Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 18 RA 132/98
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RA 106/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über einen Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen voller Erwerbsminderung, jeweils bis zum Beginn der Altersrente.
Die im Mai 1941 geborene Klägerin arbeitete seit 1981 als Lebensmittelverkäuferin. Seit dem 2. Januar 1997 war sie wegen Beschwerden im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule arbeitsunfähig erkrankt.
Die Klägerin beantragte am 27. Mai 1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Vom 24. Juni bis 15. Juli 1997 unterzog sich die Klägerin auf Kosten der Beklagten einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Nach dem Entlassungsbericht vom 4. August 1997 wurde sie ohne wesentliche Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit entlassen. Die behandelnden Ärzte fanden ein Halswirbelsäulensyndrom mit Ausstrahlung in den rechten Armbereich, Muskel- und Sehnenansatzbeschwerden in beiden Schultern (Periarthritis humero scapularis), ein Lendenwirbelsäulensyndrom mit nervenreizähnlichen Beschwerden (pseudoradikulär), ein psychovegetatives Syndrom und Übergewicht. Beschwerdeäußerungen ergaben sich, neben teilweisem Dauer- und Druckschmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule, bei der Beugung der Lendenwirbelsäule und bei der Bewegung in den Schultergelenken.
Mit Bescheid vom 10. September 1997 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, sie könne ihren bisherigen Beruf noch vollschichtig ausüben.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 22. September 1997 bei der Beklagten Widerspruch ein und berief sich auf fortdauernde orthopädische Behandlungen sowie eine neuerkannte Verminderung der Knochensubstanz (Osteoporose).
Die Beklagte holte einen Befundbericht des Orthopäden Dr. med. S. vom 25. November 1997 ein, der ergänzend zu den bekannten Krankheitsbildern über eine beginnende Knochensubstanzminderung und Abbauerscheinungen der hinteren Kniescheibe links berichtete. Die Beklagte holte weiterhin ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie, physikalische und rehabilitative Medizin Dr. med. F. vom 14. Februar 1998 ein. Er gab die Beurteilung ab, die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen unter Vermeidung einseitiger Belastungen wie Überkopfarbeit, dementsprechend auch die Tätigkeit als Verkäuferin, weiterhin vollschichtig ausführen. Er führte aus, er habe leichte Funktionseinschränkungen im Bereich der Halswirbelsäule, vergleichsweise deutliche im Bereich der Lendenwirbelsäule und geringe in der rechten Schulter und Hüfte gefunden. Eine Objektivierung der geäußerten Beschwerden sei nicht in vollem Umfange möglich. Die Beklagte zog auch ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 26. November 1997 bei, wonach die Klägerin wegen der von der Halswirbelsäule in die Arme ausstrahlenden Beschwerden sofort wieder arbeitsfähig sei. Insgesamt bestehe eine Einsatzfähigkeit für mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen ohne wesentliche Einschränkungen. Ein nachfolgender Arbeitsversuch hatte jedoch zu erneuter Arbeitsunfähigkeit nach zwei Tagen geführt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 1998 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück.
Mit Eingangsdatum vom 29. April 1998 hat die Klägerin beim Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben.
Das Gericht hat ein weiteres Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 19. Dezember 1997 beigezogen, wonach die Klägerin nunmehr auch wegen der Lendenwirbelsäulenbeschwerden als wieder arbeitsfähig eingeschätzt wurde. Auch Anzeichen für eine Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit bestünden nicht.
