Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 13 SO 100/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 B 7/07 SO
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 12. Februar 2007 wird aufgehoben und dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Rechtsanwalts , , Halle, bewilligt.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung von Pro-zesskostenhilfe und der Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten. In der Hauptsache begehrt er höhere laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006. Insbesondere wendet er sich gegen die im Vergleich zu den Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grund-sicherung für Arbeitsuchende (SGB II) niedrigeren Regelsätze.
Mit Bescheid vom 4. April 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger laufende Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 1. Mai 2006 bis auf weiteres. Für den Monat Mai 2006 setzte sie die Leistungen auf 648,36 EUR und für den Monat Juni 2006 auf 394,45 EUR fest. In der Folge zahlte sie letztgenannten Betrag ohne einen weiteren Bescheid monatlich an den Kläger aus.
Mit einem am 7. August 2006 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben bean-tragte der Kläger die Berechnung seiner Leistungen auf Grundlage eines monat-lichen Regelbedarfs in Höhe von 345,00 EUR. Gleichzeitig trug er vor, bereits im Juli mündlich einen entsprechenden Antrag bei der Beklagten gestellt zu haben, des-sen förmliche Aufnahme jedoch abgelehnt worden sei. Er sei darauf hingewiesen worden, dass die Leistungen nach dem SGB XII nicht entsprechend den Leistun-gen nach dem SGB II zum 1. Juli 2006 erhöht worden seien.
Mit Bescheid vom 9. August 2006 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, da eine Anhebung der Regelbedarfsätze nur für Empfänger von Leistungen nach dem SGB II erfolgt sei. Dies treffe auf den Kläger nicht zu, da dieser Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII erhalte. Eine Gesetzesänderung für das SGB XII liege nicht vor. Hiergegen legte der Kläger mit einem am 11. September 2006 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben Widerspruch ein. Diesen wies die Be-klagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2006 mit im Wesentlichen gleicher Begründung zurück.
Mit einem am 18. Oktober 2006 beim Sozialgericht Halle eingegangenen Schrift-satz hat der Kläger Klage erhoben und am 29. November 2006 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bean-tragt. Zur Begründung hat er zunächst ausgeführt, die unterbliebene Angleichung der Regelsätze nach dem SGB XII zum 1. Juli 2006 verstoße gegen den Gleich-heitssatz des Grundgesetzes, da zeitgleich die Regelleistungen nach dem SGB II erhöht worden seien, ohne dass Gründe für eine unterschiedlich hohe Festle-gung der monatlichen Regelleistungen nach dem SGB II und SGB XII vorlägen. Die unterbliebene Anhebung der Regelsätze nach dem SGB XII führe zudem dazu, dass der allgemeine Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt nicht mehr gedeckt sei. Die Beibehaltung der bisherigen Regelsätze verstoße gegen § 28 Abs. 3 SGB XII.
Mit Beschluss vom 12. Februar 2007 hat das Sozialgericht Halle den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage biete keine Aussicht auf Erfolg. Entgegen der Ansicht des Klägers verstoße die unterschiedliche Höhe des Regelsatzes nach dem SGB II und dem SGB XII in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2006 nicht gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Regel-leistungen nach dem SGB II würden durch den Gesetzgeber bundeseinheitlich festgesetzt. Demgegenüber sehe das SGB XII in Verbindung mit der Regelsatz-verordnung die Erbringung von Leistungen aufgrund gegebenenfalls regional abweichender Regelsätze vor, die durch die Länder festzusetzen seien, was his-torisch immer so gewesen sei. Der Rechtsfrage komme auch keine grundsätzli-che Bedeutung zu, da sich ihre Beantwortung eindeutig aus dem Gesetzes- und Verordnungswortlaut ergebe.
Gegen den ihm am 13. März 2007 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit ei-nem am 13. April 2007 beim Sozialgericht Halle eingegangenem Schriftsatz Be-schwerde eingelegt. Der Beschwerde hat das Sozialgericht mit Verfügung vom 18. April 2007 nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt zur Entscheidung vorgelegt.
Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, die unterbliebene Anhebung der Regel-sätze nach dem SGB XII für das Land Sachsen-Anhalt zum 1. Juli 2006 auf das Niveau der ab diesem Zeitpunkt bundeseinheitlich geltenden Regelsätze nach dem SGB II verstoße gegen § 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII. Zur Begründung der Beschwerde hat er ergänzend vorgetragen, bereits im Mai 2006 habe eine Aus-wertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 (EVS 2003) vorgele-gen. Zwar habe diese nach einer von ihm überreichten Auskunft des Ministeri-ums für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt vom 19. Dezem-ber 2007 keine landesbezogene Auswertung zugelassen. Eine Regelsatzanhe-bung bereits zum 1. Juli 2006 aber hätte dennoch stattfinden müssen, da auf-grund der im Mai 2006 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffent-lichten Ergebnisse der Auswertung der EVS 2003 bereits festgestanden habe, dass anstelle der bisherigen Differenzierungen der Regelsätze zwischen Ost und West ein einheitlicher gesamtdeutscher Regelsatz in Parallelität zu dem des SGB II zu bilden sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 12. Februar 2007 aufzu-heben und ihm Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiord-nung von Rechtsanwalt , , Halle zu bewilli-gen.
Die Beklagte hat zu der Beschwerde nicht Stellung genommen.
II.
Die nach § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach Maßgabe des § 173 SGG frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde hat Erfolg.
Gemäß § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechts-verfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten sind bereits dann anzu-nehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 73a RdNr 7a, m.w.N.). Hält das Gericht Beweiserhebungen von Amts wegen für notwendig, so kann in der Regel die Erfolgsaussicht nicht ver-neint werden, soweit ein günstiges Ergebnis nicht unwahrscheinlich und die Er-folgschance nur eine entfernte ist (Keller/Leitherer, a.a.O.).
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet im oben genannten Sinne hinreichen-de Aussichten auf Erfolg. Das Begehren des Klägers ist entgegen der fehlerhaf-ten Antragsformulierung in der Klageschrift auf die Erbringung höherer laufender Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII gerichtet.
Der Senat kann offen lassen, ob laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII anders als nach dem Bundessozialhilfegesetz auch für die Vergan-genheit beansprucht werden können, weil Erfolgsaussichten für die Zeit vor Ein-gang des Antrages am 7. August 2006 bei der Beklagten auch im Falle der Fort-geltung der zum BSHG überwiegend vertretenen Rechtsansicht nicht allein des-halb zu verneinen sind. Denn der Kläger hat mit seinem Antrag vorgetragen, be-reits im Juli 2006 bei der Beklagten vorgesprochen und höhere Leistungen gefor-dert zu haben. Zudem war der Beklagten bekannt, dass bei dem Kläger die Vor-aussetzungen für Leistungen zum Lebensunterhalt vorlagen, so dass sie unter Berücksichtigung des § 18 Abs. 1 SGB XII diese Leistungen bei einer Änderung der Regelsätze zum 1. Juli 2006 von Amts wegen hätte anpassen müssen.
Den Erfolgsaussichten der Klage steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte dem Kläger im streitigen Zeitraum Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt möglicherweise rechtsgrundlos erbracht hat. Für die Erbringung rechtsgrundloser Leistungen spricht, dass die Beklagte dem Kläger zwar mit Bescheid vom 4. April 2006 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 1. Mai 2006 "bis auf weiteres" – dem Grunde nach – bewilligt hat, aber konkrete Leistungsansprüche nur für die Monate Mai und Juni 2006 festgesetzt hat. Weitere Verwaltungsakte über die Festsetzung der Leistungen in den Folgemonaten sind in den Verwaltungsvor-gängen nicht dokumentiert. Jedoch verfolgt der Kläger sein Begehren zutreffen¬derweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Dabei ist die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 9. August 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2006 gerichtet, der allein den begehrten höheren Leistungen im streitigen Zeitraum entgegensteht. Der weitere Antrag des Klägers, ihm Leistungen unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs von 345,00 EUR zu gewähren, ist rechtsschutzintensiv als – insoweit einzig zulässi-ge (siehe Roscher in LPK-SGB XII, 8. Aufl., § 40 RdNr. 18 m.w.N.) – Verpflich-tungsklage mit dem Ziel des Erlasses eines Bescheidungsurteils auszulegen (§ 123 SGG).
