S 28 KA 1196/10

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
28
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 28 KA 1196/10
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 12 KA 144/12
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 24/14 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Genehmigung eines dritten Arztes im Rahmen des Versorgungsauftrages für die Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten streitig.

Der Kläger ist als Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Nephrologie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Er ist in A-Stadt niedergelassen und erbringt daneben spezielle Leistungen in einer ausgelagerten Praxisstätte in C-Stadt im Berufsförderungs-werk C-Klinik. In dem Praxisgebäude in C-Stadt befindet sich auch das Altersheim "Pfle-geresidenz am C-Park". Der Kläger besitzt eine Genehmigung zur Übernahme des Versorgungsauftrags nach § 4 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 3 a) der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV. Der Versorgungsauftrag darf sowohl am Standort der Dialysepraxis in A-Stadt als auch in der ausgelagerten Praxisstätte in C-Stadt ausgeübt werden und ist auf die kontinuierliche Behandlung von insgesamt 100 Patienten pro Jahr beschränkt. In der klägerischen Praxis ist Herr Dr. D., Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Nephrologie, angestellt.

Mit Antrag vom 15.06.2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Genehmigung eines dritten Arztes im Rahmen des Versorgungsauftrages für die Versorgung chronisch niereninsuffizienter Patienten, um die kontinuierliche Zahl der Patienten pro Jahr von 100 auf 150 zu erhöhen. Zur Begründung verwies er u.a. darauf, dass er mangels dritten Arztes in der ausgelagerten Praxisstätte nur die zentralisierte Heimdialyse anbieten könne, obgleich der Bedarf für eine Zentrumsdialyse in C-Stadt bestünde und die Praxis apparativ entsprechend ausgestattet sei. Mit der beantragten Genehmigung könne der Kläger eine wohnortnahe Versorgung der Dialysepatienten zwischen A-Stadt und B-Stadt langfristig sicherstellen.

Die Beklagte übersandte am 31.10.2007 den Antrag an die Verbände der Krankenkassen. Sie wies darauf hin, dass das Kriterium der kontinuierlichen wirtschaftlichen Versorgungsstruktur bei allen sich überschneidenden Standorten aktuell noch nicht ganz erreicht sei. Allerdings sehe die Beklagte die Voraussetzungen für die Genehmigungserteilung aus Gründen der Sicherstellung der wohnortnahen Versorgung der Dialysepatienten gegeben. Denn es kämen 24 Patienten, rund 19,7 Patienten kontinuierlich pro Jahr, für eine wohnortnähere Versorgung in der klägerischen Praxis in Frage. Es sei deshalb beabsichtigt, dem Genehmigungsantrag zuzustimmen.

Die Kassenverbände lehnten die Erteilung ihres Einvernehmens ab, da das Kriterium nach § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV nicht erfüllt sei.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 22.01.2008 den klägerischen Antrag ab. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Anforderungen nach § 6 Abs. 1 und 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV hinsichtlich einer kontinuierlichen wirtschaftlichen Versorgungsstruktur nicht gewährleistet seien. Sie befürwortete jedoch eine Genehmigung, weil in der klägerischen Praxis 19,7 Patienten im Jahr kontinuierlich wohnortnäher versorgt werden könnten. We-gen des nicht zustande gekommenen Einvernehmens mit den Krankenkassenverbänden habe jedoch die beantragte Genehmigung nicht erteilt werden können.

Der Kläger legte mit Schreiben vom 07.02.2008 Widerspruch ein.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 03.11.2010 zurück. Im Rahmen der Begründung bestätigte die Beklagte ihre Auffassung, dass das Kriterium der kontinuierlichen wirtschaftlichen Versorgungsstruktur nicht vollständig erreicht sei. Die Widerspruchsstelle schloss sich im Übrigen den Ausführungen der Ausgangsstelle in vollem Umfang an und verwies auf das fehlende Einvernehmen mit den Krankenkassenverbänden. Die Praxis des Klägers besitzt eine kontinuierliche Auslastung von über 90% nach dem "Arzt-Patienten-Schlüssel" (Zentrumsdialyse und zentralisierte Heimdialyse) gem. § 5 Abs. 7 c) Satz 5 Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren. Die bereits bestehenden Dialysepraxen, die die Versorgungsregion der klägerischen Dialysepraxis (Radius von 30 km) schneiden, sind nur teilweise zu mindestens 90% ausgelastet. Anders als das KfH Nierenzentrum D-Stadt, das KfH Nierenzentrum B-Stadt C-Straße., das KfH Nierenzentrum B-Stadt D-Straße und das KfH Nierenzentrum E-Stadt unterschreiten das KfH Nierenzentrum I-Stadt (2/2011: 87,1%; 3/2011: 86,9%; 4/2011: 86,2%), das KfH Nierenzentrum F-Stadt (2/2011: 53,6%; 3/2011: 53,8%; 4/2011: 53,4%), das KfH Nierenzentrum G-Stadt (2/2011: 66,0%; 3/2011: 65,2%; 4/2011: 63,5%) sowie das KfH Nierenzentrum H-Stadt (2/2011: 76,3%; 3/2011: 75,7%; 4/2011: 74,4%) die geforderte Auslastung von kontinuierlich mindestens 90%.