Das Gericht hat Befund- und Entlassungsberichte beigezogen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht des Facharztes für Frauenheilkunde Dr. med. W. vom 7. Oktober 1998, Bl. 36-39 d. A., den Bericht des Kreiskrankenhauses B. vom 19. November 1998, Bl. 46 f. d. A., den Bericht des Kreiskrankenhauses B. vom 23. Dezember 1998, Bl. 45 d. A., den Bericht des Allgemeinmediziners Sch. vom 24. Oktober 1999, Bl. 48-51 d. A. und den Bericht des Facharztes für Orthopädie Dr. med. S. vom 21. Dezember 1999, Bl. 56-79 d. A., Bezug genommen. Danach sind im Sommer 1998 verstärkt Schmerzen im rechten Kniegelenk aufgetreten. Im Dezember 1998 glätteten die Ärzte im Rahmen einer Arthroskopie verschiedene Stellen des Gelenkknorpels und entfernten eingerissene Meniskusteile. Der Allgemeinmediziner Sch. beschrieb insoweit eine leichte Besserung der Gehfähigkeit weiterhin unter Schmerzen und Dr. med. S. eine Kapselschwellung mit geringem Erguss und Druckschmerz bei einer Beweglichkeit in Streckung und Beugung von 0/10/110 Grad. Auf entsprechende Fragestellung vertrat Dr. med. S die Auffassung, es sei keine Arbeitszeit von zwei Stunden täglich mehr möglich. Die Klägerin sei weder im Stehen noch im Sitzen mehr als zwei Stunden belastbar. Haltungswechsel beeinflussten Schmerzentstehung und -ausprägung nicht. Der Allgemeinmediziner Schindler hielt die Klägerin für eine leichte Arbeit in wechselnder Haltung für bis zu fünf Stunden arbeitstäglich einsatzfähig.
Das Gericht hat sodann ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. med. R. vom 13. März 2000 eingeholt, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 89-124 d. A. verwiesen wird. Der Sachverständige ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin könne leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen vollschichtig ausüben. Nach Anfertigung der letzten Röntgenaufnahmen vor seiner Begutachtung von Mai 1999 sei es zu einem Deckplatteneinbruch des dritten Lendenwirbelkörpers auf Grund der Verminderung der Knochensubstanz gekommen.
Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 5. September 2000 die Klage auf das Ziel einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beschränkt und die Klage im Übrigen zurückgenommen.
Mit Urteil vom gleichen Tag hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, Erwerbsunfähigkeit im Sinne von § 44 Abs. 2 SGB VI liege nicht vor, weil noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für eine Erwerbstätigkeit bestehe. Dies ergebe sich sowohl aus dem Kurentlassungsbericht als auch den eingeholten Gutachten.
Gegen das ihr am 2. Oktober 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Eingangsdatum vom 2. November 2000 Berufung eingelegt.
Das Gericht hat weitere Befundberichte eingeholt, wegen deren Einzelheiten auf den Bericht von Dr. med. S. vom 26. April 2001, Bl. 188-202 d. A. und die Berichte von Dipl.-Med. Sch. vom 6. Mai 2001 und 2. August 2003, Bl. 203-208 und 233 d. A., Bezug genommen wird. Danach war der Deckplatteneinbruch des Lendenwirbelkörpers bei einem Stauchungstrauma am 30. Mai 2000 (gemeint wohl 1999) eingetreten. Seit August 2000 hatten sich die Schmerzen im rechten Kniegelenk erneut verstärkt. Am 5. Februar 2001 ist die Klägerin mit einer Schlittengelenkprothese versorgt worden. Nach dem Entlassungsbericht der Fachklinik T. über die Anschlussheilbehandlung vom 20. Februar bis 13. März 2001 sollten noch für einen Zeitraum drei Monate nach der Operation Gehstützen benutzt werden. Nach Ablauf dieser Zeit sei die Klägerin für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen und zeitweise im Gehen und Stehen vollschichtig einsetzbar. Eine erstmals mitgeteilte Harninkontinenz besteht bereits seit 1982 und äußert sich in einer häufigen erschwerten Entleerung kleiner Harnmengen auch nachts und Harnträufeln. Die Klägerin ist dagegen mit Slipeinlagen versorgt.
Die Beklagte hat der Klägerin antragsgemäß vom 1. Juni 2001 an eine Altersrente für Frauen bewilligt.
Die Klägerin ist weiterhin der Meinung, sie sei entsprechend ihrer Antragstellung bis zu dieser Zeit erwerbsunfähig gewesen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. September 2000 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 10. September 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 1998 abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 1. Juni 1997 an Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise vom 1. Januar 2001 an Rente wegen voller Erwerbsminderung, jeweils bis Mai 2001 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bleibt nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme bei ihrer Auffassung.
Die Akte der Beklagten über die Klägerin Vers.-Nr.: ...– hat in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 10. September 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 1998 beschwert die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, soweit die Beklagte darin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit abgelehnt hat und er darüber hinaus einem Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung entgegensteht.
