L 4 P 11/06

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 9 P 58/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 P 11/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Pflegebedarf eines Kindes
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 11. Mai 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2005 werden abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt dem Kläger vom 1. August 2005 bis zum 31. Mai 2006 Pflegegeld nach der Pflegestufe II zu gewähren. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zu 9/10 zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch um die Zuerkennung der Pflegestufe II für den Zeitraum vom 9. März 2005 bis zum 31. Mai 2006.

Der im Jahr 2002 geborene Kläger ist bei der Beklagten familienversichert. Mit Bescheid vom 22. Januar 2004 bewilligte ihm die Beklagte ab dem 1. November 2003 Pflegegeld nach der Pflegestufe I. Am 9. März 2005 beantragte er über seine gesetzliche Vertreterin die Erhöhung seiner Pflegestufe. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenver-sicherung ZAK Pflege (MDK). Nach dem Gutachten der Pflegefachkraft K. vom 2. Mai 2005 (Untersuchung/Hausbesuch vom 18. April 2005) bewohnt der Kläger mit seiner Mutter und einem drei Jahre älteren Bruder eine Dreiraumwohnung in der dritten Etage ohne Fahrstuhlzugang. Ein Mal pro Woche nimmt er an einer Krankengymnastik in B. (Vojta-Therapie) teil und wird zusätzlich zu Hause von seiner Mutter drei Mal täglich krankengymnastisch behandelt. Es bestehen bei ihm ein Bewegungsdefizit mit Spastiken der oberen und unteren Gelenke nach frühkindlichem Hirnschaden, eine Hüftgelenksdeformation rechts sowie eine schlaffe Rückenmuskulatur und eine Schielstellung des linken Auges. Nach den Feststellungen der Gutachterin kann er weder sitzen noch krabbeln und sich nur mühsam von der Rückenlage aus nach vorn drehen. Er trägt beidseits Bein-Hüft-Orthesen. Das Anheben der Beine im Liegen ist ihm nur begrenzt möglich. Im Liegen kann er noch den Schnuller ergreifen, in den Mund stecken und herausziehen sowie größere Gegenstände fassen. Stehversuche sind ihm nur mit Anleitung auf den Zehenspitzen möglich. Ferner besteht eine Harn- und Stuhlinkontinenz sowie eine Schluckstörung. Daneben schwitzt er stark und hat vermehrten Speichelfluss. Die Gutachterin schätzte den Zeitaufwand für die Grundpflege auf 105 Minuten und den für Hauswirtschaft auf 26 Minuten ein.

Mit Bescheid vom 4. Mai 2005 lehnte die Beklagte eine Höherstufung auf die Pflegestufe II ab. Hiergegen legte der Kläger am 23. Mai 2005 Widerspruch ein und machte geltend: Der Grundpflegebedarf sei höher als 105 Minuten. Nur für die Vojta-Therapie benötige die Kindesmutter als Pflegeperson schon insgesamt 75 Minuten. Fast jeden Monat müsse er zur ärztlichen Behandlung und habe aufgrund seiner Einschränkungen einen sehr hohen Pflegebedarf. Die Beklagte beauftragte die Pflegekraft M. (MDK) mit einer weiteren Begutachtung vom 13. Juli 2005 (Untersuchung/Hausbesuch vom 22. Juni 2005), die folgende Feststellungen traf: Die Sauberkeitsentwicklung des Klägers sei unzureichend und erfordere häufigeres Waschen. Der tägliche Bedarf an Grundpflegeverrichtungen gliedere sich wie folgt auf:

I.

Körperpflege (35 Minuten) • Ganzkörperwäsche (7 Minuten fünf mal wöchentlich) • Teilwäsche Oberkörper (2 Minuten) • Teilwäsche Unterkörper (3 Minuten) • Teilwäsche Hände/Gesicht (10 Minuten) • Baden (3 Minuten bei zwei Mal wöchentlich) • Windelnwechseln nach Wasserlassen (6 Minuten) • Windelnwechseln nach Stuhlgang (4 Minuten)

II.

Ernährung (30 Minuten) • Oral (30 Minuten)

III.

Mobilität (41 Minuten) • Ankleiden gesamt (6 Minuten) • Ankleiden Ober- /Unterkörper (3 Minuten) • Entkleiden gesamt (4 Minuten) • Entkleiden Ober-/Unterkörper (2 Minuten) • Gehen (14 Minuten) • Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung (12 Minuten)

Die Hauswirtschaftliche Versorgung sei mit 26 Minuten zu bewerten. Das Gewicht des Klägers habe ca. 14 kg bei einer Größe von 90 cm betragen.

