L 1 RA 66/00

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 10 RA 272/99
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RA 66/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten, die Zeit von August 1955 bis September 1982 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen (AVI) festzustellen.

Nach erfolgreichem Abschluss einer Lehre als Musiker mit dem Hauptinstrument Violine und dem Nebeninstrument Waldhorn in der Zeit vom 1. Mai 1931 bis 30. April 1935 an der Stadtkapelle und Musikschule Frohburg i.Sa. nahm der am 1917 geborene Kläger in der Zeit von 1936 bis zum Ausbruch des Krieges 1939 zusätzlichen Unterricht bei dem Mitglied des Staatsorchesters Stuttgart und Kammervirtuosen Hans-Johannes Reichardt. Nach Dienstverpflichtung in der Wehrmacht ab 4. April 1935, Krieg und Kriegsgefangenschaft war der Kläger von 1950 an als Musiker bei verschiedenen Orchestern und Theatern beschäftigt. Vom 1. August 1955 bis zum 10. September 1982 war er dann Vorspieler der zweiten Violinen bei den Städtischen Bühnen Magdeburg.

Der Kläger trat der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) nicht bei, eine Versorgungszusage wurde ihm in der ehemaligen DDR nicht erteilt. Seit April 1982 bezog er eine Altersrente aus der Sozialpflichtversicherung, die zum 1. Januar 1992 umgewertet und angepasst und als Regelaltersrente weitergeleistet wurde.

Unter Bezug auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, insbesondere auf das Urteil B 4 RA 27/97, beantragte der am 1917 geborene Kläger bei der Beklagten, die Zeit seiner Beschäftigung beim Städtischen Orchester Magdeburg als Zeit der Zugehörigkeit zur AVI festzustellen. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Mai 1999 ab: Bei einer Tätigkeit als Orchestermusiker habe nur die Möglichkeit bestanden, im Rahmen einer Ermessensentscheidung des Ministers für Kultur der DDR in die Zusatzversorgung einbezogen zu werden. Die fehlende - oder zu DDR-Zeiten möglicherweise negativ getroffene - Ermessensentscheidung könne nicht durch eine Ermessensentscheidung aus bundesrechtlicher Sicht nachgeholt werden. Seinen dagegen gerichteten Widerspruch vom 30. Juni 1999 begründete der Kläger damit, nach der Rechtsprechung genüge es, wenn die in der Versorgungsordnung genannte Tätigkeit tatsächlich ausgeübt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 1999 bestätigte die Beklagte ihre ablehnende Entscheidung: Soweit in den Versorgungsordnungen Aufzählungen mit einer Einschränkung vorgenommen seien, die eine Ermessensentscheidung erforderten, gälten diese Personengruppen nicht als konkret aufgelistet im Sinne der Rechtsprechung. Für die Feststellung von Zusatzversorgungszeiten sei für diese Personengruppen weiterhin eine konkrete Versorgungszusage erforderlich, ohne die die Betroffenen nicht darauf hätten vertrauen dürfen, ihnen werde im Leistungsfall eine Versorgungsrente bewilligt. Nach der Versorgungsordnung der AVI sei eine Ermessensentscheidung erforderlich gewesen, ob der Kläger ein "besonders qualifizierter" Orchestermusiker sei.

Mit seiner am 12. Oktober 1999 beim Sozialgericht Magdeburg eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren fort. Zur weiteren Begründung trägt er vor, er sei ein besonders qualifizierter Musiker: Dies ergebe sich bereits aus seiner Stellung im Orchester Magdeburg als Vorspieler der zweiten Violinen, darüber hinaus aus seiner Mitgliedschaft in einem Streichquartett und im Kammerorchester und schließlich daraus, dass er junge Musiker unterrichtet habe. Ergänzend weist er auf die Beurteilung des Generalmusikdirektors W. vom 31. Oktober 1994 hin, der seit 1968 musikalischer Oberleiter der Städtischen Bühnen Magdeburg und Chefdirigent der Sinfoniekonzerte des Orchesters war. Bereits 1955 hätten etwa 70% der Orchestermitglieder eine Versorgungszusage besessen. Auf seine persönliche Vorsprache zur Einbeziehung in die AVI sei ihm mitgeteilt worden, dass die Versorgungssysteme stark begrenzt worden und nur noch den Leitern der künstlerischen Einrichtungen vorbehalten seien.

