Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AS 1252/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 121/08 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Erledigungsgebühr - Widerspruchsverfahren - Nichtzulassungsbeschwerde
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. Juni 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Kläger begehren die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG) vom 11. Juni 2008 und die Durchführung des Berufungsverfahrens. Es geht ihnen um die Höhe der Kostenerstattung für ihre anwaltliche Vertretung im Widerspruchsverfahren. Sie begehren die Zuerkennung einer besonderen Erledigungsgebühr nach den Nummern 1002 und 1005 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG).
Die Kläger standen im Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) durch die Beklagte. Mit Schreiben vom 3. Januar 2007 legte die Klägerin zu 1. zunächst selbst Widerspruch gegen einen Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2006 ein. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger zeigte mit Schreiben vom 16. Januar 2007 an, dass er die Vertretung der Kläger übernommen habe. Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 29. Januar 2007 mit, dass sie den angefochtenen Bescheid mit Bescheid vom 26. Januar 2007 aufgehoben und dem Widerspruch in vollem Umfang "entsprochen" habe. Darüber hinaus teilte sie mit, die entstandenen Kosten würden auf Antrag erstattet.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger stellte unter dem 19. Februar 2007 neben einer Geschäftsgebühr und der Pauschale für Post und Telekommunikation, die nicht streitig sind, eine Erledigungsgebühr nach § 14 RVG, Nr. 1005 und 1002 VV, iHv 280,00 EUR zzgl. Mehrwertsteuer in Rechnung. Die Kostennote belief sich insgesamt auf 728,28 EUR. Die Beklagte setzte mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 15. März 2007 neben den unstreitigen Positionen eine Erledigungsgebühr iHv 140,00 EUR fest, insgesamt 561,68 EUR. Den mit Schreiben vom 19. März 2007 dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2007 zurück.
Am 2. Juli 2007 haben die Kläger Klage durch ihren Prozessbevollmächtigten erhoben, der vorgetragen hat, die Klägerin zu 1. habe das Schreiben der Beklagten vom 29. Januar 2007 zunächst nicht als vollständige Abhilfe akzeptieren wollen. Er habe dann von ihr weitere Unterlagen erbeten, um eine Gesamtberechnung durchführen zu können. Sodann habe er ihr nach Abwägung aller Umstände geraten, die Änderung durch die Beklagte als Abhilfe anzunehmen. Nach einer erneuten Besprechung mit der Klägerin zu 1. habe er schließlich der Beklagten mitgeteilt, dass trotz bestehender Bedenken die Abhilfe anerkannt würde. Die Erledigungsgebühr sei daher in voller Höhe entstanden, da die Erledigung nur aufgrund seines Einwirkens auf die Klägerin möglich gewesen sei.
Mit Urteil vom 11. Juni 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die durch den Prozessbevollmächtigten nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG festgesetzte volle Erledigungsgebühr sei unbillig und daher gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG für die Beklagte nicht verbindlich. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setze die Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 iVm 1002 VV RVG regelmäßig eine Tätigkeit des Rechtsanwalts voraus, die über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehe. Hieran fehle es. Anwaltliche Aktivitäten, die über das Maß dessen hinausgingen, was schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialgerichtlichen Verfahren abgegolten sei, seien nicht erkennbar. Die Prüfung einer Abhilfeentscheidung und die Rücksprache mit den Mandanten seien keine darüber hinaus gehenden Aktivitäten, die zusätzlich zu vergüten seien. Die geltend gemachte Erledigungsgebühr sei schon dem Grunde nach nicht entstanden. Das SG hat die Berufung nicht zugelassen.
Gegen das ihnen am 19. Juni 2008 zugestellte Urteil haben die Kläger, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 17. Juli 2008 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt. Zur Begründung haben sie vorgetragen, das SG habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass der von der Beklagten erlassene Änderungsbescheid vom 26. Januar 2007 objektiv keine volle Abhilfe dargestellt habe. Daher sei die anfängliche Weigerung der Klägerin zu 1., diesen Bescheid zu akzeptieren, verständlich. Das SG habe in seiner Entscheidung den Rechtsgrundsatz aufgestellt, dass das Einwirken des Anwalts auf die Mandanten mit dem Ziel, einen weiterhin rechtswidrigen Bescheid zu akzeptieren, keine Tätigkeit sei, die ein besonderes Bemühen um eine Einigung darstelle, wie es nach der Rechtsprechung des BSG gefordert werde. Damit weiche das SG von der Rechtsprechung des BSG ab, wonach das besondere Bemühen des Rechtsanwalts auch in einem Einwirken auf den Mandanten bestehen könne. Zudem habe der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung, weil der vom SG aufgestellte Rechtssatz bedeute, dass die Empfehlung des Rechtsanwalts an einen Mandanten, eine rechtswidrige Entscheidung zu akzeptieren, keine Tätigkeit sei, die zum Anfall einer Erledigungsgebühr führen würde. Dieser Rechtssatz sei neu und habe Auswirkungen auf eine Vielzahl von Fällen.
Auf den Hinweis des Senats mit Schreiben vom 19. August 2008, dass es sich allenfalls um einen Subsumtionsfehler handeln könne, hat der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 1. September 2008 ausgeführt, es liege eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, denn das SG habe einen von ihm selbst festgestellten Tatbestand in den Entscheidungsgründen unberücksichtigt gelassen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. Juni 2008 zuzulassen und das Berufungsverfahren durchzuführen.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie könne weder eine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits noch die angeführte Divergenz zur Rechtsprechung des BSG sehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen. Sie war Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Berufung gegen das Urteil vom 11. Juni 2008 zu Recht nicht zugelassen.
Gemäß § 144 Abs. 1 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des SG, wenn der Wert des Streitgegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Der Beschwerdewert liegt hier bei 140,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer. Damit wird der Grenzwert von 750,00 EUR nicht überschritten.
Die Berufung war auch nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie wirft keine bislang ungeklärten Rechtsfragen auf, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern.
Dem Vorbringen der Kläger zur Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde lassen sich verallgemeinerungsfähige klärungsbedürftige Rechtsfragen nicht ableiten. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Kläger die von ihm formulierte Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ob ein Einwirken des Anwalts auf den Mandanten mit dem Ziel, diesen dazu zu bringen, einen teilweise rechtswidrigen Bescheid zu akzeptieren, eine Tätigkeit ist, die eine besondere Mitwirkung bei der Erledigung der Rechtssache darstellt und eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG auslöst, ist abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls und nicht als Rechtssatz verallgemeinerungsfähig.
Grundsätzlich ist durch die Rechtsprechung des BSG geklärt, dass der Anfall der Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung der Rechtssache voraussetzt (Urteil vom 7. November 2006, Az.: B 1 KR 13/06 R, Rpfleger 2007, S. 346), so der amtliche Leitsatz. Das BSG hat in den Entscheidungsgründen weiter ausgeführt, die Sache müsse sich durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt haben; die auf die Erledigung gerichtete besondere Mitwirkung müsse kausal gewesen sein. Es solle die besondere streitvermeidende Tätigkeit zusätzlich honoriert werden. Allein der Erlass einer Abhilfeentscheidung nach Widerspruchsbegründung reiche nicht aus; die übliche anwaltliche Sorgfalt beim Betreiben des Geschäfts werde nicht gesondert honoriert. Die anwaltliche Tätigkeit müsse über das Maß desjenigen hinausgehen, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird.
Nach dieser Rechtsprechung, der sich der 11a Senat des BSG angeschlossen hat (vgl. Urteil vom 21. März 2007, Az.: B 11a AL 53/06 R, SGb 2007, S. 291), obliegt es den Instanzgerichten unter Beachtung des eben dargelegten Rahmens im Einzelfall über das Maß der gebotenen üblichen anwaltlichen Tätigkeit bei der Vertretung im Widerspruchsverfahren und einem darüber hinausgehenden streitvermeidenden Engagement zu entscheiden.
