Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 2 R 26/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 376/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer vom Sozialgericht als Klagerücknahme protokollierten Erklärung.
Der 19xx geborene Kläger gehörte seit 1950 zunächst der kasernierten Volkspolizei und später der Nationalen Volksarmee an.
Die Beklagte erteilte dem Kläger einen Überführungsbescheid vom 19. Oktober 1993, in dem sie seine Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem für Angehörige der Nationalen Volksarmee im Zeitraum vom 21. Dezember 1952 bis zum 30. April 1969 feststellte. Neben den Jahresbruttoarbeitsentgelten nahm sie in den Bescheid für den Zeitraum ab Januar 1953 Entgelte "nach AAÜG" auf, die entsprechend der Regelung des § 6 Abs. 2 AAÜG in der Fassung durch Gesetz vom 24. Juni 1993 vermindert waren. Gegen diese Verminderung wandte der Kläger sich nach Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 16. November 1993 mit einer Klage an das Sozialgericht Magdeburg vom 8. Dezember 1993.
In einem Erörterungstermin am 24. April 1995 führte der Kläger nach dem Inhalt der Sitzungsniederschrift aus, er rechne damit, in den Genuss einer Änderung des AAÜG zu kommen, für die es bereits eine entsprechende Initiative gebe. Zum Abschluss dieser Erklärung nahm er die Klage zurück. Wegen der Sitzungsniederschrift wird auf Bl. 32 f. der beigezogenen Akte des Sozialgerichts Magdeburg S 18 An 268/93 verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 13. Dezember 1995 erklärte er seine Klagerücknahme für "ungültig". Er führte aus, die Gründe, warum er seine Klage zurückgezogen habe, seien entfallen bzw. nicht eingetroffen.
Im Hinblick auf das daraufhin eingeleitete Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X erklärten die Beteiligten in einem Erörterungstermin am 27. Februar 1997 den bis dahin fortgeführten Rechtsstreit zum Az. S 18 An 268/93 übereinstimmend für erledigt.
Das Überprüfungsverfahren mündete in ein Berufungsverfahren zum Az. L 1 RA 267/03, in dessen Verlauf die Deutsche Rentenversicherung Bund mit Bescheid vom 12. Januar 2007 die Altersrente des Klägers neu berechnet hat. Dabei hat sie für den Zeitraum von Juli 1993 bis Dezember 1996 eine Nachzahlung von 13.050,08 EUR ermittelt, indem sie nunmehr auch für diesen Zeitraum der Berechnung der Entgeltpunkte für die Jahre 1953 bis 1969 Arbeitsentgelte in Höhe der Beträge der Anlage 3 zum AAÜG zu Grunde gelegt hat.
Der Senat hat mit Urteil vom 27. März 2007 im Wesentlichen der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Klage auf Erlass eines günstigeren Überführungsbescheides abgewiesen. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dem Kläger fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil er mit der Klage nichts erreichen könne, das er nicht durch den Rentenbescheid vom 12. Januar 2007 ohnehin schon erhalten habe.
Mit Schreiben vom 7. August 2000 hatte sich der Kläger erneut darauf berufen, seine Klagerücknahme schon für ungültig erklärt zu haben. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2000 hat der Kläger die Bestätigung verlangt, seine Klage und das Verfahren gegen die Bundesrepublik seien zu keiner Zeit aufgehoben, beendet oder von seiner Seite widerrufen worden. Dieser Antrag ist Grundlage des vorliegenden Verfahrens und – nach Hinweis durch den Berichterstatter – beim Sozialgericht Magdeburg bearbeitet worden. Dort hat der Kläger geltend gemacht, er habe die Klage vom 8. Dezember 1993 nicht zurückgenommen. Dafür habe es nie ein Motiv gegeben. Es gebe keinen schriftlichen Beweis für eine Klagerücknahme; für diese sei aber die Schriftform vorgeschrieben. Er bestehe weiterhin auf der Aufhebung der "Strafrente". Im Schriftsatz vom 30. Juli 2007 hat der Kläger sodann wörtlich vorgetragen: "Eine gerichtliche Entscheidung über die Frage einer Klagerücknahme soll nicht erfolgen, weil diese bereits erfolgt ist. Ich fordere den schriftlichen Beweis zu dieser Frage, den Sie nicht besitzen, weil ich ihn nicht erteilt habe. Daraus ergibt sich keine schriftliche Entscheidung, sondern nur eine Antwort von Ihnen, dass diese Frage nicht existiert. Der Gegenstand meiner Klage vom 8. Dezember 1993 besteht nach wie vor. Uns interessiert, wer ein Interesse hat, die Frage einer Klagerücknahme nach über 12 Jahren zu klären, ich nicht."
Mit Gerichtsbescheid vom 23. August 2007 hat das Sozialgericht festgestellt, dass das unter dem Az. S 18 An 268/93 geführte Verfahren durch Klagerücknahme erledigt ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe die entsprechende Klage im Termin vom 24. April 1995 wirksam zurückgenommen. Ausweislich des Protokolls sei die Erklärung dem Kläger vorgelesen und von ihm genehmigt worden. Eine solche Prozesshandlung könne nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden.
Auch sei das Rechtsschutzbedürfnis für das Verfahren zweifelhaft. Im Hinblick auf die schon getroffene Entscheidung des Landessozialgerichts in dem Verfahren L 1 RA 267/03 sei nicht mehr erkennbar, welcher rechtliche Vorteil für den Kläger aus einer positiven Entscheidung erwachsen könne.
Gegen den ihm am 27. August 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Eingangsdatum vom 19. September 2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor, weshalb er zu keinem Zeitpunkt zur Gruppe der Staatsnahen hätte gerechnet werden dürfen. Schon deshalb habe er niemals die Klage zurücknehmen können und habe nach seinen Aufzeichnungen auch nur für den Fall einer neuen, für ihn günstigen Bestimmung eine entsprechende Absicht angekündigt. Insofern stehe Aussage gegen Aussage. Abschließend führt er aus: "Die zuständigen Gerichte sind meines Erachtens befangen und parteiisch und haben kein Vertrauen." Das Gericht hat den Kläger darauf hingewiesen, er müsse insofern Richter/innen konkret bezeichnen, wenn er einen Ablehnungsantrag stellen wolle.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. August 2007 aufzuheben, festzustellen, dass das Verfahren über seine Klage vom 8. Dezember 1993 nicht erledigt ist und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 19. Oktober 1993 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 1993 zu verpflichten, Feststellungen nach dem AAÜG zu treffen, nach denen er nicht die Voraussetzungen für die Anwendung besonderer Leistungsbemessungsregelungen nach § 6 Abs. 2, 3 AAÜG erfüllt.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf den nach ihrer Auffassung zutreffenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts.
Neben der Akte der Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung die Akten des Sozialgerichts Magdeburg S 18 An 268/93 und S 8 RA 214/00 vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Darüber kann der Senat auch angesichts der Äußerungen des Klägers über die Befangenheit der "zuständigen Gerichte" entscheiden. Als Ablehnungsantrag im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 1 SGG ist diese Äußerung jedenfalls unbeachtlich, weil sie pauschal auf alle Richter und Spruchkörper zu beziehen ist, die je – auch mit einer Entscheidung über eine Befangenheitsablehnung durch den Kläger – mit seinem Fall befasst sein könnten. Zudem findet sich nirgends eine Begründung, welche Bedenken eigentlich den Kläger konkret zu seiner Befürchtung der Befangenheit bewegen.
