L 1 RA 150/05

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 12 RA 568/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RA 150/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Die im April 19 geborene Klägerin erlernte von September 1974 bis Juli 1976 den Beruf der Herrenmaßschneiderin und war in diesem Beruf bis September 1978 beschäftigt. Nach einer Unterbrechung durch eine Erziehungszeit war sie von Dezember 1980 bis September 1983 in einer Geflügelfarm und anschließend bis April 1984 wieder als Maßschneiderin tätig. Danach arbeitete sie bis September 1988 in einer Kinderkrippe bzw. in einem Kindergarten, zunächst als technische Kraft und ab Mai 1985 als erzieherische Hilfskraft. Von Oktober 1988 bis einschließlich Januar 1994 war sie als Sozialbetreuerin beschäftigt. Während der anschließenden Arbeitslosigkeit absolvierte die Klägerin vom 1. November 1994 bis 30. Juli 1996 erfolgreich eine Umschulung zur Bürokauffrau und war in der Zeit vom 28. Juli 1997 bis einschließlich August 1998 als solche bei der G Speditions GmbH tätig. Seitdem ist sie arbeitslos.

Den bereits am 30. Juli 1999 von der Klägerin wegen fortgeschrittener Arthrose und Spondylose der Halswirbelsäule gestellten Antrag auf Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente lehnte die Beklagte unter Bezugnahme auf ein Gutachten des Facharztes für Chirurgie M. von Oktober 1999 ab. Der Gutachter hatte ein Cervikobrachialsyndrom mit mäßig degenerativen Halswirbelsäulenveränderungen und Schmerzen in der linken Schulter sowie Gonarthrose mit Chondropathia patellae rechts mehr als links diagnostiziert und hielt die Klägerin für durchaus fähig, 500 Meter zu laufen und in ihrer letzten beruflichen Tätigkeit als Bürokauffrau vollschichtig tätig zu sein.

Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos, nachdem die Beklagte einen Befundbericht des die Klägerin behandelnden Facharztes für Orthopädie Dr. A. sowie den Entlassungsbericht einer stationären Rehabilitationsmaßnahme der Klägerin in der Zeit vom 13. April bis 4. Mai 2000 eingeholt hatte. Dr. A. gab ein chronisches Lumbalsyndrom bei muskulären Dysbalancen, eine blande Epicondylitis humeri radialis rechts, eine Retropatellararthrose beidseits sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung an. Er hielt die Klägerin aus orthopädischer Sicht in dem von ihr erlernten Beruf für vollschichtig einsetzbar. Weiterhin gab er eine massive Diskrepanz zwischen den subjektiv empfundenen Beschwerden und den objektiven Befunden im Sinne einer somatoformen Schmerzstörung an. Der Reha-Entlassungsbericht enthielt die Diagnosen: - Gonarthrose rechts sowie eine beginnende Gonarthrose links, - Cervikobrachialgien und -cephalgien bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule, - Lumbalgien bei Fehlstatik und mäßigen degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule. Die Klägerin könne sowohl ihre letzte Tätigkeit als Bürokauffrau als auch leichte Tätigkeiten in Tagesschicht ohne schweres Heben und Tragen von Lasten, ohne längeres Stehen, Gehen oder Sitzen und ohne dauernde Zwangshaltungen der Wirbelsäule vollschichtig verrichten. Sie sei arbeitsfähig entlassen worden.

Die zunächst im August 2000 erhobene Klage nahm die Klägerin im September 2000 zurück.

Im Oktober 2001 beantragte die Klägerin erneut eine Erwerbsminderungsrente. Hierbei gab sie eine Verschlimmerung der Arthrose in den Knie- und Hüftgelenken, eine schmerzhafte beginnende Polyarthritis in Schulter-, Ellenbogen-, Hand-, Knie-, Hüft- und Sprunggelenken sowie eine Verschlechterung der Spondylose im Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich an.

Im Auftrag der Beklagten erstellte der Facharzt für Chirurgie Oberarzt Meißner am 27. Dezember 2001 erneut ein Gutachten, in welchem er unspezifische Gelenkschmerzen, Sehnenentzündungen sowie ein Halswirbelsäulensyndrom diagnostizierte. Die Knieschmerzsymptomatik habe sich beidseits deutlich verschlechtert und es bestehe außerdem der dringende Verdacht auf eine rheumatische Erkrankung. Die Klägerin sei krankgeschrieben und zurzeit in ihrer letzten beruflichen Tätigkeit als Bürokauffrau lediglich unter drei Stunden einsetzbar. Eine Besserung sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht sicher absehbar, er rate jedoch eine komplexe Kurbehandlung an, nach deren Durchführung möglicherweise eine drei- bis unter sechsstündige leichte Tätigkeit mit weiteren qualitativen Einschränkungen möglich wäre. Bezüglich der umfangreich dokumentierten Bewegungsmaße der Wirbelsäule sowie der oberen und unteren Gliedmaßen wird auf das Gutachten verwiesen.

Der beratende Arzt der Beklagten Dr. W. hielt dieses Gutachten für zu negativ und nicht schlüssig. Es lägen ein chronisches Wirbelsäulenschmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen, leichte Hüft- und Kniegelenksarthrosen beidseits, ein Zustand nach Arthroskopien beidseits sowie unspezifische Gelenkschmerzen zahlreicher Gelenke vor, aber nur geringe Funktionsstörungen und keine Entzündungszeichen. Zudem bestehe der Verdacht auf eine psychosomatische Beschwerdeüberlagerung. Für leichte Tätigkeiten ohne Zwangshaltung der Wirbelsäule, ohne Hocken und Knien und ohne Einsatz auf Leitern und Gerüsten bestehe ein Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2002 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab, da sie mit den ärztlicherseits festgestellten Erkrankungen noch in der Lage sei, in ihrem bisherigen Beruf als Bürokauffrau sowie unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Hiergegen legte die Klägerin am 15. März 2002 Widerspruch mit der Begründung ein, sie sei inzwischen mehrfach an den Kniegelenken operiert worden. Da die Gelenke so stark schmerzten, sei sie nicht in der Lage, acht Stunden zu arbeiten. Aufgrund der Einnahme von Schmerztabletten habe sie Magenprobleme und das Autofahren sei beeinträchtigt.

Die Beklagte holte einen Befundbericht der in der Gemeinschaftspraxis für Orthopädie Hein/Bartels tätigen Ärztin Richter vom 21. März 2003 ein. Diese berichtete über endgradige Bewegungsschmerzen in Knie- und Hüftgelenken mit diesbezüglich altersentsprechenden röntgenologischen Befunden und eine insgesamt eingeschränkte Belastbarkeit der Patientin. Längeres Gehen und Stehen, Treppensteigen, kniende und hockende Tätigkeiten, Heben und Tragen von Lasten seien nicht möglich; Stauchungs- und Verdrehungsbelastungen im Kniegelenk seien zu vermeiden. Eine leichtere Tätigkeit überwiegend im Sitzen werde empfohlen. Es wurden Arthroskopieberichte vom 15. Januar, 13. August 2001 sowie vom 14. Januar 2003 und MRT-Berichte vom 6. Dezember 2000 und 15. Mai 2001 beigefügt. Mit Bescheid vom 10. Juni 2003 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück.

