Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 78/02
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 16/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Der 1953 geborene Kläger wandte sich am 31. Januar 2001 an die Berufsge-nossenschaft für Fahrzeughaltungen (BGF) und begehrte die Anerkennung eines wäh-rend eines Praktikums zur Umschulung zum Berufskraftfahrer im Zeitraum von Oktober bis Dezember 1992 erlittenen Unfalls als Arbeitsunfall. Er sei seinerzeit im Auftrag des Geschäftsführers seines Praktikumsbetriebes, der Spedition S. in E. , zum Gü-terverteilungszentrum F. Logistik GmbH & Co. (GVZ) nach B. gefahren, um Stückgut zu laden. Nachdem er dort auf dem Firmengelände an eine Rampe gefahren sei, sei er auf die Ladefläche seines Lkw´s geklettert, die durch den Fahrwind vereist gewesen sei. Daraufhin sei er von der Ladefläche heruntergerutscht und rückwärts auf den Rücken und die Arme gefallen. Er habe die Arbeit fortgesetzt und die Schmerzen nicht weiter beachtet; Arbeitsunfähigkeit habe nicht bestanden. Der Geschäftsführer der Spedition S. , Harry S. , zeichnete die Unfallanzeige des Klägers gegen.
Ergänzend führte der Kläger am 24. April 2001 bzw. 4. Mai 2001 aus: Seine Umschu-lung sei vom 13. Januar 1992 bis zum 13. Januar 1993 erfolgt. Die praktische Ausbil-dung habe er ursprünglich bei dem Schausteller St. Klar in K. (bei L. ) durch-geführt. Da dieser jedoch (während der Umschulung) verstorben sei, sei er dann zur Spedition S. gewechselt. Beim damaligen Unfall habe er sich beide Ellenbogen und den Rücken verstaucht. Zeugen des Ereignisses gebe es keine. Gegenwärtig leide er unter Schmerzen im Bereich beider Ellenbogen und nach einer Operation an einem Taubheits- und Kribbelgefühl bis in die Fingerspitzen. Er fügte den Befund über die von den Fachärzten für Radiologische Diagnostik Dres. G. und H. erstellten und aus-gewerteten Magnetresonanztomographien (MRT) beider Ellenbogen vom 19. Septem-ber 2000 bei, wonach diese im Wesentlichen Reizergüsse in den Gelenken (links mehr als rechts) mit narbigen Veränderungen im Bereich der Nervi ulnarii (Ellennerven) nach Dekompressionsoperationen gefunden hatten.
Herr S. gab gegenüber der BGF auf telefonische Rückfrage am 8. Juni 2001 an, er könne zum Unfall keine Angaben machen. Er habe den Kläger seinerzeit darauf hingewiesen, das Ereignis bei der DEKRA Akademie M. GmbH (DEKRA), die für den theoretischen Umschulungsteil zuständig gewesen sei, zu melden. Bei ihm habe der Kläger seine praktische Ausbildung nur ersatzweise für den eigentlichen Prakti-kumsbetrieb Steffen K. durchgeführt.
Das Arbeitsamt Merseburg bestätigte der BGF am 14. Juni 2001 telefonisch, dass der Kläger vom 13. Januar 1992 bis zum 31. Januar 1993 eine von dort finanzierte Um-schulung absolviert hatte. Arbeitsunfähigkeitszeiten hätten nicht vorgelegen.
Die DEKRA teilte der BGF am 27. Juni 2001 mit, der Kläger habe vom 13. Januar 1992 bis zum 14. Januar 1993 an einer Umschulung zum Berufskraftfahrer teilgenommen. Der praktische Ausbildungsteil sei vom 15. Juni 1992 bis zum 16. November 1992 er-folgt. Ihr liege keine Unfallanzeige vor. In ihren Anwesenheitslisten über die theoreti-sche Ausbildung von Dezember 1992 seien keine Fehltage verzeichnet.