Nach Auffassung der Gutachterin seien der Zeitaufwand für die Grundpflege mit 106 Minuten und der Zeitaufwand für die Hauswirtschaft mit 26 Minuten zu bewerten. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 2005 wies die Beklagte den Widerspruch unter Hinweis auf dieses Gutachten zurück.

Dagegen hat der Kläger am 19. August 2005 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben, sein Begehren weiterverfolgt und geltend gemacht: Er benötige Pflege rund um die Uhr. Zur Glaubhaftmachung hat er eine Pflegetabelle vorgelegt, aus der sich sein wöchentlicher Pflegebedarf ergebe. Neben der Vojta-Therapie erhalte er seit August 2005 wöchentlich eine ca. 45-minütige logopädische Therapie, die in Naumburg durchgeführt werde und eine Anfahrt von 25 – 30 Minuten erfordere. Das Sozialgericht hat eine Stellungnahme der integrativen Kindertagesstätte N. vom 18. Oktober 2005 eingeholt. Danach befindet sich der Kläger sei seit dem 1. September 2004 in dieser Einrichtung und benötigt während des gesamten Tagesaufenthaltes individuelle Zuwendung und Hilfe.

Das Sozialgericht hat ferner den Dipl.-Pflegewissenschaftler H. das Gutachten vom 30. Januar 2006 (Untersuchung vom 23. Januar 2006) mit folgenden Feststellungen erstellen lassen: Die motorische Koordination des Klägers sei erheblich gestört. Er sei nicht in der Lage, frei zu sitzen oder zu stehen. Seine geistige und sprachliche Entwicklung sowie seine Sauberkeitsentwicklung seien stark verzögert. Im Juni 2004 seien ihm ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen B, G, A, G und H zuerkannt worden. Die Pflegeperson müsse die notwendigen Verrichtungen jeweils voll übernehmen. Der pflegerische Mehrbedarf bestehe in allen Bereichen der Grundpflege und entspreche dem eines einjährigen gesunden Kindes. Eine vollständige Übernahme aller Verrichtungen sei bei altersentsprechend entwickelten Kindern dieser Alterstufe nicht mehr notwendig. Im Einzelnen setze sich der tägliche Bedarf an Grundpflegeverrichtungen wie folgt zusammen:

I.

Körperpflege (110 Minuten) • Ganzkörperwäsche (11 Minuten vier mal wöchentlich) • Teilwäsche Oberkörper (7 Minuten) • Teilwäsche Unterkörper (7 Minuten) • Teilwäsche Hände/Gesicht (10 Minuten) • Baden (11 Minuten bei drei Mal wöchentlich) • Zahnpflege (6 Minuten) • Kämmen (1 Minute) • Wasserkassen (28 Minuten) • Stuhlgang (1 Minute) • Richten der Kleidung (12 Minuten) • Windelnwechseln nach Wasserlassen (16 Minuten)

II.

Ernährung (85 Minuten) • Mundgerechte Zubereitung (10 Minuten) • Nahrungsaufnahme (oral) 75 Minuten

III.

Mobilität (71 Minuten) • Aufstehen/zu Bett gehen (4 Minuten) • Ankleiden gesamt (12 Minuten) • Ankleiden Ober- /Unterkörper (6 Minuten) • Entkleiden gesamt (8 Minuten) • Entkleiden Ober-/Unterkörper (4 Minuten) • Gehen (10 Minuten) • Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung (17 Minuten)

Der erhöhte Muskeltonus des Klägers erschwere die Körperpflege erheblich, während sein geringes Körpergewicht (16 kg) die Pflege erleichtere. Beide Umstände seien als gleichwertig zu betrachten, so dass sie nicht besonders zu berücksichtigen seien. Es bestehe eine vollständige Harninkontinenz; demgegenüber könne das Kind inzwischen den Stuhlgang kontrollieren. Für die Toilettengänge werde ein Toilettensitz genutzt, der einen zeitlichen Mehraufwand erfordere und mit einer Minute Mehrbedarf pro Vorgang zu berücksichtigen sei. Für die Verrichtung "Richten der Bekleidung" seien sechs Hilfeleistungen am Tag zu berücksichtigen, da für den Morgen und Abend je zwei Verrichtungen bei der Verrichtung An- und Auskleiden zu bewerten seien. Bei einem nicht behinderten Kind seines Alters erfolge die Nahrungsaufnahme selbständig, was bei dem Kläger nicht der Fall sei. Er müsse in der Wohnung getragen werden und habe in der Nacht Durchschlafstörungen. Bei der Ernähung bestehe ein hoher Zeitbedarf, da ihm alles angereicht und mundgerecht zubereitet werden müsse. Für die Hauptmahlzeiten seien dabei 15 bis 20 Minuten (mit Getränkegabe) und für die Zwischenmahlzeiten 5 bis 10 Minuten (mit Getränkegabe) sowie weitere 10 Minuten für Getränkegaben zwischendurch und in der Nacht anzusetzen. Der Hilfebedarf bei der Hauswirtschaft sei pauschal mit 60 Minuten zu bewerten.