Im Erörterungstermin vor dem Sozialgericht Magdeburg am 19. April 2000 hat der Kläger ergänzend vorgetragen, nach der früheren Ablehnung habe er nicht mehr damit gerechnet, in die AVI einbezogen zu werden und habe daher auch keine weiteren Anträge auf Einbeziehung gestellt.

Das Sozialgericht Magdeburg hat die Klage durch Urteil vom 25. Mai 2000, abgesandt am 5. Juni 2000, abgewiesen: Nach der Rechtsprechung sei das Klagebegehren daran zu messen, ob der Kläger darauf vertrauen durfte, auch nach Eintritt des Leistungsfalls 1982 bis Ende Juni 1990 noch eine Rente aus der AVI bewilligt zu erhalten. Dies sei nicht der Fall: Der Formulierung der Versorgungsordnung sei zu entnehmen, dass die Einbeziehung in die AVI nicht obligatorisch gewesen, sondern vielmehr eine positive Entscheidung der seinerzeit zuständigen staatlichen Stellen erforderlich gewesen sei. Da dies der Verwaltungspraxis der DDR entsprochen habe, habe der Kläger kein Vertrauen auf Einbeziehung in die AVI herausbilden können und bereits nach seinem eigenen Vortrag auch nicht herausgebildet, entsprechende Hoffnungen seien erst durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts geweckt worden. Hinzu komme, dass dem Kläger beim Eintritt des Leistungsfalls "Altersrente" 1982 keine Versorgung gewährt worden sei, ein späterer Leistungsfall mit möglicher Gewährung einer Rente aus der AVI sei weder in der Versorgungsordnung vorgesehen noch Verwaltungspraxis gewesen.

Mit seiner am 3. Juli 2000 eingelegten Berufung rügt der Kläger eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Grundgesetz (GG). Das weitere Argument des erstinstanzlichen Urteils, er hätte der FZR beitreten können, sei angesichts der damaligen Höhe seines Einkommens und des monatlichen Beitrags nicht stichhaltig.

Er beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 25. Mai 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. September 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Zeitraum 1. August 1955 bis 10. September 1982 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen sowie das in diesem Zeitraum tatsächlich erzielte Entgelt festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält an ihrer bereits im Vorverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes sowie der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakten der Beklagten (Az:) sowie auf die Rentenakten des Klägers (Az: ...) verwiesen, die dem Senat in der mündlichen Verhandlung und Beratung vorlagen und der Entscheidung zu Grunde gelegt wurden.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig, insbesondere ist ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung des gesamten geltend gemachten Zeitraums vom 1. August 1955 bis zum 10. September 1982 gegeben. Zwar wäre der Rentenversicherungsträger bei einer Berechnung der Rente des Klägers nach dessen tatsächlichem Versicherungsverlauf gemäß § 256 a Abs. 3 S. 1 SGB VI ohnehin verpflichtet, den tatsächlichen Verdienst im Zeitraum 1. August 1955 bis zur Einführung der FZR zum 1. März 1971 – hochgewertet mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI und nur begrenzt durch die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze der Anlage 2 zum SGB VI – zugrunde zu legen; allein aus der vom Kläger begehrten Feststellung kann aber ein Anspruch auf Neuberechnung der gesamten Rente gemäß § 307 b SGB VI hervorgehen, während die jetzige Rente als Bestandsrente gemäß § 307 a SGB VI errechnet wurde.

Die Berufung ist aber unbegründet. Der Bescheid vom 26. Mai 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. September 1999 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung der Zeit vom 1. August 1955 bis 10. September 1982 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVI. Prüfungsmaßstab der Frage, ob der Kläger im strittigen Zeitraum Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem zurückgelegt hat, ist § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets (AAÜG). Danach gelten Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung.

