Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
16
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 16 SO 508/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 15.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2011 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 12.08.2008 bis 29.09.2008 einen neuen Bescheid über die ihre zu erstat-tenden Kosten für die Kurzzeitpflege der D., gestorben.2009, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen sowie der Klägerin auf die zu erstattenden Kosten ab dem 28.09.2011 Zinsen in Höhe von acht Prozent über den Basiszinssatz zu zahlen.
II. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für die Kurzzeitpflege in Höhe von 741,98 EUR der Frau D. die vom 12.08.2008 bis 29.09.2008 Bewohnerin in einem Pflegeheim der Klägerin war. Frau D. war 2009 verstorben.
Die Klägerin hatte mit Schreiben vom 09.02.2011 als Träger der A. C-Stadt die gemäß § 19 Abs. 6 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf den Einrichtungsträger übergegangenen Sozialhilfeansprüche der Frau D. für den stationären Aufenthalt im Rahmen einer Kurzzeitpflege bzw. Verhinderungspflege in Höhe von 741,98 EUR geltend gemacht. Frau D. habe die Entgelte für die Pflege nicht selbst von ihrem Einkommen und Vermögen aufbringen können. Nach Angabe der Tochter verfügte Frau D. lediglich über eine geringe Rente. Mit Schreiben vom 12.08.2008 und vom 10.09.2008 sei der Beklagte darüber in Kenntnis gesetzt und um Kostenübernahme gebeten worden. Die Beklagte wurde in diesem Schreiben gebeten, im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht Auskünfte über die Vermögensverhältnisse der Frau D. bei deren Tochter und eventuell bei deren Bank bzw. dem vormaligen Rentenversicherungsträger einzuholen.
Die Klägerin hatte mit Faxschreiben vom 12.08.2008 die C. – Fachbereich Gesundheit und Soziales - (zu Händen Frau F.) von der Aufnahme der Frau D. in die Kurzzeitpflege für die Zeit vom 12.08.2008 bis 08.09.2008 informiert. Bei Frau D. sei die Pflegestufe III anerkannt, das Heimentgelt betrage täglich 72,22 EUR. Es wurde um Kostenübernahme gebeten.
Mit weiterem Faxschreiben vom 11.09.2008 wurde die Beklagte in gleicher Weise von der weiteren Kurzzeitpflege vom 09.09.2008 bis 29.09.2008 informiert und die Beklagte eben-falls um Kostenübernahme gebeten. Beigefügt war auch eine Mitteilung der der Barmer Ersatzkasse –Pflegekasse- vom 19.09.2008 an die Tochter der Frau D., wonach die Pflegekasse für einen Zeitraum von bis zu 28 Tagen die pflegebedingten Aufwendungen nach der festgestellten Pflegestufe III in Höhe von bis zu 1470 EUR übernehmen und die Zahlung des vorgenannten Betrags direkt an die Pflegeeinrichtung erfolge. Vorgelegt wurde auch ein wohn- und Dienstleistungsvertrag zwischen der A. Betreuungs-dienste gGmbH und Frau D. vom 12.08.2008, unterzeichnet durch Frau G. für die Zeit vom 12.08.2008 bis 08.09.2008 und für die Zeit vom 09.09.2008 bis 21.09.2008. Wegen der Einzelheiten des Vertrags wird auf B. 5 ff. der Verwaltungsakten der Beklagten ver-wiesen.
Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin vom 09.02.2011 mit Bescheid vom 15.03.2011 ab. Als Begründung wurde angeführt, dass die Voraussetzungen des § 19 Abs. 6 SGB XII nach einem nahezu drei Jahre zurückliegenden Heimaufenthalt nicht als gegeben angesehen würden. Es sei unverständlich, aus welchem Grund die Klägerin nicht zeitnah vor dem Tode der Frau D. konkrete Schritte zur Beantragung von Sozialhilfe-leistungen in die Wege geleitet habe. Im Übrigen dienten die vorgelegten Mitteilungen vom 12.08.2008 und 11.09.2008 offensichtlich nur der Inanspruchnahme von Investitionskosten nach dem Niedersächsischen Pflegegesetz und seien auch zielgerichtet an die zuständige Kollegin adressiert worden. Als eine Frist wahrende Mitteilung zur Beantragung von Sozialhilfeleistungen könnten diese nicht akzeptiert werden.
Gegen diesen Ablehnungsbescheid erhob die Klägerin am 30.03.2011 Widerspruch. Weder § 19 Abs. 6 SGB XII, noch § 19 Abs. 3 SGB XII in Verbindung mit § 61 SGB XII würden eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist für Leistungsansprüche vorsehen. Der Gesetzgeber sehe diesbezüglich alleinig die Erhebung der Verjährungseinrede nach § 45 SGB I vor, die Verjährung sei aber offenkundig noch nicht eingetreten. Die Mitteilungen vom 12.08.2008 und vom 10.09.2008 seien allgemein an die Behörde als Sozialhilfeträger adressiert. Eine Beschränkung des Antrags auf Pflegewohngeld sei gerade nicht erfolgt, es sei allgemein um Kostenübernahme gebeten worden.
Mit Schreiben vom 30.08.2011 bat die Klägerin die Beklagte nochmals um Abhilfe des Widerspruchs und Kostenübernahme als erweiterte Hilfe. Sie wies darauf hin, dass für den Fall, dass bis zum 08.09.2011 kein Fortgang des Verfahrens zu verzeichnen sei, gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werde.
Die Klägerin erhob am 28.09.2011 eine Untätigkeitsklage auf Verbescheidung des oben genannten Widerspruchs. Und begehrte Zinsen in Höhe von 8% über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.
Die Klägerin übermittelte dem Gericht mit Schriftsatz vom 10.10.2011 den Widerspruchs-bescheid vom 21.07.2011, der offenbar versehentlich nicht versandt worden war. Dieser war der Klägerin nach ihren Angaben am 06.10.2011 zugegangen. Mit diesem Widerspruchsbescheid wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewie-sen. Zwar sei die Klägerin grundsätzlich gem. § 19 Abs. 6 SGB XII berechtigt, einen An-spruch des Berechtigten auf Sozialleistungen nach dessen Tode geltend zu machen, je-doch sie hierfür Voraussetzung, dass Frau D. während der Zeit ihres Aufenthalts einen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII gehabt habe. Hierfür sei die Kläg-rin darlegungs- und beweispflichtig, der Nachweis könne nicht erbracht werden. An dieser Einschätzung würden auch die Faxmitteillungen vom 12.08.2008 und vom 11.09.2008 nichts ändern, da aus diesen Mitteilungen nicht hervorgehe, dass ein begründeter Anlass dafür bestehe, dass Frau D. Ansprüche auf Gewährung von Sozialhilfe geltend machen könnte. Die Faxe seien an Frau F. adressiert worden, die für die Gewährung des Investitionskostenzuschusses nach dem Niedersächsischen Pflegegesetz zuständig sei.
Die Klägerin beantragte nunmehr, in Abänderung des Bescheids vom 15.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2011 der Klägerin für die Pflege der Frau D. Hilfe zur Pflege zu gewähren und der Klägerin 741,98 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 28.09.2011 zu zahlen. Als Begründung wurde ausgeführt, es sei in den Mitteilungen vom 12.08.2008 und 11.09.2008 ausdrücklich der Terminus "Kostenübernahme" verwendet worden, wodurch ein Sozialhilfeverhältnis begründet worden sei. Demgegenüber sei im Niedersächsischen Pflegegesetz ausschließlich von Förderung die Rede.
Die Klägerin beantragt zuletzt in der mündlichen Verhandlung, die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheids vom 15.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2011 für die Zeit vom 12.08.2008 bis 29.09.2008 einen neuen Bescheid über die ihr zu erstattenden Kosten für die Kurzzeitpflege der Frau D., gestorben 2009, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen sowie der Klägerin auf die zu erstattenden Kosten ab dem 28.09.2011 Zinsen in Höhe von acht Prozent über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält an ihrer Rechtsauffassung fest. Mit den beiden Faxschreiben habe die Klägerin nur die Gewährung der Investitionskosten in der Kurzzeitpflege begehrt. Im Übrigen sei das von der Klägerin angeführte Urteil des LSG Rheinland-Pfalz (L 1 SO 8/10) auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, das keine zeitnahe Erinnerung an den Antrag erfolgt sei und keine konkreten Hinweise auf die Bedürftigkeit der Frau D. bestanden hätten. Der fehlende Nachweis der Bedürftigkeit gehe zu Lasten des Einrichtungsträgers.
Die Klägerin hat der Beklagten mit Schriftsatz vom 11.04.2013 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet (Bl. 149 der Gerichtsakte), den die Beklagte mündlich abgelehnt hat.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gerichtliche Akte und die Verwaltungsakte der Beklagten hingewiesen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hat die zunächst auf Verbescheidung des Widerspruchs gerichtete Untätig-keitsklage vom 28.09.2011 nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids am 06.10.2011 mit Schriftsatz vom 10.10.2011 zulässigerweise auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage umgestellt. Diese Klageänderung ist sachdienlich im Sinne des § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 88 Rn. 10b und Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Auflage, Rn. 123).
Die Beklagte war allerdings – wie zuletzt von der Klägerin beantragt – zu verpflichten, der Klägerin einen neuen Bescheid über die zu erstattenden Kosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. Die Möglichkeit eines Grundurteils oder Bescheidungsurteils eröffnet das Prozessrecht auch für kombinierte Anfechtungs- und Leis-tungsklagen im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG wie hier auf Zahlung von Heimentgelt (LSG Rheinland-Pfalz vom 25.11.2010, L 1 SO 8/10 unter Bezugnahme auf BSG vom 10.12.1008, B 6 KA 45/07 R). Der Beklagten steht nämlich ein Ermessenspielraum hin-sichtlich der Frage zu, in welcher Höhe der Hilfeempfängerin möglicherweise Hilfe zur Pflege (§ 61 Abs. 2 SGB XII) zu gewähren ist. Das Einkommen der D. ist nicht bekannt, vermutlich bezog sie im streitgegenständlichen Zeitraum lediglich eine Rente in geringer Höhe, so dass ein Einsatz ihres Einkommens möglicherweise angesichts der nicht auf voraussichtlich längere Zeit zu erbringenden Leistungen bei einer Kurzzeitpflege nicht vorzunehmen war, § 88 Abs. 1 SGB XII (LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O.).