Bei der Prüfung im Einzelfall ist – wie das SG in der angegriffenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat – zu berücksichtigen, dass zu einem üblichen anwaltlichen Tätigwerden im Widerspruchsverfahren neben Einlegung und Begründung des Widerspruchs auch die Prüfung einer Abhilfeentscheidung und die anschließende Beratung der Mandanten über das weitere prozessuale Vorgehen gehört. Wenn – wie möglicherweise im vorliegenden Fall – eine behördliche Abhilfeentscheidung dem Widerspruchsbegehren nicht vollständig Genüge tut, gehört es auch zu den anwaltlichen Aufgaben zu prüfen, ob es sinnvoll erscheint, das anhängige Widerspruchsverfahren fortzuführen, oder die getroffene Abhilfeentscheidung als endgültige zu akzeptieren.
Ob das in diesem Zusammenhang erforderliche oder gezeigte Einwirken eines Rechtsanwalts auf den Mandanten mit dem Ziel, den Widerspruch nicht weiter zu verfolgen, eine Tätigkeit ist, die ein besonderes Bemühen um eine Einigung darstellt, ist eine von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängige Entscheidung, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Letztlich leitet der Prozessbevollmächtigte aus der vom SG auf der Grundlage der dargestellten Rechtsprechung des BSG getroffenen Einzelfallentscheidung einen Grundsatz ab, den das SG in der angefochtenen Entscheidung selbst nicht aufgestellt hat. Das SG hat lediglich entschieden, dass in dem konkreten Einzelfall der Umfang des Tätigwerden des Rechtsanwalts nicht ausreichte, um die Voraussetzungen der Gebührenziffern Nr. 1005 iVm 1002 VV RVG zu erfüllen.
Es besteht auch keine Divergenz im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG. Ein Abweichen des Urteils von einer Entscheidung des Landessozialgerichts ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Entgegen den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten weicht die angegriffene Entscheidung des SG nicht von der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 7. November 2006, a.a.O.) ab, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt. Vielmehr ist das SG in seiner Entscheidung von den Maßgaben der Rechtsprechung des BSG ausgegangen und hat den Vorgaben folgend geprüft, ob anwaltliche Aktivitäten vorlagen, die über das Maß desjenigen hinaus gehen, das durch den allgemeinen Gebührentatbestand für die anwaltliche Vertretung im sozialgerichtlichen Vorverfahren abgegolten ist.
Schließlich liegt auch ein Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor. Dieser ist nur dann gegeben, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, dieser vorliegt und die Entscheidung auf ihm beruhen kann. Unter einem Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, zu verstehen (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG, 9. Auflage 2008, § 144 RN 36 ff.).
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat im Schriftsatz vom 1. September 2008 einen Gehörsverstoß behauptet. Er hat ausgeführt, das SG habe im Tatbestand festgestellt, dass ein Befürworten der Annahme einer fehlerhaften Entscheidung gegenüber seinen Mandanten vorliege. Es habe jedoch in den Entscheidungsgründen diesen festgestellten Sachverhalt weder bewertet noch irgendwelche Ausführungen dazu gemacht.
Darin liegt jedoch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Das SG hat das Vorbringen der Kläger zur Kenntnis genommen, wie sich aus der Aufnahme in den Tatbestand zeigt. Es hat sich in den Entscheidungsgründen damit auseinandergesetzt. So hat es u.a. die "Rücksprache mit der Mandantin" als "keine hierüber hinausgehenden Aktivitäten, die zusätzlich zu vergüten wären", erachtet. Ein Verfahrensverstoß iSv § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt daher nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde nicht zulässig (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Kläger begehren die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau (SG) vom 11. Juni 2008 und die Durchführung des Berufungsverfahrens. Es geht ihnen um die Höhe der Kostenerstattung für ihre anwaltliche Vertretung im Widerspruchsverfahren. Sie begehren die Zuerkennung einer besonderen Erledigungsgebühr nach den Nummern 1002 und 1005 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG).
