Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 15 SO 89/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 B 36/06 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer begehrt von der Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtschutzes die Gewährung eines Mehrbedarfs für behinderte Menschen gemäß § 30 Abs. 4 Sozialgesetzbuch 12. Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) und eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII.
Der im Jahr 19xx geborene Antragsteller bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer in Höhe von zuletzt 600,16 EUR monatlich. Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 70 und dem Merkzeichen G.
Nach seinem Zuzug in den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin erhielt er seit September 2003 bis Ende Dezember 2004 ergänzende Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz. Mit Bescheid vom 29. Dezember 2004 bewilligte die Antragsgegnerin ihm Leistungen nach dem SGB XII für die erste Jahreshälfte 2005 in Höhe von monatlich 70,11 EUR unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB X wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 56,27 EUR monatlich.
In seinen Folgeanträgen auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII vom 24. Mai 2005 und 29. Mai 2006 erklärte er zu der Rubrik im Antragsformular "Mehrbedarf kostenaufwändige Ernährung" jeweils: "Nein". Mit Bescheid vom 17. Juli 2006 bewilligte die Antragsgegnerin ab August 2006 monatliche Leistungen in Höhe von 70,21 EUR.
Mit einem von seinem damaligen Verfahrensbevollmächtigten verfassten Schreiben vom 31. Juli 2006, das am 3. August 2006 bei der Antragsgegnerin einging, forderte er u.a. Leistungen gemäß § 30 Abs. 4 und 5 SGB XII rückwirkend ab dem 1. Januar 2005.
Am 10. August 2006 stellte er bei dem Sozialgericht Magdeburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung "wegen sofortiger Zahlung von Sozialleistungen". Die Antragsgegnerin enthalte ihm Leistungen vor und gefährde dadurch seine Gesundheit. Mit Schreiben vom 16. August 2006 führte er aus, er habe bereits einen Schlaganfall gehabt, leide an Epilepsie, schwerer Polyneuropathie sowie Osteoporose, er habe bereits mehrfach Wirbelbrüche erlitten. Er führe Vitamin D und Calcium zu, müsse dies aber selbst bezahlen. Dem Schreiben beigefügt war die Kopie eines Kurzattests von Dr. med. B. L. , Fachärztin für Allgemeinmedizin, vom 15. August 2006, in der die Erkrankungen Epilepsie, Polyneuropathie sowie Osteoporose mit "WK-Fraktur" bestätigt werden.
Mit Schriftsatz vom 29. August 2006 hat sich der derzeitige Verfahrenbevollmächtigte unter Vorlage einer Vollmacht beim Sozialgericht Magdeburg für den Antragsteller bestellt. Der Antragsgegnerin wurde eine Kopie des Schreibens – nicht der Vollmacht – vom Sozialgericht übermittelt.
Am 1. September 2006 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller ein Antragsformular zur Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung nach dem SGB XII übersandt und im Schreiben vom 5. September 2006 an das Sozialgericht ausgeführt, sie habe nunmehr Kenntnis von einem möglichen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung. Sobald ihr der vom behandelnden Arzt auszufüllende Vordruck wieder vorliege, werde sie eine Begutachtung durch den Amtsarzt veranlassen und sodann einen schriftlichen Bescheid erteilen. Es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, weil sich der Antragsteller mit seinem Anliegen zunächst nicht an die Verwaltung gewandt habe. Grundsicherungsleistungen seien antragsabhängig (§ 41 SGB XII).
Mit Bescheid vom 7. September 2007 hat die Antragsgegnerin den Antrag auf Gewährung von Mehrbedarfsleistungen nach § 30 Abs. 4 und 5 SGB XII für die Vergangenheit abgelehnt und ausgeführt, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Leistungen nach § 30 Abs. 4 SGB XII, da er keine Eingliederungshilfeleistungen erhalte. Der Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 30 Abs. 5 SGB XII könne nicht rückwirkend gewährt werden. In den Folgeanträgen von 2005 und 2006 habe er einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nicht geltend gemacht. Dagegen hat der Antragsteller (persönlich) am 14. September 2006 Widerspruch eingelegt, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 zurückgewiesen hat.
Mit Schriftsatz vom 12. September 2006 hat der Antragsteller durch seinen jetzigen Bevollmächtigten vorgetragen, er habe Anspruch auf ein Mehrbedarf von 35 % des Regelsatzes nach § 30 Abs. 4, § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 33 SGB IX, denn er erhalte psychologische Hilfe und damit Eingliederungsleistungen von der Stadtmission Magdeburg. Er nehme an einer Gruppentherapie teil, die der Aufarbeitung der Alkoholsucht, der psychischen Stärkung und der Befähigung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit diene. Die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung werde in das Ermessen des Gerichts gestellt. Es sei jedoch zu beachten, dass allein das Osteoporosemedikament Osteoplus monatlich 40,95 EUR koste.
Mit Beschluss vom 13. Oktober 2006 hat das Sozialgericht Magdeburg den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Hinsichtlich des geltend gemachten Mehrbedarfs für Ernährung fehle es am Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsteller der Antragsgegnerin keine hinreichende Möglichkeit der Prüfung und Bescheidung des geltend gemachten Anspruchs gegeben habe. Die Anerkennung eines Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 4 SGB XII setze Eingliederungshilfeleistungen nach § 54 SGB XII voraus, die der Antragsteller nicht erhalte.
Aufgrund der vom Antragsteller vorgelegten Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin DM J. vom 11. September 2006 hat die Antragsgegnerin eine amtsärztliche Stellungnahme vom 19. Oktober 2006 eingeholt. Der Amtsarzt hat wegen der Diagnose Osteoporose einen Mehrbedarf für Ernährung befürwortet. Daraufhin hat die Antragsgegnerin mit an den Antragsteller übersandten Änderungsbescheid vom 25. Oktober 2006 ab August 2006 monatlichen Leistungen von 95,21 EUR unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 25,00 EUR bewilligt.
Gegen den ihm am 26. Oktober 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 6. November 2006 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, es liege eine Überraschungsentscheidung vor, weil das Gericht vor der Entscheidung keine Möglichkeit zur Stellungnahme zu seiner Auslegung von § 30 Abs. 4 SGB XII gegeben habe. Das Rechtschutzbedürfnis sei gegeben, denn der Antragsteller habe sich bereits am 3. August 2006 an die Antragsgegnerin gewandt. Er hat eine Bestätigung des Freundeskreises "Suchtkrankenhilfe bei der Stadtmission M. e.V." vom 25. Oktober 2006 vorgelegt, nach der er zur Aufarbeitung seiner Alkoholsucht psychologische Hilfe durch den Verein in Anspruch nehme. Des Weiteren hat er eine privatschriftliche Zusammenstellung der "Zusatzmedikamente" beigefügt. Wegen der Osteoporose bedürfe er einer täglichen Calciumgabe von 1200 mg sowie einer Vitamin D3-Gabe. Die hierfür monatlich erforderlichen Kosten beliefen sich auf 20,00 EUR. Wegen der Polyneuropathie benötige er Vitamin B. Die hierfür erforderlichen Tabletten kosteten monatlich mindestens 3,70 EUR. Wegen seiner erhöhten Cholesterinwerte müsse er z.B. Lachsölkapseln einnehmen, die monatlich mindestens 6,15 EUR kosteten.