Bei der Beklagten sind Anträge auf Erweiterung des Versorgungsauftrags des KfH Nie-renzentrum B-Stadt C-Straße sowie des KfH Nierenzentrum D-Stadt anhängig, die wegen des laufenden streitgegenständlichen Verfahrens noch nicht verbeschieden sind.

In der Pflegeresidenz am C-Park in C-Stadt befand sich im November 2011 ein Dialyse-patient zur Betreuung. Drei Heimbewohner litten an einer weit fortgeschrittenen (präterminalen) Niereninsuffizienz. Durchschnittlich waren in den letzten Jahren lt. Auskunft der Heimleitung zwei bis drei Dialysepatienten in der Pflegeresidenz wohnhaft. Nach aktueller Mitteilung der Heimleitung wohnt derzeit kein Heimbewohner mit Niereninsuffizienz in der Pflegeresidenz.

Der Kläger hat am 03.12.2010 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen zur Genehmigungserteilung vorliegen. Er verweist u.a. darauf, dass er in den ausgelagerten Praxisräumen in C-Stadt mangels Genehmigung eines dritten Arztes lediglich die zentralisierte Heimdialyse und nicht die nötige Zentrumsdialyse anbieten könne. In der Ambulanz des Klägers befänden sich (Stand 2012) 14 Patienten mit einer Kreatininclearance ( 15ml/min, die kurzfristig einer Dialysebehandlung bedürften. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, dass die umliegenden Dialysestandorte zum Teil nicht wirtschaftlich ausgelastet seien, könne nicht tragen, wenn diese Standorte dergestalt außerhalb des natürlichen Einzugsbereichs der Praxis in A-Stadt lägen, dass die Patienten zum Aufsuchen dieser Praxen erhebliche Anfahrtswege hinnehmen müssten. Es sei keinem Patienten aus B-Stadt und Umgebung zumutbar, in nicht ausgelastete Dialysezentren in I-Stadt, F-Stadt, G-Stadt und H-Stadt zu reisen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 22.01.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2010 zu verpflichten, dem Kläger die Genehmigung zur Übernahme eines Versorgungsauftrags für einen dritten Arzt nach § 3 Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV zu erteilen.

Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladenen zu 1, 3 und 4 beantragen Klageabweisung.

Die Beklagte weist insbesondere darauf hin, dass sie angesichts der nicht oder nur sehr eingeschränkt mobilen Patienten aus der Pflegeresidenz am C-Park bereit wäre, ein Sicherstellungsbedürfnis nach einer wohnortnahen Versorgung zugunsten des Klägers an-zuerkennen.

Die Beigeladene zu 1. hat ausgeführt, dass sie grundsätzlich einzig für zu dialysierende Heimbewohner in der Pflegeresidenz am C-Park einen Sicherstellungsgrund zur Gewähr-leistung einer wohnortnahen Versorgung i.S.d. § 6 Abs. 3 der Anlage 9.1. BMV-Ä anzuerkennen vermöge. Da sich jedoch aktuell keine Bewohner mit einer Niereninsuffizienz in der Pflegeresidenz befänden, werde kein Sicherstellungsgrund zur Gewährleistung einer wohnortnahen Versorgung gesehen. Die Beigeladene zu 5. ist der Auffassung, dass der Sicherstellungsgrund der wohnortnahen Versorgung nicht ausreichend nachgewiesen sei.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid vom 22.01.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2010 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK (in der Fassung vom 18.06.2012).

Die Erweiterung des Versorgungsauftrags um einen dritten Arzt ist genehmigungspflichtig (§ 3 Abs. 3 Satz 2, § 4 Abs. 1 Satz 1 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK). Der Versorgungsauftrag wird für den Ort der Zulassung oder der Ermächtigung erteilt (§ 3 Abs. 3 Satz 4 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK).