Die Kläger standen im Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) durch die Beklagte. Mit Schreiben vom 3. Januar 2007 legte die Klägerin zu 1. zunächst selbst Widerspruch gegen einen Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2006 ein. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger zeigte mit Schreiben vom 16. Januar 2007 an, dass er die Vertretung der Kläger übernommen habe. Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 29. Januar 2007 mit, dass sie den angefochtenen Bescheid mit Bescheid vom 26. Januar 2007 aufgehoben und dem Widerspruch in vollem Umfang "entsprochen" habe. Darüber hinaus teilte sie mit, die entstandenen Kosten würden auf Antrag erstattet.
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger stellte unter dem 19. Februar 2007 neben einer Geschäftsgebühr und der Pauschale für Post und Telekommunikation, die nicht streitig sind, eine Erledigungsgebühr nach § 14 RVG, Nr. 1005 und 1002 VV, iHv 280,00 EUR zzgl. Mehrwertsteuer in Rechnung. Die Kostennote belief sich insgesamt auf 728,28 EUR. Die Beklagte setzte mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 15. März 2007 neben den unstreitigen Positionen eine Erledigungsgebühr iHv 140,00 EUR fest, insgesamt 561,68 EUR. Den mit Schreiben vom 19. März 2007 dagegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2007 zurück.
Am 2. Juli 2007 haben die Kläger Klage durch ihren Prozessbevollmächtigten erhoben, der vorgetragen hat, die Klägerin zu 1. habe das Schreiben der Beklagten vom 29. Januar 2007 zunächst nicht als vollständige Abhilfe akzeptieren wollen. Er habe dann von ihr weitere Unterlagen erbeten, um eine Gesamtberechnung durchführen zu können. Sodann habe er ihr nach Abwägung aller Umstände geraten, die Änderung durch die Beklagte als Abhilfe anzunehmen. Nach einer erneuten Besprechung mit der Klägerin zu 1. habe er schließlich der Beklagten mitgeteilt, dass trotz bestehender Bedenken die Abhilfe anerkannt würde. Die Erledigungsgebühr sei daher in voller Höhe entstanden, da die Erledigung nur aufgrund seines Einwirkens auf die Klägerin möglich gewesen sei.
Mit Urteil vom 11. Juni 2008 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die durch den Prozessbevollmächtigten nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG festgesetzte volle Erledigungsgebühr sei unbillig und daher gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG für die Beklagte nicht verbindlich. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setze die Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 iVm 1002 VV RVG regelmäßig eine Tätigkeit des Rechtsanwalts voraus, die über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehe. Hieran fehle es. Anwaltliche Aktivitäten, die über das Maß dessen hinausgingen, was schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialgerichtlichen Verfahren abgegolten sei, seien nicht erkennbar. Die Prüfung einer Abhilfeentscheidung und die Rücksprache mit den Mandanten seien keine darüber hinaus gehenden Aktivitäten, die zusätzlich zu vergüten seien. Die geltend gemachte Erledigungsgebühr sei schon dem Grunde nach nicht entstanden. Das SG hat die Berufung nicht zugelassen.