Mit Schreiben vom 7. November 2001 leitete die BGF das Verfahren zuständigkeits-halber an die Beklagte weiter. Diese lehnte mit Bescheid vom 17. Januar 2002 die Ge-währung von Entschädigungsleistungen aus Anlass eines Ereignisses von Dezember 1992 ab. Da nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten und erreichbarer Be-weismittel nicht habe festgestellt werden können, ob bei der beruflichen Tätigkeit des Klägers ein Unfallereignis vorgelegen habe, sei das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nicht mit der geforderten Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 23. Januar 2002 Widerspruch und machte vor allem geltend, er habe den Unfallzeitpunkt nie auf den Monat Dezember 1992 festgelegt. Zudem habe Herr S. den Unfall bestätigt. Anlässlich seiner Ellenbogengelenkope-rationen hätten ihm auch die behandelnden Ärzte gesagt, dass er einen Unfall mit den Armen gehabt haben müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 22. März 2002 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Halle Klage erhoben und vertiefend vorgetragen, er habe den Unfall dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Hal-le sowie auch dem damaligen Klassenleiter bei der DEKRA, Herrn Sch. , gemeldet und in das Klassenbuch eintragen lassen. Außerdem hat er beantragt, Herr S. dar-über als Zeugen zu vernehmen, dass er von ihm einen Fahrauftrag zum GVZ nach Bremen gehabt, ihm den Unfall nach seiner Rückkehr angezeigt und dieser den Unfall (an das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Halle) weitergemeldet habe (Schriftsatz vom 23. Mai 2002).
Das SG hat die Verwaltungsakte der BGF zum Feststellungsverfahren des Vorliegens einer Berufskrankheit nach Nr. 2106 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BK 2106) beigezogen. Durch Anhörungsmitteilung vom 23. November 2004 unterrichtete es die Beteiligten von seiner Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid zu ent-scheiden und gab ihnen Gelegenheit, sich hierzu bis zum 20. Dezember 2004 zu äu-ßern.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Es sei nicht erwiesen, dass der Kläger im Jahre 1992 einen Arbeitsunfall erlitten habe. Wie er selbst angegeben habe, existierten keine Hergangszeugen. Auch wenn unterstellt werde, dass er Herrn S. über einen Un-fall berichtet und einen Eintrag ins Klassenbuch veranlasst habe, sei die tatsächliche Einwirkung eines äußeren Ereignisses bei der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit belegt. Jedenfalls sei kein Ge-sundheits(erst)schaden, der definitionsgemäß zum Begriff des Arbeitsunfalls gehöre, nachgewiesen, wie sich aus den in der beigezogenen Verwaltungsakte enthaltenen medizinischen Unterlagen ergebe. Im Übrigen sei mangels seinerzeit erfolgten Arztbe-suchs und bestehender Arbeitsunfähigkeit auch kein Ursachenzusammenhang zwi-schen dem geltend gemachten Unfall und den aktuellen Beschwerden des Klägers wahrscheinlich.
Gegen den am 25. Januar 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 31. Januar 2005 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und vor-getragen, aufgrund des strittigen Unfalls mache er – gegenüber der BGF – gegenwärtig eine BK 2106 geltend (anhängig unter L 6 U 108/08). Weil die Beweisführung zum Un-fallhergang oftmals schwierig sei, akzeptiere das Bundessozialgericht (BSG) die "gute Möglichkeit” als ausreichendes Beweismaß. Dies habe das SG völlig verkannt. Zudem müsse der Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und dem eingetretenen Körper-schaden nur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen und nicht, wie vom SG gefordert, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Dies sei bei ihm im Hinblick auf das bestehende Ulnariskompressionssyndrom der Fall. Im Übrigen habe das SG nicht durch Gerichtsbescheid entscheiden dürfen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 13. Januar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 26. Februar 2002 aufzuheben und festzustellen, dass ein Ereig-nis zwischen Oktober und November 1992 ein Arbeitsunfall war; hilfsweise, Beweis im Sinne des Schriftsatzes vom 23. Mai 2002 zu erheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre angefochtenen Bescheide und den diese bestätigenden Gerichtsbescheid des SG für zutreffend. Es bleibe nach wie vor beweislos, ob der Kläger einen Unfall erlitten habe.