Unstrittig ist dem Kläger zu DDR-Zeiten eine Versorgungszusage, die regelmäßig eine Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem begründet, niemals erteilt worden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist darüber hinausgehend die Zugehörigkeit aber nicht notwendig davon abhängig, ob und wann in der DDR eine Versorgungszusage erteilt worden ist; Zugehörigkeiten im Sinne von § 5 AAÜG seien vielmehr auch dann gegeben, wenn konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, auf Grund derer ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen ist. Liege keine Versorgungszusage vor, die gemäß Artikel 19 Einigungsvertrag (EV) auch nach dem Beitritt der ehemaligen DDR nach Maßgabe des EV wirksam geblieben sei, könne die Frage, ob eine Beschäftigung oder Tätigkeit in einem Versorgungssystem zurückgelegt worden sei, nur anhand derjenigen Gegebenheiten in der ehemaligen DDR beantwortet werden, an die das AAÜG maßgeblich angeknüpft habe: Das seien die Texte der in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelisteten und damit als für die Anwendung des § 5 AAÜG als bundesrechtlich relevante Fälle anerkannten Versorgungsordnungen. Deren Bedeutung sei nach Maßgabe des Bundesrechts insbesondere nach Sinn und Zweck des § 5 AAÜG zu bestimmen. Auf die praktische Durchführung und auf die Auslegung der Versorgungsordnung seitens der ehemaligen DDR komme es nicht an. Der Vorschrift des § 5 AAÜG lasse sich das Erfordernis einer Versorgungszusage als Tatbestandsmerkmal für eine "Zeit der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem" nicht entnehmen. Maßgeblich sei schon nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 AAÜG allein, ob die Beschäftigung im streitigen Zeitraum ihrer Art nach zu denjenigen gehöre, derentwegen nach den in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG genannten Texten das jeweilige Versorgungssystem errichtet worden sei, ob sie also in einem dieser Texte aufgelistet sei (Urteile vom 24. März 1998, B 4 RA 27/97 R, SozR 3-8570 § 5 Nr. 3, und 30. Juni 1998, B 4 RA 11/98 R, SGb 1998, S. 526 f., zuletzt: Urteil vom 10. April 2002, B 4 RA 32/01 R, Kurzwiedergabe: SGb 2002. S. 380).

Selbst unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung, die bei fehlender Versorgungszusage einen Anspruch auf obligatorische Einbeziehung auch bei konkret-individuellem Vorliegen der abstrakt-generellen Voraussetzungen des Wortlauts der Versorgungsordnung begründet, bleibt für die vom Kläger begehrte Einbeziehung in die AVI kein Raum. Nach dem hier einzig in Betracht kommenden § 5 Buchstabe b der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen vom 12. Juli 1951 (GBl. Nr. 85 S. 675), galten als Angehörige der künstlerisch tätigen Intelligenz besonders qualifizierte und verantwortlich tätige Restauratoren, Kunsthandwerker, ..., Orchestermusiker ... Gemäß § 6 der Versorgungsordnung waren wissenschaftliche, künstlerische, pädagogische und medizinische Einrichtungen der Deutschen Demokratischen Republik im Sinne des § 1 der Verordnung: ... öffentliche Theater- und Kulturorchester (einschließlich solcher von Organisationen, soweit sie von der Staatlichen Kommission für Kunstangelegenheiten anerkannt sind), ... Das Vorschlagsrecht für die Einbeziehung in die AVI lag regelmäßig beim Leiter der in § 6 der Verordnung genannten Einrichtung, die Entscheidung oblag übergeordneten staatlichen Dienststellen.

Besonderes Problem des § 5 Buchst. b der AVI-Verordnung ist nun, dass er die unbestimmten Rechtsbegriffe des " (1) besonders qualifizierten und (2) verantwortlich tätigen Orchestermusikers" enthält. Zu deren Ausfüllung bedurfte es zu DDR-Zeiten und bedarf es auch heute einer Wertung, welche der in § 5 Buchst. b der Versorgungsordnung aufgezählten Personen, die grundsätzlich für die Einbeziehung in Betracht kamen, besonders qualifiziert und verantwortlich tätig waren. Dass sich diese Bewertungskriterien nicht nur auf die in § 5 Buchst. b AVI-Verordnung zuerst genannten Restauratoren beziehen, folgt aus der Systematik des § 5 VO: Buchstabe a. benennt abstrakt-generell und zwingend den einzubeziehenden Personenkreis, indem er Berufsgruppen ohne einengende tätigkeitsbezogene Zusätze aufzählt (von Intendanten und deren Stellvertreter, über Opern- und Schauspieldirektoren usw. bis hin zu Filmdramaturgen), Buchstabe b. führt die einzubeziehenden Berufsgruppen unter Voranstellen der o.g. wertenden Adjektive auf, ebenso wie Buchstabe c., der als gegenüber Buchstabe b. geringeres Qualifizierungsmerkmal nur "besonders qualifizierte" Garderobenoberinspektoren, Schnittmeister, ... und Souffleusen fordert.

Im Gegensatz zu Verwaltungsentscheidungen, bei der die anzuwendende Rechtsnorm der Verwaltung keinen Entscheidungsspielraum belässt (sog. strenge Gesetzesbindung), stehen Verwaltungsentscheidungen, die nur in einer konkreten und individuellen Abwägung der Umstände des Einzelfalls ergehen können und sich nur bedingt und beschränkt normativ programmieren lassen, die also typischerweise durch einen mehr oder weniger großen Rest normfeindlicher Individualität gekennzeichnet sind. Ein wichtiges rechtstechnisches Instrument der Lockerung und Abschwächung der Gesetzbindung ist – neben der Einräumung von Wahlfreiheit auf der Rechtsfolgenseite der Norm (Ermessen) – das Einfügen unbestimmter Rechtsbegriffe in den Gesetzestatbestand. Solche Begriffe bedürfen in besonderem Maße der Auslegung und Konkretisierung, bevor sie auf einen konkreten Sachverhalt angewendet werden können. Unbestimmte Rechtsbegriffe sollen Sachverhalte erfassen, die sich weder annähernd genau voraussehen noch definitorisch eingrenzen lassen. Sie sind notwendig, um der Verwaltung ein flexibles, fallangepasstes und situationsgerechtes Handeln zu ermöglichen. Ein bekanntes Beispiel ist der Begriff der "Zuverlässigkeit" im Berufs- und Gewerberecht, der eine persönliche Beurteilung erfordert (Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Auflage, 1995, § 10).

Die in § 5 Buchst. b der Versorgungsordnung der AVI verwandten Begriffe "besonders qualifiziert" und "verantwortlich tätig" sind solche unbestimmten Rechtsbegriffe. Auf Grund des durch sie eröffneten Beurteilungsspielraums liegt gerade nicht eine abstrakt-generelle Regelung vor, die die notwendige berufliche Qualifikation der einzubeziehenden Beschäftigung zwingend vorgibt. Individuell und konkret betrachtet war der Kläger zwar als Orchestermusiker beschäftigt, ob er aber besonders qualifiziert und verantwortlich tätig gewesen ist, kann dahinstehen, da es auf die nachträgliche Bewertung aus gesamtdeutscher Sicht gerade nicht ankommt.

Eine vom Kläger gerügte Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG liegt darin nicht. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet, wesentliches Gleiches ohne sachlichen Grund ungleich und wesentliches Ungleiches gleich zu behandeln. Anders als in den vom Bundessozialgericht zu Gunsten der jeweiligen Kläger/innen entschiedenen Fallgestaltungen, in denen die Kläger nach dessen Rechtsprechung trotz fehlender Versorgungszusage zu DDR-Zeiten in das Versorgungssystem einzubeziehen waren, weil die abstrakt-generelle Regelung der Versorgungsordnung obligatorisch die individuell-konkrete Tätigkeit des jeweiligen Klägers - z.B. als Ingenieur - umfasste, ist im Fall des Klägers nach dem Wortlaut der Versorgungsordnung eine Interpretation der tatbestandlichen Sachvoraussetzungen erforderlich; dadurch ist er dem nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht einbezogenen Personenkreis – z.B. der Chemiker oder Physiker - vergleichbar, bei dem der Wortlaut der Versorgungsordnung für die Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem (mangels Vorliegens der zwingenden Tatbestandsvoraussetzungen) eine Ermessensentscheidung erforderte. Dabei bleibt es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für die Zwecke des Bundesrechts außer Betracht, ob und warum es gegebenenfalls im Einzelfall trotz Zugehörigkeit zur Gruppe der Begünstigungsfähigen in der DDR nicht zu einer Versorgungszusage gekommen ist: Hinreichend für die Anwendung des "Sichtungs- und Reinigungsprogramms" des AAÜG sei im Sinne seiner größtmöglichen Wirksamkeit nämlich bereits die sich bei nachträglicher Beurteilung aus Anlass der Anwendung von Bundesrecht ergebende Zugehörigkeit zu einer potentiell sachwidrig begünstigten Personengruppe nach abstrakten Merkmalen und nicht erst der konkrete Zuordnungsakt durch die zuständigen Stellen der DDR. Auf derartige Erwägungen könne eine Einbeziehung in das Überprüfungsverfahren nicht gestützt werden, ohne frühere Willkür fortzuführen. Ob nämlich beliebige Umstände außerhalb des von den Texten der Versorgungsordnungen vorgegebenen Rahmens bzw. solche außerhalb einer zumindest gleichförmigen Verwaltungspraxis die Aussicht auf Erteilung einer Versorgungszusage als berechtigt hätten erscheinen lassen können, lasse sich mangels einer gesicherten faktischen Beurteilungsgrundlage gerade nicht willkürfrei entscheiden. Das Bundesrecht nehme mit dieser ihm durch Art. 3 Abs. 1 GG vorgegebenen Haltung zwangsläufig in Kauf, dass eine in der DDR gegebene bloße Möglichkeit einer regelwidrigen Begünstigung im Einzelfall den Geltungsbereich des AAÜG allein noch nicht eröffne und insofern auch eine "Sichtung und Reinigung" unterbleibe (BSG, Urt. v. 12. Juni 2001, B 4 RA 107/00 R, NJ 2001, 612 ff.).

Schließlich sind rechtliche Hinderungsgründe nicht ersichtlich, aus denen der Kläger der FZR seit ihrer Einführung zum 01. März 1971 nicht hätte beitreten können. Das von ihm vorgetragene Argument, angesichts der relativ geringen Höhe seines Bruttoeinkommens von etwa 880,- M sei ihm eine über die zur Sozialpflichtversicherung hinausgehende Beitragleistung nicht möglich gewesen, spiegelt allein seine subjektive Entscheidung wider, sein seinerzeitiges Einkommen oberhalb der damaligen Beitragsbemessungsgrenze zur Sozialpflichtversicherung von 600,- M ausschließlich für die allgemeine Lebenshaltung zu verwenden, statt daraus auch Beiträge für eine spätere höhere Rente zu leisten. Diese Abwägung aber lag im Verantwortungsbereich jedes einzelnen Versicherten, so dass er auch die sich aus seiner Wahl ergebenden (für den Kläger negativen) Folgen zu tragen hat: Demgemäß folgt auch die im Beitrittsgebiet geltende Sonderregelung des § 256 a SGB VI, insbesondere Abs. 2, dem in § 70 SGB VI normierten allgemeinen Grundsatz, dass für die Ermittlung von Entgeltpunkten für Beitragszeiten der versicherte individuelle Verdienst zugrunde zu legen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, weil die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Frage höchstrichterlich geklärt ist (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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