitsbuch und würden demnach nicht mehr als Beitragszeiten anerkannt. Zudem seien diese aber in den 1/6 berücksichtigt, die bei Glaubhaftmachung abgezogen würden. Darüber hinaus müssten mögliche Krankheitszeiten, die länger als 30 Tage dauerten, als Anrechnungszeiten Berücksichtigung finden.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Bescheid vom 22.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.8.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 26.5.1999 abzuändern und Rente unter Berücksichtigung nachgewiesener Zeiten vom 10.8.1967 bis 4.1.1988 zu 6/6 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf die gesetzliche Regelung des § 22 Abs. 3 FRG. Ein Nachweis im Sinne dieser Vorschrift könne nur durch Unterlagen geführt werden, aus denen sich konkrete Krankheits- und sonstige Unterbrechungstatbestände ergeben würden. Solche Unterlagen lägen nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf die Gerichtsakte und die bei-gezogene Akte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann im Wege eines Gerichtsbescheids gemäß § 105 SGG entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden vorher gehört und hatten keine Einwände.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 22.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.8.2011, mit dem der Überprüfungsantrag des Klägers bzgl. der Be-rücksichtigung seiner FRG-Zeiten zu 6/6 als nachgewiesene Zeiten abgelehnt worden ist. Ausweislich des Klageantrags ist nur die Zeit vom 10.8.1967 bis 4.1.1988 Gegenstand der Klage. Nicht Gegenstand ist eine Einstufung in Qualifikationsgruppe 4 statt 5 für die in Kasachstan zurückgelegten Zeiten. Dies wurde in den Bescheiden nicht behandelt und vom Klägerbevollmächtigten im Klageverfahren auch nicht beantragt.
Der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger demnach nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat die Zeit vom 10.8.1967 bis 4.1.1988 zu Recht nur als glaubhaft gemachte Zeit nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu 5/6 angerechnet. Das Gericht verweist dazu zunächst auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid.
Der Kläger ist als Spätaussiedler anerkannt. Deshalb findet das FRG gem. § 1 lit. a FRG in der bei Rentenbeginn 1998 geltenden Fassung auf ihn Anwendung. Die hier maßgeblichen Vorschriften der §§ 4, 15, 16, 22 Abs. 3, 26 FRG entsprechen inhaltlich im Wesentlichen den heute geltenden Vorschriften.
Nach §§ 15 und 16 FRG werden außerhalb der Bundesrepublik zurückgelegte Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugunsten der Vertriebenen und Spätaussiedler so behandelt, als seien sie in der Bundesrepublik zurückgelegt worden. Für die Feststellung solcher Beitrags- oder Beschäftigungszeiten genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 FRG). Während der vollständige Beweis die Anrechnung der bewiesenen Zeiten zu 6/6 zur Folge hat, begründet die Glaubhaftmachung nur das Recht auf eine teilweise Anrechnung, nämlich zu 5/6 (§ 22 Abs. 3 FRG).
Beitrags- oder Beschäftigungszeiten sind nur dann nachgewiesen und zu 6/6 anrechenbar, wenn zur Überzeugung des Gerichts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass Anrechnungszeit-Tatbestände (z.B. krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, unbezahlter Urlaub, usw.) nicht eingetreten sind, nicht jedoch schon dann, wenn nur Anfang und Ende der jeweiligen Zeiten feststehen. Denn in diesen Fällen ist es nicht ausgeschlossen, dass die bescheinigten Arbeitsverhältnisse durch vorübergehende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeitszeiten oder sonstige relevanten Tatbestände unterbrochen sein könnten. Zum Nachweis reichen deshalb reine Arbeitsbescheinigungen und Arbeitszeugnisse im Regelfall nicht aus.
Gleiches gilt auch für das russische Arbeitsbuch. Insoweit hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 21.4.1982, Az. 4 RJ 33/81, explizit darauf hingewiesen, dass sich aus Arbeitsbüchern der Sowjetunion ein Nachweis nicht entnehmen lässt. Das Bundessozialgericht hat dazu ausgeführt:
Es ist nicht zu beanstanden, dass das LSG im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung davon ausgegangen ist, dass die im Arbeitsbuch der Klägerin aufgeführten Arbeitsverhältnisse durch vorübergehende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeitszeiten unterbrochen sein könnten. Während solcher Zeiten waren - wie sich aus dem vom LSG eingeholten Gutachten des Instituts für Ostrecht e.V. ergibt - keine Beiträge zum sowjetischen Sozialversicherungssystem zu entrichten, ein Anspruch auf Lohnfortzahlung bestand ebenfalls nicht. Für den Nachweis einer Versiche-rungszeit nach § 15 FRG kommt es aber gerade auf die Beitragsleistung zu einem ausländischen System der Rentenversicherung an; es genügt nicht, dass dieses ausländische System die beitragslosen Zeiten zur Begründung eines Rentenanspruches wie auch zur Rentenberechnung heranzieht (vgl BSG Urteil vom 18. Februar 1981 - 1 RA 7/80 - = SozR 5050 § 15 Nr 21). Auch die deutsche Renten-versicherung kennt die Einbeziehung beitragsloser Zeiten in den Rentenanspruch (z.B. Ersatzzeiten nach § 1251 Reichsversicherungsordnung -RVO-, Ausfallzeiten nach § 1259 RVO), ohne diesen Zeiten den Charakter von Beitragszeiten beizulegen.
Das von der Klägerin vorgelegte Arbeitsbuch enthält nur Beginn und Ende der ein-zelnen Arbeitsverhältnisse, sagt aber über (krankheitsbedingte) Unterbrechungen der einzelnen Arbeitsverhältnisse bzw. der Lohnfortzahlung nichts aus. Der Nachweis des Beginnes und des Endes eines Arbeitsverhältnisses schließt jedoch den Nachweis der fehlenden Unterbrechung nicht ein (vgl BSG Urteil vom 20. August 1974 - 4 RJ 241/73 - = SozR 5050 § 19 Nr 1 Seite 4).
Das hier erkennende Gericht schließt sich dieser Rechtsprechung an. Der Fall des Klägers ist vergleichbar. Auch bei ihm lässt sich aus dem Arbeitsbuch nur Beginn und Ende der Arbeitsverhältnisse entnehmen. Auch bei ihm ist es deshalb nicht ausgeschlossen, dass die im Arbeitsbuch des Klägers aufgeführten Arbeitsverhältnisse durch vorübergehende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeitszeiten oder sonstige relevanten Tatbestände unterbrochen sein könnten.
Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb 1982 mit einem russischen Arbeitsbuch kein Nachweis geführt werden konnte, dies aber jetzt möglich sein soll. Bzgl. des Inhalts und der Beweiskraft des Arbeitsbuches hat sich zwischenzeitlich nichts geändert.
Die Argumente des Klägerbevollmächtigten, insbesondere zur möglichen doppelten Anrechnung von Arbeitslosigkeitszeiten bei der Kürzung, überzeugen nicht. Dies war zum einen dem Bundessozialgericht schon 1982 bekannt. Zum anderen übersieht der Kläger-bevollmächtigte dabei, dass Beschäftigungsverhältnisse nicht nur durch Arbeitslosigkeit, sondern hauptsächlich durch Krankheitszeiten oder Zeiten eines unbezahlten Urlaubs und für Mütter Mutterschaftszeiten unterbrochen sein können. Es kommt deshalb auch nicht nur auf mögliche Krankheitszeiten an, sondern auf alle denkbaren Unterbrechungen der Beitragszahlung zur Sozialversicherung.
Auch soweit eine Ungleichbehandlung von Versicherten, die keine Arbeitspapiere vorlegen konnten, verglichen mit denjenigen, die Arbeitsbücher vorgelegt haben, vortragen wurde, überzeugt dieses Argument nicht. Da gem. §§ 15, 16 FRG nur Beitrags- und Beschäftigungszeiten anerkannt werden, können Arbeitslosigkeitszeiten mit oder ohne Vor-lage des Arbeitsbuches nicht als solche berücksichtigt werden. Auch bei einer Glaubhaftmachung z.B. durch eidesstattliche Versicherung waren und sind solche Arbeitslosigkeits-zeiten von einem Versicherten anzugeben bzw. ergeben sich automatisch aufgrund von Lücken zwischen Beschäftigungen.
Entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten ändert auch die von ihm mehrfach zitierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den LPG-Mitgliedern in Rumänien nichts daran, dass ein Nachweis von Beitragszeiten bzw. Unterbrechungstatbeständen im Einzelfall geführt werden muss, will man eine 6/6-Anrechnung erreichen. Denn die in dieser Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind nur auf LPG-Mitglieder und möglicher-weise auf Mitglieder von Kolchosen in der Sowjetunion anwendbar. Der Kläger war aber kein Mitglied einer Kolchose. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den LPG-Mitgliedern basiert auf der Tatsache, dass für Mitglieder einer LPG eine gesetzliche Sozialversicherung als Pflichtversicherung bestand und die entsprechenden Beiträge ohne Rücksicht auf Zeiten der Arbeitsunterbrechung einzelner Mitglieder durchgehend entrichtet wurden. Für diesen Fall, und nur für diesen Fall, können alleine aufgrund der Beschäftigung eines Mitglieds bei einer rumänischen LPG die entsprechenden Beitragszeiten (§ 15 FRG) als nachgewiesen (§ 22 Abs 3 FRG) angesehen werden. Das Bundessozialgericht hat dazu im Urteil vom 21. August 2008, B 13/4 R 25/07 R, folgendes ausgeführt:
Wie bereits aus dem Wortlaut des § 22 Abs 3 FRG hervorgeht, kommt es bei Bei-tragszeiten nach § 15 FRG somit darauf an, ob diese "nachgewiesen" sind. Dies ist z.B. dann nicht der Fall, wenn "in die streitigen Zeiten auch Zeiten einer Ar-beitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen, für die der Arbeitgeber anders als bei den Beschäftigungszeiten keine Beiträge zur rumänischen Rentenversicherung entrichten musste" (BSG vom 9.11.1982, SozR 5050 § 15 Nr 23 S 77) - oder solche Zeiten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können. Diese Entscheidung erging auf der Grundlage, dass es in den Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder sonstigen Arbeitsunterbrechung an einem irgendwie gearteten Beitragsaufkommen gefehlt hat; Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat der Senat jedenfalls in seinem Urteil vom 8.9.2005 (SozR 4-5050 § 15 Nr 2) darauf abgestellt, dass für die in einer rumänischen LPG als Mitglied beschäftigte damalige Klägerin Beiträge iS von § 15 Abs 1 FRG für den gesamten streitigen Zeitraum entrichtet worden waren. Dies beruhte auf den Feststellungen der damaligen Berufungsinstanz (LSG Baden-Württemberg vom 8.9.2004 - L 2 RJ 1664/02) zum rumänischen Recht; hiernach waren die Sozialversicherungsbeiträge von den LPGen nicht für einzelne, nament-lich genannte Mitglieder bemessen und abgeführt worden, sondern für die Ge-samtheit der Mitglieder im abstrakten Sinne des Wortes. Bemessungsgrundlage sei die von der LPG erzielte Jahresproduktion gewesen, wobei jedenfalls zu Beginn der Einführung des Systems die LPG 3,5 % des Wertes der jährlichen Gesamtproduktion als Beitrag an die Rentenkasse abgeführt habe. Hiervon unabhängig sei allerdings die Höhe der Rentenansprüche der Mitglieder gewesen.
Für "normale" Arbeitnehmer war die Abführung von Beiträgen weder in Rumänien noch in Kasachstan mit der Abführung von Beiträgen zur Sozialversicherung in einer LPG vergleichbar. Wie bereits im Urteil des Bundessozialgerichts vom Urteil vom 21.4.1982 (siehe oben) ausgeführt worden ist, wurden während vorübergehender krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeitszeiten oder sonstigen Unterbrechungstatbeständen keine Beiträge zum sowjetischen Sozialversicherungssystem entrichtet. Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung bestand ebenfalls nicht. Das Bundessozialgericht hat in seinen Urteilen zu den LPG-Mitgliedern auch mitnichten eine Beweislastumkehr im Sinne von grundsätzlich anzuneh-mender durchgängiger Beitragsentrichtung aufgestellt. Es verbleibt demnach bei "normalen" Arbeitnehmern bei einer Nachweispflicht der Beitragszeiten für eine Anrechnung zu 6/6. Eine Ungleichbehandlung ist bei ungleichen Sachverhalten gerechtfertigt.
Im hier zu entscheidenden Fall des Klägers lässt sich auch mit übrigen Erkenntnisquellen kein Nachweis gem. § 22 Abs. 3 FRG führen. Das Gericht folgt bzgl. der Anwendung von § 22 Abs. 3 FRG in vollem Umfang den immer noch aktuellen Ausführungen des Bundessozialgerichts im oben zitierten Urteil vom 21.4.1982, die weiter wie folgt lauten:
Der Nachweis der fehlenden Unterbrechung entfällt auch dann nicht, wenn Unterbrechungen in einem Arbeitsbuch üblicherweise nicht aufgeführt werden und einem Versicherten im Übrigen keine amtlichen Unterlagen zur Verfügung stehen.