§ 7 Abs. 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK normiert: Werden gemäß § 5 Abs. 7 Buchst. c) Satz 3 Nr. 2 der Qualitätssicherungsvereinbarung entsprechend dem dort niedergelegten "Arzt-Patienten-Schlüssel" über einen schon tätigen zweiten Arzt hinaus Genehmigungen für Versorgungsaufträge für weitere Ärzte von einer Dialysepraxis beantragt, ist für die Genehmigung die Erfüllung aller Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 erforderlich, soweit nicht die Qualitätssicherungsvereinbarung hinsichtlich der Voraussetzung nach Nr. 1 (Qualifikation) eine besondere Regelung vorsieht. Gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK ist die Genehmigung im Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden der Krankenkassen auf Landesebene zu erteilen, wenn hinsichtlich der Fach-kunde die Voraussetzungen des § 4 der Qualitätssicherungsvereinbarung erfüllt sind (arztbezogene Voraussetzungen) (Nr. 1), die weiteren Voraussetzungen der Qualitätssicherungsvereinbarung erfüllt sind (betriebsstättenbezogene Voraussetzungen) (Nr. 2) und eine kontinuierliche wirtschaftliche Versorgungsstruktur für die Dialysepraxis gewährleistet ist (betriebsstättenbezogene Voraussetzungen) (Nr. 3).

Die näheren Anforderungen an eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK ergeben sich aus § 6 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK. § 6 Abs. 1 Sätze 1 bis 5 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK lauten: "Die Feststellung, ob eine wirtschaftliche Versorgungsstruktur nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 kontinuierlich gewährleistet ist, wird am Auslastungsgrad der im Umkreis der beabsichtigten Niederlassung bestehenden Dialysepraxen (Versorgungsregion) gemessen. Der Auslastungsgrad wird durch eine Arzt-Patienten-Relation bestimmt. Eine Auslastung der Dialysepraxen in der Versorgungsregion ist anzunehmen, wenn kontinuierlich mindestens 90 v. H. der nach der Qualitätssicherungsvereinbarung festgelegten Patientenzahl von den dazu erforderlichen Ärzten versorgt wird. Die Forderung nach wirtschaftlicher Versorgungsstruktur der projektierten Dialysepraxen gilt als dauerhaft erfüllt, wenn sich die Versorgungsregionen der bestehenden und der projektierten Praxis nicht schneiden. Das gleiche gilt, wenn sich die Versorgungsregionen zwar schneiden, jedoch die bereits bestehenden Dialysepraxen in diesem Umfang ausgelastet sind."

§ 6 Abs. 3 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK sieht vor, dass die Genehmigung nach § 4 unbe-schadet der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 zu erteilen ist, wenn Gründe der Sicherstellung eine zusätzliche Dialysepraxis erfordern. Dies ist der Fall, wenn die wohnortnahe Versorgung unter Berücksichtigung der einzelnen Dialyseformen und -verfahren gewährleistet werden muss.

Gem. § 6 Abs. 4 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK sind bei der Beurteilung der Versorgungssituation im Verfahren nach den Absätzen 1 bis 3 sowohl die benachbarten Planungsbereiche um die projektierte Dialysepraxis als auch bestehende Zweigpraxen oder ausgelagerte Praxisstätten in benachbarten Versorgungsregionen zu berücksichtigen.

Vorliegend ist unstreitig, dass die klägerische Praxis die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK erfüllt. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch scheitert jedoch am Nichtvorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK.

Vorab ist anzumerken, dass keine rechtlichen Bedenken wegen der Ungleichbehandlung, dass für den Eintritt eines dritten, vierten usw. Arztes in eine Dialysepraxis anders als für den Eintritt eines zweiten Arztes eine Prüfung einer Versorgungslücke vorgesehen ist, bestehen (vgl. BSG, Urteil vom 17.08.2011, Az. B 6 KA 26/10 R, Rn. 34ff. – juris, zur Frage des Vorliegens einer Ungleichbehandlung wegen Privilegierung des Eintritts des zweiten Arztes).

Die Beklagte ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK nicht vorliegen. Sie hat die Versorgungsregionen der klägerischen Praxis sowie der benachbarten Dialysepraxen ordnungsgemäß gebildet (vgl. hierzu § 6 Abs. 1 Sätze 6 und 7 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK); daraus ergibt sich, dass sich die Versorgungsregion der klägerischen Dialysepraxis mit den Versorgungsregionen von insgesamt acht bestehenden Dialysepraxen schneidet (KfH Nierenzentrum D-Stadt, KfH Nierenzentrum B-Stadt C-Straße KfH Nierenzentrum B-Stadt D-Straße, KfH Nierenzentrum E-Stadt, KfH Nierenzentrum I-Stadt, KfH Nierenzentrum F-Stadt, KfH Nierenzentrum G-Stadt sowie KfH Nierenzentrum H-Stadt). Von diesen bestehenden Dialysepraxen sind jedoch lediglich vier Dialysepraxen kontinuierlich zu mindestens 90% ausgelastet. Das KfH Nierenzentrum I-Stadt, das KfH Nierenzentrum F-Stadt, das KfH Nierenzentrum G-Stadt sowie das KfH Nierenzentrum H-Stadt erreichen unstreitig nicht den vorgegebenen Auslastungsgrad von kontinuierlich mindestens 90%. Die Voraussetzungen dieser speziellen Bedarfsprüfung sind damit nicht erfüllt. Die Kammer verkennt nicht, dass diese von den Bundesmantelvertragspartnern geregelte Bedarfsprüfung im Hinblick auf die Wohnortnähe der Dialyseversorgung im Einzelfall zu nachteiligen Folgen führen kann. Im Gegenzug wird jedoch die Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen sowie der Schutz der bereits in diesem Bereich tätigen Leistungserbringer gewährleistet (vgl. BSG, Urteil vom 17.08.2011, Az. B 6 KA 27/10 R, Rn. 26 – juris). Hingegen hat die Beklagte im Verwaltungsverfahren und – mit anderer Begründung - auch im gerichtlichen Verfahren das Vorliegen eines Sicherstellungsgrundes der wohnortnahen Versorgung i.S.d. § 6 Abs. 3 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK bejaht. Bei der Prüfung, ob ein solcher Sicherstellungsgrund gegeben ist, steht der Beklagten ein der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle der richtigen Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs des Sicherstellungsgrundes ist darauf begrenzt, ob die Beklagte von einem richtigen und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und die durch die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs ermittelten Grenzen eingehalten sowie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist. Im Verwaltungsverfahren hat die Beklagte das Vorliegen eines Sicherstellungsgrundes der wohnortnahen Versorgung i.S.d. § 6 Abs. 3 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK angenommen, weil in der klägerischen Praxis 19,7 Patienten im Jahr kontinuierlich wohnortnäher versorgt werden könnten. Im gerichtlichen Verfahren hat die Beklagte die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK mit Blick auf in der Pflegeresidenz am C-Park in C-Stadt wohnhafte, eingeschränkt mobile bzw. immobile Dialysepatienten als erfüllt angesehen. Diese Beurteilungen halten einer gerichtlichen Prüfung nicht stand und sind fehlerhaft. Wenn Dialysepraxen, deren Versorgungsregionen sich mit derjenigen der klägerischen Praxis schneiden, wie im vorliegenden Fall nicht ausgelastet sind, kann der Versorgungsauftrag der klägerischen Praxis nicht mit dem Argument, dass dadurch Patienten eine wohnortnähere Versorgung ermöglicht werden könne, erweitert werden. Eine solche Be-urteilung widerspricht dem § 6 Abs. 1 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK zugrunde liegenden Versorgungskonzept, das, wie bereits ausgeführt, der Sicherstellung einer wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Dialyseleistungen sowie dem Schutz der bereits in diesem Bereich tätigen Leistungserbringer dient. Auch die von der Beklagten im Gerichtsverfahren in Aussicht gestellte Anerkennung eines Sicherstellungsbedürfnisses wegen nicht oder nur sehr eingeschränkt mobilen Dialysepatienten aus der Pflegeresidenz am C-Park in C-Stadt ist fehlerhaft. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung lebte kein Dialysepatient in der Pflegeeinrichtung. Aus diesem Grund sind die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK erkennbar nicht erfüllt. Mangels Patienten können keine (zwingenden) Gründe für die Gewährleistung der wohnortnahen Versorgung vorliegen. Darauf, wie viele Dialysepatienten in der Vergangenheit in der Pflegeresidenz wohnhaft waren, kommt es nicht an. Folglich liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK nicht vor. Die Kassenverbände haben daher ihr gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK erforderliches Einvernehmen zu Recht nicht erteilt. Ein Anspruch des Klägers auf Genehmigung eines dritten Arztes gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 der Anlage 9.1 BMV-Ä/EVK besteht deshalb nicht. Die Klage war aus den genannten Gründen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Rechtskraft
Aus
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