Auf richterlichen Hinweis zur Problematik des Rechtsschutzbedürfnisses und zur möglichen Bestandskraft des Bescheides vom 25. Oktober 2006 hat der Antragsteller mit Schreiben vom 12. Januar 2007 auf § 13 Abs. 3 SGB X verwiesen und ausgeführt, die Übersendung des Änderungsbescheids an den Antragsteller sei rechtsfehlerhaft erfolgt und unwirksam; das Beschwerdeverfahren werde fortgeführt, denn dem Antragsteller sei ein Ernährungsmehrbedarf von mindestens 51,13 EUR monatlich zu gewähren. Seine Beschwerde im einstweiligen Rechtschutzverfahren sei zugleich als Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Oktober 2006 zu werten. Vorsorglich habe er am 19. Dezember 2006 Widerspruch eingelegt, nachdem er erst mit der richterlichen Verfügung von dem Bescheid erfahren habe.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 10. August 2006 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm a) einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII in angemessener Höhe, zumindest aber von 51,13 EUR monatlich, unter Anrechnung bereits erhaltener Leistungen von 25,00 EUR sowie b) einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 4 SGB XII von 35 % des Regelsatzes zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren und weist ergänzend darauf hin, dass in § 30 Abs. 4 Satz 1 SGB XII lediglich auf Nr. 1 bis 3 des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verwiesen werde und damit eine konkrete Eingrenzung des Mehrbedarfs auf die dort genannten Leistungen erfolge. Der Bevollmächtigte habe sich im Verwaltungsverfahren nicht gemeldet. Da über den Widerspruch des Antragstellers vom 14. September 2006 bereits mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 entschieden worden sei, könne der Bescheid vom 25. Oktober 2006 nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sei. Der Antragsteller habe im Übrigen nicht glaubhaft gemacht, dass er die empfohlene Osteoporosemedikamention mit den derzeitigen Mehrbedarfsleistungen nicht sicherstellen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin, die Gerichtsakte des Sozialgerichts und die Beschwerdeakte verwiesen. Die Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senates.
II.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Magdeburg hat es zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Mehrbedarfsleistungen nach § 30 Abs. 4 und 5 SGB XII zu verpflichten.
Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO den Anspruch auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) sowie die Dringlichkeit der Entscheidung des Gerichts (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen. Bei der Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist von den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auszugehen. Eine einstweilige Anordnung, mit der Leistungen nach dem SGB XII gewährt werden, ist regelmäßig nur dann notwendig, wenn eine gegenwärtige, akute Notlage zu beseitigen ist.
Hier mangelt es - im für die Beschwerdeentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats - bereits am Anordnungsgrund. Denn es ist nicht ersichtlich, dass aktuell eine vorläufige gerichtliche Entscheidung zur Behebung einer akuten Notlage erforderlich ist. Gründe, aus denen sich die besondere Dringlichkeit einer einstweiligen Anordnung ergibt, hat der Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen oder glaubhaft gemacht. Sie sind im Übrigen auch nicht ersichtlich. Es ist dem Antragsteller zuzumuten, das Verwaltungsverfahren zu durchlaufen und gegebenenfalls den Abschluss eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Bereits im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung fehlte dem Antragsteller das Rechtschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, weil er sich vor der in Anspruchnahme gerichtlichen Rechtschutzes nicht in der gebotenen und zumutbaren Weise an die Antragsgegnerin gewandt, seinen Bedarf bekannt gegeben und einen Antrag auf die begehrten Leistungen gestellt hat.
Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - dazu gehören die hier geltend gemachten Mehrbedarfe – werden gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII auf Antrag erbracht. Zwar ist der Antrag an keine bestimmte Form gebunden (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf: SGB XII, 2005, § 41 RN 9; W. Schellhorn in Schellhorn/Schell-horn/Hohm: SGB XII, 17. Aufl. 2006 § 41 RN 21), jedoch muss der Sozialhilfeträger mit Darlegung von Tatsachen in die Lage versetzt werden, erkennen zu können, dass möglicherweise ein Leistungsanspruch in Betracht kommt. Übertragen auf den hier geltend gemachten Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII heißt dies, dass ihm zumindest die Erkrankungen genannt werden müssen, aus denen der Hilfesuchende seinen Leistungsanspruch nach § 30 Abs. 5 SGB XII herleitet (vgl. Grube in Grube/Warendorf, a.a.O. § 18 RN 23). Dem wird die pauschale Forderung im Schreiben des damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 31. Juli 2006 auf Leistungen nach § 30 Abs. 4 und § 30 Abs. 5 SGB XII, das zudem im Kontext eine Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten über die rechtliche Einordnung einer Betriebskostennachzahlung erfolgte, ersichtlich nicht gerecht. In ihm wurden nicht einmal die Erkrankungen des Antragstellers genannt. Der Antragsgegnerin war vorher lediglich bekannt, dass der Antragsteller schwerbehindert ist. Konkrete Erkrankungen und Diagnosen ergaben sich aus dem Verwaltungsvorgang nicht. In seinen Folgeanträgen vom 24. Mai 2005 und 29. Mai 2006 auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII hatte der Antragsteller die Formularfrage nach einem Mehrbedarf für Ernährung ausdrücklich verneint. Insoweit bedurfte es zur Geltendmachung eines Mehrbedarfs mehr als des Protests gegen eine vermeintliche Leistungsverweigerung. Die Antragsgegnerin war – selbst wenn man von einer wirksamen Antragstellung am 3. August 2006 ausginge – in der ihr verbleibenden Zeit von sieben Tagen bis zur Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nicht in der Lage, den Antrag sachgerecht zu bearbeiten geschweige denn zu bescheiden.
Es liegt hier kein Ausnahmefall vor, der eine Leistungsgewährung ohne vorherige Antragstellung erfordert. Ausnahmsweise kann, wenn noch kein förmlicher Antrag auf die Leistung gestellt ist, bereits ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen, wenn die Sache sehr eilig ist und der Antragsteller aus besonderen Gründen mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, bei der Behörde kein Gehör zu finden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG 8. Auflage 2005, § 86 b RN 26 b). Ein besonderes Eilbedürfnis ist im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch ersichtlich; und es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Begehren des Antragstellers von der Antragsgegnerin ohnehin abgelehnt worden wäre.
Auch im für die Beschwerde maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats be-steht kein Rechtschutzbedürfnis, denn zwischenzeitlich, d.h. nach Erlass des erstinstanzlichen Beschlusses vom 13. Oktober 2006, hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 25. Oktober 2006 dem Antragsteller einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII in Höhe von 25,00 EUR monatlich für die Zeit ab 1. August 2006 bewilligt.