Wegen der beschriebenen Entwicklungsstörung und Einschränkungen seiner Fähigkeiten verringere sich sein Pflegebedarf nicht, sondern entspreche dem eines Kindes im Alter von weniger als einem Jahr. Nach den Zeitkorridoren der Begutachtungsrichtlinien werde der Pflegebedarf bei zwei bis dreijährigen Kindern mit 165 bis 150 Minuten und bei drei bis sechsjährigen Kindern mit 150 bis 105 Minuten angegeben. Dies müsse nach Vollendung des dritten Lebensjahres zu einer differenzierten Bewertung führen. Hiernach sei der zu errechnende Pflegemehrbedarf im März 2005 mit 103 Minuten (257 Minuten abzüglich 154 Minuten) und ab dem 23. Oktober 2005 mit 121 Minuten (266 Minuten abzüglich 145 Minuten). Die Pflegestufe 2 sei damit seit Oktober 2005 erreicht.

Hiergegen hat die Beklagte eingewandt: Es bestehe ein Widerspruch zwischen der vom Gutachter geschätzten Wegezeit für die Ganzkörperwäsche sowie für das Baden. Der vom Gutachter vertretene Pflegebedarf für das Wasserlassen mit 28 Minuten sei überhöht. Ausgehend von den Begutachtungsrichtlinien sei hierfür lediglich ein Hilfebedarf von 21 Minuten täglich anzusetzen. Auch die vom Sachverständigen vertretene Pflegezeit für das Richten der Bekleidung sei nur in Höhe von sechs Minuten zu berücksichtigen. Für den Bereich der Mobilität könne ein Mehrbedarf für den Weg zur Logopädischen Praxis nicht berücksichtigt werden. Das Bundes-sozialgericht habe mit Urteil vom 26. November 1998 – B 3 P 13/97 R derartige Leistungen, die keinen Pflegebedarf rechtfertigen, der Rehabilitation zugeordnet. Gleiches gelte für den Zeitaufwand für das Aufsuchen der Physiotherapie. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen müsse der hauswirtschaftliche Pflegebedarf konkret berechnet werden. Ein erhöhter Zeitbedarf bestehe insbesondere für das Waschen und Bügeln der Wäsche. Dies gelte jedoch nicht für die anderen Verrichtungen. Der behauptete Mehrbedarf von insgesamt 60 Minuten sei daher nicht nachvollziehbar.

Die gesetzliche Vertreterin des Klägers hat auf Nachfrage in der öffentlichen Sitzung vom 11. Mai 2006 angegeben: Die Krankengymnastik sei von Frau Dr. H. verordnet und dauere ungefähr 45 Minuten. In dieser Zeit sei sie selbst zeitlich eingebunden, da sie die Übungen nach Anleitung der Physiotherapeutin mit dem Kläger gemeinsam ausführe. Das Bett müsse sie alle ein bis zwei Tage neu beziehen. Dies liege daran, dass der Kläger viel schwitze und ab und zu auch einnässe. Hinzu komme der vermehrte Waschbedarf wegen seines erhöhten Speichelflusses. Die Bekleidung müsse mindestens zweimal täglich gewechselt werden und mache fast täglich eine Wäsche notwendig. Nach dem Waschvorgang werde die Wäsche auf dem Wäscheplatz oder einer Etage oberhalb der Wohnung auf dem Trockenboden aufgehängt. Danach werde diese abgenommen, gebügelt, zusammengelegt und in den Schrank geräumt.