Die Klage hat im oben dargelegten Sinne hinreichende Aussicht auf Erfolg, denn der Senat hält vor einer Entscheidung in der Hauptsache weitere Beweiserhe-bungen von Amts wegen für notwendig. Das Begehren des Klägers ist in Erman-gelung vorgetragener oder erkennbarer Berechnungsfehler hinsichtlich der ihn im streitigen Zeitraum tatsächlich gezahlten Leistungen ausschließlich auf eine feh-lerhafte Festsetzung der Regelsätze zum 1. Juli 2006 durch die Verordnung über die Festsetzung von Regelsätzen im Land Sachsen-Anhalt vom 26. Juni 2006 (GVBl. LSA 2006, 366; im Folgenden RegSatzV ST 2006) gestützt. Die Festset-zung der Regelsätze erfolgt aufgrund des § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB XII (hier in der Fassung durch Gesetz vom 24.3.2006, BGBl I Seite 558, 559) zum 1. Juli eines jeden Jahres im Rahmen der Rechtsverordnung nach § 40 SGB XII (Verordnung zur Durchführung des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Regelsatz-verordnung – vom 3.6.2004, BGBl. I Seite 1067) durch die Landesregierungen. Die Bemessung der Regelsätze erfolgt nach § 28 Abs. 3 SGB XII. Datengrundla-ge ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Nach § 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII wird die Bemessung überprüft und gegebenenfalls weiterentwi-ckelt, sobald die Ergebnisse einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichpro-be vorliegen. In Jahren, in denen keine Neubemessung der Regelsätze nach § 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII erfolgt, werden die Regelsätze nach § 4 der Regel-satzverordnung in der genannten Fassung jeweils zum 1. Juli eines Jahres fort-geschrieben, in dem der Eckregelsatz um den vom Hundertsatz, um den sich der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung verändert, ange-passt wird. Die konkrete Festsetzung der Regelsätze durch die Landesregierung mit der RegSatzV ST 2006 wie auch die Regelsatzverordnung als solche sind durch die Gerichte im Streit um die Höhe erbrachter Leistungen nach dem SGB XII inzident zu überprüfen (vgl. Roscher, a.a.O.).
Keine hinreichenden Erfolgsaussichten bestehen jedoch, soweit sich die Klage zunächst ausschließlich auf die unterschiedliche Höhe der Regelsätze nach dem SGB XII und dem SGB II im Lande Sachsen-Anhalt im streitigen Zeitraum stütz-te. Insoweit verkennt der Kläger, dass es sich hierbei um zwei unterschiedliche Leistungssysteme handelt, für die zwei unterschiedliche – wenn auch durch ihre Datengrundlage und die existenzsichernde Funktion der jeweiligen Leistung ver-knüpfte – Festsetzungssysteme gelten und sich auch die jeweils betroffenen Leistungsempfänger in für den Gesetzgeber wesentlichen Gesichtspunkten un-terscheiden. Selbst wenn in der unterschiedlichen Festsetzung der Regelsätze im Lande Sachen-Anhalt im streitigen Zeitraum ein Verstoß gegen das Gleichbe-handlungsgebot des Grundgesetzes (Artikel 3 Abs. 1 GG) läge, hieße dieses nicht automatisch, dass dem Kläger höhere Leistungen zustünden. Dem (Bun-des ) Gesetzgeber stünde es – jedenfalls bei isolierter Betrachtung des Artikel 3 Abs. 1 GG – insoweit frei, den Gleichheitsverstoß durch eine Absenkung der Leistungssätze nach dem SGB II für das Land Sachsen-Anhalt zu beseitigen.