Die Bestandskraft dieses Bescheids bindet den Senat und hindert die Bewilligung eines höheren Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung für den streitigen und noch bis einschließlich Juni 2007 laufenden Bewilligungszeitraum im Rahmen eines einstweiligen Anordnungs- bzw. des nachfolgenden Beschwerdeverfahrens. Von der Bestandskraft des Bescheids ist auszugehen, denn der Senat vermag nach Aktenlage keine fristgemäße Einlegung eines Widerspruchs zu erkennen. Insbesondere hat der Antragsteller weder durch die Einlegung der Beschwerde am 6. November 2006 noch durch schriftsätzliche Bekundungen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens fristgerecht Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.Oktober 2006 eingelegt.
Der mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid wurde ordnungsgemäß an den Antragsteller bekannt gegeben. Denn der Prozessbevollmächtigte hatte sich gegenüber der Antragsgegnerin nicht für das Verwaltungsverfahren bestellt. Dass die vom Antragsteller an seinen Bevollmächtigten erteilte Vollmacht sich nicht nur auf das gerichtliche Verfahren (§ 73 SGG) sondern ihrem Wortlaut nach auch auf die Vertretung im Verwaltungsverfahren bezog, konnte die Antragsgegnerin nicht wissen. Da sich der Verfahrensbevollmächtigte im Verwaltungsverfahren nicht unter Vorlage einer Vollmacht bzw. unter Verweis auf die beim Sozialgericht Magdeburg vorgelegte Vollmacht bestellt hatte, war die Bekanntgabe des Bescheids vom 19. Oktober 2006 an den Antragsteller persönlich nicht zu beanstanden, denn die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X lagen nicht vor. Wenn eine im Verwaltungsverfahren erteilte Vollmacht nicht gleichsam automatisch zur Prozessvertretung ermächtigt (vgl. BSG, Urteil vom 15.08.1991, Az.: 12 RK 39/90, SozR 3-1500 § 73 Nr. 2), beinhaltet auch im umgekehrten Fall eine erteilte Prozessvollmacht nicht zwangsläufig eine Ermächtigung zur Vertretung im Verwaltungsverfahren – insbesondere dann nicht, wenn der Bevollmächtigte sich bei der Behörde nicht meldet und auf seine Prozessvollmacht beruft.
Zudem hat der Antragsteller weder in der Beschwerdeschrift noch in nachfolgenden Schriftsätzen den Bewilligungsbescheid vom 25. Oktober 2006 zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gemacht. Erstmalig in seiner Reaktion auf den richterlichen Hinweis vom 11. Dezember 2006 hat er ausgeführt, der Bescheid vom 25. Oktober 2006 sei gemäß § 86 SGG zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden.
Indes liegen die Voraussetzungen von § 86 SGG hier nicht vor. Im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 25. Oktober 2006 war zwischen den Beteiligten kein Widerspruchsverfahren im Hinblick auf die Bewilligung von laufenden Leistungen nach dem SGB XII mehr anhängig. Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 7. September 2006, mit dem die Gewährung eines Ernährungsmehrbedarfs für die Vergangenheit an den Antragsteller abgelehnt worden war, war mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 – ebenfalls bekannt gegeben an den Antragsteller - bestandskräftig abgeschlossen worden.
Es liegt auch kein Fall von § 96 SGG vor. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird im Falle der Abänderung oder Ersetzung eines Verwaltungsaktes nach Klageerhebung auch der neue Verwaltungsakt zum Gegenstand des Verfahrens. Der Bescheid vom 25. Oktober 2006 hat zwar den letzten Regelbewilligungsbescheid für die Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum Juli 2006 bis Juni 2007 vom 9. Juni 2006 abgeändert hat, dieser war jedoch nicht im Klagewege angegriffen. § 96 SGG ist nicht entsprechend auf einstweilige Anordnungsverfahren nach § 86 b Abs. 2 SGG anwendbar. Dies ergibt sich bereits aus der Natur der einstweiligen Anordnung. In der hier vorliegenden Form der Regelungsanordnung (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG) dient sie der nur vorläufigen Einräumung einer bislang noch nicht bestehenden Rechtsposition. Streitgegenstand ist nicht die vollständige Rechtskontrolle eines Verwaltungsakts im Sinne einer abschließenden Prüfung und ggf. Kassation. Daher besteht auch das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Da der Antragsteller derzeit – nach entsprechender bestandskräftiger Bescheidregelung – einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung in Höhe von 25,00 EUR monatlich erhält, ist die Fortführung des Beschwerdeverfahrens mit dem Ziel, höhere Leistungen nach § 30 Abs. 5 SGB XII zu erhalten, unzulässig. Mit diesem Begehren ist ein neues Verwaltungsverfahren unter Darlegung der Gründe, weshalb die bewilligten Beträge nicht ausreichend sind, durchzuführen.
Im Übrigen bestünde kein Anordnungsanspruch, denn der Antragsteller hat einen Anspruch auf weitere Mehrbedarfsleistungen nach § 30 Abs. 5 SGB XII für kostenaufwendige Ernährung nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere hat er nicht schlüssig dargelegt, dass die ihm bewilligte Mehrbedarfsleistung von 25,00 EUR monatlich nicht ausreicht, um seinen Mehrbedarf an Ernährung wegen seiner Erkrankungen zu decken. Seine Behauptung, allein wegen seiner Osteoporoseerkrankung müsse er monatlich zusätzlich 40,95 EUR für das benötigte Medikament aufwenden, trifft ersichtlich nicht zu.
Am 19. Oktober 2006 hat der Amtsarzt auf der Grundlage sämtlicher vom Antragsteller (wohl) am 11. September 2006 bei der Antragsgegnerin vorgelegten Befundunterlagen ausgeführt, dass wegen der Osteoporose auf eine gemischte eine abwechslungsreiche Vollkost zu achten sei. Insbesondere sei ausreichend Calcium und Vitamin D zuzuführen. Üblicherweise wird eine tägliche Zufuhr an reinem Calcium von 1000 bis 1200 mg in Kombination mit Vitamin D3 empfohlen – wie dies auch der Antragsteller ausführt. Dass vom Antragsteller bevorzugte Kombinationspräparat Osteoplus enthält 1000 mg Calcium und die entsprechende Vitamin D3 Dosis und deckt – zusammen mit der empfohlenen Ernährung – den Tagesbedarf. Die Packungsgröße N3 enthält 100 Tabletten, die drei Monate ausreichen und kostet – nach der Ermittlung des Senats (www.medvergleich.de) zwischen 30,50 EUR und 45,40 EUR. Dies bedeutet, dass mit einen Aufwand von 10 bis 15 EUR monatlich die bei der Diagnose Osteoporose empfohlene Nahrungsergänzung sichergestellt werden kann.