Das Sozialgericht Halle hat die Klage mit Urteil vom 11. Mai 2006 abgewiesen. Entgegen der Auffassung des Sachverständigen sei der Zeitbedarf für das Richten der Kleidung auf sechs Minuten täglich zu kürzen. Bezogen auf den Zeitaufwand für die Verrichtung Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sei von einem höheren Zeitaufwand als 17 Minuten auszugehen. Zu berücksichtigen sei die Wartezeit von 30 Minuten, während der die Pflegeperson keinen anderen Tätigkeiten nachgehen könne. Maßgeblich für diese Verrichtung sei die Frage, ob die Krankengymnastik sowie logopädische Behandlung der Behandlung einer Erkrankung und nicht nur der Stärkung oder Verbesserung der eigenständigen Lebensführung diene. Die häusliche Vojta-Therapie und die Inhalationen seien dagegen als bloße Behandlungspflege nicht zu berücksichtigen. Der Hilfebedarf für die Verrichtung "Baden" von 25 Minuten sei nicht zu beanstanden. Schließlich müsse der Kläger ständig festgehalten werden und habe einen vermehrten Muskeltonus mit Spastiken. Die Begutachtungsrichtlinien seien nach der Ansicht des Bundessozialgerichts (Urteil vom 29. April 1999, B 3 P 7/98) für den Abzug von alterstypischem Pflegebedarf bei gesunden Kindern mangels anderer Erfahrungswerte heranzuziehen. Entgegen der Ansicht des Sachverständigen betrage der hauswirtschaftliche Bedarf jedoch nicht pauschal 60 Minuten, sondern werde von der Kammer wegen des erhöhten Wäschebedarfs und dem vermehrtem Speichel-flusses sowie der zusätzlichen Reinigungsarbeiten auf 25 Minuten eingeschätzt. Während beim Kläger von einer täglichen Wäsche auszugehen sei, sei diese Frequenz bei einem gleichaltrigen gesunden Kind mit zwei Mal wöchentlich anzusetzen. Bei einem Zeitaufwand pro Wäsche von 20 Minuten, ergebe sich ein täglicher Mehrbedarf von 15 Minuten. Für die vermehrten Säuberungsaufgaben sei von maximal 10 Minuten täglich auszugehen.

Der Kläger hat gegen das am 19. Juni 2006 zugestellte Urteil am 30. Juni 2006 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und am gleichen Tage bei der Beklagten einen Höherstufungsantrag gestellt. Die Vorinstanz habe es versäumt, den Mehrbedarf in der hauswirtschaftlichen Versorgung näher aufzuklären. Daneben sei bei der Verrichtung Wäsche auch das Abziehen und das Neubeziehen des Bettes zu berücksichtigen. Dies gelte auch für notwendige Begleitarbeiten wie aufhängen, bügeln und einsortieren.

Im zwischenzeitlich eingeleiteten Verwaltungsverfahren auf Höherstufung hatte die Beklagte die Pflegekraft M. mit der Erstellung eines Pflegegutachtens beauftragt. In dem Gutachten vom 16. August 2006 (Untersuchung/Hausbesuch vom 10. August 2006) hatte diese folgende Bewertungen für die Grundpflege abgegeben:

I.

Körperpflege (43 Minuten) • Ganzkörperwäsche (9 Minuten) • Baden (9 Minuten bei ein Mal wöchentlich) • Zahnpflege (6 Minuten) • Windelnwechseln nach Wasserlassen (20 Minuten) • Windelwechseln nach Stuhlgang (5 Minuten)

II.

Ernährung (99 Minuten) • Mundgerechte Zubereitung (4 Minuten) • Nahrungsaufnahme (oral) 95 Minuten

III.

Mobilität (50 Minuten) • Ankleiden gesamt (12 Minuten) • Ankleiden Ober- /Unterkörper (8 Minuten) • Entkleiden gesamt (10 Minuten) • Entkleiden Ober-/Unterkörper (7 Minuten) • Gehen (5 Minuten) • Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung (8 Minuten)

IV.

Hauswirtschaftliche Versorgung (45 Minuten) • Einkaufen (2 Minuten) • Kochen (7 Minuten) • Reinigen der Wohnung (2 Minuten) • Spülen (7 Minuten) • Wechseln/Waschen der Kleidung und Wäsche (2 Minuten)

Zusammenfassend ergebe sich ein Zeitaufwand für die Grundpflege in Höhe von 192 Minuten und in der Hauswirtschaft von 45 Minuten, so dass ab Juni 2006 die Pflegestufe II zu empfehlen sei.

Mit Bescheid vom 18. August 2006 hatte die Beklagte daraufhin dem Kläger ab dem 1. Juni 2006 Pflegegeld nach der Pflegestufe II bewilligt.

Der Kläger hat den Rechtsstreit im Hinblick auf diesen Bescheid für die geltend ge-machten Ansprüche auf Pflegegeld der Pflegestufe II ab dem 1. Juni 2006 für erledigt erklärt, jedoch die Klage im übrigen aufrechterhalten und ergänzend vorgetragen: Seit Beginn der logopädischen Therapie im August 2005 lasse sich auf der Grundlage des Pflegegutachtens H. ein Grundpflegebedarf von 135,5 Minuten rechtfertigen. Der hauswirtschaftliche Pflegebedarf betrage mindestens 45,5 Minuten täglich. Hierbei sei der vermehrte Speichelfluss des Klägers zu berücksichtigen, der allein 15 Minuten täglich ausmache. Hinzu komme der zusätzliche Zeitaufwand für Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Kleidung und Wäsche Aufhängen und Bügeln. Diese Bewertung werde auch durch die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen gestützt.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 11. Mai 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 2005 aufzuheben und die Beklagte über das Anerkenntnis hinaus zu verurteilen, dem Kläger Pflegegeld nach der Pflegestufe II unter Anrechnung bereits erbrachter Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung der Vorinstanz insbesondere zur hauswirtschaftlichen Versorgung für zutreffend.