Der Senat hat von der BGF nochmals deren Verwaltungsakte zur BK 2106 beigezo-gen: In seinem Brief vom 23. April 1999 hatte der Chefarzt der Unfallchirurgie des St. Elisabeth-Krankenhauses H. Dr. W. über die während der stationären Aufent-halte des Klägers vom 28. Oktober bis 3. November 1998 bzw. 16. bis 18. März 1999 mittels Neurolysen (operative Nervenlösungen) und Verlagerungen durchgeführten Dekompressionen des linken und rechten Ellennerven berichtet. Hinweise auf das Vor-liegen der Folgen eines Arbeitsunfallgeschehens oder einer Berufserkrankung hätten sich nicht gefunden. Der Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. N. hatte bei der Röntgenuntersuchung der Ellenbogengelenke am 26. Mai 1998 normal weite Gelenk-spalten und glatte Konturen, keine degenerativen Zeichen sowie eine jeweils regel-rechte Darstellung der Ellennerven im Sulcus (Ellenrinne) ohne knöcherne Verlegung bei insgesamt unauffälliger Struktur der Spongiosa (Knochen) gefunden. Von dem Facharzt für Chirurgie Prof. Dr. Dr. Sch. waren in seinem nach klinischer und rönt-genologischer Untersuchung des Klägers am 17. März 2004 gefertigten Gutachten vom 23. März 2004, welches er vor dem SG in einem parallelen Verfahren erstellt hatte (S 3 RI 325/02), für die Ellenbogengelenke einschließlich der Ellenrinnenbereiche ra-diologisch regelrechte Strukturen und Konturen ohne wesentliche Hinweise auf arthro-tische oder pathologische Veränderungen festgehalten worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteilig-ten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der von der Beklagten und der BGF beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen. Außerdem haben dem Senat die Gerichtsakten des Verfahrens L 6 U 15/05 vorgelegen, in dem der Kläger gegenüber der BGF die Anerkennung eines Unfalls vom 5. November 1982 als Arbeitsunfall be-gehrt hat. Hierzu hat er geltend gemacht, er habe bei diesem Unfall infolge eines Trep-pensturzes eine Kontusion (Prellung) der oberen Extremitäten erlitten, wie sich aus dem von ihm in Kopie vorgelegten Eintrag der Diagnose-Nummer 923 im Sozialversi-cherungsausweis (SV-Ausweis) ergebe. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung des Klägers ist unbe-gründet. Das SG hat sein Begehren, das er gemäß den §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage verfolgen kann (vgl. Bun-dessozialgericht (BSG), Urteil vom 20. März 2007 – B 2 U 19/06 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 23, m.w.N.), zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2002, der auch ein Unfallereignis im Zeitraum von Oktober bis November 1992 erfasst, ist nämlich nicht zu beanstanden und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Denn der Kläger hat in seinem Widerspruch für diese Zeitspanne nicht etwa ein weite-res Unfallgeschehen angeschuldigt, sondern seinen inhaltlich gleich bleibenden Vor-trag nur hinsichtlich des Datums konkretisiert. Sein Begehren ist jedoch in der Sache deshalb nicht erfolgreich, weil nicht nachweisbar ist, dass das geltend gemachte Ereig-nis ein Arbeitsunfall war.
Was zunächst die vom Kläger gerügte Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid anbelangt, kann im Ergebnis offen bleiben, ob die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 SGG nicht vorgelegen haben und dem Kläger dadurch sein gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz entzogen wurde (vgl. dazu BSG, Urteil vom 16. März 2006 – B 4 RA 59/04 R – NZS 2007, 51). Denn auch wenn ein solcher wesentlicher Verfahrensfehler unterstellt würde, macht der Senat von dem ihm dann nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG eingeräumten Ermessen in der Weise Gebrauch, dass er in der Sache entscheidet. Hierbei hat er vor allem berücksichtigt, dass der Rechtsstreit zur abschließenden Entscheidung reif ist, was einer – ohnehin nur als Ausnahme in Betracht kommenden – Zurückverweisung regelmäßig entgegensteht (vgl. näher hierzu Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 159 Rn. 5 ff.).
Da der vom Kläger geltend gemachte Unfall vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten ist, richtet sich der von ihm verfolgte Anspruch auf Aner-kennung des Ereignisses als Arbeitsunfall gemäß § 212 SGB VII noch nach den Vor-schriften der Reichsversicherungsordnung (RVO).
