Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 8 RA 445/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 RA 155/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
AAÜG, AVI tech, sachliche Voraussetzung
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. April 2005 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob für den Kläger Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der Technischen Intelligenz nach der Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) sowie die erzielten Entgelte festzustellen sind.
Dem am 1936 geborenen Kläger wurde nach Ablegung der Prüfung in der Fachrichtung "Technologie der Umformtechnik" mit Urkunde vom Februar 1972 der Ingenieurschule für Maschinenbau B. im E. das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Zu dieser Zeit war er als bei dem Volkseigenen Betrieb (VEB) M. Armaturenwerke tätig. Diese Tätigkeit endete am 1975. Danach war der Kläger wie folgt beschäftigt: • 1975 – 1979: im VEB M. A ... • 1979 – 1986: VEB F. C./S. • 1986 – 1987: im Leitbetrieb VEB F. C. (S.). • 1987 – 1988: im VEB S. S ... • 1989 – 1991: im VEB F. C. (S.) bzw. dessen Rechtsnachfolgerin.
Seit dem 1979 hatte der Kläger Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung entrichtet. Eine positive Versorgungszusage hatte er zur Zeit der DDR nicht erhalten.
Am 16. Juli 2001 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Januar 2003 mit der Begründung ab, es läge weder eine positive Versorgungszusage vor noch habe er am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt, die dem Kreis der obligatorisch Versicherten zuzuordnen wäre. Den dagegen am 14. Februar 2003 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2003 zurück. Der Kläger sei zwar berechtigt, den Titel eines Ingenieurs zu führen. Er sei jedoch zuletzt nicht als Ingenieur, sondern als L. K. u. B. tätig gewesen. Dies sei keine ingenieurtechnische Beschäftigung gewesen.
Daraufhin hat der Kläger am 24. Juli 2003 Klage beim Sozialgericht (SG) Magdeburg erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, er sehe nicht ein, dass er für die knapp eineinhalb Jahre Tätigkeit als L. K. u. B. aus dem zugelassenen Raster falle. Er sei überwiegend mit der Anwerbung von Arbeitskräften für die Produktion beschäftigt gewesen. Dabei habe es sich um eine operative Tätigkeit und nicht um Verwaltungstätigkeit gehandelt. Ab 1990 sei er auch damit beauftragt gewesen, für die Mitarbeiter des Betriebes geeignete Lehrgänge für deren Umschulung und Fortbildung bei den entsprechenden Bildungsträgern auszusuchen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21. April 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei zwar berechtigt, den Titel eines Ingenieurs zu führen. Zum maßgeblichen Stichtag am 30. Juni 1990 habe er jedoch als L. K. u. B. keine ingenieurtechnische Tätigkeit verrichtet. Auf den Produktionsprozess habe er nur mittelbaren Einfluss gehabt.
Gegen das am 18. Mai 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07. Juni 2005 Berufung eingelegt. Er habe immer in der Produktion – seit 1972 in leitenden Positionen – gearbeitet und sein Arbeitgeber sei immer ein VEB gewesen. Die Bezeichnung "L. K. und B." sei nur eine fiktive gewesen, es hätte auch Technologe oder Assistent des Betriebsdirektors heißen können. Er habe auch unmittelbaren Einfluss auf die Produktion gehabt, weil es zu seinen Aufgaben gehört habe, sog. Kooperationsteile (Maschinenteile, die nicht komplett im eigenen Betrieb hergestellt werden konnten) zu beschaffen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. April 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeit vom 01. Februar 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der Technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. April 2005 zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidungen und das diese bestätigende Urteil des SG für zutreffend. Die Tätigkeit des Klägers sei dem Arbeitsbereich 70 "Kader und Bildung" der Rahmenrichtlinie der DDR für die neue Gliederung der Beschäftigten der Industrie und des Bauwesens vom 10. Dezember 1974 zuzuordnen. Seine Tätigkeit habe sicherlich auch Einfluss auf den Produktionsprozess gehabt. Ein mittelbarer Einfluss reiche aber nicht aus. Der Kläger habe auch keine technische Tätigkeit ausgeübt.