Zur Begründung der hiergegen am 2. Juli 2003 beim Sozialgericht Halle erhobenen Klage hat die Klägerin ausgeführt, sie sei nicht mehr in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit auszuüben. Hiervon gehe auch der von der Beklagten beauftragte Gutachter aus. In dem Gutachten sei ausgeführt, die Klägerin könne bei Linderung der Beschwerden perspektivisch für drei bis unter sechs Stunden tätig sein. Eine Besserung der Beschwerden sei jedoch nicht eingetreten; die Schmerzzustände hätten vielmehr zugenommen. Dies werde in dem Befundbericht von Dr. H. bestätigt. Ein längeres Sitzen von einer Stunde auf einem Stuhl sei genauso wie längeres Stehen mit großer Anstrengung verbunden. Selbst kleine häusliche Arbeiten fielen ihr schon schwer. Das Zurücklegen einer Wegstrecke von ca. 500 Meter sei nur mit Hilfe einer Gehstütze möglich und verursache daher starke Beschwerden in den Händen und Armen. Die Schmerzbeschwerden beträfen alle Gelenke. Sie müsse ständig starke Medikamente zu sich nehmen, was sie leicht benommen mache. Sie könne nicht mehr voll an einem normalen Leben mit Freunden teilnehmen. Ihr Gesundheitszustand werde zunehmend schlechter. Sie könne den Stift nicht lange in der Hand halten, und die Haltung beim Schreiben falle ihr schwer, so dass sie auch beim Schreiben dieser Zeilen längere Pausen einlegen müsse.

Das Sozialgericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte eingeholt. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin Just hat in einem Befundbericht vom 12. April 2003 Gelenkschmerzen der Kniegelenke, eine beginnende Polyarthrose, Polyarthritis, ein Fibromyalgiesyndrom und eine Depression angegeben und ausgeführt, der Zustand der Klägerin habe sich nicht erheblich verändert. Sie hat verschiedene Arztbriefe beigefügt, darunter einen der Fachärztin für Radiologie Marzotko vom 8. Juli 2003, die aufgrund einer Röntgenuntersuchung diskret beginnende degenerative Veränderungen im Bereich der Hüftgelenke ohne Bewegungsdefizite und eine deutliche Diskrepanz zwischen Beschwerdebild und Befund festgestellt hat. Orthopädisch sei die Benutzung der Unterarmstützen nicht erklärbar. Dr. N. aus der Gemeinschaftspraxis für Radiologie und Nuklearmedizin hat in einem Arztbrief vom 9. Oktober 2003 nach MRT-Untersuchungen der Hüftgelenke sowie der Lenden- und unteren Brustwirbelsäule regelrechte Befunde angegeben. Normalbefunde der Arme und Beine bei einer Elektro¬neurographie ergaben sich auch aus einem Arztbrief von Dr. St. , Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 10. November 2003.

Der Facharzt für Orthopädie Dr. B. hat in einem Befundbericht vom 9. Februar 2004 degenerative Knorpelveränderungen an den Kniescheiben (Stadium II) mit einem Knorpelschaden am linken Kniegelenk (Stadium I), ein latentes Hyperkompressionssyndrom der Kniescheibe, eine vordere Kreuzbandinsuffizienz des rechten Kniegelenks, eine chronische Sehnenentzündung beidseitig sowie eine beginnende Polyarthritis in Form von unspezifischen Gelenkbeschwerden beschrieben. Die Beschwerden seien in den letzten Jahren zunehmend stärker geworden; mit einer Verbesserung sei nicht zu rechnen. Schwere körperliche Belastungen und Arbeiten unter extremer körperlicher Belastung in der Hocke seien nicht angezeigt. Die ausdrückliche Nachfrage des Sozialgerichts, ob die Klägerin aus orthopädischer Sicht in der Lage sei, leichte körperliche Tätigkeiten im Umfang von sechs Stunden auszuüben, hat er bejaht.

Die Fachärztin für Anästhesiologie Dr. Ah. hat in ihrem Befundbericht vom 6. Juli 2004 ausgeführt, die Klägerin leide unter einer ausgeprägten Schmerzempfindlichkeit mit psychischen Veränderungen, die ursächlich auf die chronischen Schmerzen zurückzuführen seien. Durch die begleitenden vegetativen Beschwerden wie Depressionen, Durchschlafstörungen, vegetative Stressreaktionen, Angstzustände, Gastritis und allgemeines Erschöpfungsgefühl werde die Patientin nicht in der Lage sein, überhaupt einer geregelten Arbeit nachzugehen. Auch sie hat verschiedene Arztbriefe beigefügt.

Das Sozialgericht hat weiterhin ein Gutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie Dr. L. vom 14. Februar 2005 eingeholt, die eine leichte depressive Reaktion, ein chronisches Schmerzsyndrom und im Übrigen keine manifeste oder schwerwiegende psychische Erkrankung diagnostizierte. Mit diesen Erkrankungen könne die Klägerin noch körperlich leichte Tätigkeiten ausführen, die wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen erfolgen sollten und bei denen ein häufiger Haltungswechsel garantiert sei. Da die Schmerzen bis in die Arme und Hände ausstrahlten, sei die Klägerin auch im Gebrauch der Hände eingeschränkt, so dass Arbeiten, die eine gute Feinmotorik oder Kraft in den Händen erforderten, genauso wenig möglich seien wie solche, die ständige Anforderungen an die Belastbarkeit und die Geschicklichkeit in den Händen wie beispielsweise permanentes Zugreifen oder sehr genaues Hantieren erforderten. Die Anforderungen an die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit, an Übersicht, Aufmerksamkeit und Verantwortungsübernahme könnten wegen der erhöhten Erschöpf- und Ermüdbarkeit und der Schlafstörungen ebenfalls nur noch gering sein. Der Klägerin könnten auch keine Arbeiten mit mehr als einer leichten Stress- oder psychischen Belastung, mit starkem zeitlichem oder anderweitigem Druck oder mit erheblichen äußeren Reizen wie starkem Lärm, starken Lichtreizen oder ähnlichem zugemutet werden. Die ihr zumutbaren Tätigkeiten könne sie sechs Stunden täglich, aber nicht vollschichtig ausführen. Dabei benötige sie eine Pause von 30 bis 45 Minuten, die am günstigsten in zwei bis drei einzelne Pausen von 10 bis 20 Minuten verteilt würden, da sie sicherlich nicht in der Lage sei, sechs Stunden durchzuarbeiten. Die Klägerin könne nicht mehrmals täglich längere Wegstrecken zurücklegen, da bei Wegen über 500 bis 1000 Metern auf jeden Fall mit stärkeren Schmerzen zu rechnen sei. Eine differenzierte Beurteilung der zumutbaren Gehstrecke könne aus Sicht ihres Fachgebietes jedoch nicht erfolgen. Die beschriebenen Minderungen der Leistungsfähigkeit seien durch das chronische Schmerzsyndrom bedingt.

Mit Urteil vom 2. Mai 2005 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen, weil die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig sei. Sie könne trotz ihrer zahlreichen Funktionseinschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung einiger qualitativer Einschränkungen ausführen. Zudem genüge das Leistungsvermögen der Klägerin noch den Anforderungen, die eine Tätigkeit als Bürokauffrau mit sich bringe.