Nach § 548 Abs. 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den eine versicherte Person bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten (versi-cherte Tätigkeit) erleidet. Ein Unfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Kör-per einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt – so die heutige Legaldefinition in § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, die auf die Jahrzehnte alte Definition in Rechtsprechung und Literatur zurückgeht (vgl. BSG, Urteil vom 5. Sep-tember 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, m.w.N.). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach erforderlich, dass die Verrichtung, die der Versicherte zur Zeit des Unfalls ausübt, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem von außen auf den Körper wirkenden Ereignis geführt hat (Unfallkausalität) und dass dieses Unfallereignis einen Gesundheits(erst)schaden verursacht hat (siehe nur BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 14, Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 oder Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar unterstellt der Senat zugunsten des Klägers, dass sich das von ihm für den Zeitraum zwischen Oktober und November 1992 angeschuldigte Unfallereignis tatsächlich so ereignet hat, dass also ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Ersteigen der Ladefläche als unfallbringende Verrich-tung und einer nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO versicherten Tätigkeit des Klägers als Umschüler sowie die Unfallkausalität zwischen diesem Betreten der Ladeflläche des Lkw und dem Herunterrutschen als Unfallereignis gegeben sind. Die vom Kläger hilfs-weise begehrte Beweiserhebung ist daher nicht erforderlich. Ein Arbeitsunfall liegt je-doch deshalb nicht vor, weil es am Nachweis eines erlittenen Gesundheitserstscha-dens fehlt und sich ein mittelbarer Rückschluss auf einen im Herbst 1992 erlittenen Primärschaden auch nicht aus den im Oktober 1998 bzw. März 1999 gesicherten und operativ behandelten Ellennervensyndromen gewinnen lässt.
Ebenso wie die versicherte Tätigkeit und das Unfallereignis muss auch der Gesund-heitserstschaden mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (so genannter Vollbeweis; siehe zu den inhaltlichen Anforderungen dieses Beweis-maßstabes BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2). Für einen solchen fehlt hier jeder Hinweis. Denn ein Beleg für die vom Kläger im April bzw. Mai 2001 behauptete Verstauchung der Ellenbögen anlässlich des angeschuldig-ten Geschehens ist nicht einmal ansatzweise vorhanden. Wie der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 16. April 2009 selbst betont hat, habe er seinerzeit keinerlei Verletzungszeichen wahrgenommen; es sei nichts Erkennbares vorhanden gewesen. Deshalb habe er auch keinen Arzt aufgesucht. Mangels erlittener Verletzun-gen könne auch Herr S. als einziger Zeuge (vom Hörensagen) insoweit keine Aus-kunft geben. Wie auf Grundlage dieser eigenen Angaben des Klägers dann noch der (volle) Beweis eines Gesundheitserstschadens möglich sein soll, ist weder von ihm erklärt worden noch sonst erkennbar.
Auch aus den 1998 und später erhobenen Befunden ergeben sich keine Hinweise, aus denen sich mittelbar auf einen durch den geschehenen Unfall erlittenen Erstschaden im Sinne eines erklärenden Verbindungsgliedes rückschließen lässt. Traumatische Verletzungen der Ellennerven gehören zu den häufigsten Nervenschädigungen an den oberen Extremitäten, wobei sie insoweit vor allem als Begleitschäden von Frakturen auftreten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Abschn. 5.6., S. 317; Tegenthoff in: Fritze/Mehrhoff, Die ärztliche Begut-achtung, 7. Aufl. 2008, S. 220). Eine vollständige knöcherne Unversehrtheit im Bereich der Ellenbogengelenke, insbesondere der Ellenrinnen, ist mithin ein starkes Indiz ge-gen eine massive Gewalteinwirkung durch ein Trauma und deutet darauf hin, dass dieses den Ellennerv nicht weiter hat betreffen können. So liegt es hier. Denn nicht nur Dr. W. hatte in seinem Brief vom 23. April 1999 Anzeichen für eine unfallbe-dingte Entstehung der Kompressionssyndrome verneint. Vielmehr waren bildgebend bereits am 26. Mai 1998 durch Dipl.-Med. N. knöcherne Verlegungen der Ellen-nerven ausdrücklich ausgeschlossen worden. Diesen Befund hatte schließlich auch Prof. Dr. Dr. Sch. am 17. März 2004 bestätigt und ebenso keine pathologischen Veränderungen der Ellenrinnenbereiche beschrieben, die als Folgen eines abgelaufe-nen Traumas aber zu erwarten gewesen wären. Gerade die übereinstimmend und un-abhängig voneinander als regelrecht beurteilten Ellenrinnen sprechen deutlich gegen eine im Wesentlichen traumatische Verursachung des beim Kläger über sechs Jahre nach dem Unfall am linken Ellenbogen gefundenen Nervenschadens.
