Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 29 RJ 226/02
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 RJ 133/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 111/08 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Vertrauensschutzregelung in § 237 Abs. 4 SGB VI bei Personen, die aus einem Betrieb der Montanunion ausgeschieden sind.
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Juli 2005 wird aufgehoben. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 10. Oktober 2003 verurteilt, bei der Berechnung der Altersrente den Zugangsfaktor 1,0 zugrunde zu legen. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger Anspruch auf Bewilligung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ohne Abschläge hat.
Der am. 1942 geborene Kläger durchlief vom 1. September 1956 bis 31. August 1959 erfolgreich eine Lehre zum Maurer. Er war dann rentenversicherungspflichtig beschäftigt, absolvierte vom 6. November 1965 bis 27. April 1967 seinen Wehrdienst und arbeitete u.a. vom 18. Juli 1967 bis 31. August 1991 als Hochofenmaurer in der - und ( ) T AG. Vom 1. September 1991 bis 31. Juli 2000 war er schließlich als Maurer bei der T Baugesellschaft mbH tätig.
Der Kläger beantragte am 25. März 1998 die Klärung seines Versicherungskontos. Er legte u.a. eine Bescheinigung des Leiters der Personalwirtschaft der Eisen- und Hüttenwerke T AG, unterzeichnet von dem Zeugen D , vom 5. November 1998 vor, wonach er - der Kläger - vom 18. Juli 1967 bis 31. August 1991 in der - und ( ) T AG beschäftigt gewesen sei. Die T AG sei ein Betrieb, der von einer Maßnahme im Sinne des Artikel 56 § 2 Buchst. b des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS-V) betroffen gewesen sei. Die Maßnahme für diesen Betrieb sei am 31. Mai 1991 genehmigt worden.
Unter dem 28. Juni 2000 erteilte die Beklagte einen Vormerkungsbescheid gemäß § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) und stellte die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis zum 31. Dezember 1993 für die Beteiligten verbindlich fest. In der beigefügten Rentenauskunft gleichen Datums ist auf Seite 4 ausgeführt, dass eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ohne Rentenabschlag bei einem Rentenbeginn ab dem 1. September 2007 und mit Rentenabschlag frühestens ab dem 1. September 2002 in Anspruch genommen werden könne; die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente zu diesem Zeitpunkt würde zu einer Minderung der Rente um 18 Prozent führen. Ob die Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelungen vorlägen, habe nicht geprüft werden können.
Nachdem der Kläger hiergegen Widerspruch eingelegt und sich u.a. darauf gestützt hatte, es gelte für ihn die Vertrauensschutzregelung für Beschäftigte, die aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden seien, holte die Beklagte eine formularmäßige Auskunft der Rechtsnachfolgerin der T Baugesellschaft mbH, der S GmbH in T , vom 22. September 2000 ein. In der formularmäßig vorbereiteten Auskunft waren zwei alternative Antworten möglich: "1. Die/ der umseitig genannte Versicherte gehört zum beihilfeberechtigten Personen kreis und wird unter der Referenznummer geführt. Die entsprechende Maßnahme wurde am genehmigt. 2. Die/ der umseitig benannte Versicherte gehört nicht zum beihilfeberechtigten Personenkreis." Die letztgenannte Alternative wurde von der S GmbH angekreuzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück. Ein Widerspruch sei nur gegen einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 des Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X) zulässig. Die erteilte Rentenauskunft vom 28. Juni 2000 sei eine Information des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Versicherten ohne unmittelbaren rechtlichen Regelungscharakter. Die hiergegen beim Sozialgericht Magdeburg (Az.: S 39 RJ 135/01) erhobene Klage nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 27. November 2001 zurück. Im Protokoll ist vermerkt, die Beklagte sei aufgefordert worden, dem Kläger nach Abschluss des Verfahrens unverzüglich eine Mitteilung zukommen zu lassen, ob er unter die Vertrauensschutzregelung des (damaligen) § 237 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI, die so genannte Montanzugehörigkeit, falle. Dem Kläger sei erklärt worden, dass er bei einer negativen Auskunft hiergegen auch Rechtsmittel einlegen könne.
Unter dem 6. Februar 2002 erteilte die Beklagte eine zweite Rentenauskunft mit dem Vermerk "kein Rentenbescheid". Auf Seite 4 ist wiederum ausgeführt, dass kein Rentenabschlag bei einem Rentenbeginn der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 1. September 2007 zu erwarten sei. Der früheste Rentenbeginn dieser Rente sei der 1. September 2005; die Inanspruchnahme würde zu einem Rentenabschlag von 18 Prozent führen. Die Rentenauskunft enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung. Der Rentenauskunft war ein Schreiben vom 6. Februar 2002 beigefügt, wonach unter Bezugnahme auf die Verhandlung beim Sozialgericht Magdeburg am 27. November 2001 mitgeteilt werde, laut schriftlicher Bestätigung der GmbH vom 22. September 2000 gehöre er - der Kläger - nicht zum beihilfeberechtigten Personenkreis des Artikels 56 § 2 Buchst. b EGKS-V. Der von ihm vorgelegte Beschäftigungsnachweis des damaligen Arbeitgebers T vom 5. November 1998 habe lediglich besagt, dass es sich bei dem Arbeitgeber um einen Betrieb handele, der von einer Maßnahme im Sinne des Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V betroffen gewesen sei. Somit sei die Vertrauensschutzregelung zur Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bzw. nach Altersteilzeit gemäß § 237 Abs. 4 SGB VI nicht anwendbar. Auch dieses Schreiben enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung. Gegen diese Mitteilung legte der Kläger am 4. März 2002 Widerspruch ein. Zur Begründung bezog er sich auf die Auskunft der T AG vom 5. November 1998. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zum Nachweis, dass der Kläger aufgrund einer Maßnahme nach Artikel 56 EGKS-V aus dem Betrieb ausgeschieden sei, sei der ausgestellte Beschäftigungsnachweis nicht ausreichend. Darin werde lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger einem Betrieb angehört habe, dem eine entsprechende Maßnahme bewilligt worden sei. Deshalb sei in diesen Fällen zusätzlich zu prüfen, inwieweit Versicherte in den so genannten Ursprungslisten beim Arbeitsamt mit einer persönlichen Referenznummer aufgeführt seien. Sei dies nicht der Fall, sei davon auszugehen, dass der Versicherte aus anderen Gründen aus dem Betrieb ausgeschieden sei. Vertrauensschutz sei dann nicht gegeben. Da der Kläger nicht beim Arbeitsamt unter einer Referenznummer registriert worden sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass er Betroffener der EGKS-Maßnahme gewesen sei.
Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Magdeburg am 26. Juni 2002 Klage erhoben und daran festgehalten, in einem ehemaligen Betrieb der Montanindustrie beschäftigt gewesen zu sein und Vertrauensschutz gemäß § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI in Anspruch nehmen zu können. Die T AG habe 1990 eine Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V beantragt, die am 31. Mai 1991 mit Wirkung zum 1. Juli 1990 genehmigt worden sei. Hierbei habe es sich um eine Stilllegungsmaßnahme gehandelt, von der sämtliche Arbeitnehmer betroffen gewesen seien. Er verwies auf den von ihm vorgelegten Aufhebungsvertrag vom 29. August 1991.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 2003 hat die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 1. November 2003 bewilligt. In der Anlage 6 des Rentenbescheides ist der Zugangsfaktor mit 1,0, vermindert um 0,003 für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme, d. h. für 46 Kalendermonate um 0,138, und damit mit 0,862 festgestellt worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 12. Juli 2005 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen. Die Feststellung der Beklagten im Bescheid vom 6. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2002 und der Bescheid vom 10. Oktober 2003 seien nicht rechtswidrig. Dem Kläger sei nicht Altersrente wegen Arbeitslosigkeit auf der Grundlage eines ungeminderten Zugangsfaktors zu gewähren. Die Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI seien nicht erfüllt. Das Ausscheiden des Klägers bei der T AG mit Ablauf des August 1991 habe nicht auf einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V beruht. Dies stehe zur Überzeugung der Kammer aufgrund der schriftlichen Auskunft der GmbH vom 22. September 2000 fest. Danach habe der Kläger nicht zum beihilfeberechtigten Personenkreis, nämlich nicht zum Personenkreis der Arbeitnehmer der T AG gehört, der auch aus dem EGKS-Fonds der Europäischen Gemeinschaft finanzierte Sozialplanleistungen habe beanspruchen können. Die Kammer habe keinen Grund gesehen, an der Richtigkeit dieser Auskunft zu zweifeln, da zugleich eine bei Einbeziehung vergebene Referenznummer des Arbeitsamtes für den Kläger fehle. Eine Stilllegungsmaßnahme schon zum 30. Juni 1990 könne zudem offensichtlich keine Ursache für ein Ausscheiden erst mit Ablauf des August 1991 gewesen sein. Schließlich spreche gegen ein Ausscheiden des Klägers aufgrund einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V, dass sein Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet wurde und nicht (wie in anderen gerichtsbekannten Fällen) durch eine betriebsbedingte Kündigung mit dem ausdrücklichen Hinweis auf aus dem EGKS-Fonds der Europäischen Gemeinschaft finanzierte Sozialplanleistungen.