Bei der mit Schreiben vom 7. August 2000 erhobenen Klage handelt es sich dem Anliegen nach um eine gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Klage auf Feststellung der Fortdauer des Verfahrens auf die Klage vom 8. Dezember 1993 als ein Prozessrechtsverhältnis. Diese hat der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 30. Juli 2007 nicht ihrerseits zurückgenommen. Denn soweit der Kläger dort mehrfach zum Ausdruck bringt, er wolle keine Entscheidung über eine frühere Rücknahmeerklärung, steht dies in einem Zusammenhang, der belegt, dass er daran gerade festhält. Er bekräftigt lediglich seine Auffassung, dass es angesichts der Eindeutigkeit der Lage im Sinne seines Anliegens nichts zu entscheiden gibt. Darin liegt aber keine Klagerücknahme, da der Kläger das Verfahren über seine Klage vom 8. Dezember 1993 selbst fortführen will, wofür die Klärung, ob diese Klage zurückgenommen ist, Voraussetzung ist. Die Leugnung, dass eine solche Klärung erforderlich ist, stellt lediglich die Bekräftigung des inhaltlichen Vorbringens des Klägers dar, eine Klagerücknahme lasse sich nicht belegen. Nicht ver-bunden damit ist die Inkaufnahme der notwendigen Folge einer Rücknahme des Feststellungsbegehrens, eine Rücknahmeerklärung vom 24. April 1995 im Sinne einer Bestandskraft von Bescheiden gegen ihn verwenden zu können.
Für seine Klage fehlt dem Kläger nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Könnte er im Sinne seines Hauptsachebegehrens durchdringen, wäre es Sache des Rentenversicherungsträgers, angesichts eines neu erteilten Überführungsbescheides zu entscheiden, ob sich Änderungen der Rentenberechnung hinsichtlich des Rentenbezugszeitraumes zwischen Januar und Juni 1993 ergeben. Damit erreicht der Kläger eine Verbesserung seiner Rechtsposition, die ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis rechtfertigt.
Das vom Kläger auf seine Klage vom 8. Dezember 1993 geführte Verfahren vor dem Sozialgericht Magdeburg S 18 An 268/93 ist gem. § 102 S. 2 SGG durch Klagerücknahme erledigt. Diese Klagerücknahme hat der Kläger am 24. April 1995 in einem Erörterungstermin vor dem Sozialgericht Magdeburg erklärt. Dies ergibt sich aus der Sitzungsniederschrift des Sozialgerichts vom gleichen Tag. Darin ist die Erklärung des Klägers enthalten: "Ich nehme daher die Klage zurück." Diese Erklärung ist formgerecht Bestandteil der Sitzungsniederschrift. Gem. § 122 SGG i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 8 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist die Zurücknahme der Klage entgegen der Auffassung des Klägers nicht nur schriftlich, sondern auch zur Niederschrift zu Protokoll möglich; auf die allgemeine Wahrung der Schriftform durch das Protokoll kommt es insoweit nicht an. Das Protokoll genügt auch den Anforderungen aus § 122 SGG i.V.m. § 162 Abs. 1 S. 1, 3 ZPO, wonach die Rücknahmeerklärung dem Erklärenden vorgelesen und von ihm genehmigt werden muss. Dies ergibt sich aus dem darüber aufgenommenen Protokollvermerk "v.u.g.", dem die Aussage zu entnehmen ist, dass die Rücknahmeerklärung dem Kläger vorgelesen und von ihm genehmigt worden ist.
Mit dem erstellten Protokoll als öffentlicher Urkunde ist nach § 202 SGG i.V.m. § 415 Abs. 1 ZPO die Abgabe der Rücknahmeerklärung bewiesen; Beweismittel für seine Gegenbehauptung, eine solche Erklärung nicht abgegeben zu haben, hat der Kläger nicht benannt. Im Übrigen belegt aber sein eigener Schriftsatz vom 13. Dezember 1995 die Richtigkeit des Protokolls, mit dem er eingestanden hat, er habe "die Klage zurückgezogen". Es kann dahinstehen, ob eine Klagerücknahme in entsprechender Anwendung von §§ 119 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angefochten werden kann; selbst dafür fehlen die Voraussetzungen. Denn die Gründe des Klägers, sich von seiner Erklärung lösen zu wollen, sind für eine wirksame Anfechtung unbeachtlich. Es lag bei