Die zulässige Klage war auch begründet: Nach § 19 Abs. 6 SGB XII steht der Anspruch des Berechtigten auf Leistungen für Ein-richtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistungen den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat. § 19 Abs. 6 SGB XII ist ein gesetzlich geregelter Fall der Sonderrechtsnachfolge im sinne einer "cessio legis" (BSG vom 13.07.2010, B 8 SO 13/09 R). Der Berechtigte muss sich vor seinem Tod in einer Einrichtung befunden haben. Da der Gesetzgeber den Begriff der Einrichtung ohne jeden Zusatz verwendet, sind alle Einrich-tungen im Sinne von § 13 und § 75 Abs. 1 S. 1 SGB XII umfasst (Grube in Gru-be/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage, § 19 Rn. 39). Nach § 13 Abs. 2 SGB XII sind Einrich-tungen im Sinne des Absatzes 1 alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen. Die Klä-gerin als Trägerin einer stationären Pflegeinrichtung, in der Frau D. vor ihrem Tode in Kurzzeitpflege war, ist hier ohne Zweifel als Einrichtungsträger aktivlegitimiert. Die Beklagte ist als örtlich und sachlich zuständiger Sozialhilfeträger passivlegitimiert.
Der Sozialhilfeträger muss Kenntnis vom Hilfefall gehabt haben, § 18 SGB XII. Ansonsten hätte bereits kein Anspruch des verstorbenen Berechtigten bestanden (Grube, a.a.O., Rn. 40). Gemäß § 18 Abs. 1 SGB XII setzt die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen. Da § 18 SGB XII zum Schutz des Hilfebedürftigen einen niedrigschwelligen Zugang zum Sozialhilfesystem sicherstellen will, ist es für die Annahme einer Kenntnis im Sinne dieser Vorschrift ausreichend, dass die Notwendigkeit der Hilfe dargetan oder sonst wie erkenn-bar ist. Die weitere Sachverhaltsaufklärung obliegt dann dem Sozialhilfeträger (BSG vom 26.08.2008, B 8/9b SO 18/07 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschluss vom 09.11.1976, V B 80.76). Dabei genügt es für die Annahme des Einsetzens der Sozialhilfe, dass dem Sozialhilfe-träger die konkrete Möglichkeit eines sozialhilferechtlichen Bedarfs bzw. hinreichende An-haltspunkte für die Hilfegewährung bekannt sind. Der Sozialhilfeträger muss nicht auf-grund deiner Schlüssigkeitsprüfung vom Vorliegen der materiellen Anspruchsvoraussetzungen überzeugt sein (LSG Rheinland-Pfalz vom 25.11.2010, L 1 SO 8/10). Für die Anwendung des § 18 SGB XII ist gerade nicht notwendig, dass die Voraussetzungen der Bedürftigkeit bereits mit Gewissheit und vollständig bekannt sind. Entscheidend ist, ab welchem Zeitpunkt dem Sozialhilfeträger erstmalig die konkrete Möglichkeit eines sozial-hilferechtlichen Bedarfs bzw. hinreichende Anhaltspunkte für die Hilfegewährung bekannt gewesen sind.
Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Faxmitteilungen vom 12.08.2008 und vom 11.09.2008 dem Beklagten die erforderliche Kenntnis im Sinne des § 18 SGB XII vermittelt haben: Durch diese "Mitteilungen über den Bewohnereinzug" wurde der Sozialhilfeträger zunächst darüber informiert, dass Frau D. vom 12.08.2008 bis 08.09.2008 und vom 09.09.2008 bis 29.09.2008 zur Kurzzeitpflege im Pflegeheim A. mit Pflegestufe 3 aufgenommen wurde. Auch das täglich zu entrichtende Heimentgelt war darin aufgeführt. Angekreuzt war jeweils die Bitte um Kostenübernahme. Da dem Soziahilfeträger nicht alle Voraussetzungen für die Hilfegewährung bekannt sein müssen, ist es vorliegend ausreichend, dass aus den Mitteilungen des Pflegeheims hervor ging, dass Frau D ... möglicherweise die Kosten der Heimunterbringung nicht alleine aufbringen kann. Die Bitte um Kostenübernahme war konkret in diesen Faxmitteilungen geäußert und legt den Schluss nahe, dass das Pflegeheim den Sozialhilfeträger von einer möglichen Bedürftigkeit der Frau D ... informieren wollte. Für die Kammer ist nicht ersicht-lich, welchen anderen Bedeutungsgehalt die geäußerte Bitte um Kostenübernahme sonst haben sollte. An dieser Einschätzung ändert auch nichts, dass die Faxmitteilungen vom 12.08.2008 und 11.09.2008 offenbar an die Bearbeiterin gerichtet war, die bei der C. für die Anträge auf Investitionskostenzuschüsse zuständig ist. Die Mitteilungen über den Bewohnereinzug wurden ausdrücklich an die C. – Sozialamt – adressiert. Konkret wurden die Mitteilungen an den Sozialhilfeträger gerichtet und um Kostenübernahme gebeten. Damit war der Beklagten die konkrete Möglichkeit eines sozialhilferechtlichen Bedarfs aufgezeigt worden, so dass der Beklagte eigene Ermittlungen zur Feststellung des Hilfebedarfs in die Wege hätte einleiten müssen. Falls innerhalb der Behörde die oben genannten Mitteilungen über die Aufnahme der Frau D ... in das Pflegeheim tatsächlich an der nicht zuständigen Stelle innerhalb der Behörde eingegangen sein sollten, wäre es der Beklagten durchaus zumutbar gewesen, die Mittei-lungen an die zuständige Abteilung weiterzuleiten. Im Übrigen ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin die Mitteilungen über den Bewohnereinzug ohne jegliche Prüfung der Bedürftigkeit des aufgenommenen Bewohners an das Sozialamt verschickt.
Die Einrichtung kann auch nicht darauf verwiesen werden, ihren Anspruch zunächst gegen den Erben geltend zum machen, und den Anspruch nach § 19 Abs. 6 SGB XII deshalb nur zu erfüllen, soweit der Nachlass nicht reicht oder die Einrichtung mit ihrem Anspruch gegen den Erben erfolglos bleibt. Denn Sinn und Zweck von § 19 Abs. 6 SGB XII ist es gerade, die Träger einer Einrichtung, die Hilfe zur Pflege erbracht haben, in ihrem Vertrauen auf die Gewährung von Leistungen zu schützen und sie nicht auf möglicher-weise zweifelhafte Ansprüche gegen die Erben zu verweisen (Coseriu in jurisPK-SGB XII, 1. Auflage 2011, § 19, Rn. 70).
Dadurch ergibt sich aber kein Anspruch der Klägerin auf Übernahme des vollen, nicht durch die Pflegeversicherung gedeckten Heimentgelts in Höhe von 741,98 EUR. Der Über-gang der Sozialhilfeleistung auf die Klägerin findet nach § 19 Abs. 6 SGB XII nur statt, "soweit die Leistung an den Berechtigten erbracht worden wäre". Daraus folgt, dass im Zeitpunkt der Leistungserbringung alle Voraussetzungen des Anspruchs vorgelegen haben müssen, wozu auch der Nachrang gehört, das heißt, Einkommen und Vermögen des Hilfesuchenden selbst sind nach den gesetzlichen Vorgaben zu berücksichtigen (Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, § 19 Rn. 66). § 19 Abs. 6 SGB XII begründet keinen orginären eigenen Anspruch im Sinne eines subjektiven Rechts, sondern die dort genannten Personen treten bei Vorliegen der in der Vorschrift geregelten Voraussetzungen in die Rechtstellung des verstorbenen Hilfeempfängers ein (BSG vom 13.07.2010, B 8 SO 13/09 R).
Da es die Beklagte vorliegend versäumt hat, nach Mitteilung der Aufnahme in die Kurzzeitpflege eigene Ermittlungen hinsichtlich des Einkommens und Vermögens von Frau D ... anzustellen und bekannt ist, dass Frau D. in diesem Zeitraum eine geringe Rente bezog und der Nachlass offenbar überschuldet war, konnte die Beklagte lediglich dazu verpflichtet werden, der Klägerin einen neuen Bescheid über die zu erstattenden Kosten unter Be-achtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen (vgl. die obigen Ausführungen zur Zulässigkeit der Klage). Da die Entscheidung über die Höhe der Gewährung der Hilfe zur Pflege nach § 61 Abs. 2 SGB XII und insbesondere der Einsatz des Einkommens nach § 88 SGB XII im Ermessen der Beklagten steht, konnte jene nur zu einer erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt werden (so auch LSG Rheinland-Pfalz vom 25.11.2010, L 1 SO 8/10).
Der Klägerin steht dem Grunde nach auch ein Anspruch Zahlung von Prozesszinsen ge-mäß §§ 291 und 288 BGB zu. Allerdings besitzt das Pflegeheim vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid keinen Vergütungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger, weshalb vor dem Erlass eines Bewilligungsbescheids kein Zinsanspruch wegen Verzugs (§ 286 BGB) entstehen kann. Hier hat ab die Klägerin auch nur einen Zinsanspruch seit Rechtshängigkeit am 28.09.2011 geltend gemacht. Die Höhe des Zinsanspruchs richtet sich nach § 288 Abs. 2 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis des zuletzt gestellten Hauptsacheantrags.
II. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für die Kurzzeitpflege in Höhe von 741,98 EUR der Frau D. die vom 12.08.2008 bis 29.09.2008 Bewohnerin in einem Pflegeheim der Klägerin war. Frau D. war 2009 verstorben.
Die Klägerin hatte mit Schreiben vom 09.02.2011 als Träger der A. C-Stadt die gemäß § 19 Abs. 6 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf den Einrichtungsträger übergegangenen Sozialhilfeansprüche der Frau D. für den stationären Aufenthalt im Rahmen einer Kurzzeitpflege bzw. Verhinderungspflege in Höhe von 741,98 EUR geltend gemacht. Frau D. habe die Entgelte für die Pflege nicht selbst von ihrem Einkommen und Vermögen aufbringen können. Nach Angabe der Tochter verfügte Frau D. lediglich über eine geringe Rente. Mit Schreiben vom 12.08.2008 und vom 10.09.2008 sei der Beklagte darüber in Kenntnis gesetzt und um Kostenübernahme gebeten worden. Die Beklagte wurde in diesem Schreiben gebeten, im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht Auskünfte über die Vermögensverhältnisse der Frau D. bei deren Tochter und eventuell bei deren Bank bzw. dem vormaligen Rentenversicherungsträger einzuholen.
Die Klägerin hatte mit Faxschreiben vom 12.08.2008 die C. – Fachbereich Gesundheit und Soziales - (zu Händen Frau F.) von der Aufnahme der Frau D. in die Kurzzeitpflege für die Zeit vom 12.08.2008 bis 08.09.2008 informiert. Bei Frau D. sei die Pflegestufe III anerkannt, das Heimentgelt betrage täglich 72,22 EUR. Es wurde um Kostenübernahme gebeten.
Mit weiterem Faxschreiben vom 11.09.2008 wurde die Beklagte in gleicher Weise von der weiteren Kurzzeitpflege vom 09.09.2008 bis 29.09.2008 informiert und die Beklagte eben-falls um Kostenübernahme gebeten. Beigefügt war auch eine Mitteilung der der Barmer Ersatzkasse –Pflegekasse- vom 19.09.2008 an die Tochter der Frau D., wonach die Pflegekasse für einen Zeitraum von bis zu 28 Tagen die pflegebedingten Aufwendungen nach der festgestellten Pflegestufe III in Höhe von bis zu 1470 EUR übernehmen und die Zahlung des vorgenannten Betrags direkt an die Pflegeeinrichtung erfolge. Vorgelegt wurde auch ein wohn- und Dienstleistungsvertrag zwischen der A. Betreuungs-dienste gGmbH und Frau D. vom 12.08.2008, unterzeichnet durch Frau G. für die Zeit vom 12.08.2008 bis 08.09.2008 und für die Zeit vom 09.09.2008 bis 21.09.2008. Wegen der Einzelheiten des Vertrags wird auf B. 5 ff. der Verwaltungsakten der Beklagten ver-wiesen.
Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin vom 09.02.2011 mit Bescheid vom 15.03.2011 ab. Als Begründung wurde angeführt, dass die Voraussetzungen des § 19 Abs. 6 SGB XII nach einem nahezu drei Jahre zurückliegenden Heimaufenthalt nicht als gegeben angesehen würden. Es sei unverständlich, aus welchem Grund die Klägerin nicht zeitnah vor dem Tode der Frau D. konkrete Schritte zur Beantragung von Sozialhilfe-leistungen in die Wege geleitet habe. Im Übrigen dienten die vorgelegten Mitteilungen vom 12.08.2008 und 11.09.2008 offensichtlich nur der Inanspruchnahme von Investitionskosten nach dem Niedersächsischen Pflegegesetz und seien auch zielgerichtet an die zuständige Kollegin adressiert worden. Als eine Frist wahrende Mitteilung zur Beantragung von Sozialhilfeleistungen könnten diese nicht akzeptiert werden.
Gegen diesen Ablehnungsbescheid erhob die Klägerin am 30.03.2011 Widerspruch. Weder § 19 Abs. 6 SGB XII, noch § 19 Abs. 3 SGB XII in Verbindung mit § 61 SGB XII würden eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist für Leistungsansprüche vorsehen. Der Gesetzgeber sehe diesbezüglich alleinig die Erhebung der Verjährungseinrede nach § 45 SGB I vor, die Verjährung sei aber offenkundig noch nicht eingetreten. Die Mitteilungen vom 12.08.2008 und vom 10.09.2008 seien allgemein an die Behörde als Sozialhilfeträger adressiert. Eine Beschränkung des Antrags auf Pflegewohngeld sei gerade nicht erfolgt, es sei allgemein um Kostenübernahme gebeten worden.
Mit Schreiben vom 30.08.2011 bat die Klägerin die Beklagte nochmals um Abhilfe des Widerspruchs und Kostenübernahme als erweiterte Hilfe. Sie wies darauf hin, dass für den Fall, dass bis zum 08.09.2011 kein Fortgang des Verfahrens zu verzeichnen sei, gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen werde.