Das Landessozialgericht hat vom Kläger dessen ersten Rentenbescheid in Kopie beigezogen. Einen Funktionsplan für die Tätigkeit ab 01. Januar 1989 konnte der Kläger nicht vorlegen. Nach einer Auskunft der Rechtsnachfolgerin des VEB F. C. GmbH vom 23. September 2005 – der Firma D.C. GmbH – habe sich hinter der Tätigkeitsbezeichnung "L.f. K. und B." die Tätigkeit eines Leiters für das Personalwesen verborgen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Zeit vom 1972 bis zum 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG und die erzielten Entgelte festzustellen. Das diese Auffassung bestätigende Urteil des Sozialgerichts Magdeburg ist deshalb nicht zu beanstanden.
1. Nach § 1 Absatz 1 Satz 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG, in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007, BGBl. I S. 3024) gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Artikel 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Artikel 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – zitiert nach juris, RdNr. 19).
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Falle nicht stattgefunden.
2. Der Senat lässt auch im vorliegenden Falle ausdrücklich offen, inwieweit er sich der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG anschließt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Absatz 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann. Dies kann deshalb unentschieden bleiben, weil die vom BSG dafür aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (unten 3.).
Die genannte Rechtsprechung des BSG vermag den Senat deshalb nicht zu überzeugen, weil er bezweifelt, dass das AAÜG den Kreis der "potentiell vom AAÜG ab 01. August 1991 erfassten" (oben unter 1. genannten) Personen (BSG, Urteil vom 09. April 2002, a.a.O., RdNr. 20) erweitern wollte und damit das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat.
In den Gesetzesmaterialien finden sich dafür keine Hinweis (siehe BT-Drs. 12/405, S. 113, 146; BT-Drs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BT-Drs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird dort immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BT-Drs. 12/405, S. 113). Jedoch ist aus der weiteren Gesetzesbegründung ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelfallprüfung und der Kostenerstattungen durch den Bund beziehen (a.a.O., S. 113, 114).
Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Zur Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (a.a.O., S. 146). Auch findet sich in den Gesetzesmaterialien kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Berechtigung auf Grund der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Das BSG geht sogar selbst davon aus, dass die durch § 1 Absatz 1 Satz 2 AAÜG Angesprochenen konkret einbezogen waren (BSG, Urteil vom 09. April 2002, a.a.O., RdNr. 19ff.), obwohl der Gesetzgeber auch hier den Terminus "Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" benutzt (BT-Drs. 12/826 S. 21). Dies hält der Senat für widersprüchlich.
3. Diese Kritikpunkte an der ständigen Rechtsprechung des BSG veranlassen den Senat dazu, die vom BSG aufgestellten Voraussetzungen jedenfalls auch dann strikt einzuhalten, wenn sie als solche enger gefasst sind, als sie im Einzelnen überzeugend abzuleiten sind. Nur wenn danach die Anwendbarkeit des AAÜG bejaht werden müsste, würde sich die Frage stellen, ob der Senat in klärungsbedürftiger Weise von der genannten Rechtsprechung des BSG abweicht.
a) Im vorliegenden Fall muss dies nicht geschehen, da die vom 4. Senat des BSG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Danach hängt der Anspruch im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. der DDR I, Nr. 93 S. 844 – im Folgenden: VO-AVItech) i.V.m. § 1 Absatz 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. der DDR I, Nr. 62 S. 487 – im Folgenden: 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für (1.) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und (2.) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar (3.) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
In Anwendung dieser Maßstäbe hatte der Kläger am 01. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech. Er erfüllte als Ingenieur zwar die persönliche Voraussetzung, nicht jedoch die sachliche Voraussetzung.
b) Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Prüfung der sachlichen Voraussetzung von der erworbenen Berufsbezeichnung auszugehen. Sodann ist zu fragen, ob der Versicherte im Schwerpunkt eine diesem durch die Ausbildung und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägten Berufsbild entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat. Setzt die Wahrnehmung der konkreten Arbeitsaufgabe solche beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten voraus, wie sie bei dem Studium bzw. der Ausbildung zu einem Beruf im Sinne des § 1 Absatz 1 der 2. DB erworben werden, ist die sachliche Voraussetzung regelmäßig erfüllt. Bei einem im Wesentlichen berufsfremden Einsatz ist die sachliche Voraussetzung regelmäßig nicht erfüllt (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 17/07 R – zitiert nach juris, RdNr 44). Falls der Schwerpunkt der Tätigkeit demgegenüber im wirtschaftlichen bzw. kaufmännischen Bereich lag, war der Ingenieur nicht überwiegend entsprechend seinem Berufsbild tätig (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 2/07 R –, zitiert nach juris, RdNr 17f).
Unter Anlegung dieser Kriterien erfüllt der Kläger die sachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung nicht. Nach der Auskunft der Rechtsnachfolgerin der Fa. F. C. GmbH, der D. C. GmbH, vom 23. September 2005 war der Kläger am 30. Juni 1990 der L. d. P. der VEB F. C ... Nach seinen eigenen Angaben war wesentliches Motiv für seine Rückkehr in diesen Betrieb, die Forcierung der Gewinnung von Fachkräften. Weiter oblag es ihm konkret auch, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Betriebes Kontakte zu Schulungseinrichtungen herzustellen, die für diese Umschulungs- und Fortbildungsveranstaltungen durchführen sollten. Ferner war er als Einkäufer tätig. Damit lag der Schwerpunkt der Arbeit des Klägers im Personal- und Ausbildungsbereich. Für Tätigkeiten in den Arbeitsbereichen Kader und Bildung waren die in einer Ausbildung als Maschinenbau-Ingenieur und in einer entsprechenden Tätigkeit gewonnenen Erfahrungen aber nicht grundlegend. Gegenstand einer solchen Ausbildung bzw. Tätigkeit ist nicht die Vermittlung personalwirtschaftlicher Kenntnisse und Fähigkeiten. Der Kläger war damit während seiner Beschäftigung vom 1989 bis zum 1990 im VEB F. C. als L. K. und B. nicht im Schwerpunkt ingenieurtechnisch tätig, sondern im kaufmännischen und wirtschaftlichen Bereich. Deshalb erfüllt er die sachliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung in die Zusatzversorgung der Technischen Intelligenz nicht.
c) Ob hinsichtlich des VEB F. C. die betrieblichen Voraussetzungen vorgelegen haben, kann danach dahinstehen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 18. November 2007 – B 4 RS 17/07 R –, in dem die Erfüllung der sachlichen Voraussetzung für eine Tätigkeit in dem Arbeitsbereich "Kader und Bildung" ausdrücklich offen gelassen worden ist, hat der Senat die Revision zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob für den Kläger Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der Technischen Intelligenz nach der Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) sowie die erzielten Entgelte festzustellen sind.
Dem am 1936 geborenen Kläger wurde nach Ablegung der Prüfung in der Fachrichtung "Technologie der Umformtechnik" mit Urkunde vom Februar 1972 der Ingenieurschule für Maschinenbau B. im E. das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. Zu dieser Zeit war er als bei dem Volkseigenen Betrieb (VEB) M. Armaturenwerke tätig. Diese Tätigkeit endete am 1975. Danach war der Kläger wie folgt beschäftigt: • 1975 – 1979: im VEB M. A ... • 1979 – 1986: VEB F. C./S. • 1986 – 1987: im Leitbetrieb VEB F. C. (S.). • 1987 – 1988: im VEB S. S ... • 1989 – 1991: im VEB F. C. (S.) bzw. dessen Rechtsnachfolgerin.
Seit dem 1979 hatte der Kläger Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung entrichtet. Eine positive Versorgungszusage hatte er zur Zeit der DDR nicht erhalten.
Am 16. Juli 2001 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Januar 2003 mit der Begründung ab, es läge weder eine positive Versorgungszusage vor noch habe er am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt, die dem Kreis der obligatorisch Versicherten zuzuordnen wäre. Den dagegen am 14. Februar 2003 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 2003 zurück. Der Kläger sei zwar berechtigt, den Titel eines Ingenieurs zu führen. Er sei jedoch zuletzt nicht als Ingenieur, sondern als L. K. u. B. tätig gewesen. Dies sei keine ingenieurtechnische Beschäftigung gewesen.
Daraufhin hat der Kläger am 24. Juli 2003 Klage beim Sozialgericht (SG) Magdeburg erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, er sehe nicht ein, dass er für die knapp eineinhalb Jahre Tätigkeit als L. K. u. B. aus dem zugelassenen Raster falle. Er sei überwiegend mit der Anwerbung von Arbeitskräften für die Produktion beschäftigt gewesen. Dabei habe es sich um eine operative Tätigkeit und nicht um Verwaltungstätigkeit gehandelt. Ab 1990 sei er auch damit beauftragt gewesen, für die Mitarbeiter des Betriebes geeignete Lehrgänge für deren Umschulung und Fortbildung bei den entsprechenden Bildungsträgern auszusuchen. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21. April 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei zwar berechtigt, den Titel eines Ingenieurs zu führen. Zum maßgeblichen Stichtag am 30. Juni 1990 habe er jedoch als L. K. u. B. keine ingenieurtechnische Tätigkeit verrichtet. Auf den Produktionsprozess habe er nur mittelbaren Einfluss gehabt.
Gegen das am 18. Mai 2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07. Juni 2005 Berufung eingelegt. Er habe immer in der Produktion – seit 1972 in leitenden Positionen – gearbeitet und sein Arbeitgeber sei immer ein VEB gewesen. Die Bezeichnung "L. K. und B." sei nur eine fiktive gewesen, es hätte auch Technologe oder Assistent des Betriebsdirektors heißen können. Er habe auch unmittelbaren Einfluss auf die Produktion gehabt, weil es zu seinen Aufgaben gehört habe, sog. Kooperationsteile (Maschinenteile, die nicht komplett im eigenen Betrieb hergestellt werden konnten) zu beschaffen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. April 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 27. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Beschäftigungszeit vom 01. Februar 1972 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der Technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. April 2005 zurückzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidungen und das diese bestätigende Urteil des SG für zutreffend. Die Tätigkeit des Klägers sei dem Arbeitsbereich 70 "Kader und Bildung" der Rahmenrichtlinie der DDR für die neue Gliederung der Beschäftigten der Industrie und des Bauwesens vom 10. Dezember 1974 zuzuordnen. Seine Tätigkeit habe sicherlich auch Einfluss auf den Produktionsprozess gehabt. Ein mittelbarer Einfluss reiche aber nicht aus. Der Kläger habe auch keine technische Tätigkeit ausgeübt.
Das Landessozialgericht hat vom Kläger dessen ersten Rentenbescheid in Kopie beigezogen. Einen Funktionsplan für die Tätigkeit ab 01. Januar 1989 konnte der Kläger nicht vorlegen. Nach einer Auskunft der Rechtsnachfolgerin des VEB F. C. GmbH vom 23. September 2005 – der Firma D.C. GmbH – habe sich hinter der Tätigkeitsbezeichnung "L.f. K. und B." die Tätigkeit eines Leiters für das Personalwesen verborgen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Zeit vom 1972 bis zum 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG und die erzielten Entgelte festzustellen. Das diese Auffassung bestätigende Urteil des Sozialgerichts Magdeburg ist deshalb nicht zu beanstanden.
1. Nach § 1 Absatz 1 Satz 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG, in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007, BGBl. I S. 3024) gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Der Kreis der potentiell vom AAÜG erfassten Personen umfasst diejenigen Personen, die entweder (1.) durch einen nach Artikel 19 Einigungsvertrag (EVertr) bindend gebliebenen Verwaltungsakt der DDR oder einer ihrer Untergliederungen oder (2.) später durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder (3.) nach Artikel 19 Satz 2 oder 3 EVertr (wieder) in ein Versorgungssystem einbezogen waren (BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R – zitiert nach juris, RdNr. 19).
Der Kläger erfüllt keine dieser Voraussetzungen. Weder ist ihm von Organen der DDR eine Versorgung zugesagt worden noch ist er aufgrund einer Rehabilitierungsentscheidung in ein Versorgungssystem einbezogen worden. Auch ein rechtsstaatswidriger Entzug einer Versorgungsanwartschaft hat in seinem Falle nicht stattgefunden.
2. Der Senat lässt auch im vorliegenden Falle ausdrücklich offen, inwieweit er sich der Rechtsprechung des früheren 4. Senats des BSG anschließt, wonach die Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach § 1 Absatz 1 Satz 1 AAÜG auch im Wege der Unterstellung vorliegen kann. Dies kann deshalb unentschieden bleiben, weil die vom BSG dafür aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen (unten 3.).
Die genannte Rechtsprechung des BSG vermag den Senat deshalb nicht zu überzeugen, weil er bezweifelt, dass das AAÜG den Kreis der "potentiell vom AAÜG ab 01. August 1991 erfassten" (oben unter 1. genannten) Personen (BSG, Urteil vom 09. April 2002, a.a.O., RdNr. 20) erweitern wollte und damit das Neueinbeziehungsverbot modifiziert hat.
In den Gesetzesmaterialien finden sich dafür keine Hinweis (siehe BT-Drs. 12/405, S. 113, 146; BT-Drs. 12/786, S. 139; II A, IV A; BT-Drs. 12/826, S. 4, 5, 10, 11, 21). Vielmehr wird dort immer auf den EVertr Bezug genommen. Zwar wird dann ausgeführt, dass die Einhaltung der Vorgaben des EVertr zu nicht sachgerechten und zu nicht nur sozialpolitisch unvertretbaren Ergebnissen führen müsste und sich deshalb die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung ergebe (BT-Drs. 12/405, S. 113). Jedoch ist aus der weiteren Gesetzesbegründung ohne Schwierigkeiten ablesbar, dass sich diese Regelungen auf die Bereiche der Rentenberechung, Leistungsbegrenzung, Abschmelzung laufender Leistungen, des Besitzschutzes bei der Neufeststellung von Leistungen, der Auszahlungen von Leistungen, eines Vorbehaltes der Einzelfallprüfung und der Kostenerstattungen durch den Bund beziehen (a.a.O., S. 113, 114).
Nicht angesprochen ist hingegen eine Ausweitung des erfassten Personenkreises. Zur Begründung des § 1 AAÜG wird ausgeführt, dass diese Vorschrift den Geltungsbereich der nach dem EVertr vorgeschriebenen Überführung (und gerade keine darüber hinausgehende) festlegt (a.a.O., S. 146). Auch findet sich in den Gesetzesmaterialien kein Anhaltspunkt für die vom BSG vorgenommene Unterscheidung zwischen "Einbeziehung in ein Versorgungssystem" und der "Berechtigung auf Grund der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem". Das BSG geht sogar selbst davon aus, dass die durch § 1 Absatz 1 Satz 2 AAÜG Angesprochenen konkret einbezogen waren (BSG, Urteil vom 09. April 2002, a.a.O., RdNr. 19ff.), obwohl der Gesetzgeber auch hier den Terminus "Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem" benutzt (BT-Drs. 12/826 S. 21). Dies hält der Senat für widersprüchlich.
3. Diese Kritikpunkte an der ständigen Rechtsprechung des BSG veranlassen den Senat dazu, die vom BSG aufgestellten Voraussetzungen jedenfalls auch dann strikt einzuhalten, wenn sie als solche enger gefasst sind, als sie im Einzelnen überzeugend abzuleiten sind. Nur wenn danach die Anwendbarkeit des AAÜG bejaht werden müsste, würde sich die Frage stellen, ob der Senat in klärungsbedürftiger Weise von der genannten Rechtsprechung des BSG abweicht.
a) Im vorliegenden Fall muss dies nicht geschehen, da die vom 4. Senat des BSG aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Danach hängt der Anspruch im hier allein in Frage kommenden Fall gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. der DDR I, Nr. 93 S. 844 – im Folgenden: VO-AVItech) i.V.m. § 1 Absatz 1 Satz 1 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (GBl. der DDR I, Nr. 62 S. 487 – im Folgenden: 2. DB) von drei Voraussetzungen ab, die alle zugleich vorliegen müssen. Generell war dieses Versorgungssystem eingerichtet für (1.) Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und (2.) die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar (3.) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
In Anwendung dieser Maßstäbe hatte der Kläger am 01. August 1991 (dem Tag des Inkrafttretens des AAÜG) keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech. Er erfüllte als Ingenieur zwar die persönliche Voraussetzung, nicht jedoch die sachliche Voraussetzung.
b) Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Prüfung der sachlichen Voraussetzung von der erworbenen Berufsbezeichnung auszugehen. Sodann ist zu fragen, ob der Versicherte im Schwerpunkt eine diesem durch die Ausbildung und die im Ausbildungsberuf typischerweise gewonnenen Erfahrungen geprägten Berufsbild entsprechende Tätigkeit ausgeübt hat. Setzt die Wahrnehmung der konkreten Arbeitsaufgabe solche beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten voraus, wie sie bei dem Studium bzw. der Ausbildung zu einem Beruf im Sinne des § 1 Absatz 1 der 2. DB erworben werden, ist die sachliche Voraussetzung regelmäßig erfüllt. Bei einem im Wesentlichen berufsfremden Einsatz ist die sachliche Voraussetzung regelmäßig nicht erfüllt (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 – B 4 RS 17/07 R – zitiert nach juris, RdNr 44). Falls der Schwerpunkt der Tätigkeit demgegenüber im wirtschaftlichen bzw. kaufmännischen Bereich lag, war der Ingenieur nicht überwiegend entsprechend seinem Berufsbild tätig (BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 2/07 R –, zitiert nach juris, RdNr 17f).
Unter Anlegung dieser Kriterien erfüllt der Kläger die sachliche Voraussetzung für eine Einbeziehung nicht. Nach der Auskunft der Rechtsnachfolgerin der Fa. F. C. GmbH, der D. C. GmbH, vom 23. September 2005 war der Kläger am 30. Juni 1990 der L. d. P. der VEB F. C ... Nach seinen eigenen Angaben war wesentliches Motiv für seine Rückkehr in diesen Betrieb, die Forcierung der Gewinnung von Fachkräften. Weiter oblag es ihm konkret auch, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Betriebes Kontakte zu Schulungseinrichtungen herzustellen, die für diese Umschulungs- und Fortbildungsveranstaltungen durchführen sollten. Ferner war er als Einkäufer tätig. Damit lag der Schwerpunkt der Arbeit des Klägers im Personal- und Ausbildungsbereich. Für Tätigkeiten in den Arbeitsbereichen Kader und Bildung waren die in einer Ausbildung als Maschinenbau-Ingenieur und in einer entsprechenden Tätigkeit gewonnenen Erfahrungen aber nicht grundlegend. Gegenstand einer solchen Ausbildung bzw. Tätigkeit ist nicht die Vermittlung personalwirtschaftlicher Kenntnisse und Fähigkeiten. Der Kläger war damit während seiner Beschäftigung vom 1989 bis zum 1990 im VEB F. C. als L. K. und B. nicht im Schwerpunkt ingenieurtechnisch tätig, sondern im kaufmännischen und wirtschaftlichen Bereich. Deshalb erfüllt er die sachliche Voraussetzung für eine fiktive Einbeziehung in die Zusatzversorgung der Technischen Intelligenz nicht.
c) Ob hinsichtlich des VEB F. C. die betrieblichen Voraussetzungen vorgelegen haben, kann danach dahinstehen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 18. November 2007 – B 4 RS 17/07 R –, in dem die Erfüllung der sachlichen Voraussetzung für eine Tätigkeit in dem Arbeitsbereich "Kader und Bildung" ausdrücklich offen gelassen worden ist, hat der Senat die Revision zugelassen.
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