Gegen das der Klägerin am 31. Mai 2005 zugestellte Urteil hat diese am 13. Juni 2005 Berufung mit der Begründung eingelegt, das bestehende Fibromyalgiesyndrom sei nicht dem neurologisch-psychiatrischen Fachgebiet zuzuordnen, sondern stelle - auch nach den Vorgaben der WHO - eine eigenständige Erkrankung dar, die nur von einem entsprechenden Spezialisten beurteilt werden könne. Diese Gesundheitsstörung sei immer mit erheblichen Schmerzen verbunden, die speziell behandelt werden müssten. Die Leistungseinschätzung von Dr. Ah. in dem Befundbericht vom 6. Juli 2004 sei zutreffend, da diese alle ihre Gesundheitsstörungen, auch die orthopädischen, mit umfasse. Außerdem sei bereits dem Gutachten aus dem Jahre 2001 zu entnehmen, dass nur bei Linderung der Beschwerden perspektivisch eine Tätigkeit für drei bis unter sechs Stunden angedacht werden könne. Den Befundberichten lasse sich entnehmen, dass die erhoffte Besserung nicht eingetreten sei.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 2. Mai 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2003 aufzuheben und

die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. November 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat ausgeführt, die erhobenen Funktionsbefunde erlaubten eine Tätigkeit bei Beachtung qualitativer Einschränkungen in voller Schicht. Es lägen keine Funktionsbefunde vor, die eine diskrepante Auffassung zu dem im Gutachten von Dr. L. dargelegten Leistungsvermögen erklären könnten.

Das Landessozialgericht hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte eingeholt. Der Orthopäde Dr. B. hat ausgeführt, die Klägerin leide an einer primär-chronischen Polyarthritis rheumatischer Genese mit rezidivierenden Schwellungsneigungen und initial arthrotischen Veränderungen in beiden Kniegelenken nach partiellen Meniskektomien. Insbesondere unter Belastung komme es immer wieder zu Ergussneigungen und Beschwerden. Im Laufe der Zeit werde es eher zu einer Verschlechterung kommen. Die Patientin solle sich in rheumatologische Grundversorgung begeben.

Die Fachärztin für Anästhesiologie Dr. Ah. hat in einem Befundbericht vom 22. November 2005 insbesondere auf eine Fibromyalgie mit einer Vielzahl schmerzhafter Regionen, begleitet von vegetativen Symptomen und psychischen Veränderungen und Polyarthrose mit zahlreichen Gelenkbeschwerden, hingewiesen. Eine regelmäßige Tätigkeit mit Ausdauer könne nicht erwartet werden. Es handele sich um muskuläre Inaktivitäten, die durch körperlichen Stress schmerzverstärkend wirkten. Dieses Panalgesiesyndrom mache eine dauerhafte Tätigkeit mit stundenweiser Einschränkung nicht möglich. In einem später übersandten Arztbrief der Fachärztin für Radiologie Dr. M. vom 21. März 2006 sind altersentsprechende Knochendichtewerte und keine Osteoporose angegeben.

Dr. B. , Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie, bei der die Klägerin bis Juli 2003 in Behandlung war, hat in ihrem Befundbericht vom 6. Oktober 2006 als Diagnosen unspezifische Arthralgien und ein vertebragenes Schmerzsyndrom, aber keine Sicherung einer Erkrankung des entzündlich rheumatischen Formenkreises angegeben.

Dr. Ar. und Prof. Dr. M. , beide von der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Martin-Luther-Universität Halle, haben die Klägerin von Februar bis Anfang Juni 2006 behandelt und eine somatoforme Schmerzstörung sowie eine depressive Episode diagnostiziert. Aufmerksamkeit und Konzentration seien vermindert, Merkfähigkeit und Gedächtnis unauffällig. Die Klägerin sei auf die geschilderten Beschwerden eingeengt.

Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. hat die Klägerin von September 2006 bis Januar 2007 behandelt. Einen Termin im Februar habe die Klägerin nicht wahrgenommen. Als Diagnosen sind eine somatisierte Depression und Somatisierungsstörung angegeben.

Schließlich hat das Landessozialgericht ein neurologisches Gutachten des Facharztes für Neurologie Dr. R. vom 25. Juni 2007 eingeholt. Dieser hat bei der Klägerin eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie eine leichte depressive Störung, Spannungskopfschmerz und Migräne diagnostiziert. Mit diesen Erkrankungen könne die Klägerin durchaus körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten mit geistig mittelschwierigen Anforderungen und mit durchschnittlichen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen sowie nur geringen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit verrichten, wobei die Tätigkeit nicht unter besonderem Zeitdruck in einem ein- bis zweischichtigen System ausgeführt werden sollte. Ein Rückzug von unangenehmen, jedoch nicht in einem höheren Maße von den angenehmen Dingen des Lebens, weise auf eine teilweise Steuerbarkeit der geklagten Beschwerden hin. Die der Art nach zumutbaren Tätigkeiten könne die Klägerin mindestens vier bis fünf Stunden täglich verrichten, wobei sich für eine achtstündige Arbeitseinsatzfähigkeit aus neurologischer Sicht keine Einschränkungen fänden, diese aber aufgrund der Vorwegnahme gelebten Rentendaseins unwahrscheinlich sei. Funktionell seien die Gesundheitsstörungen geringfügig, so dass der Klägerin körperlich noch kontinuierlich leichte Tätigkeiten wechselweise im Stehen, Gehen und Sitzen mit häufigem Haltungswechsel unter den üblichen Bedingungen zugemutet werden könnten. Nach einer Arbeitszeit von drei Stunden erscheine eine 15 bis 20minütige Pause angezeigt. Danach könne eine weitere Arbeitsfähigkeit von drei Stunden erwartet werden. Bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden benötige die Klägerin eine Pause von 30 bis 45 Minuten, die am günstigsten in zwei bis drei einzelne Pausen von 10 bis 20 Minuten Länge verteilt würden. Die beschriebene Leistungsfähigkeit sei seit ca. 2003 relativ konstant und aller Voraussicht nach dauerhaft in dem beschriebenen Maße eingeschränkt.

Die Klägerin hat diesem Gutachten entgegengehalten, es sei nicht nachvollziehbar, wenn zwar ein unterhalbschichtiges Leistungsvermögen diagnostiziert werde, andererseits aber ausgeführt werde, sie sei in der Lage, im Schichtsystem zu arbeiten. Der Gutachter stütze sich auf diagnostische Methoden (MRT, Neurographie, Szintigraphie etc.), die bereits im Jahre 2004 und seitdem nicht mehr durchgeführt worden seien. Sie habe nicht drei Stunden ohne Pause still auf einem Stuhl gesessen, sondern sei erst ca. eine halbe Stunde nach dem vereinbarten Termin aufgerufen worden und habe eine ca. 30minütige Mittagspause gehabt. Zudem habe sie häufig ihre Sitzposition gewechselt. Während der Untersuchung sei keine große Konzentration von ihr gefordert worden, da sie lediglich Fragen beantwortet habe. Sie habe versucht, so wenig wie möglich den Kopf und das Gesicht zu bewegen, um ihren Kopfschmerz nicht zu verstärken. Den Einwand des Gutachters, er habe keine schmerzbedingte Beeinträchtigung der Mimik und Gestik beobachtet, und die Klägerin sei weder in ihrer Konzentrationsfähigkeit noch durch Schmerzen beeinträchtigt erschienen, könne sie daher ebenso wenig wie die Äußerung bezüglich der Vorwegnahme eines gelebten Rentendaseins nachvollziehen. Im Urlaub sei sie schon länger nicht mehr gewesen und ihre Hobbys - wie Malen und Abschneiden verwelkter Blumen - führe sie nur aus, wenn sie sich dazu in der Lage fühle. Außerdem stütze das Gutachten ihr Klagebegehren, da ein Leistungsvermögen von 4 bis unter 6 Stunden festgestellt werde. Schließlich sei es kaum möglich, die im Gutachten für notwendig gehaltenen 2-3 Pausen von 10 bis 20 Minuten oder selbst eine solche Pause als sogenannte persönliche Verteilzeit zu nutzen, da nach dem Arbeitszeitgesetz ein Pausenanspruch erst bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden bestehe.