Die Klägerin erhob am 28.09.2011 eine Untätigkeitsklage auf Verbescheidung des oben genannten Widerspruchs. Und begehrte Zinsen in Höhe von 8% über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.
Die Klägerin übermittelte dem Gericht mit Schriftsatz vom 10.10.2011 den Widerspruchs-bescheid vom 21.07.2011, der offenbar versehentlich nicht versandt worden war. Dieser war der Klägerin nach ihren Angaben am 06.10.2011 zugegangen. Mit diesem Widerspruchsbescheid wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewie-sen. Zwar sei die Klägerin grundsätzlich gem. § 19 Abs. 6 SGB XII berechtigt, einen An-spruch des Berechtigten auf Sozialleistungen nach dessen Tode geltend zu machen, je-doch sie hierfür Voraussetzung, dass Frau D. während der Zeit ihres Aufenthalts einen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII gehabt habe. Hierfür sei die Kläg-rin darlegungs- und beweispflichtig, der Nachweis könne nicht erbracht werden. An dieser Einschätzung würden auch die Faxmitteillungen vom 12.08.2008 und vom 11.09.2008 nichts ändern, da aus diesen Mitteilungen nicht hervorgehe, dass ein begründeter Anlass dafür bestehe, dass Frau D. Ansprüche auf Gewährung von Sozialhilfe geltend machen könnte. Die Faxe seien an Frau F. adressiert worden, die für die Gewährung des Investitionskostenzuschusses nach dem Niedersächsischen Pflegegesetz zuständig sei.
Die Klägerin beantragte nunmehr, in Abänderung des Bescheids vom 15.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2011 der Klägerin für die Pflege der Frau D. Hilfe zur Pflege zu gewähren und der Klägerin 741,98 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 28.09.2011 zu zahlen. Als Begründung wurde ausgeführt, es sei in den Mitteilungen vom 12.08.2008 und 11.09.2008 ausdrücklich der Terminus "Kostenübernahme" verwendet worden, wodurch ein Sozialhilfeverhältnis begründet worden sei. Demgegenüber sei im Niedersächsischen Pflegegesetz ausschließlich von Förderung die Rede.
Die Klägerin beantragt zuletzt in der mündlichen Verhandlung, die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unter Aufhebung des Bescheids vom 15.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.07.2011 für die Zeit vom 12.08.2008 bis 29.09.2008 einen neuen Bescheid über die ihr zu erstattenden Kosten für die Kurzzeitpflege der Frau D., gestorben 2009, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen sowie der Klägerin auf die zu erstattenden Kosten ab dem 28.09.2011 Zinsen in Höhe von acht Prozent über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält an ihrer Rechtsauffassung fest. Mit den beiden Faxschreiben habe die Klägerin nur die Gewährung der Investitionskosten in der Kurzzeitpflege begehrt. Im Übrigen sei das von der Klägerin angeführte Urteil des LSG Rheinland-Pfalz (L 1 SO 8/10) auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, das keine zeitnahe Erinnerung an den Antrag erfolgt sei und keine konkreten Hinweise auf die Bedürftigkeit der Frau D. bestanden hätten. Der fehlende Nachweis der Bedürftigkeit gehe zu Lasten des Einrichtungsträgers.
Die Klägerin hat der Beklagten mit Schriftsatz vom 11.04.2013 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet (Bl. 149 der Gerichtsakte), den die Beklagte mündlich abgelehnt hat.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gerichtliche Akte und die Verwaltungsakte der Beklagten hingewiesen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin hat die zunächst auf Verbescheidung des Widerspruchs gerichtete Untätig-keitsklage vom 28.09.2011 nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids am 06.10.2011 mit Schriftsatz vom 10.10.2011 zulässigerweise auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage umgestellt. Diese Klageänderung ist sachdienlich im Sinne des § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 88 Rn. 10b und Niesel/Herold-Tews, Der Sozialgerichtsprozess, 5. Auflage, Rn. 123).
Die Beklagte war allerdings – wie zuletzt von der Klägerin beantragt – zu verpflichten, der Klägerin einen neuen Bescheid über die zu erstattenden Kosten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen. Die Möglichkeit eines Grundurteils oder Bescheidungsurteils eröffnet das Prozessrecht auch für kombinierte Anfechtungs- und Leis-tungsklagen im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG wie hier auf Zahlung von Heimentgelt (LSG Rheinland-Pfalz vom 25.11.2010, L 1 SO 8/10 unter Bezugnahme auf BSG vom 10.12.1008, B 6 KA 45/07 R). Der Beklagten steht nämlich ein Ermessenspielraum hin-sichtlich der Frage zu, in welcher Höhe der Hilfeempfängerin möglicherweise Hilfe zur Pflege (§ 61 Abs. 2 SGB XII) zu gewähren ist. Das Einkommen der D. ist nicht bekannt, vermutlich bezog sie im streitgegenständlichen Zeitraum lediglich eine Rente in geringer Höhe, so dass ein Einsatz ihres Einkommens möglicherweise angesichts der nicht auf voraussichtlich längere Zeit zu erbringenden Leistungen bei einer Kurzzeitpflege nicht vorzunehmen war, § 88 Abs. 1 SGB XII (LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O.).