der Rücknahmeerklärung kein Inhaltsirrtum im Sinne von § 119 Abs. 1 1. Fall des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor, weil der Kläger den wesentlichen Inhalt seiner Erklärung kannte, wonach durch sie keine Klage mehr anhängig war. Denn dem Kläger war dieser Umstand ausweislich seines Schreibens vom 13. Dezember 1995 klar. Anderenfalls hätte er einerseits nicht darauf Bezug nehmen können, dass er die Klage "zurückgezogen" hatte und hätte andererseits die Erklärung auch nicht als Voraussetzung für eine Fortführung des Verfahrens für ungültig zu erklären brauchen. Weiterhin lag bei Abgabe der Rücknahmeerklärung kein Erklärungsirrtum nach § 119 Abs. 1 2. Fall BGB vor, weil der Kläger ausweislich des Protokolls und seines Schreibens vom 13. Dezember 1995 wusste, welche Erklärung er abgab. Es handelte sich schließlich nicht um einen erheblichen Motivirrtum im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB, weil die Erklärung keinen Bezug zu einer Person oder Sache hatte. Gegenstand der Erklärung war allein das gegen die Beklagte geführte Gerichtsverfahren; über dessen wesentliche Umstände hat der Kläger nicht geirrt. Ausschlaggebend für die Rücknahmeerklärung war ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 24. April 1995 die Spekulation des Klägers über ein künftiges Tätigwerden des Gesetzgebers zu seinen Gunsten, wie er mittelbar im Schriftsatz vom 13. Dezember 1995 bestätigt, indem er darauf hinweist, seine Gründe seien "weggefallen bzw. nicht eingetreten". Damit hat der Kläger die zum Zeitpunkt seiner Rücknahmeerklärung geltende Rechtslage und die damit verbundene Wirkung seiner Rücknahmeerklärung als allein wesentlichen Gegenstand seiner Erklärung nicht verkannt. Mit dieser Rücknahmeerklärung stand auch in überhaupt keinem Zusammenhang, dass sich seine in die Zukunft gerichteten Hoffnungen zerschlagen haben. Vielmehr stellen diese einen typischen Fall eines unbeachtlichen Irrtums im Beweggrund für die abgegebene Erklärung dar. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gem. § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer vom Sozialgericht als Klagerücknahme protokollierten Erklärung.
Der 19xx geborene Kläger gehörte seit 1950 zunächst der kasernierten Volkspolizei und später der Nationalen Volksarmee an.
Die Beklagte erteilte dem Kläger einen Überführungsbescheid vom 19. Oktober 1993, in dem sie seine Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem für Angehörige der Nationalen Volksarmee im Zeitraum vom 21. Dezember 1952 bis zum 30. April 1969 feststellte. Neben den Jahresbruttoarbeitsentgelten nahm sie in den Bescheid für den Zeitraum ab Januar 1953 Entgelte "nach AAÜG" auf, die entsprechend der Regelung des § 6 Abs. 2 AAÜG in der Fassung durch Gesetz vom 24. Juni 1993 vermindert waren. Gegen diese Verminderung wandte der Kläger sich nach Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 16. November 1993 mit einer Klage an das Sozialgericht Magdeburg vom 8. Dezember 1993.
In einem Erörterungstermin am 24. April 1995 führte der Kläger nach dem Inhalt der Sitzungsniederschrift aus, er rechne damit, in den Genuss einer Änderung des AAÜG zu kommen, für die es bereits eine entsprechende Initiative gebe. Zum Abschluss dieser Erklärung nahm er die Klage zurück. Wegen der Sitzungsniederschrift wird auf Bl. 32 f. der beigezogenen Akte des Sozialgerichts Magdeburg S 18 An 268/93 verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 13. Dezember 1995 erklärte er seine Klagerücknahme für "ungültig". Er führte aus, die Gründe, warum er seine Klage zurückgezogen habe, seien entfallen bzw. nicht eingetroffen.
Im Hinblick auf das daraufhin eingeleitete Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X erklärten die Beteiligten in einem Erörterungstermin am 27. Februar 1997 den bis dahin fortgeführten Rechtsstreit zum Az. S 18 An 268/93 übereinstimmend für erledigt.