Im Hinblick auf die weiteren in der Anlage zum Schriftsatz vom 6. November 2006 geltend gemachten Nahrungsergänzungsmittel, Vitamin B wegen der Polyneuropathie sowie anderer Produkte wegen des erhöhten Cholesterinspiegels, besteht ebenfalls kein Anordnungsanspruch.
Eine Hyperlipidanämie, die eine Sonderkost und damit verbundenen Ernährungsmehraufwand auslösen kann, wurde nicht einmal diagnostiziert. Die erhöhten Werte des Lipidstoffwechsels ergeben sich zwar aus den im September 2006 vorgelegten Laborwerten, jedoch hat der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin J. in der ärztlichen Bescheinigung vom 11. September 2006 keine entsprechende Diagnose gestellt und die Notwendigkeit einer lipidsenkenden Kost nicht bescheinigt. Auch der Amtsarzt, dem die Unterlagen vorlagen, hat in seiner Stellungnahme vom 19. Oktober 2006 keine Angaben zum Fettstoffwechsel gemacht und eine lipidsenkende Kost auch nicht befürwortet.
Dasselbe gilt im Ergebnis für die als Diagnose vom Hausarzt zwar bestätigte Polyneuropathie, für die er eine besondere Krankenkost jedoch nicht für notwendig erklärt hat. Zudem ist diese Diagnose in den regelmäßig von den Sozialhilfeträgern angewandten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge aus dem Jahr 1997 nicht erwähnt, was bedeutet, dass sie (üblicherweise) nicht mit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung verbunden ist. Auch die amtsärztliche Stellungnahme enthält wegen der Diagnose Polyneuropathie keine besondere Ernährungsempfehlung.
Im Übrigen ist zu den vom Antragsteller geltend gemachten "Zusatzmedikamenten" auszuführen, dass sie grundsätzlich nicht als Mehrbedarf berücksichtigt werden können, denn nach § 30 Abs. 5 SGB XII besteht ein Anspruch auf einen Mehrbedarf in angemessener Höhe aus medizinischen Gründen nur in den Fällen, in denen der Hilfebedürftige einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf. Vorliegend macht der Antragsteller indes nicht die Kosten einer aufwändigeren Ernährung, sondern diejenigen von Medikamenten bzw. Nahrungsergänzungsmitteln geltend, die somit grundsätzlich der gesetzlichen Regelung nicht unterfallen.
Soweit nichtverschreibungspflichtige Medikamente von der Versorgung durch die gesetzliche Krankenversicherung ausgeschlossen sind, liegt der entsprechenden Regelung in § 34 Abs. 1bis 4 SGB Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) das Wirtschaftlichkeitsgebot zugrunde. Es sollen Fälle erfasst werden, in denen die Übernahme der Kosten durch die Versicherten selbst zumutbar ist, weil diese üblicherweise bei geringfügigen Störungen verordnet bzw. vom Versicherten ohne ärztliche Verordnung im Wege der Selbstmedikation in der Apotheke gekauft werden (vgl. Hess in Kasseler Kommentar, Stand 11/2006, Band I SGB V, § 34 RN 2) Grundsätzlich werden Krankenversicherte zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung mit apothekenpflichtigen Arznei- und Verbandsmitteln, Heilmitteln und Hilfsmittel versorgt. Der grundsätzlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers, oftmals kostenintensive nicht verschreibungspflichtige Medikamente nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen, würde es widersprechen, wenn diese Kosten von anderen Leistungsträgern übernommen würden. Dies erscheint nur in engbegrenzten Ausnahmefällen, wie bei schwerwiegenden bis lebensbedrohlichen Erkrankungen sowie bei schwer-wiegenden Einschränkungen durch fehlende Hilfsmittel denkbar.
Insoweit handelt es sich im Fall des Antragstellers allenfalls bei der Diagnose Osteoporose (aufgrund der bereits aufgetretenen Folgeerkrankungen) um eine so schwerwiegende Erkrankung, die es rechtfertigen könnte, die grundsätzliche Wertentscheidung des Gesetzgebers in § 34 SGB V mit Hilfe des Sozialhilferechts (SGB XII) zu umgehen. Hierfür erhält der Antragsteller indes bereits kostendeckende Leistungen. Für die Übrigen hier im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geltend gemachten Erkrankungen ist nicht glaubhaft gemacht, dass es sich um vergleichbar schwerwiegende Erkrankungen handelt.
Auch im Hinblick auf den geltend gemachten Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 4 SGB XII besteht kein Anordnungsanspruch. Adressaten dieser Regelung sind "behinderte Menschen in Ausbildung"; sie erhalten Mehrbedarfsleistungen, wenn sie das 15. Lebensjahr vollendet haben und ihnen Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII gewährt wird.
Der Antragsteller erhält weder Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (§ 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII) noch Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII, auch Leistungen zur Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit (§ 54 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII) wurden ihm nicht bewilligt. Es ist nicht ausreichend, dass möglicherweise ein Anspruch auf Eingliederungshilfemaßnahmen besteht, maßgeblich ist allein der tatsächliche Erhalt entsprechender Leistungen (vgl. Grube in Grube/Warendorf, a.a.O. § 30 RN 40). Zudem muss es sich um Leistungen des Sozialhilfeträgers handeln (vgl. W. Schellhorn a.a.O. § 30 RN 23). Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ist der gesetzliche Wortlaut in § 30 Abs. 4 SGB XII eindeutig und bedarf keiner erweiternden Auslegung. Er gilt für einen engumrissenen Personenkreis, der die drei Tatbestandsmerkmale kumulativ erfüllen muss. Die gesetzliche Formulierung "Eingliederungshilfemaßnahmen nach § 54 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 SGB XII" kann nicht auf alle Eingliederungshilfeleistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII oder den tatsächlichen Erhalt eingliederungshilfeähnlicher Maßnahmen ausgedehnt werden. Es gibt weder Anhaltspunkte für ein gesetzgeberisches Versehen noch für eine ansonsten bestehende Regelungslücke oder sachwidrige Ungleichbehandlung. Ein sachlicher Grund für die vom Prozessbevollmächtigten gewünschte Auslegung über den Normtext hinaus ist nicht ersichtlich. Im Übrigen stellt der Umstand, dass der Antragsteller psychologische Hilfe (möglicherweise in Form einer Selbsthilfegruppe) des Freundeskreises "Suchtkrankenhilfe bei der Stadtmission e.V." erhält, keine durch den Sozialhilfeträger gewährte Leistung nach § 33 SGB IX dar. Zudem ist nicht ersichtlich, dass diese Hilfe – wie die normierten Fälle üblicherweise des behinderten Menschen in Ausbildung – eine vergleichbare Mehrbedarfslage auslöst.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer begehrt von der Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtschutzes die Gewährung eines Mehrbedarfs für behinderte Menschen gemäß § 30 Abs. 4 Sozialgesetzbuch 12. Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) und eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII.
Der im Jahr 19xx geborene Antragsteller bezieht eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer in Höhe von zuletzt 600,16 EUR monatlich. Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 70 und dem Merkzeichen G.
