Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
16
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 16 SO 51/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Übernahme weiterer Kosten der Unterkunft.
Der 1985 geborene Kläger ist schwerbehinderte mit einem GdB von 100 und den Merkzeichen G, aG, H und RF. Er ist körperlich und geistig behindert und seit 2004 in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) beschäftigt. Er erhält Pflegegeld nach Pflegestufe III.
Der Kläger steht seit Jahren im Leistungsbezug der Beklagten und erhält seit dem 01.01.2005 Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs – Zwölftes Buch (SGB XII). Er wohnt gemeinsam mit seinen Eltern und seiner Schwester in einem Einfamilienhaus.
Zum 01.06.2009 schloss der Kläger vertreten durch seine Mutter mit seinem Vater einen Mietvertrag über ein Zimmer und ein behindertengerecht umgebautes Bad mit einer Wohnfläche von 25,4 qm. Darüber hinaus bezieht sich die Vermietung auf die Mitbenutzung von Küche, Flur, Diele und Kellerräume. Die Netto-Kaltmiete beträgt monatlich 180,00 Euro und die Warmmiete 250,00 Euro.
Mit Schreiben vom 01.06.2009 beantragte der Kläger die Übernahme des Mietzinses als Kosten der Unterkunft durch die Beklagte. Gleichzeitig teilte der Kläger der Beklagte mit, dass ab dem 01.06.2009 keine Zinszahlungen für den Hypothekenkredit betreffend das Einfamilienhaus mehr anfallen.
Mit Bescheiden vom 22.06.2009 und vom 23.07.2009 bewilligte die Beklagte für die Zeit von Juni 2009 bis April 2010 Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII, berücksichtigte dabei jedoch nicht die vom Kläger geltend gemachten Unterkunftskosten, sondern 25,77 Euro an Heizkosten und 98,65 Euro an Unterkunftskosten. Die Unterkunftskosten ergeben sich hierbei aus den vom Kläger bereits im Januar 2008 nachgewiesenen Aufwendungen für das Einfamilienhaus. Diese setzten sich zusammen aus Schuldenzinsen, Grundsteuer, öffentliche Abgaben, Haftpflichtversicherung, Feuerversicherung, Ausgaben für Instandhaltung und Instandsetzung und sonstige Aufwendungen wie Schornsteinreinigung. Die Ausgaben beliefen sich auf 4.735,29 Euro jährlich und 394,61 Euro monatlich. Zur Ermittlung der Unterkunftskosten des Klägers teilte die Beklagte die monatlichen Gesamtkosten sodann durch die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen.
Mit Bescheid vom 22.10.2009 und vom 20.11.2009 bewilligte die Beklagte für November und Dezember 2009 Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 66,45 Euro. Hierbei berücksichtigte sie, dass nunmehr monatliche Hauskosten von insgesamt 171,77 Euro nachgewiesen wurden, was insbesondere auf den nicht mehr anfallenden Zinszahlungen beruhte. An Heizkosten berücksichtige sie insgesamt 94,02 Euro monatlich. Auf den Kläger entfielen Unterkunftskosten von 42,94 Euro und Heizkosten von 23,51 Euro monatlich.
Gegen den Bescheid vom 22.06.2009 und vom 20.11.2009 erhob der Kläger am 08.07.2009 und am 20.11.2009 in Bezug auf die Höhe der bewilligten Kosten der Unterkunft Widerspruch.
Mit Bescheid vom 02.11.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme der Unterkunftskosten in Höhe von 250,00 Euro warm mit der Begründung ab, dass bei Personen, die in einem Haushalt leben die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung anteilig pro Kopf übernommen werden. Es handele sich nicht um eine abgeschlossene Wohneinheit, die auch an Dritte vermietet werden könne. Aus diesem Grund seien nur die tatsächlichen Aufwendungen anteilig für den Kläger wie bisher zu übernehmen.
Hiergegen legte der Kläger am 18.11.2009 Widerspruch ein und führt zur Begründung aus, dass nach Recherchen in vielen anderen Städten und Gemeinden die Miete übernommen werde. Die Höhe der Miete richte sich nach dem Mietspiegel des Kreises Kleve und nach den Erfahrungen von Eltern bzw. Betreuer anderer erwachsener Kinder.
Die Beklagte wies sämtliche Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2010 als unbegründet zurück.
Zur Begründung seiner am 26.02.2010 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass der Mietvertrag zur klaren Ausweisung der Miethöhe diene. Die vermieteten Zimmer könnten an Dritte vermietet werden. Die minimalen Mieteinnahmen dienen zur zusätzlichen Altersvorsorge der Familie. Aufgrund seiner schweren Behinderung sei eine Berufstätigkeit seiner Eltern nicht möglich. Ein Scheingeschäft liege nicht vor. Es sei auch nicht unüblich, dass ein Mietvertrag zwischen dem erwachsenen Kind und den Eltern geschlossen werde. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in einer Entscheidung sogar die Übernahme der Unterkunftskosten daran scheitern lassen, weil das Kind nicht verpflichtet gewesen sei, sich an diesen Kosten zu beteiligen (BSG, Urteil vom 20.08.2009, Az: B 14 AS 34/08 R). Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen habe hierzu entschieden, dass eine Übernahme der Miete dann möglich sei, wenn diese vereinbart, nach den örtlichen Verhältnissen durchführbar und auch tatsächlich "gelebt" worden sei (Urteil vom 20.02.2008, Az: L 12 AS 20/07). Die Miete habe bislang nicht gezahlt werden können, weil diese von der Beklagten nicht anerkannt worden sei. Der Mietvertrag sei auch wirksam geschlossen und durch einen Ergänzungsbetreuer genehmigt worden. Für die Frage, ob die Absicht bestehe, den Mietzins zu zahlen, seien bei nicht erwerbsfähigen Personen andere Maßstäbe anzulegen, als bei erwerbsfähigen, da diese sich nicht ohne weiteres eine andere Unterkunft suchen können.