Da der für einen Zeitraum zwischen Oktober und November 1992 geltend gemachte Unfall nach alledem nicht als Arbeitsunfall festgestellt werden kann, konnte die Beru-fung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Der 1953 geborene Kläger wandte sich am 31. Januar 2001 an die Berufsge-nossenschaft für Fahrzeughaltungen (BGF) und begehrte die Anerkennung eines wäh-rend eines Praktikums zur Umschulung zum Berufskraftfahrer im Zeitraum von Oktober bis Dezember 1992 erlittenen Unfalls als Arbeitsunfall. Er sei seinerzeit im Auftrag des Geschäftsführers seines Praktikumsbetriebes, der Spedition S. in E. , zum Gü-terverteilungszentrum F. Logistik GmbH & Co. (GVZ) nach B. gefahren, um Stückgut zu laden. Nachdem er dort auf dem Firmengelände an eine Rampe gefahren sei, sei er auf die Ladefläche seines Lkw´s geklettert, die durch den Fahrwind vereist gewesen sei. Daraufhin sei er von der Ladefläche heruntergerutscht und rückwärts auf den Rücken und die Arme gefallen. Er habe die Arbeit fortgesetzt und die Schmerzen nicht weiter beachtet; Arbeitsunfähigkeit habe nicht bestanden. Der Geschäftsführer der Spedition S. , Harry S. , zeichnete die Unfallanzeige des Klägers gegen.
Ergänzend führte der Kläger am 24. April 2001 bzw. 4. Mai 2001 aus: Seine Umschu-lung sei vom 13. Januar 1992 bis zum 13. Januar 1993 erfolgt. Die praktische Ausbil-dung habe er ursprünglich bei dem Schausteller St. Klar in K. (bei L. ) durch-geführt. Da dieser jedoch (während der Umschulung) verstorben sei, sei er dann zur Spedition S. gewechselt. Beim damaligen Unfall habe er sich beide Ellenbogen und den Rücken verstaucht. Zeugen des Ereignisses gebe es keine. Gegenwärtig leide er unter Schmerzen im Bereich beider Ellenbogen und nach einer Operation an einem Taubheits- und Kribbelgefühl bis in die Fingerspitzen. Er fügte den Befund über die von den Fachärzten für Radiologische Diagnostik Dres. G. und H. erstellten und aus-gewerteten Magnetresonanztomographien (MRT) beider Ellenbogen vom 19. Septem-ber 2000 bei, wonach diese im Wesentlichen Reizergüsse in den Gelenken (links mehr als rechts) mit narbigen Veränderungen im Bereich der Nervi ulnarii (Ellennerven) nach Dekompressionsoperationen gefunden hatten.
Herr S. gab gegenüber der BGF auf telefonische Rückfrage am 8. Juni 2001 an, er könne zum Unfall keine Angaben machen. Er habe den Kläger seinerzeit darauf hingewiesen, das Ereignis bei der DEKRA Akademie M. GmbH (DEKRA), die für den theoretischen Umschulungsteil zuständig gewesen sei, zu melden. Bei ihm habe der Kläger seine praktische Ausbildung nur ersatzweise für den eigentlichen Prakti-kumsbetrieb Steffen K. durchgeführt.
Das Arbeitsamt Merseburg bestätigte der BGF am 14. Juni 2001 telefonisch, dass der Kläger vom 13. Januar 1992 bis zum 31. Januar 1993 eine von dort finanzierte Um-schulung absolviert hatte. Arbeitsunfähigkeitszeiten hätten nicht vorgelegen.
Die DEKRA teilte der BGF am 27. Juni 2001 mit, der Kläger habe vom 13. Januar 1992 bis zum 14. Januar 1993 an einer Umschulung zum Berufskraftfahrer teilgenommen. Der praktische Ausbildungsteil sei vom 15. Juni 1992 bis zum 16. November 1992 er-folgt. Ihr liege keine Unfallanzeige vor. In ihren Anwesenheitslisten über die theoreti-sche Ausbildung von Dezember 1992 seien keine Fehltage verzeichnet.