Die zulässige Klage war auch begründet: Nach § 19 Abs. 6 SGB XII steht der Anspruch des Berechtigten auf Leistungen für Ein-richtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistungen den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat. § 19 Abs. 6 SGB XII ist ein gesetzlich geregelter Fall der Sonderrechtsnachfolge im sinne einer "cessio legis" (BSG vom 13.07.2010, B 8 SO 13/09 R). Der Berechtigte muss sich vor seinem Tod in einer Einrichtung befunden haben. Da der Gesetzgeber den Begriff der Einrichtung ohne jeden Zusatz verwendet, sind alle Einrich-tungen im Sinne von § 13 und § 75 Abs. 1 S. 1 SGB XII umfasst (Grube in Gru-be/Wahrendorf, SGB XII, 3. Auflage, § 19 Rn. 39). Nach § 13 Abs. 2 SGB XII sind Einrich-tungen im Sinne des Absatzes 1 alle Einrichtungen, die der Pflege, der Behandlung oder sonstigen nach diesem Buch zu deckenden Bedarfe oder der Erziehung dienen. Die Klä-gerin als Trägerin einer stationären Pflegeinrichtung, in der Frau D. vor ihrem Tode in Kurzzeitpflege war, ist hier ohne Zweifel als Einrichtungsträger aktivlegitimiert. Die Beklagte ist als örtlich und sachlich zuständiger Sozialhilfeträger passivlegitimiert.
Der Sozialhilfeträger muss Kenntnis vom Hilfefall gehabt haben, § 18 SGB XII. Ansonsten hätte bereits kein Anspruch des verstorbenen Berechtigten bestanden (Grube, a.a.O., Rn. 40). Gemäß § 18 Abs. 1 SGB XII setzt die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen. Da § 18 SGB XII zum Schutz des Hilfebedürftigen einen niedrigschwelligen Zugang zum Sozialhilfesystem sicherstellen will, ist es für die Annahme einer Kenntnis im Sinne dieser Vorschrift ausreichend, dass die Notwendigkeit der Hilfe dargetan oder sonst wie erkenn-bar ist. Die weitere Sachverhaltsaufklärung obliegt dann dem Sozialhilfeträger (BSG vom 26.08.2008, B 8/9b SO 18/07 R unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschluss vom 09.11.1976, V B 80.76). Dabei genügt es für die Annahme des Einsetzens der Sozialhilfe, dass dem Sozialhilfe-träger die konkrete Möglichkeit eines sozialhilferechtlichen Bedarfs bzw. hinreichende An-haltspunkte für die Hilfegewährung bekannt sind. Der Sozialhilfeträger muss nicht auf-grund deiner Schlüssigkeitsprüfung vom Vorliegen der materiellen Anspruchsvoraussetzungen überzeugt sein (LSG Rheinland-Pfalz vom 25.11.2010, L 1 SO 8/10). Für die Anwendung des § 18 SGB XII ist gerade nicht notwendig, dass die Voraussetzungen der Bedürftigkeit bereits mit Gewissheit und vollständig bekannt sind. Entscheidend ist, ab welchem Zeitpunkt dem Sozialhilfeträger erstmalig die konkrete Möglichkeit eines sozial-hilferechtlichen Bedarfs bzw. hinreichende Anhaltspunkte für die Hilfegewährung bekannt gewesen sind.
Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Faxmitteilungen vom 12.08.2008 und vom 11.09.2008 dem Beklagten die erforderliche Kenntnis im Sinne des § 18 SGB XII vermittelt haben: Durch diese "Mitteilungen über den Bewohnereinzug" wurde der Sozialhilfeträger zunächst darüber informiert, dass Frau D. vom 12.08.2008 bis 08.09.2008 und vom 09.09.2008 bis 29.09.2008 zur Kurzzeitpflege im Pflegeheim A. mit Pflegestufe 3 aufgenommen wurde. Auch das täglich zu entrichtende Heimentgelt war darin aufgeführt. Angekreuzt war jeweils die Bitte um Kostenübernahme. Da dem Soziahilfeträger nicht alle Voraussetzungen für die Hilfegewährung bekannt sein müssen, ist es vorliegend ausreichend, dass aus den Mitteilungen des Pflegeheims hervor ging, dass Frau D ... möglicherweise die Kosten der Heimunterbringung nicht alleine aufbringen kann. Die Bitte um Kostenübernahme war konkret in diesen Faxmitteilungen geäußert und legt den Schluss nahe, dass das Pflegeheim den Sozialhilfeträger von einer möglichen Bedürftigkeit der Frau D ... informieren wollte. Für die Kammer ist nicht ersicht-lich, welchen anderen Bedeutungsgehalt die geäußerte Bitte um Kostenübernahme sonst haben sollte. An dieser Einschätzung ändert auch nichts, dass die Faxmitteilungen vom 12.08.2008 und 11.09.2008 offenbar an die Bearbeiterin gerichtet war, die bei der C. für die Anträge auf Investitionskostenzuschüsse zuständig ist. Die Mitteilungen über den Bewohnereinzug wurden ausdrücklich an die C. – Sozialamt – adressiert. Konkret wurden die Mitteilungen an den Sozialhilfeträger gerichtet und um Kostenübernahme gebeten. Damit war der Beklagten die konkrete Möglichkeit eines sozialhilferechtlichen Bedarfs aufgezeigt worden, so dass der Beklagte eigene Ermittlungen zur Feststellung des Hilfebedarfs in die Wege hätte einleiten müssen. Falls innerhalb der Behörde die oben genannten Mitteilungen über die Aufnahme der Frau D ... in das Pflegeheim tatsächlich an der nicht zuständigen Stelle innerhalb der Behörde eingegangen sein sollten, wäre es der Beklagten durchaus zumutbar gewesen, die Mittei-lungen an die zuständige Abteilung weiterzuleiten. Im Übrigen ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin die Mitteilungen über den Bewohnereinzug ohne jegliche Prüfung der Bedürftigkeit des aufgenommenen Bewohners an das Sozialamt verschickt.