Der Berichterstatter hat vom Sachverständigen H. eine ergänzende Stellungnahme vom 15. Mai 2008 zur Frage der hauswirtschaftlichen Pflege eingeholt: Wegen der Neigung des Klägers zum Schwitzen, ständigem Speicheln und Kleckern sei ein Mehrbedarf für Wäsche und Reinigung festzustellen. Gehe man von einem erhöhten Wäscheverbrauch von durchschnittlich zwei zusätzlichen Maschinewäschen und einer Handwäsche pro Woche aus, ergebe sich einschließlich der vor- und nachbereitenden Tätigkeiten, wie Sortieren, Aufhängen, Abnehmen, Bügeln und Einsortieren ein Zeitwert von drei Mal je 70 Minuten, d.h. wöchentlich 210 Minuten. Hinzu kämen täglich weitere Tätigkeiten für erforderliche Reinigungen nach den Mahlzeiten und Getränkegaben von wiederum 210 Minuten pro Woche. Weitere 30 Minuten, entsprechend 4 Minuten täglich, ergäben sich durch erschwerte Wege zum Einkaufen in Folge eines bergigen Wohnumfelds, die jedoch nicht krankheitsbedingt seien. Selbst ohne den letztgenannten Aspekt rechtfertige sich ein konkreter hauswirtschaftlicher Mehrbedarf von 60 Minuten täglich. Am 2. und 10. Juni 2008 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der Beratung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Verwaltungsakten ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) entscheiden, da sich beide Beteiligte hiermit einverstanden erklärt haben.

Die Beklagte sowie die Vorinstanz hat es zu Unrecht abgelehnt, dem Kläger für die Zeit vom 1. August 2005 bis 31. Mai 2006 Leistungen nach der Pflegestufe II zu gewähren. Ihm steht auch für diesen Zeitraum die Pflegestufe II zu.

Der Anspruch auf Pflegeleistungen, insbesondere auf das Pflegegeld nach der Pflegestufe II, ergibt sich aus § 37 Abs. 1 SGB XI i. V. m. den §§ 14, 15 SGB XI. Nach § 37 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der ihnen sonst zustehenden häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Grundvoraussetzung für die Leistungsgewährung ist, dass Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI vorliegt. Pflegebedürftig sind danach Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen.

Schwerpflegebedürftige (Pflegestufe II) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI). Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe II mindestens 180 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege – Körperpflege, Ernährung und Mobilität – mindestens 120 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI).

Aufgrund des gerichtlichen Sachverständigengutachtens und der ergänzenden Stellungnahme des Gutachters vom 15. Mai 2008 steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege ab dem 1. August 2005 bis 31. Mai 2006 mehr als 120 Minuten betragen hat und für diesen Zeitraum auch im Bereich der Hauswirtschaft ein Pflegebedarf von 60 Minuten anzunehmen ist. Die Voraussetzungen für die Pflegestufe II sind damit erfüllt.

Nach dem MDK-Gutachten der Pflegekraft M. vom 13. Juli 2005 (Untersuchung vom 22. Juni 2005) setzt sich der Pflegebedarf wie folgt zusammen:

Körperpflege: Minuten Ganzkörperwäsche Fünf x die Woche 7 Teilw. Oberkörper Täglich 2 Teilw. Unterkörper Täglich 3 Teilwäsche Hände/Gesicht Täglich 10 Baden 2 x die Woche 3 Zahnpflege Entfällt. Kämmen Entfällt. Rasieren Entfällt Wasserlassen Entfällt. Stuhlgang Entfällt Richten der Bekleidung Entfällt. Windelwechsel n. Wasserlassen Täglich 6 Windelwechsel n. Stuhlgang Entfällt. 4 Wechsel kleiner Vorlagen Entfällt. Urinbeutel Wechsel/Leeren Entfällt. Stomabeutel Wechsel/Leeren Entfällt. Zeitbedarf: 35 Ernährung: Mundgerechte Zubereitung Entfällt. Aufnahme der Nahrung Keine Hilfe erforderlich. Oral 5 x täglich 30 Sonderkost Entfällt. Zeitbedarf: 30 Mobilität: Aufstehen/ Zu Bett gehen Keine Hilfe erforderlich. Umlagern Keine Hilfe erforderlich. Ankleiden gesamt 6 Ober-/Unterkörper 3 Entkleiden gesamt 4 Ober-/Unterkörper 2 Gehen 14 Stehen (Transfer) Keine Hilfe erforderlich Treppensteigen Entfällt. Verlassen/ Wiederaufsuchen der Wohnung 12 Zeitbedarf: 41 Zeitaufwand für die Gesamtpflege: 106 Hilfebedarf bei der Hauswirtschaft Minuten Einkaufen Entfällt Kochen 7 Spülen Entfällt Reinigen der Wohnung 4 Wechseln der Bettwäsche und Wäsche der Kleidung 4 Beheizen der Wohnung Entfällt. Zeitaufwand für die hauswirt-schaftliche Versorgung 26