Gegen das ihnen am 19. Juni 2008 zugestellte Urteil haben die Kläger, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, am 17. Juli 2008 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt. Zur Begründung haben sie vorgetragen, das SG habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass der von der Beklagten erlassene Änderungsbescheid vom 26. Januar 2007 objektiv keine volle Abhilfe dargestellt habe. Daher sei die anfängliche Weigerung der Klägerin zu 1., diesen Bescheid zu akzeptieren, verständlich. Das SG habe in seiner Entscheidung den Rechtsgrundsatz aufgestellt, dass das Einwirken des Anwalts auf die Mandanten mit dem Ziel, einen weiterhin rechtswidrigen Bescheid zu akzeptieren, keine Tätigkeit sei, die ein besonderes Bemühen um eine Einigung darstelle, wie es nach der Rechtsprechung des BSG gefordert werde. Damit weiche das SG von der Rechtsprechung des BSG ab, wonach das besondere Bemühen des Rechtsanwalts auch in einem Einwirken auf den Mandanten bestehen könne. Zudem habe der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung, weil der vom SG aufgestellte Rechtssatz bedeute, dass die Empfehlung des Rechtsanwalts an einen Mandanten, eine rechtswidrige Entscheidung zu akzeptieren, keine Tätigkeit sei, die zum Anfall einer Erledigungsgebühr führen würde. Dieser Rechtssatz sei neu und habe Auswirkungen auf eine Vielzahl von Fällen.
Auf den Hinweis des Senats mit Schreiben vom 19. August 2008, dass es sich allenfalls um einen Subsumtionsfehler handeln könne, hat der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 1. September 2008 ausgeführt, es liege eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor, denn das SG habe einen von ihm selbst festgestellten Tatbestand in den Entscheidungsgründen unberücksichtigt gelassen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. Juni 2008 zuzulassen und das Berufungsverfahren durchzuführen.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie könne weder eine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits noch die angeführte Divergenz zur Rechtsprechung des BSG sehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen. Sie war Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Berufung gegen das Urteil vom 11. Juni 2008 zu Recht nicht zugelassen.
Gemäß § 144 Abs. 1 SGG in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung in einem Urteil des SG, wenn der Wert des Streitgegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Der Beschwerdewert liegt hier bei 140,00 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer. Damit wird der Grenzwert von 750,00 EUR nicht überschritten.
Die Berufung war auch nicht nach § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie wirft keine bislang ungeklärten Rechtsfragen auf, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern.
Dem Vorbringen der Kläger zur Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde lassen sich verallgemeinerungsfähige klärungsbedürftige Rechtsfragen nicht ableiten. Soweit der Prozessbevollmächtigte der Kläger die von ihm formulierte Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Ob ein Einwirken des Anwalts auf den Mandanten mit dem Ziel, diesen dazu zu bringen, einen teilweise rechtswidrigen Bescheid zu akzeptieren, eine Tätigkeit ist, die eine besondere Mitwirkung bei der Erledigung der Rechtssache darstellt und eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG auslöst, ist abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls und nicht als Rechtssatz verallgemeinerungsfähig.
Grundsätzlich ist durch die Rechtsprechung des BSG geklärt, dass der Anfall der Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG eine qualifizierte anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung der Rechtssache voraussetzt (Urteil vom 7. November 2006, Az.: B 1 KR 13/06 R, Rpfleger 2007, S. 346), so der amtliche Leitsatz. Das BSG hat in den Entscheidungsgründen weiter ausgeführt, die Sache müsse sich durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt haben; die auf die Erledigung gerichtete besondere Mitwirkung müsse kausal gewesen sein. Es solle die besondere streitvermeidende Tätigkeit zusätzlich honoriert werden. Allein der Erlass einer Abhilfeentscheidung nach Widerspruchsbegründung reiche nicht aus; die übliche anwaltliche Sorgfalt beim Betreiben des Geschäfts werde nicht gesondert honoriert. Die anwaltliche Tätigkeit müsse über das Maß desjenigen hinausgehen, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird.
Nach dieser Rechtsprechung, der sich der 11a Senat des BSG angeschlossen hat (vgl. Urteil vom 21. März 2007, Az.: B 11a AL 53/06 R, SGb 2007, S. 291), obliegt es den Instanzgerichten unter Beachtung des eben dargelegten Rahmens im Einzelfall über das Maß der gebotenen üblichen anwaltlichen Tätigkeit bei der Vertretung im Widerspruchsverfahren und einem darüber hinausgehenden streitvermeidenden Engagement zu entscheiden.
Bei der Prüfung im Einzelfall ist – wie das SG in der angegriffenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat – zu berücksichtigen, dass zu einem üblichen anwaltlichen Tätigwerden im Widerspruchsverfahren neben Einlegung und Begründung des Widerspruchs auch die Prüfung einer Abhilfeentscheidung und die anschließende Beratung der Mandanten über das weitere prozessuale Vorgehen gehört. Wenn – wie möglicherweise im vorliegenden Fall – eine behördliche Abhilfeentscheidung dem Widerspruchsbegehren nicht vollständig Genüge tut, gehört es auch zu den anwaltlichen Aufgaben zu prüfen, ob es sinnvoll erscheint, das anhängige Widerspruchsverfahren fortzuführen, oder die getroffene Abhilfeentscheidung als endgültige zu akzeptieren.
Ob das in diesem Zusammenhang erforderliche oder gezeigte Einwirken eines Rechtsanwalts auf den Mandanten mit dem Ziel, den Widerspruch nicht weiter zu verfolgen, eine Tätigkeit ist, die ein besonderes Bemühen um eine Einigung darstellt, ist eine von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängige Entscheidung, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Letztlich leitet der Prozessbevollmächtigte aus der vom SG auf der Grundlage der dargestellten Rechtsprechung des BSG getroffenen Einzelfallentscheidung einen Grundsatz ab, den das SG in der angefochtenen Entscheidung selbst nicht aufgestellt hat. Das SG hat lediglich entschieden, dass in dem konkreten Einzelfall der Umfang des Tätigwerden des Rechtsanwalts nicht ausreichte, um die Voraussetzungen der Gebührenziffern Nr. 1005 iVm 1002 VV RVG zu erfüllen.
Es besteht auch keine Divergenz im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG. Ein Abweichen des Urteils von einer Entscheidung des Landessozialgerichts ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Entgegen den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten weicht die angegriffene Entscheidung des SG nicht von der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 7. November 2006, a.a.O.) ab, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt. Vielmehr ist das SG in seiner Entscheidung von den Maßgaben der Rechtsprechung des BSG ausgegangen und hat den Vorgaben folgend geprüft, ob anwaltliche Aktivitäten vorlagen, die über das Maß desjenigen hinaus gehen, das durch den allgemeinen Gebührentatbestand für die anwaltliche Vertretung im sozialgerichtlichen Vorverfahren abgegolten ist.
Schließlich liegt auch ein Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht vor. Dieser ist nur dann gegeben, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, dieser vorliegt und die Entscheidung auf ihm beruhen kann. Unter einem Verfahrensmangel ist ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die das sozialgerichtliche Verfahren regelt, zu verstehen (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG, 9. Auflage 2008, § 144 RN 36 ff.).
Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat im Schriftsatz vom 1. September 2008 einen Gehörsverstoß behauptet. Er hat ausgeführt, das SG habe im Tatbestand festgestellt, dass ein Befürworten der Annahme einer fehlerhaften Entscheidung gegenüber seinen Mandanten vorliege. Es habe jedoch in den Entscheidungsgründen diesen festgestellten Sachverhalt weder bewertet noch irgendwelche Ausführungen dazu gemacht.
Darin liegt jedoch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Das SG hat das Vorbringen der Kläger zur Kenntnis genommen, wie sich aus der Aufnahme in den Tatbestand zeigt. Es hat sich in den Entscheidungsgründen damit auseinandergesetzt. So hat es u.a. die "Rücksprache mit der Mandantin" als "keine hierüber hinausgehenden Aktivitäten, die zusätzlich zu vergüten wären", erachtet. Ein Verfahrensverstoß iSv § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt daher nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde nicht zulässig (§ 177 SGG).
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