Auf nochmalige Nachfrage seitens des Gerichts hat der Gutachter mit Schreiben vom 5. November 2007 mitgeteilt, die Klägerin habe in der gesamten Untersuchungszeit von vier Stunden und 15 Minuten (mit einer Pause von 30 Minuten) trotz der angegebenen Schmerzsymptomatik keinerlei funktionelle Beeinträchtigung gezeigt. Es bestehe kein vernünftiger Grund, der einen Leistungsknick vor Ablauf von sechs Stunden begründen könnte. Der Klägerin sei daher eine tägliche Arbeitszeit von mindestens sechs Stunden zumutbar, eine achtstündige Arbeitszeit sei erwägenswert, müsse aber durch Arbeitserprobung eruiert werden. Medizinische Gründe für eine Pause vor Ablauf von sechs Stunden könnten nicht benannt werden. Die diesbezügliche Beurteilung habe lediglich eine Belastung dargestellt, der die Klägerin auf jeden Fall gewachsen sein sollte. Nach den handschriftlichen Aufzeichnungen habe die Klägerin angegeben, jedes Jahr zum Urlaub an die Nordsee zu fahren. Es habe sich kein Vermerk gefunden, dass die Klägerin erwähnt hätte, dies in den letzten Jahren nicht getan zu haben. Gleiches gelte in Bezug auf die Aussage zu ihren Hobbys.

Der Senat hat verschiedene berufskundliche Unterlagen zu der Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin einer kommunalen Verwaltung beigezogen und den Beteiligten zur Kenntnis gegeben.

Der Senat hat weiter einen Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik F. -Klinik (Fachklinik für Orthopädie und Rheumatologie) vom 29. April 2008 nach einer stationären Behandlung vom 26. Februar bis 18. März 2008 beigezogen und den Beteiligten zur Kenntnis gegeben. Danach hat die Klägerin dort Dauerschmerzen in den Schultergelenken, Ellenbogen- und Handgelenken beidseits sowie in den Fingergelenken angegeben. Weiterhin habe sie belastungsabhängige Schmerzen im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich mit Ausstrahlung in den Bereich der Schulterblätter, wiederkehrend Kniegelenks- und Sprunggelenksbeschwerden sowie belastungsabhängige Schmerzen in beiden Hüftgelenken. Langes Sitzen, Laufen, Treppensteigen, häufiges Bücken sowie Zufassen mit der rechten Hand seien ihr nicht möglich. Die Ärzte der F. -Klinik haben ein Fibromyalgiesyndrom, chronische rezidivierende Rückenschmerzen bei Bandscheiben-Protrusion zwischen den Halswirbelkörpern 5/6, Fehlstatik bei thorakaler Skoliose und muskulären Dysbalancen sowie arterielle Hypertonie diagnostiziert. Nach ihrer Einschätzung war die Klägerin in ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Bürokauffrau drei bis sechs Stunden/halbschichtig und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch halbschichtig/drei bis sechs Stunden einsetzbar. Aus rheumatologischer bzw. orthopädischer Sicht sei ein vollschichtiges Leistungsbild möglich. Da aber chronische Schmerzen im Sinne eines Fibromyalgiesyndroms, begleitet von depressiver Verstimmung sowie eine Anpassungsstörung (Hinweis auf vorliegende Diagnose vom entsprechenden Facharzt) vorlägen, sei die Leistungsfähigkeit auf drei bis sechs Stunden eingeschränkt. Der Klägerin sei eine körperlich leichte Tätigkeit zeitweise im Stehen, Gehen und überwiegend im Sitzen in Tageschicht und Wechselschicht möglich. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen, einseitige Körperhaltungen, Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Hocken, Knien, das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie das Ersteigen von Gerüsten und Leitern mit oder ohne Lasten. Außerdem seien Tätigkeiten mit besonderer Gefährdung durch Kälte, Zugluft und durch Nässe nicht zumutbar. Nicht geeignet sei die Klägerin für Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Arbeiten mit hohem Termindruck sowie Nachtschichttätigkeiten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die Akte der Beklagten über die Klägerin - Vers.-Nr. 48 110458 P 505 - hat in der Beratung und bei der Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143, 144 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung hat keinen Erfolg.

Der Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2003 beschwert die Klägerin nicht im Sinne vom §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil die Beklagte die beantragte Rente rechtmäßig abgelehnt hat. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung.

Nach § 43 Abs. 1, 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres nur Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise oder voll erwerbsgemindert sind. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 S. 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 S. 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist weder teilweise noch voll erwerbsgemindert, weil sie nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Der Senat ist überzeugt, dass die Klägerin noch in der Lage ist, sechs Stunden täglich eine leichte körperliche Tätigkeit zu verrichten, die ihr einen Wechsel der Haltungsarten ermöglicht, überwiegend aber im Sitzen auszuüben ist. Längeres Gehen und Stehen, Treppen-steigen, kniende und hockende Tätigkeiten, Heben und Tragen von Lasten sind der Klägerin ebenso wenig zumutbar, wie Arbeiten, die eine gute Feinmotorik oder Kraft der Hände erfordern oder ständige Anforderungen an Belastbarkeit oder Geschicklichkeit der Hände stellen. Auszuschließen sind weiterhin Tätigkeiten mit Stress oder psychischer Belastung, mit starkem zeitlichen oder anderweitigen Druck, mit erheblichen äußeren Reizen, wie starkem Lärm, starken Lichtreizen oder ähnlichem sowie Tätigkeiten, die mit mehr als durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit verbunden sind. Dies ergibt sich aus den Befundberichten der Fachärzte für Orthopädie und der Fachärztin für Rheumatologie sowie aus den eingeholten Gutachten für Neurologie und Psychiatrie von Dr. L. und von Dr. R. und steht in Übereinstimmung mit den vom Facharzt für Chirurgie Meißner in seinem Gutachten dokumentierten Bewegungsmaßen. Dies passt auch zu den jüngsten Angaben der Klägerin gegenüber den Ärzten der F. -Klinik. Danach ist ihr langes Sitzen, Laufen, Treppensteigen, häufiges Bücken sowie Zufassen mit der rechten Hand nicht möglich. Daraus folgt aber im Umkehrschluss, dass eine Tätigkeit ohne solche Belastungen möglich ist.

Die Klägerin leidet beidseitig an Kniegelenksarthrosen; am linken Kniegelenk besteht ein Knorpelschaden. Am rechten Kniegelenk liegen eine vordere Kreuzbandinsuffizienz und beidseitig ein latentes Hyperkompressionssyndrom der Kniescheibe sowie eine chronische Sehnenentzündung vor. Die Beweglichkeit der Kniegelenke wird aber erst ab 115° durch Schmerzen bei der Flexion im rechten Kniegelenk eingeschränkt, ansonsten ergaben sich regelrechte Bewegungsmaße von jeweils 0°/0°/130°. Auch die während des Aufenthaltes in der F. -Klinik gefertigten Röntgenaufnahmen der Kniegelenke vom 5. März 2008 zeigten nach Ansicht der dortigen Ärzte bis auf eine diskrete zystische Aufhellung keine Auffälligkeiten und insbesondere keine Arthrose. Hieraus wird nachvollziehbar, dass körperliche Belastungen und Arbeiten unter extremer körperlicher Belastung in der Hocke oder im Knien sowie längeres Gehen und Stehen, Treppensteigen oder Stauchungs- oder Drehungsbelastungen der Kniegelenke der Klägerin nicht zugemutet werden können. Es wird aber kein Ansatzpunkt für eine quantitative Leistungseinschränkung der Klägerin für leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen erkennbar.