Nach seinem Zuzug in den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin erhielt er seit September 2003 bis Ende Dezember 2004 ergänzende Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz. Mit Bescheid vom 29. Dezember 2004 bewilligte die Antragsgegnerin ihm Leistungen nach dem SGB XII für die erste Jahreshälfte 2005 in Höhe von monatlich 70,11 EUR unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 2 SGB X wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 56,27 EUR monatlich.
In seinen Folgeanträgen auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII vom 24. Mai 2005 und 29. Mai 2006 erklärte er zu der Rubrik im Antragsformular "Mehrbedarf kostenaufwändige Ernährung" jeweils: "Nein". Mit Bescheid vom 17. Juli 2006 bewilligte die Antragsgegnerin ab August 2006 monatliche Leistungen in Höhe von 70,21 EUR.
Mit einem von seinem damaligen Verfahrensbevollmächtigten verfassten Schreiben vom 31. Juli 2006, das am 3. August 2006 bei der Antragsgegnerin einging, forderte er u.a. Leistungen gemäß § 30 Abs. 4 und 5 SGB XII rückwirkend ab dem 1. Januar 2005.
Am 10. August 2006 stellte er bei dem Sozialgericht Magdeburg einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung "wegen sofortiger Zahlung von Sozialleistungen". Die Antragsgegnerin enthalte ihm Leistungen vor und gefährde dadurch seine Gesundheit. Mit Schreiben vom 16. August 2006 führte er aus, er habe bereits einen Schlaganfall gehabt, leide an Epilepsie, schwerer Polyneuropathie sowie Osteoporose, er habe bereits mehrfach Wirbelbrüche erlitten. Er führe Vitamin D und Calcium zu, müsse dies aber selbst bezahlen. Dem Schreiben beigefügt war die Kopie eines Kurzattests von Dr. med. B. L. , Fachärztin für Allgemeinmedizin, vom 15. August 2006, in der die Erkrankungen Epilepsie, Polyneuropathie sowie Osteoporose mit "WK-Fraktur" bestätigt werden.
Mit Schriftsatz vom 29. August 2006 hat sich der derzeitige Verfahrenbevollmächtigte unter Vorlage einer Vollmacht beim Sozialgericht Magdeburg für den Antragsteller bestellt. Der Antragsgegnerin wurde eine Kopie des Schreibens – nicht der Vollmacht – vom Sozialgericht übermittelt.
Am 1. September 2006 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller ein Antragsformular zur Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwendige Ernährung nach dem SGB XII übersandt und im Schreiben vom 5. September 2006 an das Sozialgericht ausgeführt, sie habe nunmehr Kenntnis von einem möglichen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung. Sobald ihr der vom behandelnden Arzt auszufüllende Vordruck wieder vorliege, werde sie eine Begutachtung durch den Amtsarzt veranlassen und sodann einen schriftlichen Bescheid erteilen. Es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, weil sich der Antragsteller mit seinem Anliegen zunächst nicht an die Verwaltung gewandt habe. Grundsicherungsleistungen seien antragsabhängig (§ 41 SGB XII).
Mit Bescheid vom 7. September 2007 hat die Antragsgegnerin den Antrag auf Gewährung von Mehrbedarfsleistungen nach § 30 Abs. 4 und 5 SGB XII für die Vergangenheit abgelehnt und ausgeführt, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Leistungen nach § 30 Abs. 4 SGB XII, da er keine Eingliederungshilfeleistungen erhalte. Der Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 30 Abs. 5 SGB XII könne nicht rückwirkend gewährt werden. In den Folgeanträgen von 2005 und 2006 habe er einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nicht geltend gemacht. Dagegen hat der Antragsteller (persönlich) am 14. September 2006 Widerspruch eingelegt, den die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 zurückgewiesen hat.
Mit Schriftsatz vom 12. September 2006 hat der Antragsteller durch seinen jetzigen Bevollmächtigten vorgetragen, er habe Anspruch auf ein Mehrbedarf von 35 % des Regelsatzes nach § 30 Abs. 4, § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 33 SGB IX, denn er erhalte psychologische Hilfe und damit Eingliederungsleistungen von der Stadtmission Magdeburg. Er nehme an einer Gruppentherapie teil, die der Aufarbeitung der Alkoholsucht, der psychischen Stärkung und der Befähigung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit diene. Die Höhe des Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung werde in das Ermessen des Gerichts gestellt. Es sei jedoch zu beachten, dass allein das Osteoporosemedikament Osteoplus monatlich 40,95 EUR koste.
Mit Beschluss vom 13. Oktober 2006 hat das Sozialgericht Magdeburg den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Hinsichtlich des geltend gemachten Mehrbedarfs für Ernährung fehle es am Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsteller der Antragsgegnerin keine hinreichende Möglichkeit der Prüfung und Bescheidung des geltend gemachten Anspruchs gegeben habe. Die Anerkennung eines Mehrbedarfs nach § 30 Abs. 4 SGB XII setze Eingliederungshilfeleistungen nach § 54 SGB XII voraus, die der Antragsteller nicht erhalte.
Aufgrund der vom Antragsteller vorgelegten Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin DM J. vom 11. September 2006 hat die Antragsgegnerin eine amtsärztliche Stellungnahme vom 19. Oktober 2006 eingeholt. Der Amtsarzt hat wegen der Diagnose Osteoporose einen Mehrbedarf für Ernährung befürwortet. Daraufhin hat die Antragsgegnerin mit an den Antragsteller übersandten Änderungsbescheid vom 25. Oktober 2006 ab August 2006 monatlichen Leistungen von 95,21 EUR unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von 25,00 EUR bewilligt.
Gegen den ihm am 26. Oktober 2006 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 6. November 2006 Beschwerde eingelegt und ausgeführt, es liege eine Überraschungsentscheidung vor, weil das Gericht vor der Entscheidung keine Möglichkeit zur Stellungnahme zu seiner Auslegung von § 30 Abs. 4 SGB XII gegeben habe. Das Rechtschutzbedürfnis sei gegeben, denn der Antragsteller habe sich bereits am 3. August 2006 an die Antragsgegnerin gewandt. Er hat eine Bestätigung des Freundeskreises "Suchtkrankenhilfe bei der Stadtmission M. e.V." vom 25. Oktober 2006 vorgelegt, nach der er zur Aufarbeitung seiner Alkoholsucht psychologische Hilfe durch den Verein in Anspruch nehme. Des Weiteren hat er eine privatschriftliche Zusammenstellung der "Zusatzmedikamente" beigefügt. Wegen der Osteoporose bedürfe er einer täglichen Calciumgabe von 1200 mg sowie einer Vitamin D3-Gabe. Die hierfür monatlich erforderlichen Kosten beliefen sich auf 20,00 EUR. Wegen der Polyneuropathie benötige er Vitamin B. Die hierfür erforderlichen Tabletten kosteten monatlich mindestens 3,70 EUR. Wegen seiner erhöhten Cholesterinwerte müsse er z.B. Lachsölkapseln einnehmen, die monatlich mindestens 6,15 EUR kosteten.
Auf richterlichen Hinweis zur Problematik des Rechtsschutzbedürfnisses und zur möglichen Bestandskraft des Bescheides vom 25. Oktober 2006 hat der Antragsteller mit Schreiben vom 12. Januar 2007 auf § 13 Abs. 3 SGB X verwiesen und ausgeführt, die Übersendung des Änderungsbescheids an den Antragsteller sei rechtsfehlerhaft erfolgt und unwirksam; das Beschwerdeverfahren werde fortgeführt, denn dem Antragsteller sei ein Ernährungsmehrbedarf von mindestens 51,13 EUR monatlich zu gewähren. Seine Beschwerde im einstweiligen Rechtschutzverfahren sei zugleich als Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Oktober 2006 zu werten. Vorsorglich habe er am 19. Dezember 2006 Widerspruch eingelegt, nachdem er erst mit der richterlichen Verfügung von dem Bescheid erfahren habe.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 10. August 2006 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm a) einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII in angemessener Höhe, zumindest aber von 51,13 EUR monatlich, unter Anrechnung bereits erhaltener Leistungen von 25,00 EUR sowie b) einen Mehrbedarf nach § 30 Abs. 4 SGB XII von 35 % des Regelsatzes zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren und weist ergänzend darauf hin, dass in § 30 Abs. 4 Satz 1 SGB XII lediglich auf Nr. 1 bis 3 des § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII verwiesen werde und damit eine konkrete Eingrenzung des Mehrbedarfs auf die dort genannten Leistungen erfolge. Der Bevollmächtigte habe sich im Verwaltungsverfahren nicht gemeldet. Da über den Widerspruch des Antragstellers vom 14. September 2006 bereits mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 entschieden worden sei, könne der Bescheid vom 25. Oktober 2006 nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden sei. Der Antragsteller habe im Übrigen nicht glaubhaft gemacht, dass er die empfohlene Osteoporosemedikamention mit den derzeitigen Mehrbedarfsleistungen nicht sicherstellen könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin, die Gerichtsakte des Sozialgerichts und die Beschwerdeakte verwiesen. Die Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senates.
II.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch im Übrigen zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Magdeburg hat es zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Mehrbedarfsleistungen nach § 30 Abs. 4 und 5 SGB XII zu verpflichten.
Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO den Anspruch auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) sowie die Dringlichkeit der Entscheidung des Gerichts (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen. Bei der Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist von den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auszugehen. Eine einstweilige Anordnung, mit der Leistungen nach dem SGB XII gewährt werden, ist regelmäßig nur dann notwendig, wenn eine gegenwärtige, akute Notlage zu beseitigen ist.
Hier mangelt es - im für die Beschwerdeentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats - bereits am Anordnungsgrund. Denn es ist nicht ersichtlich, dass aktuell eine vorläufige gerichtliche Entscheidung zur Behebung einer akuten Notlage erforderlich ist. Gründe, aus denen sich die besondere Dringlichkeit einer einstweiligen Anordnung ergibt, hat der Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen oder glaubhaft gemacht. Sie sind im Übrigen auch nicht ersichtlich. Es ist dem Antragsteller zuzumuten, das Verwaltungsverfahren zu durchlaufen und gegebenenfalls den Abschluss eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
Bereits im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung fehlte dem Antragsteller das Rechtschutzbedürfnis für den Erlass einer einstweiligen Anordnung, weil er sich vor der in Anspruchnahme gerichtlichen Rechtschutzes nicht in der gebotenen und zumutbaren Weise an die Antragsgegnerin gewandt, seinen Bedarf bekannt gegeben und einen Antrag auf die begehrten Leistungen gestellt hat.
Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung - dazu gehören die hier geltend gemachten Mehrbedarfe – werden gemäß § 41 Abs. 1 SGB XII auf Antrag erbracht. Zwar ist der Antrag an keine bestimmte Form gebunden (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf: SGB XII, 2005, § 41 RN 9; W. Schellhorn in Schellhorn/Schell-horn/Hohm: SGB XII, 17. Aufl. 2006 § 41 RN 21), jedoch muss der Sozialhilfeträger mit Darlegung von Tatsachen in die Lage versetzt werden, erkennen zu können, dass möglicherweise ein Leistungsanspruch in Betracht kommt. Übertragen auf den hier geltend gemachten Mehrbedarf nach § 30 Abs. 5 SGB XII heißt dies, dass ihm zumindest die Erkrankungen genannt werden müssen, aus denen der Hilfesuchende seinen Leistungsanspruch nach § 30 Abs. 5 SGB XII herleitet (vgl. Grube in Grube/Warendorf, a.a.O. § 18 RN 23). Dem wird die pauschale Forderung im Schreiben des damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 31. Juli 2006 auf Leistungen nach § 30 Abs. 4 und § 30 Abs. 5 SGB XII, das zudem im Kontext eine Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten über die rechtliche Einordnung einer Betriebskostennachzahlung erfolgte, ersichtlich nicht gerecht. In ihm wurden nicht einmal die Erkrankungen des Antragstellers genannt. Der Antragsgegnerin war vorher lediglich bekannt, dass der Antragsteller schwerbehindert ist. Konkrete Erkrankungen und Diagnosen ergaben sich aus dem Verwaltungsvorgang nicht. In seinen Folgeanträgen vom 24. Mai 2005 und 29. Mai 2006 auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII hatte der Antragsteller die Formularfrage nach einem Mehrbedarf für Ernährung ausdrücklich verneint. Insoweit bedurfte es zur Geltendmachung eines Mehrbedarfs mehr als des Protests gegen eine vermeintliche Leistungsverweigerung. Die Antragsgegnerin war – selbst wenn man von einer wirksamen Antragstellung am 3. August 2006 ausginge – in der ihr verbleibenden Zeit von sieben Tagen bis zur Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nicht in der Lage, den Antrag sachgerecht zu bearbeiten geschweige denn zu bescheiden.
Es liegt hier kein Ausnahmefall vor, der eine Leistungsgewährung ohne vorherige Antragstellung erfordert. Ausnahmsweise kann, wenn noch kein förmlicher Antrag auf die Leistung gestellt ist, bereits ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen, wenn die Sache sehr eilig ist und der Antragsteller aus besonderen Gründen mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, bei der Behörde kein Gehör zu finden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG 8. Auflage 2005, § 86 b RN 26 b). Ein besonderes Eilbedürfnis ist im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch ersichtlich; und es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Begehren des Antragstellers von der Antragsgegnerin ohnehin abgelehnt worden wäre.
Auch im für die Beschwerde maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats be-steht kein Rechtschutzbedürfnis, denn zwischenzeitlich, d.h. nach Erlass des erstinstanzlichen Beschlusses vom 13. Oktober 2006, hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 25. Oktober 2006 dem Antragsteller einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung gemäß § 30 Abs. 5 SGB XII in Höhe von 25,00 EUR monatlich für die Zeit ab 1. August 2006 bewilligt.
Die Bestandskraft dieses Bescheids bindet den Senat und hindert die Bewilligung eines höheren Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung für den streitigen und noch bis einschließlich Juni 2007 laufenden Bewilligungszeitraum im Rahmen eines einstweiligen Anordnungs- bzw. des nachfolgenden Beschwerdeverfahrens. Von der Bestandskraft des Bescheids ist auszugehen, denn der Senat vermag nach Aktenlage keine fristgemäße Einlegung eines Widerspruchs zu erkennen. Insbesondere hat der Antragsteller weder durch die Einlegung der Beschwerde am 6. November 2006 noch durch schriftsätzliche Bekundungen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens fristgerecht Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.Oktober 2006 eingelegt.
Der mit einer zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung versehene Bescheid wurde ordnungsgemäß an den Antragsteller bekannt gegeben. Denn der Prozessbevollmächtigte hatte sich gegenüber der Antragsgegnerin nicht für das Verwaltungsverfahren bestellt. Dass die vom Antragsteller an seinen Bevollmächtigten erteilte Vollmacht sich nicht nur auf das gerichtliche Verfahren (§ 73 SGG) sondern ihrem Wortlaut nach auch auf die Vertretung im Verwaltungsverfahren bezog, konnte die Antragsgegnerin nicht wissen. Da sich der Verfahrensbevollmächtigte im Verwaltungsverfahren nicht unter Vorlage einer Vollmacht bzw. unter Verweis auf die beim Sozialgericht Magdeburg vorgelegte Vollmacht bestellt hatte, war die Bekanntgabe des Bescheids vom 19. Oktober 2006 an den Antragsteller persönlich nicht zu beanstanden, denn die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X lagen nicht vor. Wenn eine im Verwaltungsverfahren erteilte Vollmacht nicht gleichsam automatisch zur Prozessvertretung ermächtigt (vgl. BSG, Urteil vom 15.08.1991, Az.: 12 RK 39/90, SozR 3-1500 § 73 Nr. 2), beinhaltet auch im umgekehrten Fall eine erteilte Prozessvollmacht nicht zwangsläufig eine Ermächtigung zur Vertretung im Verwaltungsverfahren – insbesondere dann nicht, wenn der Bevollmächtigte sich bei der Behörde nicht meldet und auf seine Prozessvollmacht beruft.
Zudem hat der Antragsteller weder in der Beschwerdeschrift noch in nachfolgenden Schriftsätzen den Bewilligungsbescheid vom 25. Oktober 2006 zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gemacht. Erstmalig in seiner Reaktion auf den richterlichen Hinweis vom 11. Dezember 2006 hat er ausgeführt, der Bescheid vom 25. Oktober 2006 sei gemäß § 86 SGG zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden.
Indes liegen die Voraussetzungen von § 86 SGG hier nicht vor. Im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 25. Oktober 2006 war zwischen den Beteiligten kein Widerspruchsverfahren im Hinblick auf die Bewilligung von laufenden Leistungen nach dem SGB XII mehr anhängig. Der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 7. September 2006, mit dem die Gewährung eines Ernährungsmehrbedarfs für die Vergangenheit an den Antragsteller abgelehnt worden war, war mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2006 – ebenfalls bekannt gegeben an den Antragsteller - bestandskräftig abgeschlossen worden.
Es liegt auch kein Fall von § 96 SGG vor. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird im Falle der Abänderung oder Ersetzung eines Verwaltungsaktes nach Klageerhebung auch der neue Verwaltungsakt zum Gegenstand des Verfahrens. Der Bescheid vom 25. Oktober 2006 hat zwar den letzten Regelbewilligungsbescheid für die Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum Juli 2006 bis Juni 2007 vom 9. Juni 2006 abgeändert hat, dieser war jedoch nicht im Klagewege angegriffen. § 96 SGG ist nicht entsprechend auf einstweilige Anordnungsverfahren nach § 86 b Abs. 2 SGG anwendbar. Dies ergibt sich bereits aus der Natur der einstweiligen Anordnung. In der hier vorliegenden Form der Regelungsanordnung (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG) dient sie der nur vorläufigen Einräumung einer bislang noch nicht bestehenden Rechtsposition. Streitgegenstand ist nicht die vollständige Rechtskontrolle eines Verwaltungsakts im Sinne einer abschließenden Prüfung und ggf. Kassation. Daher besteht auch das grundsätzliche Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Da der Antragsteller derzeit – nach entsprechender bestandskräftiger Bescheidregelung – einen Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung in Höhe von 25,00 EUR monatlich erhält, ist die Fortführung des Beschwerdeverfahrens mit dem Ziel, höhere Leistungen nach § 30 Abs. 5 SGB XII zu erhalten, unzulässig. Mit diesem Begehren ist ein neues Verwaltungsverfahren unter Darlegung der Gründe, weshalb die bewilligten Beträge nicht ausreichend sind, durchzuführen.
Im Übrigen bestünde kein Anordnungsanspruch, denn der Antragsteller hat einen Anspruch auf weitere Mehrbedarfsleistungen nach § 30 Abs. 5 SGB XII für kostenaufwendige Ernährung nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere hat er nicht schlüssig dargelegt, dass die ihm bewilligte Mehrbedarfsleistung von 25,00 EUR monatlich nicht ausreicht, um seinen Mehrbedarf an Ernährung wegen seiner Erkrankungen zu decken. Seine Behauptung, allein wegen seiner Osteoporoseerkrankung müsse er monatlich zusätzlich 40,95 EUR für das benötigte Medikament aufwenden, trifft ersichtlich nicht zu.
Am 19. Oktober 2006 hat der Amtsarzt auf der Grundlage sämtlicher vom Antragsteller (wohl) am 11. September 2006 bei der Antragsgegnerin vorgelegten Befundunterlagen ausgeführt, dass wegen der Osteoporose auf eine gemischte eine abwechslungsreiche Vollkost zu achten sei. Insbesondere sei ausreichend Calcium und Vitamin D zuzuführen. Üblicherweise wird eine tägliche Zufuhr an reinem Calcium von 1000 bis 1200 mg in Kombination mit Vitamin D3 empfohlen – wie dies auch der Antragsteller ausführt. Dass vom Antragsteller bevorzugte Kombinationspräparat Osteoplus enthält 1000 mg Calcium und die entsprechende Vitamin D3 Dosis und deckt – zusammen mit der empfohlenen Ernährung – den Tagesbedarf. Die Packungsgröße N3 enthält 100 Tabletten, die drei Monate ausreichen und kostet – nach der Ermittlung des Senats (www.medvergleich.de) zwischen 30,50 EUR und 45,40 EUR. Dies bedeutet, dass mit einen Aufwand von 10 bis 15 EUR monatlich die bei der Diagnose Osteoporose empfohlene Nahrungsergänzung sichergestellt werden kann.