Will ein Versicherter den Nachweis führen, dass die im Arbeitsbuch bescheinigten Arbeitsverhältnisse ununterbrochen bestanden haben, so muss er sich weiterer Erkenntnisquellen bedienen. Hierbei soll nicht verkannt werden, dass dieses Ver-fahren in Einzelfällen zu einem Beweisnotstand für einen Versicherten führen kann. Diese Situation hat indessen der Gesetzgeber vorausgesehen und deshalb eine Erleichterung der Beweisführung in Form der Glaubhaftmachung ausreichen lassen. Dieses Verfahren kann sich auch für einen Versicherten vorteilhaft auswir-ken, wenn (zwar vorhandene, aber nicht bescheinigte) Zeiten der Arbeitsunfähig-keit länger sind als ein Sechstel der Dauer eines bescheinigten Arbeitsverhältnis-ses; in diesen Fällen wird die bescheinigte Arbeitszeit zu fünf Sechstel angerech-net.
So liegt der Fall auch beim Kläger. Neben dem Arbeitsbuch liegen keine weiteren amtli-chen Unterlagen vor, aus denen sich konkrete Unterbrechungen ergeben. Die Archivbescheinigung des zuständigen Gebietsarchivs für den damaligen Arbeitgeber des Klägers, das Semipalatinsker Fleischkonservenkombinat, enthält nur Lohnangaben und keine An-gaben zu Krankheitszeiten. Zusätzlich wird klargestellt, dass Urlaubslisten nicht vorliegen. Weitere Ermittlungsmöglichkeiten hat das Gericht nicht mehr, nachdem der Betrieb aufgelöst worden ist. Da die Auskunft des Gebietsarchivs bereits im Verwaltungsverfahren vor-lag, war auch eine erneute Ermittlung durch das Gericht in Kasachstan entbehrlich, da keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten sind.
Ein Nachweis bzgl. der Beitragszeiten kann auch nicht mit den Eigenangaben des Klägers geführt werden. Insoweit folgt das Gericht dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen im Urteil vom 17.11.2010 (L 2 R 435/10) nicht. Auch aus dem vom Landessozialgericht und vom Klägerbevollmächtigten zitierten Urteil des Bundessozialgerichts vom 9.11.1982 – 11 RA 64/81 – ergibt sich das so nicht. Dort wird die Anhörung eines Klägers nicht explizit erwähnt.
Zwar ist es zutreffend, dass grundsätzlich bei der Beweiswürdigung auch der Beteiligten-vortrag zu berücksichtigen ist, auch wenn die formale Parteieinvernahme mit und ohne Eid im sozialgerichtlichen Verfahren aufgrund der fehlenden Verweisung in § 118 SGG nicht möglich ist. Grundsätzlich kann sich das Gericht nach überwiegender Meinung auch allein durch den Beteiligtenvortrag die Überzeugung im Sinne des Vollbeweises verschaffen, wenn der Beteiligte glaubwürdig und sein Vortrag widerspruchsfrei ist und dieser mit den sonstigen Fakten im Einklang steht (siehe dazu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 118 Rn 8). Diese Grundsätze müssen aber dort einschränkend angewandt werden, wo der Gesetzgeber selbst den Beteiligtenvortrag verbunden mit einer eidesstattlichen Versicherung nur für eine Glaubhaftmachung ausreichen lässt. Denn sonst würde sich ergeben, dass ein Versicherter im Verwaltungsverfahren mit einer eidesstattlichen Versicherung maximal eine Glaubhaftmachung erreichen könnte, vor Gericht aber mit der gleichen Aussage ohne die Möglichkeit der Abnahme eines Eides die Tatsache voll nachweisen könnte. Das wäre ein so vom Gesetzgeber sicher nicht gewollter Wertungswiderspruch. Aus diesen Gründen kann der für das FRG ausnahmsweise notwendige Vollbeweis für eine Vollanrechnung zu 6/6 gem. § 22 Abs. 3 FRG nicht alleine durch den Beteiligtenvortrag geführt werden. Denn nach § 4 FRG genügt es für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen grundsätzlich, wenn sie glaubhaft gemacht sind. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Als Mittel der Glaubhaftmachung können nach § 4 Abs. 3 FRG auch eidesstattliche Versicherungen zugelassen werden. § 22 Abs. 3 FRG bildet hierzu eine Ausnahme, soweit ein Vollbeweis für eine 6/6-Anrechnung gefordert wird.
Die Beitrags- und Beschäftigungszeiten sind unter Berücksichtigung aller vorliegenden Unterlagen und Beteiligtenvorträge nicht zur Überzeugung des Gerichts i.S.d. § 22 Abs. 3 FRG nachgewiesen.