Das Überprüfungsverfahren mündete in ein Berufungsverfahren zum Az. L 1 RA 267/03, in dessen Verlauf die Deutsche Rentenversicherung Bund mit Bescheid vom 12. Januar 2007 die Altersrente des Klägers neu berechnet hat. Dabei hat sie für den Zeitraum von Juli 1993 bis Dezember 1996 eine Nachzahlung von 13.050,08 EUR ermittelt, indem sie nunmehr auch für diesen Zeitraum der Berechnung der Entgeltpunkte für die Jahre 1953 bis 1969 Arbeitsentgelte in Höhe der Beträge der Anlage 3 zum AAÜG zu Grunde gelegt hat.
Der Senat hat mit Urteil vom 27. März 2007 im Wesentlichen der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Klage auf Erlass eines günstigeren Überführungsbescheides abgewiesen. Zur Begründung hat er darauf verwiesen, dem Kläger fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil er mit der Klage nichts erreichen könne, das er nicht durch den Rentenbescheid vom 12. Januar 2007 ohnehin schon erhalten habe.
Mit Schreiben vom 7. August 2000 hatte sich der Kläger erneut darauf berufen, seine Klagerücknahme schon für ungültig erklärt zu haben. Mit Schreiben vom 15. Oktober 2000 hat der Kläger die Bestätigung verlangt, seine Klage und das Verfahren gegen die Bundesrepublik seien zu keiner Zeit aufgehoben, beendet oder von seiner Seite widerrufen worden. Dieser Antrag ist Grundlage des vorliegenden Verfahrens und – nach Hinweis durch den Berichterstatter – beim Sozialgericht Magdeburg bearbeitet worden. Dort hat der Kläger geltend gemacht, er habe die Klage vom 8. Dezember 1993 nicht zurückgenommen. Dafür habe es nie ein Motiv gegeben. Es gebe keinen schriftlichen Beweis für eine Klagerücknahme; für diese sei aber die Schriftform vorgeschrieben. Er bestehe weiterhin auf der Aufhebung der "Strafrente". Im Schriftsatz vom 30. Juli 2007 hat der Kläger sodann wörtlich vorgetragen: "Eine gerichtliche Entscheidung über die Frage einer Klagerücknahme soll nicht erfolgen, weil diese bereits erfolgt ist. Ich fordere den schriftlichen Beweis zu dieser Frage, den Sie nicht besitzen, weil ich ihn nicht erteilt habe. Daraus ergibt sich keine schriftliche Entscheidung, sondern nur eine Antwort von Ihnen, dass diese Frage nicht existiert. Der Gegenstand meiner Klage vom 8. Dezember 1993 besteht nach wie vor. Uns interessiert, wer ein Interesse hat, die Frage einer Klagerücknahme nach über 12 Jahren zu klären, ich nicht."
Mit Gerichtsbescheid vom 23. August 2007 hat das Sozialgericht festgestellt, dass das unter dem Az. S 18 An 268/93 geführte Verfahren durch Klagerücknahme erledigt ist. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe die entsprechende Klage im Termin vom 24. April 1995 wirksam zurückgenommen. Ausweislich des Protokolls sei die Erklärung dem Kläger vorgelesen und von ihm genehmigt worden. Eine solche Prozesshandlung könne nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden.
Auch sei das Rechtsschutzbedürfnis für das Verfahren zweifelhaft. Im Hinblick auf die schon getroffene Entscheidung des Landessozialgerichts in dem Verfahren L 1 RA 267/03 sei nicht mehr erkennbar, welcher rechtliche Vorteil für den Kläger aus einer positiven Entscheidung erwachsen könne.
Gegen den ihm am 27. August 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger mit Eingangsdatum vom 19. September 2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor, weshalb er zu keinem Zeitpunkt zur Gruppe der Staatsnahen hätte gerechnet werden dürfen. Schon deshalb habe er niemals die Klage zurücknehmen können und habe nach seinen Aufzeichnungen auch nur für den Fall einer neuen, für ihn günstigen Bestimmung eine entsprechende Absicht angekündigt. Insofern stehe Aussage gegen Aussage. Abschließend führt er aus: "Die zuständigen Gerichte sind meines Erachtens befangen und parteiisch und haben kein Vertrauen." Das Gericht hat den Kläger darauf hingewiesen, er müsse insofern Richter/innen konkret bezeichnen, wenn er einen Ablehnungsantrag stellen wolle.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. August 2007 aufzuheben, festzustellen, dass das Verfahren über seine Klage vom 8. Dezember 1993 nicht erledigt ist und die Beklagte unter Änderung ihres Bescheides vom 19. Oktober 1993 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheides vom 22. November 1993 zu verpflichten, Feststellungen nach dem AAÜG zu treffen, nach denen er nicht die Voraussetzungen für die Anwendung besonderer Leistungsbemessungsregelungen nach § 6 Abs. 2, 3 AAÜG erfüllt.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf den nach ihrer Auffassung zutreffenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts.