Die Klägerin hat gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in den Fassungen der letzten Änderungen durch Gesetz vom 2.5.96 (BGBl. I 659) und 24.3.99 (BGBl. I S.388) bis zum 31. Dezember 2000 keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erlangt, weil sie nicht erwerbsunfähig geworden ist. Sie konnte nämlich in gewisser Regelmäßigkeit eine Erwerbstätigkeit ausüben und dabei ein Arbeitsentgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze von zuletzt (G. v. 24.3.99, BGBl. I S. 388) 630,- DM erzielen. Denn sie konnte, was dazu grundsätzlich ausreichend ist, im Sinne von § 44 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB VI vollschichtig eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben.
Die medizinischen Voraussetzungen einer Erwerbsunfähigkeit sind nach dem Gutachten des Sachverständigen, zuvor bereits dem Gutachten von Dr. F. , den Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und dem Entlassungsbericht der Kurklinik nicht festzustellen. Alle begutachtenden Ärzte haben die bei der Klägerin auch nach den Befundberichten der behandelnden Ärzte jeweils bestehenden Funktionseinschränkungen erkannt bzw. zum Gegenstand ihrer Untersuchung gemacht und damit verbundene Schmerzen berücksichtigt. Nachvollziehbar sind sie gleichwohl zum Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens gekommen, weil das Vorhandensein von Schmerzen allein einem solchen Leistungsvermögen nicht entgegensteht.
Eine weitergehende Beeinträchtigung ist weder an einem verminderten Allgemein- und Kräftezustand, nachweisbaren Konzentrationsbeeinträchtigungen noch seelischen Auswirkungen zu belegen. In dem Kurentlassungsbericht von 1996, dem Gutachten des Sachverständigen und noch dem Kurentlassungsbericht von 2001 wird der Allgemeinzustand als gut oder altersentsprechend beschrieben, nur in dem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom Dezember 1997 als ausreichend. Dr. med. F. schätzt die Klägerin als psychisch weitgehend unauffällig und geistig normal belastbar ein. Leistungsbeeinträchtigende Besonderheiten, die eine vertiefende psychiatrische Klärung nahe legten, müssten ihm aber angesichts seiner zusätzlichen Qualifikation als Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin aufgefallen sein, weil solche Gesichtspunkte für eine Rehabilitation wesentlich sind. Dipl.-Med. Sch. beschreibt in seinem Befundbericht vom 24. Oktober 1999 die geistigen Fähigkeiten als durchschnittlich und weist auf eine – nur – leichte depressive Verstimmung hin, die aber nicht zu speziellen Maßnahmen, insbesondere fachärztlicher Behandlung geführt hat. Auch die Mitteilung einer larvierten Depression in seinem Befundbericht vom 6. Mai 2001 weist auf keine Funktionsstörung hin, weil die Stimmung der Klägerin noch kurz zuvor in dem Entlassungsbericht über die Anschlussheilbehandlung als ausgeglichen beschrieben wird.
Der Senat folgt nicht der abweichenden Auffassung der behandelnden Ärzte Dr. med. S. und Dipl.-Med. Sch ... Nach den erhobenen Symptomen ist die Auffassung Dr. med. S. nicht schlüssig, ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen lasse sich begründen, weil die Klägerin sich durch einen Haltungswechsel keine Entlastung verschaffen könne. Dies behauptet nicht einmal die Klägerin selbst, die gegenüber Dr. med. F. angegeben hat, nach etwa einer Stunde im Gehen müsse sie sich – offensichtlich zu ihrer Entlastung – setzen. Für die Meinung Dipl.-Med. Sch , die mögliche tägliche Arbeitszeit sei auf fünf Stunden vermindert, fehlt es an der vom Sozialgericht erbetenen Begründung für diese Einschätzung, die notwendige Voraussetzung wäre, um die abweichende Auffassung der begutachtenden Ärzte in Zweifel zu ziehen. So muss es bei der ausführlichen abweichenden Einschätzung des Sachverständigen sein Bewenden haben, die dieser bereits in Kenntnis der Einschätzung Dipl.-Med. Sch. aus fachärztlicher Sicht abgegeben hat.