Mit Schreiben vom 7. November 2001 leitete die BGF das Verfahren zuständigkeits-halber an die Beklagte weiter. Diese lehnte mit Bescheid vom 17. Januar 2002 die Ge-währung von Entschädigungsleistungen aus Anlass eines Ereignisses von Dezember 1992 ab. Da nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten und erreichbarer Be-weismittel nicht habe festgestellt werden können, ob bei der beruflichen Tätigkeit des Klägers ein Unfallereignis vorgelegen habe, sei das Vorliegen eines Arbeitsunfalls nicht mit der geforderten Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 23. Januar 2002 Widerspruch und machte vor allem geltend, er habe den Unfallzeitpunkt nie auf den Monat Dezember 1992 festgelegt. Zudem habe Herr S. den Unfall bestätigt. Anlässlich seiner Ellenbogengelenkope-rationen hätten ihm auch die behandelnden Ärzte gesagt, dass er einen Unfall mit den Armen gehabt haben müsse.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 22. März 2002 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Halle Klage erhoben und vertiefend vorgetragen, er habe den Unfall dem Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Hal-le sowie auch dem damaligen Klassenleiter bei der DEKRA, Herrn Sch. , gemeldet und in das Klassenbuch eintragen lassen. Außerdem hat er beantragt, Herr S. dar-über als Zeugen zu vernehmen, dass er von ihm einen Fahrauftrag zum GVZ nach Bremen gehabt, ihm den Unfall nach seiner Rückkehr angezeigt und dieser den Unfall (an das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Halle) weitergemeldet habe (Schriftsatz vom 23. Mai 2002).
Das SG hat die Verwaltungsakte der BGF zum Feststellungsverfahren des Vorliegens einer Berufskrankheit nach Nr. 2106 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BK 2106) beigezogen. Durch Anhörungsmitteilung vom 23. November 2004 unterrichtete es die Beteiligten von seiner Absicht, den Rechtsstreit durch Gerichtsbescheid zu ent-scheiden und gab ihnen Gelegenheit, sich hierzu bis zum 20. Dezember 2004 zu äu-ßern.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2005 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: Es sei nicht erwiesen, dass der Kläger im Jahre 1992 einen Arbeitsunfall erlitten habe. Wie er selbst angegeben habe, existierten keine Hergangszeugen. Auch wenn unterstellt werde, dass er Herrn S. über einen Un-fall berichtet und einen Eintrag ins Klassenbuch veranlasst habe, sei die tatsächliche Einwirkung eines äußeren Ereignisses bei der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit belegt. Jedenfalls sei kein Ge-sundheits(erst)schaden, der definitionsgemäß zum Begriff des Arbeitsunfalls gehöre, nachgewiesen, wie sich aus den in der beigezogenen Verwaltungsakte enthaltenen medizinischen Unterlagen ergebe. Im Übrigen sei mangels seinerzeit erfolgten Arztbe-suchs und bestehender Arbeitsunfähigkeit auch kein Ursachenzusammenhang zwi-schen dem geltend gemachten Unfall und den aktuellen Beschwerden des Klägers wahrscheinlich.
Gegen den am 25. Januar 2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 31. Januar 2005 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und vor-getragen, aufgrund des strittigen Unfalls mache er – gegenüber der BGF – gegenwärtig eine BK 2106 geltend (anhängig unter L 6 U 108/08). Weil die Beweisführung zum Un-fallhergang oftmals schwierig sei, akzeptiere das Bundessozialgericht (BSG) die "gute Möglichkeit” als ausreichendes Beweismaß. Dies habe das SG völlig verkannt. Zudem müsse der Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall und dem eingetretenen Körper-schaden nur mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegen und nicht, wie vom SG gefordert, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Dies sei bei ihm im Hinblick auf das bestehende Ulnariskompressionssyndrom der Fall. Im Übrigen habe das SG nicht durch Gerichtsbescheid entscheiden dürfen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Halle vom 13. Januar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 26. Februar 2002 aufzuheben und festzustellen, dass ein Ereig-nis zwischen Oktober und November 1992 ein Arbeitsunfall war; hilfsweise, Beweis im Sinne des Schriftsatzes vom 23. Mai 2002 zu erheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihre angefochtenen Bescheide und den diese bestätigenden Gerichtsbescheid des SG für zutreffend. Es bleibe nach wie vor beweislos, ob der Kläger einen Unfall erlitten habe.