Daneben besteht beidseitig eine leichte Hüftgelenksarthrose, wobei auch diesbezüglich die von dem Facharzt für Chirurgie Meißner festgehaltenen Bewegungsmaße vollkommen im Normbereich lagen. Übereinstimmend hiermit hat die Allgemeinmedizinerin Just in ihrem Befundbericht vom 10. April 2004 angegeben, dass die großen Gelenke frei beweglich seien und die aktive Bewegung lediglich endgradig schmerzhaft eingeschränkt sei. Die Gelenkschmerzen seien von unterschiedlicher Lokalisation und Intensität, aber nicht belastungsabhängig. Ergussbildungen waren nach den Ausführungen des Facharztes Meißner nicht nachweisbar.

Auch Dr. B. hat in ihrem Befundbericht vom 6. Oktober 2006 ausdrücklich keine Gelenkschwellungen angegeben. Da zudem in der fachärztlich rheumatologischen Behandlung keine Erkrankung des entzündlich rheumatischen Formenkreises festgestellt werden konnte, ist von unspezifischen Arthralgien auszugehen. Dies betrifft auch die zahlreichen anderen Gelenke, in denen es rezidivierend zu Gelenkschmerzen kommt. Ellenbogen- und Fingergelenke beidseits sowie das linke Handgelenk waren bei der Untersuchung in der F. -Klinik in Form und Funktion regelrecht. Synoviale Schwellungen in den Hand- und Fingergelenken bestanden nicht. Am rechten Handgelenk bestanden leichte Bewegungsschmerzen. Der Faustschluss war nach den Feststellungen der Ärzte in der F. -Klinik beidseits möglich. Zudem lag nach der dem Entlassungsbericht der F. -Klinik beigelegten Übersicht über die Laborwerte der Rheumafaktor bei 7,2 bzw. 5,9. Normal ist hier nach dieser Übersicht ein Wert unter 14; über ähnliche Werte hatte auch schon Dr. B. berichtet. Dies belegt, dass die rheumatologische Erkrankung bei der Klägerin jedenfalls nicht ausgeprägt ist. Die Ansicht der Gutachter, dass diese geringen, endgradigen Funktionsstörungen einer mindestens sechsstündigen leichten Tätigkeit mit den genannten Einschränkungen nicht entgegenstehen, ist daher überzeugend.

Gleiches gilt für die zum Teil diagnostizierte blande Epicondylitis humeri radialis rechts, da hierdurch ebenfalls die Beweglichkeit der Ellenbogen nicht eingeschränkt wird. Die vom Facharzt für Chirurgie Meißner bezüglich des Ellenbogens festgehaltenen Bewegungsmaße von jeweils 0/0/130 Grad sowie bei der Unterarmdrehung von 90/0/90 Grad sind regelrecht. Bei der Untersuchung in der F. -Klinik zeigte sich die Schulter- und Nackenmuskulatur ohne Druckschmerz; die Ellenbogengelenke waren in Form und Funktion regelrecht.

Bei der klinisch-neurologischen Untersuchung konnte der Gutachter Dr. R. kein fokal-neurologisches Defizit, insbesondere keine Hinweise auf das Vorliegen einer latenten oder manifesten Parese eruieren. Bei der Pareseprüfung fand der Gutachter allenfalls eine schmerzbedingte Mangelinnervation im rechten Arm bedingt durch die Schmerzen im rechten Schultergelenk. In diesem Gelenk habe die Klägerin beim schnellen Aufstehen und Greifen nach ihrer Handtasche ein kurzzeitiges Schmerzempfinden gezeigt. Allerdings sei der Klägerin sowohl der Nacken- und Schürzengriff als auch die Anhebung des Arms bis über die Horizontale gut möglich gewesen, so dass auch diesbezüglich die Schlussfolgerung des Gutachters, es ergäbe sich hieraus funktionell keine Einschränkung, nachvollziehbar ist.

Bei den die Wirbelsäule betreffenden Beschwerden handelt es sich um Cervikobrachialgien und -cephalgien bei degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule sowie um Lumbalgien bei Fehlstatik und mäßigen degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule. Auch bezüglich der Lendenwirbelsäule enthält das Gutachten von dem Facharzt für Chirurgie Meißner umfangreiche Bewegungsmaße, die ebenfalls durchgängig im Normbereich liegen. Hiermit korrespondieren die von Dr. Ah. angegebenen Bewegungsmaße (Zeichen nach Ott: 30/37 cm, Schober 10/15 cm, Fingerbodenabstand 5 cm). Bei der Untersuchung in der F. -Klinik wurden an der Halswirbelsäule ein Druckschmerz am cervikothorakalen Übergang und eine Verspannung der Muskulatur festgestellt. Die Rotation war rechts/links mit 40/0/30 Grad und die Seitneigung rechts/links mit 30/0/20 Grad möglich, wobei ein Bewegungsschmerz bestand. In der Lendenwirbelsäule konnten die Ärzte der F. -Klinik keinen Bewegungsschmerz feststellen. Über den Dornfortsätzen bei L5/S1 bestand ein lokaler Druckschmerz. Weitere Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule werden in den medizinischen Unterlagen nicht beschrieben. Auch röntgenologisch konnten lediglich diskrete Veränderungen festgestellt werden. Mehr als eine qualitative Leistungseinschränkung kann daher in Übereinstimmung mit der orthopädischen und rheumatologischen Leistungseinschätzung der Ärzte der F. -Klinik auch aufgrund des Hals- und Lendenwirbelsäulensyndroms nicht vorliegen.

Insgesamt kann hierzu in Übereinstimmung mit dem Gutachter Dr. R. festgehalten werden, dass sich bei allen diagnostischen Methoden (MRT, Neurographie, Szintigraphie etc.) allenfalls leichte degenerative Veränderungen, unspezifische Befunde oder Normalbefunde fanden, welche das Ausmaß der Beschwerden nicht erklären können. Aufgrund dieses Gesamtbildes ist die Beurteilung des Facharztes für Chirurgie Meißner nicht überzeugend, der für leichte Tätigkeiten lediglich ein drei- bis unter sechsstündiges Leistungsvermögen nach Linderung der Beschwerden perspektivisch in Aussicht gestellt hat. Nach seinen Ausführungen stand die Rheumaschmerz- symptomatik im Vordergrund. Bezüglich der rheumatischen Beschwerden kann der Facharzt für Chirurgie jedoch keine fachärztliche Stellungnahme abgeben. Sowohl die Fachärztin für Rheumatologie Dr. B. als auch die F. -Klinik haben nachvollziehbar (siehe oben) dargelegt, dass keine rheumatische Erkrankung, auf die der Gutachter seine Leistungsbeurteilung im Wesentlichen stützt, nachweisbar ist.