Das Leistungsvermögen war auch durch zwischenzeitliche akute Gesundheitsstörungen nicht im Sinne von § 44 Abs. 2 S. 1 SGB VI auf nicht absehbare Zeit, nämlich für mindestens ein halbes Jahr, aufgehoben. Die Mitte 1998 aufgetretenen Kniebeschwerden haben sich zunächst durch die Ende des Jahres vorgenommene Arthroskopie als soweit behandlungsfähig erwiesen, dass der Sachverständige Dr. med. R. ein kleinschrittiges, aber flüssiges und freies Gangbild erheben konnte. Ein über längere Zeit nach der Arthroskopie verbliebener schlechterer Zustand ist nicht ersichtlich, zumal schon bei der Entlassung aus der stationären Behandlung eine nahezu volle Beweglichkeit in Streckung und Beugung von 0/0/125 Grad bestand. Dementsprechend war die Klägerin auch – so Dr. med. R. ausdrücklich - in der Lage, die erforderlichen Wege zu einer Arbeitsstelle bzw. öffentlichen Verkehrsmitteln von vier mal 500 Metern zurückzulegen. Denn nach ihren Angaben gegenüber Dr. R. konnte sie noch etwa eine Stunde auf ebener Straße gehen und fuhr gelegentlich mit dem Fahrrad.
Den Deckplatteneinbruch des dritten Lendenwirbelkörpers hat der Sachverständige seiner Einschätzung bereits zu Grunde gelegt. Vorher über einen längeren Zeitraum bestehende weitergehende Funktionseinschränkungen durch dieses Ereignis lassen sich schon den eigenen Angaben der Klägerin ihm gegenüber nicht entnehmen. Offenbar hat die Klägerin solche auch nicht bemerkt, da sie nicht einmal das später von Dr. med. S. mitgeteilte Stauchungstrauma geschildert hat.
Ein Leistungsvermögen der Klägerin zu einer Erwerbstätigkeit von (mindestens) sechs Stunden arbeitstäglich ist auch über den 1. Januar 2001 hinaus erhalten geblieben; insoweit steht es der Entstehung eines Anspruchs auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gem. § 43 Abs. 3 SGB VI (hier in der Fassung durch G. v. 20.12.2000, BGBl. I S. 1827) entgegen. Denn nach Einsetzung der Schlittenprothese im rechten Kniegelenk war nicht im Sinne von § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI (neuer Fassung) auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbsminderung eingetreten. Vielmehr ist dem Entlassungsbericht über die Anschlussheilbehandlung nach der Operation im Februar 2001 die medizinische Prognose der Wiederherstellung der vorher dauerhaft bestehenden Erwerbsfähigkeit innerhalb von drei Monaten zu entnehmen.
Eine Einsatzfähigkeit der Klägerin unter üblichen betrieblichen Bedingungen der Arbeitswelt war durch die Harninkontinenz nicht ausgeschlossen. Denn bei der Klägerin erforderliche häufigere Toilettengänge sind in der weit überwiegenden Zahl der Berufe ohne Bindung an organisatorische Abläufe möglich, unterliegen üblicherweise keiner betrieblichen Kontrolle und führen nach dem damit verbundenen Zeitaufwand nicht zu einem messbaren Absinken der Arbeitsleistung.
Bei der Klägerin liegt auch keine schwere spezifische Leistungsminderung beziehungsweise Summierung von Leistungsbeeinträchtigungen vor, die von vornherein Zweifel an ihrer betrieblichen Einsetzbarkeit hervorrufen könnten. Denn sie ist zu einer Vielzahl beruflicher Verrichtungen in der Lage, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ungelernten Tätigkeiten anfallen können. Nur auf dieses Tätigkeitsfeld kommt es bei der Prüfung der Erwerbsunfähigkeit bzw. vollen Erwerbsminderung an. Die Klägerin kann Schriftverkehr erledigen, Telefongespräche abwickeln, Post verteilen, gelegentliche kurze Botengänge erledigen, kopieren usw. Angesichts der fehlenden Durchschaubarkeit der Berufswelt für ungelernte Tätigkeiten (BSG, Beschluss v. 19.12.96, a.a.O.) schließt insoweit die Benennung von Tätigkeiten der Art nach, die die Versicherte ausfüllen könnte, das Erfordernis einer konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit aus (BSG, Urt. v. 24.2.99 – B 5 RJ 30/98 R – SozR 3 – 2600 § 44 Nr. 12).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil der Fall keine ungeklärten Rechtsfragen aufwirft.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten noch über einen Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen voller Erwerbsminderung, jeweils bis zum Beginn der Altersrente.