Neben der Akte der Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung und bei der Beratung die Akten des Sozialgerichts Magdeburg S 18 An 268/93 und S 8 RA 214/00 vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.
Darüber kann der Senat auch angesichts der Äußerungen des Klägers über die Befangenheit der "zuständigen Gerichte" entscheiden. Als Ablehnungsantrag im Sinne von § 60 Abs. 1 S. 1 SGG ist diese Äußerung jedenfalls unbeachtlich, weil sie pauschal auf alle Richter und Spruchkörper zu beziehen ist, die je – auch mit einer Entscheidung über eine Befangenheitsablehnung durch den Kläger – mit seinem Fall befasst sein könnten. Zudem findet sich nirgends eine Begründung, welche Bedenken eigentlich den Kläger konkret zu seiner Befürchtung der Befangenheit bewegen.
Bei der mit Schreiben vom 7. August 2000 erhobenen Klage handelt es sich dem Anliegen nach um eine gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Klage auf Feststellung der Fortdauer des Verfahrens auf die Klage vom 8. Dezember 1993 als ein Prozessrechtsverhältnis. Diese hat der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 30. Juli 2007 nicht ihrerseits zurückgenommen. Denn soweit der Kläger dort mehrfach zum Ausdruck bringt, er wolle keine Entscheidung über eine frühere Rücknahmeerklärung, steht dies in einem Zusammenhang, der belegt, dass er daran gerade festhält. Er bekräftigt lediglich seine Auffassung, dass es angesichts der Eindeutigkeit der Lage im Sinne seines Anliegens nichts zu entscheiden gibt. Darin liegt aber keine Klagerücknahme, da der Kläger das Verfahren über seine Klage vom 8. Dezember 1993 selbst fortführen will, wofür die Klärung, ob diese Klage zurückgenommen ist, Voraussetzung ist. Die Leugnung, dass eine solche Klärung erforderlich ist, stellt lediglich die Bekräftigung des inhaltlichen Vorbringens des Klägers dar, eine Klagerücknahme lasse sich nicht belegen. Nicht ver-bunden damit ist die Inkaufnahme der notwendigen Folge einer Rücknahme des Feststellungsbegehrens, eine Rücknahmeerklärung vom 24. April 1995 im Sinne einer Bestandskraft von Bescheiden gegen ihn verwenden zu können.
Für seine Klage fehlt dem Kläger nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Könnte er im Sinne seines Hauptsachebegehrens durchdringen, wäre es Sache des Rentenversicherungsträgers, angesichts eines neu erteilten Überführungsbescheides zu entscheiden, ob sich Änderungen der Rentenberechnung hinsichtlich des Rentenbezugszeitraumes zwischen Januar und Juni 1993 ergeben. Damit erreicht der Kläger eine Verbesserung seiner Rechtsposition, die ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis rechtfertigt.