Es bestehen jedoch im oben genannten Sinne hinreichende Erfolgsaussichten, soweit sich der Kläger gegen die Festsetzung der Regelsätze in der RegSatzV ST 2006 auf Grundlage des § 4 Regelsatzverordnung wendet. Denn wie der Klä-ger in der Beschwerde erstmals vorträgt, lagen bereits im Mai 2006 Materialien des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Information über die Ergeb-nisse der EVS 2003 mit Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Regelsatz-bemessung in der Sozialhilfe vor (Bl. 34 bis 40 d. A.). Zwar wurde aufgrund der EVS 2003 nach der ebenfalls vom Kläger im Beschwerdeverfahren vorgelegten Auskunft des Ministeriums für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt vom 19. Dezember 2007 keine landesspezifische Sonderauswertung vor-genommen, doch erscheint es aufgrund der durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales formulierten Konsequenzen für die Weiterentwicklung der Regelsatzbemessung durchaus möglich, dass die Auswertung der EVS 2003 bereits vor dem 1. Juli 2006 so konkrete Aussagen auch für das Land Sachsen-Anhalt enthielt, dass die nach § 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII vorgeschriebene Über-prüfung und Weiterentwicklung der Regelsätze bereits zum 1. Juli 2006 durch die Landesregierung hätte erfolgen müssen und diese nicht auf die durch die bun-desweite Auswertung der EVS 2003 veranlassten bundesrechtlichen Änderungen zum Jahreswechsel 2006/2007 hätte warten dürfen. Aus diesem Grunde er-scheinen weitere Ermittlungen von Amts wegen zum Konkretisierungsgrad der in der EVS 2003 bezüglich Sachsen-Anhalts enthaltenen Daten und dem Stand der landesbezogenen Auswertung vor dem 1. Juli 2006 erforderlich.
Der Kläger ist auch bedürftig im Sinne des § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO. Sein monatliches Einkommen als Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII übersteigt nicht den nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2a ZPO i.V.m. Nr. 2 der Pro-zesskostenhilfebekanntmachung 2007 maßgeblichen Grundfreibetrag. Mögli-cherweise einzusetzendes Vermögen hat der Kläger nicht angegeben. Für des-sen Vorhandensein bestehen auch keine Anhaltspunkte.
Die dem Antrag des Klägers entsprechende Beiordnung seines Prozessbevoll-mächtigten erscheint als im Sinne des § 21 Abs. 2 ZPO geboten, da im Rahmen der vorliegenden Klage Rechtsfragen zu erörtern sind, mit deren sachgerechter Behandlung der Kläger überfordert sein könnte.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung von Pro-zesskostenhilfe und der Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten. In der Hauptsache begehrt er höhere laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis 31. Dezember 2006. Insbesondere wendet er sich gegen die im Vergleich zu den Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grund-sicherung für Arbeitsuchende (SGB II) niedrigeren Regelsätze.
Mit Bescheid vom 4. April 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger laufende Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 1. Mai 2006 bis auf weiteres. Für den Monat Mai 2006 setzte sie die Leistungen auf 648,36 EUR und für den Monat Juni 2006 auf 394,45 EUR fest. In der Folge zahlte sie letztgenannten Betrag ohne einen weiteren Bescheid monatlich an den Kläger aus.
Mit einem am 7. August 2006 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben bean-tragte der Kläger die Berechnung seiner Leistungen auf Grundlage eines monat-lichen Regelbedarfs in Höhe von 345,00 EUR. Gleichzeitig trug er vor, bereits im Juli mündlich einen entsprechenden Antrag bei der Beklagten gestellt zu haben, des-sen förmliche Aufnahme jedoch abgelehnt worden sei. Er sei darauf hingewiesen worden, dass die Leistungen nach dem SGB XII nicht entsprechend den Leistun-gen nach dem SGB II zum 1. Juli 2006 erhöht worden seien.
Mit Bescheid vom 9. August 2006 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab, da eine Anhebung der Regelbedarfsätze nur für Empfänger von Leistungen nach dem SGB II erfolgt sei. Dies treffe auf den Kläger nicht zu, da dieser Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII erhalte. Eine Gesetzesänderung für das SGB XII liege nicht vor. Hiergegen legte der Kläger mit einem am 11. September 2006 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben Widerspruch ein. Diesen wies die Be-klagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2006 mit im Wesentlichen gleicher Begründung zurück.