Der Senat hat von der BGF nochmals deren Verwaltungsakte zur BK 2106 beigezo-gen: In seinem Brief vom 23. April 1999 hatte der Chefarzt der Unfallchirurgie des St. Elisabeth-Krankenhauses H. Dr. W. über die während der stationären Aufent-halte des Klägers vom 28. Oktober bis 3. November 1998 bzw. 16. bis 18. März 1999 mittels Neurolysen (operative Nervenlösungen) und Verlagerungen durchgeführten Dekompressionen des linken und rechten Ellennerven berichtet. Hinweise auf das Vor-liegen der Folgen eines Arbeitsunfallgeschehens oder einer Berufserkrankung hätten sich nicht gefunden. Der Facharzt für Orthopädie Dipl.-Med. N. hatte bei der Röntgenuntersuchung der Ellenbogengelenke am 26. Mai 1998 normal weite Gelenk-spalten und glatte Konturen, keine degenerativen Zeichen sowie eine jeweils regel-rechte Darstellung der Ellennerven im Sulcus (Ellenrinne) ohne knöcherne Verlegung bei insgesamt unauffälliger Struktur der Spongiosa (Knochen) gefunden. Von dem Facharzt für Chirurgie Prof. Dr. Dr. Sch. waren in seinem nach klinischer und rönt-genologischer Untersuchung des Klägers am 17. März 2004 gefertigten Gutachten vom 23. März 2004, welches er vor dem SG in einem parallelen Verfahren erstellt hatte (S 3 RI 325/02), für die Ellenbogengelenke einschließlich der Ellenrinnenbereiche ra-diologisch regelrechte Strukturen und Konturen ohne wesentliche Hinweise auf arthro-tische oder pathologische Veränderungen festgehalten worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteilig-ten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der von der Beklagten und der BGF beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen. Außerdem haben dem Senat die Gerichtsakten des Verfahrens L 6 U 15/05 vorgelegen, in dem der Kläger gegenüber der BGF die Anerkennung eines Unfalls vom 5. November 1982 als Arbeitsunfall be-gehrt hat. Hierzu hat er geltend gemacht, er habe bei diesem Unfall infolge eines Trep-pensturzes eine Kontusion (Prellung) der oberen Extremitäten erlitten, wie sich aus dem von ihm in Kopie vorgelegten Eintrag der Diagnose-Nummer 923 im Sozialversi-cherungsausweis (SV-Ausweis) ergebe. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung des Klägers ist unbe-gründet. Das SG hat sein Begehren, das er gemäß den §§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage verfolgen kann (vgl. Bun-dessozialgericht (BSG), Urteil vom 20. März 2007 – B 2 U 19/06 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 23, m.w.N.), zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2002, der auch ein Unfallereignis im Zeitraum von Oktober bis November 1992 erfasst, ist nämlich nicht zu beanstanden und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG). Denn der Kläger hat in seinem Widerspruch für diese Zeitspanne nicht etwa ein weite-res Unfallgeschehen angeschuldigt, sondern seinen inhaltlich gleich bleibenden Vor-trag nur hinsichtlich des Datums konkretisiert. Sein Begehren ist jedoch in der Sache deshalb nicht erfolgreich, weil nicht nachweisbar ist, dass das geltend gemachte Ereig-nis ein Arbeitsunfall war.
Was zunächst die vom Kläger gerügte Entscheidung des SG durch Gerichtsbescheid anbelangt, kann im Ergebnis offen bleiben, ob die Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 SGG nicht vorgelegen haben und dem Kläger dadurch sein gesetzlicher Richter im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz entzogen wurde (vgl. dazu BSG, Urteil vom 16. März 2006 – B 4 RA 59/04 R – NZS 2007, 51). Denn auch wenn ein solcher wesentlicher Verfahrensfehler unterstellt würde, macht der Senat von dem ihm dann nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG eingeräumten Ermessen in der Weise Gebrauch, dass er in der Sache entscheidet. Hierbei hat er vor allem berücksichtigt, dass der Rechtsstreit zur abschließenden Entscheidung reif ist, was einer – ohnehin nur als Ausnahme in Betracht kommenden – Zurückverweisung regelmäßig entgegensteht (vgl. näher hierzu Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 159 Rn. 5 ff.).
Da der vom Kläger geltend gemachte Unfall vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten ist, richtet sich der von ihm verfolgte Anspruch auf Aner-kennung des Ereignisses als Arbeitsunfall gemäß § 212 SGB VII noch nach den Vor-schriften der Reichsversicherungsordnung (RVO).
Nach § 548 Abs. 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den eine versicherte Person bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten (versi-cherte Tätigkeit) erleidet. Ein Unfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Kör-per einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt – so die heutige Legaldefinition in § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, die auf die Jahrzehnte alte Definition in Rechtsprechung und Literatur zurückgeht (vgl. BSG, Urteil vom 5. Sep-tember 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, m.w.N.). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach erforderlich, dass die Verrichtung, die der Versicherte zur Zeit des Unfalls ausübt, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem von außen auf den Körper wirkenden Ereignis geführt hat (Unfallkausalität) und dass dieses Unfallereignis einen Gesundheits(erst)schaden verursacht hat (siehe nur BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 14, Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 oder Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr. 18).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zwar unterstellt der Senat zugunsten des Klägers, dass sich das von ihm für den Zeitraum zwischen Oktober und November 1992 angeschuldigte Unfallereignis tatsächlich so ereignet hat, dass also ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Ersteigen der Ladefläche als unfallbringende Verrich-tung und einer nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO versicherten Tätigkeit des Klägers als Umschüler sowie die Unfallkausalität zwischen diesem Betreten der Ladeflläche des Lkw und dem Herunterrutschen als Unfallereignis gegeben sind. Die vom Kläger hilfs-weise begehrte Beweiserhebung ist daher nicht erforderlich. Ein Arbeitsunfall liegt je-doch deshalb nicht vor, weil es am Nachweis eines erlittenen Gesundheitserstscha-dens fehlt und sich ein mittelbarer Rückschluss auf einen im Herbst 1992 erlittenen Primärschaden auch nicht aus den im Oktober 1998 bzw. März 1999 gesicherten und operativ behandelten Ellennervensyndromen gewinnen lässt.
Ebenso wie die versicherte Tätigkeit und das Unfallereignis muss auch der Gesund-heitserstschaden mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (so genannter Vollbeweis; siehe zu den inhaltlichen Anforderungen dieses Beweis-maßstabes BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 5/05 R – SozR 4-5671 § 6 Nr. 2). Für einen solchen fehlt hier jeder Hinweis. Denn ein Beleg für die vom Kläger im April bzw. Mai 2001 behauptete Verstauchung der Ellenbögen anlässlich des angeschuldig-ten Geschehens ist nicht einmal ansatzweise vorhanden. Wie der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 16. April 2009 selbst betont hat, habe er seinerzeit keinerlei Verletzungszeichen wahrgenommen; es sei nichts Erkennbares vorhanden gewesen. Deshalb habe er auch keinen Arzt aufgesucht. Mangels erlittener Verletzun-gen könne auch Herr S. als einziger Zeuge (vom Hörensagen) insoweit keine Aus-kunft geben. Wie auf Grundlage dieser eigenen Angaben des Klägers dann noch der (volle) Beweis eines Gesundheitserstschadens möglich sein soll, ist weder von ihm erklärt worden noch sonst erkennbar.
Auch aus den 1998 und später erhobenen Befunden ergeben sich keine Hinweise, aus denen sich mittelbar auf einen durch den geschehenen Unfall erlittenen Erstschaden im Sinne eines erklärenden Verbindungsgliedes rückschließen lässt. Traumatische Verletzungen der Ellennerven gehören zu den häufigsten Nervenschädigungen an den oberen Extremitäten, wobei sie insoweit vor allem als Begleitschäden von Frakturen auftreten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Abschn. 5.6., S. 317; Tegenthoff in: Fritze/Mehrhoff, Die ärztliche Begut-achtung, 7. Aufl. 2008, S. 220). Eine vollständige knöcherne Unversehrtheit im Bereich der Ellenbogengelenke, insbesondere der Ellenrinnen, ist mithin ein starkes Indiz ge-gen eine massive Gewalteinwirkung durch ein Trauma und deutet darauf hin, dass dieses den Ellennerv nicht weiter hat betreffen können. So liegt es hier. Denn nicht nur Dr. W. hatte in seinem Brief vom 23. April 1999 Anzeichen für eine unfallbe-dingte Entstehung der Kompressionssyndrome verneint. Vielmehr waren bildgebend bereits am 26. Mai 1998 durch Dipl.-Med. N. knöcherne Verlegungen der Ellen-nerven ausdrücklich ausgeschlossen worden. Diesen Befund hatte schließlich auch Prof. Dr. Dr. Sch. am 17. März 2004 bestätigt und ebenso keine pathologischen Veränderungen der Ellenrinnenbereiche beschrieben, die als Folgen eines abgelaufe-nen Traumas aber zu erwarten gewesen wären. Gerade die übereinstimmend und un-abhängig voneinander als regelrecht beurteilten Ellenrinnen sprechen deutlich gegen eine im Wesentlichen traumatische Verursachung des beim Kläger über sechs Jahre nach dem Unfall am linken Ellenbogen gefundenen Nervenschadens.
Da der für einen Zeitraum zwischen Oktober und November 1992 geltend gemachte Unfall nach alledem nicht als Arbeitsunfall festgestellt werden kann, konnte die Beru-fung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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