Eine Berücksichtigung der Beitragszeiten zu 6/6 lässt sich auch nicht aus § 26 Satz 2 FRG ableiten. Die Argumentation des Klägerbevollmächtigten, dass an sich nur Arbeits-unfähigkeitszeiten mit einer Dauer von einem vollem Monat und mehr aufgrund § 26 Satz 2 FRG zu einer relevanten Beitragslücke führen, ist zwar grundsätzlich richtig, wenn man Zeiten eines unbezahlten Urlaubs oder Mutterschaftszeiten von der Betrachtung ausnimmt, weil diese entweder nur selten auftraten oder für männliche Versicherte gar nicht in Betracht kamen. Aus der Vorschrift des § 26 Satz 2 FRG, wonach Kalendermonate, die zum Teil mit Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI belegt sind, als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen zählen, ergibt sich aber nur eine Ausnahme zu § 54 Abs. 2 und 3 SGB VI. Denn an sich wären Monate, in denen Beitragszeiten und Anrechnungszeiten vorliegen, beitragsgeminderte Zeiten (§ 54 Abs. 3 SGB VI). § 26 Satz 2 FRG trifft keine Regelung bzgl. der Glaubhaftmachung oder des Nachweises solcher Zeiten gem. § 22 Abs. 3 FRG. Solange Beitragszeiten glaubhaft gemacht sind, sind im logischen Schluss Arbeitsunfähigkeitszeiten und sonstige Unterbrechungstatbestände für diesen Zeitraum nicht nachgewiesen. Solche Zeiten von der Dauer eines ganzen Monats und länger, in denen keine Beiträge abgeführt worden sind, wären an sich ggf. Anrechnungszeiten. Dennoch werden sie als vollwertige Beitragszeiten bei der Rentenberechnung berücksichtigt; allerdings nur zu 5/6. Eine Anrechnung dieser Zeiten nur zu 5/6 ist auch richtig, da auch tageweise oder monatsweise vorliegende Arbeitsunfähigkeitszeiten zur Minderung des Rentenversicherungsbeitrags (Nichtabführung für diese Tage) geführt haben. Sind aber die Beitragszeiten gem. § 22 Abs. 3 FRG nachgewiesen, dann werden Arbeitsunfä-higkeitszeiten von einem Monat Dauer und länger auch nicht als Beitragszeiten, sondern bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen gem. § 29 FRG als Anrechnungszeiten berücksichtigt und entsprechend in der Rentenberechnung bewertet. Aus diesen Gründen kann auch nicht den Ausführungen des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen im Urteil vom 17.11.2010 gefolgt werden. Dort haben die Richter eine Berücksichtigung des von der Kürzung des § 22 Abs. 3 FRG betroffenen Sechstel als Anrechnungszeit gefor-dert. Diese Ansicht findet aber im FRG keinerlei gesetzliche Grundlage. Diese Forderung ergibt sich nach der vom hier erkennenden Gericht vertretenen Ansicht auch nicht aus einer verfassungskonformen Auslegung oder einer möglicherweise erforderlichen richterrechtlichen Rechtsfortbildung. Denn wie schon das Bundessozialgericht im Urteil vom 21.4.1982 (a.a.O.) ausgeführt hat, hat sich der Gesetzgeber für eine pauschale Anrechnung nach Glaubhaftmachung entschieden. Hätte er gewollt, dass das übrige Sechstel als Anrechnungszeit berücksichtigt wird, hätte er dies geregelt. Es spricht zudem viel dafür, dass er dies gerade nicht wollte, weil er bei der Einführung der 5/6-Regelung auf die statistischen Erhebungen zur Beitragsdichte in der Bundesrepublik Deutschland zurückgegriffen hat. Zudem ist die Schlussfolgerung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, dass es sich bei dem gekürzten Sechstel immer um eine Anrechnungszeit handelt, nicht zwingend. Denn um eine Anrechnungszeit anzuerkennen, bedarf es zusätzlicher Voraussetzungen, wie z.B. eine Unterbrechung der Beschäftigungszeit (siehe dazu § 29 FRG). Nicht jede Krankheitszeit führt automatisch zur Anrechnungszeit.
Eine relevante Beratungspflichtverletzung durch die Beklagte ist nicht ersichtlich. Sie war nicht verpflichtet, anlässlich des Rentenantrags 1997 auf mögliche Beweismittel bzgl. einer 6/6-Anrechnung hinzuweisen. Im Übrigen war im Rentenbescheid vom 26.5.1999 in Anlage 10 ein Hinweis enthalten, dass die zu 5/6 angerechneten Beitrags- und Beschäftigungszeiten nicht voll berücksichtigt werden können, weil sie nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht sind. Dieser Hinweis (knapp 1,5 Jahre nach erstmaliger Rentenantragstellung und knapp 4 Jahre nach dem Zuzug in die BRD) hat den Kläger nicht veranlasst, Beweismaterial zu sichern oder bei der Beklagten diesbezüglich Einwände zu erheben.
Aus obigen Gründen konnte die Klage unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben.
Die Kostenfolge stützt sich auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klage nicht erfolgreich war.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über Anrechnung der Zeit vom 10.8.1967 bis 4.1.1988 als nach-gewiesene Beitragszeit zu 6/6 bei der Berechnung der Rente.
Der am XX.XX. 1938 geborene Kläger zog am 10.9.1995 aus Kasachstan in das Bundes-gebiet zu und ist als Spätaussiedler anerkannt.
Er war ausweislich des Arbeitsbuches nach einem Studium an der Bergbauschule vom 15.12.1955 bis 15.10.1956 zunächst beschäftigt vom 19.10.1956 bis 29.11.1958 im Bergwerk "Kalinin" als Maschinist, Fördermann und im Transport. Von Dezember 1958 bis 19.3.1962 diente er in der Sowjetarmee. Vom 17.4.1962 bis 17.8.1963 arbeitete er als Takelarbeiter im Schacht des Bergwerks "Kalinin", vom 31.8.1963 bis 18.1.1966 als Be-schicker im Kühlraum des Semipalatinsker Fleischkombinats "Kalinin" und vom 22.1.1966 bis 2.8.1967 als Kraftfahrer in der Semipalatinsker Fahrzeugbasis. Vom 10.8.1967 bis 4.1.1988 war er als Fahrer für das Semipalatinsker Fleisch- und Konservenkombinat "Kalinin" tätig und vom 14.1.1988 bis 3.8.1995 als Busfahrer und Reparaturschlosser bei der Eisenbahn Alma-Ata im Bahnhof Shana-Semej.
Mit Bescheid vom 16.5.1999 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ab 1.11.1998 im Wege eines Vorschusses gem. § 42 SGB I, da bzgl. der Versicherungszeiten noch Ermittlungen notwendig gewesen waren. Mit Bescheid vom 24.1.2000 stellte die Beklagte die Rente nach Anerkennung zusätzlicher Versicherungszeiten (Wehrdienst) endgültig fest. Die Beschäftigungszeiten in Kasachstan wurden nach dem Fremdrentengesetz (FRG) mit 5/6 als glaubhaft gemachte Zeiten in der Qualifikationsgruppe 5 berücksichtigt.
Mit Schreiben vom 22.12.2009 beantragte der Klägerbevollmächtigte eine Überprüfung des Rentenbescheides gem. § 44 SGB X im Hinblick auf eine Anrechnung der FRG-Zeiten zu 5/6. Er war der Ansicht, dass das vorgelegte Arbeitsbuch für eine Vollanrechnung der Beschäftigungszeiten ausreichen müsse. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien Beitragszeiten zu 6/6 anzurechnen, wenn nichts dafür er-sichtlich sei, dass die Beitragszahlung unterbrochen gewesen ist. Diese zu den rumänischen LPG-Beschäftigten ergangene Entscheidung sei auch auf andere Systeme über-tragbar. Der Klägerbevollmächtigte machte zudem einen Beratungsfehler geltend. Es sei Aufgabe der Beklagten gewesen, den Kläger darüber zu informieren, mit welchen Unter-lagen eine Anrechnung der Zeiten als nachgewiesene Zeiten zu 6/6 erreicht hätte werden können. Der Klägerbevollmächtigte begehrte auch die Einstufung des Klägers in Qualifi-kationsgruppe 4 für seine Tätigkeit als Kraftfahrer und Schlosser.