Mit einem am 18. Oktober 2006 beim Sozialgericht Halle eingegangenen Schrift-satz hat der Kläger Klage erhoben und am 29. November 2006 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten bean-tragt. Zur Begründung hat er zunächst ausgeführt, die unterbliebene Angleichung der Regelsätze nach dem SGB XII zum 1. Juli 2006 verstoße gegen den Gleich-heitssatz des Grundgesetzes, da zeitgleich die Regelleistungen nach dem SGB II erhöht worden seien, ohne dass Gründe für eine unterschiedlich hohe Festle-gung der monatlichen Regelleistungen nach dem SGB II und SGB XII vorlägen. Die unterbliebene Anhebung der Regelsätze nach dem SGB XII führe zudem dazu, dass der allgemeine Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt nicht mehr gedeckt sei. Die Beibehaltung der bisherigen Regelsätze verstoße gegen § 28 Abs. 3 SGB XII.
Mit Beschluss vom 12. Februar 2007 hat das Sozialgericht Halle den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage biete keine Aussicht auf Erfolg. Entgegen der Ansicht des Klägers verstoße die unterschiedliche Höhe des Regelsatzes nach dem SGB II und dem SGB XII in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2006 nicht gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Regel-leistungen nach dem SGB II würden durch den Gesetzgeber bundeseinheitlich festgesetzt. Demgegenüber sehe das SGB XII in Verbindung mit der Regelsatz-verordnung die Erbringung von Leistungen aufgrund gegebenenfalls regional abweichender Regelsätze vor, die durch die Länder festzusetzen seien, was his-torisch immer so gewesen sei. Der Rechtsfrage komme auch keine grundsätzli-che Bedeutung zu, da sich ihre Beantwortung eindeutig aus dem Gesetzes- und Verordnungswortlaut ergebe.
Gegen den ihm am 13. März 2007 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit ei-nem am 13. April 2007 beim Sozialgericht Halle eingegangenem Schriftsatz Be-schwerde eingelegt. Der Beschwerde hat das Sozialgericht mit Verfügung vom 18. April 2007 nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt zur Entscheidung vorgelegt.
Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, die unterbliebene Anhebung der Regel-sätze nach dem SGB XII für das Land Sachsen-Anhalt zum 1. Juli 2006 auf das Niveau der ab diesem Zeitpunkt bundeseinheitlich geltenden Regelsätze nach dem SGB II verstoße gegen § 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII. Zur Begründung der Beschwerde hat er ergänzend vorgetragen, bereits im Mai 2006 habe eine Aus-wertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 (EVS 2003) vorgele-gen. Zwar habe diese nach einer von ihm überreichten Auskunft des Ministeri-ums für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt vom 19. Dezem-ber 2007 keine landesbezogene Auswertung zugelassen. Eine Regelsatzanhe-bung bereits zum 1. Juli 2006 aber hätte dennoch stattfinden müssen, da auf-grund der im Mai 2006 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales veröffent-lichten Ergebnisse der Auswertung der EVS 2003 bereits festgestanden habe, dass anstelle der bisherigen Differenzierungen der Regelsätze zwischen Ost und West ein einheitlicher gesamtdeutscher Regelsatz in Parallelität zu dem des SGB II zu bilden sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 12. Februar 2007 aufzu-heben und ihm Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiord-nung von Rechtsanwalt , , Halle zu bewilli-gen.
Die Beklagte hat zu der Beschwerde nicht Stellung genommen.
II.
Die nach § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach Maßgabe des § 173 SGG frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde hat Erfolg.
Gemäß § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechts-verfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten sind bereits dann anzu-nehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 73a RdNr 7a, m.w.N.). Hält das Gericht Beweiserhebungen von Amts wegen für notwendig, so kann in der Regel die Erfolgsaussicht nicht ver-neint werden, soweit ein günstiges Ergebnis nicht unwahrscheinlich und die Er-folgschance nur eine entfernte ist (Keller/Leitherer, a.a.O.).
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet im oben genannten Sinne hinreichen-de Aussichten auf Erfolg. Das Begehren des Klägers ist entgegen der fehlerhaf-ten Antragsformulierung in der Klageschrift auf die Erbringung höherer laufender Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII gerichtet.
Der Senat kann offen lassen, ob laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII anders als nach dem Bundessozialhilfegesetz auch für die Vergan-genheit beansprucht werden können, weil Erfolgsaussichten für die Zeit vor Ein-gang des Antrages am 7. August 2006 bei der Beklagten auch im Falle der Fort-geltung der zum BSHG überwiegend vertretenen Rechtsansicht nicht allein des-halb zu verneinen sind. Denn der Kläger hat mit seinem Antrag vorgetragen, be-reits im Juli 2006 bei der Beklagten vorgesprochen und höhere Leistungen gefor-dert zu haben. Zudem war der Beklagten bekannt, dass bei dem Kläger die Vor-aussetzungen für Leistungen zum Lebensunterhalt vorlagen, so dass sie unter Berücksichtigung des § 18 Abs. 1 SGB XII diese Leistungen bei einer Änderung der Regelsätze zum 1. Juli 2006 von Amts wegen hätte anpassen müssen.
Den Erfolgsaussichten der Klage steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte dem Kläger im streitigen Zeitraum Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt möglicherweise rechtsgrundlos erbracht hat. Für die Erbringung rechtsgrundloser Leistungen spricht, dass die Beklagte dem Kläger zwar mit Bescheid vom 4. April 2006 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 1. Mai 2006 "bis auf weiteres" – dem Grunde nach – bewilligt hat, aber konkrete Leistungsansprüche nur für die Monate Mai und Juni 2006 festgesetzt hat. Weitere Verwaltungsakte über die Festsetzung der Leistungen in den Folgemonaten sind in den Verwaltungsvor-gängen nicht dokumentiert. Jedoch verfolgt der Kläger sein Begehren zutreffen¬derweise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Dabei ist die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 9. August 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2006 gerichtet, der allein den begehrten höheren Leistungen im streitigen Zeitraum entgegensteht. Der weitere Antrag des Klägers, ihm Leistungen unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs von 345,00 EUR zu gewähren, ist rechtsschutzintensiv als – insoweit einzig zulässi-ge (siehe Roscher in LPK-SGB XII, 8. Aufl., § 40 RdNr. 18 m.w.N.) – Verpflich-tungsklage mit dem Ziel des Erlasses eines Bescheidungsurteils auszulegen (§ 123 SGG).
Die Klage hat im oben dargelegten Sinne hinreichende Aussicht auf Erfolg, denn der Senat hält vor einer Entscheidung in der Hauptsache weitere Beweiserhe-bungen von Amts wegen für notwendig. Das Begehren des Klägers ist in Erman-gelung vorgetragener oder erkennbarer Berechnungsfehler hinsichtlich der ihn im streitigen Zeitraum tatsächlich gezahlten Leistungen ausschließlich auf eine feh-lerhafte Festsetzung der Regelsätze zum 1. Juli 2006 durch die Verordnung über die Festsetzung von Regelsätzen im Land Sachsen-Anhalt vom 26. Juni 2006 (GVBl. LSA 2006, 366; im Folgenden RegSatzV ST 2006) gestützt. Die Festset-zung der Regelsätze erfolgt aufgrund des § 28 Abs. 2 Satz 1 SGB XII (hier in der Fassung durch Gesetz vom 24.3.2006, BGBl I Seite 558, 559) zum 1. Juli eines jeden Jahres im Rahmen der Rechtsverordnung nach § 40 SGB XII (Verordnung zur Durchführung des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – Regelsatz-verordnung – vom 3.6.2004, BGBl. I Seite 1067) durch die Landesregierungen. Die Bemessung der Regelsätze erfolgt nach § 28 Abs. 3 SGB XII. Datengrundla-ge ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Nach § 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII wird die Bemessung überprüft und gegebenenfalls weiterentwi-ckelt, sobald die Ergebnisse einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichpro-be vorliegen. In Jahren, in denen keine Neubemessung der Regelsätze nach § 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII erfolgt, werden die Regelsätze nach § 4 der Regel-satzverordnung in der genannten Fassung jeweils zum 1. Juli eines Jahres fort-geschrieben, in dem der Eckregelsatz um den vom Hundertsatz, um den sich der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung verändert, ange-passt wird. Die konkrete Festsetzung der Regelsätze durch die Landesregierung mit der RegSatzV ST 2006 wie auch die Regelsatzverordnung als solche sind durch die Gerichte im Streit um die Höhe erbrachter Leistungen nach dem SGB XII inzident zu überprüfen (vgl. Roscher, a.a.O.).
Keine hinreichenden Erfolgsaussichten bestehen jedoch, soweit sich die Klage zunächst ausschließlich auf die unterschiedliche Höhe der Regelsätze nach dem SGB XII und dem SGB II im Lande Sachsen-Anhalt im streitigen Zeitraum stütz-te. Insoweit verkennt der Kläger, dass es sich hierbei um zwei unterschiedliche Leistungssysteme handelt, für die zwei unterschiedliche – wenn auch durch ihre Datengrundlage und die existenzsichernde Funktion der jeweiligen Leistung ver-knüpfte – Festsetzungssysteme gelten und sich auch die jeweils betroffenen Leistungsempfänger in für den Gesetzgeber wesentlichen Gesichtspunkten un-terscheiden. Selbst wenn in der unterschiedlichen Festsetzung der Regelsätze im Lande Sachen-Anhalt im streitigen Zeitraum ein Verstoß gegen das Gleichbe-handlungsgebot des Grundgesetzes (Artikel 3 Abs. 1 GG) läge, hieße dieses nicht automatisch, dass dem Kläger höhere Leistungen zustünden. Dem (Bun-des ) Gesetzgeber stünde es – jedenfalls bei isolierter Betrachtung des Artikel 3 Abs. 1 GG – insoweit frei, den Gleichheitsverstoß durch eine Absenkung der Leistungssätze nach dem SGB II für das Land Sachsen-Anhalt zu beseitigen.
Es bestehen jedoch im oben genannten Sinne hinreichende Erfolgsaussichten, soweit sich der Kläger gegen die Festsetzung der Regelsätze in der RegSatzV ST 2006 auf Grundlage des § 4 Regelsatzverordnung wendet. Denn wie der Klä-ger in der Beschwerde erstmals vorträgt, lagen bereits im Mai 2006 Materialien des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Information über die Ergeb-nisse der EVS 2003 mit Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Regelsatz-bemessung in der Sozialhilfe vor (Bl. 34 bis 40 d. A.). Zwar wurde aufgrund der EVS 2003 nach der ebenfalls vom Kläger im Beschwerdeverfahren vorgelegten Auskunft des Ministeriums für Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen-Anhalt vom 19. Dezember 2007 keine landesspezifische Sonderauswertung vor-genommen, doch erscheint es aufgrund der durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales formulierten Konsequenzen für die Weiterentwicklung der Regelsatzbemessung durchaus möglich, dass die Auswertung der EVS 2003 bereits vor dem 1. Juli 2006 so konkrete Aussagen auch für das Land Sachsen-Anhalt enthielt, dass die nach § 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII vorgeschriebene Über-prüfung und Weiterentwicklung der Regelsätze bereits zum 1. Juli 2006 durch die Landesregierung hätte erfolgen müssen und diese nicht auf die durch die bun-desweite Auswertung der EVS 2003 veranlassten bundesrechtlichen Änderungen zum Jahreswechsel 2006/2007 hätte warten dürfen. Aus diesem Grunde er-scheinen weitere Ermittlungen von Amts wegen zum Konkretisierungsgrad der in der EVS 2003 bezüglich Sachsen-Anhalts enthaltenen Daten und dem Stand der landesbezogenen Auswertung vor dem 1. Juli 2006 erforderlich.
Der Kläger ist auch bedürftig im Sinne des § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO. Sein monatliches Einkommen als Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII übersteigt nicht den nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2a ZPO i.V.m. Nr. 2 der Pro-zesskostenhilfebekanntmachung 2007 maßgeblichen Grundfreibetrag. Mögli-cherweise einzusetzendes Vermögen hat der Kläger nicht angegeben. Für des-sen Vorhandensein bestehen auch keine Anhaltspunkte.
Die dem Antrag des Klägers entsprechende Beiordnung seines Prozessbevoll-mächtigten erscheint als im Sinne des § 21 Abs. 2 ZPO geboten, da im Rahmen der vorliegenden Klage Rechtsfragen zu erörtern sind, mit deren sachgerechter Behandlung der Kläger überfordert sein könnte.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
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