Das vom Kläger auf seine Klage vom 8. Dezember 1993 geführte Verfahren vor dem Sozialgericht Magdeburg S 18 An 268/93 ist gem. § 102 S. 2 SGG durch Klagerücknahme erledigt. Diese Klagerücknahme hat der Kläger am 24. April 1995 in einem Erörterungstermin vor dem Sozialgericht Magdeburg erklärt. Dies ergibt sich aus der Sitzungsniederschrift des Sozialgerichts vom gleichen Tag. Darin ist die Erklärung des Klägers enthalten: "Ich nehme daher die Klage zurück." Diese Erklärung ist formgerecht Bestandteil der Sitzungsniederschrift. Gem. § 122 SGG i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 8 der Zivilprozessordnung (ZPO) ist die Zurücknahme der Klage entgegen der Auffassung des Klägers nicht nur schriftlich, sondern auch zur Niederschrift zu Protokoll möglich; auf die allgemeine Wahrung der Schriftform durch das Protokoll kommt es insoweit nicht an. Das Protokoll genügt auch den Anforderungen aus § 122 SGG i.V.m. § 162 Abs. 1 S. 1, 3 ZPO, wonach die Rücknahmeerklärung dem Erklärenden vorgelesen und von ihm genehmigt werden muss. Dies ergibt sich aus dem darüber aufgenommenen Protokollvermerk "v.u.g.", dem die Aussage zu entnehmen ist, dass die Rücknahmeerklärung dem Kläger vorgelesen und von ihm genehmigt worden ist.
Mit dem erstellten Protokoll als öffentlicher Urkunde ist nach § 202 SGG i.V.m. § 415 Abs. 1 ZPO die Abgabe der Rücknahmeerklärung bewiesen; Beweismittel für seine Gegenbehauptung, eine solche Erklärung nicht abgegeben zu haben, hat der Kläger nicht benannt. Im Übrigen belegt aber sein eigener Schriftsatz vom 13. Dezember 1995 die Richtigkeit des Protokolls, mit dem er eingestanden hat, er habe "die Klage zurückgezogen". Es kann dahinstehen, ob eine Klagerücknahme in entsprechender Anwendung von §§ 119 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) angefochten werden kann; selbst dafür fehlen die Voraussetzungen. Denn die Gründe des Klägers, sich von seiner Erklärung lösen zu wollen, sind für eine wirksame Anfechtung unbeachtlich. Es lag bei der Rücknahmeerklärung kein Inhaltsirrtum im Sinne von § 119 Abs. 1 1. Fall des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor, weil der Kläger den wesentlichen Inhalt seiner Erklärung kannte, wonach durch sie keine Klage mehr anhängig war. Denn dem Kläger war dieser Umstand ausweislich seines Schreibens vom 13. Dezember 1995 klar. Anderenfalls hätte er einerseits nicht darauf Bezug nehmen können, dass er die Klage "zurückgezogen" hatte und hätte andererseits die Erklärung auch nicht als Voraussetzung für eine Fortführung des Verfahrens für ungültig zu erklären brauchen. Weiterhin lag bei Abgabe der Rücknahmeerklärung kein Erklärungsirrtum nach § 119 Abs. 1 2. Fall BGB vor, weil der Kläger ausweislich des Protokolls und seines Schreibens vom 13. Dezember 1995 wusste, welche Erklärung er abgab. Es handelte sich schließlich nicht um einen erheblichen Motivirrtum im Sinne von § 119 Abs. 2 BGB, weil die Erklärung keinen Bezug zu einer Person oder Sache hatte. Gegenstand der Erklärung war allein das gegen die Beklagte geführte Gerichtsverfahren; über dessen wesentliche Umstände hat der Kläger nicht geirrt. Ausschlaggebend für die Rücknahmeerklärung war ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 24. April 1995 die Spekulation des Klägers über ein künftiges Tätigwerden des Gesetzgebers zu seinen Gunsten, wie er mittelbar im Schriftsatz vom 13. Dezember 1995 bestätigt, indem er darauf hinweist, seine Gründe seien "weggefallen bzw. nicht eingetreten". Damit hat der Kläger die zum Zeitpunkt seiner Rücknahmeerklärung geltende Rechtslage und die damit verbundene Wirkung seiner Rücknahmeerklärung als allein wesentlichen Gegenstand seiner Erklärung nicht verkannt. Mit dieser Rücknahmeerklärung stand auch in überhaupt keinem Zusammenhang, dass sich seine in die Zukunft gerichteten Hoffnungen zerschlagen haben. Vielmehr stellen diese einen typischen Fall eines unbeachtlichen Irrtums im Beweggrund für die abgegebene Erklärung dar. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gem. § 160 Abs. 2 Nrn. 1, 2 SGG nicht.
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