Bei dem teilweise diagnostizierten Fibromyalgiesyndrom handelt sich um generalisierte Schmerzen im Bereich der Muskulatur, des Bindegewebes und der Knochen. In Ermangelung einer Erkrankung des entzündlich rheumatischen Formenkreises kann auch das Fibromyalgiesyndrom der Klägerin nicht hierauf zurückgeführt werden, so dass auch die Einholung eines Gutachtens aus diesem Fachgebiet - wie von der Klägerin angeregt - nicht sinnvoll ist.

Aus den umfangreichen und aussagekräftigen Befundberichten ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine wesentliche Verschlechterung der physischen Leiden.

Die Erkrankungen der Klägerin im psychischen Bereich werden übereinstimmend als leichte depressive Reaktion auf die anhaltende somatoforme Schmerzstörung ohne manifeste oder schwerwiegende psychische Erkrankung beschrieben. Diesbezüglich bewerten die Gutachter Dr. R. und Dr. L. die quantitative Leistungsfähigkeit der Klägerin übereinstimmend mit einer mindestens sechsstündigen Arbeitsfähigkeit täglich. Dr. L. hat von einem weitgehend unauffälligen psychischen Befund ohne Anzeichen für eine anderweitige manifeste psychische Störung oder eine Persönlichkeitsfehlentwicklung berichtet und damit ihre quantitative Leistungseinschätzung überzeugend begründet. Dr. R. berichtet, die Klägerin während der gesamten Untersuchungszeit von vier Stunden und 15 Minuten zur Erstellung des Gutachtens durch Dr. R. keine schmerzbedingten Ausfallerscheinungen gezeigt. Nachvollziehbar legt der Gutachter dar, dass er aufgrund dieser Darstellung keinen Grund für einen Leistungsknick vor Ablauf von 6 Stunden sehe. Zudem ist nach Ansicht von Dr. R. teilweise ein Rückzug von den unangenehmen Tätigkeiten (z.B. Haushalt), jedoch nicht von den angenehmen Dingen des Lebens (Hobbys, Urlaubsreisen) zu erkennen. Mit den angegebenen qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit ist der Erkrankung der Klägerin im psychischen Bereich jedenfalls hinreichend Rechnung getragen.

Demgegenüber konnte die Einschätzung der Fachärztin für Anästhesiologie Dr. Ah. in ihren Befundberichten nicht überzeugen. Wenn diese ausführt, die psychischen Veränderungen seien ursächlich auf die chronischen Schmerzen zurückzuführen und aufgrund der damit einhergehenden vegetativen Beschwerden wie Depressionen, Durchschlafstörungen, vegetative Stressreaktionen, Angstzustände, Gastritis und allgemeines Erschöpfungsgefühl werde die Klägerin nicht in der Lage sein, überhaupt einer geregelten Arbeit nachzugehen, so muss dem entgegengehalten werden, dass die entsprechenden Fachärzte keine schwerwiegende psychische Erkrankung festgestellt haben. Dies gilt nicht nur für die seitens des Gerichts eingeholten Gutachten von Dr. L. und Dr. R. , sondern wird auch aus den Befundberichten der behandelnden Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie der Martin-Luther-Univer-sität bzw. der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. deutlich. Anhaltspunkte für psychische Veränderungen von solchem Gewicht sind nicht zu erkennen. Eine länger andauernde fachärztliche Behandlung hat die Klägerin in diesem Bereich nicht in Anspruch genommen. Auch eine Osteoporose konnte entgegen dem Bericht von Dr. Ah. nicht objektiviert werden, da nach dem Arztbrief der Fachärztin für Radiologie Dr. M. vom 21. März 2006 bei altersentsprechenden Knochendichtewerten keine Osteoporose vorlag. Es kann nicht nachvollzogen werden, warum die von Dr. Ah. angegebenen vegetativen Beschwerden ein Ausmaß erreichen könnten, das einer leichten Tätigkeit mit den angegebenen Einschränkungen entgegensteht.

Aus ähnlichen Gründen kann der Einschätzung der Ärzte der F. -Klinik nicht gefolgt werden, die Klägerin sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch drei bis sechs Stunden/halbschichtig einsetzbar. Diese Einschätzung erfolgte aufgrund einer fachfremden Einschätzung; aus rheumatologischer bzw. orthopädischer Sicht war auch aus Sicht dieser Fachärzte eine vollschichtige Tätigkeit möglich. Begründet wurde diese Einschätzung mit dem Fibromyalgiesyndrom, begleitet von depressiver Verstimmung sowie Anpassungsstörung. Hier hält der Senat die vorliegenden Gutachten der Fachärzte aus den genannten Gründen für nachvollziehbar und überzeugend. Zudem haben auch diese Ärzte die Klägerin für eine körperlich leichte Tätigkeit zeitweise im Stehen, Gehen und überwiegend im Sitzen in Tagschicht und Wechselschicht 3-6 Stunden täglich für einsatzfähig gehalten. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen, einseitige Körperhaltungen, Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Hocken, Knien, das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie das Ersteigen von Gerüsten und Leitern mit oder ohne Lasten. Außerdem seien Tätigkeiten mit besonderer Gefährdung durch Kälte, Zugluft und durch Nässe nicht zumutbar. Nicht geeignet sei die Klägerin für Akkord- und Fließbandarbeiten sowie Arbeiten mit hohem Termindruck sowie Nachtschichttätigkeiten. Warum unter Beachtung der vorgenannten Kriterien eine zeitliche Begrenzung notwendig ist, ist nicht nachvollziehbar und wird auch nicht näher dargelegt.

Bezüglich der weiterhin teilweise diagnostizierten Spannungskopfschmerzen, der Mi-gräne und der Kreislaufprobleme werden in den gesamten Unterlagen keine darüber hinausgehenden Beeinträchtigungen mit Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit der Klägerin benannt. Auch die Klägerin selbst gibt solche nicht an.

Bei der Klägerin liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen und keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, die zu einer Verpflichtung der Beklagten führen würde, eine konkrete Verweisungstätigkeit zu benennen (vgl. Beschluss des Großen Senats des BSG v. 19.12.1996 - GS 2/95 - SozR 3-2600 § 44 SGB VI Nr. 8 = BSGE 80, 24, 33 ff.). Die konkrete Benennung ist nicht erforderlich, wenn der Versicherte noch körperlich leichte Tätigkeiten mit weiteren Einschränkungen sechs Stunden täglich verrichten kann und sich für dieses Restleistungsvermögen Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes mit entsprechenden Arbeitsplätzen beschreiben lassen (BSG SozR 3-2600 § 44 Nr. 12). Die Klägerin kann mit den durch ihre Erkrankungen hervorgerufenen gesundheitlichen Einschränkungen noch körperlich leichte Tätigkeiten mit weiteren Einschränkungen verrichten, und für das sich daraus konkret ergebende Restleistungsvermögen der Klägerin können Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit entsprechenden Arbeitsplätzen beschrieben werden, nämlich Akten anlegen und verwalten, Post bearbeiten, Schriftverkehr führen und telefonieren. Insbesondere die eingeschränkte Funktionsfähigkeit der Hände steht der Ausübung solcher Tätigkeiten nicht entgegen, da hierfür weder feinmotorische Fähigkeiten noch Kraft in den Händen erforderlich sind, und solche Tätigkeiten auch keine ständigen Anforderungen an Belastbarkeit oder Geschicklichkeit der Hände stellen. Damit ist die Klägerin zu Verrichtungen in der Lage, wie sie in der Arbeitswelt als Inhalt auch ungelernter Tätigkeiten gefordert werden.