Im Verwaltungsverfahren lag eine Archivbescheinigung der zuständigen Archivverwaltung des Ostkasachischen Gebietes vom 30.9.2009 vor. Darin wurde der Lohn des Klägers beim Semipalatinsker Fleischkonservenkombinat von 1967 bis 1988 bestätigt. Das Archiv teilte zudem mit, dass Lohnlisten für 1963 bis 1966 sowie Urlaubslisten des Fleischkonservenkombinates nicht vorlägen. Die Unternehmen existieren nicht mehr.
Mit Bescheid vom 22.6.2011 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Eine Anrechnung der FRG-Zeiten zu 6/6 sei nicht möglich, da sich aus der eingereichten Lohnbestätigung keine Krankheits- und Urlaubstage ergeben würden. Mit Widerspruch vom 1.7.2011 machte der Klägerbevollmächtigte geltend, dass bzgl. möglicher Krankheitszeiten es darauf ankomme, ob aus sämtlichen zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen hinreichend nachgewiesen sei, dass keine Krankheitstage von mehr als 30 Tagen ange-fallen sind. Er verwies dazu auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 17.11.2010 (L 2 R 435/10). Mit Widerspruchsbescheid vom 24.8.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Klägerbevollmächtigte am 20.9.2011 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Das Gericht hat mit Beschluss vom 27.12.2011 Prozesskostenhilfe bewilligt und den Klägerbevollmächtigten beigeordnet. Es hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 6.11.2012 erörtert und eine Probeberechnung bei der Beklagten angefordert. Die Probeberechnung inkl. der Berücksichtigung der geltend gemachten Zeiten vom 10.8.1967 bis 4.1.1988 zu 6/6 ergibt eine um rund 55 EUR höhere Rente, als die derzeit ausgezahlte Nettorente.
Der Klägerbevollmächtigte verweist auf die Antragsbegründung und ist der Ansicht, dass unter Berücksichtigung des Urteils des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts der Nachweis für eine 6/6-Anrechnung der FRG-Zeiten auch durch die Anhörung des Klägers geführt werden könne. Auch die Sozialgerichte Altenburg und Hannover hätten dies zwischenzeitlich so bestätigt. Auch seien die Krankheitsstände in den 70er-Jahren nicht wesentlich höher gewesen, als die durch das Statistische Bundesamt belegten Zeiten. Spätestens mit der Absenkung der nach dem FRG zu berücksichtigenden Werte mittels des Faktors 0,6 sei das Eingliederungsprinzip aufgegeben worden. Es bestehe demnach auch keine Berechtigung mehr, statistische Durchschnittsgrößen hinsichtlich der Arbeitsdichte heranzuziehen. Zudem sei der Gesetzgeber bei Erlass des FRG davon ausgegangen, dass Vertriebene und Spätaus-siedler keine Arbeitsbücher vorlegen können. Soweit jetzt jedoch Arbeitsbücher vorgelegt werden, führe dies zu einer Doppelberücksichtigung von Arbeitslosigkeitszeiten. Diese ergäben sich aus dem Arbeitsbuch und würden demnach nicht mehr als Beitragszeiten anerkannt. Zudem seien diese aber in den 1/6 berücksichtigt, die bei Glaubhaftmachung abgezogen würden. Darüber hinaus müssten mögliche Krankheitszeiten, die länger als 30 Tage dauerten, als Anrechnungszeiten Berücksichtigung finden.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Bescheid vom 22.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.8.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 26.5.1999 abzuändern und Rente unter Berücksichtigung nachgewiesener Zeiten vom 10.8.1967 bis 4.1.1988 zu 6/6 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf die gesetzliche Regelung des § 22 Abs. 3 FRG. Ein Nachweis im Sinne dieser Vorschrift könne nur durch Unterlagen geführt werden, aus denen sich konkrete Krankheits- und sonstige Unterbrechungstatbestände ergeben würden. Solche Unterlagen lägen nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Rechtsstreits wird auf die Gerichtsakte und die bei-gezogene Akte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann im Wege eines Gerichtsbescheids gemäß § 105 SGG entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden vorher gehört und hatten keine Einwände.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Gegenstand der Klage ist der Bescheid vom 22.6.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.8.2011, mit dem der Überprüfungsantrag des Klägers bzgl. der Be-rücksichtigung seiner FRG-Zeiten zu 6/6 als nachgewiesene Zeiten abgelehnt worden ist. Ausweislich des Klageantrags ist nur die Zeit vom 10.8.1967 bis 4.1.1988 Gegenstand der Klage. Nicht Gegenstand ist eine Einstufung in Qualifikationsgruppe 4 statt 5 für die in Kasachstan zurückgelegten Zeiten. Dies wurde in den Bescheiden nicht behandelt und vom Klägerbevollmächtigten im Klageverfahren auch nicht beantragt.
Der Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger demnach nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat die Zeit vom 10.8.1967 bis 4.1.1988 zu Recht nur als glaubhaft gemachte Zeit nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu 5/6 angerechnet. Das Gericht verweist dazu zunächst auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid.
Der Kläger ist als Spätaussiedler anerkannt. Deshalb findet das FRG gem. § 1 lit. a FRG in der bei Rentenbeginn 1998 geltenden Fassung auf ihn Anwendung. Die hier maßgeblichen Vorschriften der §§ 4, 15, 16, 22 Abs. 3, 26 FRG entsprechen inhaltlich im Wesentlichen den heute geltenden Vorschriften.
Nach §§ 15 und 16 FRG werden außerhalb der Bundesrepublik zurückgelegte Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugunsten der Vertriebenen und Spätaussiedler so behandelt, als seien sie in der Bundesrepublik zurückgelegt worden. Für die Feststellung solcher Beitrags- oder Beschäftigungszeiten genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 FRG). Während der vollständige Beweis die Anrechnung der bewiesenen Zeiten zu 6/6 zur Folge hat, begründet die Glaubhaftmachung nur das Recht auf eine teilweise Anrechnung, nämlich zu 5/6 (§ 22 Abs. 3 FRG).
Beitrags- oder Beschäftigungszeiten sind nur dann nachgewiesen und zu 6/6 anrechenbar, wenn zur Überzeugung des Gerichts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass Anrechnungszeit-Tatbestände (z.B. krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, unbezahlter Urlaub, usw.) nicht eingetreten sind, nicht jedoch schon dann, wenn nur Anfang und Ende der jeweiligen Zeiten feststehen. Denn in diesen Fällen ist es nicht ausgeschlossen, dass die bescheinigten Arbeitsverhältnisse durch vorübergehende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeitszeiten oder sonstige relevanten Tatbestände unterbrochen sein könnten. Zum Nachweis reichen deshalb reine Arbeitsbescheinigungen und Arbeitszeugnisse im Regelfall nicht aus.
