L 6 U 41/09 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 3 U 18/09
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 41/09 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 15. Mai 2009 wird auf-gehoben. Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau vom 28. August 2009 an Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung unter Beiordnung von Rechtsanwältin Uta Weise, Zeitz, bewilligt.

Gründe:

I.

Die am. 1969 geborene Klägerin begehrt mit ihrer Beschwerde Gewäh-rung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten für das erstinstanzliche Verfahren. In diesem erstrebt sie die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall.

Aufgrund einer Bewerbung der Klägerin lud die b H GmbH sie mit Schreiben vom 26. Februar 2007 zu einem Vorstellungsgespräch am 5. März 2007 um 12.30 Uhr in ihre Niederlassung in H ein. Nach dem Gespräch rutschte die Klägerin auf dem Weg zum Gebäudeausgang auf einer Treppe aus und zog sich dabei nach der Diagnose des Zahnarztes Dr. D Subluxationen (Lockerungen) der beiden oberen Schneidezähne zu.

Auf Anfrage teilte das Jobcenter SGB II K der Beklagten mit Schreiben vom 20. Juni 2007 mit, dass sich die Klägerin, die seit dem 15. Februar 2005 Arbeitslosengeld II (Alg II) beziehe, aufgrund einer Eigeninitiative beworben hatte. Eine Aufforderung habe nicht vorgelegen.

Mit Bescheid vom 17. September 2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des Unfalls vom 5. März 2007 ab, da die Klägerin zum Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversiche-rung gestanden habe. Dies sei nur dann der Fall, wenn das Vorstellungsgespräch anstatt auf einer Eigeninitiative hin aufgrund einer behördlichen Aufforderung, an der es hier fehle, erfolgt wäre.

Hiergegen erhob die Klägerin am 1. Oktober 2007 Widerspruch und berief sich darauf, dass Empfänger von Alg II in einem deutlich geänderten Pflichtenverhältnis zu den Leistungsträgern stünden. Dass tatsächlich keine konkrete Aufforderung zum Aufsu-chen der b H GmbH durch das Jobcenter SGB II K ergangen sei, ändere nichts am Versicherungsschutz.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, da es an einer Aufforderung im Sinne des Gesetzes fehle.

Am 23. Februar 2009 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Dessau-Roßlau Klage erhoben und die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall begehrt. Außerdem hat sie beantragt, ihr für das sozialgerichtliche Verfahren PKH zu gewähren. Zur Begründung hat sie u.a. darauf verwiesen, dass sie im Januar 2007 eine Eingliederungsvereinba-rung mit der Verpflichtung zu vier Stellenbewerbungen pro Monat unterzeichnet habe. Demnach sei eine einzelne Stellenbewerbung inklusive eines Vorstellungsgesprächs verbindlich. Aus Sicht des Alg II-Empfängers komme er damit einer "Aufforderung” der Arbeitsverwaltung nach. Es sei kein Unterschied zu einer förmlichen Aufforderung, an einem bestimmten Vorstellungsgespräch teilzunehmen, erkennbar.

Mit Beschluss vom 15. Mai 2009 hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Denn ein Unfallversicherungsschutz der Klägerin sei nicht ersichtlich. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) bestehe ein solcher nur dann, wenn Personen, die nach den Vorschriften des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeit-suchende (SGB II) oder des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) der Meldepflicht unterlägen, einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung einer Dienststelle der Agentur für Arbeit oder eines Trägers nach dem SGB II nachkämen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen. Durch das Unfallversi-cherungsmodernisierungsgesetz (BGBl. I, 2130) sei diese Norm mit Wirkung vom 5. November 2008 dahingehend erweitert worden, dass die o.g. Aufforderung auch von einem beauftragten Dritten nach § 37 SGB III ergehen könne. Nach den Angaben des Jobcenters SGB II K habe die Klägerin zwar der Meldepflicht gemäß § 59 SGB II unterlegen. Eine Aufforderung, sich am 5. März 2007 bei der b H GmbH vorzustellen, habe jedoch nachweislich nicht vorgelegen.

Die Klägerin hat gegen den am 26. Mai 2009 zugestellten Beschluss am 2. Juni 2009 beim SG Beschwerde eingelegt und ergänzend die Ansicht vertreten, der Ausschluss eines Unfallversicherungsschutzes für Alg II-Bezieher, die sich auf persönliche Initiative hin zu Vorstellungsgesprächen begäben, stelle eine evidente verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar. Die Klägerin beantragt ihrem Vorbringen nach,

den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 15. Mai 2009 aufzuhe-ben und ihr für das erstinstanzliche Verfahren PKH ohne Ratenzahlungsver-pflichtung unter Beiordnung von Rechtsanwältin U W , Z , zu gewäh-ren.

Der Beschwerdegegner hat sich zu der Beschwerde nicht geäußert. Die Beklagte hat sich auf ihre bisherige Ansicht berufen.

Das SG hat die Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Ihm haben die Verfahrensakten des SG einschließlich des PKH-Beihefts sowie die Verwaltungsakten der Beklagten vorgelegen. Hierauf wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachver-haltes und des Vorbringens der Beteiligten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz – SGG), form- und fristge-recht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch ansonsten zulässig (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung – ZPO). Sie ist auch begründet. Denn die Klägerin hat Anspruch auf ratenfreie Gewährung von PKH für das Verfahren vor dem SG.

Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht mutwillig erscheint. Ist die Vertretung durch Anwälte – wie hier – nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Anwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn u.a. die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint (§ 121 Abs. 2 ZPO).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Denn zum einen kann die Klägerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen (nachfolgend unter 1.). Zum anderen bietet die Rechtsverfolgung auch hinreichende Erfolgsaussicht (hierzu unter 2.). Schließlich ist eine anwaltliche Beiord-nung geboten (unter 3.).

1. Ob ein Beteiligter die Prozessführungskosten nicht (oder nur in Raten) tragen kann, hängt davon ab, in welcher Höhe er über Einkommen oder Vermögen verfügt und inwieweit er es nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO einzusetzen hat. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert (§ 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO), die tatsächlich laufend zur Verfügung stehen. Hiervon abzusetzen sind die in § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis 4 ZPO abschließend genannten Beträge. Von dem nach den Abzügen verbleibenden, auf volle Euro abzurundenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind unabhängig von der Zahl der Rechtszüge höchstens 48 Monatsraten nach der in der Tabelle von § 115 Abs. 2 ZPO näher bezeichneten Höhe aufzubringen. Dabei wird PKH nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen (§ 115 Abs. 4 ZPO).

Gemessen hieran kann die Klägerin die Kosten der Prozessführung nicht (auch nicht in Monatsraten) aufbringen. Sie verfügt nach ihren unter dem 28. August 2009 glaubhaft gemachten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen über ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 1.222,00 EUR (794,00 EUR Leistungen zur Sicherung des Lebensun-terhalts einschließlich Kosten der Unterkunft und Heizung, 100,00 EUR nichtselbstständi-ge Erwerbstätigkeit sowie 328,00 EUR Kindergeld). Abzusetzen hiervon sind nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 1 b) und 2 a) ZPO i.V.m. der PKH-Bekanntmachung 2009 vom 17. Juni 2009 (BGBl. I, 1340) für die Klägerin zunächst ein Erwerbstätigenfreibetrag i.H.v. 180,00 EUR und ein Grundfreibetrag i.H.v. 395,00 EUR. Ferner sind für ihre Kinder Freibeträ-ge i.H.v. jeweils 276,00 EUR abzugsfähig (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 b) ZPO i.V.m. der PKH-Bekanntmachung 2009). Darüber hinaus sind die nach dem SGB II anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 341,00 EUR zu berücksichtigen (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 ZPO). Bereits danach verbleibt der Klägerin kein einzusetzendes Ein-kommen, so dass es auf die weiterhin geltend gemachten Aufwendungen nicht mehr ankommt. Schließlich verfügt sie auch über kein heranzuziehendes Vermögen; die zum 1. Januar 2035 fällige Lebensversicherung (monatliche "Riester-Renten"-Garantie von 35,06 EUR) dient ihrer Altersvorsorge.

2. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten einzuschätzen, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Rechtsschutzsuchende mit seinem Begeh-ren durchdringen wird (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 13. März 1990 – 1 BvR 94/88 u.a. – BVerfGE 81, 347 ff. [356]). PKH kommt dagegen nicht in Betracht, wenn der Erfolg zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgs-chance aber nur entfernt ist (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17. Februar 1998 – B 13 RJ 83/97 RSozR 3-1500 § 62 Nr. 19). Danach liegt hinreichende Erfolgsaus-sicht vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Kläger mit seinem Begehren durchdringt; im Falle streitiger Tatsa-chen, wenn die behaupteten anspruchsbegründenden Umstände nachweisbar er-scheinen. Dies ist im sozialgerichtlichen Verfahren grundsätzlich anzunehmen, wenn eine Beweisaufnahme von Amts wegen durchgeführt werden muss. Diese Vorausset-zungen liegen hier vor. Denn nach dem bisherigen Sachstand besteht für das Begeh-ren der Klägerin eine nicht unerhebliche Erfolgschance.

Arbeitsunfälle sind nach dem hier einschlägigen § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher bzw. innerer Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dieses Unfallereignis einen Gesund-heitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (siehe nur BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 14; Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urteil vom 5. September 2006 – B 2 U 24/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 18 oder Urteil vom 4. September 2007 – B 2 U 24/06 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 24, m.w.N.).

Ausgehend hiervon ist unstrittig, dass der zum Unfall führende Weg im sachlichen Zusammenhang mit dem Vorstellungsgespräch am 5. März 2007 stand und die Klägerin bei ihrem Sturz auf der Treppe, der zur Subluxation der oberen beiden Schneidezähne führte, einen Unfall erlitten hat. Streitig ist allein, ob dieses Vorstel-lungsgespräch dem Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII unterfällt, so dass die Klägerin bei der unfallbringenden Verrichtung als Teil einer solchen versicher-ten Tätigkeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stünde.

Dass die Klägerin nach § 59 SGB II der Meldepflicht unterlag, hat das Jobcenter SGB II K ausdrücklich bestätigt. Zweifelhaft ist im Rahmen des Anwendungsbereichs von § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII allein, ob der Versicherungsschutz an den Eigenbemü-hungen der Klägerin scheitert. Zwar ist geklärt, dass das selbstständige Tätigwerden des Arbeitslosen ohne Aufforderung nicht versichert ist (BSG, Urteil vom 31. Januar 1974 – 2 RU 169/72SozR 2200 § 550 Nr. 1; Urteil vom 20. Januar 1987 – 2 RU 15/86SozR 2200 § 539 Nr. 119; Urteil vom 24. Juni 2003 – B 2 U 45/02 R – juris). Ob auch dann keine Aufforderung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII gegeben ist, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II bzw. § 35 Abs. 4 SGB III vorliegt, die den Betroffenen zum Teil umfangreiche Pflichten auferlegt und insbesondere Eigenbemühungen abverlangt (siehe näher hierzu nur Spellbrink in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 15 Rn. 24 ff.), ist – soweit ersichtlich – durch die Rechtspre-chung bislang jedoch nicht entschieden.

Eine Aufforderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII setzt die Äußerung eines auf Herbeiführung einer Rechtswirkung gerichteten Willens voraus. Maßstab zur Beurteilung, ob eine bestimmte Verlautbarung einer in § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII genannten Stelle eine derartige Willenserklärung darstellt, ist ihr Erklärungswert. Entscheidend hierfür ist nicht, was die auffordernde Stelle äußern wollte, sondern wie der Inhalt der Verlautbarung unter den gegebenen Umständen vom Empfängerhorizont aus betrachtet objektiv zu verstehen ist (BSG, Urteil vom 11. September 2001 – B 2 U 5/01 RSozR 3-2700 § 2 Nr. 3). Auch eine mit einer Bitte oder Empfehlung umschrie-bene Äußerung kann demnach eine Aufforderung sein, sofern nur der Eindruck vermittelt wird, es werde ein bestimmtes Verhalten erwartet (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 – 2 RU 4/94SozR 3-2200 § 539 Nr. 32; Urteil vom 11. Septem-ber 2001, s.o.; Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 25/06 RSozR 4-2700 § 2 Nr. 11, m.w.N.). Für einen Versicherungsschutz bei Handlungen zur Erfüllung konkret formu-lierter Pflichten einer Eingliederungsvereinbarung spricht, dass diese nach ihrer Rechtsqualität ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist und somit eine entsprechende Willenserklärung seitens der abschließenden Stelle (hier das Jobcenter SGB II K ) voraussetzt. Mehr ist nach den zuvor genannten Kriterien für eine Aufforde-rung i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII nicht erforderlich (in diesem Sinne auch Becker, SozRecht aktuell 2009, 95 ff. (97)).

Gerade wenn – wie dies die Klägerin vorträgt – in der Eingliederungsvereinbarung von Januar 2007 vier Stellenbewerbungen pro Monat als Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit verpflichtend vereinbart wurden (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II), konnte dies vom objektiven Empfängerhorizont her nur als "antizipierte" Aufforderung zu den Bewerbungen einschließlich der damit verbundenen etwaigen Vorstellungsgespräche verstanden werden, zumal eine Bewerbung nicht Selbstzweck, sondern – ebenso wie ein Vorstellungsgespräch – notwendiges Durchgangsstadium für die intendierte Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses ist. Trotz geschlossener Eingliede-rungsvereinbarung mit konkret formulierten Bewerbungsverpflichtungen nochmals für jede bestimmte Handlung (hier Vorstellungsgespräch) zusätzlich eine gerade darauf bezogene Verlautbarung einer in § 2 Abs. 1 Nr. 14 SGB VII bezeichneten Stelle zu fordern, entspricht weder (verwaltungs-)praktischen Bedürfnissen und dem erkennba-ren Sinn und Zweck von Eingliederungsvereinbarungen noch lässt sich eine solche Deutung dem Begriff der "Aufforderung" entnehmen (s.o.).

3. Letztlich ist auch die Erforderlichkeit anwaltlicher Vertretung zu bejahen. Im Rahmen von § 121 Abs. 2 ZPO sind nämlich insbesondere die tatsächlichen und/oder rechtli-chen Schwierigkeiten des Rechtsstreits zu berücksichtigen, wobei die nach § 103 Satz 1 SGG bestehende Amtsermittlungspflicht allein nicht genügt, die Erforderlichkeit zu verneinen (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 121 Rn. 3a). Im Übrigen entspricht eine anwaltliche Beiordnung dem Grundsatz der Waffengleichheit (Zöller/Philippi, a.a.O., § 121 Rn. 9).

Nach alledem war der Beschluss des SG auf die Beschwerde der Klägerin aufzuheben und ihr antragsgemäß PKH ohne Ratenzahlungsverpflichtung zu bewilligen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).

gez. Eyrich gez. Boldt gez. Dr. Ulrich
Rechtskraft
Aus
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