Gegen den ihm am 18. Juli 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16. August 2005 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er sei als Hochofenmaurer bei der T AG beschäftigt gewesen. Der Hochofen sei primär mit der Erzeugung von Stahl verbunden gewesen. Dieser Arbeitsplatz sei im Rahmen der betroffenen Maßnahme abgebaut worden. Dass er danach im Anschluss wieder eine Arbeitsstelle bei der T Baugesellschaft gefunden habe, könne für den Vertrauensschutz keine Rolle spielen. Zur Begründung hat er ein Schreiben der GmbH vom 23. Dezember 2005 vorgelegt, wonach er in dem Bereich Stahlwerk beschäftigt gewesen und das Stahlwerk aufgrund einer Maßnahme des Artikels 56 § 2 Buchst. b des EGKS-V geschlossen worden sei. Diese Maßnahme sei am 31. Mai 1991 genehmigt worden und das Arbeitsverhältnis des Klägers habe aufgrund dieser Maßnahme am 31. August 1991 geendet.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Juli 2005 abzuändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 10. Oktober 2003 zu verurteilen, ihm Altersrente wegen Arbeitslosigkeit unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihre Bescheide für rechtmäßig. Sie hält daran fest, der Kläger könne Vertrauensschutz nicht in Anspruch nehmen. Ihm sei es nicht gelungen, nachzuweisen, aufgrund einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V ausgeschieden zu sein; dieser Nachweis müsse durch eine persönliche Referenznummer aus den so genannten "MUV-Ursprungslisten" der Agentur für Arbeit erbracht werden.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Auskünften der GmbH vom 15. Mai 2006 und der Bundesagentur für Arbeit in H vom 6. Juni 2006. Die GmbH hat ausgeführt, der Kläger sei im Bereich Stahlwerk beschäftigt gewesen, das Stahlwerk sei aufgrund einer Maßnahme des Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V geschlossen worden und diese Maßnahme sei am 31. Mai 1991 genehmigt worden. Mit dem Kläger sei der Aufhebungsvertrag vom 29. August 1991 geschlossen worden, mit dem dessen Arbeitsverhältnis zum 31. August 1991 aufgelöst worden sei. Aus dem Aufhebungsvertrag gehe nicht hervor, was der Grund für die Aufhebung gewesen sei. Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs sei jedoch anzunehmen, dass die Schließung des Stahlwerks der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewesen ist. Eine Referenznummer sei aus den Unterlagen jedoch nicht zu entnehmen. Ob der Kläger zum beihilfeberechtigten Personenkreis gehört habe, könne somit nicht mit absoluter Sicherheit angegeben werden. Die Agentur für Arbeit H hat angegeben, der Kläger sei auf keiner Ursprungsliste geführt worden und demzufolge kein Betroffener nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V. Die Vergabe der einzelnen Referenznummer auf einer Ursprungsliste habe allein im Ermessen des Unternehmens gelegen.
Der Kläger hat daran festgehalten, Betroffener einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V gewesen zu sein, da durch die Schließung des Stahlwerks der T AG sein Arbeitsplatz, nämlich der Hochofen, weggefallen sei. Es könne ihm nicht zum Nachteil gereichen, dass bei der Vergabe der Referenznummern aufgrund der eingereichten Ursprungslisten nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Die gesetzliche Vorschrift zum Vertrauenstatbestand setze schließlich nicht voraus, dass ein Betroffener eine Referenznummer haben müsse. Laut Gesetz sei derjenige von einer Maßnahme betroffen, der aufgrund der genehmigten Schließung des Betriebes aus diesem Unternehmen ausscheiden müsse, in welcher Form auch immer. Der Kläger hat zudem seinen Arbeitsvertrag vom 1. September 1991 mit der T Baugesellschaft mbH vorgelegt. Danach ist er als gewerblicher Arbeitnehmer ohne konkrete Bezeichnung seiner Verwendung eingestellt und in die Lohngruppe I eingruppiert worden, wonach er einen Stundenlohn von 15,66 DM erhalten sollte.
Die Beklagte hat daran festgehalten, dass der Nachweis des Vertrauensschutzes nicht erbracht worden sei, da dem Kläger keine Referenznummer zugeordnet worden sei. Auch aus der Auskunft der GmbH ergebe sich nichts anderes, da dort lediglich die Vermutung angestellt worden sei, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers sei aufgrund der Maßnahme erfolgt.
Sodann hat der Senat eine Auskunft des Insolvenzverwalters der T Baugesellschaft mbH vom 13. Mai 2008 eingeholt. Danach habe das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bis zum 31. Juli 2000 gedauert. Die T Baugesellschaft mbH sei in Teilen Nachfolger der aufgelösten - und T AG gewesen.
Aus dem Parallelstreitverfahren L 3 R 102/06 hat der Senat die Auskunft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 25. Juni 2008 beigezogen. Danach betraf der Antrag der T AG auf Beihilfen nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V die Stilllegung des Walzwerks des Unternehmens. Von der Maßnahme seien 1.734 Arbeitnehmer betroffen gewesen. Der genehmigte Höchstbetrag habe 25,8 Mio. DM betragen. Der Antrag sei am 31. Mai 1991 genehmigt worden. Beginn der Maßnahme sei der 30. Juni 1990 gewesen.
Schließlich hat der Senat den ehemaligen Leiter der Personalwirtschaft der T AG, W D , als Zeugen vernommen. Anfang Juni 1991 sei vom damaligen Bundesministerium für Arbeit (BMA) zeitgleich in einem so genannten Schnellbrief über die Zugehörigkeit der T AG zur Montanindustrie und über die Genehmigung von Beihilfen nach Art. 56 § 2 Buchst. b EGKS-V entschieden worden. In Erwartung der Genehmigung seien für die Arbeitnehmer, die zum Metall erzeugenden Betrieb gehörten, Nummern vergeben und geplant worden, in welcher Höhe Leistungen an die zu entlassenden Arbeitnehmer fließen sollten. Nachdem die Beihilfen bewilligt worden waren, seien diese Mittel auf die entlassenen Arbeitnehmer verteilt worden. Arbeitnehmer, denen ein Arbeitsplatz in dem neu gegründeten Industriepark vermittelt werden konnte, hätten keine Gelder aus den Beihilfen erhalten. Mit ihnen sei ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden. Diese Arbeitnehmer hätten auch keine der Nummern mehr erhalten, die als so genannte Referenznummer in die spätere Ursprungsliste aufgenommen worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
1. Der Senat konnte in der Sache entscheiden, obwohl das sozialgerichtliche Verfahren an einem erheblichen Mangel litt. Das Sozialgericht hätte nicht durch Gerichtsbescheid des Kammervorsitzenden entscheiden dürfen; dies ist nach § 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur erlaubt, wenn die Sache u.a. keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Zum einen führt der tatsächlich schwer zu ermittelnde Ablauf von der geplanten Stilllegung des Walzwerks über die Beantragung und Genehmigung der Beihilfen bis zur Erstellung der so genannten Ursprungslisten zur Annahme der besonderen tatsächlichen Schwierigkeit der Sache. Zum anderen weist die Auslegung und Anwendung einer Rechtsvorschrift, deren Wortlaut nicht ohne weiteres umgesetzt werden kann und zu der es keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, auf besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art hin.
Das Sozialgericht hat damit verfahrensfehlerhaft durch den Kammervorsitzenden als Einzelrichter ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter entschieden, obwohl die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht vorgelegen haben. Dadurch hat es dem Kläger seinen gesetzlichen Richter im Sinne des Artikel 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) entzogen, nämlich die Kammer in voller Besetzung (vgl. auch Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16. März 2006 – B 4 RA 59/04 R –, NZS 2007, S. 51). Dieser Mangel ist auch wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Kammer in der gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
Trotz dieses wesentlichen Verfahrensmangels konnte der Senat jedoch in der Sache selbst entscheiden, weil er gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG zwar befugt, aber nicht zwingend verpflichtet war, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 2006, a.a.O.). Im Rahmen seines Ermessens hat der Senat das Interesse der Beteiligten an einer möglichst zeitnahen Erledigung des Rechtsstreits einerseits mit den Nachteilen durch den Verlust einer Tatsacheninstanz andererseits gegeneinander abgewogen. Angesichts der schon längeren Verfahrensdauer hält der Senat hier eine Zurückverweisung nicht für sachgerecht.
2. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht hat abgewiesen. Vielmehr hat der Kläger Anspruch auf Altersrente unter Zugrundelegung eines (ungekürzten) Zugangsfaktors von 1,0. Der Bescheid vom 10. Oktober 2003 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG); er war entsprechend zu ändern.
Für den Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom 6. Februar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2002 ist das Rechtsschutzbedürfnis entfallen, da inzwischen der Rentenbescheid vom 10. Oktober 2003 erteilt worden ist, der diese Bescheide in vollem Umfang im Sinne von § 96 SGG ersetzt hat. Insoweit ist kein Raum mehr für eine Zusicherung als dem Rentenbescheid vorgreifliche Teilregelung (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 4. Mai 1999 – B 4 RA 28/98 – recherchiert über juris).
Bei dem Kläger findet nach § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI die bei seinem Rentenbeginn, dem 1. November 2003, geltende Fassung des § 237 SGB VI mit der Änderung durch Art. 1 Nr. 76 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2998, 3010) Anwendung.
Nach Absatz 1 dieser Vorschrift haben Anspruch auf Altersrente Versicherte, wenn sie (1.) vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, (2.) das 60. Lebensjahr vollendet haben, (3.) u. a. bei Beginn der Rente arbeitslos sind und nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und 6 Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren, (4.) in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit sowie (5.) die Wartzeit von 15 Jahren erfüllt haben. Die vorgenannten Voraussetzungen liegen beim Kläger unstreitig vor.
Der Zugangsfaktor für die dem Kläger bewilligte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit beträgt hier 1,0. Nach § 63 Abs. 5 und 6 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag einer Rente, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden, wobei im Rahmen der Rentenberechnung Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer durch einen Zugangsfaktor vermieden werden. Dieser richtet sich nach § 77 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB VI nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder Tod und beträgt bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen, 1,0; bei Renten wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen werden, ist dieser für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a SGB VI).
Der Kläger hat hier seine Rente nicht vorzeitig in Anspruch genommen.
Gemäß § 237 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB VI wird die Altersgrenze von 60 Jahren bei Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit angehoben, wobei die vorzeitige Inanspruchnahme einer solchen Altersrente möglich ist. Nach § 237 Abs. 3 Satz 3 SGB VI bestimmen sich die Anhebung der Altersgrenze und die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme nach der Anlage 19 zum SGB VI; hiernach wäre die Altersgrenze beim Kläger entsprechend eines vorzeitigen Rentenbeginns anzuheben. Abweichend von § 237 Abs. 3 SGB VI normiert § 237 Abs. 4 SGB VI eine modifizierte Anhebung der Altersrente, u. a. wenn der Versicherte bis zum 14. Februar 1944 geboren und aufgrund einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V, die vor dem 14. Februar 1996 genehmigt worden ist, aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden ist, nach der dieser Regelung angefügten Tabelle. Für Versicherte, die – wie der Kläger – im August 1942 geboren sind, ist eine Anhebung auf das Alter 60 Jahre und 5 Monate vorgesehen. Die Voraussetzungen einer Anwendung dieser Vertrauensschutzregelung liegen bei dem Kläger vor.
Der Kläger ist am. 1942 und damit bis zum 14. Februar 1944 geboren. Aus dem Geburtsmonat und dem Geburtsjahr ergibt sich bei Anwendung der o.g. Vertrauensschutzregelung ein (ungekürzter) Zugangsfaktor von 1,0. Denn der Kläger hatte das 60. Lebensjahr im August 2002 vollendet und bezieht erst seit dem 1. November 2003 und damit 14 Monate nach Vollendung des 60. Lebensjahres Altersrente. Die Anhebung der Altersrente um 5 Monate führt deshalb nicht zu einer Verringerung des Zugangsfaktors.
Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger auch aufgrund einer Maßnahme nach Art. 56 § 2 Buchst. b EGKS-V, die im Sinne des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI vor dem 14. Februar 1996 genehmigt worden ist, aus dem Unternehmen ausgeschieden.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass noch mit dem am 1. Januar 1992 - also nach dem Beginn der Stilllegung bei der T AG - in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 1989, 2261) in der Übergangsregelung zu § 41 Abs. 1 SGB VI a.F. für die Versicherten der Geburtsjahre 1941 bis 1944 allgemein nur eine Anhebung der Altersgrenze für eine abschlagsfreie Altersrente bei Arbeitslosigkeit von einem Monat für vier Monate vorgesehen wurde. Erst mit dem Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (RuhStFöG) vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078) wurde, damals in § 237 Abs. 2 SGB VI, eine der Regelung in § 237 Abs. 4 Satz 1 SGB VI in der Fassung des RRG 1999 entsprechende weitere Eingrenzung des in den Genuss der Vertrauensschutzregelung kommenden Personenkreises vorgenommen (vgl. hierzu Bundestags-Drucksache 13/4336 S. 24). Die Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung stellen dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unterfallende Rechtspositionen dar (vgl. z.B. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 28. Februar 1980 - 1 BvL 17/77 u.a. - BVerfGE 53, 257, 290 ff - recherchiert nach juris). Die Anhebung der Altersgrenze stellt hier eine zulässige Inhaltsbeschränkung dar (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 7. Juli 2004 - B 8 KN 3/03 R - SozR 4-2600 Nr. 3; Urteil vom 5. August 2004 - B 13 RJ 10/03 R - SozR 4-2600 § 237 Nr. 6; vgl. zur Gesamtproblematik O´Sullivan, Zur Verfassungsmäßigkeit der Anhebung des Renteneintrittsalters, SGb 2004, 290 ff.; der Vorlagebeschluss des BSG vom 23. August 2005 - B 4 RA 28/03 R - juris betrifft die hier nicht in Streit stehende Dauer des Rentenabschlages und die Ungleichbehandlung von freiwilligen Beiträgen und Pflichtbeiträgen in Bezug auf § 237a SGB VI). Gleichwohl ist diese Gesetzesentwicklung bei der Auslegung der Regelung in § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI in dem Sinne zu berücksichtigen, dass der Vertrauensschutz nicht über den Wortlaut des Ge-setzes hinaus weiter eingeschränkt werden darf. Insbesondere dürfen dem Versicherten daraus keine Nachteile erwachsen, dass vollkommen unklar bleibt, was der Gesetzgeber mit einer "Genehmigung" der Maßnahme meint.
Nach Art. 56 § 2 Buchst. b Satz 1 EGKS-V kann die Hohe Behörde der EGKS eine nicht rückzahlungspflichtige Beihilfe bewilligen, um zur Zahlung von Entschädigungen, die es den Arbeitnehmern ermöglichen, ihre Wiederbeschäftigung abzuwarten, durch Zuwendungen an die Unternehmen zur Sicherung der Entlohnung ihres Personals bei zeitweiser Beurlaubung, die durch Änderung ihrer Tätigkeit notwendig geworden ist, zur Gewährung von Beihilfen an die Arbeitnehmer für die Kosten zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes oder zur Finanzierung der Umschulung der Arbeitnehmer, die ihre Beschäftigung wechseln müssen, beizutragen. Voraussetzung ist, dass in den Absatzbedingungen der Kohle- oder Stahlindustrie grundlegende Änderungen eintreten, die nicht unmittelbar auf die Errichtung des gemeinsamen Marktes zurückzuführen sind, die aber einzelne Unternehmen zwingen, ihre Tätigkeit endgültig einzustellen, einzuschränken oder zu ändern, sowie ein entsprechender Antrag der beteiligten Regierungen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift macht die Hohe Behörde die Bewilligung einer nicht rückzahlungspflichtigen Beihilfe von der Zahlung eines mindestens gleich hohen besonderen Beitrags durch den beteiligten Staat abhängig, es sei denn, dass der Rat mit Zweidrittelmehrheit eine Abweichung zulässt.
Wenn man die "Bewilligung" im Sinne der vorgenannten Vorschriften des EGKS-V mit der Genehmigung im Sinne des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI gleichsetzen wollte mit der Hinzunahme eines Kausalitätserfordernisses, dass erst eine solche "Bewilligung" vor dem Ausscheiden aus dem Betrieb erfolgt sein müsste, würde der Vertrauensschutz leerlaufen. Denn das Prozedere sah zur Überzeugung des Senats zunächst eine Zusammenstellung der erforderlichen Mittel durch das betroffene Unternehmen für Betriebsstilllegungen, -änderungen etc. vor, dann eine Prüfung durch die Behörden im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches, nachfolgend eine von dort ausgehende Mitteilung – in der Regel wohl im Wege eines "Schnellbriefs" –, dass dem Grunde nach eine Förderung nach dem EGKS-V möglich sei, dann wurde vor diesem Hintergrund eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen oder ein Aufhebungsvertrag geschlossen und schließlich wurden anhand von Listen (nicht zwingend "Ursprungslisten" mit personenkonkreter Bezeichnung der Ausscheidenden) Beihilfen konkret durch die betroffenen Arbeitnehmer oder Unternehmen beantragt. Da die Bewilligung durch die Hohe Behörde der EGKS nach Art. 56 § 2 Buchst. b Satz 2 EGKS-V im Regelfall von der Bewilligung eines "mindestens gleich hohen Betrages" durch den beteiligten Staat abhängt, folgte dann eine konkrete Bewilligung von deutscher Seite mit Ausführung durch die ehemalige Bundesagentur für Arbeit und nachfolgend eine Bewilligung durch die Hohe Behörde der EGKS und zuletzt - teilweise Jahre später - eine Schlussrechnung über die tatsächlich erforderlichen Beihilfen.
Das macht eine Auslegung des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI insbesondere vor der oben genannten Gesetzesentwicklung mit einer weitgehenden Verwirklichung des Vertrauensschutzes durch den Senat erforderlich.
Unter einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V sind Betriebseinstellungs-, Betriebseinschränkungs- oder Betriebsänderungsmaßnahmen zu verstehen (Grüner-Dalichau, Gesetzliche Rentenversicherung, Kommentar, § 237 S. 35). Hier war der Kläger bei der T AG beschäftigt und arbeitete im Stahlwerk als Hochofenmaurer. Das Stahlwerk wurde aufgrund einer Maßnahme des Artikels 56 § 2 Buchst. b EGKS-V geschlossen. Dies ergibt sich für den Senat aus der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung vom 23. Dezember 2005 des Zeugen D und seiner Zeugenerklärung vor dem Senat, aus der Auskunft der GmbH vom 15. Mai 2006 und aus der beigezogenen Auskunft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 25. Juni 2008.
Die Maßnahme wurde ausweislich der genannten Auskünfte am 31. Mai 1991 und damit vor dem 14. Februar 1996 genehmigt. Diesen zeitlichen Ablauf hat der Zeuge D vor dem Senat bestätigt. Danach wurden gleichzeitig die Feststellung der Zugehörigkeit zur Montanindustrie und die Bewilligung der Beihilfen nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V beantragt. Die Entscheidung hierüber erfolgte im Wege eines so genannten Schnellbriefs am 31. Mai 1991. Soweit der Zeuge diesen Termin auf Anfang Juni 1991 datiert hat, wertet der Senat dies als Ungenauigkeit in der Erinnerung des Zeugen hinsichtlich eines Ereignisses, das inzwischen 17 Jahre zurückliegt. Bezüglich einer "Genehmigung" der Maßnahme - die, wie angegeben, eigentlich nicht zu erfolgen hatte - vor dem 14. Februar 1996 reicht es aus, dass die zuständigen Behörden im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs die Voraussetzungen im Sinne des Art. 56 § 2 Buchst. b EGKS-V als gegeben erachteten. Dies war zur Überzeugung des Senats ausweislich der Bescheinigung des Zeugen D vom 5. November 1998 und seiner Angaben bei seiner Vernehmung vor dem Senat sowie der beigezogenen Auskunft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 25. Juni 2008 der Fall.
Der Senat geht davon aus, dass der Arbeitsplatz des Klägers "aufgrund" dieser Maßnahme weggefallen ist. Zwar hat sein früherer Arbeitgeber mit ihm einen Aufhebungsvertrag geschlossen und nicht eine betriebsbedingte, auf Artikel 56 § 2 b EGKS-V gestützte Kündigung ausgesprochen. Auch ist der Kläger nicht als Beihilfeberechtigter anerkannt und auf keiner der Ursprungslisten des Arbeitsamtes registriert worden. Dies ist jedoch nach Auffassung des Senats nicht Vorraussetzung für die Inanspruchnahme des vom Gesetzgeber geschaffenen Vertrauensschutzes. Denn der Gesetzgeber hat den Vertrauensschutztatbestand lediglich an den Umstand geknüpft, dass der Arbeitsplatz aufgrund einer Maßnahme, für die der Arbeitgeber eine Beihilfe erhalten hat und die er genehmigen lassen musste, seinen Arbeitsplatz verloren hat. Nach dem Wortlaut des Gesetzes, wonach der Versicherte "ausgeschieden" sein muss, ist unschädlich, wenn der Versicherte – wie hier der Kläger – im Anschluss daran unmittelbar ein neues Arbeitsverhältnis eingeht und deshalb auf keine Beihilfe in Form von Umschulung, Entschädigung oder Ähnlichem angewiesen gewesen sowie bei der Arbeitsverwaltung nicht registriert worden ist. Hier ist der Arbeitsplatz des Klägers wegen einer vor dem 14. Februar 1996 genehmigten Stilllegungsmaßnahme weggefallen. Sein Arbeitsverhältnis ist daraufhin aufgelöst worden. Zwar sind Teile der Eisen- und Hüttenwerke T AG in die GmbH, mit der der Kläger im Anschluss an die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bereits zum 1. September 1991 einen neuen Arbeitsvertrag geschlossen hatte, eingeflossen. Das Stahlwerk ist aber nicht fortgeführt worden. Der Kläger hat seinen alten Arbeitsplatz nicht behalten, sondern ohne genaue Tätigkeitsbezeichnung Arbeiten der Lohngruppe I übertragen bekommen. Insoweit geht der Senat davon aus, dass die vom Gesetzgeber ins Auge gefassten Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Vertrauensschutzes erfüllt sind. Hinweise darauf, dass die Vertrauensschutzregelung an die tatsächliche Gewährung von Beihilfen oder die Aufnahme in eine so genannte Ursprungsliste abhängig gemacht werden sollte, sind für den Senat nicht ersichtlich. Ausreichend ist, dass dem Kläger hier durch die Angaben des früheren Arbeitgebers bzw. dessen Rechtsnachfolger gelungen ist, den Zusammenhang zwischen dem Wegfall seines Arbeitsplatzes und der zuvor nach Artikel 56§ 2 Buchst. b EGKS-V genehmigten Maßnahme nachzuweisen und damit auszuschließen, dass er seinen Arbeitsplatz aufgrund anderer Ursachen, z. B. aus personenbedingten Gründen, aufgeben musste.
Einer Tatbestandswirkung der Erfassung auf der Ursprungsliste steht auch bereits entgegen, dass hier keine Regelungen ersichtlich sind, die eine notwendige Einbeziehung des Versicherten vorsahen. Diese wären aber Voraussetzung einer zwingenden Zugrundelegung des Vorhandenseins einer solchen Ursprungsliste und der Erfassung des Versicherten auf einer solchen Liste für die Zubilligung des Vertrauensschutzes nach Maßgabe des § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB IV (vgl. zur notwendigen Bekanntgabe als Grundlage einer Tatbestandswirkung: BSG, Urteil vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 17/07 R - RdNr. 6, juris). Im Übrigen bieten die rechtlichen Regelungen keine hinreichende Gewähr für eine Richtigkeit der Ursprungslisten. Dies ergibt sich eindrucksvoll aus den Angaben des Zeugen D. Danach sind in Erwartung der "Genehmigung" der Beihilfen für die Arbeitnehmer, die zum Metall erzeugenden Betrieb gehörten, Nummern vergeben und geplant worden, in welcher Höhe Leistungen an die zu entlassenden Arbeitnehmer fließen sollten. Erst nachdem die Beihilfen bewilligt worden waren, sind diese Mittel auf die entlassenen Arbeitnehmer verteilt worden. Dabei haben Arbeitnehmer, denen - wie dem Kläger - ein Arbeitsplatz in dem neu gegründeten Industriepark vermittelt werden konnte, keine Gelder aus den Beihilfen erhalten. Mit ihnen ist ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden. Diese Arbeitnehmer haben dann auch keine der Nummern behalten bzw. erhalten, die als so genannte Referenznummer in die spätere Ursprungsliste aufgenommen worden war. Insoweit war der Kläger als ein Arbeitnehmer in der Montanindustrie zwar von einer Stilllegungsmaßnahme, für die Beihilfen nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V genehmigt wurde, betroffen und hatte seinen Arbeitsplatz deshalb verloren. Er war jedoch nicht (beihilfe-)bedürftig, da ihm in dem neu gegründeten Industriepark ein neuer Arbeitsplatz vermittelt werden konnte. Seine ihm zunächst in Erwartung seines Beihilfeanspruchs zugeteilte Nummer wurde nicht frei gelassen, sondern einem anderen - wahrscheinlich nicht in der Montanindustrie, sondern in dem Metall verarbeitenden Betriebsteil Beschäftigten und damit eigentlich nicht beihilfeberechtigten - Arbeitnehmer zugeteilt. Das Anknüpfen an eine (Referenz-) Nummer gewährleistete somit gerade nicht, dass ein in der Montanindustrie tätiger Arbeitnehmer von einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V betroffen war.
Auch die Frage, ob dem Arbeitnehmer im Einzelfall Leistungen auf der Grundlage der nach Art. 56 § 2 Buchst. b EGKS-V gewährten Beihilfen zugeflossen sind, kann nicht von Bedeutung sein. Soweit der Gesetzgeber eine Gewährung von Vertrauensschutz in Bezug auf den abschlagsfreien Rentenzugang an den Bezug von Leistungen knüpfen wollte - wie z.B. in § 237 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 SGB VI - hat er dies ausdrücklich geregelt. Auch hätte dies hier zu dem vom Gesetzgeber sicher nicht erstrebten Ergebnis geführt, dass der Kläger sich gegen die Vermittlung eins neuen Arbeitsplatzes hätte wehren müssen, um eine Beihilfe beanspruchen zu können und sich einen damals noch nicht absehbaren Vertrauensschutz zu sichern.
Schließlich kann nicht das Vorliegen einer "Einzelvereinbarung" zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezüglich eines Ausscheidens auf Grund einer Maßnahme nach Art. 56 § 2 Buchst. b EGKS-V Voraussetzung einer Gewährung des Vertrauensschutzes nach § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGKS-V sein. Bei einer Stilllegungsmaßnahme, von der ca. 1700 Arbeitnehmer betroffen waren und bei der ein Sozialplan vorlag, wäre die Forderung nach einer solchen Einzelvereinbarung für den einzelnen Arbeitnehmer lebensfremd, zumal die arbeitsrechtlichen Konsequenzen, die dies hätte haben können, unüberschaubar waren. Vor dem Hintergrund, dass die weitere Beschränkung des Vertrauensschutzes auf den von § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI erfassten Personenkreis erst nach dem Beschluss der Stilllegungsmaßnahme in Kraft getreten ist, hätte das Unternehmen auch diesen Gesichtspunkt nicht in seine Überlegungen einstellen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da – soweit ersichtlich – bislang eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Rechtsfrage, was unter dem Tatbestandsmerkmal "aufgrund einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V" zu verstehen ist, nicht ergangen ist. Ferner weicht der Senat von dem Leitsatz des Sächsischen Landessozialgerichts in seiner Entscheidung vom 19. Januar 2005 – L 6 KN 88/04 – ab, wonach ein Anspruch auf Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente entweder an eine Einzelvereinbarung des Betriebes mit dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer geknüpft ist oder daran, dass der Versicherte in der Liste der von der Schließungsmaßnahme betroffenen Arbeitnehmer aufgeführt ist.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger Anspruch auf Bewilligung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ohne Abschläge hat.
Der am. 1942 geborene Kläger durchlief vom 1. September 1956 bis 31. August 1959 erfolgreich eine Lehre zum Maurer. Er war dann rentenversicherungspflichtig beschäftigt, absolvierte vom 6. November 1965 bis 27. April 1967 seinen Wehrdienst und arbeitete u.a. vom 18. Juli 1967 bis 31. August 1991 als Hochofenmaurer in der - und ( ) T AG. Vom 1. September 1991 bis 31. Juli 2000 war er schließlich als Maurer bei der T Baugesellschaft mbH tätig.
Der Kläger beantragte am 25. März 1998 die Klärung seines Versicherungskontos. Er legte u.a. eine Bescheinigung des Leiters der Personalwirtschaft der Eisen- und Hüttenwerke T AG, unterzeichnet von dem Zeugen D , vom 5. November 1998 vor, wonach er - der Kläger - vom 18. Juli 1967 bis 31. August 1991 in der - und ( ) T AG beschäftigt gewesen sei. Die T AG sei ein Betrieb, der von einer Maßnahme im Sinne des Artikel 56 § 2 Buchst. b des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS-V) betroffen gewesen sei. Die Maßnahme für diesen Betrieb sei am 31. Mai 1991 genehmigt worden.
Unter dem 28. Juni 2000 erteilte die Beklagte einen Vormerkungsbescheid gemäß § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) und stellte die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis zum 31. Dezember 1993 für die Beteiligten verbindlich fest. In der beigefügten Rentenauskunft gleichen Datums ist auf Seite 4 ausgeführt, dass eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit ohne Rentenabschlag bei einem Rentenbeginn ab dem 1. September 2007 und mit Rentenabschlag frühestens ab dem 1. September 2002 in Anspruch genommen werden könne; die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente zu diesem Zeitpunkt würde zu einer Minderung der Rente um 18 Prozent führen. Ob die Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelungen vorlägen, habe nicht geprüft werden können.
Nachdem der Kläger hiergegen Widerspruch eingelegt und sich u.a. darauf gestützt hatte, es gelte für ihn die Vertrauensschutzregelung für Beschäftigte, die aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden seien, holte die Beklagte eine formularmäßige Auskunft der Rechtsnachfolgerin der T Baugesellschaft mbH, der S GmbH in T , vom 22. September 2000 ein. In der formularmäßig vorbereiteten Auskunft waren zwei alternative Antworten möglich: "1. Die/ der umseitig genannte Versicherte gehört zum beihilfeberechtigten Personen kreis und wird unter der Referenznummer geführt. Die entsprechende Maßnahme wurde am genehmigt. 2. Die/ der umseitig benannte Versicherte gehört nicht zum beihilfeberechtigten Personenkreis." Die letztgenannte Alternative wurde von der S GmbH angekreuzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. März 2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück. Ein Widerspruch sei nur gegen einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 des Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X) zulässig. Die erteilte Rentenauskunft vom 28. Juni 2000 sei eine Information des Rentenversicherungsträgers gegenüber dem Versicherten ohne unmittelbaren rechtlichen Regelungscharakter. Die hiergegen beim Sozialgericht Magdeburg (Az.: S 39 RJ 135/01) erhobene Klage nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 27. November 2001 zurück. Im Protokoll ist vermerkt, die Beklagte sei aufgefordert worden, dem Kläger nach Abschluss des Verfahrens unverzüglich eine Mitteilung zukommen zu lassen, ob er unter die Vertrauensschutzregelung des (damaligen) § 237 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI, die so genannte Montanzugehörigkeit, falle. Dem Kläger sei erklärt worden, dass er bei einer negativen Auskunft hiergegen auch Rechtsmittel einlegen könne.
Unter dem 6. Februar 2002 erteilte die Beklagte eine zweite Rentenauskunft mit dem Vermerk "kein Rentenbescheid". Auf Seite 4 ist wiederum ausgeführt, dass kein Rentenabschlag bei einem Rentenbeginn der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 1. September 2007 zu erwarten sei. Der früheste Rentenbeginn dieser Rente sei der 1. September 2005; die Inanspruchnahme würde zu einem Rentenabschlag von 18 Prozent führen. Die Rentenauskunft enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung. Der Rentenauskunft war ein Schreiben vom 6. Februar 2002 beigefügt, wonach unter Bezugnahme auf die Verhandlung beim Sozialgericht Magdeburg am 27. November 2001 mitgeteilt werde, laut schriftlicher Bestätigung der GmbH vom 22. September 2000 gehöre er - der Kläger - nicht zum beihilfeberechtigten Personenkreis des Artikels 56 § 2 Buchst. b EGKS-V. Der von ihm vorgelegte Beschäftigungsnachweis des damaligen Arbeitgebers T vom 5. November 1998 habe lediglich besagt, dass es sich bei dem Arbeitgeber um einen Betrieb handele, der von einer Maßnahme im Sinne des Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V betroffen gewesen sei. Somit sei die Vertrauensschutzregelung zur Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bzw. nach Altersteilzeit gemäß § 237 Abs. 4 SGB VI nicht anwendbar. Auch dieses Schreiben enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung. Gegen diese Mitteilung legte der Kläger am 4. März 2002 Widerspruch ein. Zur Begründung bezog er sich auf die Auskunft der T AG vom 5. November 1998. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zum Nachweis, dass der Kläger aufgrund einer Maßnahme nach Artikel 56 EGKS-V aus dem Betrieb ausgeschieden sei, sei der ausgestellte Beschäftigungsnachweis nicht ausreichend. Darin werde lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger einem Betrieb angehört habe, dem eine entsprechende Maßnahme bewilligt worden sei. Deshalb sei in diesen Fällen zusätzlich zu prüfen, inwieweit Versicherte in den so genannten Ursprungslisten beim Arbeitsamt mit einer persönlichen Referenznummer aufgeführt seien. Sei dies nicht der Fall, sei davon auszugehen, dass der Versicherte aus anderen Gründen aus dem Betrieb ausgeschieden sei. Vertrauensschutz sei dann nicht gegeben. Da der Kläger nicht beim Arbeitsamt unter einer Referenznummer registriert worden sei, könne nicht davon ausgegangen werden, dass er Betroffener der EGKS-Maßnahme gewesen sei.
Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Magdeburg am 26. Juni 2002 Klage erhoben und daran festgehalten, in einem ehemaligen Betrieb der Montanindustrie beschäftigt gewesen zu sein und Vertrauensschutz gemäß § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI in Anspruch nehmen zu können. Die T AG habe 1990 eine Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V beantragt, die am 31. Mai 1991 mit Wirkung zum 1. Juli 1990 genehmigt worden sei. Hierbei habe es sich um eine Stilllegungsmaßnahme gehandelt, von der sämtliche Arbeitnehmer betroffen gewesen seien. Er verwies auf den von ihm vorgelegten Aufhebungsvertrag vom 29. August 1991.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 2003 hat die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab dem 1. November 2003 bewilligt. In der Anlage 6 des Rentenbescheides ist der Zugangsfaktor mit 1,0, vermindert um 0,003 für jeden Monat der vorzeitigen Inanspruchnahme, d. h. für 46 Kalendermonate um 0,138, und damit mit 0,862 festgestellt worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 12. Juli 2005 hat das Sozialgericht Magdeburg die Klage abgewiesen. Die Feststellung der Beklagten im Bescheid vom 6. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2002 und der Bescheid vom 10. Oktober 2003 seien nicht rechtswidrig. Dem Kläger sei nicht Altersrente wegen Arbeitslosigkeit auf der Grundlage eines ungeminderten Zugangsfaktors zu gewähren. Die Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelung des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI seien nicht erfüllt. Das Ausscheiden des Klägers bei der T AG mit Ablauf des August 1991 habe nicht auf einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V beruht. Dies stehe zur Überzeugung der Kammer aufgrund der schriftlichen Auskunft der GmbH vom 22. September 2000 fest. Danach habe der Kläger nicht zum beihilfeberechtigten Personenkreis, nämlich nicht zum Personenkreis der Arbeitnehmer der T AG gehört, der auch aus dem EGKS-Fonds der Europäischen Gemeinschaft finanzierte Sozialplanleistungen habe beanspruchen können. Die Kammer habe keinen Grund gesehen, an der Richtigkeit dieser Auskunft zu zweifeln, da zugleich eine bei Einbeziehung vergebene Referenznummer des Arbeitsamtes für den Kläger fehle. Eine Stilllegungsmaßnahme schon zum 30. Juni 1990 könne zudem offensichtlich keine Ursache für ein Ausscheiden erst mit Ablauf des August 1991 gewesen sein. Schließlich spreche gegen ein Ausscheiden des Klägers aufgrund einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V, dass sein Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet wurde und nicht (wie in anderen gerichtsbekannten Fällen) durch eine betriebsbedingte Kündigung mit dem ausdrücklichen Hinweis auf aus dem EGKS-Fonds der Europäischen Gemeinschaft finanzierte Sozialplanleistungen.
Gegen den ihm am 18. Juli 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16. August 2005 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er sei als Hochofenmaurer bei der T AG beschäftigt gewesen. Der Hochofen sei primär mit der Erzeugung von Stahl verbunden gewesen. Dieser Arbeitsplatz sei im Rahmen der betroffenen Maßnahme abgebaut worden. Dass er danach im Anschluss wieder eine Arbeitsstelle bei der T Baugesellschaft gefunden habe, könne für den Vertrauensschutz keine Rolle spielen. Zur Begründung hat er ein Schreiben der GmbH vom 23. Dezember 2005 vorgelegt, wonach er in dem Bereich Stahlwerk beschäftigt gewesen und das Stahlwerk aufgrund einer Maßnahme des Artikels 56 § 2 Buchst. b des EGKS-V geschlossen worden sei. Diese Maßnahme sei am 31. Mai 1991 genehmigt worden und das Arbeitsverhältnis des Klägers habe aufgrund dieser Maßnahme am 31. August 1991 geendet.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 12. Juli 2005 abzuändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 10. Oktober 2003 zu verurteilen, ihm Altersrente wegen Arbeitslosigkeit unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihre Bescheide für rechtmäßig. Sie hält daran fest, der Kläger könne Vertrauensschutz nicht in Anspruch nehmen. Ihm sei es nicht gelungen, nachzuweisen, aufgrund einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V ausgeschieden zu sein; dieser Nachweis müsse durch eine persönliche Referenznummer aus den so genannten "MUV-Ursprungslisten" der Agentur für Arbeit erbracht werden.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Auskünften der GmbH vom 15. Mai 2006 und der Bundesagentur für Arbeit in H vom 6. Juni 2006. Die GmbH hat ausgeführt, der Kläger sei im Bereich Stahlwerk beschäftigt gewesen, das Stahlwerk sei aufgrund einer Maßnahme des Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V geschlossen worden und diese Maßnahme sei am 31. Mai 1991 genehmigt worden. Mit dem Kläger sei der Aufhebungsvertrag vom 29. August 1991 geschlossen worden, mit dem dessen Arbeitsverhältnis zum 31. August 1991 aufgelöst worden sei. Aus dem Aufhebungsvertrag gehe nicht hervor, was der Grund für die Aufhebung gewesen sei. Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs sei jedoch anzunehmen, dass die Schließung des Stahlwerks der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewesen ist. Eine Referenznummer sei aus den Unterlagen jedoch nicht zu entnehmen. Ob der Kläger zum beihilfeberechtigten Personenkreis gehört habe, könne somit nicht mit absoluter Sicherheit angegeben werden. Die Agentur für Arbeit H hat angegeben, der Kläger sei auf keiner Ursprungsliste geführt worden und demzufolge kein Betroffener nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V. Die Vergabe der einzelnen Referenznummer auf einer Ursprungsliste habe allein im Ermessen des Unternehmens gelegen.
Der Kläger hat daran festgehalten, Betroffener einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V gewesen zu sein, da durch die Schließung des Stahlwerks der T AG sein Arbeitsplatz, nämlich der Hochofen, weggefallen sei. Es könne ihm nicht zum Nachteil gereichen, dass bei der Vergabe der Referenznummern aufgrund der eingereichten Ursprungslisten nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Die gesetzliche Vorschrift zum Vertrauenstatbestand setze schließlich nicht voraus, dass ein Betroffener eine Referenznummer haben müsse. Laut Gesetz sei derjenige von einer Maßnahme betroffen, der aufgrund der genehmigten Schließung des Betriebes aus diesem Unternehmen ausscheiden müsse, in welcher Form auch immer. Der Kläger hat zudem seinen Arbeitsvertrag vom 1. September 1991 mit der T Baugesellschaft mbH vorgelegt. Danach ist er als gewerblicher Arbeitnehmer ohne konkrete Bezeichnung seiner Verwendung eingestellt und in die Lohngruppe I eingruppiert worden, wonach er einen Stundenlohn von 15,66 DM erhalten sollte.
Die Beklagte hat daran festgehalten, dass der Nachweis des Vertrauensschutzes nicht erbracht worden sei, da dem Kläger keine Referenznummer zugeordnet worden sei. Auch aus der Auskunft der GmbH ergebe sich nichts anderes, da dort lediglich die Vermutung angestellt worden sei, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers sei aufgrund der Maßnahme erfolgt.
Sodann hat der Senat eine Auskunft des Insolvenzverwalters der T Baugesellschaft mbH vom 13. Mai 2008 eingeholt. Danach habe das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bis zum 31. Juli 2000 gedauert. Die T Baugesellschaft mbH sei in Teilen Nachfolger der aufgelösten - und T AG gewesen.
Aus dem Parallelstreitverfahren L 3 R 102/06 hat der Senat die Auskunft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 25. Juni 2008 beigezogen. Danach betraf der Antrag der T AG auf Beihilfen nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V die Stilllegung des Walzwerks des Unternehmens. Von der Maßnahme seien 1.734 Arbeitnehmer betroffen gewesen. Der genehmigte Höchstbetrag habe 25,8 Mio. DM betragen. Der Antrag sei am 31. Mai 1991 genehmigt worden. Beginn der Maßnahme sei der 30. Juni 1990 gewesen.
Schließlich hat der Senat den ehemaligen Leiter der Personalwirtschaft der T AG, W D , als Zeugen vernommen. Anfang Juni 1991 sei vom damaligen Bundesministerium für Arbeit (BMA) zeitgleich in einem so genannten Schnellbrief über die Zugehörigkeit der T AG zur Montanindustrie und über die Genehmigung von Beihilfen nach Art. 56 § 2 Buchst. b EGKS-V entschieden worden. In Erwartung der Genehmigung seien für die Arbeitnehmer, die zum Metall erzeugenden Betrieb gehörten, Nummern vergeben und geplant worden, in welcher Höhe Leistungen an die zu entlassenden Arbeitnehmer fließen sollten. Nachdem die Beihilfen bewilligt worden waren, seien diese Mittel auf die entlassenen Arbeitnehmer verteilt worden. Arbeitnehmer, denen ein Arbeitsplatz in dem neu gegründeten Industriepark vermittelt werden konnte, hätten keine Gelder aus den Beihilfen erhalten. Mit ihnen sei ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden. Diese Arbeitnehmer hätten auch keine der Nummern mehr erhalten, die als so genannte Referenznummer in die spätere Ursprungsliste aufgenommen worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.
1. Der Senat konnte in der Sache entscheiden, obwohl das sozialgerichtliche Verfahren an einem erheblichen Mangel litt. Das Sozialgericht hätte nicht durch Gerichtsbescheid des Kammervorsitzenden entscheiden dürfen; dies ist nach § 105 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nur erlaubt, wenn die Sache u.a. keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Zum einen führt der tatsächlich schwer zu ermittelnde Ablauf von der geplanten Stilllegung des Walzwerks über die Beantragung und Genehmigung der Beihilfen bis zur Erstellung der so genannten Ursprungslisten zur Annahme der besonderen tatsächlichen Schwierigkeit der Sache. Zum anderen weist die Auslegung und Anwendung einer Rechtsvorschrift, deren Wortlaut nicht ohne weiteres umgesetzt werden kann und zu der es keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt, auf besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art hin.
Das Sozialgericht hat damit verfahrensfehlerhaft durch den Kammervorsitzenden als Einzelrichter ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter entschieden, obwohl die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht vorgelegen haben. Dadurch hat es dem Kläger seinen gesetzlichen Richter im Sinne des Artikel 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) entzogen, nämlich die Kammer in voller Besetzung (vgl. auch Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16. März 2006 – B 4 RA 59/04 R –, NZS 2007, S. 51). Dieser Mangel ist auch wesentlich, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Kammer in der gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
Trotz dieses wesentlichen Verfahrensmangels konnte der Senat jedoch in der Sache selbst entscheiden, weil er gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG zwar befugt, aber nicht zwingend verpflichtet war, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 2006, a.a.O.). Im Rahmen seines Ermessens hat der Senat das Interesse der Beteiligten an einer möglichst zeitnahen Erledigung des Rechtsstreits einerseits mit den Nachteilen durch den Verlust einer Tatsacheninstanz andererseits gegeneinander abgewogen. Angesichts der schon längeren Verfahrensdauer hält der Senat hier eine Zurückverweisung nicht für sachgerecht.
2. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht hat abgewiesen. Vielmehr hat der Kläger Anspruch auf Altersrente unter Zugrundelegung eines (ungekürzten) Zugangsfaktors von 1,0. Der Bescheid vom 10. Oktober 2003 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG); er war entsprechend zu ändern.
Für den Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom 6. Februar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Mai 2002 ist das Rechtsschutzbedürfnis entfallen, da inzwischen der Rentenbescheid vom 10. Oktober 2003 erteilt worden ist, der diese Bescheide in vollem Umfang im Sinne von § 96 SGG ersetzt hat. Insoweit ist kein Raum mehr für eine Zusicherung als dem Rentenbescheid vorgreifliche Teilregelung (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 4. Mai 1999 – B 4 RA 28/98 – recherchiert über juris).
Bei dem Kläger findet nach § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI die bei seinem Rentenbeginn, dem 1. November 2003, geltende Fassung des § 237 SGB VI mit der Änderung durch Art. 1 Nr. 76 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (RRG 1999) vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2998, 3010) Anwendung.
Nach Absatz 1 dieser Vorschrift haben Anspruch auf Altersrente Versicherte, wenn sie (1.) vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, (2.) das 60. Lebensjahr vollendet haben, (3.) u. a. bei Beginn der Rente arbeitslos sind und nach Vollendung eines Lebensalters von 58 Jahren und 6 Monaten insgesamt 52 Wochen arbeitslos waren, (4.) in den letzten zehn Jahren vor Beginn der Rente acht Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit sowie (5.) die Wartzeit von 15 Jahren erfüllt haben. Die vorgenannten Voraussetzungen liegen beim Kläger unstreitig vor.