Die im Mai 1941 geborene Klägerin arbeitete seit 1981 als Lebensmittelverkäuferin. Seit dem 2. Januar 1997 war sie wegen Beschwerden im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule arbeitsunfähig erkrankt.
Die Klägerin beantragte am 27. Mai 1997 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Vom 24. Juni bis 15. Juli 1997 unterzog sich die Klägerin auf Kosten der Beklagten einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Nach dem Entlassungsbericht vom 4. August 1997 wurde sie ohne wesentliche Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit entlassen. Die behandelnden Ärzte fanden ein Halswirbelsäulensyndrom mit Ausstrahlung in den rechten Armbereich, Muskel- und Sehnenansatzbeschwerden in beiden Schultern (Periarthritis humero scapularis), ein Lendenwirbelsäulensyndrom mit nervenreizähnlichen Beschwerden (pseudoradikulär), ein psychovegetatives Syndrom und Übergewicht. Beschwerdeäußerungen ergaben sich, neben teilweisem Dauer- und Druckschmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule, bei der Beugung der Lendenwirbelsäule und bei der Bewegung in den Schultergelenken.
Mit Bescheid vom 10. September 1997 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, sie könne ihren bisherigen Beruf noch vollschichtig ausüben.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 22. September 1997 bei der Beklagten Widerspruch ein und berief sich auf fortdauernde orthopädische Behandlungen sowie eine neuerkannte Verminderung der Knochensubstanz (Osteoporose).
Die Beklagte holte einen Befundbericht des Orthopäden Dr. med. S. vom 25. November 1997 ein, der ergänzend zu den bekannten Krankheitsbildern über eine beginnende Knochensubstanzminderung und Abbauerscheinungen der hinteren Kniescheibe links berichtete. Die Beklagte holte weiterhin ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie, physikalische und rehabilitative Medizin Dr. med. F. vom 14. Februar 1998 ein. Er gab die Beurteilung ab, die Klägerin könne leichte körperliche Tätigkeiten im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen unter Vermeidung einseitiger Belastungen wie Überkopfarbeit, dementsprechend auch die Tätigkeit als Verkäuferin, weiterhin vollschichtig ausführen. Er führte aus, er habe leichte Funktionseinschränkungen im Bereich der Halswirbelsäule, vergleichsweise deutliche im Bereich der Lendenwirbelsäule und geringe in der rechten Schulter und Hüfte gefunden. Eine Objektivierung der geäußerten Beschwerden sei nicht in vollem Umfange möglich. Die Beklagte zog auch ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 26. November 1997 bei, wonach die Klägerin wegen der von der Halswirbelsäule in die Arme ausstrahlenden Beschwerden sofort wieder arbeitsfähig sei. Insgesamt bestehe eine Einsatzfähigkeit für mittelschwere Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen ohne wesentliche Einschränkungen. Ein nachfolgender Arbeitsversuch hatte jedoch zu erneuter Arbeitsunfähigkeit nach zwei Tagen geführt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 1998 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück.
Mit Eingangsdatum vom 29. April 1998 hat die Klägerin beim Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben.
Das Gericht hat ein weiteres Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 19. Dezember 1997 beigezogen, wonach die Klägerin nunmehr auch wegen der Lendenwirbelsäulenbeschwerden als wieder arbeitsfähig eingeschätzt wurde. Auch Anzeichen für eine Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit bestünden nicht.
Das Gericht hat Befund- und Entlassungsberichte beigezogen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht des Facharztes für Frauenheilkunde Dr. med. W. vom 7. Oktober 1998, Bl. 36-39 d. A., den Bericht des Kreiskrankenhauses B. vom 19. November 1998, Bl. 46 f. d. A., den Bericht des Kreiskrankenhauses B. vom 23. Dezember 1998, Bl. 45 d. A., den Bericht des Allgemeinmediziners Sch. vom 24. Oktober 1999, Bl. 48-51 d. A. und den Bericht des Facharztes für Orthopädie Dr. med. S. vom 21. Dezember 1999, Bl. 56-79 d. A., Bezug genommen. Danach sind im Sommer 1998 verstärkt Schmerzen im rechten Kniegelenk aufgetreten. Im Dezember 1998 glätteten die Ärzte im Rahmen einer Arthroskopie verschiedene Stellen des Gelenkknorpels und entfernten eingerissene Meniskusteile. Der Allgemeinmediziner Sch. beschrieb insoweit eine leichte Besserung der Gehfähigkeit weiterhin unter Schmerzen und Dr. med. S. eine Kapselschwellung mit geringem Erguss und Druckschmerz bei einer Beweglichkeit in Streckung und Beugung von 0/10/110 Grad. Auf entsprechende Fragestellung vertrat Dr. med. S die Auffassung, es sei keine Arbeitszeit von zwei Stunden täglich mehr möglich. Die Klägerin sei weder im Stehen noch im Sitzen mehr als zwei Stunden belastbar. Haltungswechsel beeinflussten Schmerzentstehung und -ausprägung nicht. Der Allgemeinmediziner Schindler hielt die Klägerin für eine leichte Arbeit in wechselnder Haltung für bis zu fünf Stunden arbeitstäglich einsatzfähig.