Demgegenüber gelangte der gerichtliche Sachverständige H. für den Untersuchungszeitraum 21. Januar 2006 zu folgender zeitlichen Einschätzung des Pflegebedarfs.

Körperpflege: Minuten Ganzkörperwäsche Vier x die Woche 11 Teilw. Oberkörper Täglich 7 Teilw. Unterkörper Täglich 7 Teilwäsche Hände/Gesicht Täglich 10 Baden 3 x die Woche 11 Zahnpflege 6 Kämmen 1 Rasieren Entfällt Wasserlassen 28 Stuhlgang 1 Richten der Bekleidung 12 Windelwechsel n. Wasserlassen Täglich 16 Windelwechsel n. Stuhlgang Entfällt. Wechsel kleiner Vorlagen Entfällt. Urinbeutel Wechsel/Leeren Entfällt. Stomabeutel Wechsel/Leeren Entfällt. Zeitbedarf: 110 Ernährung: Mundgerechte Zubereitung Entfällt. 10 Aufnahme der Nahrung (oral) 5 x täglich 75 Zeitbedarf: 85 Mobilität: Aufstehen/ Zu Bett gehen 4 Umlagern Keine Hilfe erforderlich. Ankleiden gesamt 12 Ober-/Unterkörper 6 Entkleiden gesamt 8 Ober-/Unterkörper 4 Gehen 10 Stehen (Transfer) 10 Treppensteigen Entfällt. Verlassen/ Wiederaufsuchen der Wohnung 17 Zeitbedarf: 71 Zeitaufwand für die Gesamtpflege: 266 Hilfebedarf bei der Hauswirtschaft Minuten Einkaufen Pauschal Kochen " Spülen " Reinigen der Wohnung " Wechseln der Bettwäsche und Wäsche der Kleidung " Beheizen der Wohnung Entfällt. Zeitaufwand für die hauswirt-schaftliche Versorgung 60

Nach Auffassung des Senats ist im Bereich der Körperpflege ab August 2005 von einem Pflegebedarf von 104 Minuten auszugehen. Der Senat folgt insoweit den Ausführungen des Sachverständigen H ... Dessen Einschätzung ist wegen der besonderen Pflegeerschwernisse des Klägers (Spastiken; Hirnschädigung; Harninkontinenz usw.) nachvollziehbar.

Entgegen dem MDK-Gutachten vom 13. Juli 2005 ist ein Pflegebedarf auch für die Zahnpflege und das Kämmen zu berücksichtigen und die Einschätzungen des Sachverständigen H. insoweit zu übernehmen. Wegen des starken Schwitzens und des erheblichen weiteren Flüssigkeitsverlustes durch vermehrtes Speicheln kann beim Kläger ein erhöhter Flüssigkeitsbedarf und eine entsprechende Flüssigkeitsaufnahme unterstellt werden, der bei bestehender Harninkontinenz einen erhöhten Pflegebedarf gerade beim Wasserlassen rechtfertigt. Die Einschätzung des Sachverständigen H. berücksichtigt diese Besonderheiten, während nach dem MDK-Gutachten nur der Windelbedarf beim Wasserlassen und Stuhlgang beachtet worden ist. Als besonderes Pflegeerschwernis ist auch der für den Kläger notwendige Toilettensitz zu beachten, der wiederholt auf- und abgebaut werden muss und den Zeitbedarf für die jeweilige Verrichtung nochmals erhöht. Zutreffend hat die Vorinstanz für das Richten der Kleidung lediglich 6 Minuten täglich angenommen. Dem gerichtlichen Sachverständigen ist entgegen seinen eigenen Beschreibungen offenbar ein Rechenfehler unterlaufen.