Im Hinblick auf die weiteren in der Anlage zum Schriftsatz vom 6. November 2006 geltend gemachten Nahrungsergänzungsmittel, Vitamin B wegen der Polyneuropathie sowie anderer Produkte wegen des erhöhten Cholesterinspiegels, besteht ebenfalls kein Anordnungsanspruch.
Eine Hyperlipidanämie, die eine Sonderkost und damit verbundenen Ernährungsmehraufwand auslösen kann, wurde nicht einmal diagnostiziert. Die erhöhten Werte des Lipidstoffwechsels ergeben sich zwar aus den im September 2006 vorgelegten Laborwerten, jedoch hat der behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin J. in der ärztlichen Bescheinigung vom 11. September 2006 keine entsprechende Diagnose gestellt und die Notwendigkeit einer lipidsenkenden Kost nicht bescheinigt. Auch der Amtsarzt, dem die Unterlagen vorlagen, hat in seiner Stellungnahme vom 19. Oktober 2006 keine Angaben zum Fettstoffwechsel gemacht und eine lipidsenkende Kost auch nicht befürwortet.
Dasselbe gilt im Ergebnis für die als Diagnose vom Hausarzt zwar bestätigte Polyneuropathie, für die er eine besondere Krankenkost jedoch nicht für notwendig erklärt hat. Zudem ist diese Diagnose in den regelmäßig von den Sozialhilfeträgern angewandten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge aus dem Jahr 1997 nicht erwähnt, was bedeutet, dass sie (üblicherweise) nicht mit einer besonderen kostenaufwändigen Ernährung verbunden ist. Auch die amtsärztliche Stellungnahme enthält wegen der Diagnose Polyneuropathie keine besondere Ernährungsempfehlung.
Im Übrigen ist zu den vom Antragsteller geltend gemachten "Zusatzmedikamenten" auszuführen, dass sie grundsätzlich nicht als Mehrbedarf berücksichtigt werden können, denn nach § 30 Abs. 5 SGB XII besteht ein Anspruch auf einen Mehrbedarf in angemessener Höhe aus medizinischen Gründen nur in den Fällen, in denen der Hilfebedürftige einer kostenaufwändigen Ernährung bedarf. Vorliegend macht der Antragsteller indes nicht die Kosten einer aufwändigeren Ernährung, sondern diejenigen von Medikamenten bzw. Nahrungsergänzungsmitteln geltend, die somit grundsätzlich der gesetzlichen Regelung nicht unterfallen.
Soweit nichtverschreibungspflichtige Medikamente von der Versorgung durch die gesetzliche Krankenversicherung ausgeschlossen sind, liegt der entsprechenden Regelung in § 34 Abs. 1bis 4 SGB Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) das Wirtschaftlichkeitsgebot zugrunde. Es sollen Fälle erfasst werden, in denen die Übernahme der Kosten durch die Versicherten selbst zumutbar ist, weil diese üblicherweise bei geringfügigen Störungen verordnet bzw. vom Versicherten ohne ärztliche Verordnung im Wege der Selbstmedikation in der Apotheke gekauft werden (vgl. Hess in Kasseler Kommentar, Stand 11/2006, Band I SGB V, § 34 RN 2) Grundsätzlich werden Krankenversicherte zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung mit apothekenpflichtigen Arznei- und Verbandsmitteln, Heilmitteln und Hilfsmittel versorgt. Der grundsätzlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers, oftmals kostenintensive nicht verschreibungspflichtige Medikamente nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen, würde es widersprechen, wenn diese Kosten von anderen Leistungsträgern übernommen würden. Dies erscheint nur in engbegrenzten Ausnahmefällen, wie bei schwerwiegenden bis lebensbedrohlichen Erkrankungen sowie bei schwer-wiegenden Einschränkungen durch fehlende Hilfsmittel denkbar.
Insoweit handelt es sich im Fall des Antragstellers allenfalls bei der Diagnose Osteoporose (aufgrund der bereits aufgetretenen Folgeerkrankungen) um eine so schwerwiegende Erkrankung, die es rechtfertigen könnte, die grundsätzliche Wertentscheidung des Gesetzgebers in § 34 SGB V mit Hilfe des Sozialhilferechts (SGB XII) zu umgehen. Hierfür erhält der Antragsteller indes bereits kostendeckende Leistungen. Für die Übrigen hier im Rahmen des Beschwerdeverfahrens geltend gemachten Erkrankungen ist nicht glaubhaft gemacht, dass es sich um vergleichbar schwerwiegende Erkrankungen handelt.
Auch im Hinblick auf den geltend gemachten Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 4 SGB XII besteht kein Anordnungsanspruch. Adressaten dieser Regelung sind "behinderte Menschen in Ausbildung"; sie erhalten Mehrbedarfsleistungen, wenn sie das 15. Lebensjahr vollendet haben und ihnen Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII gewährt wird.
Der Antragsteller erhält weder Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung (§ 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII) noch Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf (§ 54 Abs. 1 Nr. 2 SGB XII, auch Leistungen zur Hilfe zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit (§ 54 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII) wurden ihm nicht bewilligt. Es ist nicht ausreichend, dass möglicherweise ein Anspruch auf Eingliederungshilfemaßnahmen besteht, maßgeblich ist allein der tatsächliche Erhalt entsprechender Leistungen (vgl. Grube in Grube/Warendorf, a.a.O. § 30 RN 40). Zudem muss es sich um Leistungen des Sozialhilfeträgers handeln (vgl. W. Schellhorn a.a.O. § 30 RN 23). Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ist der gesetzliche Wortlaut in § 30 Abs. 4 SGB XII eindeutig und bedarf keiner erweiternden Auslegung. Er gilt für einen engumrissenen Personenkreis, der die drei Tatbestandsmerkmale kumulativ erfüllen muss. Die gesetzliche Formulierung "Eingliederungshilfemaßnahmen nach § 54 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 SGB XII" kann nicht auf alle Eingliederungshilfeleistungen nach § 54 Abs. 1 SGB XII oder den tatsächlichen Erhalt eingliederungshilfeähnlicher Maßnahmen ausgedehnt werden. Es gibt weder Anhaltspunkte für ein gesetzgeberisches Versehen noch für eine ansonsten bestehende Regelungslücke oder sachwidrige Ungleichbehandlung. Ein sachlicher Grund für die vom Prozessbevollmächtigten gewünschte Auslegung über den Normtext hinaus ist nicht ersichtlich. Im Übrigen stellt der Umstand, dass der Antragsteller psychologische Hilfe (möglicherweise in Form einer Selbsthilfegruppe) des Freundeskreises "Suchtkrankenhilfe bei der Stadtmission e.V." erhält, keine durch den Sozialhilfeträger gewährte Leistung nach § 33 SGB IX dar. Zudem ist nicht ersichtlich, dass diese Hilfe – wie die normierten Fälle üblicherweise des behinderten Menschen in Ausbildung – eine vergleichbare Mehrbedarfslage auslöst.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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