Der Kläger beantragt schriftsäztlich sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 02.11.2009 sowie unter Änderung der Bescheide vom 22.06.2009, 23.07.2009, 22.10.2009 und 20.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.02.2010 zu verurteilen, ihm für die Zeit von Juni 2009 bis April 2010 als Kosten der Unterkunft eine Kaltmiete von 180,00 Euro zu gewähren.
Die Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide aus den im Widerspruchsbescheid genannten Gründen für rechtmäßig. In der Rechtsprechung habe sich bei Haushalten mit Verwandten die Kopfteilmethode durchgesetzt. Dies bedeute, dass die Hauslasten durch die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen geteilt werden. Die gemeinsame Nutzung der Wohnung lasse nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 25.06.2008, Az: B 11b AS 45/06 R) in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Wohnung nicht zu. Auch wenn keine Bedarfsgemeinschaft vorliege sei bei Nutzung der Wohnung durch mehrere Familienangehörigen nach der Rechtsprechung des BSG eine Aufteilung der Wohnkosten nach Kopfanteilen vorzunehmen (BSG, Urteil vom 23.11.2006, Az: B 11b AL 1/06R). Eine Abweichung komme bei einem Mietverhältnis in Betracht. Voraussetzung sei jedoch, dass ein Entgelt für die Nutzung der Räume zu entrichten sei und eine abgesonderte und selbständige Nutzung der Räume möglich sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Vielmehr lebe der Kläger mit seinen Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft. Darüber hinaus sei unklar, ob ein echter Mietvertrag oder lediglich ein Scheingeschäft nach § 117 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorliege. Schließlich sehe sich der Kläger keiner ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt, denn die rückständigen Mieten seien bislang nicht eingefordert worden.
Zur Erörterung der Sach- und Rechtslage hat am 09.02.2011 ein Erörterungstermin stattgefunden. Darin haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass lediglich die Nettokaltmiete streitig ist. Die Heiz- und Betriebskosten sind nicht streitig.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Leistungsakten der Beklagten. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich alle Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Gegenstand des Klageverfahrens sind nicht lediglich die Bewilligungsbescheide vom 22.06.2009, 22.10.2009 und 20.11.2009 sondern auch der nicht mit gesondertem Widerspruch angegriffene Bewilligungsbescheid vom 23.07.2009. Dies ergibt sich in Anwendung des § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) daraus, dass dieser Bescheid den Bescheid vom 22.06.2009 für die Zeit ab Juli 2009 ersetzt. Gegenstand des Verfahrens ist darüber hinaus der Ablehnungsbescheid vom 02.11.2009, mit dem die Übernahme der Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt 250,00 Euro nochmals gesondert abgelehnt wurde.
Streitiger Zeitraum ist vorliegend die Zeit von Juni 2009 bis April 2010. Dies ergibt sich aus den genannten Bewilligungsbescheiden, die allesamt als Bewilligungszeitraum die Zeit bis April 2010 ausweisen.
Nach der ausdrücklichen Erklärung des Klägers im Erörterungstermin vom 09.02.2011 begehrt er ausschließlich noch eine Nettokaltmiete von 180,00 Euro. Die Heizkosten in Höhe von 70,00 Euro monatlich werden nicht geltend gemacht. Die Beklagte hat in der hier streitigen Zeit von Juni bis Oktober 2009 jeweils 98,65 Euro monatlich und ab November 2009 jeweils 42,94 Euro monatlich – ohne Heizkosten - gewährt. Dies ergibt eine Differenz von monatlich 81,35 Euro bzw. 137,06 Euro und im streitigen Zeitraum von insgesamt 1.229,11 Euro, die vom Kläger zusätzlich als Nettokaltmiete begehrt werden.
Der Kläger hat über die von der Beklagten hinaus bereits bewilligten Kosten der Unterkunft keinen weitergehenden Anspruch.
Die von der Beklagten errechneten Hauslasten, die diese als Kosten der Unterkunft zugrunde gelegt hat, sind nicht zu beanstanden. Insbesondere hat sie die vom Kläger nachgewiesenen Kosten sämtliche berücksichtigt. Einwendungen gegen die Berechnungen hat der Kläger nicht erhoben. Die von der Beklagten ermittelten Heizkosten sind zwischen den Beteiligten unstreitig und nicht zu beanstanden, so dass weitere Ausführungen hierzu entbehrlich sind.
Zu Recht hat die Beklagte die so ermittelten Kosten der Unterkunft auf die in dem Haushalt lebenden Familienmitglieder nach der sog. Kopfteilmethode verteilt. Eine wegen des Mietvertrages abweichende Handhabung war vorliegend nicht angezeigt.
Das Gericht verweist insoweit auf die den Beteiligten im Erörterungstermin bereits mitgeteilte Rechtsprechung des BSG vom 03.03.2009 (Az: B 4 AL 37/08 R). Dort führt das BSG wie folgt aus:
"( ...) Voraussetzung für einen Anspruch auf weitere Leistungen für KdU ist jedoch, dass dem Kläger tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II entstanden sind. Das Vorhandensein tatsächlicher Aufwendungen im konkreten Fall vermag der Senat nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend zu beurteilen (c.). Zumindest das alleinige Abstellen darauf, ob der zwischen Angehörigen abgeschlossene Mietvertrag einem Fremdvergleich standhält, ist kein geeigneter Maßstab zur Beurteilung des tatsächlichen Vorhandenseins von Aufwendungen für Unterkunft. Das LSG wird mithin Feststellungen dazu zu treffen haben, ob dem Kläger im streitigen Zeitraum durch Mietforderungen der Mutter tatsächliche Aufwendungen entstanden sind. Bejahendenfalls wird das LSG ferner festzustellen haben, ob es sich insoweit um angemessene Aufwendungen handelt (d.). ( ...) c. Ob dem Kläger für die Zeit von Januar bis Dezember 2005 darüber hinaus höhere als die bewilligten Leistungen für KdU zustehen, weil zudem Mietzahlungen in Höhe von 236 Euro monatlich vom Beklagten zu übernehmen sind, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Es fehlt insoweit an hinreichenden Feststellungen des LSG.
Gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen (zur Angemessenheit s unten) sind. Bereits der Gesetzeswortlaut gibt eindeutig vor: Der Grundsicherungsträger hat nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nur solche Kosten zu übernehmen, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. Der Kläger hat für die Überlassung der von ihm bewohnten Wohnung im streitigen Zeitraum keine Mietzinszahlungen an seine Mutter als Eigentümerin der Wohnung geleistet. "Tatsächliche Aufwendungen" für eine Wohnung liegen allerdings nicht nur dann vor, wenn der Hilfebedürftige die Miete bereits gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt. Vielmehr reicht es aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum (dazu BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, RdNr 34, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1) einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Denn bei Nichtzahlung der Miete droht regelmäßig Kündigung und Räumung der Unterkunft. Zweck der Regelung über die Erstattung der Kosten für die Unterkunft ist es aber gerade, existentielle Notlagen zu beseitigen und den Eintritt von Wohnungslosigkeit zu verhindern. Der Kläger weist insoweit zutreffend darauf hin, dass ein Hilfebedürftiger nach dem SGB II in der Regel nicht in der Lage sein wird, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung selbst zu tragen. Er wird - solange er im Leistungsbezug steht - zumeist auf die Übernahme der Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger angewiesen sein. Insoweit kann es für die Feststellung, ob tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft entstanden sind, im Gegensatz zur Auffassung des LSG nicht darauf ankommen, ob der Hilfebedürftige der Verpflichtung aus eigenen Mitteln wird nachkommen können oder in der Vergangenheit nachkommen konnte, auch nicht, ob die Aufwendungen bisher durch andere Sozialleistungen gedeckt wurden. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster Linie der Mietvertrag mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist ( vgl Berlit in LPK SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 19 ).
Ob der Kläger überhaupt einer ernsthaften Mietzinsforderung und wenn bejahendenfalls auch in Höhe der geltend gemachten 325 Euro ausgesetzt war, steht bislang nicht fest. Zwar hat er mit seiner Mutter 1985 einen Mietvertrag geschlossen, der die Miete auf 680 DM festsetzte. Es spricht allerdings viel dafür, dass der Mietvertrag so, wie er "auf dem Papier stand", im streitigen Zeitraum und auch schon zuvor nicht mehr praktiziert worden ist. Vielmehr gibt es Anhaltspunkte, dass der Mietvertrag möglicherweise aufgehoben oder zumindest erheblich modifiziert worden ist. So hat der Kläger vor 2005 zuletzt offenbar nur diejenigen Zahlungen an seine Mutter weitergeleitet, die er selbst in Form von Wohngeld erhalten hatte. Diese Beträge waren deutlich niedriger als der angeblich vereinbarte Mietzins. Im streitigen Zeitraum hat die Mutter des Klägers zwar einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Dieser hatte den Auftrag, die Mietrückstände des Klägers einzufordern und durchzusetzen. Gleichwohl bestehen Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Mietverlangens der Mutter, weil diese Initiativen erst während des Verfahrens gegen den Grundsicherungsträger ergriffen worden sind. Diesen Umständen wird das LSG nach Zurückverweisung der Sache näher nachgehen und die Existenz sowie ggf den tatsächlichen Inhalt eines Mietvertrages prüfen müssen.
Derartige Ermittlungen erübrigen sich entgegen der Ansicht des LSG nicht durch einen sog Fremdvergleich. Das LSG hat zur Bewertung des Vorhandenseins tatsächlicher Aufwendungen allein darauf abgestellt, ob der Mietvertrag einem Fremdvergleich standhält. Das LSG ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH (vgl BFH, Urteil vom 5.2.1988 - III R 234/84 = juris RdNr 10; Urteil vom 19.10.1999 - IX R 39/99 = BFHE 190, 173, 174; Urteil vom 25.6.1992 - X B 30/01 = juris Leitsatz Nr 1) davon ausgegangen, dass Verträge zwischen nahen Angehörigen tatsächliche Aufwendungen im Rahmen eines Mietverhältnisses nur dann begründen, wenn sie nach Inhalt und tatsächlicher Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und, soweit sie inhaltlich diesem Fremdvergleich standhalten, auch dem Vertragsinhalt gemäß vollzogen werden. Das LSG hat diese Vergleichbarkeit und damit zugleich Kosten des Klägers für Unterkunft im Hinblick auf Mietzahlungen verneint.
Dem folgt der erkennende Senat nicht. Eine Übertragung der Maßstäbe des Fremdvergleichs auf das SGB II scheidet aus. Während es im Steuerrecht darum geht, ob das strittige Mietverhältnis auf Seiten des Vermieters der Besteuerung zu Grunde zu legen ist, geht es im Grundsicherungsrecht darum, ob ein existenzieller Bedarf vorhanden ist, der durch Leistungen für Unterkunft gedeckt werden muss. Ein Bedarf ist jedoch nicht erst dann grundsicherungsrechtlich relevant, wenn er mindestens die Höhe der Aufwendungen eines Dritten, also eines Nichthilfebedürftigen in vergleichbarer Situation erreicht. Andere Mittel oder beispielsweise Hilfen von Angehörigen in Form verbilligter Wohnraumüberlassung sind im SGB II zur Bedarfssenkung und damit zumindest zur Minderung der Hilfebedürftigkeit einzusetzen (vgl § 3 Abs 3 Satz 1 SGB II). Grundsicherungsrechtlich ist es mithin sogar erwünscht, wenn der vereinbarte Mietzins etwa aus Gründen der verwandtschaftlichen Verbundenheit niedriger ist, als dieses in einem Mietverhältnis unter Fremden der Fall wäre. Die Aufwendungen für einen solchen niedrigeren Mietzins bleiben jedoch tatsächlicher Bedarf, der durch Leistungen der KdU zu decken ist. Erscheint der Mietzins im Fremdvergleich zu hoch, wird einem Missbrauch dadurch vorgebeugt, dass nach § 22 Abs 1 SGB II nur "angemessene" Kosten zu übernehmen sind (vgl ausführlich zur Angemessenheit BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R). Einzig der in der Formel des BFH ebenfalls enthaltene Gesichtspunkt des tatsächlichen Vollzugs des Vertragsinhalts, also insbesondere die Feststellung, ob die Absicht bestand oder besteht den vereinbarten Mietzins zu zahlen, spielt auch im Falle der Grundsicherung eine Rolle. Für die Frage, ob ein grundsicherungsrechtlicher Bedarf besteht, weil tatsächliche Aufwendungen getätigt werden, bedarf es jedoch keines darüber hinausgehenden Fremdvergleichs."