Der Senat folgt den Bewertungen des gerichtlichen Sachverständigen H. auch beim Pflegebedarf für die Ernährung. Das MDK-Gutachten vom 13. Juli 2005 beschränkt sich in diesem Punkt auf die orale Gabe von insgesamt 30 Minuten täglich, was dem tatsächlichen Pflegebedarf des Klägers nicht gerecht wird. Aufgrund seines erheblichen Behinderungsgrades muss die Pflegeperson Nahrungsmittel und Getränke vollständig mundgerecht vorbereiten und zureichen. Der hohe Flüssigkeitsverlust des Klägers durch vermehrtes Schwitzen und Speicheln auch in den Nachtstunden lässt den Rückschluss auf eine vermehrte Flüssigkeitsaufnahme zu und rechtfertigt einen entsprechenden Mehrpflegebedarf. Die Einschätzung des Sachverständigen H., für diese Verrichtung 75 Minuten anzusetzen, ist daher realistisch und nachvollziehbar. Der Senat hält daher insgesamt für den Bereich der Ernährung einen Zeitbedarf der Pflege von 85 Minuten für zutreffend.

Für den Bereich der Mobilität ist angesichts der erheblichen Behinderungen des Klägers in der Beweglichkeit der Gelenke, den beidseits getragenen Orthesen sowie den Spastiken von einem Pflegebedarf von insgesamt 75 Minuten auszugehen. Im MDK-Gutachten vom 13. Juli 2005 wird bereits für das Aufstehen und Zu-Bett-Gehen überhaupt kein Pflegebedarf angenommen, was so nicht nachvollziehbar ist. Der festgestellte hohe Wäschebedarf durch vermehrtes Schwitzen und Speicheln sowie der höhere Zeitbedarf für das Wasserlassen bei vermehrter Flüssigkeitsaufnahme rechtfertigen den vom Sachverständigen H. angenommenen Bedarf für das An- und Ausziehen.

Die Verrichtung "Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung" ist im MDK-Gutachten der Pflegekraft M. vom 13. Juli 2005 unzutreffend mit lediglich 12 Minuten bewertet. Sowohl die Vojta-Therapie als auch die logopädische Therapie seit August 2005 sind ärztlich verordnet und dienen der Behebung oder Besserung einer Krankheit (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 2003 – B 3 P 6/02 R, zitiert nach juris). Beide wöchentlichen Termine, die mit An- und Abfahrten verbunden sind, können mit je 75 Minuten berücksichtigt werden, was einem täglichen Pflegebedarf von 21 Minuten entspricht. Bei der Vojta-Therapie nimmt die Kindesmutter aktiv an der Therapie teil, so dass der volle Zeitrahmen der Therapie zu berücksichtigen ist. Bei der logopädischen Therapie sind die An- und Abfahrt (ca. 60 Minuten) und der vollständige Betreuungsaufwand bis zur Aufnahme der Behandlung einschließlich Wartezeit (mindestens 15 Minuten) zu berücksichtigen und daher ebenfalls mindestens 75 Minuten anzunehmen. Das BSG (Urteil vom 6. August 1998 – B 3 P 17/97 R, zitiert nach juris) zählt die Wartezeit zum berücksichtigungsfähigen Bedarf, weil die Pflegeperson während dieser Zeit im Allgemeinen keiner Tätigkeit nachgehen kann. Dies gilt im Besonderen für den Kläger, der wegen seiner schwersten Behinderungen einer ständigen Beaufsichtigung und Hilfestellung durch seine Mutter bedarf. Nicht zu bewerten ist dagegen der Besuch des Kindergartens, der einer Stabilisierung und Entwicklung der geistigen und körperlichen Kräfte dient und nicht die häusliche Existenz aufrechterhalten soll (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 1999 – B 3 P 7/98 R, zitiert nach juris). Der Zeitbedarf für die Mobilität ist daher seit August 2005 bis 31. Mai 2006 mit 75 Minuten einzuschätzen.

Für den Bereich der Grundpflege ergibt sich damit ein Pflegebedarf von 270 Minuten. Von diesem Pflegebedarf ist jedoch der Anteil abzuziehen, der bei einem gesunden Kind in der Körperpflege, der Ernährung und der Mobilität ohnehin anfallen würde. Zur Feststellung des pflegespezifischen Mehrbedarfs des Versicherten ist die Differenz zwischen dem festgestellten Zeitaufwand für die Grundpflege und dem Zeitaufwand, der üblicherweise bei der Betreuung und Versorgung eines gesunden gleichaltrigen Kindes im Bereich der Grundpflege entsteht, zu ermitteln. Der altersspezifische Pflegeaufwand von normal entwickelten Kindern ist konkret kaum auf die Minute genau festzustellen, da er unter anderem von den individuellen Verhältnissen abhängig ist. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 29. April 1999 – B 3 P 7/98 R, zitiert nach juris) darf in diesem Fall ausnahmsweise auf die in den Begutachtungs-richtlinien (BRi) enthaltenen nicht endgültig evaluierten Erfahrungswerte zurückgegriffen werden (Abschnitt D Teil 5.0 Ziff III 7). Die Spitzenverbände der Pflegekassen haben die dazu bislang vorliegenden empirischen Erfahrungswerte herangezogen und in Form von Zeitrahmen in die BRi aufgenommen (BSG a.a.O.). Hiernach ergibt sich folgender Höchstbedarf an Hilfe für gesunde und alters-entsprechend entwickelte Kinder:

