L 5 AS 118/09 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 24 AS 435/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 118/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Rechtsmittel - schriftlich - Unterschrift - eigenhändig
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von dem Antrags- und Beschwerdegegner die sofortige Auszahlung von pauschalierten Wohnungserhaltungskosten iHv 520,00 EUR monatlich.

Der Antragsteller und seine Familie beziehen als Bedarfsgemeinschaft vom Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Er ist Eigentümer eines selbstbewohnten Hausgrundstückes. An Kosten der Unterkunft werden vom Antragsgegner regelmäßig die Hauslasten, die monatlich in wechselnder Höhe anfallen, und während der Heizperiode die Heizkosten, die aufgrund des Umstandes, dass eine Stromlieferung nur gegen Vorkasse erfolgt, auch in wechselnder Höhe entstehen, übernommen. Mit Bescheid vom 17. Februar 2009 bewilligte der Antragsgegner für Januar 2009 768,00 EUR an Kosten der Unterkunft für Hauslasten 22,67 EUR, an Heizkosten vorläufig 340,46 EUR sowie 401,90 EUR als angemessene Kosten für die Neubeschaffung eines Heizboilers für die vierköpfige Familie. Eine endgültige Festsetzung für Januar 2009 ist mit Bescheid vom 1. April 2009 erfolgt.

Die Höhe der Unterkunftskosten ist zwischen den Beteiligten streitig. So hat der Antragsgegner zuletzt die Übernahme der Kosten für die Sanierung eines der beiden Bäder im Haus nach einem Hausbesuch abgelehnt. Über den dagegen eingelegten Widerspruch hat der Antragsgegner – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden.

Am 24. Februar 2009 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Magdeburg (SG) im Wege der einstweiligen Anordnung beantragt, ihm "die Kosten für die Erhaltung des Wohneigentums in voller Höhe zu erstatten, ab sofort monatlich 520,00 EUR". Er hat die Ansicht vertreten, der Antragsgegner sei verpflichtet, ihm für die Instandhaltung seines Eigenheims eine Pauschale in Höhe von 4,00 EUR pro Quadratmeter zu zahlen. Weil Eigentümer und Mieter gleich zu behandeln seien, habe er Anspruch auf Leistungen in Höhe einer üblichen Miete.

Mit Beschluss vom 27. Februar 2009, der dem Antragsteller am 4. März 2009 zugestellt worden ist, hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, im Rahmen der Kosten der Unterkunft habe der Antragsteller Anspruch auf Leistungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Die von ihm begehrte Erhaltungspauschale sei mit den gesetzlichen Regelungen nicht vereinbar. Die beigefügte Rechtmittelbelehrung enthielt den Hinweis, dass die Beschwerde schriftlich oder mündlich zur Niederschrift einzulegen ist.

Im Zeitraum zwischen dem 9. und 12. März 2009 ist bei dem SG ein wohl vom Antragsteller stammendes, jedoch nicht mit einer eigenhändigen Unterschrift versehenes Schreiben eingegangen, welches mit "Beschwerde gegen den Beschluss und Bitte um sofortige Wiederaufnahme des Verfahrens auf einstweilige Anordnung" überschrieben ist.

Mit Schreiben vom 13. März 2009 hat das SG den Antragsteller darauf hingewiesen, dass das Schreiben vom 9. März 2009 nicht unterschrieben sei, und weiter mitgeteilt, dass die Gerichtsakte im Hinblick auf die eingelegte Beschwerde an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt abgegeben werde.

Mit Schreiben vom 2. April 2009 hat die Berichterstatterin den Antragsteller darauf hingewiesen, dass aufgrund des Fehlens einer eigenhändigen Unterschrift bislang keine wirksame Beschwerdeeinlegung vorliege, und um Nachholung der Unterschriftsleistung gebeten. Mit weiterem Schreiben vom 6. Mai 2009 hat die Berichterstatterin darauf hingewiesen, dass wegen der fehlenden Unterschrift die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen sei. Auf die Schreiben hat der Antragsteller nicht reagiert.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 27. Februar 2009 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen für die Erhaltung des Wohneigentums in Höhe von monatlich 520,00 EUR zu zahlen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die Beschwerde für unzulässig, da die Schriftform nicht gewahrt sei. Weiter führt er aus, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf die Gewährung einer fiktiven Grundmiete in Höhe von 520,00 EUR. Insoweit fehle es am Anordnungsanspruch.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 27. Februar 2009 ist unzulässig und daher zu verwerfen.

Gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit im SGG nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 173 Abs. 1 SGG ist die Beschwerde binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Danach ist für die Einlegung der Beschwerde die Schriftform vorgeschrieben.

Schriftlich bedeutet grundsätzlich, es muss sich um einen vom Beschwerdeführer eigenhändig unterschriebenen Schriftsatz handeln. Auch wenn eine Beschwerde zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des SG erhoben wird, ist die Niederschrift vom Beschwerdeführer zu unterschreiben. Das Schriftformerfordernis für die Einlegung von Rechtsmitteln ist vom Gesetzgeber aus Gründen der Rechtssicherheit vorgesehen worden und soll gewährleisten, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Außerdem muss feststehen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (Gemeinsamer Senat der Obersten Bundesgerichte [GmSOBG], BGHZ 144, 160 = SozR 3-1750 § 130 Nr 1).

Da jedoch im SGG das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift als Formanforderung nicht ausdrücklich geregelt ist und die Vorschrift des § 126 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen der Eigenständigkeit des Prozessrechts weder unmittelbar noch entsprechend auf Prozesshandlungen anzuwenden ist (vgl. GmSOGB, a.a.O.), sind in der Rechtsprechung Ausnahmen von der eigenhändigen Unterschrift zugelassen worden, wenn auf andere Weise gewährleistet ist, dass dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung und die Person, von der sie ausgeht, zuverlässig entnommen werden kann, und wenn ferner feststeht, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2002, Az.: B 5 RJ 10/01 R, NZS 2003,106).

Der Inhalt der Erklärung, nämlich die Einlegung einer Beschwerde, und die erklärende Person sind im vorliegenden Fall feststellbar. Das Schreiben scheint nach Diktion und Schreibstil vom Antragsteller gefertigt zu sein, was sich aus einem Vergleich mit seinen im Verwaltungsvorgang des Antragsgegners enthaltenen sonstigen Schreiben ergibt. Allerdings lässt sich nicht feststellen, ob das Schriftstück mit Willen des Antragstellers dem SG zugeleitet wurde: Ein Briefumschlag, der handschriftliche Angaben des Antragstellers aufweisen könnte, ist nicht Bestandteil der Gerichtsakte. Das Schriftstück ist nicht mit einem Eingangsstempel versehen, so dass nicht erkennbar ist, wann genau und auf welchem Weg es zum SG gelangt ist. Nur dem Umstand, dass es dem Kammervorsitzenden am 12. März 2009 von seiner Geschäftstelle vorgelegt worden ist (Vorlagestempel auf der Rückseite mit Paraffe), lässt sich entnehmen, dass es wohl in der Zeit zwischen dem 9. und dem 12. März 2009 beim SG eingegangen sein muss.

Da sich der Antragsteller darüber hinaus zum Verfahren nicht mehr geäußert und insbesondere auf insgesamt drei gerichtliche Schreiben nicht reagiert hat, kann nicht festgestellt werden, dass das Schreiben mit seinem Willen und Wissen, d.h. auf seine Veranlassung, an das SG übermittelt wurde. Es ist vom Antragsteller – auch auf Nachfrage – nicht autorisiert worden.

Damit genügt der Beschwerdeschriftsatz den Formerfordernis "schriftlich" in § 173 SGG nicht. Da die Formvorschrift nicht eingehalten worden ist, ist die Beschwerde nicht wirksam innerhalb der Rechtsmittelfrist von einem Monat erhoben worden. Diese gemäß § 64 Abs. 1 bis 3 SGG bis zum 6. April 2009 laufende Frist verlängert sich auch nicht bis zum Ablauf eines Jahres nach Beschlusszustellung gemäß § 67 Abs. 2 SGG, da eine ordnungsgemäße Rechtsmittelbelehrung erteilt worden ist. Die Beschwerde ist daher als unzulässig zu verwerfen.

Im Übrigen wäre die Beschwerde auch unbegründet. Insoweit wird ergänzend auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss Bezug genommen. Der Antragsteller als Eigentümer eines eigengenutzten Eigenheims hat keinen Anspruch auf Zahlung einer fiktiven Miete iHv 4,00 EUR pro m² Wohnfläche seines Hauses. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für die Kosten der Unterkunft in Höhe der tatsächlichen angemessenen Aufwendungen erbracht. Bei Mietern ist dies üblicherweise die Miete; bei Eigenheimen sind es die notwendigen Ausgaben, u.a. die tatsächlich entstehenden Instandhaltungskosten. Pauschalzahlungen im Hinblick auf den typischerweise anfallenden Erhaltungsbedarf sind gesetzlich nicht vorgesehen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved