Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 8 AS 1913/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 B 442/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
SGB II-Übernahme von Mietschulden
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die am 1966 geborene Antragstellerin bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Ab dem 1. Juni 2006 bewohnte die Antragstellerin eine Wohnung in der H. –H. -Stra8e in D. (heute D. –R. ) mit eine Wohnfläche von 35 m² und einem monatlichen Mietzins von 195,00 EUR zuzüglich monatlich jeweils 40,00 EUR für Heizung und für Nebenkosten. Die vorher angemietete Wohnung hatte die Antragstellerin freiwillig geräumt, nachdem der Vermieter wegen bestehender Zahlungsrückstände eine Räumungsklage beim zuständigen Amtsgericht eingereicht hatte. Nach den Angaben der Antragstellerin waren die Mietschulden für die alte Wohnung aufgelaufen, weil ihr damaliger Partner eigentlich für Mietzahlungen vorgesehene Mittel für die Beschaffung von Alkohol verwendet hatte. Auch um sich von diesem Partner zu trennen habe sie die alte Wohnung freiwillig geräumt und die neue Wohnung ohne den bisherigen Partner angemietet und bezogen. Die Antragsgegnerin erkannte die Kosten der neuen Unterkunft in Höhe von monatlich insgesamt 267,80 EUR als angemessen an, wobei sie von den Heizkosten einen monatlich Betrag von 7,20 EUR für die Kosten der Warmwasseraufbereitung abzog. Zusammen mit der Regelleistung von 347,00 EUR monatlich ergab sich daraus für die Antragstellerin dem Grunde nach ein monatlicher Leistungsanspruch auf Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 614,80 EUR. Im Rahmen von Sanktionen nach § 31 SGB II senkte die Antragsgegnerin die der Antragstellerin bewilligten Leistungen wegen nacheinander festgestellter Meldversäumnisse für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 um 10 % der Regelleistung ab. Für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 30. Juni 2007 senkte die Antragsgegnerin dann wegen wiederholter Meldversäumnisse das Arbeitslosengeld II (Regelleistung und Leistungen für Unterkunft und Heizung) zunächst um 20 % und um 30 % (jeweils Bescheide vom 22. Februar 2007) sowie mit Bescheid vom 5. März 2007 um 40 % ab. Für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum 31. August 2007 senkte die Beklagte das Arbeitslosengeld II um 60 % (Bescheid vom 9. Mai 2007), um 70 % (Bescheid vom 15. Mai 2007), um 80 % (Bescheid vom 15. Mai 2007) und dann um 90 % (Bescheid ebenfalls vom 15. Mai 2007) ab. Die Antragstellerin erhob gegen die Absenkungsbescheide jeweils keine Widersprüche. Mit Bescheid vom 6. Juni 2007 setzte die Antragsgegnerin das Arbeitslosengeld II der Antragstellerin für die Monate Juli und August 2007 wegen erneuter Meldeversäumnisse auf "0,00" EUR fest (so dass auch überhaupt keine Unterkunftskosten übernommen wurden) und bewilligte für die Zeit vom 1. September 2007 bis 31. Dezember 2007 wieder Leistungen in einer Gesamthöhe von monatlich 614,80 EUR (Regelleistung und Kosten der Unterkunft). Gegen den Bescheid vom 6. Juni 2007 erhob die Antragstellerin am 6. Juli 2007 Widerspruch und führte aus, weil für die Monat Juli bis August 2007 überhaupt keine Mietzahlungen an den (neuen) Vermieter erfolgen sollten, drohe dieser nun mit einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses. Sie sei durch rechtswidrig vorgenommene Reduzierungen der Leistungen für die Unterkunft mit der Miete in Rückstand geraten. Aus einem beigefügten Schreiben des Vermieters vom 14. Juni 2007 ergab sich, dass schon für die Monat April bis Mai 2007 Miete teilweise nicht gezahlt worden war. Diesen Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2007 als unbegründet zurück und führt aus: Die Antragstellerin habe mehrere Meldetermine nicht wahrgenommen, so dass sich aufgrund dieser wiederholten Pflichtverletzungen kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II mehr ergebe. Hiervon seien die Leistungen nach §§ 21 bis 23 SGB II betroffen. Mit mehreren Bescheiden vom 1. August 2007 stellte die Antragsgegnerin dann wiederum Leistungsabsenkungen fest und führte aus, im Ergebnis würden die Leistungen (Regelleistungen und Leistungen für Unterkunft und Heizung) ab dem 1. September 2007 (für die Zeit bis zum 30. November 2007) "ganz versagt". Die Antragstellerin habe sich mehrfach geweigert, ihrer Meldpflicht beim zuständigen Träger nachzukommen und habe dadurch ihre Mitwirkungspflichten verletzt. Mit einem am 18. September 2007 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Schreiben unterrichtete das Amtsgericht Dessau über eine dort am 21. August 2007 eingegangene Räumungsklage des Vermieters der Wohnung der Antragstellerin wegen seit April 2007 aufgelaufener Rückstände. Die Antragstellerin hat am 26. September 2007 einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) gestellt und beantragt, die Antragsgegnerin zur verpflichten, ihr ein Darlehen für die Begleichung der aufgelaufenen Mietschulden zu gewähren. Die Antragsgegnerin hat die darlehensweise Übernahme der Mietschulden mit Bescheid vom 26. Oktober 2007 abgelehnt. Hierzu hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin in einem Schriftsatz vom 30. Oktober 2007 an das SG ausgeführt, dass (zunächst) mietvertragskonforme Verhalten der Antragstellerin nach Bezug der neuen Wohnung müsse zu deren Gunsten berücksichtigt werden. Einen für den 1. November 2007 vereinbarten Gesprächstermin bei der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin (um mehrere Stunden verspätet) wahrgenommen. In diesem Rahmen wurde ihr die Teilnahme an einer sechswöchigen Trainingsmaßnahme "Orientierung/Aktivierung" ab dem 3. Dezember 2007 angeboten. Das SG hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 16. November 2007 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ein Darlehen in Höhe von 1.878,40 EUR (entsprechend des zuletzt vom Vermieter mit der Klage beim Amtsgericht geltend gemachten Betrages für Forderungen aus dem Mietverhältnis für die Zeit vom April bis einschließlich November 2007), zahlbar an den Vermieter der Wohnung der Antragstellerin, zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: Der Antragsstellerin drohe aufgrund der anhängigen Räumungsklage die Wohnungslosigkeit. Der Anspruch auf Übernahme der Mietschulden ergebe sich aus § 22 Abs. 5 SGB II. Die darlehensweise Übernahme der Mietschulden sei auch gerechtfertigt. Der Antragstellerin sei vor dem nun beantragten Darlehen noch kein anderes Darlehen zur Begleichung von Mietschulden gewährt worden. Bis zu den sanktionsbedingten Leistungskürzungen habe die Antragstellerin ihre Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis erfüllt. Auch wenn von den Sanktionen die Kosten für Unterkunft und Heizung erfasst würden, sei nicht stets die Wohnungslosigkeit in Kauf zu nehmen. Im konkreten Fall sei gem. § 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch noch eine Sicherung der Unterkunft durch die Übernahme der Mietrückstände erreichbar. Angesichts der für die Antragstellerin drohenden Obdachlosigkeit sei das Ermessen der Antragstellerin "auf null" reduziert. Gegen den ihr am 16. November 2007 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 6. Dezember 2007 Beschwerde eingelegt. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung der Beschwerde hat die Antragsgegnerin vorgetragen: Zwischenzeitlich seien wegen erneuter Versäumung von Meldeterminen durch die Antragstellerin bereits ein weiterer Sanktionsbescheid ergangen und weitere würden in Kürze ergehen. Eine Rückzahlungsvereinbarung für das laut dem angefochtenen Beschluss zu gewährende Darlehen habe mit der Antragsstellerin nicht getroffen werden können, weil diese einen hierfür vorgesehenen Termin am 21. November 2007 nicht wahrgenommen habe. Bei der Antragstellerin könne das Ziel einer dauerhaften Sicherung der Unterkunft nicht erkannt (bzw. nicht erreicht) werden. Die Antragsgegnerin hat auf Anfrage des Berichterstatters erklärt, sie werte die Ausführungen im Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 30. Oktober 2007 als Widerspruch gegen den ablehnenden Darlehensbescheid vom 26. Oktober 2007 und werde hierzu noch einen Widerspruchsbescheid erlassen. Den angefochten Beschluss hat die Antragsgegnerin – ohne Anerkennung einer endgültigen Rechtspflicht - ausgeführt und die Darlehenssumme von 1.874,40 EUR an den Vermieter der Antragstellerin ausgezahlt. Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 16. November 2007 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, die Beschwerde abzuweisen. Zu zwei vom Berichterstatter anberaumten Terminen zur Erörterung des Sachverhalts ist die Antragstellerin nicht persönlich erschienen. Das Mandat ihrer Verfahrenbevollmächtigten hat sie nicht aufgekündigt. Dieser hat mitgeteilt: Der Vermieter für die Wohnung in der H. –H. -Straße in D. –R. habe im Rahmen des Rechtsstreits vor dem Amtsgericht dort zu Protokoll erklärt, auch nach Erlass eines Räumungsurteils auf die Durchsetzung der Räumung zu verzichten, wenn die vom SG ausgesprochene Verpflichtung durch Zahlung ihm gegenüber erfüllt werde. Zwischenzeitlich seien erneute Sanktionsbescheide gegen die Antragstellerin ergangen und sie habe zwischenzeitlich die bisherige Wohnung aufgegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG), form- und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragsgegnerin für eine Sachentscheidung ist hier nicht dadurch entfallen, dass sie der einstweiligen Anordnung in der angefochtenen Entscheidung des SG nachgekommen ist und den sich daraus ergebenden Betrag an den im Tenor bezeichneten Vermieter der Antragstellerin überwiesen hat. Für das Rechtsschutzbedürfnis der verpflichteten Behörde auf eine Sachentscheidung im Beschwerdeverfahren (und nicht nur eine Entscheidung über die Kostentragung) ist insoweit grundsätzlich das Interesse ausreichend, bei der Aufhebung der einstweiligen Anordnung einen Erstattungsanspruch noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens durchsetzen zu können (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Juni 2007 - L 12 B 49/07 ER und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Mai 2008 – L 23 B 26/08 SO ER mit Aufgabe der vorher das Rechtsschutzbedürfnis verneinenden Rechtssprechung). Prüfungsmaßstab ist dann, ob das SG zu Recht die einstweilige Anordnung erlassen hat. Insofern führen nachträglich eingetretene Ereignisse – wie hier der Auszug der Antragstellerin aus ihrer Unterkunft – bei vorherigen stattgebender Entscheidung auch nicht zur Erledigung der Hauptsache.
Die Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat zu Recht eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Übernahme der Schulden der Antragstellerin aus dem Mietverhältnis für die Wohnung in der H. –H. -Straße in D. verpflichtet.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung lagen vor. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei haben die Antragsteller gemäß § 86 Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) den Anspruch auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) sowie die Dringlichkeit der Entscheidung des Gerichts (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
Hier hat die Antragstellerin eine den Erlass der Anordnung rechtfertigende Notlage glaubhaft gemacht. Aufgrund der von Vermieter der Wohnung in der H. –H. -Straße in D. anhängig gemachten Räumungsklage bestand für die Antragstellerin die Gefahr der Wohnungslosigkeit. Die Gefahr war auch noch durch die Übernahme der Mietschulden abzuwenden, denn der Vermieter hatte sich nach der glaubhaften Erklärung der Prozessbevollmächtigen der Antragstellerin bereit erklärt, bei Übernahme der Schulden selbst bei zwischenzeitlichem Erlass eines Räumungsurteils auf die Durchsetzung des Räumungsanspruchs zu verzichten.
Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Danach können – sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden – auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Nach § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II "sollen" die Schulden übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Geldleistungen sollen dabei nach Satz 4 der Vorschrift als Darlehen erbracht werden.
Hier lag ein Fall des § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II vor. Denn ohne die Übernahme der Schulden der Antragstellerin aus dem Mietverhältnis drohte der Eintritt von Wohnungslosigkeit. Zur Abwendung der konkret durch den Verlust der Wohnung in der H. –H. -Strasse in D. drohenden Wohnungslosigkeit war auch die Übernahme der Mietschulden notwendig. Für den Senat gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Entscheidung des SG die Wohnungslosigkeit durch einen erneuten Wohnungswechsel hätte vermeiden können. Eine Übernahme der Mietschulden war auch gerechtfertigt. Eine Rechtfertigung soll zum Beispiel dann ausscheiden, wenn es um die Sicherung einer nicht kostenangemessenen Unterkunft geht (vgl. Berlit, Komm. zum SGB II, 2. Auflage, § 22 Rdnr. 113). Hierfür gab es keinerlei Anhaltspunkte, insbesondere auch weil die Antragsgegnerin die tatsächlich anfallenden Kosten als grundsätzlich angemessen beurteilt hatte. Fehlen könnte eine Rechtfertigung auch dann, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Kostenübernahme im Rahmen einer Prognoseentscheidung davon auszugehen ist, dass aus in der Person der Hilfebedürftigen liegenden Gründen nicht mit dem Erhalt der Wohnung zu rechnen ist. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn bei einer Direktzahlung der Miete an den Vermieter durch den Leistungsträger dennoch damit zu rechnen ist, dass das Mietverhältnis auch aufgrund anderer Vertragsverletzungen als der Nichtzahlung von Miete und Nebenkosten gekündigt wird. Solche Umstände lagen hier nicht vor. Die Antragstellerin hatte außer der Nichtzahlung der Miete keine Gründe für eine Kündigung des Mietverhältnisses gegeben. Die Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtungen hängt zeitlich mit der Verhängung der Sanktionen nach § 31 Abs. 2 SGB II und den damit verbundenen Absenkungen des Arbeitslosengelds II zusammen. Vor dem von solchen Sanktionen erfassten Zeitraum (von Juni 2006 bis einschließlich März 2007) waren auch insofern die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis erfüllt worden. Dass das Auflaufen von Mietschulden darauf beruht, dass wegen Sanktionen nach § 31 SGB II keine Leistungen für Unterkunft und Heizung gewährt worden waren, schließt eine Übernahme der Mietschulden nach § 22 Abs. 5 SGB II nicht aus. Es bedarf insofern einer einzelfallbezogenen Abwägung, wobei die zu erwartenden Folgekosten für die Beseitigung der Obdachlosigkeit und die desintegrierenden Wirkungen der Obdachlosigkeit für eine anzustrebende Arbeitsmarkintegration einzubeziehen sind (vgl. Berlit, a. a. O., § 22 Rdnr. 112). Im Rahmen einer solchen Abwägung spricht zwar gegen die Mietschuldenübernahme, dass die Antragstellerin sich beharrlich geweigert hatte, Meldeaufforderungen nachzukommen und insofern für Integrationsmaßnahmen praktisch nicht zur Verfügung stand. Demgegenüber ist aber zu beachten, dass der Eintritt von Obdachlosigkeit die offensichtlich schon eingeschränkte Integrationsfähigkeit der Antragstellerin mutmaßlich noch weiter negativ beeinträchtigt hätte. In der Gesamtschau spricht hier mehr für als gegen die Annahme, dass eine Schuldenübernahme gerechtfertigt war.
Weil beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 22 Abs. 5 SGB II die Schulden übernommen werden "sollen", kann der Leistungsträger die Übernahme lediglich in atypischen Fällen ablehnen. Teilweise wird in der Rechtsprechung angenommen, die Klärung, ob ein atypischer Fall vorliege, könne regelmäßig erst im Hauptsacheverfahren erfolgen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. August 2007, L 26 B 1321/07 AS). Letztlich kann dies offen bleiben. Für die Annahme eines atypischen Falls, der eine Ablehnung der Schuldenübernahme rechtfertigen könnte, ergeben sich für den Senat im konkreten Fall keine Anhaltspunkte. Die von der Antragsgegnerin angesprochenen, gegen eine Übernahme sprechenden Gesichtspunkte, wurden bereits bei der Frage der Rechtfertigung einer Schuldenübernahme behandelt. Weiter in diese Richtung gehenden Gesichtpunkte sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung erfolgt anlog § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
gez. Lauterbach gez. Wulff gez. Dr. Peters
Gründe:
I.
Die am 1966 geborene Antragstellerin bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Ab dem 1. Juni 2006 bewohnte die Antragstellerin eine Wohnung in der H. –H. -Stra8e in D. (heute D. –R. ) mit eine Wohnfläche von 35 m² und einem monatlichen Mietzins von 195,00 EUR zuzüglich monatlich jeweils 40,00 EUR für Heizung und für Nebenkosten. Die vorher angemietete Wohnung hatte die Antragstellerin freiwillig geräumt, nachdem der Vermieter wegen bestehender Zahlungsrückstände eine Räumungsklage beim zuständigen Amtsgericht eingereicht hatte. Nach den Angaben der Antragstellerin waren die Mietschulden für die alte Wohnung aufgelaufen, weil ihr damaliger Partner eigentlich für Mietzahlungen vorgesehene Mittel für die Beschaffung von Alkohol verwendet hatte. Auch um sich von diesem Partner zu trennen habe sie die alte Wohnung freiwillig geräumt und die neue Wohnung ohne den bisherigen Partner angemietet und bezogen. Die Antragsgegnerin erkannte die Kosten der neuen Unterkunft in Höhe von monatlich insgesamt 267,80 EUR als angemessen an, wobei sie von den Heizkosten einen monatlich Betrag von 7,20 EUR für die Kosten der Warmwasseraufbereitung abzog. Zusammen mit der Regelleistung von 347,00 EUR monatlich ergab sich daraus für die Antragstellerin dem Grunde nach ein monatlicher Leistungsanspruch auf Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 614,80 EUR. Im Rahmen von Sanktionen nach § 31 SGB II senkte die Antragsgegnerin die der Antragstellerin bewilligten Leistungen wegen nacheinander festgestellter Meldversäumnisse für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2007 um 10 % der Regelleistung ab. Für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 30. Juni 2007 senkte die Antragsgegnerin dann wegen wiederholter Meldversäumnisse das Arbeitslosengeld II (Regelleistung und Leistungen für Unterkunft und Heizung) zunächst um 20 % und um 30 % (jeweils Bescheide vom 22. Februar 2007) sowie mit Bescheid vom 5. März 2007 um 40 % ab. Für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum 31. August 2007 senkte die Beklagte das Arbeitslosengeld II um 60 % (Bescheid vom 9. Mai 2007), um 70 % (Bescheid vom 15. Mai 2007), um 80 % (Bescheid vom 15. Mai 2007) und dann um 90 % (Bescheid ebenfalls vom 15. Mai 2007) ab. Die Antragstellerin erhob gegen die Absenkungsbescheide jeweils keine Widersprüche. Mit Bescheid vom 6. Juni 2007 setzte die Antragsgegnerin das Arbeitslosengeld II der Antragstellerin für die Monate Juli und August 2007 wegen erneuter Meldeversäumnisse auf "0,00" EUR fest (so dass auch überhaupt keine Unterkunftskosten übernommen wurden) und bewilligte für die Zeit vom 1. September 2007 bis 31. Dezember 2007 wieder Leistungen in einer Gesamthöhe von monatlich 614,80 EUR (Regelleistung und Kosten der Unterkunft). Gegen den Bescheid vom 6. Juni 2007 erhob die Antragstellerin am 6. Juli 2007 Widerspruch und führte aus, weil für die Monat Juli bis August 2007 überhaupt keine Mietzahlungen an den (neuen) Vermieter erfolgen sollten, drohe dieser nun mit einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses. Sie sei durch rechtswidrig vorgenommene Reduzierungen der Leistungen für die Unterkunft mit der Miete in Rückstand geraten. Aus einem beigefügten Schreiben des Vermieters vom 14. Juni 2007 ergab sich, dass schon für die Monat April bis Mai 2007 Miete teilweise nicht gezahlt worden war. Diesen Widerspruch wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2007 als unbegründet zurück und führt aus: Die Antragstellerin habe mehrere Meldetermine nicht wahrgenommen, so dass sich aufgrund dieser wiederholten Pflichtverletzungen kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II mehr ergebe. Hiervon seien die Leistungen nach §§ 21 bis 23 SGB II betroffen. Mit mehreren Bescheiden vom 1. August 2007 stellte die Antragsgegnerin dann wiederum Leistungsabsenkungen fest und führte aus, im Ergebnis würden die Leistungen (Regelleistungen und Leistungen für Unterkunft und Heizung) ab dem 1. September 2007 (für die Zeit bis zum 30. November 2007) "ganz versagt". Die Antragstellerin habe sich mehrfach geweigert, ihrer Meldpflicht beim zuständigen Träger nachzukommen und habe dadurch ihre Mitwirkungspflichten verletzt. Mit einem am 18. September 2007 bei der Antragsgegnerin eingegangenen Schreiben unterrichtete das Amtsgericht Dessau über eine dort am 21. August 2007 eingegangene Räumungsklage des Vermieters der Wohnung der Antragstellerin wegen seit April 2007 aufgelaufener Rückstände. Die Antragstellerin hat am 26. September 2007 einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) gestellt und beantragt, die Antragsgegnerin zur verpflichten, ihr ein Darlehen für die Begleichung der aufgelaufenen Mietschulden zu gewähren. Die Antragsgegnerin hat die darlehensweise Übernahme der Mietschulden mit Bescheid vom 26. Oktober 2007 abgelehnt. Hierzu hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin in einem Schriftsatz vom 30. Oktober 2007 an das SG ausgeführt, dass (zunächst) mietvertragskonforme Verhalten der Antragstellerin nach Bezug der neuen Wohnung müsse zu deren Gunsten berücksichtigt werden. Einen für den 1. November 2007 vereinbarten Gesprächstermin bei der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin (um mehrere Stunden verspätet) wahrgenommen. In diesem Rahmen wurde ihr die Teilnahme an einer sechswöchigen Trainingsmaßnahme "Orientierung/Aktivierung" ab dem 3. Dezember 2007 angeboten. Das SG hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 16. November 2007 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ein Darlehen in Höhe von 1.878,40 EUR (entsprechend des zuletzt vom Vermieter mit der Klage beim Amtsgericht geltend gemachten Betrages für Forderungen aus dem Mietverhältnis für die Zeit vom April bis einschließlich November 2007), zahlbar an den Vermieter der Wohnung der Antragstellerin, zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: Der Antragsstellerin drohe aufgrund der anhängigen Räumungsklage die Wohnungslosigkeit. Der Anspruch auf Übernahme der Mietschulden ergebe sich aus § 22 Abs. 5 SGB II. Die darlehensweise Übernahme der Mietschulden sei auch gerechtfertigt. Der Antragstellerin sei vor dem nun beantragten Darlehen noch kein anderes Darlehen zur Begleichung von Mietschulden gewährt worden. Bis zu den sanktionsbedingten Leistungskürzungen habe die Antragstellerin ihre Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis erfüllt. Auch wenn von den Sanktionen die Kosten für Unterkunft und Heizung erfasst würden, sei nicht stets die Wohnungslosigkeit in Kauf zu nehmen. Im konkreten Fall sei gem. § 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auch noch eine Sicherung der Unterkunft durch die Übernahme der Mietrückstände erreichbar. Angesichts der für die Antragstellerin drohenden Obdachlosigkeit sei das Ermessen der Antragstellerin "auf null" reduziert. Gegen den ihr am 16. November 2007 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 6. Dezember 2007 Beschwerde eingelegt. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung der Beschwerde hat die Antragsgegnerin vorgetragen: Zwischenzeitlich seien wegen erneuter Versäumung von Meldeterminen durch die Antragstellerin bereits ein weiterer Sanktionsbescheid ergangen und weitere würden in Kürze ergehen. Eine Rückzahlungsvereinbarung für das laut dem angefochtenen Beschluss zu gewährende Darlehen habe mit der Antragsstellerin nicht getroffen werden können, weil diese einen hierfür vorgesehenen Termin am 21. November 2007 nicht wahrgenommen habe. Bei der Antragstellerin könne das Ziel einer dauerhaften Sicherung der Unterkunft nicht erkannt (bzw. nicht erreicht) werden. Die Antragsgegnerin hat auf Anfrage des Berichterstatters erklärt, sie werte die Ausführungen im Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 30. Oktober 2007 als Widerspruch gegen den ablehnenden Darlehensbescheid vom 26. Oktober 2007 und werde hierzu noch einen Widerspruchsbescheid erlassen. Den angefochten Beschluss hat die Antragsgegnerin – ohne Anerkennung einer endgültigen Rechtspflicht - ausgeführt und die Darlehenssumme von 1.874,40 EUR an den Vermieter der Antragstellerin ausgezahlt. Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 16. November 2007 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, die Beschwerde abzuweisen. Zu zwei vom Berichterstatter anberaumten Terminen zur Erörterung des Sachverhalts ist die Antragstellerin nicht persönlich erschienen. Das Mandat ihrer Verfahrenbevollmächtigten hat sie nicht aufgekündigt. Dieser hat mitgeteilt: Der Vermieter für die Wohnung in der H. –H. -Straße in D. –R. habe im Rahmen des Rechtsstreits vor dem Amtsgericht dort zu Protokoll erklärt, auch nach Erlass eines Räumungsurteils auf die Durchsetzung der Räumung zu verzichten, wenn die vom SG ausgesprochene Verpflichtung durch Zahlung ihm gegenüber erfüllt werde. Zwischenzeitlich seien erneute Sanktionsbescheide gegen die Antragstellerin ergangen und sie habe zwischenzeitlich die bisherige Wohnung aufgegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG), form- und fristgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragsgegnerin für eine Sachentscheidung ist hier nicht dadurch entfallen, dass sie der einstweiligen Anordnung in der angefochtenen Entscheidung des SG nachgekommen ist und den sich daraus ergebenden Betrag an den im Tenor bezeichneten Vermieter der Antragstellerin überwiesen hat. Für das Rechtsschutzbedürfnis der verpflichteten Behörde auf eine Sachentscheidung im Beschwerdeverfahren (und nicht nur eine Entscheidung über die Kostentragung) ist insoweit grundsätzlich das Interesse ausreichend, bei der Aufhebung der einstweiligen Anordnung einen Erstattungsanspruch noch vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens durchsetzen zu können (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. Juni 2007 - L 12 B 49/07 ER und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Mai 2008 – L 23 B 26/08 SO ER mit Aufgabe der vorher das Rechtsschutzbedürfnis verneinenden Rechtssprechung). Prüfungsmaßstab ist dann, ob das SG zu Recht die einstweilige Anordnung erlassen hat. Insofern führen nachträglich eingetretene Ereignisse – wie hier der Auszug der Antragstellerin aus ihrer Unterkunft – bei vorherigen stattgebender Entscheidung auch nicht zur Erledigung der Hauptsache.
Die Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Das SG hat zu Recht eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Übernahme der Schulden der Antragstellerin aus dem Mietverhältnis für die Wohnung in der H. –H. -Straße in D. verpflichtet.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung lagen vor. Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei haben die Antragsteller gemäß § 86 Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung (ZPO) den Anspruch auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) sowie die Dringlichkeit der Entscheidung des Gerichts (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
Hier hat die Antragstellerin eine den Erlass der Anordnung rechtfertigende Notlage glaubhaft gemacht. Aufgrund der von Vermieter der Wohnung in der H. –H. -Straße in D. anhängig gemachten Räumungsklage bestand für die Antragstellerin die Gefahr der Wohnungslosigkeit. Die Gefahr war auch noch durch die Übernahme der Mietschulden abzuwenden, denn der Vermieter hatte sich nach der glaubhaften Erklärung der Prozessbevollmächtigen der Antragstellerin bereit erklärt, bei Übernahme der Schulden selbst bei zwischenzeitlichem Erlass eines Räumungsurteils auf die Durchsetzung des Räumungsanspruchs zu verzichten.
Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Danach können – sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden – auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Nach § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II "sollen" die Schulden übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Geldleistungen sollen dabei nach Satz 4 der Vorschrift als Darlehen erbracht werden.