Gleiches gilt auch für das russische Arbeitsbuch. Insoweit hat das Bundessozialgericht im Urteil vom 21.4.1982, Az. 4 RJ 33/81, explizit darauf hingewiesen, dass sich aus Arbeitsbüchern der Sowjetunion ein Nachweis nicht entnehmen lässt. Das Bundessozialgericht hat dazu ausgeführt:
Es ist nicht zu beanstanden, dass das LSG im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung davon ausgegangen ist, dass die im Arbeitsbuch der Klägerin aufgeführten Arbeitsverhältnisse durch vorübergehende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeitszeiten unterbrochen sein könnten. Während solcher Zeiten waren - wie sich aus dem vom LSG eingeholten Gutachten des Instituts für Ostrecht e.V. ergibt - keine Beiträge zum sowjetischen Sozialversicherungssystem zu entrichten, ein Anspruch auf Lohnfortzahlung bestand ebenfalls nicht. Für den Nachweis einer Versiche-rungszeit nach § 15 FRG kommt es aber gerade auf die Beitragsleistung zu einem ausländischen System der Rentenversicherung an; es genügt nicht, dass dieses ausländische System die beitragslosen Zeiten zur Begründung eines Rentenanspruches wie auch zur Rentenberechnung heranzieht (vgl BSG Urteil vom 18. Februar 1981 - 1 RA 7/80 - = SozR 5050 § 15 Nr 21). Auch die deutsche Renten-versicherung kennt die Einbeziehung beitragsloser Zeiten in den Rentenanspruch (z.B. Ersatzzeiten nach § 1251 Reichsversicherungsordnung -RVO-, Ausfallzeiten nach § 1259 RVO), ohne diesen Zeiten den Charakter von Beitragszeiten beizulegen.
Das von der Klägerin vorgelegte Arbeitsbuch enthält nur Beginn und Ende der ein-zelnen Arbeitsverhältnisse, sagt aber über (krankheitsbedingte) Unterbrechungen der einzelnen Arbeitsverhältnisse bzw. der Lohnfortzahlung nichts aus. Der Nachweis des Beginnes und des Endes eines Arbeitsverhältnisses schließt jedoch den Nachweis der fehlenden Unterbrechung nicht ein (vgl BSG Urteil vom 20. August 1974 - 4 RJ 241/73 - = SozR 5050 § 19 Nr 1 Seite 4).
Das hier erkennende Gericht schließt sich dieser Rechtsprechung an. Der Fall des Klägers ist vergleichbar. Auch bei ihm lässt sich aus dem Arbeitsbuch nur Beginn und Ende der Arbeitsverhältnisse entnehmen. Auch bei ihm ist es deshalb nicht ausgeschlossen, dass die im Arbeitsbuch des Klägers aufgeführten Arbeitsverhältnisse durch vorübergehende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeitszeiten oder sonstige relevanten Tatbestände unterbrochen sein könnten.
Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb 1982 mit einem russischen Arbeitsbuch kein Nachweis geführt werden konnte, dies aber jetzt möglich sein soll. Bzgl. des Inhalts und der Beweiskraft des Arbeitsbuches hat sich zwischenzeitlich nichts geändert.
Die Argumente des Klägerbevollmächtigten, insbesondere zur möglichen doppelten Anrechnung von Arbeitslosigkeitszeiten bei der Kürzung, überzeugen nicht. Dies war zum einen dem Bundessozialgericht schon 1982 bekannt. Zum anderen übersieht der Kläger-bevollmächtigte dabei, dass Beschäftigungsverhältnisse nicht nur durch Arbeitslosigkeit, sondern hauptsächlich durch Krankheitszeiten oder Zeiten eines unbezahlten Urlaubs und für Mütter Mutterschaftszeiten unterbrochen sein können. Es kommt deshalb auch nicht nur auf mögliche Krankheitszeiten an, sondern auf alle denkbaren Unterbrechungen der Beitragszahlung zur Sozialversicherung.
Auch soweit eine Ungleichbehandlung von Versicherten, die keine Arbeitspapiere vorlegen konnten, verglichen mit denjenigen, die Arbeitsbücher vorgelegt haben, vortragen wurde, überzeugt dieses Argument nicht. Da gem. §§ 15, 16 FRG nur Beitrags- und Beschäftigungszeiten anerkannt werden, können Arbeitslosigkeitszeiten mit oder ohne Vor-lage des Arbeitsbuches nicht als solche berücksichtigt werden. Auch bei einer Glaubhaftmachung z.B. durch eidesstattliche Versicherung waren und sind solche Arbeitslosigkeits-zeiten von einem Versicherten anzugeben bzw. ergeben sich automatisch aufgrund von Lücken zwischen Beschäftigungen.
Entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten ändert auch die von ihm mehrfach zitierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den LPG-Mitgliedern in Rumänien nichts daran, dass ein Nachweis von Beitragszeiten bzw. Unterbrechungstatbeständen im Einzelfall geführt werden muss, will man eine 6/6-Anrechnung erreichen. Denn die in dieser Rechtsprechung entwickelten Grundsätze sind nur auf LPG-Mitglieder und möglicher-weise auf Mitglieder von Kolchosen in der Sowjetunion anwendbar. Der Kläger war aber kein Mitglied einer Kolchose. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den LPG-Mitgliedern basiert auf der Tatsache, dass für Mitglieder einer LPG eine gesetzliche Sozialversicherung als Pflichtversicherung bestand und die entsprechenden Beiträge ohne Rücksicht auf Zeiten der Arbeitsunterbrechung einzelner Mitglieder durchgehend entrichtet wurden. Für diesen Fall, und nur für diesen Fall, können alleine aufgrund der Beschäftigung eines Mitglieds bei einer rumänischen LPG die entsprechenden Beitragszeiten (§ 15 FRG) als nachgewiesen (§ 22 Abs 3 FRG) angesehen werden. Das Bundessozialgericht hat dazu im Urteil vom 21. August 2008, B 13/4 R 25/07 R, folgendes ausgeführt:
Wie bereits aus dem Wortlaut des § 22 Abs 3 FRG hervorgeht, kommt es bei Bei-tragszeiten nach § 15 FRG somit darauf an, ob diese "nachgewiesen" sind. Dies ist z.B. dann nicht der Fall, wenn "in die streitigen Zeiten auch Zeiten einer Ar-beitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen, für die der Arbeitgeber anders als bei den Beschäftigungszeiten keine Beiträge zur rumänischen Rentenversicherung entrichten musste" (BSG vom 9.11.1982, SozR 5050 § 15 Nr 23 S 77) - oder solche Zeiten jedenfalls nicht ausgeschlossen werden können. Diese Entscheidung erging auf der Grundlage, dass es in den Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder sonstigen Arbeitsunterbrechung an einem irgendwie gearteten Beitragsaufkommen gefehlt hat; Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung hat der Senat jedenfalls in seinem Urteil vom 8.9.2005 (SozR 4-5050 § 15 Nr 2) darauf abgestellt, dass für die in einer rumänischen LPG als Mitglied beschäftigte damalige Klägerin Beiträge iS von § 15 Abs 1 FRG für den gesamten streitigen Zeitraum entrichtet worden waren. Dies beruhte auf den Feststellungen der damaligen Berufungsinstanz (LSG Baden-Württemberg vom 8.9.2004 - L 2 RJ 1664/02) zum rumänischen Recht; hiernach waren die Sozialversicherungsbeiträge von den LPGen nicht für einzelne, nament-lich genannte Mitglieder bemessen und abgeführt worden, sondern für die Ge-samtheit der Mitglieder im abstrakten Sinne des Wortes. Bemessungsgrundlage sei die von der LPG erzielte Jahresproduktion gewesen, wobei jedenfalls zu Beginn der Einführung des Systems die LPG 3,5 % des Wertes der jährlichen Gesamtproduktion als Beitrag an die Rentenkasse abgeführt habe. Hiervon unabhängig sei allerdings die Höhe der Rentenansprüche der Mitglieder gewesen.