Dieser Rechtsprechung schließt sich das Gericht nach eigener Prüfung umfassend an. Übertragen auf das vorliegende Verfahren bedeutet dies, dass kein weitergehender Anspruch besteht, denn nach den Schilderungen der Mutter des Klägers im Erörterungstermin bestehen erhebliche Zweifel am ernsthaften Willen zur Durchführung des Mietvertrages. Wie die Mutter des Klägers mitgeteilt hat, sind bislang keine Mietzahlungen – auch nicht anteilig – geflossen. Sie hat darüber hinaus auch keine weitergehenden Schritte zur Beitreibung der Forderung – wie etwa Mahnungen, u.ä. - eingeleitet. Die mit dem Mietvertrag vermieteten Räume bewohnt der Kläger darüber hinaus bereits seit mehreren Jahren. An den tatsächlichen Verhältnissen ab dem 01.06.2009 hat sich mithin nichts verändert.
Soweit der Kläger einwendet, dass die vom BSG aufgestellten Voraussetzungen für die Übernahme der Miete eines mit einem Familienmitglied geschlossenen Mietvertrages auf behinderte Erwachsene nicht ohne weiteres übertragen werden können, folgt dem das Gericht nicht. Diese Rechtsprechung stellt gleichermaßen für behinderte und nichtbehinderte Personen nachvollziehbare Voraussetzungen auf, die vorliegen müssen, damit eine Übernahme der Mietkosten auf der Grundlage eines abgeschlossenen Mietvertrages übernommen werden können. Das Gericht verkennt nicht, dass der Vollzug eines Mietvertrages mit einem behinderten Menschen dadurch erschwert wird, dass dieser nicht – wie nichtbehinderte Familienmitglieder – sich ohne weiteres auf dem freien Wohnungsmarkt ggfs. geeigneten Wohnraum suchen kann. Jedoch auch einem behinderten Menschen ist es möglich, außerhalb des elterlichen Haushalts zu wohnen, sei es im ambulanten Bereich (bspw. ambulant betreutes Wohnen), in einer Außenwohngruppe mit ständiger fachlicher Betreuung oder in einem Heim. Entscheidet er sich in der elterlichen Wohnung zu leben, kann er lediglich die Kosten der Unterkunft geltend machen, die tatsächlich entstehen.
Soweit der Kläger einwendet, dass nach der Rechtsprechung des BSG sogar ein Mietvertrag gefordert werde, damit Kosten der Unterkunft gewährt werden können und insoweit auf das Urteil vom 20.08.2009 (Az: B 14 AS 34/08 R) Bezug nimmt, weist das Gericht darauf hin, dass es in dem dortigen Verfahren an dem Nachweis mangelte, dass dem Kläger überhaupt Unterkunftskosten entstanden sind. Der dortige Kläger hat sich nachweislich überhaupt nicht an den Kosten der Unterkunft beteiligt. Vorliegend geht die Beklagte jedoch zu Gunsten des Klägers davon aus, dass dieser sich an den Hauskosten jedenfalls anteilig beteiligt, denn nur dann ist eine Übernahme dieser Kosten durch die Beklagte möglich. Auch hat das BSG in der genannten Entscheidung nicht entschieden, dass ausschließlich bei Vorliegen eines Mietvertrages Kosten der Unterkunft übernommen werden können. Es genügt vielmehr jeder anderweitig geeignete Nachweis dahingehend, dass tatsächlich Kosten der Unterkunft anfallen. Ist erkennbar, dass alle Familienmitglieder sich an den Kosten der Unterkunft beteiligen, hat sodann grundsätzlich eine Verteilung der Kosten nach Kopfteilen zu erfolgen, denn damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in diesen Fällen in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen nicht möglich ist (st. Rspr. des BSG, vgl. u.a. BSG, aaO sowie Urteil vom 27.01.2009, Az: B 14/7b AS 8/07 R; Urteil vom 15.04.2008, Az: B 14/7b AS 58/06 R).
Nach alledem kann als Unterkunftsbedarf mangels tatsächlicher Durchführung nicht auf die im Mietvertrag ausgewiesene Miete abgestellt werden. Zu Gunsten des Klägers hat die Beklagte vielmehr – ohne weitere Nachweise zu verlangen - jedenfalls die anfallenden Hauskosten nach Kopfteilen verteilt und die Kosten zu ¼ übernommen. Dies ist vorliegend nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich vorliegend auch nicht um einen abgeschlossenen Wohnraum. Zwar steht dem Kläger ein Zimmer sowie ein Badezimmer zur ausschließlichen Nutzung zur Verfügung. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die ausschließliche Nutzung eines eigenen Zimmer nicht nur bei erwachsenen sondern auch bei minderjährigen Kindern, die in der Wohnung ihrer Eltern leben, die Regel sein wird. Dieser Umstand allein führt daher nicht zu einer abgeschlossenen Wohneinheit. Gegen eine abgeschlossene Wohneinheit spricht vorliegend, dass sich das Elternschlafzimmer neben dem Zimmer des Klägers befindet und er darüber hinaus die übrigen Räumlichkeiten, wie das Wohnzimmer oder die Küche, in der Wohnung nutzen kann. Ein Abweichen von der Kopfteilmethode war daher auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes nicht angezeigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Übernahme weiterer Kosten der Unterkunft.
Der 1985 geborene Kläger ist schwerbehinderte mit einem GdB von 100 und den Merkzeichen G, aG, H und RF. Er ist körperlich und geistig behindert und seit 2004 in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) beschäftigt. Er erhält Pflegegeld nach Pflegestufe III.
Der Kläger steht seit Jahren im Leistungsbezug der Beklagten und erhält seit dem 01.01.2005 Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs – Zwölftes Buch (SGB XII). Er wohnt gemeinsam mit seinen Eltern und seiner Schwester in einem Einfamilienhaus.
Zum 01.06.2009 schloss der Kläger vertreten durch seine Mutter mit seinem Vater einen Mietvertrag über ein Zimmer und ein behindertengerecht umgebautes Bad mit einer Wohnfläche von 25,4 qm. Darüber hinaus bezieht sich die Vermietung auf die Mitbenutzung von Küche, Flur, Diele und Kellerräume. Die Netto-Kaltmiete beträgt monatlich 180,00 Euro und die Warmmiete 250,00 Euro.
Mit Schreiben vom 01.06.2009 beantragte der Kläger die Übernahme des Mietzinses als Kosten der Unterkunft durch die Beklagte. Gleichzeitig teilte der Kläger der Beklagte mit, dass ab dem 01.06.2009 keine Zinszahlungen für den Hypothekenkredit betreffend das Einfamilienhaus mehr anfallen.
Mit Bescheiden vom 22.06.2009 und vom 23.07.2009 bewilligte die Beklagte für die Zeit von Juni 2009 bis April 2010 Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des SGB XII, berücksichtigte dabei jedoch nicht die vom Kläger geltend gemachten Unterkunftskosten, sondern 25,77 Euro an Heizkosten und 98,65 Euro an Unterkunftskosten. Die Unterkunftskosten ergeben sich hierbei aus den vom Kläger bereits im Januar 2008 nachgewiesenen Aufwendungen für das Einfamilienhaus. Diese setzten sich zusammen aus Schuldenzinsen, Grundsteuer, öffentliche Abgaben, Haftpflichtversicherung, Feuerversicherung, Ausgaben für Instandhaltung und Instandsetzung und sonstige Aufwendungen wie Schornsteinreinigung. Die Ausgaben beliefen sich auf 4.735,29 Euro jährlich und 394,61 Euro monatlich. Zur Ermittlung der Unterkunftskosten des Klägers teilte die Beklagte die monatlichen Gesamtkosten sodann durch die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen.
Mit Bescheid vom 22.10.2009 und vom 20.11.2009 bewilligte die Beklagte für November und Dezember 2009 Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 66,45 Euro. Hierbei berücksichtigte sie, dass nunmehr monatliche Hauskosten von insgesamt 171,77 Euro nachgewiesen wurden, was insbesondere auf den nicht mehr anfallenden Zinszahlungen beruhte. An Heizkosten berücksichtige sie insgesamt 94,02 Euro monatlich. Auf den Kläger entfielen Unterkunftskosten von 42,94 Euro und Heizkosten von 23,51 Euro monatlich.
Gegen den Bescheid vom 22.06.2009 und vom 20.11.2009 erhob der Kläger am 08.07.2009 und am 20.11.2009 in Bezug auf die Höhe der bewilligten Kosten der Unterkunft Widerspruch.
Mit Bescheid vom 02.11.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Übernahme der Unterkunftskosten in Höhe von 250,00 Euro warm mit der Begründung ab, dass bei Personen, die in einem Haushalt leben die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung anteilig pro Kopf übernommen werden. Es handele sich nicht um eine abgeschlossene Wohneinheit, die auch an Dritte vermietet werden könne. Aus diesem Grund seien nur die tatsächlichen Aufwendungen anteilig für den Kläger wie bisher zu übernehmen.
Hiergegen legte der Kläger am 18.11.2009 Widerspruch ein und führt zur Begründung aus, dass nach Recherchen in vielen anderen Städten und Gemeinden die Miete übernommen werde. Die Höhe der Miete richte sich nach dem Mietspiegel des Kreises Kleve und nach den Erfahrungen von Eltern bzw. Betreuer anderer erwachsener Kinder.
Die Beklagte wies sämtliche Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2010 als unbegründet zurück.
Zur Begründung seiner am 26.02.2010 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass der Mietvertrag zur klaren Ausweisung der Miethöhe diene. Die vermieteten Zimmer könnten an Dritte vermietet werden. Die minimalen Mieteinnahmen dienen zur zusätzlichen Altersvorsorge der Familie. Aufgrund seiner schweren Behinderung sei eine Berufstätigkeit seiner Eltern nicht möglich. Ein Scheingeschäft liege nicht vor. Es sei auch nicht unüblich, dass ein Mietvertrag zwischen dem erwachsenen Kind und den Eltern geschlossen werde. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in einer Entscheidung sogar die Übernahme der Unterkunftskosten daran scheitern lassen, weil das Kind nicht verpflichtet gewesen sei, sich an diesen Kosten zu beteiligen (BSG, Urteil vom 20.08.2009, Az: B 14 AS 34/08 R). Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen habe hierzu entschieden, dass eine Übernahme der Miete dann möglich sei, wenn diese vereinbart, nach den örtlichen Verhältnissen durchführbar und auch tatsächlich "gelebt" worden sei (Urteil vom 20.02.2008, Az: L 12 AS 20/07). Die Miete habe bislang nicht gezahlt werden können, weil diese von der Beklagten nicht anerkannt worden sei. Der Mietvertrag sei auch wirksam geschlossen und durch einen Ergänzungsbetreuer genehmigt worden. Für die Frage, ob die Absicht bestehe, den Mietzins zu zahlen, seien bei nicht erwerbsfähigen Personen andere Maßstäbe anzulegen, als bei erwerbsfähigen, da diese sich nicht ohne weiteres eine andere Unterkunft suchen können.
Der Kläger beantragt schriftsäztlich sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 02.11.2009 sowie unter Änderung der Bescheide vom 22.06.2009, 23.07.2009, 22.10.2009 und 20.11.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.02.2010 zu verurteilen, ihm für die Zeit von Juni 2009 bis April 2010 als Kosten der Unterkunft eine Kaltmiete von 180,00 Euro zu gewähren.
Die Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Bescheide aus den im Widerspruchsbescheid genannten Gründen für rechtmäßig. In der Rechtsprechung habe sich bei Haushalten mit Verwandten die Kopfteilmethode durchgesetzt. Dies bedeute, dass die Hauslasten durch die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen geteilt werden. Die gemeinsame Nutzung der Wohnung lasse nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 25.06.2008, Az: B 11b AS 45/06 R) in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen für die Wohnung nicht zu. Auch wenn keine Bedarfsgemeinschaft vorliege sei bei Nutzung der Wohnung durch mehrere Familienangehörigen nach der Rechtsprechung des BSG eine Aufteilung der Wohnkosten nach Kopfanteilen vorzunehmen (BSG, Urteil vom 23.11.2006, Az: B 11b AL 1/06R). Eine Abweichung komme bei einem Mietverhältnis in Betracht. Voraussetzung sei jedoch, dass ein Entgelt für die Nutzung der Räume zu entrichten sei und eine abgesonderte und selbständige Nutzung der Räume möglich sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Vielmehr lebe der Kläger mit seinen Eltern in einer Haushaltsgemeinschaft. Darüber hinaus sei unklar, ob ein echter Mietvertrag oder lediglich ein Scheingeschäft nach § 117 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorliege. Schließlich sehe sich der Kläger keiner ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt, denn die rückständigen Mieten seien bislang nicht eingefordert worden.
Zur Erörterung der Sach- und Rechtslage hat am 09.02.2011 ein Erörterungstermin stattgefunden. Darin haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass lediglich die Nettokaltmiete streitig ist. Die Heiz- und Betriebskosten sind nicht streitig.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zu der Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Leistungsakten der Beklagten. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Entscheidung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich alle Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Gegenstand des Klageverfahrens sind nicht lediglich die Bewilligungsbescheide vom 22.06.2009, 22.10.2009 und 20.11.2009 sondern auch der nicht mit gesondertem Widerspruch angegriffene Bewilligungsbescheid vom 23.07.2009. Dies ergibt sich in Anwendung des § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) daraus, dass dieser Bescheid den Bescheid vom 22.06.2009 für die Zeit ab Juli 2009 ersetzt. Gegenstand des Verfahrens ist darüber hinaus der Ablehnungsbescheid vom 02.11.2009, mit dem die Übernahme der Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt 250,00 Euro nochmals gesondert abgelehnt wurde.
Streitiger Zeitraum ist vorliegend die Zeit von Juni 2009 bis April 2010. Dies ergibt sich aus den genannten Bewilligungsbescheiden, die allesamt als Bewilligungszeitraum die Zeit bis April 2010 ausweisen.
Nach der ausdrücklichen Erklärung des Klägers im Erörterungstermin vom 09.02.2011 begehrt er ausschließlich noch eine Nettokaltmiete von 180,00 Euro. Die Heizkosten in Höhe von 70,00 Euro monatlich werden nicht geltend gemacht. Die Beklagte hat in der hier streitigen Zeit von Juni bis Oktober 2009 jeweils 98,65 Euro monatlich und ab November 2009 jeweils 42,94 Euro monatlich – ohne Heizkosten - gewährt. Dies ergibt eine Differenz von monatlich 81,35 Euro bzw. 137,06 Euro und im streitigen Zeitraum von insgesamt 1.229,11 Euro, die vom Kläger zusätzlich als Nettokaltmiete begehrt werden.
Der Kläger hat über die von der Beklagten hinaus bereits bewilligten Kosten der Unterkunft keinen weitergehenden Anspruch.
Die von der Beklagten errechneten Hauslasten, die diese als Kosten der Unterkunft zugrunde gelegt hat, sind nicht zu beanstanden. Insbesondere hat sie die vom Kläger nachgewiesenen Kosten sämtliche berücksichtigt. Einwendungen gegen die Berechnungen hat der Kläger nicht erhoben. Die von der Beklagten ermittelten Heizkosten sind zwischen den Beteiligten unstreitig und nicht zu beanstanden, so dass weitere Ausführungen hierzu entbehrlich sind.
Zu Recht hat die Beklagte die so ermittelten Kosten der Unterkunft auf die in dem Haushalt lebenden Familienmitglieder nach der sog. Kopfteilmethode verteilt. Eine wegen des Mietvertrages abweichende Handhabung war vorliegend nicht angezeigt.
Das Gericht verweist insoweit auf die den Beteiligten im Erörterungstermin bereits mitgeteilte Rechtsprechung des BSG vom 03.03.2009 (Az: B 4 AL 37/08 R). Dort führt das BSG wie folgt aus:
"( ...) Voraussetzung für einen Anspruch auf weitere Leistungen für KdU ist jedoch, dass dem Kläger tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II entstanden sind. Das Vorhandensein tatsächlicher Aufwendungen im konkreten Fall vermag der Senat nach den bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend zu beurteilen (c.). Zumindest das alleinige Abstellen darauf, ob der zwischen Angehörigen abgeschlossene Mietvertrag einem Fremdvergleich standhält, ist kein geeigneter Maßstab zur Beurteilung des tatsächlichen Vorhandenseins von Aufwendungen für Unterkunft. Das LSG wird mithin Feststellungen dazu zu treffen haben, ob dem Kläger im streitigen Zeitraum durch Mietforderungen der Mutter tatsächliche Aufwendungen entstanden sind. Bejahendenfalls wird das LSG ferner festzustellen haben, ob es sich insoweit um angemessene Aufwendungen handelt (d.). ( ...) c. Ob dem Kläger für die Zeit von Januar bis Dezember 2005 darüber hinaus höhere als die bewilligten Leistungen für KdU zustehen, weil zudem Mietzahlungen in Höhe von 236 Euro monatlich vom Beklagten zu übernehmen sind, kann der Senat nicht abschließend beurteilen. Es fehlt insoweit an hinreichenden Feststellungen des LSG.
Gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen (zur Angemessenheit s unten) sind. Bereits der Gesetzeswortlaut gibt eindeutig vor: Der Grundsicherungsträger hat nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nur solche Kosten zu übernehmen, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. Der Kläger hat für die Überlassung der von ihm bewohnten Wohnung im streitigen Zeitraum keine Mietzinszahlungen an seine Mutter als Eigentümerin der Wohnung geleistet. "Tatsächliche Aufwendungen" für eine Wohnung liegen allerdings nicht nur dann vor, wenn der Hilfebedürftige die Miete bereits gezahlt hat und nunmehr deren Erstattung verlangt. Vielmehr reicht es aus, dass der Hilfebedürftige im jeweiligen Leistungszeitraum (dazu BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, RdNr 34, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1) einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt ist. Denn bei Nichtzahlung der Miete droht regelmäßig Kündigung und Räumung der Unterkunft. Zweck der Regelung über die Erstattung der Kosten für die Unterkunft ist es aber gerade, existentielle Notlagen zu beseitigen und den Eintritt von Wohnungslosigkeit zu verhindern. Der Kläger weist insoweit zutreffend darauf hin, dass ein Hilfebedürftiger nach dem SGB II in der Regel nicht in der Lage sein wird, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung selbst zu tragen. Er wird - solange er im Leistungsbezug steht - zumeist auf die Übernahme der Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger angewiesen sein. Insoweit kann es für die Feststellung, ob tatsächlich Aufwendungen für Unterkunft entstanden sind, im Gegensatz zur Auffassung des LSG nicht darauf ankommen, ob der Hilfebedürftige der Verpflichtung aus eigenen Mitteln wird nachkommen können oder in der Vergangenheit nachkommen konnte, auch nicht, ob die Aufwendungen bisher durch andere Sozialleistungen gedeckt wurden. Ausgangspunkt für die Frage, ob eine wirksame Mietzinsverpflichtung des Hilfebedürftigen vorliegt, ist in erster Linie der Mietvertrag mit dem der geschuldete Mietzins vertraglich vereinbart worden ist ( vgl Berlit in LPK SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 19 ).
Ob der Kläger überhaupt einer ernsthaften Mietzinsforderung und wenn bejahendenfalls auch in Höhe der geltend gemachten 325 Euro ausgesetzt war, steht bislang nicht fest. Zwar hat er mit seiner Mutter 1985 einen Mietvertrag geschlossen, der die Miete auf 680 DM festsetzte. Es spricht allerdings viel dafür, dass der Mietvertrag so, wie er "auf dem Papier stand", im streitigen Zeitraum und auch schon zuvor nicht mehr praktiziert worden ist. Vielmehr gibt es Anhaltspunkte, dass der Mietvertrag möglicherweise aufgehoben oder zumindest erheblich modifiziert worden ist. So hat der Kläger vor 2005 zuletzt offenbar nur diejenigen Zahlungen an seine Mutter weitergeleitet, die er selbst in Form von Wohngeld erhalten hatte. Diese Beträge waren deutlich niedriger als der angeblich vereinbarte Mietzins. Im streitigen Zeitraum hat die Mutter des Klägers zwar einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Dieser hatte den Auftrag, die Mietrückstände des Klägers einzufordern und durchzusetzen. Gleichwohl bestehen Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Mietverlangens der Mutter, weil diese Initiativen erst während des Verfahrens gegen den Grundsicherungsträger ergriffen worden sind. Diesen Umständen wird das LSG nach Zurückverweisung der Sache näher nachgehen und die Existenz sowie ggf den tatsächlichen Inhalt eines Mietvertrages prüfen müssen.
Derartige Ermittlungen erübrigen sich entgegen der Ansicht des LSG nicht durch einen sog Fremdvergleich. Das LSG hat zur Bewertung des Vorhandenseins tatsächlicher Aufwendungen allein darauf abgestellt, ob der Mietvertrag einem Fremdvergleich standhält. Das LSG ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des BFH (vgl BFH, Urteil vom 5.2.1988 - III R 234/84 = juris RdNr 10; Urteil vom 19.10.1999 - IX R 39/99 = BFHE 190, 173, 174; Urteil vom 25.6.1992 - X B 30/01 = juris Leitsatz Nr 1) davon ausgegangen, dass Verträge zwischen nahen Angehörigen tatsächliche Aufwendungen im Rahmen eines Mietverhältnisses nur dann begründen, wenn sie nach Inhalt und tatsächlicher Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen und, soweit sie inhaltlich diesem Fremdvergleich standhalten, auch dem Vertragsinhalt gemäß vollzogen werden. Das LSG hat diese Vergleichbarkeit und damit zugleich Kosten des Klägers für Unterkunft im Hinblick auf Mietzahlungen verneint.
Dem folgt der erkennende Senat nicht. Eine Übertragung der Maßstäbe des Fremdvergleichs auf das SGB II scheidet aus. Während es im Steuerrecht darum geht, ob das strittige Mietverhältnis auf Seiten des Vermieters der Besteuerung zu Grunde zu legen ist, geht es im Grundsicherungsrecht darum, ob ein existenzieller Bedarf vorhanden ist, der durch Leistungen für Unterkunft gedeckt werden muss. Ein Bedarf ist jedoch nicht erst dann grundsicherungsrechtlich relevant, wenn er mindestens die Höhe der Aufwendungen eines Dritten, also eines Nichthilfebedürftigen in vergleichbarer Situation erreicht. Andere Mittel oder beispielsweise Hilfen von Angehörigen in Form verbilligter Wohnraumüberlassung sind im SGB II zur Bedarfssenkung und damit zumindest zur Minderung der Hilfebedürftigkeit einzusetzen (vgl § 3 Abs 3 Satz 1 SGB II). Grundsicherungsrechtlich ist es mithin sogar erwünscht, wenn der vereinbarte Mietzins etwa aus Gründen der verwandtschaftlichen Verbundenheit niedriger ist, als dieses in einem Mietverhältnis unter Fremden der Fall wäre. Die Aufwendungen für einen solchen niedrigeren Mietzins bleiben jedoch tatsächlicher Bedarf, der durch Leistungen der KdU zu decken ist. Erscheint der Mietzins im Fremdvergleich zu hoch, wird einem Missbrauch dadurch vorgebeugt, dass nach § 22 Abs 1 SGB II nur "angemessene" Kosten zu übernehmen sind (vgl ausführlich zur Angemessenheit BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R). Einzig der in der Formel des BFH ebenfalls enthaltene Gesichtspunkt des tatsächlichen Vollzugs des Vertragsinhalts, also insbesondere die Feststellung, ob die Absicht bestand oder besteht den vereinbarten Mietzins zu zahlen, spielt auch im Falle der Grundsicherung eine Rolle. Für die Frage, ob ein grundsicherungsrechtlicher Bedarf besteht, weil tatsächliche Aufwendungen getätigt werden, bedarf es jedoch keines darüber hinausgehenden Fremdvergleichs."
Dieser Rechtsprechung schließt sich das Gericht nach eigener Prüfung umfassend an. Übertragen auf das vorliegende Verfahren bedeutet dies, dass kein weitergehender Anspruch besteht, denn nach den Schilderungen der Mutter des Klägers im Erörterungstermin bestehen erhebliche Zweifel am ernsthaften Willen zur Durchführung des Mietvertrages. Wie die Mutter des Klägers mitgeteilt hat, sind bislang keine Mietzahlungen – auch nicht anteilig – geflossen. Sie hat darüber hinaus auch keine weitergehenden Schritte zur Beitreibung der Forderung – wie etwa Mahnungen, u.ä. - eingeleitet. Die mit dem Mietvertrag vermieteten Räume bewohnt der Kläger darüber hinaus bereits seit mehreren Jahren. An den tatsächlichen Verhältnissen ab dem 01.06.2009 hat sich mithin nichts verändert.
Soweit der Kläger einwendet, dass die vom BSG aufgestellten Voraussetzungen für die Übernahme der Miete eines mit einem Familienmitglied geschlossenen Mietvertrages auf behinderte Erwachsene nicht ohne weiteres übertragen werden können, folgt dem das Gericht nicht. Diese Rechtsprechung stellt gleichermaßen für behinderte und nichtbehinderte Personen nachvollziehbare Voraussetzungen auf, die vorliegen müssen, damit eine Übernahme der Mietkosten auf der Grundlage eines abgeschlossenen Mietvertrages übernommen werden können. Das Gericht verkennt nicht, dass der Vollzug eines Mietvertrages mit einem behinderten Menschen dadurch erschwert wird, dass dieser nicht – wie nichtbehinderte Familienmitglieder – sich ohne weiteres auf dem freien Wohnungsmarkt ggfs. geeigneten Wohnraum suchen kann. Jedoch auch einem behinderten Menschen ist es möglich, außerhalb des elterlichen Haushalts zu wohnen, sei es im ambulanten Bereich (bspw. ambulant betreutes Wohnen), in einer Außenwohngruppe mit ständiger fachlicher Betreuung oder in einem Heim. Entscheidet er sich in der elterlichen Wohnung zu leben, kann er lediglich die Kosten der Unterkunft geltend machen, die tatsächlich entstehen.
Soweit der Kläger einwendet, dass nach der Rechtsprechung des BSG sogar ein Mietvertrag gefordert werde, damit Kosten der Unterkunft gewährt werden können und insoweit auf das Urteil vom 20.08.2009 (Az: B 14 AS 34/08 R) Bezug nimmt, weist das Gericht darauf hin, dass es in dem dortigen Verfahren an dem Nachweis mangelte, dass dem Kläger überhaupt Unterkunftskosten entstanden sind. Der dortige Kläger hat sich nachweislich überhaupt nicht an den Kosten der Unterkunft beteiligt. Vorliegend geht die Beklagte jedoch zu Gunsten des Klägers davon aus, dass dieser sich an den Hauskosten jedenfalls anteilig beteiligt, denn nur dann ist eine Übernahme dieser Kosten durch die Beklagte möglich. Auch hat das BSG in der genannten Entscheidung nicht entschieden, dass ausschließlich bei Vorliegen eines Mietvertrages Kosten der Unterkunft übernommen werden können. Es genügt vielmehr jeder anderweitig geeignete Nachweis dahingehend, dass tatsächlich Kosten der Unterkunft anfallen. Ist erkennbar, dass alle Familienmitglieder sich an den Kosten der Unterkunft beteiligen, hat sodann grundsätzlich eine Verteilung der Kosten nach Kopfteilen zu erfolgen, denn damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in diesen Fällen in aller Regel eine an der unterschiedlichen Intensität der Nutzung ausgerichtete Aufteilung der Aufwendungen nicht möglich ist (st. Rspr. des BSG, vgl. u.a. BSG, aaO sowie Urteil vom 27.01.2009, Az: B 14/7b AS 8/07 R; Urteil vom 15.04.2008, Az: B 14/7b AS 58/06 R).
Nach alledem kann als Unterkunftsbedarf mangels tatsächlicher Durchführung nicht auf die im Mietvertrag ausgewiesene Miete abgestellt werden. Zu Gunsten des Klägers hat die Beklagte vielmehr – ohne weitere Nachweise zu verlangen - jedenfalls die anfallenden Hauskosten nach Kopfteilen verteilt und die Kosten zu ¼ übernommen. Dies ist vorliegend nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich vorliegend auch nicht um einen abgeschlossenen Wohnraum. Zwar steht dem Kläger ein Zimmer sowie ein Badezimmer zur ausschließlichen Nutzung zur Verfügung. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die ausschließliche Nutzung eines eigenen Zimmer nicht nur bei erwachsenen sondern auch bei minderjährigen Kindern, die in der Wohnung ihrer Eltern leben, die Regel sein wird. Dieser Umstand allein führt daher nicht zu einer abgeschlossenen Wohneinheit. Gegen eine abgeschlossene Wohneinheit spricht vorliegend, dass sich das Elternschlafzimmer neben dem Zimmer des Klägers befindet und er darüber hinaus die übrigen Räumlichkeiten, wie das Wohnzimmer oder die Küche, in der Wohnung nutzen kann. Ein Abweichen von der Kopfteilmethode war daher auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes nicht angezeigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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