Auch ein so genannter Seltenheits- oder Katalogfall ist nicht festzustellen, da die Klägerin unter betriebsüblichen Arbeitsbedingungen zu einer mindestens sechsstündigen Tätigkeit in der Lage ist. Insbesondere benötigt die Klägerin keine zusätzlichen Arbeitspausen. Dr. R. hat auf Nachfrage ausdrücklich klargestellt, dass für eine Pause vor Ablauf von sechs Stunden medizinische Gründe nicht benannt werden könnten. Soweit Dr. L. ausführt, die Klägerin sei nicht in der Lage, sechs Stunden durchzuarbeiten, kann das Gutachten nicht überzeugen, da die Gutachterin ihre Einschätzung einer erhöhten Erschöpf- und Ermüdbarkeit allein auf die von der Klägerin angegebenen Schmerzen stützt. Demgegenüber beurteilt Dr. R. gerade die schmerzinduzierten Einschränkungen aufgrund seiner eigenen Beobachtungen während der Untersuchungszeit von insgesamt immerhin 4 Stunden und 15 Minuten, während deren keinerlei schmerzbedingte Einschränkungen auffällig gewesen seien. Darüber hinaus ist die angegebene Pausenregelung von zumindest 30 bis 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden nicht unüblich, auch wenn der Gesetzgeber erst bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden zwingend eine Pause für erforderlich hält. Auf diesen gerichtsbekannten Umstand hat der Senat die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen.

Die Klägerin ist zudem wegefähig, da nach den insoweit übereinstimmenden medizinischen Unterlagen mit stärkeren Schmerzen erst bei Wegen über 500 Metern zu rechnen ist. Dies korrespondiert mit den eigenen Angaben der Klägerin. Diesbezüglich wird darauf hingewiesen, dass für die von der Klägerin zeitweise benutzte Unterarmstütze weder aus orthopädischer noch aus neurologischer Sicht Gründe erkennbar sind.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Anspruch auf eine solche Rente bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit zu untersuchen, ob der Versicherte seinen bisherigen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben kann. Ist er hierzu im Wesentlichen aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten der Versicherte verwiesen werden kann (vgl. etwa Urt. v. 24.1.1994 - B 4 RA 35/93 - SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41 S. 169; Urt. v. 16.11.2000 - B 13 RJ 79/99 R - SozR 3-2600 § 43 Nr. 23, S. 78, jeweils m. w. N.). Bisheriger Beruf ist in der Regel die zuletzt ausgeübte und auf Dauer angelegte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Diese muss also mit dem Ziel verrichtet werden, sie bis zur Erreichung der Altersgrenze auszuüben. Dieser Grundsatz gilt jedenfalls dann, wenn die Tätigkeit zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (KassKomm-Niesel, § 240 SGB VI, RdNr. 21, 22 mit weiteren Nachweisen).

Der für den Berufsschutz maßgebliche bisherige Beruf der Klägerin ist die von ihr zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bürokauffrau. Aufgrund der erfolgreich absolvierten Umschulung zur Bürokauffrau und weil es sich um die qualitativ höchste Tätigkeit im Berufsleben der Klägerin handelt - auf ihren erlernten Beruf als Herrenmaßschneiderin kann nicht mehr abgestellt werden, da sie diese Tätigkeit seit 1978 nicht mehr ausgeübt und damit aufgegeben hat -, kann davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die Tätigkeit als Bürokauffrau dauerhaft ausüben wollte.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin gesundheitlich weiterhin zu einer Tätigkeit als Bürokauffrau in der Lage ist, die mit einem erheblichen Anteil an Bildschirmtätigkeiten, Anforderungen an die Konzentrationsfähigkeit und gelegentlichem Zeitdruck verbunden ist. Jedenfalls ist die Klägerin mit dem verbliebenen Leistungsvermögen noch in der Lage, die Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin in einer kommunalen Verwaltung auszuüben.

Nach der beigefügten Stellenbeschreibung zu den in der mündlichen Verhandlung übergebenen "Aussagen" der berufskundlichen Sachverständigen Janke vom 11. Oktober 2002 und 5. August 2000 und der Auskunft der Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion Hessen vom 3. April 2004 gehört zu den Aufgaben in einer solchen Tätigkeit im Wesentlichen die Postbearbeitung mit Eingang und Annahme von Postsendungen, der Sichtung nach zu öffnender und nicht zu öffnender Post mit Klärung schwieriger Fälle, der Prüfung auf Vollständigkeit mit eventuellem Fertigen von Vermerken, das Anbringen des Eingangsstempels sowie die Zuordnung der Post zu den jeweiligen Ämtern, die Prüfung der ausgehenden Post auf ein kostengünstiges Format, die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften über den Postversand, das Aussortieren von Irrläufern, das Registrieren von Einschreiben und Wertsendungen in einem Posteingangsbuch sowie das Sortieren und Versandfertigmachen der ausgehenden Post. Hinzu kommen innerdienstliche Serviceleistungen wie Fax- und Kopierarbeiten, das Verteilen von Zeitungen, Zeitschriften, Gesetzblättern u.a. sowie das Erfassen dieser Materialien auf Karteikarten in Zusammenarbeit mit der Verwaltungsbücherei sowie das Vervielfältigen und Verteilen von internen Stellenausschreibungen, Mitteilungen, Verfügungen und Anweisungen ggf. gegen Empfangsbestätigung. Gegenüber der ebenfalls diesen Aussagen beigefügten Stellenbeschreibung für einen Mitarbeiter der Poststelle in der Vergütungsgruppe BAT-O IX unterscheidet sich die erstgenannte Stellenbeschreibung lediglich durch einen höheren Anteil der Postbearbeitung von 85% gegenüber einem Anteil der Postbearbeitung von 20% in der niedrigeren Vergütungsgruppe. Nach den Angaben der Gutachterin Janke gehen dabei die Belastungen nicht über leichte körperliche Arbeiten hinaus. Neben nur gelegentlichem Bücken fallen besondere Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten nicht an; wechselnde Körperhaltungen sind möglich. Trotz der Einschränkungen von Seiten der Handkraft und -geschicklichkeit können die geforderten Tätigkeiten bewältigt werden. Denn noch die Ärzte der F. -Klinik beschreiben in Hand- und Fingergelenken eine regelrechte Form und Funktion und die Möglichkeit zum Faustschluss ohne Einschränkung.

Nach der ebenfalls durch den Senat in das Verfahren eingeführten Auskünften der Bundesanstalt für Arbeit Landesarbeitsamt Hessen vom 25. März 2002 (zum Verfahren S 4 RA 960/99 vor dem Sozialgericht Gießen) sowie der Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion Hessen vom 3. April 2004 (zum Verfahren S 2 RA 1552/01 vor dem Sozialgericht Kassel) sind solche Tätigkeiten im Bundesgebiet im nennenswerten Umfange vorhanden, was durch die von der Sachverständigen Janke mitgeteilte Zahl von über 160.000 Bürohilfskräften bundesweit im Jahre 2001 bestätigt wird. Darüber hinaus besteht bei Tätigkeiten, die in Tarifverträgen genannt werden, die Vermutung, dass es Arbeitsplätze in ausreichender Zahl gibt (BSG, Urt. v. 3.11.1982 – 1 RJ 12/81SozR 2200 § 1246 Nr. 102). Eine solche Benennung bestand bis zum Inkrafttreten des TVÖD mit dem Tätigkeitsbeispiel der Führung von Brieftagebüchern schwieriger Art in der Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1a der Vergütungsordnung Teil I Allgemeiner Teil zum BAT und BAT O.