Das Gericht hat sodann ein Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. med. R. vom 13. März 2000 eingeholt, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 89-124 d. A. verwiesen wird. Der Sachverständige ist im Wesentlichen zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin könne leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen vollschichtig ausüben. Nach Anfertigung der letzten Röntgenaufnahmen vor seiner Begutachtung von Mai 1999 sei es zu einem Deckplatteneinbruch des dritten Lendenwirbelkörpers auf Grund der Verminderung der Knochensubstanz gekommen.
Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 5. September 2000 die Klage auf das Ziel einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beschränkt und die Klage im Übrigen zurückgenommen.
Mit Urteil vom gleichen Tag hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, Erwerbsunfähigkeit im Sinne von § 44 Abs. 2 SGB VI liege nicht vor, weil noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für eine Erwerbstätigkeit bestehe. Dies ergebe sich sowohl aus dem Kurentlassungsbericht als auch den eingeholten Gutachten.
Gegen das ihr am 2. Oktober 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Eingangsdatum vom 2. November 2000 Berufung eingelegt.
Das Gericht hat weitere Befundberichte eingeholt, wegen deren Einzelheiten auf den Bericht von Dr. med. S. vom 26. April 2001, Bl. 188-202 d. A. und die Berichte von Dipl.-Med. Sch. vom 6. Mai 2001 und 2. August 2003, Bl. 203-208 und 233 d. A., Bezug genommen wird. Danach war der Deckplatteneinbruch des Lendenwirbelkörpers bei einem Stauchungstrauma am 30. Mai 2000 (gemeint wohl 1999) eingetreten. Seit August 2000 hatten sich die Schmerzen im rechten Kniegelenk erneut verstärkt. Am 5. Februar 2001 ist die Klägerin mit einer Schlittengelenkprothese versorgt worden. Nach dem Entlassungsbericht der Fachklinik T. über die Anschlussheilbehandlung vom 20. Februar bis 13. März 2001 sollten noch für einen Zeitraum drei Monate nach der Operation Gehstützen benutzt werden. Nach Ablauf dieser Zeit sei die Klägerin für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen und zeitweise im Gehen und Stehen vollschichtig einsetzbar. Eine erstmals mitgeteilte Harninkontinenz besteht bereits seit 1982 und äußert sich in einer häufigen erschwerten Entleerung kleiner Harnmengen auch nachts und Harnträufeln. Die Klägerin ist dagegen mit Slipeinlagen versorgt.
Die Beklagte hat der Klägerin antragsgemäß vom 1. Juni 2001 an eine Altersrente für Frauen bewilligt.
Die Klägerin ist weiterhin der Meinung, sie sei entsprechend ihrer Antragstellung bis zu dieser Zeit erwerbsunfähig gewesen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. September 2000 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 10. September 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 1998 abzuändern und
die Beklagte zu verurteilen, ihr vom 1. Juni 1997 an Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise vom 1. Januar 2001 an Rente wegen voller Erwerbsminderung, jeweils bis Mai 2001 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bleibt nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme bei ihrer Auffassung.
Die Akte der Beklagten über die Klägerin Vers.-Nr.: ...– hat in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 10. September 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 1998 beschwert die Klägerin nicht im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, soweit die Beklagte darin eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit abgelehnt hat und er darüber hinaus einem Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung entgegensteht.
