L 2 B 167/06 AL ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 6 AL 183/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 B 167/06 AL ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
PKH-Bewilligungsreife
Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen einer unvollständigen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen des Antragstellers.

Am 28. April 2006 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau den Antrag eingereicht, die Antragsgegenerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihm Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III) zu gewähren. Gleichzeitig hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung des Rechtsanwalts T. beantragt. Zur Begründung des PKH-Antrages hat er u. a. ausgeführt: Einzusetzendes Einkommen sei nicht vorhanden. Eigenes Vermögen stehe dem Antragsteller auch nicht zur Verfügung. Dies ergebe sich aus der beigefügten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers vom 28. April 2008 ist mit dem Original der Antragschrift am 3. Mai 2006 bei Gericht eingegangen. Die Fragen nach monatlichen Einkünften aus den verschiedenen Einkunftsarten hat der Antragsteller ausnahmslos verneint. Ergänzend hat er ausgeführt, er erhalte nach Bedarf Zuwendungen von den Eltern. Die Frage nach vorhandenem Vermögen in Form von Bank-, Giro-, Sparkonten und dergleichen hat der Antragsteller mit "ja" beantwortet, aber weder Angaben zu Kreditinstitut und Guthabenart, noch zur Höhe des Guthabens gemacht. Stattdessen hat er erklärt, die fehlenden Angaben nachzureichen. Die Fragen nach vorhandenen Kraftfahrzeugen und sonstigen Vermögenswerten hat er unbeantwortet gelassen. Mit Schreiben vom 9. Mai 2006, am 10. Mai 2006 bei Gericht eingegangen, hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass sie dem Antrag des Antragstellers nunmehr mit Bescheid vom 9. Mai 2006 entsprochen habe. Mittels anwaltlichem Schreiben vom 15. Mai 2006 hat der Kläger erklärt, er nehme das in dem Schreiben der Gegenseite zum Ausdruck kommende Anerkenntnis an, der Rechststreit habe sich erledigt.

Mit Beschluss vom 4. Juli 2006 hat das Sozialgericht Dessau-Roßlau die Bewilligung von PKH abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Bei Erledigung des einstweiligen Rechsschutzverfahrens sei die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers nicht vollständig gewesen, so dass der PKH-Antrag noch nicht bewilligungsreif gewesen sei. Bei nachträglicher Vervollständigung der Erklärung könne PKH wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Verfahrensbeendigung nur noch rückwirkend bewilligt werden. Nur ausnahmsweise könne rückwirkend bewilligt werden, wenn die Bewilligungsreife bereits vor der Verfahrensbeendigung eingetreten sei. Das setze voraus, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers durch die Erklärung nach § 73a SGG in Verbindung mit § 117 Abs. 2 ZPO hinreichend dargetan und belegt seien. Das sei hier aber nicht der Fall gewesen. Das Gericht sei auch nicht gehalten gewesen, auf die ergänzungsbedürftigkeit der Erklärung hinzuweisen, weil der Antragsteller selbst erklärt habe, die fehlenden Angaben und Belege würden nachgereicht.

Gegen den am 10. Juli 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 2. August 2006 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Die fehlenden Angaben und Belege seien für die Entscheidung über den PKH-Antrag letztlich ohne Bedeutung, weil das Fehlen ausreichender Mittel für die Kosten der Prozessführung aus der Erklärung im Übrigen zu folgern sei.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss ist zwar zulässig aber nicht begründet.

Auf seinen Antrag erhält ein Beteiligter gemäß § 73 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) PKH, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, hinreichende Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung bejaht werden können und diese nicht mutwillig erscheint. Außerdem setzt § 114 ZPO, indem dort von beabsichtigter Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung die Rede ist, voraus, dass das Verfahren der Hauptsache prozessual noch nicht abgeschlossen ist. Nach dessen Beendigung kann PKH rückwirkend auf einen Zeitpunkt vor Beendigung der Hauptsache nur ausnahmsweise bewilligt werden. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Prozesskostenhilfe vor Verfahrensbeendigung bereits hätte bewilligt werden können, das Prozessgericht aber einen entsprechenden Beschluss bei Verfahrensbeendigung noch nicht gefasst hatte. Die Entscheidung über den Antrag ist dann unter Berücksichtigung des Erkenntnisstandes im Zeitpunkt der frühestmöglichen Entscheidung über den PKH-Antrag zu treffen.

PKH hätte im vorliegenden Fall nicht vor Beendigung des Hauptsacheverfahrens bewilligt werden können. Die vom Antragsteller bei dem Sozialgericht eingereichte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse lässt nicht den rechtlichen Schluss zu, er sei nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung, auch nicht nur zum Teil oder in Raten, aufzubringen. Die Erklärung ist unvollständig. Gemäß § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 117 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO, 1 Abs. 1 Prozesskostenhilfevordruckverordnung (PKHVV) ist bei der Erklärung der eingeführte Erklärungsvordruck zu verwenden. Der Antragsteller hat im vorliegenden Fall zwar den Vordruck verwendet, jedoch in wesentlichen Punkten keine oder nur unvollständige Angaben gemacht. Die Fragen nach vorhandenen Kraftfahrzeugen und anderen Vermögenswerten hat er gar nicht beantwortet. Die Frage nach vorhandenen Kontenguthaben hat er bejaht, aber die nach dem Vordruck geforderten weiteren Angaben unterlassen und auch die notwendigen Belege nicht vorgelegt. Der Antragsteller hat mit seinem Vermerk "wird nachgereicht" zu der Frage nach Kontenguthaben selbst zu erkennen gegeben, dass ihm die Unvollständigkeit seiner bisherigen und die Erheblichkeit der fehlenden Angaben bewusst gewesen ist. Auf die vollständige Beantwortung dieser Fragen kann aber nicht verzichtet werden, weil die Bewilligung der PKH u. a. davon abhängt, ob dem Antragsteller einsetzbares Vermögen zur Verfügung steht (§ 115 Abs. 2 ZPO). Die anwaltliche Erklärung in der Antragsschrift ersetzt die nach § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO erforderlichen Angaben und Belege jedenfalls deshalb nicht, weil sie lediglich eine Bezugnahme auf die Erklärung des Antragstellers vom 28. April 2006 bedeutet. Sie wiederholt, was durch den Antragsteller selbst bereits erklärt ist. Dem Vorbringen in der Antragsschrift kommt deshalb keine eigenständige Bedeutung zu. Die Bewilligung der BAB mittels Bescheid der Antragsgegnerin vom 9. Mai 2006 ist kein Indiz für das Nichtvorhandensein von Vermögen beim Antragsteller, denn ein Anspruch auf BAB setzt nicht voraus, dass kein einsetzbares Vermögen vorhanden ist.

Die Ablehnung des PKH-Gesuchs durch das Sozialgericht ist nicht deshalb rechtswidrig, weil es nicht auf die Unvollständigkeit der Erklärung hingewiesen hat. Grundsätzlich hat das Gericht auf die Vervollständigung einer Erklärung hinzuweisen. Verhält es sich jedoch so wie im vorliegenden Fall, dass ein anwaltlich vertretener Antragsteller ankündigt, unvollständige Angaben nachzuholen, besteht kein Anlass für einen richterlichen Hinweis.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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