Hier lag ein Fall des § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II vor. Denn ohne die Übernahme der Schulden der Antragstellerin aus dem Mietverhältnis drohte der Eintritt von Wohnungslosigkeit. Zur Abwendung der konkret durch den Verlust der Wohnung in der H. –H. -Strasse in D. drohenden Wohnungslosigkeit war auch die Übernahme der Mietschulden notwendig. Für den Senat gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Entscheidung des SG die Wohnungslosigkeit durch einen erneuten Wohnungswechsel hätte vermeiden können. Eine Übernahme der Mietschulden war auch gerechtfertigt. Eine Rechtfertigung soll zum Beispiel dann ausscheiden, wenn es um die Sicherung einer nicht kostenangemessenen Unterkunft geht (vgl. Berlit, Komm. zum SGB II, 2. Auflage, § 22 Rdnr. 113). Hierfür gab es keinerlei Anhaltspunkte, insbesondere auch weil die Antragsgegnerin die tatsächlich anfallenden Kosten als grundsätzlich angemessen beurteilt hatte. Fehlen könnte eine Rechtfertigung auch dann, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Kostenübernahme im Rahmen einer Prognoseentscheidung davon auszugehen ist, dass aus in der Person der Hilfebedürftigen liegenden Gründen nicht mit dem Erhalt der Wohnung zu rechnen ist. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn bei einer Direktzahlung der Miete an den Vermieter durch den Leistungsträger dennoch damit zu rechnen ist, dass das Mietverhältnis auch aufgrund anderer Vertragsverletzungen als der Nichtzahlung von Miete und Nebenkosten gekündigt wird. Solche Umstände lagen hier nicht vor. Die Antragstellerin hatte außer der Nichtzahlung der Miete keine Gründe für eine Kündigung des Mietverhältnisses gegeben. Die Nichterfüllung der Zahlungsverpflichtungen hängt zeitlich mit der Verhängung der Sanktionen nach § 31 Abs. 2 SGB II und den damit verbundenen Absenkungen des Arbeitslosengelds II zusammen. Vor dem von solchen Sanktionen erfassten Zeitraum (von Juni 2006 bis einschließlich März 2007) waren auch insofern die Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis erfüllt worden. Dass das Auflaufen von Mietschulden darauf beruht, dass wegen Sanktionen nach § 31 SGB II keine Leistungen für Unterkunft und Heizung gewährt worden waren, schließt eine Übernahme der Mietschulden nach § 22 Abs. 5 SGB II nicht aus. Es bedarf insofern einer einzelfallbezogenen Abwägung, wobei die zu erwartenden Folgekosten für die Beseitigung der Obdachlosigkeit und die desintegrierenden Wirkungen der Obdachlosigkeit für eine anzustrebende Arbeitsmarkintegration einzubeziehen sind (vgl. Berlit, a. a. O., § 22 Rdnr. 112). Im Rahmen einer solchen Abwägung spricht zwar gegen die Mietschuldenübernahme, dass die Antragstellerin sich beharrlich geweigert hatte, Meldeaufforderungen nachzukommen und insofern für Integrationsmaßnahmen praktisch nicht zur Verfügung stand. Demgegenüber ist aber zu beachten, dass der Eintritt von Obdachlosigkeit die offensichtlich schon eingeschränkte Integrationsfähigkeit der Antragstellerin mutmaßlich noch weiter negativ beeinträchtigt hätte. In der Gesamtschau spricht hier mehr für als gegen die Annahme, dass eine Schuldenübernahme gerechtfertigt war.
Weil beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 22 Abs. 5 SGB II die Schulden übernommen werden "sollen", kann der Leistungsträger die Übernahme lediglich in atypischen Fällen ablehnen. Teilweise wird in der Rechtsprechung angenommen, die Klärung, ob ein atypischer Fall vorliege, könne regelmäßig erst im Hauptsacheverfahren erfolgen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. August 2007, L 26 B 1321/07 AS). Letztlich kann dies offen bleiben. Für die Annahme eines atypischen Falls, der eine Ablehnung der Schuldenübernahme rechtfertigen könnte, ergeben sich für den Senat im konkreten Fall keine Anhaltspunkte. Die von der Antragsgegnerin angesprochenen, gegen eine Übernahme sprechenden Gesichtspunkte, wurden bereits bei der Frage der Rechtfertigung einer Schuldenübernahme behandelt. Weiter in diese Richtung gehenden Gesichtpunkte sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung erfolgt anlog § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
gez. Lauterbach gez. Wulff gez. Dr. Peters
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved