Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 1 KR 42/99
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 KR 18/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 10. November 2003 wird aufgehoben, soweit eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von mehr als 51.129,19 EUR ausgesprochen worden ist.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin vier Fünftel und die Beklagte ein Fünftel zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen Vorlage einer unrichtigen Jahresrechnung.
Die 1952 geborene Beklagte wurde von der Klägerin, einer in mehreren Bundesländern tätigen Betriebskrankenkasse, zum 1. Januar 1998 als Regionalleiterin Ost zu einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 12.000 DM eingestellt. Zuvor war die Beklagte als alleiniger Vorstand der Betriebskrankenkasse L. (BKK L.) tätig, die mit Wirkung zum 1. Januar 1998 mit der N. V. Betriebskrankenkasse D. (nachfolgend N.) und weiteren Betriebskrankenkassen zu einer Betriebskrankenkasse, der Klägerin, fusionierte.
Im Rahmen der Fusionsverhandlungen, die im Sommer 1997, vermutlich im Juli/August und zu Beginn noch ohne Kenntnis der Beklagten begonnen hatten, übergaben die Beklagte und Frau H., Abteilungsleiterin Finanzen und Controlling der früheren BKK L., im September 1997 den Vorstandsmitgliedern der N. u. a. eine Ausfertigung der am 2. April 1997 erstellten Jahresrechnung 1996 der BKK L. sowie das entsprechende uneingeschränkte Prüftestat des von der BKK L. beauftragten Landesverbandes der Betriebskrankenkassen N ... Dieser hatte am 17. April 1997 bestätigt, dass die Rechnungsführung nach dem Gesamtergebnis der Prüfung den gesetzlichen und satzungsmäßigen Normen entsprechen, die Haushaltsführung, die Grundsätze und haushaltsrechtlichen Vorschriften berücksichtige und die in der Jahresrechnung 1996 ausgewiesenen aktiven und passiven Vermögensbestände und die Berechnung der beitragspflichtigen Einnahmen (Grundlohnsumme) für den Risikostrukturausgleich lückenlos geprüft worden seien.
Mit Schreiben vom 23. September 1997 bestätigte der Vorstand der N. der Beklagten in ihrer Funktion als Vorstand der BKK L. für den Fall, dass die Selbstverwaltung in einer Fusion der Betriebskrankenkassen zustimmten, unter anderem den Erhalt der bisherigen Standorte der BKK L., die Übernahme des Personals der BKK L., einen Beitragssatz von 13,2% sowie die Übernahme des Defizits der BKK L ... An der Sitzung des Verwaltungsrats der BKK L. am 23. Oktober 1997, in der die Fusion zum 1. Januar 1998 beschlossen wurde, nahmen unter anderen die Klägerin sowie der Vorstand der N., Herr Dr. J., teil. Das Sitzungsprotokoll vom 23. Oktober 1997 lautet auszugsweise wie folgt:
"Frau H. von der BKK L. stellte nochmals klar, dass die Mindereinnahmen und die Kreditaufnahme allein durch den Risikostrukturausgleich bedingt sind. ( ...) der Beitragssatz muss für die neuen Bundesländer gesondert kalkuliert werden und wird mit 13,2% angesetzt ( ...) auf Befragen von Herrn S. teilt Herr Dr. J. mit, dass der Beitragssatz 13,2% auch zur Schuldenabtragung der BKK L. dient. Der Vorstand der BKK L., Frau W., trägt vor, dass der vorläufige Haushaltsplan von 1000 neuen Mitgliedern aufgrund der Beitragssenkungen infolge der beabsichtigten Fusion und den Zahlungen aus dem Risikostrukturausgleich ausgeht ( ...)".
Der Verwaltungsrat der N. fasste den Fusionsbeschluss in seiner Sitzung am 28. Oktober 1997. Im Sitzungsprotokoll heißt es u. a.:
"Die Ausschussmitglieder ließen sich ( ...) bei ihrer Entscheidung sowohl bei den Vereinigung BKK mit Sitz in Rechtskreis West als auch mit denen mit Sitz in Rechtskreis Ost ausschließlich von ihren Strukturdaten leiten".
Die Beratungsvorlage zur Sitzung des Verwaltungsrates der N. Vereinigte Betriebskrankenkasse D. am 28. Oktober 1997 lautet auszugsweise wie folgt:
"Rechtskreis Ost
Die Vereinigungspartner aus den neuen Bundesländern erfüllen mehr oder weniger deutlich unsere Vereinigungsvorgaben. Bedenklich erscheinen auf den ersten Blick hingegen die vorhandenen Passivvermögen zum Jahresende 1996 bei den BKK ( ...) L. mit 9,7 7 Millionen DM, verursacht durch die nachträglichen RSA-Zahlungsverpflichtungen aus den Jahren 1994 und 1995, denen, rückschauend betrachtet, nicht rechtzeitig mit angemessenen Beitragssatzerhöhungen begegnet wurde. Zu dem bilanzierten Passivvermögen ist ergänzend folgendes anzumerken: ( ...)
BKK L.:
Nach Ausbuchung der Verpflichtungen aus der Anschubfinanzierung (= 3,2 Millionen DM) verbleibt ein Passivvermögen von 6,5 Millionen DM. Dieses wird in 1997 nach derzeitigem Kenntnisstand durch den erheblich über dem Bedarf (1996 ohne Spar-Gesetze = 12,55%) liegenden Beitragssatz (14,1%) mehr als ausgeglichen."
Mit Schreiben vom 27. Oktober 1997, das der Beklagten nachrichtlich übersandt wurde, teilte der Vorstand der N. dem Bundesversicherungsamt mit, der ab 1. Januar 1998 nach der Fusion vorgesehene Beitragssatz Ost von 13,2% sei kostendeckend und an Hand der geprüften Jahresrechnung 1996 der vereinigungsbereiten Betriebskrankenkassen im Rechtskreis Ost ermittelt worden. Zuvor hatte der Vorstand der Mitteldeutschen Betriebskrankenkasse in einem an das Bundesversicherungsamt gerichteten Schreiben vom 6. Oktober 1997 unter anderem den damals durch die BKK L. ab 1. Januar 1998 zur Mitgliederwerbung angebotenen Beitragssatz von 13,2 bis 13,5% als nicht bedarfsdeckend bezeichnet. Nachdem die Beklagte von diesem Schreiben Kenntnis erlangt hatte, beschwerte sie sich gegenüber dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates der Mitteldeutschen Betriebskrankenkasse mit Schreiben vom 21. Oktober 1997 unter anderem darüber, dass der Vorstand der Mitteldeutschen Betriebskrankenkasse gegen die beabsichtigte Fusion der BKK L. agiere und deren finanzielle Situation als defizitär bezeichnet habe; dieses Schreiben sandte die Beklagte auch an den Vorstand der N. zur Kenntnisnahme. Mit Schreiben vom 21. November 1997 teilte das Bundesversicherungsamt der N. mit, es bestünden keine Einwände gegen die vorgesehene Beitragssatzgestaltung für den Rechtskreis Ost.
Anfang November 1997 übermittelte die BKK L. der Klägerin auf ihre Anfrage hin eine handschriftliche Hochrechnung der Einnahmen/Ausgaben für das Jahr 1997, die Einnahmen in Höhe von 92.986.659,00 DM, Ausgaben in Höhe von 88.000.830 DM und einen Überschuss in Höhe von 4.156.659,00 DM vorsah. Aufgrund eines Telefonats zwischen dem Finanzvorstand der Klägerin, Herrn M., und Frau H. korrigierte Herr M. die Ausgaben um 2 Millionen DM nach unten und gelangte somit zu einem Überschuss in Höhe von 6,156 Millionen DM. Die endgültige Jahresrechnung 1997 bewies demgegenüber einen Verlust von 2,101 Millionen DM auf.
Nach Erstellung des vorläufigen Rechnungsabschlusses 1997 bat die Klägerin mit Aktennotiz vom 4. März 1998 unter anderem um nähere Erklärung, weshalb bei den Ausgaben an Ärzte eine Steigerung von 19,83%, bei den Ausgaben für Zahnersatz eine von 25,66% und bei den Ausgaben für die Krankenhausbehandlung eine von 20% gegenüber dem Vorjahr eingetragen sei.
Am 30. März 1998 fand in der Geschäftsstelle der Beklagten in L. ein Gespräch zwischen der der Beklagte, Frau H., dem stellvertretenden Vorstand der Klägerin, Herrn M. und dem Bereichsleiter Finanzen/allgemeine Verwaltung der Klägerin, Herrn S., statt. Das über das Gespräch geführte Protokoll, das von allen Beteiligten - unter anderem auch der Beklagten - mit dem abschließenden Vermerk "für die Richtigkeit" unterzeichnet wurde, hat unter anderem folgenden Inhalt:
"Eine gemeinsame Prüfung ergab, dass die zeitliche Rechnungsabgrenzung in 1996 nicht konsequent umgesetzt wurde. Nachstehende in 1997 gebuchte Beträge hätten in 1996 als Verpflichtungen gebucht werden müssen:
Ärztliche Behandlung 553.856,86 DM
Zahnersatz 262.211,81 DM
Arzneikosten 1.311.032,22 DM
Krankenhauskosten 3.568.376,00 DM
Kuren 77.707,65 DM
Mutterschaft 44.104,16 DM
Insgesamt 5.817.288,70 DM.
Dadurch ist das Rechnungsergebnis 1996 um diesen Betrag zu lasten des Rechnungsergebnisses 1997 entlastet worden.
Frau W. gab in diesem Zusammenhang zu Protokoll, dass die Verlagerung der 1996er Verpflichtungen in 1997 dem Zweck diente, einer drohenden Schließung der BKK L. von Amts wegen vorzubeugen. Ein ausgewiesenes Defizit in 1996 in der Größenordnung von zusätzlich rund 5,8 Millionen hätte den Landesverband der Betriebskrankenkassen Ost veranlasst, Antrag auf Schließung der BKK beim Bundesversicherungsamt (Aufsicht) zu stellen."
Noch am 30. März 1998 wurde die Beklagte von ihrer Arbeitsverpflichtung freigestellt und mit Schreiben vom 7. April 1998 fristlos gekündigt. Nach Ausspruch der Kündigung stellte das Bundesversicherungsamt anlässlich einer von der Klägerin beantragten, in der Zeit vom 29. bis 31. Juli 1998 durchgeführten Sonderprüfung nach § 88 SGB IV u. a. folgendes fest:
"In den Haushaltsjahren 1996 und 1997 erfolgten durch die ehemalige BKK L. in großem Umfang keine zeitlichen Rechnungsabgrenzungen vor allem in den Kontengruppen 40 (ärztliche Behandlung), 41 (Zahnärztliche Behandlung, ohne Zahnersatz), 43 (Arznei-, Verbands- und Hilfsmittel aus Apotheken) und 46 (Krankenhausbehandlung).
Dazu sind entweder Rückstellungsbeträge (Schätzungen) nicht ermittelt und gebucht, Zahlungen an den Vertragspartner bewusst erheblich verzögert worden (zum Teil um Monate), bzw. es erfolgten Anfang des Jahres 1997 auf Anweisung des damaligen Vorstandes Eingriffe in das EDV-System, mit denen die automatische zeitliche Rechnungsabgrenzung 1996 zu 1997 außer Kraft gesetzt wurde."
Am 18. Januar 1998 beantragte die Klägerin beim Arbeitsgericht in Naumburg den Erlass eines Mahnbescheides gegen die Beklagte in Höhe von 500.000 DM. Sie bezeichnete den Anspruch mit: ( ...) Schadensersatz wegen Manipulation des Haushalts 1996:
Passivvermögen aus der Jahresrechnung 1997 der BKK L. 11.803.586,35 DM
Differenzbedarfssatz/Beitragssatz 1998 (vorläufig ...) 3.800.000 DM
Insgesamt: 15.603.586,35 DM ( ...)".
Darüber hinaus machte die Klägerin 4% Zinsen auf den geforderten Betrag seit Rechtshängigkeit geltend. Gegen den ihr am 23. Juni 1998 zugestellten Mahnbescheid erhob die Beklagte am 25. Juni 1998 Widerspruch. Mit Beschluss vom 22. Oktober 1998 hat das Arbeitsgericht Naumburg festgestellt, es sei das sachlich zuständige Gericht für die streitige Durchführung des von der Klägerin mit dem Mahnbescheid geltend gemachten Schadensersatzanspruches. Dagegen erhob die Beklagte am 28. Oktober 1998 die sofortige Beschwerde, der das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 10. März 1999 stattgab und den Rechtsstreit zur Durchführung des Schadensersatzanspruchs an das Sozialgericht Halle verwies.
Das zwischenzeitlich durchgeführte Kündigungsschutzverfahren der Beklagten blieb in drei Instanzen erfolglos. Mit Urteil vom 5. April 2001 hat das BAG die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 26. Januar 2000 zurückgewiesen. Das BAG hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass die Beklagte im Rahmen der Fusionsverhandlungen verpflichtet gewesen sei, dem Vorstand der N. die Fehlerhaftigkeit der Jahresrechnung 1996 zu offenbaren, um eine zutreffende Beurteilung der finanziellen Situation der früheren BKK L. zu ermöglichen. Diese Offenbarungspflicht ergebe sich zwar nicht aus einer arbeitsvertraglichen Beziehung, da die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt noch als Vorstand der BKK L. gehandelt hatte. Eine entsprechende vorvertragliche Verpflichtung sei aber jedenfalls daraus abzuleiten, dass das gesamte Personal der BKK L., darunter auch die Beklagte, von der fusionierten Krankenkasse übernommen werden sollte. Durch das Verhalten der Beklagten sei das arbeitsvertragliche Vertrauensverhältnis erheblich belastet worden. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Klägerin infolge der nicht offenbarten Buchungsverlagerungen geschädigt worden sei, wofür aber - im Hinblick auf die zu niedrig kalkulierten Beitragssätze - schon der erste Anschein spreche. Der Umstand, dass die N. selbst keine eingehende Prüfung der finanziellen Verhältnisse der BKK L. vorgenommen, sondern sich auf die von der Beklagten übergebene Jahresrechnung 1996 verlassen habe, entlaste die Beklagte nicht.
Die Klägerin hat vor dem Sozialgericht die Auffassung vertreten, ihr sei ein Schaden wegen der Manipulation der Jahresrechnungsbilanz 1996 bzw. 1997 entstanden, da sie bei den Fusionsverhandlungen mit der ehemaligen BKK L. von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen sei. Erst nach Aufdeckung der Manipulationen habe sich gezeigt, dass die N. durch die Fusion ein wesentlich höheres Passivvermögen übernommen habe, als dies ursprünglich angenommen worden sei. Als Folge der gefälschten Bilanz 1996 sei der Beitragssatz 1998 zu niedrig kalkuliert worden. Unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorgelegten Bilanz 1996 für die BKK L. zum Passivvermögen hätte ein Ausgleich im Laufe des Geschäftsjahres 1997 erfolgen müssen. Der für den Zeitpunkt ab der Fusion ermittelte Beitragssatz von 13,2% für den Rechtskreis Ost sei als Folge des nachträglich festgestellten höheren Passivvermögens nicht mehr kostendeckend gewesen. In Kenntnis des tatsächlichen Passivvermögens aus der Bilanz 1996 wäre es nicht zu einer Fusion mit der BKK L. gekommen. Diese Krankenkasse wäre spätestens zum 31. Dezember 1997 nach § 153 SGB V geschlossen worden, weil ihre Leistungsfähigkeit auf Dauer nicht mehr gesichert war. Bei ordnungsgemäßer Bilanzierung hätten die Satzungsbetriebe der BKK L. bei Schließung der Krankenkasse das Passivvermögen als Gesamtschuldner übernehmen müssen. An Stelle eines vor dem Fusionszeitpunkt kalkulierten und erwarteten Bilanzüberschusses habe das Passivvermögen Ende 1998: 33,8179 Millionen DM betragen. Daraufhin sei eine Beitragserhöhung zum 1. April 1999 von 13,2 auf 13,9% durchgeführt worden. Diese Anhebung habe jedoch nicht ausgereicht, um das Rechnungsergebnis 1999 auszugleichen. Nach einem weiteren Defizit von 5,761 Millionen DM habe das Passivvermögen am Jahresende 1999: 39,515 Millionen DM betragen. Eine weitere Beitragsanhebung sei zum 1. Januar 2000 erfolgt. Mit dem neuen Beitragssatz von 14,2% sei ein Einnahmeüberschuss von 2,562 Millionen erzielt worden, wodurch sich das Passivvermögen zum Jahresende auf 36,988 Millionen DM reduziert habe. Durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Rechtsangleichung in der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 22. Dezember 1999 sei der bisher verschonte Rechtskreis West der Klägerin von den Auswirkungen der Bilanzmanipulationen unmittelbar betroffen mit der Folge, dass der Beitragssatz von bisher 13,3% ab dem erstem Januar 2001 auf 13,9% und ab 1. Januar 2002 auf 14,3% insgesamt habe erhöht werden müssen. Parallel zu den Beitragserhöhungen sei es zu Mitgliederverlusten gekommen, wodurch eine deutliche Schwächung der Finanzkraft eingetreten sei. Angesichts des riesigen Schuldenberges seien kräftigere Beitragserhöhungen notwendig gewesen, die zu katastrophalen Mitgliederverlusten geführt hätten. Seit Anfang Januar 1998 sei es im ehemaligen Rechtskreis Ost bis zum Jahr 2000 zu einem Mitgliederverlust von insgesamt 5707 Mitgliedern gekommen. Dies entspreche 19,2% der ursprünglichen Mitgliederzahl von 29.663. Infolge des Wegfalls der Rechtskreistrennung und der zum 1. Januar 2001 durchgeführten Beitragssatzerhöhung sei es im Rechtskreis West zu einem Mitgliederverlust von 5639 Versicherten in 15 Monaten gekommen. Die Beitragsersatzerhöhungen seien auf die Bilanzmanipulationen der Beklagten zurückzuführen und hätten Auswirkungen auf die verbliebene Versichertengemeinschaft, da in der Regel gesunde Versicherte einen Kassenwechsel bei Beitragssatzerhöhungen vollziehen würden. Insgesamt sei ein Vermögensschaden von 33,8179 Millionen DM per 31. Dezember 1998 entstanden, dem ein weiterer Vermögensschaden von 5,6171 Millionen DM per 31. Dezember 1999 gefolgt sei. Es bestehe ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem aus dem Ereignis gezogenen Vorteil.
Die Beklagte ist der Klage mit dem Vorbringen entgegengetreten, dass von einer möglichen Schließung der BKK L. zu keinem Zeitpunkt schon die Rede gewesen sei. Es hätten keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass ihre Leistungsfähigkeit auf Dauer nicht mehr gesichert gewesen sei. Ein pflichtwidriges Verhalten sei ihr nicht vorzuwerfen. Es bestehe auch kein Kausalzusammenhang zwischen ihrer früheren Tätigkeit als alleiniger Vorstand und den von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen. Der Klägerin sei auch kein Schaden entstanden, denn die tatsächlich und unstreitig entstandenen Ausgaben seien nicht falsch gebucht worden.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 10. November 2003 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 265.645,94 EUR nebst 4% Zinsen ab dem 23. Juni 1998 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angegeben, der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 826 BGB, da die Beklagte mit ihrem Verhalten während der Fusionsverhandlungen gegen die guten Sitten verstoßen habe. Sie habe vorsätzlich der Klägerin nicht die Fehlerhaftigkeit des Jahresabschlusses 1996 offenbart, obwohl sie gewusst habe, dass infolge der Buchungsverlagerungen aus 1996 in 1997 die von der Klägerin für das Jahr 1998 kalkuliertem Beitragssätze zu niedrig ausgewiesen worden seien und daraus der Klägerin beziehungsweise ihrer Versichertengemeinschaft ein finanzieller Schaden erwachsen sei. Nach § 826 BGB komme eine Haftung des alleinigen Vorstandes wegen sittenwidriger Schädigung grundsätzlich in Betracht, wenn er als alleinvertretungsberechtigtes Organ die unter bestimmten Voraussetzungen obliegende Verpflichtung zur Offenbarung der Vermögenslage des Unternehmens verletze. Dabei sei eine Pflicht zur Offenbarung der wirtschaftlichen Lage einer gesetzlichen Krankenkasse unter anderem dann anzunehmen, wenn die Durchführbarkeit des Fusionsvertrages aufgrund schlechter wirtschaftlicher Situationen der Krankenkasse von vornherein schwerwiegend gefährdet sei. Eine solche schwerwiegende wirtschaftliche Situation der BKK L., die die Aufklärung der Klägerin durch die Beklagte erforderlich gemacht habe, ergebe sich insbesondere aus der von der Beklagten selbst eingeräumten Verfehlung im Gesprächsprotokoll vom 30. März 1998. Danach habe sie erklärt, dass die Verlagerung der 1996er Verpflichtungen in 1997 dem alleinigen Zweck gedient habe, einer drohenden Schließung der BKK L. von Amts wegen vorzubeugen. Auch ihre damalige Einlassung, die Ausweisung eines Defizits in 1996 in der Größenordnung von zusätzlich rund 5,8 Millionen DM hätte den Landesverband der Betriebskrankenkassen Ost veranlasst, einen Antrag auf Schließung der BKK L. beim Bundesversicherungsamt zu stellen, belege, dass die BKK L. zum damaligen Zeitpunkt nicht nur wirtschaftlich gefährdet, sondern bei Kenntnis aller Aktiva und Passiva vor der Auflösung gestanden hätte. Die katastrophale Situation bei der BKK L. könne auch aus dem Ergebnis der durchgeführten Sonderprüfung des Bundesversicherungsamtes in der Zeit vom 29. bis 31. Juli 1998 nachvollzogen werden. Spätestens bei der Sitzung des Verwaltungsrates der BKK L. am 23. Oktober 1997, in der die Fusion zum 1. Januar 1998 beschlossen worden sei, hätte die Beklagte die wahre Vermögenslage bei der BKK L. offenbaren müssen. Sie habe gewusst, dass die Klägerin einer Fusion nur unter Berücksichtigung der bis dahin bekannten Schuldenlast der BKK zustimmen würde.
Der Klägerin sei dadurch ein materieller Schaden entstanden, dass nach der Fusion ab 1. Januar 1998 das Passivvermögen für den Rechtskreis Ost bis Ende 1998 auf 33,879 Millionen DM angewachsen sei. In Anbetracht der defizitären Vermögenslage hätten durch den Beitragssatz von 13,2% für den Rechtskreis Ost die zusätzlich in 1997 angefallenen Belastungen nicht mehr aufgefangen werden können. Der materielle Schaden ergebe sich auch daraus, dass die Klägerin nunmehr für Verbindlichkeiten der BKK L. einzutreten habe, die ihr nicht entstanden wären, wenn sie in Kenntnis dieser Umstände die Fusion mit der BKK L. abgelehnt hätte. Es könne dahingestellt bleiben, ob bis Ende 1998 der bezifferbare Schaden in Höhe des Passivvermögens von 33,879 Millionen DM bzw. von 39,55 Millionen DM bis zum Jahresende 1999 eingetreten sei. Denn zumindest in Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzforderung von 265.645,94 EUR sei die Schadenshöhe realistisch, zumal hier zu berücksichtigen sei, dass als Folge der dann zum 1. Januar 1999 notwendig gewordenen Beitragserhöhungen für den Rechtskreis Ost mindestens 5700 Versicherte die Krankenversicherung der Klägerin verlassen hätten. Dadurch sei es zu einer Verringerung der Beitragseinnahmen gekommen.
Dieses Urteil greift die Klägerin mit ihrer Berufung an. Sie macht geltend, dass das Sozialgericht die Voraussetzungen für eine Schadensersatzverpflichtung verkannt habe und auch zu Unrecht von einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB ausgegangen sei. Außerdem habe es das 100prozentige Mitverschulden der vermeintlich geschädigten Klägerin ignoriert. Es sei auch kein Schaden eingetreten. Ein Schaden liege dann vor, wenn die Vermögenslage des Geschädigten unter Berücksichtigung der vermeintlichen Pflichtverletzung ungünstiger sei, als sie sich bei zugedacht pflichtgemäßem Verhalten des "Schädigers" darstellen würde. Zur Feststellung eines etwaigen Schadens und seiner Höhe sei stets ein Vergleich dieser beiden Vermögenslagen vorzunehmen, der selbstverständlich auch die durch die schädigende Handlung entstandenen Vermögensvorteile zu berücksichtigen habe. Ein Schaden habe auch deswegen nicht entstehen können, weil die Klägerin keine Verbindlichkeiten der BKK L. "übernommen" habe. Vielmehr sei es zu einer freiwilligen Vereinigung mehrerer Betriebskrankenkassen gemäß § 150 Abs. 1 SGB V gekommen. Deshalb habe auch die N. alt nicht das Vermögen der BKK L. übernehmen können. Folge einer freiwilligen Vereinigung der Krankenkassen nach § 150 SGB V sei das Entstehen einer neuen Betriebskrankenkasse, die Rechtsnachfolger aller an der Vereinigung beteiligten Krankenkassen werde. Das nunmehr zusammengeschlossene Vermögen der durch freiwillige Vereinigung entstandenen N. neu sei genauso groß wie die Summe der vormaligen Einzelvermögen der an der freiwilligen Vereinigung beteiligten und von der freiwilligen Vereinigung rechtlich unabhängigen Betriebskrankenkassen. Ein Schaden ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beitragssätze der neu entstandenen Betriebskrankenkasse zu niedrig kalkuliert seien. Die Klägerin sei ohne weiteres in der Lage gewesen, den Beitragssatz auf das erforderliche Maß anzuheben, woran sie durch die Beklagte nicht gehindert gewesen sei. Es seien auch sonst keine rechtlichen Hinderungsgründe ersichtlich. Die Tatsache, dass die N. alt der BKK Autozulieferer Z. die "Zusicherung" eines Beitragssatzes von 13,2% gegeben habe, sei kein Hinderungsgrund. Denn auch die BKK Autozulieferer sei ebenso wie die N. alt und die BKK L. in der neuen Betriebskrankenkasse aufgegangen. Zutreffend habe das Landgericht Hannover in seinem Urteil vom 13. Juli 2000 festgestellt, es müsse zumindest berücksichtigt werden, dass eine Senkung des Beitragssatzes auf 13,2% in aller Regel auch positive Wirkung auf den Umsatz habe. Ein niedriger Beitragssatz bewirke nämlich auch den Anstieg der Mitgliederzahlen und damit der Einnahmen. Ferner bestehe keine Kausalität zwischen der vermeintlichen Pflichtverletzung und dem Schaden. Die N. alt sei fest entschlossen gewesen, die Vereinigung auch mit der BKK L. und ihren rund 20.000 Mitgliedern vorzunehmen. Sie hätte sich hiervon durch nichts abhalten lassen. Dies sei daraus zu schließen, dass die N. alt eine Vereinigung mit der BKK L. auf der Grundlage der Jahresrechnung 1996 angestrebt habe, ohne sich für die wirtschaftliche Entwicklung der BKK L. für die Zeit ab 1. Januar 1997 zu interessieren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 10. November 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und verweist auf das zu diesem Zeitpunkt anhängig gewesene Hauptverfahren vor der Zweiten großen Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Halle. In der Sache gehe es der Klägerin lediglich um den Ausgleich des Schadens, der ihr durch die Fusion mit der BKK L. entstanden sei. Dieser Schaden bestehe darin, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin die Schulden der BKK L. zum Stichtag des 1. Januar 1998 mit über 22 Millionen DM übernommen habe. Selbst wenn man lediglich die Schuldzinsen als Schadensposition anerkennen wollte, würden diese Schuldzinsen die Klageforderung bei weitem überschreiten. Demgegenüber dürften die hinzu gewonnenen Versicherten im Rahmen dieses Schadensersatzanspruches nicht mindernd gegengerechnet werden, da deren Beitragszahlungen nach der gesetzlichen Regelung dazu bestimmt seien, die entstehenden Kosten auszugleichen. Gesetzliche Krankenkassen seien nicht zur Maximierung von Gewinnen berufen, sondern hätten lediglich den Auftrag, eine möglichst wirtschaftliche und kostendeckende Versorgung im Bereich der Krankenversicherung sicherzustellen. Ohne das schadensstiftende Ereignis wäre die Fusion unter Einbeziehung der BKK L. nicht zu Stande gekommen, so dass die Klägerin nicht als Rechtsnachfolgerin auch der BKK L. deren Schulden hätte übernehmen müssen. Ferner treffe es zu, dass auf der Grundlage der falschen Jahresrechnung 1996 durch die Klägerin für die Zeit ab 1 Januar 1998 für den Rechtskreis Ost mit 13,2% als allgemeinem Beitragssatz eindeutig ein zu geringer Beitragssatz kalkuliert worden sei. Der tatsächliche Beitragsbedarf habe bei über 14,2% gelegen. Nach Entdeckung der tatsächlichen Finanzsituation sei ein allgemeiner Beitragssatz für den Rechtskreis Ost in Höhe von 14,9% beschlossen worden, den die Aufsichtsbehörde nicht genehmigt, sondern auf 13,9% festgesetzt habe. Ein mögliches Mitverschulden sei hier nicht beachtlich, der Gutgläubigkeit bzw. Leichtgläubigkeit des Betrugsopfers nicht zu einer Minderung des Ersatzanspruches führen dürfe, denn der Straftatbestand des § 263 StGB schützen nicht nur die besonders geschäftsgewandten und erfahrenen, sondern gerade auch die Gut- bzw. Leichtgläubigen.
Mit Urteil vom 1. September 2005 hat die Zweite große Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Halle die wegen Betrugs angeklagte Beklagte aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen freigesprochen. Zum Vermögensnachteil hat das Landgericht in den Gründen ausgeführt, dass ein Wert der BKK L. als Gesamtheit nicht feststellbar sei. Für Betriebskrankenkassen gebe es keinen Marktwert, da es für sie als öffentlich-rechtliche Körperschaften keinen Markt gebe. Auch bei einer Vereinigung von Krankenkassen flössen keine Gelder oder sonstige Leistungen. Es gebe bereits keinen Eigentümer, an den solche Gelder fließen könnten. Auch eine Bewertung der BKK L. nach dem Ertragswertverfahren scheide aus, da die Betriebskrankenkassen nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet seien. Es dürfe auch nicht lediglich auf das tatsächlich vorhandene Passivvermögen der BKK L. abgestellt werden. Die N. alt wie auch die BKK P. hätten sich jeweils bereit erklärt, ein eventuell bestehendes Passivvermögen zum Zeitpunkt der Fusion zu übernehmen. Ein solches Angebot hätten diese Betriebskrankenkassen nicht abgegeben, wenn die Vereinigung mit einer BKK, die einen Überschuss der Passiva ausweise, nicht wirtschaftliche Vorteile ergeben könne. In einer Betriebskrankenkasse seien vielmehr weitere wertbildende Faktoren enthalten, die nicht in der Jahresrechnung erfasst seien, wie etwa Zahl und Ertragskraft der Mitglieder, Leistungserbringerdichte im Tätigkeitsgebiet oder Zusammensetzung der Mitglieder und deren Auswirkung auf den Risikostrukturausgleich, ohne dass sich diese aufgrund eines fehlenden Marktes für Betriebskrankenkassen wertmäßig bestimmen ließen. Eine Vermögensminderung sei nicht feststellbar. Das Vermögen der N. alt müsste gerade durch das irrtumsbedingte Element der Verfügung, die Einbeziehung der BKK L., gemindert sein, da es auch ohne Irrtum auf die BKK N. neu überführt worden wäre. Grundsätzlich sei durch einen Vergleich der Vermögenslage vor und nach der Vermögensverfügung festzustellen, ob eine Vermögensminderung eingetreten sei. Eine Vermögensminderung setzt u. a. voraus, dass der BKK L. insgesamt ein negativer wirtschaftlicher Wert zugekommen sei, da die BKK N. neu nicht etwa nur die Passiva der BKK L. als deren Rechtsnachfolgerin erhalten habe. Ein solcher wirtschaftlicher Wert sei aber nicht bestimmbar. Auch das Einbringen eines geringeren Vermögens als zugesagt stelle keine Vermögensminderung der N. alt oder der BKK N. neu dar. Eine Zusage im Sinne einer vertraglichen oder verpflichtenden Abrede, dass der Schuldenstand der BKK L. zum Fusionszeitpunkt einen gewissen Stand nicht überschreiten werde, habe es nicht gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet.
Das Sozialgericht, und nachfolgend auch das Landessozialgericht, hatten den Rechtsstreit zu entscheiden, weil das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 10. März 1999 (Az. 10 [7] Ta 166/98) rechtskräftig über den zu ihm beschrittenen Rechtsweg entschieden (§ 17a Abs. 1 GVG) und den Rechtsstreit gemäß § 17a Abs. 2 GVG an die Sozialgerichtsbarkeit verwiesen hat. Dieser Beschluss ist hinsichtlich des Rechtswegs bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
Die Klage ist als Leistungsklage gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 46 Abs. 1 und 2 Arbeitsgerichtsgesetz i. V. mit § 253 Zivilprozessordnung (ZPO) zulässig. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Die Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt im Beschluss vom 10. März 1999 (a. a. O.), wonach die sozialrechtliche Rechtsnatur der Streitfrage aus der Haftungsnorm des § 42 Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) folge, wird vom Senat nicht geteilt. Diese Norm regelt die Haftung der Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane gegenüber dem Versicherungsträger für Schäden, die aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der ihnen gegenüber obliegenden Pflichten entsteht (vgl. den Wortlaut des § 42 Abs. 2 SGB IV). Die Beklagte war bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der freiwilligen Vereinigung der Krankenkassen am 1. Januar 1998 als alleiniger hauptamtlicher Vorstand der Betriebskrankenkasse L. tätig. Sie nahm damit die Rechtsstellung eines Organs der Krankenkasse gemäß §§ 31, 35a SGB IV ein. Mit dieser Rechtsstellung war aber die Funktion eines Selbstverwaltungsorgans im Sinne von § 42 Abs. 2 SGB IV nicht verbunden, denn nach § 31 Abs. 3a Satz 1 SGB IV wird (u. a.) bei Betriebskrankenkassen ein Verwaltungsrat als Selbstverwaltungsorgan sowie (daneben) ein hauptamtlicher Vorstand gebildet. Als alleiniger hauptamtlicher Vorstand hat die Beklagte bis zum 31. Dezember 1997 die aus dem Amt des Vorstands erwachsenden Verpflichtungen im Rahmen der ihr durch Dienstvertrag übertragenen Aufgaben wahrgenommen. Dabei ist zu differenzieren zwischen der Organstellung nach § 35a SGB V und dem Anstellungsvertrag (vgl. Balzer, Änderungen des Selbstverwaltungsrechts und des Dienstrechts der gesetzlichen Krankenkassen durch das GSG, NZS 1994, 1 [5]). Während die Organstellung durch Amtsenthebung oder Amtsentbindung gemäß § 35a Abs. 7 SGB IV beendet werden kann, richtet sich die Beendigung des Anstellungsverhältnisses nach den vertraglichen oder arbeitsrechtlichen Grundsätzen. Durch die Möglichkeit, ein Vorstandsmitglied gemäß § 35a Abs. 7 SGB IV seines Amtes zu entheben, darf der gesetzliche Kündigungsschutz in Bezug auf den Dienstvertrag nicht umgangen werden (BAG, Urteil vom 9. Februar 2006, 6 AZR 47/05, zitiert nach juris).
Für die Haftung des Vorstands (vgl. zum Ganzen: Schüller, Die Haftung der Beschäftigten und der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse gegenüber ihrem Arbeitgeber - Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung, NZS 2006, 192 ff.) enthält das SGB IV keine eigenständige Regelung. Deshalb sind für Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane und sonstigen Organmitglieder des Versicherungsträgers unterschiedliche Haftungsgrundlagen heranzuziehen. Für Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane gilt § 42 Abs. 1 und 2 SGB IV, für hauptamtlich tätige Mitglieder des Vorstandes gelten die dienstvertraglichen bzw. arbeitsrechtlichen Grundlagen (ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. März 2007, L 1 A 2763/06, zitiert nach juris). Aus diesen Gründen war nicht nur die Rechtmäßigkeit der ordentlichen Kündigung der Beklagten, sondern auch ihre Verpflichtung zum Schadensersatz nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatz nach Grund und Höhe, begrenzt durch Mitverschulden, auch zu.
Ein unmittelbarer vertraglicher Anspruch besteht nicht. Die Klägerin beansprucht den Ersatz des Schadens, der ihr durch den freiwilligen Zusammenschluss mit der Betriebskrankenkasse L. am 1. Januar 1998 entstanden ist. Sie stützt ihn auf Pflichtverletzungen der Beklagten in dem davor liegenden Zeitraum bis 31. Dezember 1997. Zu dieser Zeit existierte die Klägerin noch nicht und konnte die Beklagte bei ihr auch nicht als Arbeitnehmerin tätig sein. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gesamtrechtsnachfolge ist der Klägerin kein vertraglicher Schadensersatzanspruch zuzusprechen. Die freiwillige Vereinigung der Betriebskrankenkassen gemäß § 150 Abs. 1 und 2 Satz 1 i. V. mit § 144 Abs. 2 bis 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) hatte zur Folge, dass mit Wirkung vom 1 Januar 1998 die bisherigen Krankenkassen geschlossen wurden. Die neue Krankenkasse, die Klägerin, ist in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen eingetreten. Mit dieser gesetzlich geregelten Gesamtrechtsnachfolge (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2003, 6 P 1/03, zitiert nach juris; siehe auch Bieback, Arbeitsrechtliche Probleme der Fusion öffentlich-rechtlicher Körperschaften, ZTR 1998, 396) hat die Klägerin grundsätzlich auch die Ansprüche übernommen, die der untergegangenen BKK L. gegen die Beklagte zugestanden haben. Allerdings hat die Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent solche Ansprüche geltend gemacht. Sie hatte sich ausschließlich auf den Vermögensschaden berufen, der ihr, der neuen Krankenkasse, zum 1. Januar 1998 entstanden ist. Auch bei der Berechnung der Höhe dieses Schadens hat sie sich auf die zu diesem Zeitpunkt und in dem sich daran anschließenden Zeitraum eingetretene Vermögensminderung gestützt. Ausführungen zur Höhe des Schadens, der der BKK L. möglicherweise bis zum 31. Dezember 1997, also unabhängig vom freiwilligen Zusammenschluss der Betriebskrankenkassen, entstanden war, sind der Klage nicht zu entnehmen.
Die Anspruchsvoraussetzungen der gewohnheitsrechtlich geltenden Grundsätze über eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo - c.i.c.) liegen vor. Diese Grundsätze sind anzuwenden, weil nach Art. 229 § 5 Abs. 1 EGBGB für den Rechtsstreit, in dem es um Vertragsverhandlungen im Sommer/Herbst 1997 geht, das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in der Fassung vor dem 1. Januar 2002 gilt. Die Beklagte war für die Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 1998 als Regionalleiterin Ost auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 18. Januar 1998 tätig. Die Vereinbarung eines Arbeitsvertrages war notwendig, weil die Beklagte bis zum 31. Dezember 1997 als hauptamtlicher Vorstand der Betriebskrankenkasse L. beschäftigt war. Diese Organstellung konnte nicht, wie die Beschäftigungsverhältnisse der Bediensteten der BKK L. im Übrigen, gemäß § 144 Abs. 4 SGB V im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin übergehen (BAG, Urteil vom 20. August 1998, 2 AZR 12/98, Abs. 37, zitiert nach juris).
Bei der Anbahnung des Arbeitsverhältnisses wird nach den Grundsätzen der Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ein gesetzliches Schuldverhältnis begründet, das die Parteien einander zur verkehrsüblichen Sorgfalt verpflichtet (BAG, Urteil vom 7. September 1995, 8 AZR 695/94, Abs. 20, zitiert nach juris). Denn aus einem Schuldverhältnis erwachsen einer Vertragspartei nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils (BAG, Urteil vom 14. Juli 2005, 8 AZR 300/04). Diese, nunmehr in § 241 Abs. 2 BGB ausdrücklich normierten Pflichten waren bereits vor Inkrafttreten dieser Norm aus § 242 BGB abgeleitet worden. Diese Pflichten können sich u. a. auch auf Aufklärung richten. Die vertragliche Rücksichtnahmepflicht beinhaltet dabei eine Pflicht zur Aufklärung dahingehend, dass die eine Vertragspartei die andere unaufgefordert über die Umstände informieren muss, die dieser unbekannt, aber für ihre Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Zustandekommen oder der Durchführung des Arbeitsverhältnisses erheblich sind (BAG, Urteil vom 14. Juli 2005, a. a. O., Abs. 32 mit weiteren Nachweisen). Der Schuldner ist dann zur Aufklärung verpflichtet, wenn Gefahren für das Leistungs- oder Integritätsinteresse des Gläubigers bestehen, von denen dieser keine Kenntnis hatte. Das Verschweigen von Tatsachen begründet eine Haftung, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte (Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 242 Rn. 37, § 311 Rn. 42). Dementsprechend hat das BAG anerkannt, dass ein Arbeitgeber, der Vertragsverhandlungen eingeht, bestehende Umstände, gleich welcher Art, die die vollständige Durchführung des Rechtsverhältnisses in Frage stellen können, nicht verschweigen dürfe, soweit sie ihm bekannt sind oder bekannt sein müssen (BAG, Urteil vom 14. Juli 2005, a. a. O.).
Vergleichbare Aufklärungspflichten bestanden hier für die Beklagte. Obwohl sie nicht Arbeitgeberin war, sondern ein Beschäftigungsverhältnis als leitende Angestellte angestrebt hat, hätte sie die Klägerin auf die finanziellen Risiken hinweisen müssen, die aus den unrichtigen Jahresrechnungen für 1996 und auch 1997 für die finanzielle Leistungsfähigkeit der neuen Krankenkasse ab 1. Januar 1998 erwachsen waren. Auf diese Umstände hätte die Beklagte nicht nur wegen der erheblichen finanziellen Auswirkungen, sondern insbesondere auch deshalb hinweisen müssen, weil sie diese Umstände in Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmerin H. selbst pflichtwidrig geschaffen hat. Es steht fest, dass die Klägerin bei der Beschlussfassung über die freiwillige Vereinigung am 23. Oktober 1997 und zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Zusammenschlusses am 1. Januar 1998 sowie auch noch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages mit der Beklagten am 18. Januar 1998 die Höhe der tatsächlichen Verbindlichkeiten der BKK L. am 31. Dezember 1997 nicht kannte. Es steht ferner fest, dass die Beklagte nicht nur maßgeblich an der Verschleierung der tatsächlichen Höhe der Verbindlichkeiten der BKK L. mitgewirkt hat. Sie hat darüber hinaus, was unbestritten und mehrfach gesetzlich festgestellt worden ist (siehe LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26. Januar 2000, 10 [7] Sa 8005/98; deutlicher LG Halle, Urteil vom 1. September 2005, 953 Js 26350/98) am 6. August 1997 den Vorstandsmitgliedern der N. alt Dr. J. und M. die fehlerhafte Jahresrechnung 1996 ausgehändigt, ohne dabei auf das zu niedrig ausgewiesene Passivvermögen hinzuweisen. Auch bei der Sitzung des Verwaltungsrates der BKK L. am 23. Oktober 1997, an der unter anderem Dr. J. teilgenommen hatte, verschwieg die Beklagte die wahre Höhe des Passivvermögens. Dabei wusste sie aufgrund des Schreibens des Vorstands der N. alt vom 23. September 1997, dass im Falle der Vereinigung der Krankenkassen das Personal der BKK L. übernommen werden sollte. Ferner wusste sie, oder hätte es aufgrund ihrer Tätigkeit als hauptamtlicher Vorstand wissen müssen, dass die fehlerhafte Jahresrechnung 1996 Auswirkungen auf den anfänglichen Jahresbeitrag der neuen Krankenkasse für 1998 haben würde. Nachdem auch der Verwaltungsrat der BKK N. alt am 28. Oktober 1997 der Vereinigung zugestimmt hatte und die Fusion am 1. Januar 1998 in Kraft getreten war, hätte die Beklagte die Klägerin über das tatsächliche Passivvermögen aufklären müssen. Spätestens beim Inkrafttreten der Vereinigung wusste sie auch, dass eine vertiefte Prüfung der Vermögenslage der BKK L., wie sie von der BKK P. im Frühjahr 1997 noch vorgenommen worden war, nicht mehr erfolgen würde.
Die tatsächliche Vermögenslage der BKK L. war von erheblicher Bedeutung, weil nach § 220 Abs. 1 SGB V die Mittel für die Krankenversicherung durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufgebracht werden. Ergibt sich während des Haushaltsjahres, dass die Betriebsmittel der Krankenkasse zur Deckung der Ausgaben nicht ausreichen, sind die Beiträge zu erhöhen (§ 220 Abs. 2 SGB V). Auch Anfang 1998 war es deshalb noch dringend geboten, auf die zusätzliche Belastung der neuen Krankenkasse durch das höhere Passivvermögen der untergegangenen BKK L. hinzuweisen. Spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages am 18. Januar 1998 hätte die Beklagte dieser Aufklärungspflicht nachkommen müssen.
Die schuldhafte Verletzung einer bei der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses bestehenden Aufklärungspflicht begründet einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo, wenn sich die verschwiegene Gefahr später realisiert und zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt. Zu ersetzen ist dann der Vertrauensschaden. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn er auf die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages nicht vertraut und sich auf einen Vertragsabschluss gar nicht eingelassen hätte. Der Vertrauensschaden ist nicht auf das Erfüllungsinteresse, d. h. die Vergütung und deren Rückzahlung begrenzt (BAG, Urteil vom 14. Juli 2005, a. a. O., Abs. 32). Die Beklagte hätte aufgrund ihrer exklusiven Kenntnisse von den tatsächlichen Vermögensverhältnissen der BKK L. die Klägerin über die daraus für die zukünftige Entwicklung des Kassenbeitrages folgenden Konsequenzen aufklären müssen. Dies war auch deshalb geboten, weil die Beklagte innerhalb der neuen Krankenkasse eine herausgehobene Position mit dem entsprechend hoher Vergütung bekleiden sollte. Dies rechtfertigt die Anwendung eines hohen Maßstabes bei der Festlegung von Aufklärungspflichten.
Der Schaden besteht auch in Höhe der geltend gemachten Teilforderung von 255.645,94 EUR. Die Klägerin hat den tatsächlichen Schaden auf 33,879 Millionen DM (= 17.322.057 EUR, siehe Schriftsatz vom 20. März 2002, Bl. 462 der Gerichtsakte) beziffert. Der Senat vermag einen Schaden in dieser Höhe nicht nachzuvollziehen. Die Jahresbilanz 1997 der BKK L. wurde durch die unrichtige Jahresrechnung für 1996 mit zusätzlichen Verbindlichkeiten in Höhe von 5.817.288, 70 DM (= 2.974.332,40 EUR) belastet. Diese zusätzliche Belastung ist bei der Beitragsbemessung für den Rechtskreis Ost für das Jahr 1998 nicht berücksichtigt worden. Die N. alt hat mit Schreiben vom 27. Oktober 1997 an das Bundesversicherungsamt den vorgesehenen Beitragssatz von 13,2% als kostendeckend bezeichnet. Den Bedarfssatz für die BKK L. für das Jahr 1998 hat sie dabei mit 12,6% angegeben. Bei ihrer Beitragskalkulation hatte sie für das Jahr 1997 einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben in Höhe von 6.156.659 DM (= 3.147.849,70 EUR) angenommen. Stattdessen hätte sie einen höheren Bedarfssatz annehmen und für 1998 einen höheren Beitragssatz zur Genehmigung durch das Bundesversicherungsamt anmelden müssen. Bei einer Grundlohnsumme von 620 Millionen DM (= 317 Millionen EUR) für die Versicherten der BKK L. hätte der Bedarfssatz für 1998 statt mit 12,55% mit 13,48% angenommen werden müssen (5.817.288 DM entsprechen 0,938% der Grundlohnsumme von 620 Millionen DM). Der Beitragssatz hätte für 1998 daher vom 1. Januar an bei 14,2% liegen müssen, damit den gesetzlichen Vorgaben des § 220 Abs. 1 S. 2 SGB V hätte entsprochen werden können, wonach die Beiträge so zu bemessen sind, dass sie zusammen mit den sonstigen Einnahmen die im Haushaltsplan vorgesehenen Ausgaben und die vorgeschriebene Auffüllung der Rücklage decken. Nach allem ist der Schaden in der Höhe der Differenz zwischen den tatsächlichen Beitragseinnahmen für 1998 und den Einnahmen, wie sie bei Festlegung eines angemessenen Beitragssatzes zu erwarten gewesen wären, anzunehmen.
Die Begrenzung der Höhe des Schadens auf entgangene Beitragseinnahmen schließt es aus, weitere Schadenspositionen zu berücksichtigen. Insbesondere ist der Schaden nicht darin zu sehen, dass die Klägerin in Kenntnis der tatsächlichen Vermögensverhältnisse der BKK L. von einem freiwilligen Zusammenschluss mit dieser Krankenkasse abgesehen und deshalb Verbindlichkeiten in Höhe von weit mehr als 10 Millionen DM nicht übernommen hätte. Es liegen keine zureichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Verwaltungsrat der N. alt bei Offenlegung der tatsächlichen Vermögenslage auf den freiwilligen Zusammenschluss mit der BKK L. verzichtet hätte. Die Fusionsverhandlungen waren offensichtlich von dem starken Wunsch des Vorstands der N. alt getragen, die Fusion in jedem Fall auch mit der BKK L. wegen der für positiv erachteten Versichertenstruktur und der damit verbundenen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der neuen Krankenkasse herbeizuführen. Bei einem Beitragssatz von 14,2% für 1998 gegenüber 14,1% im Jahre 1997 wäre ein solcher Zusammenschluss wahrscheinlich auch wirtschaftlich tragfähig gewesen.
Der durch entgangene Beitragseinnahmen entstandene Schaden ist der Klägerin aber nicht in voller Höhe zuzurechnen. Die Klägerin hat spätestens am 31. März 1998 Kenntnis von der wahren Vermögenslage der BKK L. und der Höhe der zusätzlichen Verbindlichkeiten zum 1. Januar 1998 erlangt. Sie war dann nach § 220 Abs. 2 Satz 2 SGB V verpflichtet, auf eine Anhebung des Beitragssatzes zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Krankenkasse hinzuwirken. Die notwendige Erhöhung der Beiträge wird erforderlichenfalls gemäß § 220 Abs. 2 Satz 3 SGB V durch die Aufsichtsbehörde angeordnet. Eine Bindung an anders lautende kasseninterne Absprachen, den Beitragssatz im Laufe eines Jahres nicht über eine bestimmte Grenze hinaus festzusetzen, ist dem Gesetz nicht entnehmen. Eine solche Bindung wäre im Hinblick auf die sich aus § 220 Abs. 1 Satz 2 SGB V ergebende Verpflichtung der Krankenkasse, die Beiträge so zu bemessen, dass die Ausgaben gedeckt sind, systemwidrig. Spätestens zum 1. Juni 1998 hätte eine Anhebung des Beitragssatzes vollzogen sein können, so dass der Schaden nur in Höhe von 1.239.305,1 EUR der Klägerin zugerechnet werden kann (5.817.288,70 DM geteilt durch 12 Monate ergibt 484.774,05 DM, multipliziert mit 5 Monaten ergibt 2.423.870,20 DM, entsprechend 1.239.305,10 EUR). Die geltend gemachte Teilforderung von 255.645,94 EUR wird folglich überschritten.
Die Verpflichtung zum Schadensersatz ist zu mindern, weil bei der Entstehung des Schadens ein Mitverschulden der Klägerin vorliegt. Sie muss sich das schuldhafte Verhalten der Vorstandsmitglieder Dr. J. und M. gemäß § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB zurechnen lassen. Im Hinblick auf die erhebliche wirtschaftliche Tragweite der geplanten Fusion hätte die Klägerin, bei der die N. alt die treibende Kraft bei den Fusionsverhandlungen war, insbesondere die Vermögensverhältnisse der BKK L. einer genaueren Prüfung unterziehen müssen. Welcher Sorgfaltsmaßstab dabei anzuwenden war, wird aus der Vorgehensweise der BKK P. deutlich, die im August 1997 der BKK L. ein Fusionsangebot unterbreitet hat. Zur Vorbereitung dieses Angebots hatte sie durch ihre Mitarbeiter die wirtschaftliche Situation der BKK L. prüfen lassen und dabei festgestellt, dass es durch die Beklagte sowie die Mitarbeiterin H. zu Fehlern in der Abgrenzung von Rechnungen für die Jahre 1996 und 1997 in Höhe von ca. 2 Millionen DM gekommen war. Die BKK P. hat daraufhin einen entsprechenden Betrag in ihre Berechnungen einbezogen. Eine ähnliche Vorgehensweise war auch bei den Fusionsverhandlungen der N. alt mit der BKK L. erforderlich, so dass sich die Vorstandsmitglieder Dr. J. und M. nicht ausschließlich auf die geprüfte Jahresrechnung 1996 hätte stützen dürfen. Selbst wenn der Klägerin zugestanden werden sollte, dass diese Jahresrechnung durch den Landesverband der Betriebskrankenkassen N. geprüft und für richtig befunden worden war, hätte die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben im Laufe des Jahres 1997 eingehend geprüft werden müssen. Dazu bestand insbesondere deshalb Anlass, weil der Vorstand der Mitteldeutschen Betriebskrankenkasse in einem an das Bundesversicherungsamt gerichteten Schreiben vom 6. Oktober 1997 unter anderem den damals durch die BKK L. ab 1. Januar 1998 zur Mitgliederwerbung angebotenen Beitragssatz von 13,2 bis 13,5% als nicht bedarfsdeckend bezeichnet hat. Nachdem die Beklagte von diesem Schreiben Kenntnis erlangt hatte, beschwerte sie sich gegenüber dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates der Mitteldeutschen Betriebskrankenkasse mit Schreiben vom 21. Oktober 1997 u. a. darüber, dass der Vorstand der Mitteldeutschen Betriebskrankenkasse gegen die beabsichtigte Fusion der BKK L. agiere und deren finanzielle Situation als defizitär bezeichnet habe. Dieses Schreiben sandte die Beklagte auch an den Vorstand der N. zur Kenntnisnahme. Statt auf der Grundlage solcher Anhaltspunkte eine vertiefte Prüfung vorzunehmen, hat es das Vorstandsmitglied M. sogar für zweckmäßig erachtet, von der Mitarbeiterin H. eine handschriftliche Aufstellung über die Haushaltslage 1997 anzufordern und diese, entgegen den Angaben der Mitarbeiterin, auf der Ausgabenseite um 2 Millionen DM nach unten zu korrigieren. Diese Vorgehensweise war in hohem Maße sorgfaltswidrig, hatte unmittelbar Auswirkungen auf die Beitragsfestsetzung für 1998 und führt deshalb zur Anrechnung mitwirkenden Verschuldens in angemessenem Umfang von vier Fünfteln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin vier Fünftel und die Beklagte ein Fünftel zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen Vorlage einer unrichtigen Jahresrechnung.
Die 1952 geborene Beklagte wurde von der Klägerin, einer in mehreren Bundesländern tätigen Betriebskrankenkasse, zum 1. Januar 1998 als Regionalleiterin Ost zu einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 12.000 DM eingestellt. Zuvor war die Beklagte als alleiniger Vorstand der Betriebskrankenkasse L. (BKK L.) tätig, die mit Wirkung zum 1. Januar 1998 mit der N. V. Betriebskrankenkasse D. (nachfolgend N.) und weiteren Betriebskrankenkassen zu einer Betriebskrankenkasse, der Klägerin, fusionierte.
Im Rahmen der Fusionsverhandlungen, die im Sommer 1997, vermutlich im Juli/August und zu Beginn noch ohne Kenntnis der Beklagten begonnen hatten, übergaben die Beklagte und Frau H., Abteilungsleiterin Finanzen und Controlling der früheren BKK L., im September 1997 den Vorstandsmitgliedern der N. u. a. eine Ausfertigung der am 2. April 1997 erstellten Jahresrechnung 1996 der BKK L. sowie das entsprechende uneingeschränkte Prüftestat des von der BKK L. beauftragten Landesverbandes der Betriebskrankenkassen N ... Dieser hatte am 17. April 1997 bestätigt, dass die Rechnungsführung nach dem Gesamtergebnis der Prüfung den gesetzlichen und satzungsmäßigen Normen entsprechen, die Haushaltsführung, die Grundsätze und haushaltsrechtlichen Vorschriften berücksichtige und die in der Jahresrechnung 1996 ausgewiesenen aktiven und passiven Vermögensbestände und die Berechnung der beitragspflichtigen Einnahmen (Grundlohnsumme) für den Risikostrukturausgleich lückenlos geprüft worden seien.
Mit Schreiben vom 23. September 1997 bestätigte der Vorstand der N. der Beklagten in ihrer Funktion als Vorstand der BKK L. für den Fall, dass die Selbstverwaltung in einer Fusion der Betriebskrankenkassen zustimmten, unter anderem den Erhalt der bisherigen Standorte der BKK L., die Übernahme des Personals der BKK L., einen Beitragssatz von 13,2% sowie die Übernahme des Defizits der BKK L ... An der Sitzung des Verwaltungsrats der BKK L. am 23. Oktober 1997, in der die Fusion zum 1. Januar 1998 beschlossen wurde, nahmen unter anderen die Klägerin sowie der Vorstand der N., Herr Dr. J., teil. Das Sitzungsprotokoll vom 23. Oktober 1997 lautet auszugsweise wie folgt:
"Frau H. von der BKK L. stellte nochmals klar, dass die Mindereinnahmen und die Kreditaufnahme allein durch den Risikostrukturausgleich bedingt sind. ( ...) der Beitragssatz muss für die neuen Bundesländer gesondert kalkuliert werden und wird mit 13,2% angesetzt ( ...) auf Befragen von Herrn S. teilt Herr Dr. J. mit, dass der Beitragssatz 13,2% auch zur Schuldenabtragung der BKK L. dient. Der Vorstand der BKK L., Frau W., trägt vor, dass der vorläufige Haushaltsplan von 1000 neuen Mitgliedern aufgrund der Beitragssenkungen infolge der beabsichtigten Fusion und den Zahlungen aus dem Risikostrukturausgleich ausgeht ( ...)".
Der Verwaltungsrat der N. fasste den Fusionsbeschluss in seiner Sitzung am 28. Oktober 1997. Im Sitzungsprotokoll heißt es u. a.:
"Die Ausschussmitglieder ließen sich ( ...) bei ihrer Entscheidung sowohl bei den Vereinigung BKK mit Sitz in Rechtskreis West als auch mit denen mit Sitz in Rechtskreis Ost ausschließlich von ihren Strukturdaten leiten".
Die Beratungsvorlage zur Sitzung des Verwaltungsrates der N. Vereinigte Betriebskrankenkasse D. am 28. Oktober 1997 lautet auszugsweise wie folgt:
"Rechtskreis Ost
Die Vereinigungspartner aus den neuen Bundesländern erfüllen mehr oder weniger deutlich unsere Vereinigungsvorgaben. Bedenklich erscheinen auf den ersten Blick hingegen die vorhandenen Passivvermögen zum Jahresende 1996 bei den BKK ( ...) L. mit 9,7 7 Millionen DM, verursacht durch die nachträglichen RSA-Zahlungsverpflichtungen aus den Jahren 1994 und 1995, denen, rückschauend betrachtet, nicht rechtzeitig mit angemessenen Beitragssatzerhöhungen begegnet wurde. Zu dem bilanzierten Passivvermögen ist ergänzend folgendes anzumerken: ( ...)
BKK L.:
Nach Ausbuchung der Verpflichtungen aus der Anschubfinanzierung (= 3,2 Millionen DM) verbleibt ein Passivvermögen von 6,5 Millionen DM. Dieses wird in 1997 nach derzeitigem Kenntnisstand durch den erheblich über dem Bedarf (1996 ohne Spar-Gesetze = 12,55%) liegenden Beitragssatz (14,1%) mehr als ausgeglichen."
Mit Schreiben vom 27. Oktober 1997, das der Beklagten nachrichtlich übersandt wurde, teilte der Vorstand der N. dem Bundesversicherungsamt mit, der ab 1. Januar 1998 nach der Fusion vorgesehene Beitragssatz Ost von 13,2% sei kostendeckend und an Hand der geprüften Jahresrechnung 1996 der vereinigungsbereiten Betriebskrankenkassen im Rechtskreis Ost ermittelt worden. Zuvor hatte der Vorstand der Mitteldeutschen Betriebskrankenkasse in einem an das Bundesversicherungsamt gerichteten Schreiben vom 6. Oktober 1997 unter anderem den damals durch die BKK L. ab 1. Januar 1998 zur Mitgliederwerbung angebotenen Beitragssatz von 13,2 bis 13,5% als nicht bedarfsdeckend bezeichnet. Nachdem die Beklagte von diesem Schreiben Kenntnis erlangt hatte, beschwerte sie sich gegenüber dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates der Mitteldeutschen Betriebskrankenkasse mit Schreiben vom 21. Oktober 1997 unter anderem darüber, dass der Vorstand der Mitteldeutschen Betriebskrankenkasse gegen die beabsichtigte Fusion der BKK L. agiere und deren finanzielle Situation als defizitär bezeichnet habe; dieses Schreiben sandte die Beklagte auch an den Vorstand der N. zur Kenntnisnahme. Mit Schreiben vom 21. November 1997 teilte das Bundesversicherungsamt der N. mit, es bestünden keine Einwände gegen die vorgesehene Beitragssatzgestaltung für den Rechtskreis Ost.
Anfang November 1997 übermittelte die BKK L. der Klägerin auf ihre Anfrage hin eine handschriftliche Hochrechnung der Einnahmen/Ausgaben für das Jahr 1997, die Einnahmen in Höhe von 92.986.659,00 DM, Ausgaben in Höhe von 88.000.830 DM und einen Überschuss in Höhe von 4.156.659,00 DM vorsah. Aufgrund eines Telefonats zwischen dem Finanzvorstand der Klägerin, Herrn M., und Frau H. korrigierte Herr M. die Ausgaben um 2 Millionen DM nach unten und gelangte somit zu einem Überschuss in Höhe von 6,156 Millionen DM. Die endgültige Jahresrechnung 1997 bewies demgegenüber einen Verlust von 2,101 Millionen DM auf.
Nach Erstellung des vorläufigen Rechnungsabschlusses 1997 bat die Klägerin mit Aktennotiz vom 4. März 1998 unter anderem um nähere Erklärung, weshalb bei den Ausgaben an Ärzte eine Steigerung von 19,83%, bei den Ausgaben für Zahnersatz eine von 25,66% und bei den Ausgaben für die Krankenhausbehandlung eine von 20% gegenüber dem Vorjahr eingetragen sei.
Am 30. März 1998 fand in der Geschäftsstelle der Beklagten in L. ein Gespräch zwischen der der Beklagte, Frau H., dem stellvertretenden Vorstand der Klägerin, Herrn M. und dem Bereichsleiter Finanzen/allgemeine Verwaltung der Klägerin, Herrn S., statt. Das über das Gespräch geführte Protokoll, das von allen Beteiligten - unter anderem auch der Beklagten - mit dem abschließenden Vermerk "für die Richtigkeit" unterzeichnet wurde, hat unter anderem folgenden Inhalt:
"Eine gemeinsame Prüfung ergab, dass die zeitliche Rechnungsabgrenzung in 1996 nicht konsequent umgesetzt wurde. Nachstehende in 1997 gebuchte Beträge hätten in 1996 als Verpflichtungen gebucht werden müssen:
Ärztliche Behandlung 553.856,86 DM
Zahnersatz 262.211,81 DM
Arzneikosten 1.311.032,22 DM
Krankenhauskosten 3.568.376,00 DM
Kuren 77.707,65 DM
Mutterschaft 44.104,16 DM
Insgesamt 5.817.288,70 DM.
Dadurch ist das Rechnungsergebnis 1996 um diesen Betrag zu lasten des Rechnungsergebnisses 1997 entlastet worden.
Frau W. gab in diesem Zusammenhang zu Protokoll, dass die Verlagerung der 1996er Verpflichtungen in 1997 dem Zweck diente, einer drohenden Schließung der BKK L. von Amts wegen vorzubeugen. Ein ausgewiesenes Defizit in 1996 in der Größenordnung von zusätzlich rund 5,8 Millionen hätte den Landesverband der Betriebskrankenkassen Ost veranlasst, Antrag auf Schließung der BKK beim Bundesversicherungsamt (Aufsicht) zu stellen."
Noch am 30. März 1998 wurde die Beklagte von ihrer Arbeitsverpflichtung freigestellt und mit Schreiben vom 7. April 1998 fristlos gekündigt. Nach Ausspruch der Kündigung stellte das Bundesversicherungsamt anlässlich einer von der Klägerin beantragten, in der Zeit vom 29. bis 31. Juli 1998 durchgeführten Sonderprüfung nach § 88 SGB IV u. a. folgendes fest:
"In den Haushaltsjahren 1996 und 1997 erfolgten durch die ehemalige BKK L. in großem Umfang keine zeitlichen Rechnungsabgrenzungen vor allem in den Kontengruppen 40 (ärztliche Behandlung), 41 (Zahnärztliche Behandlung, ohne Zahnersatz), 43 (Arznei-, Verbands- und Hilfsmittel aus Apotheken) und 46 (Krankenhausbehandlung).
Dazu sind entweder Rückstellungsbeträge (Schätzungen) nicht ermittelt und gebucht, Zahlungen an den Vertragspartner bewusst erheblich verzögert worden (zum Teil um Monate), bzw. es erfolgten Anfang des Jahres 1997 auf Anweisung des damaligen Vorstandes Eingriffe in das EDV-System, mit denen die automatische zeitliche Rechnungsabgrenzung 1996 zu 1997 außer Kraft gesetzt wurde."
Am 18. Januar 1998 beantragte die Klägerin beim Arbeitsgericht in Naumburg den Erlass eines Mahnbescheides gegen die Beklagte in Höhe von 500.000 DM. Sie bezeichnete den Anspruch mit: ( ...) Schadensersatz wegen Manipulation des Haushalts 1996:
Passivvermögen aus der Jahresrechnung 1997 der BKK L. 11.803.586,35 DM
Differenzbedarfssatz/Beitragssatz 1998 (vorläufig ...) 3.800.000 DM
Insgesamt: 15.603.586,35 DM ( ...)".
Darüber hinaus machte die Klägerin 4% Zinsen auf den geforderten Betrag seit Rechtshängigkeit geltend. Gegen den ihr am 23. Juni 1998 zugestellten Mahnbescheid erhob die Beklagte am 25. Juni 1998 Widerspruch. Mit Beschluss vom 22. Oktober 1998 hat das Arbeitsgericht Naumburg festgestellt, es sei das sachlich zuständige Gericht für die streitige Durchführung des von der Klägerin mit dem Mahnbescheid geltend gemachten Schadensersatzanspruches. Dagegen erhob die Beklagte am 28. Oktober 1998 die sofortige Beschwerde, der das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 10. März 1999 stattgab und den Rechtsstreit zur Durchführung des Schadensersatzanspruchs an das Sozialgericht Halle verwies.
Das zwischenzeitlich durchgeführte Kündigungsschutzverfahren der Beklagten blieb in drei Instanzen erfolglos. Mit Urteil vom 5. April 2001 hat das BAG die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 26. Januar 2000 zurückgewiesen. Das BAG hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass die Beklagte im Rahmen der Fusionsverhandlungen verpflichtet gewesen sei, dem Vorstand der N. die Fehlerhaftigkeit der Jahresrechnung 1996 zu offenbaren, um eine zutreffende Beurteilung der finanziellen Situation der früheren BKK L. zu ermöglichen. Diese Offenbarungspflicht ergebe sich zwar nicht aus einer arbeitsvertraglichen Beziehung, da die Klägerin zum damaligen Zeitpunkt noch als Vorstand der BKK L. gehandelt hatte. Eine entsprechende vorvertragliche Verpflichtung sei aber jedenfalls daraus abzuleiten, dass das gesamte Personal der BKK L., darunter auch die Beklagte, von der fusionierten Krankenkasse übernommen werden sollte. Durch das Verhalten der Beklagten sei das arbeitsvertragliche Vertrauensverhältnis erheblich belastet worden. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Klägerin infolge der nicht offenbarten Buchungsverlagerungen geschädigt worden sei, wofür aber - im Hinblick auf die zu niedrig kalkulierten Beitragssätze - schon der erste Anschein spreche. Der Umstand, dass die N. selbst keine eingehende Prüfung der finanziellen Verhältnisse der BKK L. vorgenommen, sondern sich auf die von der Beklagten übergebene Jahresrechnung 1996 verlassen habe, entlaste die Beklagte nicht.
Die Klägerin hat vor dem Sozialgericht die Auffassung vertreten, ihr sei ein Schaden wegen der Manipulation der Jahresrechnungsbilanz 1996 bzw. 1997 entstanden, da sie bei den Fusionsverhandlungen mit der ehemaligen BKK L. von unzutreffenden Voraussetzungen ausgegangen sei. Erst nach Aufdeckung der Manipulationen habe sich gezeigt, dass die N. durch die Fusion ein wesentlich höheres Passivvermögen übernommen habe, als dies ursprünglich angenommen worden sei. Als Folge der gefälschten Bilanz 1996 sei der Beitragssatz 1998 zu niedrig kalkuliert worden. Unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorgelegten Bilanz 1996 für die BKK L. zum Passivvermögen hätte ein Ausgleich im Laufe des Geschäftsjahres 1997 erfolgen müssen. Der für den Zeitpunkt ab der Fusion ermittelte Beitragssatz von 13,2% für den Rechtskreis Ost sei als Folge des nachträglich festgestellten höheren Passivvermögens nicht mehr kostendeckend gewesen. In Kenntnis des tatsächlichen Passivvermögens aus der Bilanz 1996 wäre es nicht zu einer Fusion mit der BKK L. gekommen. Diese Krankenkasse wäre spätestens zum 31. Dezember 1997 nach § 153 SGB V geschlossen worden, weil ihre Leistungsfähigkeit auf Dauer nicht mehr gesichert war. Bei ordnungsgemäßer Bilanzierung hätten die Satzungsbetriebe der BKK L. bei Schließung der Krankenkasse das Passivvermögen als Gesamtschuldner übernehmen müssen. An Stelle eines vor dem Fusionszeitpunkt kalkulierten und erwarteten Bilanzüberschusses habe das Passivvermögen Ende 1998: 33,8179 Millionen DM betragen. Daraufhin sei eine Beitragserhöhung zum 1. April 1999 von 13,2 auf 13,9% durchgeführt worden. Diese Anhebung habe jedoch nicht ausgereicht, um das Rechnungsergebnis 1999 auszugleichen. Nach einem weiteren Defizit von 5,761 Millionen DM habe das Passivvermögen am Jahresende 1999: 39,515 Millionen DM betragen. Eine weitere Beitragsanhebung sei zum 1. Januar 2000 erfolgt. Mit dem neuen Beitragssatz von 14,2% sei ein Einnahmeüberschuss von 2,562 Millionen erzielt worden, wodurch sich das Passivvermögen zum Jahresende auf 36,988 Millionen DM reduziert habe. Durch das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Rechtsangleichung in der Gesetzlichen Krankenversicherung vom 22. Dezember 1999 sei der bisher verschonte Rechtskreis West der Klägerin von den Auswirkungen der Bilanzmanipulationen unmittelbar betroffen mit der Folge, dass der Beitragssatz von bisher 13,3% ab dem erstem Januar 2001 auf 13,9% und ab 1. Januar 2002 auf 14,3% insgesamt habe erhöht werden müssen. Parallel zu den Beitragserhöhungen sei es zu Mitgliederverlusten gekommen, wodurch eine deutliche Schwächung der Finanzkraft eingetreten sei. Angesichts des riesigen Schuldenberges seien kräftigere Beitragserhöhungen notwendig gewesen, die zu katastrophalen Mitgliederverlusten geführt hätten. Seit Anfang Januar 1998 sei es im ehemaligen Rechtskreis Ost bis zum Jahr 2000 zu einem Mitgliederverlust von insgesamt 5707 Mitgliedern gekommen. Dies entspreche 19,2% der ursprünglichen Mitgliederzahl von 29.663. Infolge des Wegfalls der Rechtskreistrennung und der zum 1. Januar 2001 durchgeführten Beitragssatzerhöhung sei es im Rechtskreis West zu einem Mitgliederverlust von 5639 Versicherten in 15 Monaten gekommen. Die Beitragsersatzerhöhungen seien auf die Bilanzmanipulationen der Beklagten zurückzuführen und hätten Auswirkungen auf die verbliebene Versichertengemeinschaft, da in der Regel gesunde Versicherte einen Kassenwechsel bei Beitragssatzerhöhungen vollziehen würden. Insgesamt sei ein Vermögensschaden von 33,8179 Millionen DM per 31. Dezember 1998 entstanden, dem ein weiterer Vermögensschaden von 5,6171 Millionen DM per 31. Dezember 1999 gefolgt sei. Es bestehe ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem aus dem Ereignis gezogenen Vorteil.
Die Beklagte ist der Klage mit dem Vorbringen entgegengetreten, dass von einer möglichen Schließung der BKK L. zu keinem Zeitpunkt schon die Rede gewesen sei. Es hätten keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass ihre Leistungsfähigkeit auf Dauer nicht mehr gesichert gewesen sei. Ein pflichtwidriges Verhalten sei ihr nicht vorzuwerfen. Es bestehe auch kein Kausalzusammenhang zwischen ihrer früheren Tätigkeit als alleiniger Vorstand und den von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen. Der Klägerin sei auch kein Schaden entstanden, denn die tatsächlich und unstreitig entstandenen Ausgaben seien nicht falsch gebucht worden.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 10. November 2003 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 265.645,94 EUR nebst 4% Zinsen ab dem 23. Juni 1998 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angegeben, der Anspruch der Klägerin ergebe sich aus § 826 BGB, da die Beklagte mit ihrem Verhalten während der Fusionsverhandlungen gegen die guten Sitten verstoßen habe. Sie habe vorsätzlich der Klägerin nicht die Fehlerhaftigkeit des Jahresabschlusses 1996 offenbart, obwohl sie gewusst habe, dass infolge der Buchungsverlagerungen aus 1996 in 1997 die von der Klägerin für das Jahr 1998 kalkuliertem Beitragssätze zu niedrig ausgewiesen worden seien und daraus der Klägerin beziehungsweise ihrer Versichertengemeinschaft ein finanzieller Schaden erwachsen sei. Nach § 826 BGB komme eine Haftung des alleinigen Vorstandes wegen sittenwidriger Schädigung grundsätzlich in Betracht, wenn er als alleinvertretungsberechtigtes Organ die unter bestimmten Voraussetzungen obliegende Verpflichtung zur Offenbarung der Vermögenslage des Unternehmens verletze. Dabei sei eine Pflicht zur Offenbarung der wirtschaftlichen Lage einer gesetzlichen Krankenkasse unter anderem dann anzunehmen, wenn die Durchführbarkeit des Fusionsvertrages aufgrund schlechter wirtschaftlicher Situationen der Krankenkasse von vornherein schwerwiegend gefährdet sei. Eine solche schwerwiegende wirtschaftliche Situation der BKK L., die die Aufklärung der Klägerin durch die Beklagte erforderlich gemacht habe, ergebe sich insbesondere aus der von der Beklagten selbst eingeräumten Verfehlung im Gesprächsprotokoll vom 30. März 1998. Danach habe sie erklärt, dass die Verlagerung der 1996er Verpflichtungen in 1997 dem alleinigen Zweck gedient habe, einer drohenden Schließung der BKK L. von Amts wegen vorzubeugen. Auch ihre damalige Einlassung, die Ausweisung eines Defizits in 1996 in der Größenordnung von zusätzlich rund 5,8 Millionen DM hätte den Landesverband der Betriebskrankenkassen Ost veranlasst, einen Antrag auf Schließung der BKK L. beim Bundesversicherungsamt zu stellen, belege, dass die BKK L. zum damaligen Zeitpunkt nicht nur wirtschaftlich gefährdet, sondern bei Kenntnis aller Aktiva und Passiva vor der Auflösung gestanden hätte. Die katastrophale Situation bei der BKK L. könne auch aus dem Ergebnis der durchgeführten Sonderprüfung des Bundesversicherungsamtes in der Zeit vom 29. bis 31. Juli 1998 nachvollzogen werden. Spätestens bei der Sitzung des Verwaltungsrates der BKK L. am 23. Oktober 1997, in der die Fusion zum 1. Januar 1998 beschlossen worden sei, hätte die Beklagte die wahre Vermögenslage bei der BKK L. offenbaren müssen. Sie habe gewusst, dass die Klägerin einer Fusion nur unter Berücksichtigung der bis dahin bekannten Schuldenlast der BKK zustimmen würde.
Der Klägerin sei dadurch ein materieller Schaden entstanden, dass nach der Fusion ab 1. Januar 1998 das Passivvermögen für den Rechtskreis Ost bis Ende 1998 auf 33,879 Millionen DM angewachsen sei. In Anbetracht der defizitären Vermögenslage hätten durch den Beitragssatz von 13,2% für den Rechtskreis Ost die zusätzlich in 1997 angefallenen Belastungen nicht mehr aufgefangen werden können. Der materielle Schaden ergebe sich auch daraus, dass die Klägerin nunmehr für Verbindlichkeiten der BKK L. einzutreten habe, die ihr nicht entstanden wären, wenn sie in Kenntnis dieser Umstände die Fusion mit der BKK L. abgelehnt hätte. Es könne dahingestellt bleiben, ob bis Ende 1998 der bezifferbare Schaden in Höhe des Passivvermögens von 33,879 Millionen DM bzw. von 39,55 Millionen DM bis zum Jahresende 1999 eingetreten sei. Denn zumindest in Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzforderung von 265.645,94 EUR sei die Schadenshöhe realistisch, zumal hier zu berücksichtigen sei, dass als Folge der dann zum 1. Januar 1999 notwendig gewordenen Beitragserhöhungen für den Rechtskreis Ost mindestens 5700 Versicherte die Krankenversicherung der Klägerin verlassen hätten. Dadurch sei es zu einer Verringerung der Beitragseinnahmen gekommen.
Dieses Urteil greift die Klägerin mit ihrer Berufung an. Sie macht geltend, dass das Sozialgericht die Voraussetzungen für eine Schadensersatzverpflichtung verkannt habe und auch zu Unrecht von einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB ausgegangen sei. Außerdem habe es das 100prozentige Mitverschulden der vermeintlich geschädigten Klägerin ignoriert. Es sei auch kein Schaden eingetreten. Ein Schaden liege dann vor, wenn die Vermögenslage des Geschädigten unter Berücksichtigung der vermeintlichen Pflichtverletzung ungünstiger sei, als sie sich bei zugedacht pflichtgemäßem Verhalten des "Schädigers" darstellen würde. Zur Feststellung eines etwaigen Schadens und seiner Höhe sei stets ein Vergleich dieser beiden Vermögenslagen vorzunehmen, der selbstverständlich auch die durch die schädigende Handlung entstandenen Vermögensvorteile zu berücksichtigen habe. Ein Schaden habe auch deswegen nicht entstehen können, weil die Klägerin keine Verbindlichkeiten der BKK L. "übernommen" habe. Vielmehr sei es zu einer freiwilligen Vereinigung mehrerer Betriebskrankenkassen gemäß § 150 Abs. 1 SGB V gekommen. Deshalb habe auch die N. alt nicht das Vermögen der BKK L. übernehmen können. Folge einer freiwilligen Vereinigung der Krankenkassen nach § 150 SGB V sei das Entstehen einer neuen Betriebskrankenkasse, die Rechtsnachfolger aller an der Vereinigung beteiligten Krankenkassen werde. Das nunmehr zusammengeschlossene Vermögen der durch freiwillige Vereinigung entstandenen N. neu sei genauso groß wie die Summe der vormaligen Einzelvermögen der an der freiwilligen Vereinigung beteiligten und von der freiwilligen Vereinigung rechtlich unabhängigen Betriebskrankenkassen. Ein Schaden ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beitragssätze der neu entstandenen Betriebskrankenkasse zu niedrig kalkuliert seien. Die Klägerin sei ohne weiteres in der Lage gewesen, den Beitragssatz auf das erforderliche Maß anzuheben, woran sie durch die Beklagte nicht gehindert gewesen sei. Es seien auch sonst keine rechtlichen Hinderungsgründe ersichtlich. Die Tatsache, dass die N. alt der BKK Autozulieferer Z. die "Zusicherung" eines Beitragssatzes von 13,2% gegeben habe, sei kein Hinderungsgrund. Denn auch die BKK Autozulieferer sei ebenso wie die N. alt und die BKK L. in der neuen Betriebskrankenkasse aufgegangen. Zutreffend habe das Landgericht Hannover in seinem Urteil vom 13. Juli 2000 festgestellt, es müsse zumindest berücksichtigt werden, dass eine Senkung des Beitragssatzes auf 13,2% in aller Regel auch positive Wirkung auf den Umsatz habe. Ein niedriger Beitragssatz bewirke nämlich auch den Anstieg der Mitgliederzahlen und damit der Einnahmen. Ferner bestehe keine Kausalität zwischen der vermeintlichen Pflichtverletzung und dem Schaden. Die N. alt sei fest entschlossen gewesen, die Vereinigung auch mit der BKK L. und ihren rund 20.000 Mitgliedern vorzunehmen. Sie hätte sich hiervon durch nichts abhalten lassen. Dies sei daraus zu schließen, dass die N. alt eine Vereinigung mit der BKK L. auf der Grundlage der Jahresrechnung 1996 angestrebt habe, ohne sich für die wirtschaftliche Entwicklung der BKK L. für die Zeit ab 1. Januar 1997 zu interessieren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 10. November 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und verweist auf das zu diesem Zeitpunkt anhängig gewesene Hauptverfahren vor der Zweiten großen Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Halle. In der Sache gehe es der Klägerin lediglich um den Ausgleich des Schadens, der ihr durch die Fusion mit der BKK L. entstanden sei. Dieser Schaden bestehe darin, dass die Klägerin als Rechtsnachfolgerin die Schulden der BKK L. zum Stichtag des 1. Januar 1998 mit über 22 Millionen DM übernommen habe. Selbst wenn man lediglich die Schuldzinsen als Schadensposition anerkennen wollte, würden diese Schuldzinsen die Klageforderung bei weitem überschreiten. Demgegenüber dürften die hinzu gewonnenen Versicherten im Rahmen dieses Schadensersatzanspruches nicht mindernd gegengerechnet werden, da deren Beitragszahlungen nach der gesetzlichen Regelung dazu bestimmt seien, die entstehenden Kosten auszugleichen. Gesetzliche Krankenkassen seien nicht zur Maximierung von Gewinnen berufen, sondern hätten lediglich den Auftrag, eine möglichst wirtschaftliche und kostendeckende Versorgung im Bereich der Krankenversicherung sicherzustellen. Ohne das schadensstiftende Ereignis wäre die Fusion unter Einbeziehung der BKK L. nicht zu Stande gekommen, so dass die Klägerin nicht als Rechtsnachfolgerin auch der BKK L. deren Schulden hätte übernehmen müssen. Ferner treffe es zu, dass auf der Grundlage der falschen Jahresrechnung 1996 durch die Klägerin für die Zeit ab 1 Januar 1998 für den Rechtskreis Ost mit 13,2% als allgemeinem Beitragssatz eindeutig ein zu geringer Beitragssatz kalkuliert worden sei. Der tatsächliche Beitragsbedarf habe bei über 14,2% gelegen. Nach Entdeckung der tatsächlichen Finanzsituation sei ein allgemeiner Beitragssatz für den Rechtskreis Ost in Höhe von 14,9% beschlossen worden, den die Aufsichtsbehörde nicht genehmigt, sondern auf 13,9% festgesetzt habe. Ein mögliches Mitverschulden sei hier nicht beachtlich, der Gutgläubigkeit bzw. Leichtgläubigkeit des Betrugsopfers nicht zu einer Minderung des Ersatzanspruches führen dürfe, denn der Straftatbestand des § 263 StGB schützen nicht nur die besonders geschäftsgewandten und erfahrenen, sondern gerade auch die Gut- bzw. Leichtgläubigen.
Mit Urteil vom 1. September 2005 hat die Zweite große Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Halle die wegen Betrugs angeklagte Beklagte aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen freigesprochen. Zum Vermögensnachteil hat das Landgericht in den Gründen ausgeführt, dass ein Wert der BKK L. als Gesamtheit nicht feststellbar sei. Für Betriebskrankenkassen gebe es keinen Marktwert, da es für sie als öffentlich-rechtliche Körperschaften keinen Markt gebe. Auch bei einer Vereinigung von Krankenkassen flössen keine Gelder oder sonstige Leistungen. Es gebe bereits keinen Eigentümer, an den solche Gelder fließen könnten. Auch eine Bewertung der BKK L. nach dem Ertragswertverfahren scheide aus, da die Betriebskrankenkassen nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet seien. Es dürfe auch nicht lediglich auf das tatsächlich vorhandene Passivvermögen der BKK L. abgestellt werden. Die N. alt wie auch die BKK P. hätten sich jeweils bereit erklärt, ein eventuell bestehendes Passivvermögen zum Zeitpunkt der Fusion zu übernehmen. Ein solches Angebot hätten diese Betriebskrankenkassen nicht abgegeben, wenn die Vereinigung mit einer BKK, die einen Überschuss der Passiva ausweise, nicht wirtschaftliche Vorteile ergeben könne. In einer Betriebskrankenkasse seien vielmehr weitere wertbildende Faktoren enthalten, die nicht in der Jahresrechnung erfasst seien, wie etwa Zahl und Ertragskraft der Mitglieder, Leistungserbringerdichte im Tätigkeitsgebiet oder Zusammensetzung der Mitglieder und deren Auswirkung auf den Risikostrukturausgleich, ohne dass sich diese aufgrund eines fehlenden Marktes für Betriebskrankenkassen wertmäßig bestimmen ließen. Eine Vermögensminderung sei nicht feststellbar. Das Vermögen der N. alt müsste gerade durch das irrtumsbedingte Element der Verfügung, die Einbeziehung der BKK L., gemindert sein, da es auch ohne Irrtum auf die BKK N. neu überführt worden wäre. Grundsätzlich sei durch einen Vergleich der Vermögenslage vor und nach der Vermögensverfügung festzustellen, ob eine Vermögensminderung eingetreten sei. Eine Vermögensminderung setzt u. a. voraus, dass der BKK L. insgesamt ein negativer wirtschaftlicher Wert zugekommen sei, da die BKK N. neu nicht etwa nur die Passiva der BKK L. als deren Rechtsnachfolgerin erhalten habe. Ein solcher wirtschaftlicher Wert sei aber nicht bestimmbar. Auch das Einbringen eines geringeren Vermögens als zugesagt stelle keine Vermögensminderung der N. alt oder der BKK N. neu dar. Eine Zusage im Sinne einer vertraglichen oder verpflichtenden Abrede, dass der Schuldenstand der BKK L. zum Fusionszeitpunkt einen gewissen Stand nicht überschreiten werde, habe es nicht gegeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist zum Teil begründet.
Das Sozialgericht, und nachfolgend auch das Landessozialgericht, hatten den Rechtsstreit zu entscheiden, weil das Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 10. März 1999 (Az. 10 [7] Ta 166/98) rechtskräftig über den zu ihm beschrittenen Rechtsweg entschieden (§ 17a Abs. 1 GVG) und den Rechtsstreit gemäß § 17a Abs. 2 GVG an die Sozialgerichtsbarkeit verwiesen hat. Dieser Beschluss ist hinsichtlich des Rechtswegs bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG).
Die Klage ist als Leistungsklage gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 46 Abs. 1 und 2 Arbeitsgerichtsgesetz i. V. mit § 253 Zivilprozessordnung (ZPO) zulässig. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Die Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt im Beschluss vom 10. März 1999 (a. a. O.), wonach die sozialrechtliche Rechtsnatur der Streitfrage aus der Haftungsnorm des § 42 Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) folge, wird vom Senat nicht geteilt. Diese Norm regelt die Haftung der Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane gegenüber dem Versicherungsträger für Schäden, die aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verletzung der ihnen gegenüber obliegenden Pflichten entsteht (vgl. den Wortlaut des § 42 Abs. 2 SGB IV). Die Beklagte war bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der freiwilligen Vereinigung der Krankenkassen am 1. Januar 1998 als alleiniger hauptamtlicher Vorstand der Betriebskrankenkasse L. tätig. Sie nahm damit die Rechtsstellung eines Organs der Krankenkasse gemäß §§ 31, 35a SGB IV ein. Mit dieser Rechtsstellung war aber die Funktion eines Selbstverwaltungsorgans im Sinne von § 42 Abs. 2 SGB IV nicht verbunden, denn nach § 31 Abs. 3a Satz 1 SGB IV wird (u. a.) bei Betriebskrankenkassen ein Verwaltungsrat als Selbstverwaltungsorgan sowie (daneben) ein hauptamtlicher Vorstand gebildet. Als alleiniger hauptamtlicher Vorstand hat die Beklagte bis zum 31. Dezember 1997 die aus dem Amt des Vorstands erwachsenden Verpflichtungen im Rahmen der ihr durch Dienstvertrag übertragenen Aufgaben wahrgenommen. Dabei ist zu differenzieren zwischen der Organstellung nach § 35a SGB V und dem Anstellungsvertrag (vgl. Balzer, Änderungen des Selbstverwaltungsrechts und des Dienstrechts der gesetzlichen Krankenkassen durch das GSG, NZS 1994, 1 [5]). Während die Organstellung durch Amtsenthebung oder Amtsentbindung gemäß § 35a Abs. 7 SGB IV beendet werden kann, richtet sich die Beendigung des Anstellungsverhältnisses nach den vertraglichen oder arbeitsrechtlichen Grundsätzen. Durch die Möglichkeit, ein Vorstandsmitglied gemäß § 35a Abs. 7 SGB IV seines Amtes zu entheben, darf der gesetzliche Kündigungsschutz in Bezug auf den Dienstvertrag nicht umgangen werden (BAG, Urteil vom 9. Februar 2006, 6 AZR 47/05, zitiert nach juris).
Für die Haftung des Vorstands (vgl. zum Ganzen: Schüller, Die Haftung der Beschäftigten und der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse gegenüber ihrem Arbeitgeber - Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung, NZS 2006, 192 ff.) enthält das SGB IV keine eigenständige Regelung. Deshalb sind für Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane und sonstigen Organmitglieder des Versicherungsträgers unterschiedliche Haftungsgrundlagen heranzuziehen. Für Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane gilt § 42 Abs. 1 und 2 SGB IV, für hauptamtlich tätige Mitglieder des Vorstandes gelten die dienstvertraglichen bzw. arbeitsrechtlichen Grundlagen (ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. März 2007, L 1 A 2763/06, zitiert nach juris). Aus diesen Gründen war nicht nur die Rechtmäßigkeit der ordentlichen Kündigung der Beklagten, sondern auch ihre Verpflichtung zum Schadensersatz nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatz nach Grund und Höhe, begrenzt durch Mitverschulden, auch zu.
Ein unmittelbarer vertraglicher Anspruch besteht nicht. Die Klägerin beansprucht den Ersatz des Schadens, der ihr durch den freiwilligen Zusammenschluss mit der Betriebskrankenkasse L. am 1. Januar 1998 entstanden ist. Sie stützt ihn auf Pflichtverletzungen der Beklagten in dem davor liegenden Zeitraum bis 31. Dezember 1997. Zu dieser Zeit existierte die Klägerin noch nicht und konnte die Beklagte bei ihr auch nicht als Arbeitnehmerin tätig sein. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gesamtrechtsnachfolge ist der Klägerin kein vertraglicher Schadensersatzanspruch zuzusprechen. Die freiwillige Vereinigung der Betriebskrankenkassen gemäß § 150 Abs. 1 und 2 Satz 1 i. V. mit § 144 Abs. 2 bis 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) hatte zur Folge, dass mit Wirkung vom 1 Januar 1998 die bisherigen Krankenkassen geschlossen wurden. Die neue Krankenkasse, die Klägerin, ist in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen eingetreten. Mit dieser gesetzlich geregelten Gesamtrechtsnachfolge (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2003, 6 P 1/03, zitiert nach juris; siehe auch Bieback, Arbeitsrechtliche Probleme der Fusion öffentlich-rechtlicher Körperschaften, ZTR 1998, 396) hat die Klägerin grundsätzlich auch die Ansprüche übernommen, die der untergegangenen BKK L. gegen die Beklagte zugestanden haben. Allerdings hat die Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent solche Ansprüche geltend gemacht. Sie hatte sich ausschließlich auf den Vermögensschaden berufen, der ihr, der neuen Krankenkasse, zum 1. Januar 1998 entstanden ist. Auch bei der Berechnung der Höhe dieses Schadens hat sie sich auf die zu diesem Zeitpunkt und in dem sich daran anschließenden Zeitraum eingetretene Vermögensminderung gestützt. Ausführungen zur Höhe des Schadens, der der BKK L. möglicherweise bis zum 31. Dezember 1997, also unabhängig vom freiwilligen Zusammenschluss der Betriebskrankenkassen, entstanden war, sind der Klage nicht zu entnehmen.
Die Anspruchsvoraussetzungen der gewohnheitsrechtlich geltenden Grundsätze über eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo - c.i.c.) liegen vor. Diese Grundsätze sind anzuwenden, weil nach Art. 229 § 5 Abs. 1 EGBGB für den Rechtsstreit, in dem es um Vertragsverhandlungen im Sommer/Herbst 1997 geht, das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in der Fassung vor dem 1. Januar 2002 gilt. Die Beklagte war für die Klägerin mit Wirkung vom 1. Januar 1998 als Regionalleiterin Ost auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 18. Januar 1998 tätig. Die Vereinbarung eines Arbeitsvertrages war notwendig, weil die Beklagte bis zum 31. Dezember 1997 als hauptamtlicher Vorstand der Betriebskrankenkasse L. beschäftigt war. Diese Organstellung konnte nicht, wie die Beschäftigungsverhältnisse der Bediensteten der BKK L. im Übrigen, gemäß § 144 Abs. 4 SGB V im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Klägerin übergehen (BAG, Urteil vom 20. August 1998, 2 AZR 12/98, Abs. 37, zitiert nach juris).
Bei der Anbahnung des Arbeitsverhältnisses wird nach den Grundsätzen der Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ein gesetzliches Schuldverhältnis begründet, das die Parteien einander zur verkehrsüblichen Sorgfalt verpflichtet (BAG, Urteil vom 7. September 1995, 8 AZR 695/94, Abs. 20, zitiert nach juris). Denn aus einem Schuldverhältnis erwachsen einer Vertragspartei nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils (BAG, Urteil vom 14. Juli 2005, 8 AZR 300/04). Diese, nunmehr in § 241 Abs. 2 BGB ausdrücklich normierten Pflichten waren bereits vor Inkrafttreten dieser Norm aus § 242 BGB abgeleitet worden. Diese Pflichten können sich u. a. auch auf Aufklärung richten. Die vertragliche Rücksichtnahmepflicht beinhaltet dabei eine Pflicht zur Aufklärung dahingehend, dass die eine Vertragspartei die andere unaufgefordert über die Umstände informieren muss, die dieser unbekannt, aber für ihre Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Zustandekommen oder der Durchführung des Arbeitsverhältnisses erheblich sind (BAG, Urteil vom 14. Juli 2005, a. a. O., Abs. 32 mit weiteren Nachweisen). Der Schuldner ist dann zur Aufklärung verpflichtet, wenn Gefahren für das Leistungs- oder Integritätsinteresse des Gläubigers bestehen, von denen dieser keine Kenntnis hatte. Das Verschweigen von Tatsachen begründet eine Haftung, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte (Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 242 Rn. 37, § 311 Rn. 42). Dementsprechend hat das BAG anerkannt, dass ein Arbeitgeber, der Vertragsverhandlungen eingeht, bestehende Umstände, gleich welcher Art, die die vollständige Durchführung des Rechtsverhältnisses in Frage stellen können, nicht verschweigen dürfe, soweit sie ihm bekannt sind oder bekannt sein müssen (BAG, Urteil vom 14. Juli 2005, a. a. O.).
Vergleichbare Aufklärungspflichten bestanden hier für die Beklagte. Obwohl sie nicht Arbeitgeberin war, sondern ein Beschäftigungsverhältnis als leitende Angestellte angestrebt hat, hätte sie die Klägerin auf die finanziellen Risiken hinweisen müssen, die aus den unrichtigen Jahresrechnungen für 1996 und auch 1997 für die finanzielle Leistungsfähigkeit der neuen Krankenkasse ab 1. Januar 1998 erwachsen waren. Auf diese Umstände hätte die Beklagte nicht nur wegen der erheblichen finanziellen Auswirkungen, sondern insbesondere auch deshalb hinweisen müssen, weil sie diese Umstände in Zusammenarbeit mit der Arbeitnehmerin H. selbst pflichtwidrig geschaffen hat. Es steht fest, dass die Klägerin bei der Beschlussfassung über die freiwillige Vereinigung am 23. Oktober 1997 und zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Zusammenschlusses am 1. Januar 1998 sowie auch noch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages mit der Beklagten am 18. Januar 1998 die Höhe der tatsächlichen Verbindlichkeiten der BKK L. am 31. Dezember 1997 nicht kannte. Es steht ferner fest, dass die Beklagte nicht nur maßgeblich an der Verschleierung der tatsächlichen Höhe der Verbindlichkeiten der BKK L. mitgewirkt hat. Sie hat darüber hinaus, was unbestritten und mehrfach gesetzlich festgestellt worden ist (siehe LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 26. Januar 2000, 10 [7] Sa 8005/98; deutlicher LG Halle, Urteil vom 1. September 2005, 953 Js 26350/98) am 6. August 1997 den Vorstandsmitgliedern der N. alt Dr. J. und M. die fehlerhafte Jahresrechnung 1996 ausgehändigt, ohne dabei auf das zu niedrig ausgewiesene Passivvermögen hinzuweisen. Auch bei der Sitzung des Verwaltungsrates der BKK L. am 23. Oktober 1997, an der unter anderem Dr. J. teilgenommen hatte, verschwieg die Beklagte die wahre Höhe des Passivvermögens. Dabei wusste sie aufgrund des Schreibens des Vorstands der N. alt vom 23. September 1997, dass im Falle der Vereinigung der Krankenkassen das Personal der BKK L. übernommen werden sollte. Ferner wusste sie, oder hätte es aufgrund ihrer Tätigkeit als hauptamtlicher Vorstand wissen müssen, dass die fehlerhafte Jahresrechnung 1996 Auswirkungen auf den anfänglichen Jahresbeitrag der neuen Krankenkasse für 1998 haben würde. Nachdem auch der Verwaltungsrat der BKK N. alt am 28. Oktober 1997 der Vereinigung zugestimmt hatte und die Fusion am 1. Januar 1998 in Kraft getreten war, hätte die Beklagte die Klägerin über das tatsächliche Passivvermögen aufklären müssen. Spätestens beim Inkrafttreten der Vereinigung wusste sie auch, dass eine vertiefte Prüfung der Vermögenslage der BKK L., wie sie von der BKK P. im Frühjahr 1997 noch vorgenommen worden war, nicht mehr erfolgen würde.
Die tatsächliche Vermögenslage der BKK L. war von erheblicher Bedeutung, weil nach § 220 Abs. 1 SGB V die Mittel für die Krankenversicherung durch Beiträge und sonstige Einnahmen aufgebracht werden. Ergibt sich während des Haushaltsjahres, dass die Betriebsmittel der Krankenkasse zur Deckung der Ausgaben nicht ausreichen, sind die Beiträge zu erhöhen (§ 220 Abs. 2 SGB V). Auch Anfang 1998 war es deshalb noch dringend geboten, auf die zusätzliche Belastung der neuen Krankenkasse durch das höhere Passivvermögen der untergegangenen BKK L. hinzuweisen. Spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages am 18. Januar 1998 hätte die Beklagte dieser Aufklärungspflicht nachkommen müssen.
Die schuldhafte Verletzung einer bei der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses bestehenden Aufklärungspflicht begründet einen Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo, wenn sich die verschwiegene Gefahr später realisiert und zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt. Zu ersetzen ist dann der Vertrauensschaden. Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er stünde, wenn er auf die ordnungsgemäße Durchführung des Vertrages nicht vertraut und sich auf einen Vertragsabschluss gar nicht eingelassen hätte. Der Vertrauensschaden ist nicht auf das Erfüllungsinteresse, d. h. die Vergütung und deren Rückzahlung begrenzt (BAG, Urteil vom 14. Juli 2005, a. a. O., Abs. 32). Die Beklagte hätte aufgrund ihrer exklusiven Kenntnisse von den tatsächlichen Vermögensverhältnissen der BKK L. die Klägerin über die daraus für die zukünftige Entwicklung des Kassenbeitrages folgenden Konsequenzen aufklären müssen. Dies war auch deshalb geboten, weil die Beklagte innerhalb der neuen Krankenkasse eine herausgehobene Position mit dem entsprechend hoher Vergütung bekleiden sollte. Dies rechtfertigt die Anwendung eines hohen Maßstabes bei der Festlegung von Aufklärungspflichten.
Der Schaden besteht auch in Höhe der geltend gemachten Teilforderung von 255.645,94 EUR. Die Klägerin hat den tatsächlichen Schaden auf 33,879 Millionen DM (= 17.322.057 EUR, siehe Schriftsatz vom 20. März 2002, Bl. 462 der Gerichtsakte) beziffert. Der Senat vermag einen Schaden in dieser Höhe nicht nachzuvollziehen. Die Jahresbilanz 1997 der BKK L. wurde durch die unrichtige Jahresrechnung für 1996 mit zusätzlichen Verbindlichkeiten in Höhe von 5.817.288, 70 DM (= 2.974.332,40 EUR) belastet. Diese zusätzliche Belastung ist bei der Beitragsbemessung für den Rechtskreis Ost für das Jahr 1998 nicht berücksichtigt worden. Die N. alt hat mit Schreiben vom 27. Oktober 1997 an das Bundesversicherungsamt den vorgesehenen Beitragssatz von 13,2% als kostendeckend bezeichnet. Den Bedarfssatz für die BKK L. für das Jahr 1998 hat sie dabei mit 12,6% angegeben. Bei ihrer Beitragskalkulation hatte sie für das Jahr 1997 einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben in Höhe von 6.156.659 DM (= 3.147.849,70 EUR) angenommen. Stattdessen hätte sie einen höheren Bedarfssatz annehmen und für 1998 einen höheren Beitragssatz zur Genehmigung durch das Bundesversicherungsamt anmelden müssen. Bei einer Grundlohnsumme von 620 Millionen DM (= 317 Millionen EUR) für die Versicherten der BKK L. hätte der Bedarfssatz für 1998 statt mit 12,55% mit 13,48% angenommen werden müssen (5.817.288 DM entsprechen 0,938% der Grundlohnsumme von 620 Millionen DM). Der Beitragssatz hätte für 1998 daher vom 1. Januar an bei 14,2% liegen müssen, damit den gesetzlichen Vorgaben des § 220 Abs. 1 S. 2 SGB V hätte entsprochen werden können, wonach die Beiträge so zu bemessen sind, dass sie zusammen mit den sonstigen Einnahmen die im Haushaltsplan vorgesehenen Ausgaben und die vorgeschriebene Auffüllung der Rücklage decken. Nach allem ist der Schaden in der Höhe der Differenz zwischen den tatsächlichen Beitragseinnahmen für 1998 und den Einnahmen, wie sie bei Festlegung eines angemessenen Beitragssatzes zu erwarten gewesen wären, anzunehmen.
Die Begrenzung der Höhe des Schadens auf entgangene Beitragseinnahmen schließt es aus, weitere Schadenspositionen zu berücksichtigen. Insbesondere ist der Schaden nicht darin zu sehen, dass die Klägerin in Kenntnis der tatsächlichen Vermögensverhältnisse der BKK L. von einem freiwilligen Zusammenschluss mit dieser Krankenkasse abgesehen und deshalb Verbindlichkeiten in Höhe von weit mehr als 10 Millionen DM nicht übernommen hätte. Es liegen keine zureichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Verwaltungsrat der N. alt bei Offenlegung der tatsächlichen Vermögenslage auf den freiwilligen Zusammenschluss mit der BKK L. verzichtet hätte. Die Fusionsverhandlungen waren offensichtlich von dem starken Wunsch des Vorstands der N. alt getragen, die Fusion in jedem Fall auch mit der BKK L. wegen der für positiv erachteten Versichertenstruktur und der damit verbundenen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der neuen Krankenkasse herbeizuführen. Bei einem Beitragssatz von 14,2% für 1998 gegenüber 14,1% im Jahre 1997 wäre ein solcher Zusammenschluss wahrscheinlich auch wirtschaftlich tragfähig gewesen.
Der durch entgangene Beitragseinnahmen entstandene Schaden ist der Klägerin aber nicht in voller Höhe zuzurechnen. Die Klägerin hat spätestens am 31. März 1998 Kenntnis von der wahren Vermögenslage der BKK L. und der Höhe der zusätzlichen Verbindlichkeiten zum 1. Januar 1998 erlangt. Sie war dann nach § 220 Abs. 2 Satz 2 SGB V verpflichtet, auf eine Anhebung des Beitragssatzes zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit der Krankenkasse hinzuwirken. Die notwendige Erhöhung der Beiträge wird erforderlichenfalls gemäß § 220 Abs. 2 Satz 3 SGB V durch die Aufsichtsbehörde angeordnet. Eine Bindung an anders lautende kasseninterne Absprachen, den Beitragssatz im Laufe eines Jahres nicht über eine bestimmte Grenze hinaus festzusetzen, ist dem Gesetz nicht entnehmen. Eine solche Bindung wäre im Hinblick auf die sich aus § 220 Abs. 1 Satz 2 SGB V ergebende Verpflichtung der Krankenkasse, die Beiträge so zu bemessen, dass die Ausgaben gedeckt sind, systemwidrig. Spätestens zum 1. Juni 1998 hätte eine Anhebung des Beitragssatzes vollzogen sein können, so dass der Schaden nur in Höhe von 1.239.305,1 EUR der Klägerin zugerechnet werden kann (5.817.288,70 DM geteilt durch 12 Monate ergibt 484.774,05 DM, multipliziert mit 5 Monaten ergibt 2.423.870,20 DM, entsprechend 1.239.305,10 EUR). Die geltend gemachte Teilforderung von 255.645,94 EUR wird folglich überschritten.
Die Verpflichtung zum Schadensersatz ist zu mindern, weil bei der Entstehung des Schadens ein Mitverschulden der Klägerin vorliegt. Sie muss sich das schuldhafte Verhalten der Vorstandsmitglieder Dr. J. und M. gemäß § 254 Abs. 2 Satz 2 BGB zurechnen lassen. Im Hinblick auf die erhebliche wirtschaftliche Tragweite der geplanten Fusion hätte die Klägerin, bei der die N. alt die treibende Kraft bei den Fusionsverhandlungen war, insbesondere die Vermögensverhältnisse der BKK L. einer genaueren Prüfung unterziehen müssen. Welcher Sorgfaltsmaßstab dabei anzuwenden war, wird aus der Vorgehensweise der BKK P. deutlich, die im August 1997 der BKK L. ein Fusionsangebot unterbreitet hat. Zur Vorbereitung dieses Angebots hatte sie durch ihre Mitarbeiter die wirtschaftliche Situation der BKK L. prüfen lassen und dabei festgestellt, dass es durch die Beklagte sowie die Mitarbeiterin H. zu Fehlern in der Abgrenzung von Rechnungen für die Jahre 1996 und 1997 in Höhe von ca. 2 Millionen DM gekommen war. Die BKK P. hat daraufhin einen entsprechenden Betrag in ihre Berechnungen einbezogen. Eine ähnliche Vorgehensweise war auch bei den Fusionsverhandlungen der N. alt mit der BKK L. erforderlich, so dass sich die Vorstandsmitglieder Dr. J. und M. nicht ausschließlich auf die geprüfte Jahresrechnung 1996 hätte stützen dürfen. Selbst wenn der Klägerin zugestanden werden sollte, dass diese Jahresrechnung durch den Landesverband der Betriebskrankenkassen N. geprüft und für richtig befunden worden war, hätte die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben im Laufe des Jahres 1997 eingehend geprüft werden müssen. Dazu bestand insbesondere deshalb Anlass, weil der Vorstand der Mitteldeutschen Betriebskrankenkasse in einem an das Bundesversicherungsamt gerichteten Schreiben vom 6. Oktober 1997 unter anderem den damals durch die BKK L. ab 1. Januar 1998 zur Mitgliederwerbung angebotenen Beitragssatz von 13,2 bis 13,5% als nicht bedarfsdeckend bezeichnet hat. Nachdem die Beklagte von diesem Schreiben Kenntnis erlangt hatte, beschwerte sie sich gegenüber dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates der Mitteldeutschen Betriebskrankenkasse mit Schreiben vom 21. Oktober 1997 u. a. darüber, dass der Vorstand der Mitteldeutschen Betriebskrankenkasse gegen die beabsichtigte Fusion der BKK L. agiere und deren finanzielle Situation als defizitär bezeichnet habe. Dieses Schreiben sandte die Beklagte auch an den Vorstand der N. zur Kenntnisnahme. Statt auf der Grundlage solcher Anhaltspunkte eine vertiefte Prüfung vorzunehmen, hat es das Vorstandsmitglied M. sogar für zweckmäßig erachtet, von der Mitarbeiterin H. eine handschriftliche Aufstellung über die Haushaltslage 1997 anzufordern und diese, entgegen den Angaben der Mitarbeiterin, auf der Ausgabenseite um 2 Millionen DM nach unten zu korrigieren. Diese Vorgehensweise war in hohem Maße sorgfaltswidrig, hatte unmittelbar Auswirkungen auf die Beitragsfestsetzung für 1998 und führt deshalb zur Anrechnung mitwirkenden Verschuldens in angemessenem Umfang von vier Fünfteln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung.
Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 SGG).
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