Für "normale" Arbeitnehmer war die Abführung von Beiträgen weder in Rumänien noch in Kasachstan mit der Abführung von Beiträgen zur Sozialversicherung in einer LPG vergleichbar. Wie bereits im Urteil des Bundessozialgerichts vom Urteil vom 21.4.1982 (siehe oben) ausgeführt worden ist, wurden während vorübergehender krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeitszeiten oder sonstigen Unterbrechungstatbeständen keine Beiträge zum sowjetischen Sozialversicherungssystem entrichtet. Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung bestand ebenfalls nicht. Das Bundessozialgericht hat in seinen Urteilen zu den LPG-Mitgliedern auch mitnichten eine Beweislastumkehr im Sinne von grundsätzlich anzuneh-mender durchgängiger Beitragsentrichtung aufgestellt. Es verbleibt demnach bei "normalen" Arbeitnehmern bei einer Nachweispflicht der Beitragszeiten für eine Anrechnung zu 6/6. Eine Ungleichbehandlung ist bei ungleichen Sachverhalten gerechtfertigt.
Im hier zu entscheidenden Fall des Klägers lässt sich auch mit übrigen Erkenntnisquellen kein Nachweis gem. § 22 Abs. 3 FRG führen. Das Gericht folgt bzgl. der Anwendung von § 22 Abs. 3 FRG in vollem Umfang den immer noch aktuellen Ausführungen des Bundessozialgerichts im oben zitierten Urteil vom 21.4.1982, die weiter wie folgt lauten:
Der Nachweis der fehlenden Unterbrechung entfällt auch dann nicht, wenn Unterbrechungen in einem Arbeitsbuch üblicherweise nicht aufgeführt werden und einem Versicherten im Übrigen keine amtlichen Unterlagen zur Verfügung stehen.
Will ein Versicherter den Nachweis führen, dass die im Arbeitsbuch bescheinigten Arbeitsverhältnisse ununterbrochen bestanden haben, so muss er sich weiterer Erkenntnisquellen bedienen. Hierbei soll nicht verkannt werden, dass dieses Ver-fahren in Einzelfällen zu einem Beweisnotstand für einen Versicherten führen kann. Diese Situation hat indessen der Gesetzgeber vorausgesehen und deshalb eine Erleichterung der Beweisführung in Form der Glaubhaftmachung ausreichen lassen. Dieses Verfahren kann sich auch für einen Versicherten vorteilhaft auswir-ken, wenn (zwar vorhandene, aber nicht bescheinigte) Zeiten der Arbeitsunfähig-keit länger sind als ein Sechstel der Dauer eines bescheinigten Arbeitsverhältnis-ses; in diesen Fällen wird die bescheinigte Arbeitszeit zu fünf Sechstel angerech-net.
So liegt der Fall auch beim Kläger. Neben dem Arbeitsbuch liegen keine weiteren amtli-chen Unterlagen vor, aus denen sich konkrete Unterbrechungen ergeben. Die Archivbescheinigung des zuständigen Gebietsarchivs für den damaligen Arbeitgeber des Klägers, das Semipalatinsker Fleischkonservenkombinat, enthält nur Lohnangaben und keine An-gaben zu Krankheitszeiten. Zusätzlich wird klargestellt, dass Urlaubslisten nicht vorliegen. Weitere Ermittlungsmöglichkeiten hat das Gericht nicht mehr, nachdem der Betrieb aufgelöst worden ist. Da die Auskunft des Gebietsarchivs bereits im Verwaltungsverfahren vor-lag, war auch eine erneute Ermittlung durch das Gericht in Kasachstan entbehrlich, da keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten sind.
Ein Nachweis bzgl. der Beitragszeiten kann auch nicht mit den Eigenangaben des Klägers geführt werden. Insoweit folgt das Gericht dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen im Urteil vom 17.11.2010 (L 2 R 435/10) nicht. Auch aus dem vom Landessozialgericht und vom Klägerbevollmächtigten zitierten Urteil des Bundessozialgerichts vom 9.11.1982 – 11 RA 64/81 – ergibt sich das so nicht. Dort wird die Anhörung eines Klägers nicht explizit erwähnt.