Der Zugangsfaktor für die dem Kläger bewilligte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit beträgt hier 1,0. Nach § 63 Abs. 5 und 6 SGB VI ergibt sich der Monatsbetrag einer Rente, indem die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte mit dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert vervielfältigt werden, wobei im Rahmen der Rentenberechnung Vorteile und Nachteile einer unterschiedlichen Rentenbezugsdauer durch einen Zugangsfaktor vermieden werden. Dieser richtet sich nach § 77 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB VI nach dem Alter der Versicherten bei Rentenbeginn oder Tod und beträgt bei Renten wegen Alters, die mit Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 65. Lebensjahres oder eines für den Versicherten maßgebenden niedrigeren Rentenalters beginnen, 1,0; bei Renten wegen Alters, die vorzeitig in Anspruch genommen werden, ist dieser für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0 (§ 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2a SGB VI).
Der Kläger hat hier seine Rente nicht vorzeitig in Anspruch genommen.
Gemäß § 237 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB VI wird die Altersgrenze von 60 Jahren bei Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit angehoben, wobei die vorzeitige Inanspruchnahme einer solchen Altersrente möglich ist. Nach § 237 Abs. 3 Satz 3 SGB VI bestimmen sich die Anhebung der Altersgrenze und die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme nach der Anlage 19 zum SGB VI; hiernach wäre die Altersgrenze beim Kläger entsprechend eines vorzeitigen Rentenbeginns anzuheben. Abweichend von § 237 Abs. 3 SGB VI normiert § 237 Abs. 4 SGB VI eine modifizierte Anhebung der Altersrente, u. a. wenn der Versicherte bis zum 14. Februar 1944 geboren und aufgrund einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V, die vor dem 14. Februar 1996 genehmigt worden ist, aus einem Betrieb der Montanindustrie ausgeschieden ist, nach der dieser Regelung angefügten Tabelle. Für Versicherte, die – wie der Kläger – im August 1942 geboren sind, ist eine Anhebung auf das Alter 60 Jahre und 5 Monate vorgesehen. Die Voraussetzungen einer Anwendung dieser Vertrauensschutzregelung liegen bei dem Kläger vor.
Der Kläger ist am. 1942 und damit bis zum 14. Februar 1944 geboren. Aus dem Geburtsmonat und dem Geburtsjahr ergibt sich bei Anwendung der o.g. Vertrauensschutzregelung ein (ungekürzter) Zugangsfaktor von 1,0. Denn der Kläger hatte das 60. Lebensjahr im August 2002 vollendet und bezieht erst seit dem 1. November 2003 und damit 14 Monate nach Vollendung des 60. Lebensjahres Altersrente. Die Anhebung der Altersrente um 5 Monate führt deshalb nicht zu einer Verringerung des Zugangsfaktors.
Zur Überzeugung des Senats ist der Kläger auch aufgrund einer Maßnahme nach Art. 56 § 2 Buchst. b EGKS-V, die im Sinne des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI vor dem 14. Februar 1996 genehmigt worden ist, aus dem Unternehmen ausgeschieden.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass noch mit dem am 1. Januar 1992 - also nach dem Beginn der Stilllegung bei der T AG - in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I 1989, 2261) in der Übergangsregelung zu § 41 Abs. 1 SGB VI a.F. für die Versicherten der Geburtsjahre 1941 bis 1944 allgemein nur eine Anhebung der Altersgrenze für eine abschlagsfreie Altersrente bei Arbeitslosigkeit von einem Monat für vier Monate vorgesehen wurde. Erst mit dem Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand (RuhStFöG) vom 23. Juli 1996 (BGBl. I S. 1078) wurde, damals in § 237 Abs. 2 SGB VI, eine der Regelung in § 237 Abs. 4 Satz 1 SGB VI in der Fassung des RRG 1999 entsprechende weitere Eingrenzung des in den Genuss der Vertrauensschutzregelung kommenden Personenkreises vorgenommen (vgl. hierzu Bundestags-Drucksache 13/4336 S. 24). Die Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung stellen dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unterfallende Rechtspositionen dar (vgl. z.B. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urteil vom 28. Februar 1980 - 1 BvL 17/77 u.a. - BVerfGE 53, 257, 290 ff - recherchiert nach juris). Die Anhebung der Altersgrenze stellt hier eine zulässige Inhaltsbeschränkung dar (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 7. Juli 2004 - B 8 KN 3/03 R - SozR 4-2600 Nr. 3; Urteil vom 5. August 2004 - B 13 RJ 10/03 R - SozR 4-2600 § 237 Nr. 6; vgl. zur Gesamtproblematik O´Sullivan, Zur Verfassungsmäßigkeit der Anhebung des Renteneintrittsalters, SGb 2004, 290 ff.; der Vorlagebeschluss des BSG vom 23. August 2005 - B 4 RA 28/03 R - juris betrifft die hier nicht in Streit stehende Dauer des Rentenabschlages und die Ungleichbehandlung von freiwilligen Beiträgen und Pflichtbeiträgen in Bezug auf § 237a SGB VI). Gleichwohl ist diese Gesetzesentwicklung bei der Auslegung der Regelung in § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI in dem Sinne zu berücksichtigen, dass der Vertrauensschutz nicht über den Wortlaut des Ge-setzes hinaus weiter eingeschränkt werden darf. Insbesondere dürfen dem Versicherten daraus keine Nachteile erwachsen, dass vollkommen unklar bleibt, was der Gesetzgeber mit einer "Genehmigung" der Maßnahme meint.
Nach Art. 56 § 2 Buchst. b Satz 1 EGKS-V kann die Hohe Behörde der EGKS eine nicht rückzahlungspflichtige Beihilfe bewilligen, um zur Zahlung von Entschädigungen, die es den Arbeitnehmern ermöglichen, ihre Wiederbeschäftigung abzuwarten, durch Zuwendungen an die Unternehmen zur Sicherung der Entlohnung ihres Personals bei zeitweiser Beurlaubung, die durch Änderung ihrer Tätigkeit notwendig geworden ist, zur Gewährung von Beihilfen an die Arbeitnehmer für die Kosten zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes oder zur Finanzierung der Umschulung der Arbeitnehmer, die ihre Beschäftigung wechseln müssen, beizutragen. Voraussetzung ist, dass in den Absatzbedingungen der Kohle- oder Stahlindustrie grundlegende Änderungen eintreten, die nicht unmittelbar auf die Errichtung des gemeinsamen Marktes zurückzuführen sind, die aber einzelne Unternehmen zwingen, ihre Tätigkeit endgültig einzustellen, einzuschränken oder zu ändern, sowie ein entsprechender Antrag der beteiligten Regierungen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift macht die Hohe Behörde die Bewilligung einer nicht rückzahlungspflichtigen Beihilfe von der Zahlung eines mindestens gleich hohen besonderen Beitrags durch den beteiligten Staat abhängig, es sei denn, dass der Rat mit Zweidrittelmehrheit eine Abweichung zulässt.
Wenn man die "Bewilligung" im Sinne der vorgenannten Vorschriften des EGKS-V mit der Genehmigung im Sinne des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI gleichsetzen wollte mit der Hinzunahme eines Kausalitätserfordernisses, dass erst eine solche "Bewilligung" vor dem Ausscheiden aus dem Betrieb erfolgt sein müsste, würde der Vertrauensschutz leerlaufen. Denn das Prozedere sah zur Überzeugung des Senats zunächst eine Zusammenstellung der erforderlichen Mittel durch das betroffene Unternehmen für Betriebsstilllegungen, -änderungen etc. vor, dann eine Prüfung durch die Behörden im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuches, nachfolgend eine von dort ausgehende Mitteilung – in der Regel wohl im Wege eines "Schnellbriefs" –, dass dem Grunde nach eine Förderung nach dem EGKS-V möglich sei, dann wurde vor diesem Hintergrund eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen oder ein Aufhebungsvertrag geschlossen und schließlich wurden anhand von Listen (nicht zwingend "Ursprungslisten" mit personenkonkreter Bezeichnung der Ausscheidenden) Beihilfen konkret durch die betroffenen Arbeitnehmer oder Unternehmen beantragt. Da die Bewilligung durch die Hohe Behörde der EGKS nach Art. 56 § 2 Buchst. b Satz 2 EGKS-V im Regelfall von der Bewilligung eines "mindestens gleich hohen Betrages" durch den beteiligten Staat abhängt, folgte dann eine konkrete Bewilligung von deutscher Seite mit Ausführung durch die ehemalige Bundesagentur für Arbeit und nachfolgend eine Bewilligung durch die Hohe Behörde der EGKS und zuletzt - teilweise Jahre später - eine Schlussrechnung über die tatsächlich erforderlichen Beihilfen.
Das macht eine Auslegung des § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI insbesondere vor der oben genannten Gesetzesentwicklung mit einer weitgehenden Verwirklichung des Vertrauensschutzes durch den Senat erforderlich.
Unter einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V sind Betriebseinstellungs-, Betriebseinschränkungs- oder Betriebsänderungsmaßnahmen zu verstehen (Grüner-Dalichau, Gesetzliche Rentenversicherung, Kommentar, § 237 S. 35). Hier war der Kläger bei der T AG beschäftigt und arbeitete im Stahlwerk als Hochofenmaurer. Das Stahlwerk wurde aufgrund einer Maßnahme des Artikels 56 § 2 Buchst. b EGKS-V geschlossen. Dies ergibt sich für den Senat aus der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung vom 23. Dezember 2005 des Zeugen D und seiner Zeugenerklärung vor dem Senat, aus der Auskunft der GmbH vom 15. Mai 2006 und aus der beigezogenen Auskunft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 25. Juni 2008.
Die Maßnahme wurde ausweislich der genannten Auskünfte am 31. Mai 1991 und damit vor dem 14. Februar 1996 genehmigt. Diesen zeitlichen Ablauf hat der Zeuge D vor dem Senat bestätigt. Danach wurden gleichzeitig die Feststellung der Zugehörigkeit zur Montanindustrie und die Bewilligung der Beihilfen nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V beantragt. Die Entscheidung hierüber erfolgte im Wege eines so genannten Schnellbriefs am 31. Mai 1991. Soweit der Zeuge diesen Termin auf Anfang Juni 1991 datiert hat, wertet der Senat dies als Ungenauigkeit in der Erinnerung des Zeugen hinsichtlich eines Ereignisses, das inzwischen 17 Jahre zurückliegt. Bezüglich einer "Genehmigung" der Maßnahme - die, wie angegeben, eigentlich nicht zu erfolgen hatte - vor dem 14. Februar 1996 reicht es aus, dass die zuständigen Behörden im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs die Voraussetzungen im Sinne des Art. 56 § 2 Buchst. b EGKS-V als gegeben erachteten. Dies war zur Überzeugung des Senats ausweislich der Bescheinigung des Zeugen D vom 5. November 1998 und seiner Angaben bei seiner Vernehmung vor dem Senat sowie der beigezogenen Auskunft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 25. Juni 2008 der Fall.
Der Senat geht davon aus, dass der Arbeitsplatz des Klägers "aufgrund" dieser Maßnahme weggefallen ist. Zwar hat sein früherer Arbeitgeber mit ihm einen Aufhebungsvertrag geschlossen und nicht eine betriebsbedingte, auf Artikel 56 § 2 b EGKS-V gestützte Kündigung ausgesprochen. Auch ist der Kläger nicht als Beihilfeberechtigter anerkannt und auf keiner der Ursprungslisten des Arbeitsamtes registriert worden. Dies ist jedoch nach Auffassung des Senats nicht Vorraussetzung für die Inanspruchnahme des vom Gesetzgeber geschaffenen Vertrauensschutzes. Denn der Gesetzgeber hat den Vertrauensschutztatbestand lediglich an den Umstand geknüpft, dass der Arbeitsplatz aufgrund einer Maßnahme, für die der Arbeitgeber eine Beihilfe erhalten hat und die er genehmigen lassen musste, seinen Arbeitsplatz verloren hat. Nach dem Wortlaut des Gesetzes, wonach der Versicherte "ausgeschieden" sein muss, ist unschädlich, wenn der Versicherte – wie hier der Kläger – im Anschluss daran unmittelbar ein neues Arbeitsverhältnis eingeht und deshalb auf keine Beihilfe in Form von Umschulung, Entschädigung oder Ähnlichem angewiesen gewesen sowie bei der Arbeitsverwaltung nicht registriert worden ist. Hier ist der Arbeitsplatz des Klägers wegen einer vor dem 14. Februar 1996 genehmigten Stilllegungsmaßnahme weggefallen. Sein Arbeitsverhältnis ist daraufhin aufgelöst worden. Zwar sind Teile der Eisen- und Hüttenwerke T AG in die GmbH, mit der der Kläger im Anschluss an die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bereits zum 1. September 1991 einen neuen Arbeitsvertrag geschlossen hatte, eingeflossen. Das Stahlwerk ist aber nicht fortgeführt worden. Der Kläger hat seinen alten Arbeitsplatz nicht behalten, sondern ohne genaue Tätigkeitsbezeichnung Arbeiten der Lohngruppe I übertragen bekommen. Insoweit geht der Senat davon aus, dass die vom Gesetzgeber ins Auge gefassten Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Vertrauensschutzes erfüllt sind. Hinweise darauf, dass die Vertrauensschutzregelung an die tatsächliche Gewährung von Beihilfen oder die Aufnahme in eine so genannte Ursprungsliste abhängig gemacht werden sollte, sind für den Senat nicht ersichtlich. Ausreichend ist, dass dem Kläger hier durch die Angaben des früheren Arbeitgebers bzw. dessen Rechtsnachfolger gelungen ist, den Zusammenhang zwischen dem Wegfall seines Arbeitsplatzes und der zuvor nach Artikel 56§ 2 Buchst. b EGKS-V genehmigten Maßnahme nachzuweisen und damit auszuschließen, dass er seinen Arbeitsplatz aufgrund anderer Ursachen, z. B. aus personenbedingten Gründen, aufgeben musste.
Einer Tatbestandswirkung der Erfassung auf der Ursprungsliste steht auch bereits entgegen, dass hier keine Regelungen ersichtlich sind, die eine notwendige Einbeziehung des Versicherten vorsahen. Diese wären aber Voraussetzung einer zwingenden Zugrundelegung des Vorhandenseins einer solchen Ursprungsliste und der Erfassung des Versicherten auf einer solchen Liste für die Zubilligung des Vertrauensschutzes nach Maßgabe des § 237 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB IV (vgl. zur notwendigen Bekanntgabe als Grundlage einer Tatbestandswirkung: BSG, Urteil vom 28. Februar 2008 - B 1 KR 17/07 R - RdNr. 6, juris). Im Übrigen bieten die rechtlichen Regelungen keine hinreichende Gewähr für eine Richtigkeit der Ursprungslisten. Dies ergibt sich eindrucksvoll aus den Angaben des Zeugen D. Danach sind in Erwartung der "Genehmigung" der Beihilfen für die Arbeitnehmer, die zum Metall erzeugenden Betrieb gehörten, Nummern vergeben und geplant worden, in welcher Höhe Leistungen an die zu entlassenden Arbeitnehmer fließen sollten. Erst nachdem die Beihilfen bewilligt worden waren, sind diese Mittel auf die entlassenen Arbeitnehmer verteilt worden. Dabei haben Arbeitnehmer, denen - wie dem Kläger - ein Arbeitsplatz in dem neu gegründeten Industriepark vermittelt werden konnte, keine Gelder aus den Beihilfen erhalten. Mit ihnen ist ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden. Diese Arbeitnehmer haben dann auch keine der Nummern behalten bzw. erhalten, die als so genannte Referenznummer in die spätere Ursprungsliste aufgenommen worden war. Insoweit war der Kläger als ein Arbeitnehmer in der Montanindustrie zwar von einer Stilllegungsmaßnahme, für die Beihilfen nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V genehmigt wurde, betroffen und hatte seinen Arbeitsplatz deshalb verloren. Er war jedoch nicht (beihilfe-)bedürftig, da ihm in dem neu gegründeten Industriepark ein neuer Arbeitsplatz vermittelt werden konnte. Seine ihm zunächst in Erwartung seines Beihilfeanspruchs zugeteilte Nummer wurde nicht frei gelassen, sondern einem anderen - wahrscheinlich nicht in der Montanindustrie, sondern in dem Metall verarbeitenden Betriebsteil Beschäftigten und damit eigentlich nicht beihilfeberechtigten - Arbeitnehmer zugeteilt. Das Anknüpfen an eine (Referenz-) Nummer gewährleistete somit gerade nicht, dass ein in der Montanindustrie tätiger Arbeitnehmer von einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V betroffen war.
Auch die Frage, ob dem Arbeitnehmer im Einzelfall Leistungen auf der Grundlage der nach Art. 56 § 2 Buchst. b EGKS-V gewährten Beihilfen zugeflossen sind, kann nicht von Bedeutung sein. Soweit der Gesetzgeber eine Gewährung von Vertrauensschutz in Bezug auf den abschlagsfreien Rentenzugang an den Bezug von Leistungen knüpfen wollte - wie z.B. in § 237 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 SGB VI - hat er dies ausdrücklich geregelt. Auch hätte dies hier zu dem vom Gesetzgeber sicher nicht erstrebten Ergebnis geführt, dass der Kläger sich gegen die Vermittlung eins neuen Arbeitsplatzes hätte wehren müssen, um eine Beihilfe beanspruchen zu können und sich einen damals noch nicht absehbaren Vertrauensschutz zu sichern.
Schließlich kann nicht das Vorliegen einer "Einzelvereinbarung" zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezüglich eines Ausscheidens auf Grund einer Maßnahme nach Art. 56 § 2 Buchst. b EGKS-V Voraussetzung einer Gewährung des Vertrauensschutzes nach § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EGKS-V sein. Bei einer Stilllegungsmaßnahme, von der ca. 1700 Arbeitnehmer betroffen waren und bei der ein Sozialplan vorlag, wäre die Forderung nach einer solchen Einzelvereinbarung für den einzelnen Arbeitnehmer lebensfremd, zumal die arbeitsrechtlichen Konsequenzen, die dies hätte haben können, unüberschaubar waren. Vor dem Hintergrund, dass die weitere Beschränkung des Vertrauensschutzes auf den von § 237 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI erfassten Personenkreis erst nach dem Beschluss der Stilllegungsmaßnahme in Kraft getreten ist, hätte das Unternehmen auch diesen Gesichtspunkt nicht in seine Überlegungen einstellen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da – soweit ersichtlich – bislang eine höchstrichterliche Entscheidung zu der Rechtsfrage, was unter dem Tatbestandsmerkmal "aufgrund einer Maßnahme nach Artikel 56 § 2 Buchst. b EGKS-V" zu verstehen ist, nicht ergangen ist. Ferner weicht der Senat von dem Leitsatz des Sächsischen Landessozialgerichts in seiner Entscheidung vom 19. Januar 2005 – L 6 KN 88/04 – ab, wonach ein Anspruch auf Gewährung einer abschlagsfreien Altersrente entweder an eine Einzelvereinbarung des Betriebes mit dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer geknüpft ist oder daran, dass der Versicherte in der Liste der von der Schließungsmaßnahme betroffenen Arbeitnehmer aufgeführt ist.
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