Die Einrichtung kann auch nicht darauf verwiesen werden, ihren Anspruch zunächst gegen den Erben geltend zum machen, und den Anspruch nach § 19 Abs. 6 SGB XII deshalb nur zu erfüllen, soweit der Nachlass nicht reicht oder die Einrichtung mit ihrem Anspruch gegen den Erben erfolglos bleibt. Denn Sinn und Zweck von § 19 Abs. 6 SGB XII ist es gerade, die Träger einer Einrichtung, die Hilfe zur Pflege erbracht haben, in ihrem Vertrauen auf die Gewährung von Leistungen zu schützen und sie nicht auf möglicher-weise zweifelhafte Ansprüche gegen die Erben zu verweisen (Coseriu in jurisPK-SGB XII, 1. Auflage 2011, § 19, Rn. 70).
Dadurch ergibt sich aber kein Anspruch der Klägerin auf Übernahme des vollen, nicht durch die Pflegeversicherung gedeckten Heimentgelts in Höhe von 741,98 EUR. Der Über-gang der Sozialhilfeleistung auf die Klägerin findet nach § 19 Abs. 6 SGB XII nur statt, "soweit die Leistung an den Berechtigten erbracht worden wäre". Daraus folgt, dass im Zeitpunkt der Leistungserbringung alle Voraussetzungen des Anspruchs vorgelegen haben müssen, wozu auch der Nachrang gehört, das heißt, Einkommen und Vermögen des Hilfesuchenden selbst sind nach den gesetzlichen Vorgaben zu berücksichtigen (Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, § 19 Rn. 66). § 19 Abs. 6 SGB XII begründet keinen orginären eigenen Anspruch im Sinne eines subjektiven Rechts, sondern die dort genannten Personen treten bei Vorliegen der in der Vorschrift geregelten Voraussetzungen in die Rechtstellung des verstorbenen Hilfeempfängers ein (BSG vom 13.07.2010, B 8 SO 13/09 R).
Da es die Beklagte vorliegend versäumt hat, nach Mitteilung der Aufnahme in die Kurzzeitpflege eigene Ermittlungen hinsichtlich des Einkommens und Vermögens von Frau D ... anzustellen und bekannt ist, dass Frau D. in diesem Zeitraum eine geringe Rente bezog und der Nachlass offenbar überschuldet war, konnte die Beklagte lediglich dazu verpflichtet werden, der Klägerin einen neuen Bescheid über die zu erstattenden Kosten unter Be-achtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erteilen (vgl. die obigen Ausführungen zur Zulässigkeit der Klage). Da die Entscheidung über die Höhe der Gewährung der Hilfe zur Pflege nach § 61 Abs. 2 SGB XII und insbesondere der Einsatz des Einkommens nach § 88 SGB XII im Ermessen der Beklagten steht, konnte jene nur zu einer erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt werden (so auch LSG Rheinland-Pfalz vom 25.11.2010, L 1 SO 8/10).
Der Klägerin steht dem Grunde nach auch ein Anspruch Zahlung von Prozesszinsen ge-mäß §§ 291 und 288 BGB zu. Allerdings besitzt das Pflegeheim vor der Kostenübernahme durch Bewilligungsbescheid keinen Vergütungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger, weshalb vor dem Erlass eines Bewilligungsbescheids kein Zinsanspruch wegen Verzugs (§ 286 BGB) entstehen kann. Hier hat ab die Klägerin auch nur einen Zinsanspruch seit Rechtshängigkeit am 28.09.2011 geltend gemacht. Die Höhe des Zinsanspruchs richtet sich nach § 288 Abs. 2 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis des zuletzt gestellten Hauptsacheantrags.
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