Zwar ist es zutreffend, dass grundsätzlich bei der Beweiswürdigung auch der Beteiligten-vortrag zu berücksichtigen ist, auch wenn die formale Parteieinvernahme mit und ohne Eid im sozialgerichtlichen Verfahren aufgrund der fehlenden Verweisung in § 118 SGG nicht möglich ist. Grundsätzlich kann sich das Gericht nach überwiegender Meinung auch allein durch den Beteiligtenvortrag die Überzeugung im Sinne des Vollbeweises verschaffen, wenn der Beteiligte glaubwürdig und sein Vortrag widerspruchsfrei ist und dieser mit den sonstigen Fakten im Einklang steht (siehe dazu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 118 Rn 8). Diese Grundsätze müssen aber dort einschränkend angewandt werden, wo der Gesetzgeber selbst den Beteiligtenvortrag verbunden mit einer eidesstattlichen Versicherung nur für eine Glaubhaftmachung ausreichen lässt. Denn sonst würde sich ergeben, dass ein Versicherter im Verwaltungsverfahren mit einer eidesstattlichen Versicherung maximal eine Glaubhaftmachung erreichen könnte, vor Gericht aber mit der gleichen Aussage ohne die Möglichkeit der Abnahme eines Eides die Tatsache voll nachweisen könnte. Das wäre ein so vom Gesetzgeber sicher nicht gewollter Wertungswiderspruch. Aus diesen Gründen kann der für das FRG ausnahmsweise notwendige Vollbeweis für eine Vollanrechnung zu 6/6 gem. § 22 Abs. 3 FRG nicht alleine durch den Beteiligtenvortrag geführt werden. Denn nach § 4 FRG genügt es für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen grundsätzlich, wenn sie glaubhaft gemacht sind. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Als Mittel der Glaubhaftmachung können nach § 4 Abs. 3 FRG auch eidesstattliche Versicherungen zugelassen werden. § 22 Abs. 3 FRG bildet hierzu eine Ausnahme, soweit ein Vollbeweis für eine 6/6-Anrechnung gefordert wird.
Die Beitrags- und Beschäftigungszeiten sind unter Berücksichtigung aller vorliegenden Unterlagen und Beteiligtenvorträge nicht zur Überzeugung des Gerichts i.S.d. § 22 Abs. 3 FRG nachgewiesen.
Eine Berücksichtigung der Beitragszeiten zu 6/6 lässt sich auch nicht aus § 26 Satz 2 FRG ableiten. Die Argumentation des Klägerbevollmächtigten, dass an sich nur Arbeits-unfähigkeitszeiten mit einer Dauer von einem vollem Monat und mehr aufgrund § 26 Satz 2 FRG zu einer relevanten Beitragslücke führen, ist zwar grundsätzlich richtig, wenn man Zeiten eines unbezahlten Urlaubs oder Mutterschaftszeiten von der Betrachtung ausnimmt, weil diese entweder nur selten auftraten oder für männliche Versicherte gar nicht in Betracht kamen. Aus der Vorschrift des § 26 Satz 2 FRG, wonach Kalendermonate, die zum Teil mit Anrechnungszeiten nach § 58 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI belegt sind, als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen zählen, ergibt sich aber nur eine Ausnahme zu § 54 Abs. 2 und 3 SGB VI. Denn an sich wären Monate, in denen Beitragszeiten und Anrechnungszeiten vorliegen, beitragsgeminderte Zeiten (§ 54 Abs. 3 SGB VI). § 26 Satz 2 FRG trifft keine Regelung bzgl. der Glaubhaftmachung oder des Nachweises solcher Zeiten gem. § 22 Abs. 3 FRG. Solange Beitragszeiten glaubhaft gemacht sind, sind im logischen Schluss Arbeitsunfähigkeitszeiten und sonstige Unterbrechungstatbestände für diesen Zeitraum nicht nachgewiesen. Solche Zeiten von der Dauer eines ganzen Monats und länger, in denen keine Beiträge abgeführt worden sind, wären an sich ggf. Anrechnungszeiten. Dennoch werden sie als vollwertige Beitragszeiten bei der Rentenberechnung berücksichtigt; allerdings nur zu 5/6. Eine Anrechnung dieser Zeiten nur zu 5/6 ist auch richtig, da auch tageweise oder monatsweise vorliegende Arbeitsunfähigkeitszeiten zur Minderung des Rentenversicherungsbeitrags (Nichtabführung für diese Tage) geführt haben. Sind aber die Beitragszeiten gem. § 22 Abs. 3 FRG nachgewiesen, dann werden Arbeitsunfä-higkeitszeiten von einem Monat Dauer und länger auch nicht als Beitragszeiten, sondern bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen gem. § 29 FRG als Anrechnungszeiten berücksichtigt und entsprechend in der Rentenberechnung bewertet. Aus diesen Gründen kann auch nicht den Ausführungen des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen im Urteil vom 17.11.2010 gefolgt werden. Dort haben die Richter eine Berücksichtigung des von der Kürzung des § 22 Abs. 3 FRG betroffenen Sechstel als Anrechnungszeit gefor-dert. Diese Ansicht findet aber im FRG keinerlei gesetzliche Grundlage. Diese Forderung ergibt sich nach der vom hier erkennenden Gericht vertretenen Ansicht auch nicht aus einer verfassungskonformen Auslegung oder einer möglicherweise erforderlichen richterrechtlichen Rechtsfortbildung. Denn wie schon das Bundessozialgericht im Urteil vom 21.4.1982 (a.a.O.) ausgeführt hat, hat sich der Gesetzgeber für eine pauschale Anrechnung nach Glaubhaftmachung entschieden. Hätte er gewollt, dass das übrige Sechstel als Anrechnungszeit berücksichtigt wird, hätte er dies geregelt. Es spricht zudem viel dafür, dass er dies gerade nicht wollte, weil er bei der Einführung der 5/6-Regelung auf die statistischen Erhebungen zur Beitragsdichte in der Bundesrepublik Deutschland zurückgegriffen hat. Zudem ist die Schlussfolgerung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, dass es sich bei dem gekürzten Sechstel immer um eine Anrechnungszeit handelt, nicht zwingend. Denn um eine Anrechnungszeit anzuerkennen, bedarf es zusätzlicher Voraussetzungen, wie z.B. eine Unterbrechung der Beschäftigungszeit (siehe dazu § 29 FRG). Nicht jede Krankheitszeit führt automatisch zur Anrechnungszeit.
Eine relevante Beratungspflichtverletzung durch die Beklagte ist nicht ersichtlich. Sie war nicht verpflichtet, anlässlich des Rentenantrags 1997 auf mögliche Beweismittel bzgl. einer 6/6-Anrechnung hinzuweisen. Im Übrigen war im Rentenbescheid vom 26.5.1999 in Anlage 10 ein Hinweis enthalten, dass die zu 5/6 angerechneten Beitrags- und Beschäftigungszeiten nicht voll berücksichtigt werden können, weil sie nicht nachgewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht sind. Dieser Hinweis (knapp 1,5 Jahre nach erstmaliger Rentenantragstellung und knapp 4 Jahre nach dem Zuzug in die BRD) hat den Kläger nicht veranlasst, Beweismaterial zu sichern oder bei der Beklagten diesbezüglich Einwände zu erheben.
Aus obigen Gründen konnte die Klage unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben.
Die Kostenfolge stützt sich auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klage nicht erfolgreich war.
Rechtskraft
Aus
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