Die Klägerin hat gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in den Fassungen der letzten Änderungen durch Gesetz vom 2.5.96 (BGBl. I 659) und 24.3.99 (BGBl. I S.388) bis zum 31. Dezember 2000 keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit erlangt, weil sie nicht erwerbsunfähig geworden ist. Sie konnte nämlich in gewisser Regelmäßigkeit eine Erwerbstätigkeit ausüben und dabei ein Arbeitsentgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze von zuletzt (G. v. 24.3.99, BGBl. I S. 388) 630,- DM erzielen. Denn sie konnte, was dazu grundsätzlich ausreichend ist, im Sinne von § 44 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB VI vollschichtig eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben.
Die medizinischen Voraussetzungen einer Erwerbsunfähigkeit sind nach dem Gutachten des Sachverständigen, zuvor bereits dem Gutachten von Dr. F. , den Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und dem Entlassungsbericht der Kurklinik nicht festzustellen. Alle begutachtenden Ärzte haben die bei der Klägerin auch nach den Befundberichten der behandelnden Ärzte jeweils bestehenden Funktionseinschränkungen erkannt bzw. zum Gegenstand ihrer Untersuchung gemacht und damit verbundene Schmerzen berücksichtigt. Nachvollziehbar sind sie gleichwohl zum Ergebnis eines vollschichtigen Leistungsvermögens gekommen, weil das Vorhandensein von Schmerzen allein einem solchen Leistungsvermögen nicht entgegensteht.
Eine weitergehende Beeinträchtigung ist weder an einem verminderten Allgemein- und Kräftezustand, nachweisbaren Konzentrationsbeeinträchtigungen noch seelischen Auswirkungen zu belegen. In dem Kurentlassungsbericht von 1996, dem Gutachten des Sachverständigen und noch dem Kurentlassungsbericht von 2001 wird der Allgemeinzustand als gut oder altersentsprechend beschrieben, nur in dem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom Dezember 1997 als ausreichend. Dr. med. F. schätzt die Klägerin als psychisch weitgehend unauffällig und geistig normal belastbar ein. Leistungsbeeinträchtigende Besonderheiten, die eine vertiefende psychiatrische Klärung nahe legten, müssten ihm aber angesichts seiner zusätzlichen Qualifikation als Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin aufgefallen sein, weil solche Gesichtspunkte für eine Rehabilitation wesentlich sind. Dipl.-Med. Sch. beschreibt in seinem Befundbericht vom 24. Oktober 1999 die geistigen Fähigkeiten als durchschnittlich und weist auf eine – nur – leichte depressive Verstimmung hin, die aber nicht zu speziellen Maßnahmen, insbesondere fachärztlicher Behandlung geführt hat. Auch die Mitteilung einer larvierten Depression in seinem Befundbericht vom 6. Mai 2001 weist auf keine Funktionsstörung hin, weil die Stimmung der Klägerin noch kurz zuvor in dem Entlassungsbericht über die Anschlussheilbehandlung als ausgeglichen beschrieben wird.
Der Senat folgt nicht der abweichenden Auffassung der behandelnden Ärzte Dr. med. S. und Dipl.-Med. Sch ... Nach den erhobenen Symptomen ist die Auffassung Dr. med. S. nicht schlüssig, ein unter vollschichtiges Leistungsvermögen lasse sich begründen, weil die Klägerin sich durch einen Haltungswechsel keine Entlastung verschaffen könne. Dies behauptet nicht einmal die Klägerin selbst, die gegenüber Dr. med. F. angegeben hat, nach etwa einer Stunde im Gehen müsse sie sich – offensichtlich zu ihrer Entlastung – setzen. Für die Meinung Dipl.-Med. Sch , die mögliche tägliche Arbeitszeit sei auf fünf Stunden vermindert, fehlt es an der vom Sozialgericht erbetenen Begründung für diese Einschätzung, die notwendige Voraussetzung wäre, um die abweichende Auffassung der begutachtenden Ärzte in Zweifel zu ziehen. So muss es bei der ausführlichen abweichenden Einschätzung des Sachverständigen sein Bewenden haben, die dieser bereits in Kenntnis der Einschätzung Dipl.-Med. Sch. aus fachärztlicher Sicht abgegeben hat.