Im Rahmen einer solchen Tätigkeit sind Verrichtungen, an denen die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen gehindert sein könnte, nach der obigen Beschreibung sowie dem vom Senat festgestellten Restleistungsvermögen der Klägerin nicht ersichtlich.

Der Senat verkennt nicht, dass die Klägerin auch als Mitarbeiterin in einer Poststelle sorgfältig zu arbeiten hat. Ausdrücklich ist die Sachverständige Dr. L. aber zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin geistig noch durchschnittliche Anforderungen bewältigen könne. Ihre weiteren Schlussfolgerungen, die Anforderungen an die Reaktionsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit und Verantwortungsübernahme könnten nur noch gering sein, kann der Senat allerdings nicht nachvollziehen. Nach dem von dieser Gutachterin durchgeführten Test findet sich bei der Klägerin ein Arbeitstempo, das in den unteren zehn Prozent im Vergleich zu der Altersgruppe liegt, das heißt also im untersten Bereich der Normkurve. Ein ähnliches Ergebnis ist in Bezug auf die Konzentrationsleistung zu finden, die mit einem Prozentrang von 13 und einem Wert im Bereich von 10 bis 25 Prozent der Altersgruppe zwar ein etwas besseres Ergebnis, aber nach den Angaben der Gutachterin immer noch im unteren Normbereich angesiedelt ist. Die Sorgfalt der Arbeit ist nach den Darlegungen von Dr. L. dagegen etwas höher einzuschätzen, zeigt aber immer noch ein eher unterdurchschnittliches Ergebnis. Die Ergebnisse bei der Klägerin liegen insgesamt noch im Normbereich; eine krankhafte Veränderung, die allein gemäß §§ 43, 240 SGB VI gesundheitlich Grund für eine Rentengewährung sein kann, ist damit auch nach den Feststellungen von Dr. L. noch nicht gegeben. Der Senat ist auch unter Würdigung der berufskundlichen Unterlagen nicht der Auffassung, dass von Mitarbeitern einer kommunalen Poststelle eine besondere Sorgfalt verlangt wird.

Darüber hinaus bestehen durchgreifende Zweifel an dem Vorliegen einer entsprechenden Schmerzerkrankung. Dr. L. stellt "keine relevanten Leistungseinschränkungen seitens des psychischen Befundes der Klägerin" fest; "die für die Leistungsbeurteilung wesentlichen Einschränkungen kommen aus dem Bereich der organischen Veränderung, Funktionsdefizite und Erkrankungen." Damit geht auch diese Ärztin davon aus, dass insbesondere die Schmerzerkrankung nicht im Wesentlichen psychisch bedingt ist. Auf dem organischen Gebiet lassen sich jedoch ebenfalls durch die Fachärzte – wie ausgeführt - keine einschneidende Erkrankungen feststellen.

Überzeugend sind damit insoweit die Ausführungen von Dr. R. , der über eine gute Konzentrationsfähigkeit der Klägerin und keine Anzeichen für eine vorzeitige Ermüdbarkeit berichtet. Bei ihm hat die Klägerin während der gesamten Untersuchungszeit von vier Stunden und 15 Minuten zur Erstellung des Gutachtens ohne schmerzbedingte Schonhaltung und ohne entlastendes Aufstehen und Umhergehen still auf einem Stuhl gesessen und keine schmerzbedingte Beeinträchtigung der Mimik und Gestik gezeigt. Selbst Dr. L. hat nicht von schmerzbedingten Funktionsstörungen während der Untersuchungszeit berichtet.

Diese Arbeit in einer Poststelle ist der Klägerin sozial zumutbar. Die soziale Zumutbarkeit eines Verweisungsberufs richtet sich nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufs im Unterschied zu der Verweisungstätigkeit. Hierzu hat die Rechtsprechung ein mehrstufiges Schema zur qualitätsgerechten Einordnung der Tätigkeiten entwickelt. Sozial zumutbar sind grundsätzlich nur Tätigkeiten der im Verhältnis zum bisherigen Beruf gleichen oder nächst niedrigeren Stufe (vgl. BSG, Urt. v. 12.9.1991 - 5 RJ 34/90 - SozR 3 - 220 § 1246, Nr. 17 S. 65 m.w.N.).

Dabei werden folgende Stufen unterschieden: ungelernte Berufe (Stufe 1); Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Stufe 2); Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren (Stufe 3); (zu diesen und den weiteren höheren Stufen vgl. BSG, Urt. v. 29.7.2004 - B 4 RA 5/04 R, zitiert nach Juris). Die Stufe 2, auch als Gruppe der Angelernten bezeichnet, unterteilt die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wegen ihrer Vielschichtigkeit und Inhomogenität in einen oberen und einen unteren Bereich (vgl. BSG, Urt. v. 28.11.85 - 4a RJ 51/84 - SozR 2200 § 1246, Nr. 132; Urt. v. 29.3.94 - 13 RJ 35/93 - SozR 3 - 2200 § 1246, Nr. 45). Angelernte mit einer Regelausbildungszeit von bis zu einem Jahr gelten noch als sogenannte untere Angelernte. Diesen und Ungelernten müssen Verweisungstätigkeiten nicht konkret benannt werden (Niesel in Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB VI Rdnr. 35, 36, 101, 114 m.w.N.).

Die bisherige berufliche Tätigkeit der Klägerin als Bürokauffrau ist vermutlich nach diesem Schema der 3. Stufe zuzuordnen, obgleich die Klägerin hierfür vom 1. November 1994 bis 30. Juli 1996 - und damit zwar mehr als ein Jahr, aber nicht mehr als zwei Jahre - umgeschult wurde. Mit dieser Ausbildung wurde ihr aber eine vollwertige Ausbildung als Bürokauffrau vermittelt; als solche hat sie im Weiteren auch gearbeitet. Die Ausbildung als Bürokauffrau dauert aber gewöhnlich 3 Jahre. Daher unterstellt der Senat zugunsten der Klägerin einen entsprechenden Berufsschutz.

Damit muss sich die Klägerin auf die Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin in der Verwaltung einer Kommune in der Vergütungsgruppe BAT-O VIII verweisen lassen, die der Gruppe der Angelernten im oberen Bereich zuzuordnen ist.

Angesichts des beruflichen Werdegangs der Klägerin und ihrer Ausbildung und Tätigkeit als Bürokauffrau ist der Senat auch davon überzeugt, dass diese in der Lage ist, sich innerhalb von drei Monaten so in die Aufgabenstellung einer Poststellenmitarbeiterin einzuarbeiten, dass sie diese Tätigkeit auch nach dem Anforderungsprofil für die Vergütungsgruppe BAT-O VIII ausüben könnte. Schon "im Allgemeinen" sind nach den eingeholten Auskünften (siehe insbesondere Bundesanstalt bzw. Bundesagentur für Arbeit) Einarbeitungs- und Einweisungszeiten von drei Monaten ausreichend. Im Falle der Klägerin spricht dafür besonders die Tatsache, dass sie aufgrund ihrer letzten Tätigkeit als Bürokauffrau mit dem sorgfältigen Umgang mit Schriftgut und Verantwortung vertraut ist und dafür eine besonders sachnahe Ausbildung durchlaufen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen nicht, da es sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage handelt.
Rechtskraft
Aus
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