2 – 3 Jahre 3 – 6 Jahre Körperpflege 1 – 0,75 Stunden/Täglich 0,75 Stunden/Tägl. Ernährung 0,75 0,75 – 0,5 Mobilität 1 1 – 0,5

Der Kläger ist ab dem streitigen Zeitraum August 2005 drei Jahre und zwei Monate alt, so dass von den festgestellten 270 Minuten Grundpflege höchstens 150 Minuten, mit abnehmender Tendenz in Höhe von 1,25 Minuten je zusätzlichen Lebensmonat, abzugsfähig sind. Damit überschreitet der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits die erforderliche Grenze von 120 Minuten, die sich bis zum Ende des Bemessungszeitraums am 31. Mai 2006 sogar weiter erhöht hat.

Für den streitigen Zeitraum ist der Pflegebedarf für die hauswirtschaftliche Versorgung auf 60 Minuten einzuschätzen. Zwar ist der Vorinstanz zuzubilligen, dass eine pauschale Einschätzung, wie sie der Sachverständige zunächst vorgenommen hat, nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die Annahme der Vorinstanz, diesen krankheitsbedingten Mehrbedarf mit 25 Minuten zu bewerten (15 Minuten Wäsche + 10 Minuten Reinigung), wird den tatsächlichen Gegebenheiten des vorliegenden Sachverhalts jedoch nicht gerecht. Die häusliche Situation des Klägers (vermehrte Treppengänge aus dem 3. Stock zum Trocken und Aufhängen) sowie die mit jeder Wäsche verbundenen typischen Begleitarbeiten (Vorsortieren, Aufhängen, Abhängen, Bügeln, Zurechtlegen und Weglegen) rechtfertigen pro Wäsche einen Gesamtaufwand von mindestens 70 Minuten je Vorgang. Dem folgt auch der Sachverständige H. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15. Mai 2008. Geht man von einem konkreten Mehrbedarf von drei Wäschen für den Kläger im Vergleich zu einem normal entwickelten Kind je Woche aus, was wegen seines vermehrten Schwitzens, Speichels und Einnässen auch realistisch ist, ergibt sich daraus ein täglicher Mehrbedarf von 30 Minuten (70 Minuten mal 3 geteilt durch 7 Tage). Das ständige Speicheln und Kleckern des Klägers erfordert zudem vermehrte Reinigungsarbeiten in der Wohnung, die der Sachverständige zutreffend mit täglich 30 Minuten bewertet. Wegen dieser beiden Besonderheiten ist in der Verrichtung Hauswirtschaft daher ein konkreter Pflegemehrbedarf von 60 Minuten festzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Soweit der Kläger mit seinem Antrag, ihm die Pflegestufe II bereits ab dem 9. März 2005 zu gewähren, unterlag, war dies bei der Kostenverteilung anteilig zu berücksichtigen.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil es sich um die Entscheidung eines Einzelfalls auf gesicherter rechtlicher Grundlage handelt.

Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe I. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision nur zu, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bundessozialgericht Kassel, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel, einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist beim Bundessozialgericht eingegangen sein. Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen: a) Rechtsanwälte b) Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule mit Befähigung zum Richteramt c) zur Vertretung ihrer Mitglieder und bei einem Handeln durch Personen mit Befähigung zum Richteramt oder durch Diplomjuristen - selbständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung - berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft - Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände oder andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung - Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten d) juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der zu c) genannten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt. Dazu ist ein Handeln durch Personen mit Befähigung zum Richteramt oder Diplomjuristen und die Haftung der Organisation für die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten Voraussetzung. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte oder solche anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Diese Beschäftigten müssen die Befähigung zum Richteramt haben oder Diplomjurist sein. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten schriftlich zu begründen. In der Begründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundessozialgerichts oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von der das Urteil abweicht, oder ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht und eine Verletzung des § 103 SGG nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

II.
Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe
Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch einen Bevollmächtigten der unter I. c) und I. d) genannten Vereinigungen, Gewerkschaften oder juristischen Personen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen. Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären. Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten und ggf. durch den Schreibwarenhandel bezogen werden. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - ggf. nebst entsprechenden Belegen - müssen bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein. Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden. Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.
Rechtskraft
Aus
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