Das Leistungsvermögen war auch durch zwischenzeitliche akute Gesundheitsstörungen nicht im Sinne von § 44 Abs. 2 S. 1 SGB VI auf nicht absehbare Zeit, nämlich für mindestens ein halbes Jahr, aufgehoben. Die Mitte 1998 aufgetretenen Kniebeschwerden haben sich zunächst durch die Ende des Jahres vorgenommene Arthroskopie als soweit behandlungsfähig erwiesen, dass der Sachverständige Dr. med. R. ein kleinschrittiges, aber flüssiges und freies Gangbild erheben konnte. Ein über längere Zeit nach der Arthroskopie verbliebener schlechterer Zustand ist nicht ersichtlich, zumal schon bei der Entlassung aus der stationären Behandlung eine nahezu volle Beweglichkeit in Streckung und Beugung von 0/0/125 Grad bestand. Dementsprechend war die Klägerin auch – so Dr. med. R. ausdrücklich - in der Lage, die erforderlichen Wege zu einer Arbeitsstelle bzw. öffentlichen Verkehrsmitteln von vier mal 500 Metern zurückzulegen. Denn nach ihren Angaben gegenüber Dr. R. konnte sie noch etwa eine Stunde auf ebener Straße gehen und fuhr gelegentlich mit dem Fahrrad.
Den Deckplatteneinbruch des dritten Lendenwirbelkörpers hat der Sachverständige seiner Einschätzung bereits zu Grunde gelegt. Vorher über einen längeren Zeitraum bestehende weitergehende Funktionseinschränkungen durch dieses Ereignis lassen sich schon den eigenen Angaben der Klägerin ihm gegenüber nicht entnehmen. Offenbar hat die Klägerin solche auch nicht bemerkt, da sie nicht einmal das später von Dr. med. S. mitgeteilte Stauchungstrauma geschildert hat.
Ein Leistungsvermögen der Klägerin zu einer Erwerbstätigkeit von (mindestens) sechs Stunden arbeitstäglich ist auch über den 1. Januar 2001 hinaus erhalten geblieben; insoweit steht es der Entstehung eines Anspruchs auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gem. § 43 Abs. 3 SGB VI (hier in der Fassung durch G. v. 20.12.2000, BGBl. I S. 1827) entgegen. Denn nach Einsetzung der Schlittenprothese im rechten Kniegelenk war nicht im Sinne von § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI (neuer Fassung) auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbsminderung eingetreten. Vielmehr ist dem Entlassungsbericht über die Anschlussheilbehandlung nach der Operation im Februar 2001 die medizinische Prognose der Wiederherstellung der vorher dauerhaft bestehenden Erwerbsfähigkeit innerhalb von drei Monaten zu entnehmen.
Eine Einsatzfähigkeit der Klägerin unter üblichen betrieblichen Bedingungen der Arbeitswelt war durch die Harninkontinenz nicht ausgeschlossen. Denn bei der Klägerin erforderliche häufigere Toilettengänge sind in der weit überwiegenden Zahl der Berufe ohne Bindung an organisatorische Abläufe möglich, unterliegen üblicherweise keiner betrieblichen Kontrolle und führen nach dem damit verbundenen Zeitaufwand nicht zu einem messbaren Absinken der Arbeitsleistung.
Bei der Klägerin liegt auch keine schwere spezifische Leistungsminderung beziehungsweise Summierung von Leistungsbeeinträchtigungen vor, die von vornherein Zweifel an ihrer betrieblichen Einsetzbarkeit hervorrufen könnten. Denn sie ist zu einer Vielzahl beruflicher Verrichtungen in der Lage, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ungelernten Tätigkeiten anfallen können. Nur auf dieses Tätigkeitsfeld kommt es bei der Prüfung der Erwerbsunfähigkeit bzw. vollen Erwerbsminderung an. Die Klägerin kann Schriftverkehr erledigen, Telefongespräche abwickeln, Post verteilen, gelegentliche kurze Botengänge erledigen, kopieren usw. Angesichts der fehlenden Durchschaubarkeit der Berufswelt für ungelernte Tätigkeiten (BSG, Beschluss v. 19.12.96, a.a.O.) schließt insoweit die Benennung von Tätigkeiten der Art nach, die die Versicherte ausfüllen könnte, das Erfordernis einer konkreten Benennung einer Verweisungstätigkeit aus (BSG, Urt. v. 24.2.99 – B 5 RJ 30/98 R – SozR 3 – 2600 § 44 Nr. 12).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil der Fall keine ungeklärten Rechtsfragen aufwirft.
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved