L 7 SB 72/08

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 9 SB 212/06
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 7 SB 72/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Gesamt - GdB bei mehreren Behinderungen
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Juli 2008 und der Bescheid des Beklagten vom 30. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2006 werden aufgehoben. Der Bescheid vom 23. November 1998 wird abgeändert und der Beklagte verpflichtet, beim Kläger einen Grad der Behinderung von 40 mit Wirkung ab 13. Februar 2006 festzustellen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des festgestellten Behinderungsgrads.

Der am ... 1944 geborene Kläger beantragte am 21. Juli 1993 aufgrund einer Tumorerkrankung der Haut und eines Hörschadens die Feststellung von Behinderungen beim Beklagten. Im Verwaltungsverfahren lag eine Epikrise der Medizinischen Akademie M. vor, in der über die Operation eines malignen Melanoms am 20. April 1993 berichtet worden war. Mit Befundschein vom 10. Juli 1993 diagnostizierte der Facharzt für Allgemeinmedizin E. eine milde Hypertonie, die beobachtet werde. Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten Dipl.-Med. J. teilte mit Schreiben vom 25. August 1993 mit, beim Kläger handele es sich um eine annähernd symmetrische mittelgradige reine Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits mit nur geringer Progredienz im Vergleich zum Befund von 1986. In Anlage übersandte er die Audiogrammkopien vom 19. März 1992 und 29. August 1986. In Auswertung dieser Unterlagen schlug der beteiligte ärztliche Dienst des Beklagten für die Hauterkrankung einen Grad der Behinderung von 50, für die Schwerhörigkeit von 25 und einen Gesamtgrad von 60 vor. Dem folgend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 16. November 1993 beim Kläger einen Grad der Behinderung von 60 fest.

Den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 11. April 1996 wegen Bewegungseinschränkungen des linken Fußes und Einschränkungen der Sehfähigkeit lehnte der Beklagte nach medizinischer Sachaufklärung mit Bescheid vom 8. Juli 1996 ab.

Im Jahr 1998 holte der Beklagte im Rahmen der Nachuntersuchung von Amts wegen einen Befundbericht der Fachärzte für Hautkrankheiten Dipl.-Med. S./Dr. G. vom 3. Juli 1998 ein. Danach bestehe kein Anhalt für ein Rezidiv der Krebserkrankung, doch sei der Kläger durch die Angst vor einer erneuten Krebserkrankung deutlich psychisch eingeschränkt. Einer diesbezüglichen Betreuung sei er nicht zugänglich und meine, es sei schon nicht so schlimm. Nach Beteiligung des ärztlichen Dienstes, der für die Hörminderung einen Grad der Behinderung von 30, die psychische Störung einen Grad der Behinderung von 10 sowie einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 vorschlug, stellte der Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 23. November 1998 einen Grad der Behinderung von 30 ab 1. Dezember 1998 fest.

Am 13. Februar 2006 beantragte der Kläger abermals die Neufeststellung seiner Behinderungen und das Merkzeichen "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr). Er verwies auf ein Hautkarzinom sowie einen erlittenen Herzinfarkt. Außerdem sei ein Stent (selbstexpandierende Endoprothese) angelegt worden.

Der Beklagte holte zunächst einen Befundbericht von Dipl.-Med. S. vom 22. Februar 2006 ein. Diese berichtete über ein Basaliom im Bereich des linken vorderen Thoraxes im Jahr 2005. Der vom Hauttyp sonnenempfindliche Kläger leide auch zunehmend an einer Austrocknung der Haut mit blanden (mild verlaufenden) Ekzemen am Stamm. Er müsse sich viermal im Jahr untersuchen lassen, um maligne Veränderungen schnell operativ therapieren zu können. Dadurch sei er seelisch sehr belastet. Er wolle immer verdrängen, trage aber an den Diagnosen ungewöhnlich schwer.

Außerdem lag der Reha-Entlassungsbericht der Klinik B.-S. vom 3. März 2006 vor. Als Diagnosen sind dort ein Zustand nach Hinterwandmyokardinfarkt am 19. Januar 2006 mit leichtgradiger Einschränkung der linksventrikulären (LV)-Funktion (EF 52 %), ein Zustand nach Stent bei koronarer Zweigefäßerkrankung, eine essentielle arterielle Hypertonie Stadium WHO II mit isolierter Septumhypertrophie (Verdickung der Herzscheidewand) und eine Hypercholesterolämie (erhöhte Konzentration von Cholesterol) angegeben worden. Im Aufnahmebefund sind eine mit Brille korrigierte Fehlsichtigkeit, keine wesentliche Hörminderung, einen Blutdruck von 150/90 mmHg, eine lotgerechte Wirbelsäule ohne Druck- oder Klopfschmerz, ein Finger-Boden-Abstand von 10 cm und ein unauffälliger psychischer Eindruck mitgeteilt worden. Die Extremitäten seien aktiv und passiv frei beweglich gewesen. Das bis 125 Watt auf dem Fahrradergometer durchgeführte Belastungs-EKG habe keine Angina pectoris-Symptomatik und keine Herzrhythmusstörungen gezeigt. Der Blutdruck und der Puls seien belastungsadäquat gewesen. Zwar habe der Kläger noch einen leichten linksthorakalen Druck sowie eine insgesamt leichte Leistungsinsuffizienz angegeben. Doch eine höhergradige Dyspnoe, Schwindelattacken oder Synkopen (Ohnmacht), Ödemeinlagerungen oder Herzrhythmusstörungen habe er nicht bemerkt.

In Auswertung dieser Befunde schlug der Ärztliche Dienst des Beklagten (Dr. W.) für die Hörminderung einen Grad der Behinderung von 30, für die Herzleistungsminderung bei koronarer Herzkrankheit und Bluthochdruck von 20, für die psychischen Störungen von 10 sowie einen Gesamtgrad von 30 vor. Dem folgend lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 30. März 2006 die Neufeststellung der Behinderungen ab.

Dagegen erhob der Kläger am 6. April 2006 Widerspruch und trug vor, allein für das Basaliom sei ein Grad der Behinderung von mindestens 50 anzunehmen. Des Weiteren leide er unter Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates sowie Kurzatmigkeit bei Belastungen. Aufgrund dieser Einschränkungen habe er auch deutliche seelische Begleiterscheinungen.

Im Widerspruchsverfahren holte der Beklagte nochmals einen Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin E. vom 23. Juli 2006 ein. Dieser teilte mit, der Kläger habe belastungsabhängig wieder Druckgefühl hinter dem Brustbein geschildert. Es liege auch eine vertebragene (von der Wirbelsäule ausgehende) Beteiligung im Sinne einer Reflexantwort vor. In Folge der herabgesetzten Leistungsfähigkeit und betrieblicher Querelen sei eine subdepressive bis depressive Stimmungslage eingetreten. In Anlage übersandte Herr E. eine Epikrise des Klinikums Q. vom 4. Mai 2006. Danach sei die Aufnahme des Klägers zur Abklärung von thorakalen Stichen ohne Ausstrahlung und ohne begleitende Luftnot erfolgt. Der Kläger habe keine Schwindelsymptomatik, kein Herzrasen, keine Übelkeit, aber bei schwerster Belastung eine leichte Atemsymptomatik beklagt. Die Herzkatheteruntersuchung vom 11. April 2006 habe einen hypertrophierten linken Ventrikel mit inferobasaler Hypokinese (Wandbewegungsstörung) und global regelrechter Funktion (EF 60 %) gezeigt. Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerdesymptomatik möglicherweise durch eine Gastritis ausgelöst worden sei. Nach nochmaliger Beteiligung des Ärztlichen Dienstes wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2006 den Widerspruch des Klägers zurück.

Am 10. Oktober 2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Magdeburg Klage mit dem Ziel der Feststellung eines Behinderungsgrads von mindestens 50 erhoben. Er hat die Ansicht vertreten, für die Herzleistungsminderung mit Bluthochdruck sei ein Grad der Behinderung von 40 angemessen. Außerdem bestehe eine psychische Behinderung, die mit einem Grad der Behinderung von 10 deutlich zu gering bewertet worden sei. Außerdem bestünden Rückenschmerzen und krankhafte Veränderungen im Wirbelsäulenbereich, sodass in Zusammenschau mit dem unstreitig festgestellten Grad der Behinderung von 30 für die Hörminderung mindestens die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen sei.

Das Sozialgericht hat durch die Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte des Klägers Beweis erhoben. Der Facharzt für Urologie Dipl.-Med. R. verneinte am 7. Mai 2008 aus urologischer Sicht Funktionseinschränkungen. Der Internist Dr. B. berichtete am 15. Mai 2008 von jährlichen Ergometriekontrollen mit Belastungen bis 120 Watt. Die Echokardiografie habe in den letzten Jahren einen unveränderten Befund (EF 55 %) gezeigt. Insgesamt liege ein weitgehend stabiler Herzkreislaufzustand ohne Progredienz vor. Die Hypertonie Stadium WHO I bis II sei aufgrund der Linksherzhypertrophie als mittelschwere Form einzuordnen. Auch der Facharzt für Allgemeinmedizin E. schilderte mit Befundbericht vom 9. Juni 2008 einen nach dem Infarkt und der dann erfolgten Reha-Maßnahme praktisch unveränderten Gesundheitszustand. Er schätze ein, die koronare Herzerkrankung sei mit einer mittelschweren Leistungsbeeinträchtigung verbunden. Bezüglich der Hypertonie, deren medikamentöse Einstellung schwierig gewesen sei, sei von einem Übergangsstadium von der leichten zur mittelschweren Form auszugehen. Außerdem habe sich eine subdepressive Stimmungslage eingestellt. In Anlage übersandte Herr E. weitere medizinische Unterlagen. Nach dem Befund von der Herzkatheruntersuchung am 11. April 2006 bestehe weiterhin eine 50%ige RIVA-Stenose (Ramus intraventricularis anterior, Hauptast der linken Koronararterie, der über der Vorderwand der Herzens verläuft). Dr. B. hatte in Auswertung der Echokardiografie vom 18. Januar 2007 eine gute globale Pumpfunktion (EF 55 %) sowie eine gute Ergometriebelastung (160 Watt) mitgeteilt. Mit Arztbrief vom 26. Februar 2008 hatte Dr. B. über einen Blutdruck von 142/106 mmHg, eine gute globale Pumpfunktion (EF 56 %), einen normfrequenten Sinusrhythmus und eine Ergometriebelastung ohne Ischämiereaktion bis 160 Watt berichtet. Ausweislich des ebenfalls beigelegten Arztbriefs des Facharztes für Innere Medizin und Gastroenterologie Dr. A. vom 24. August 2007 sei aufgrund einer Gastroskopie der Verdacht auf zwei kurze Barettschleimhautzungen geäußert worden. Der Heliobacter–Schnelltest sei positiv gewesen. Der Pathologe Dr. M. hatte mit Arztbrief vom 30. August 2007 eine gastroösophageale Refluxkrankheit vom Baretttyp ohne Dysplasien bestätigt. Mit Arztbriefen vom 11. November 2005 und 20. März 2007 hat der Pneumologe Dr. B. nach Thoraxaufnahme und Bodyplethysmographie keine bronchopulmonalen Auffälligkeiten feststellen können. Außerdem lagen Arztbriefe der Fachärztin für Orthopädie Dr. N. vor. Am 6. November 2006 hatte diese eine Coxarthrose (rechtes Hüftgelenk: Extension/Flexion 0/0/100 Grad, Abduktion/Adduktion 30/0/20 Grad, Außenrotation/Innenrotation 30/0/10 Grad nach der Neutral-Null-Methode) sowie eine Blockierung der Lendenwirbelsäule (LWS) und des rechten Iliosakralgelenks diagnostiziert. Der Röntgenbefund habe einen normalen knöchernen Befund des rechten Hüftgelenks gezeigt. Am 24. Januar 2008 hatte Dr. N. ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit endgradig eingeschränkter Beweglichkeit, Blockierungen im Bereich des Lendenwirbelkörpers (L)5 und L2/3 und der Iliosakralgelenke beidseits sowie einen paravertebralen Hartspann im lumbosacralen Übergang ohne neurologische Ausstrahlung in die unteren Extremitäten diagnostiziert. Die Röntgenuntersuchung habe eine diskrete Osteochondrose (Knochendegeneration) der LWS gezeigt.

Mit Urteil vom 7. Juli 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Hörminderung sei mit einem Grad der Behinderung von 30 zu bewerten. Für das Funktionssystem Herz-Kreislauf sei aufgrund der Herzleistungsminderung bei koronarer Herzerkrankung und Bluthochdruck ein Grad der Behinderung von 20 festzustellen. Der Bluthochdruck sei vom behandelnden Internisten und vom Hausarzt übereinstimmend mit Stadium I bis II eingeschätzt worden. Außerdem sei die Pumpleistung des Herzens (EF 55 bis 60 %) nur gering eingeschränkt gewesen. Eine Ergometriebelastbarkeit sei wiederholt bis 160 Watt erfolgt. Ein höherer Einzelgrad der Behinderung als 10 sei für die subdepressive Stimmungslage nicht zu begründen, da eine wesentliche psychische Störung des Klägers nicht erkennbar sei. Bei Gesamtwürdigung des Behinderungsgrads ist festzustellen, dass der Kläger in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht so eingeschränkt sei wie jemand, dessen Behinderung nach den Anhaltspunkten für die Ärztliche Gutachtertätigkeit mit einem Behinderungsgrad von 50 zu bewerten sei.

Gegen das am 21. Juli 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. August 2008 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Herzleistungsminderung bei Bluthochdruck sei zu niedrig bewertet worden. Es sei erneut eine Herzdiagnostik und ggf. eine Operation geplant. Aufgrund der bereits im Befundbericht vom 13. September 2006 diagnostizierten arteriellen Hypertonie und des hypertrophierten Ventrikels sei von einer mittelschweren Form der Hypertonie mit einem Grad der Behinderung von 40 und einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 auszugehen. Ergänzend hat der Kläger am 3. Dezember 2009 auf die weiterhin fortbestehende RIVA-Stenose und die pathologischen Veränderungen im Elektrokardigramm (EKG) hingewiesen. Zudem gehe er von einer weiteren Verschlechterung der Herzleistung seit den Jahren 2006/2007 aus.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Juli 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 30. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2006 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 23. November 1998 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, bei dem Kläger ab 13. Februar 2006 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, ein höherer Grad der Behinderung als 20 sei bei Ergometriekontrollen von 120 Watt mit adäquater Blutdruckregulation und Laborwerten im Normbereich für das Funktionssystem Herz-Kreislauf nicht festzustellen. Für die Hörminderung sei bereits 1993 ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt worden. Eine dementsprechend vorausgesetzte mittelgradige Hörminderung beidseits sei aber in keinem Befundbericht erwähnt.

Der Senat hat einen Befundbericht der Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. T. vom 16. Februar 2009 eingeholt. Aufgrund der erstmaligen Behandlung des Klägers am 17. November 2008 hat sie eine mittelgradige Schwerhörigkeit beider Ohren diagnostiziert. In Anlage hat sie Audiogramme übersandt und mitgeteilt, der Kläger habe über Gleichgewichtsstörungen berichtet. Außerdem hat sie die Behandlungskartei ihres Praxisvorgängers Dr. W. übersandt. In dieser hat sich eine ohrenärztliche Verordnung eines Hörgeräts vom 26. August 2002 (Ersatzgerät), der Anpassbericht des Hörgeräteakustikers Eger vom 12. September 2002 sowie ein am 26. August 2005 erstelltes Audiogramm befunden.

In Auswertung der medizinischen Unterlagen von Dr. T. hat der Beklagte unter Hinweis auf die prüfärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 10. März 2009 mitgeteilt, eine Hörbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 30 sei belegt. Die im Jahr 2002 mit Hörgeräten erstellten Audiogramme seien nicht aussagefähig. Doch könnten keinesfalls früher schlechtere Audiometriebefunde als jetzt vorliegen, weil bei der hier bestehenden Schwerhörigkeit keine Besserung eingetreten könne.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auch statthafte Berufung des Klägers ist teilweise begründet.

Die Klage gegen den Bescheid vom 30. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2006 ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Die Klage ist insoweit unbegründet, als der Kläger die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft begehrt. Doch rechtfertigen die Gesundheitsstörungen des Klägers einen Grad der Behinderung von 40, sodass die Klage teilweise Erfolg hat. Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der hier erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. BSG v. 12. April 2000 – B 9 SB 3/99 R = SozR 3-3870 § 3 Nr. 9, Seite 22).

Da der Beklagte bereits mit Beschied vom 23. November 1998 einen Grad der Behinderung von 30 festgestellt und damit über den Grad der Behinderung des Klägers entschieden hat, richten sich die Voraussetzungen für die Neufeststellung nach § 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist dann anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung des Behinderungszustands eine Herabsetzung oder Erhöhung des Gesamtbehinderungsgrads um wenigstens 10 ergibt. Die Änderung der Behinderungsbezeichnung oder das Hinzutreten weiterer Teil-Behinderungen ohne Auswirkung auf den Gesamtbehinderungsgrad allein stellen aber noch keine wesentliche Änderung dar (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 – B 9 SB 18/97 R, zitiert nach juris). Für die wesentliche Änderung kommt es weder auf den Inhalt des Vergleichsbescheids noch auf die von der Behörde bei der Bewilligung oder später angenommenen Verhältnisse, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse und deren objektive Änderung an (KassKomm-Steinwedel, SGB X, § 48 Rdnr. 14 m.w.N.).

Im Vergleich zu den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheids vom 23. November 1998 vorgelegen haben, hat es eine Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen gegeben. Die nunmehr vorliegenden Funktionseinschränkungen aufgrund des Bluthochdrucks und der Herzerkrankung rechtfertigen eine Erhöhung des Gesamtbehinderungsgrads auf 40 und sind daher als wesentlich anzusehen.

Für den streitgegenständlichen Zeitraum gilt das am 1. Juli 2001 in Kraft getretene Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046). Der hier anzuwendende § 69 SGB IX ist durch die Gesetze vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) und vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) geändert worden. Rechtsgrundlage für den von dem Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ist § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Infolge der verfahrensrechtlichen Änderungen des § 69 SGB IX durch das Gesetz vom 23. April 2004 (a.a.O.) hat sich im Übrigen nur die Satzzählung geändert. Im Folgenden werden die Vorschriften des § 69 SGB IX nach der neuen Satzzählung zitiert.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Diese Vorschrift knüpft materiellrechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.

§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX ist durch das insoweit am 21. Dezember 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 13. Dezember 2007 (a.a.O.) geändert worden. Nach der früheren Fassung der Vorschrift galten für den Grad der Behinderung die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Nach dem Wortlaut der früheren Fassung des ebenfalls durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 geänderten § 30 Abs. 1 BVG war für die Beurteilung die körperliche und geistige Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben maßgeblich, wobei seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen waren. Nach der Neufassung des § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten für den Grad der Behinderung die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach der damit in Bezug genommenen neuen Fassung des § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades – dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS) – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden, zu deren Erlass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch den dem § 30 BVG durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 angefügten Absatz 17 ermächtigt worden ist.

Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember 2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und sind damit nunmehr der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte mit der rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zugrunde zu legen. Zuvor dienten der Praxis als Beurteilungsgrundlage die jeweils vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene Sachverständigengutachten eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 2003 – B 9 SB 3/02 RSozR 4-3800 § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Die in den Anhaltspunkten (letzte Ausgabe von 2008) enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des Grades der Behinderung bzw. der Schädigungsfolge bisher richtete, sind in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.). Die im vorliegenden Fall heranzuziehenden Abschnitte aus den Anhaltspunkten in den Fassungen von 2004 und 2008 bzw. aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen sind nicht geändert worden. Im Folgenden werden daher nur die Vorschriften der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zitiert.

Der hier streitigen Bemessung des Grads der Behinderung ist die GdS (Grad der Schädigung)-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Teil A, Seite 17 ff.) zugrunde zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der Tabelle (Teil A, Seite 8 ff.) sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Nr. 2 e (Teil A, Seite 8) genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a, Seite 18).

Nach diesem Maßstab kann für die Funktionseinschränkungen des Klägers ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt werden. Dabei stützt sich der Senat auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen, die eingeholten Befundberichte nebst Anlagen sowie auf den Reha-Entlassungbericht der Paracelsus-Klinik. Einer weiteren Sachaufklärung bedurfte es nicht. Insbesondere Dr. B. und Herr E. haben in ihren Befundberichten aus dem Jahre 2008 auf die seit dem Jahre 2006 praktisch nicht veränderten Befunde hingewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass der vom Kläger behaupteten Notwendigkeit einer erneuten Herzdiagnostik und Operation eine weitere Funktionseinschränkung im Sinne einer Verschlechterung zugrunde liegt.

a) Die Schallempfindungsschwerhörigkeit des Klägers ist dem Funktionssystem Ohren zuzurechnen und bedingt einen Grad der Behinderung von 30.

Für den Behinderungsgrad ist die Herabsetzung des Sprachgehörs maßgeblich (Teil B, Nr. 5, Seite 33). Der Umfang der Prüfung ist ohne Hörhilfen zu bestimmen. Für die Beurteilung ist die von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie empfohlene Tabelle zugrunde zu legen. Nach Durchführung eines Ton- und Sprachaudiogramms ist der Prozentsatz des Hörverlustes aus entsprechenden Tabellen abzuleiten.

Danach ist - wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist - ein Grad der Behinderung von 30 für die Herabsetzung des Sprachgehörs festzustellen. Der Senat folgt der ärztlichen Stellungnahme von Dr. W., die auch nach Auswertung der von Dr. T. vorgelegten Unterlagen für den gesamten Zeitraum seit der erstmaligen Bescheiderteilung im Jahr 1993 von einem Grad der Behinderung von 30 ausgeht. Nach der Tabelle 5.2.4. der Versorgungsmedizinische Grundsätze (Teil B, Nr. 5, Seite 35) ist bei einer mittelgradigen Schwerhörigkeit auf beiden Ohren ein Grad der Behinderung von 30 anzunehmen. Die verbale Einschätzung einer beidseitigen mittelgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit ohne Progredienz im Vergleich zu 1986 hatte auch schon Dipl.-Med. J. mit Befundschein vom 10. Juli 1993 unter Hinweis auf die Audiogramme aus dem Jahre 1986 und 1992 abgegeben. Für den Zeitraum bis 2002 fehlen zwar medizinische Unterlagen, doch ist aus den von Dr. T. für den Zeitraum ab dem Jahre 2002 vorgelegten Unterlagen wiederum ein Grad der Behinderung von 30 feststellbar. Da eine zwischenzeitliche Verschlechterung bei der hier vorliegenden Schallempfindungsschwerhörigkeit nicht möglich ist, kann auch für den Zeitraum zwischen 1992 und 2002 von einem Grad der Behinderung von 30 ausgegangen werden.

b) Das Bluthochdruckleiden mit Herzbeteiligung und die durch Stentung behandelte koronare Zweigefäßerkrankung sind dem Funktionssystem Herz-Kreislauf zuzuordnen und rechtfertigen insgesamt maximal einen Grad der Behinderung von 30 seit der Antragstellung am 13. Februar 2006.

Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B, Nr. 9, Seite 46) kommt es bei Herz-Kreislauferkrankungen nicht auf die Art der Erkrankung, sondern auf die jeweilige konkrete Leistungseinbuße an. Daher lassen weder die Diagnose einer Hypertonie, einer koronaren Zweigefäßerkrankung noch einer RIVA-Stenosierung einen Rückschluss auf die bestehenden Funktionseinschränkungen des Klägers zu. Bei der Beurteilung des Behinderungsgrads ist daher zunächst grundsätzlich von dem klinischen Bild und von den Funktionseinschränkungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten und andere Parameter stellen dabei lediglich Richtwerte dar, die das klinische Bild ergänzen (Teil B, Nr. 9, Seite 46). Auch gestatten allein elektrokardiografische Abweichungen in der Regel keinen Rückschluss auf die Leistungseinbuße, sodass auch die vom Kläger vorgetragenen pathologischen Veränderungen im EKG für die Beurteilung des Behinderungsgrads nicht maßgeblich sind.

Nach Teil B, Nr. 9.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Seite 51) ist die leichte Form der Hypertonie, bei der keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundsveränderungen vorliegen, mit einem Grad der Behinderung von 0 bis zu 10 zu bewerten. Die mittelschwere Form eröffnet je nach Leistungsbeeinträchtigung einen Bewertungsrahmen von 20 bis 40. Kriterien dafür sind Organbeteiligungen leichten bis mittleren Grads (Augenhintergrundsveränderungen – Fundus hypertonicus I bis II- und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) sowie diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung.

Nach dem aufgezeigten Maßstab ist das Bluthochdruckleiden des Klägers mit einem Behinderungsgrad von 20 zu bewerten. Der mit WHO II eingeordnete Bluthochdruck ist nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen grenzwertig eingestellt (Reha-Entlassungsbericht vom 3. März 2006: 150/90 mmHg; Dr. B. am 26. Februar 2008: 142/106 mmHg). Auch Herr E. hat von einer schwierigen Einstellung des Bluthochdrucks berichtet. Zwar sind Dr. B. und Herr E. übereinstimmend von einem Übergangsstadium zwischen einer leichten und mittelschweren Form der Hypertonie ausgegangen. Unter Berücksichtigung der Linksherzhypertrophie mit Hyokinese ist aber schon eine mittelschwere Form der Hypertonie festzustellen, weil damit eine Organbeteiligung des Herzens vorliegt. Diese Erkrankung eröffnet nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen zwar auch eine Bewertung mit 30 oder 40. Der Bewertungsrahmen kann aber nicht ausgeschöpft werden, denn weitere Organbeeinträchtigungen sind nicht erkennbar und die Leistungsfähigkeit aufgrund der Bluthochdruckerkrankung ist trotz Herzbeteiligung nicht wesentlich eingeschränkt. So hat der Kläger ausweislich der Epikrise des Klinikums Q. vom 4. Mai 2006 erst bei schwerster Belastung eine leichte Atemsymptomatik beklagt. Auch während der Reha-Maßnahme hat der Kläger lediglich einen leichten linksthorakalen Druck sowie eine insgesamt leichte Leistungsinsuffizienz angegeben. Eine höhergradige Dyspnoe, Schwindelattacken oder Synkopen, Ödemeinlagerungen oder Herzrhythmusstörungen hat er nicht bemerkt. Diese subjektiven Einschätzungen werden schließlich auch durch Untersuchungen der globalen Pumpfunktion des Herzens bestätigt. So spiegeln die Feststellungen der LV-Funktion mit einer Ejektionsfraktion von 52 % (Reha-Entlassungsbericht vom 3. März 2006), von 60 % (Herzkatheruntersuchung vom 11. April 2006), von 55 % und 56 % (Arztbriefe Dr. B. vom 18. Januar 2007 und 26. Februar 2008) keine relevante Beeinträchtigung der Pumpfunktion des Herzens wider (normal 55 %, mittelschwer unter 39%, schwer unter 30%). Zudem zeigt die durchgeführte Ergometriebelastung von bereits 125 Watt während der Reha-Maßnahme und zuletzt von 160 Watt (Arztbriefe Dr. B. vom 18. Januar 2007 und 26. Februar 2008), dass keine zumindest mittelschwere Leistungseinschränkung des Klägers vorliegt. Rhythmusstörungen oder Ischämiereaktionen waren bei den Ergometerbelastungen bis 160 Watt auch nicht festzustellen, sodass die Bewertung des Bluthochdruckleidens mit einem Grad der Behinderung von 20 gerechtfertigt ist.

Allerdings besteht neben der Bluthochdruckerkrankung noch eine koronare Zweigefäßerkrankung mit 50%iger RIVA-Stenose trotz Stentversorgung, sodass insgesamt schon ein Behinderungsgrad von 30 für das Funktionssystem "Herz und Kreislauf" festgestellt werden kann.

Nach Nr. 9.1.1. der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Seite 46) ist bei Herzkrankheiten von einem Bewertungsrahmen von 0 bis 10 auszugehen, wenn eine Herzerkrankung ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen, keine Einschränkung der Sollleistung bei einer Ergometerbelastung) vorliegt. Sofern die Herzerkrankung mit einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z.B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit) einhergeht und Beschwerden und das Auftreten pathologischer Messdaten bei einer Ergometerbelastung von 75 Watt vorliegen, ist ein Bewertungsrahmen von 20 bis 40 eröffnet.

Nach diesem Maßstab kann – entgegen der Einschätzung von Herrn E. - nicht schon von einer mittelschweren Beeinträchtigung ausgegangen werden. Denn eine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung bei bereits mittelschwerer Belastung hat nicht einmal der Kläger selbst behauptet, noch findet diese Ansicht eine Stütze in den Ergometerbelastungstests (bis 160 Watt ohne pathologische Messdaten, vgl. oben) oder den Überprüfungen der Pumpfunktion (EF zuletzt 55% und 56 %, vgl. oben). Auch wenn die Herzerkrankung nur mit einem Grad der Behinderung von 10 bewertet werden kann, ist hier aber in Verbindung mit dem Bluthochdruckleiden, das aufgrund der Herzbeteiligung mit einem Mindestgrad der Behinderung von 20 zu bewerten ist, eine Erhöhung auf 30 anzunehmen. Zwar führen nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, Nr. 3 ee, Seite 10) leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Behinderungsgrad von 10 bedingen, grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes des Gesamtbeeinträchtigung. Im hier vorliegenden Fall ist eine Erhöhung auf 30 für das Funktionssystem Herz-Kreislauf aber gerechtfertigt. Denn das Bluthochdruckleiden und die koronare Zweigefäßerkrankung mit 50%iger RIVA-Stenose verringern gemeinsam die Herzleistung, sodass von einer Verstärkung der Auswirkungen des Bluthochdruckleidens durch die koronare Zweigefäßerkrankung auszugehen ist.

c) Die psychische Behinderung des Klägers ist dem Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche zuzuordnen und mit einem Grad der Behinderung von 10 zu bewerten.

Nach Nr. 3.7. der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Seite 27) ist für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen ein Bewertungsrahmen von 0 bis 20 vorgesehen. Stärkere behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) sind mit einem Einzelgrad von 30 bis 40 zu bewerten.

Die psychische Gesundheitsstörung des Klägers ist als leichtere psychische Störung einzuordnen, denn wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sind nicht erkennbar. So haben Dipl.-Med. S./Dr. G. am 3. Juli 1998 zwar über eine deutliche psychische Einschränkung des Klägers durch die Angst vor einer erneuten Krebserkrankung berichtet. In diesem Zusammenhang ist aber zu bedenken, dass dieser Befundbericht vor über 10 Jahren mit noch einem zeitlich näheren Bezug zu der Krebserkrankung erstattet wurde. Doch auch damals erfolgte keine fachärztliche oder medikamentöse Behandlung der seelischen Gesundheitsstörung, sodass nicht von einem Leidensdruck ausgegangen werden kann, den stärkere Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit regelmäßig nachsichziehen. Der Kläger war keiner diesbezüglichen Betreuung zugänglich und hat gemeint, es sei schon nicht so schlimm. Auch in der Folgezeit sind von den behandelnden Ärzten keine wesentlichen Einschränkungen der der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mitgeteilt worden. Dipl.-Med. S./Dr. G. haben in ihrem Befundbericht vom 22. Februar 2006 wiederum nur über die seelische Belastung durch die vierteljährlichen hautärztlichen Untersuchungen und das Bestreben des Klägers zum Verdrängen berichtet. Bei der in Februar 2006 durchgeführten Reha-Maßnahme wurden auch keine psychischen Einschränkungen des Klägers festgestellt. Lediglich der Facharzt für Allgemeinmedizin E. hat mit Befundbericht vom 23. Juli 2006 über eine eingetretene subdepressive bis depressive Stimmungslage in Folge der herabgesetzten Leistungsfähigkeit und betrieblicher Querelen berichtet. Die Diagnose einer subdepressiven Stimmungslage hat er auch mit Befundbericht vom 9. Juni 2008 wiederholt, aber ohne wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mitzuteilen.

Kann die bestehende seelische Erkrankung des Klägers damit nicht als stärkere behindernde Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eingeordnet werden, ist diese aufgrund der bestehenden subdepressiven Stimmungslage als leichte psychische Störung zu bewerten. Dafür ist ein Bewertungsrahmen von 0 bis 20 vorgesehen. Für den Senat nachvollziehbar hat der Versorgungsarzt Dr. W. die psychische Erkrankung in die Mitte dieses Bewertungsrahmens mit einem Behinderungsgrad von 10 eingeordnet. Denn es sind keine Auswirkungen erkennbar, die ein Ausschöpfen des Rahmens rechtfertigen. Insbesondere reicht die von Herrn E. beschriebene depressive bzw. subdepressive Stimmungslage nicht aus, um einen Grad der Behinderung von 20 anzunehmen.

d) Der Kläger leidet unter außerdem unter Gesundheitsstörungen aus dem Funktionssystem Rumpf. Dafür ist ein Grad der Behinderung von 10 festzustellen.

Für Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen sind die maßgeblichen Bewertungskriterien in Teil B Nr. 18.9 (Seite 89 ff.) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze vorgegeben. Danach folgt der Grad der Behinderung bei Wirbelsäulenschäden primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung der Wirbelsäulenverformung, der Wirbelsäuleninstabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Abschnitte der Wirbelsäule. Erst mittelgradige funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in einem Wirbelsäulenabschnitt, z.B. eine anhaltende Bewegungseinschränkung oder eine Instabilität mittleren Grads, rechtfertigen einen Einzelgrad der Behinderung von 20. Funktionsstörungen geringeren Grads bedingen allenfalls einen Einzelgrad von 10. Schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) rechtfertigen einen Einzelgrad der Behinderung von 30, mittelgradige bis schwere in zwei Wirbelsäulenabschnitten einen Grad der Behinderung von 30 bis 40. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch intermittierenden Störungen bei einer Spinalkanalstenose - sind zusätzlich zu berücksichtigen.

Nach diesem Maßstab rechtfertigen die Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen einen Grad der Behinderung von 10. Es liegen beim Kläger geringgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, nämlich der LWS, vor. Dr. N. hat am 6. November 2006 und am 24. Januar 2008 ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit Blockierungen im Bereich L5 und L2/3 sowie der Iliosakralgelenke beidseits sowie einen paravertebralen Hartspann im lumbosacralen Übergang diagnostiziert. Die Röntgenuntersuchung der LWS vom 24. Januar 2008 hat eine diskrete Osteochondrose nachgewiesen. Allein diese diagnostizierten Erkrankungen der LWS und die bildtechnisch nachgewiesenen degenerativen Veränderungen bedingen aber noch keinen Behinderungsgrad (Versorgungsmedizinische Grundsätze, Teil B, Nr. 18.1, Seite 86). Maßgeblich sind die daraus folgenden Funktionseinschränkungen, die nach den vorliegenden Unterlagen aber noch leichtgradig sind und allenfalls einen Grad der Behinderung von 10 rechtfertigen. So hat Dr. N. nur eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit feststellen können. Neurologische Ausstrahlungen in die unteren Extremitäten wurden von ihr verneint. Auch die anderen medizinischen Unterlagen lassen keine weitergehenden Funktionseinschränkungen der LWS erkennen. So wurde auch im Reha-Entlassungsbericht der Klinik B.-S. vom 3. März 2006 eine lotgerechte Wirbelsäule ohne Druck- oder Klopfschmerz sowie ein Finger-Boden-Abstand von 10 cm bei freier Beweglichkeit der Extremitäten festgestellt.

Funktionsstörungen in anderen Wirbelsäulenabschnitten, die zumindest als dauerhafte leichte Funktionseinschränkungen mit einem Grad der Behinderung von 10 zu bewerten sind, liegen nicht vor. Zwar hat der Facharzt für Allgemeinmedizin E. unter dem 23. Juli 2006 von einem belastungsabhängigen Druckgefühl hinter dem Brustbein berichtet und diesbezüglich eine vertebragene Beteiligung im Sinne einer Reflexantwort gesehen. Doch hat die Orthopädin Dr. N. in den beiden zeitlich später erstellten Arztbriefen keine Einschränkungen der Brustwirbelsäule mitgeteilt, sodass keine behinderungsrelevante Einschränkung angenommen werden kann.

e) Weitere Gesundheitsstörungen, die einem anderen Funktionssystem zuzuordnen und zumindest mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 zu bewerten wären, sind nicht erkennbar.

Zwar sind in den eingeholten medizinischen Unterlagen auch Ausführungen zu weiteren Gesundheitsstörungen zu finden. Doch sind keine Funktionseinschränkungen mitgeteilt worden, die zumindest eine Bewertung mit einem Grad der Behinderung von 10 zulassen. Das gilt insbesondere für das entfernte Basaliom, die Ekzeme der Haut, die Hypercholesterolämie, die korrigierte Fehlsichtigtkeit und die Refluxösophagitis. Auch die von Dr. N. diagnostizierte Coxathrose des rechten Hüftgelenks rechtfertigt bei einem normalen knöchernen Befund und einer nur endgradig eingeschränkten Beweglichkeit (Hüftgelenk: Extension/Flexion 0/0/100 Grad, Abduktion/Adduktion 30/0/20 Grad, Außenrotation/Innenrotation 30/0/10 Grad) noch keinen Behinderungsgrad. Im Übrigen wurden urologische Funktionseinschränkungen durch Dipl.-Med. R. und pulmonale Gesundheitsstörungen durch die Arztbriefe von Dr. B. ausdrücklich ausgeschlossen.

f) Da bei dem Kläger Einzelbehinderungen aus verschiedenen Funktionssystemen mit einem messbaren Grad der Behinderung vorliegen, ist nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Gesamtbehinderung zu ermitteln. Dafür sind die Grundsätze nach Teil A, Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Seite 8) anzuwenden. Nach Nr. 3c ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad bedingt, und dann zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Zehnergrad ein oder mehr Zehnergrade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden.

Danach ist von dem Behinderungsgrad von 30 für das Funktionssystem Ohren auszugehen. Dieser ist aufgrund der ebenfalls mit einem Grad der Behinderung von 30 bewerteten Einschränkung des Funktionssystems Herz-Kreislauf auf 40 zu erhöhen. Eine weitere Erhöhung kann nicht erfolgen, da sich das Gesamtausmaß durch die zwei voneinander unabhängigen Funktionseinschränkungen nicht noch weiter erhöht. Das Ohrenleiden steht in keiner Wechselwirkung mit dem Herz-Kreislaufleiden, sodass eine Erhöhung um 10 auf einen Gesamtgrad von 40 dem Ausmaß der Gesamtbeeinträchtigung gerecht wird. Eine weitere Erhöhung kann auch nicht aufgrund der jeweils mit einem Behinderungsgrad von 10 bewerteten Gesundheitsstörungen aus den Funktionssystemen Psyche/Hirn und Rumpf erfolgen. Denn nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, Nr. 3 ee, Seite 10) führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Behinderungsgrad von 10 bedingen, von hier fern liegenden Ausnahmen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes des Gesamtbeeinträchtigung.

Letztlich widerspräche hier die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft dem nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A Nr. 3b, Seite 10) zu berücksichtigenden Gesamtmaßstab. Im Vergleich mit Gesundheitsschäden, zu denen in der GdS-Tabelle feste Werte angegeben sind, ist bei dem Kläger ein höherer Gesamtgrad als 40 nicht gerechtfertigt. Die Gesamtauswirkung seiner verschiedenen Funktionsstörungen beeinträchtigt seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft insbesondere nicht so schwer wie etwa die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, der Verlust eines Beins im Unterschenkel oder eine Aphasie (Sprachstörung) mit deutlicher Kommunikationsstörung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Zwar hat der Kläger einen Teilerfolg erzielt. Doch war sein Klageziel die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Dieses war in Anbetracht des von ihm beabsichtigten Renteneintritts als Schwerbehinderter sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich höher als der Teilerfolg mit der Feststellung des Behinderungsgrads von 40, sodass keine hälftige Übernahme der Kosten in Betracht kam.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nach § 160 SGG nicht vor.

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 7 SB 72/08 S 9 SB 212/06 (Sozialgericht Magdeburg) Aktenzeichen Im Namen des Volkes Urteil in dem Rechtsstreit Werner Kubasiak, Erwin-Baur-Str. 6, 06484 Quedlinburg – Kläger und Berufungskläger – Prozessbevollmächtigte: Heike-Petra Meißner, Hans-Dieter Eichler, Sozialverband Deutschland e. V., Landesverband Sachsen-Anhalt, Moritzstraße 2F, 39124 Magdeburg gegen Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Landesversorgungsamt im Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, Maxim-Gorki-Str. 7, 06114 Halle – Beklagter und Berufungsbeklagter –

Der 7. Senat des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt in Halle hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2009 durch den Vizepräsidenten des Landessozialgerichts Fock, den Richter am Landessozialgericht Dr. Fechner und die Richterin am Sozialgericht Dr. König sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Dr. Suttner und Wege für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Juli 2008 und der Bescheid des Beklagten vom 30. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2006 werden aufgehoben. Der Bescheid vom 23. November 1998 wird abgeändert und der Beklagte verpflichtet, beim Kläger einen Grad der Behinderung von 40 mit Wirkung ab 13. Februar 2006 festzustellen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des festgestellten Behinderungsgrads.

Der am ... 1944 geborene Kläger beantragte am 21. Juli 1993 aufgrund einer Tumorerkrankung der Haut und eines Hörschadens die Feststellung von Behinderungen beim Beklagten. Im Verwaltungsverfahren lag eine Epikrise der Medizinischen Akademie M. vor, in der über die Operation eines malignen Melanoms am 20. April 1993 berichtet worden war. Mit Befundschein vom 10. Juli 1993 diagnostizierte der Facharzt für Allgemeinmedizin E. eine milde Hypertonie, die beobachtet werde. Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten Dipl.-Med. J. teilte mit Schreiben vom 25. August 1993 mit, beim Kläger handele es sich um eine annähernd symmetrische mittelgradige reine Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits mit nur geringer Progredienz im Vergleich zum Befund von 1986. In Anlage übersandte er die Audiogrammkopien vom 19. März 1992 und 29. August 1986. In Auswertung dieser Unterlagen schlug der beteiligte ärztliche Dienst des Beklagten für die Hauterkrankung einen Grad der Behinderung von 50, für die Schwerhörigkeit von 25 und einen Gesamtgrad von 60 vor. Dem folgend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 16. November 1993 beim Kläger einen Grad der Behinderung von 60 fest.

Den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 11. April 1996 wegen Bewegungseinschränkungen des linken Fußes und Einschränkungen der Sehfähigkeit lehnte der Beklagte nach medizinischer Sachaufklärung mit Bescheid vom 8. Juli 1996 ab.

Im Jahr 1998 holte der Beklagte im Rahmen der Nachuntersuchung von Amts wegen einen Befundbericht der Fachärzte für Hautkrankheiten Dipl.-Med. S./Dr. G. vom 3. Juli 1998 ein. Danach bestehe kein Anhalt für ein Rezidiv der Krebserkrankung, doch sei der Kläger durch die Angst vor einer erneuten Krebserkrankung deutlich psychisch eingeschränkt. Einer diesbezüglichen Betreuung sei er nicht zugänglich und meine, es sei schon nicht so schlimm. Nach Beteiligung des ärztlichen Dienstes, der für die Hörminderung einen Grad der Behinderung von 30, die psychische Störung einen Grad der Behinderung von 10 sowie einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 vorschlug, stellte der Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 23. November 1998 einen Grad der Behinderung von 30 ab 1. Dezember 1998 fest.

Am 13. Februar 2006 beantragte der Kläger abermals die Neufeststellung seiner Behinderungen und das Merkzeichen "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr). Er verwies auf ein Hautkarzinom sowie einen erlittenen Herzinfarkt. Außerdem sei ein Stent (selbstexpandierende Endoprothese) angelegt worden.

Der Beklagte holte zunächst einen Befundbericht von Dipl.-Med. S. vom 22. Februar 2006 ein. Diese berichtete über ein Basaliom im Bereich des linken vorderen Thoraxes im Jahr 2005. Der vom Hauttyp sonnenempfindliche Kläger leide auch zunehmend an einer Austrocknung der Haut mit blanden (mild verlaufenden) Ekzemen am Stamm. Er müsse sich viermal im Jahr untersuchen lassen, um maligne Veränderungen schnell operativ therapieren zu können. Dadurch sei er seelisch sehr belastet. Er wolle immer verdrängen, trage aber an den Diagnosen ungewöhnlich schwer.

Außerdem lag der Reha-Entlassungsbericht der Klinik B.-S. vom 3. März 2006 vor. Als Diagnosen sind dort ein Zustand nach Hinterwandmyokardinfarkt am 19. Januar 2006 mit leichtgradiger Einschränkung der linksventrikulären (LV)-Funktion (EF 52 %), ein Zustand nach Stent bei koronarer Zweigefäßerkrankung, eine essentielle arterielle Hypertonie Stadium WHO II mit isolierter Septumhypertrophie (Verdickung der Herzscheidewand) und eine Hypercholesterolämie (erhöhte Konzentration von Cholesterol) angegeben worden. Im Aufnahmebefund sind eine mit Brille korrigierte Fehlsichtigkeit, keine wesentliche Hörminderung, einen Blutdruck von 150/90 mmHg, eine lotgerechte Wirbelsäule ohne Druck- oder Klopfschmerz, ein Finger-Boden-Abstand von 10 cm und ein unauffälliger psychischer Eindruck mitgeteilt worden. Die Extremitäten seien aktiv und passiv frei beweglich gewesen. Das bis 125 Watt auf dem Fahrradergometer durchgeführte Belastungs-EKG habe keine Angina pectoris-Symptomatik und keine Herzrhythmusstörungen gezeigt. Der Blutdruck und der Puls seien belastungsadäquat gewesen. Zwar habe der Kläger noch einen leichten linksthorakalen Druck sowie eine insgesamt leichte Leistungsinsuffizienz angegeben. Doch eine höhergradige Dyspnoe, Schwindelattacken oder Synkopen (Ohnmacht), Ödemeinlagerungen oder Herzrhythmusstörungen habe er nicht bemerkt.

In Auswertung dieser Befunde schlug der Ärztliche Dienst des Beklagten (Dr. W.) für die Hörminderung einen Grad der Behinderung von 30, für die Herzleistungsminderung bei koronarer Herzkrankheit und Bluthochdruck von 20, für die psychischen Störungen von 10 sowie einen Gesamtgrad von 30 vor. Dem folgend lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 30. März 2006 die Neufeststellung der Behinderungen ab.

Dagegen erhob der Kläger am 6. April 2006 Widerspruch und trug vor, allein für das Basaliom sei ein Grad der Behinderung von mindestens 50 anzunehmen. Des Weiteren leide er unter Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates sowie Kurzatmigkeit bei Belastungen. Aufgrund dieser Einschränkungen habe er auch deutliche seelische Begleiterscheinungen.

Im Widerspruchsverfahren holte der Beklagte nochmals einen Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin E. vom 23. Juli 2006 ein. Dieser teilte mit, der Kläger habe belastungsabhängig wieder Druckgefühl hinter dem Brustbein geschildert. Es liege auch eine vertebragene (von der Wirbelsäule ausgehende) Beteiligung im Sinne einer Reflexantwort vor. In Folge der herabgesetzten Leistungsfähigkeit und betrieblicher Querelen sei eine subdepressive bis depressive Stimmungslage eingetreten. In Anlage übersandte Herr E. eine Epikrise des Klinikums Q. vom 4. Mai 2006. Danach sei die Aufnahme des Klägers zur Abklärung von thorakalen Stichen ohne Ausstrahlung und ohne begleitende Luftnot erfolgt. Der Kläger habe keine Schwindelsymptomatik, kein Herzrasen, keine Übelkeit, aber bei schwerster Belastung eine leichte Atemsymptomatik beklagt. Die Herzkatheteruntersuchung vom 11. April 2006 habe einen hypertrophierten linken Ventrikel mit inferobasaler Hypokinese (Wandbewegungsstörung) und global regelrechter Funktion (EF 60 %) gezeigt. Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerdesymptomatik möglicherweise durch eine Gastritis ausgelöst worden sei. Nach nochmaliger Beteiligung des Ärztlichen Dienstes wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2006 den Widerspruch des Klägers zurück.

Am 10. Oktober 2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Magdeburg Klage mit dem Ziel der Feststellung eines Behinderungsgrads von mindestens 50 erhoben. Er hat die Ansicht vertreten, für die Herzleistungsminderung mit Bluthochdruck sei ein Grad der Behinderung von 40 angemessen. Außerdem bestehe eine psychische Behinderung, die mit einem Grad der Behinderung von 10 deutlich zu gering bewertet worden sei. Außerdem bestünden Rückenschmerzen und krankhafte Veränderungen im Wirbelsäulenbereich, sodass in Zusammenschau mit dem unstreitig festgestellten Grad der Behinderung von 30 für die Hörminderung mindestens die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen sei.

Das Sozialgericht hat durch die Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte des Klägers Beweis erhoben. Der Facharzt für Urologie Dipl.-Med. R. verneinte am 7. Mai 2008 aus urologischer Sicht Funktionseinschränkungen. Der Internist Dr. B. berichtete am 15. Mai 2008 von jährlichen Ergometriekontrollen mit Belastungen bis 120 Watt. Die Echokardiografie habe in den letzten Jahren einen unveränderten Befund (EF 55 %) gezeigt. Insgesamt liege ein weitgehend stabiler Herzkreislaufzustand ohne Progredienz vor. Die Hypertonie Stadium WHO I bis II sei aufgrund der Linksherzhypertrophie als mittelschwere Form einzuordnen. Auch der Facharzt für Allgemeinmedizin E. schilderte mit Befundbericht vom 9. Juni 2008 einen nach dem Infarkt und der dann erfolgten Reha-Maßnahme praktisch unveränderten Gesundheitszustand. Er schätze ein, die koronare Herzerkrankung sei mit einer mittelschweren Leistungsbeeinträchtigung verbunden. Bezüglich der Hypertonie, deren medikamentöse Einstellung schwierig gewesen sei, sei von einem Übergangsstadium von der leichten zur mittelschweren Form auszugehen. Außerdem habe sich eine subdepressive Stimmungslage eingestellt. In Anlage übersandte Herr E. weitere medizinische Unterlagen. Nach dem Befund von der Herzkatheruntersuchung am 11. April 2006 bestehe weiterhin eine 50%ige RIVA-Stenose (Ramus intraventricularis anterior, Hauptast der linken Koronararterie, der über der Vorderwand der Herzens verläuft). Dr. B. hatte in Auswertung der Echokardiografie vom 18. Januar 2007 eine gute globale Pumpfunktion (EF 55 %) sowie eine gute Ergometriebelastung (160 Watt) mitgeteilt. Mit Arztbrief vom 26. Februar 2008 hatte Dr. B. über einen Blutdruck von 142/106 mmHg, eine gute globale Pumpfunktion (EF 56 %), einen normfrequenten Sinusrhythmus und eine Ergometriebelastung ohne Ischämiereaktion bis 160 Watt berichtet. Ausweislich des ebenfalls beigelegten Arztbriefs des Facharztes für Innere Medizin und Gastroenterologie Dr. A. vom 24. August 2007 sei aufgrund einer Gastroskopie der Verdacht auf zwei kurze Barettschleimhautzungen geäußert worden. Der Heliobacter–Schnelltest sei positiv gewesen. Der Pathologe Dr. M. hatte mit Arztbrief vom 30. August 2007 eine gastroösophageale Refluxkrankheit vom Baretttyp ohne Dysplasien bestätigt. Mit Arztbriefen vom 11. November 2005 und 20. März 2007 hat der Pneumologe Dr. B. nach Thoraxaufnahme und Bodyplethysmographie keine bronchopulmonalen Auffälligkeiten feststellen können. Außerdem lagen Arztbriefe der Fachärztin für Orthopädie Dr. N. vor. Am 6. November 2006 hatte diese eine Coxarthrose (rechtes Hüftgelenk: Extension/Flexion 0/0/100 Grad, Abduktion/Adduktion 30/0/20 Grad, Außenrotation/Innenrotation 30/0/10 Grad nach der Neutral-Null-Methode) sowie eine Blockierung der Lendenwirbelsäule (LWS) und des rechten Iliosakralgelenks diagnostiziert. Der Röntgenbefund habe einen normalen knöchernen Befund des rechten Hüftgelenks gezeigt. Am 24. Januar 2008 hatte Dr. N. ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit endgradig eingeschränkter Beweglichkeit, Blockierungen im Bereich des Lendenwirbelkörpers (L)5 und L2/3 und der Iliosakralgelenke beidseits sowie einen paravertebralen Hartspann im lumbosacralen Übergang ohne neurologische Ausstrahlung in die unteren Extremitäten diagnostiziert. Die Röntgenuntersuchung habe eine diskrete Osteochondrose (Knochendegeneration) der LWS gezeigt.

Mit Urteil vom 7. Juli 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Hörminderung sei mit einem Grad der Behinderung von 30 zu bewerten. Für das Funktionssystem Herz-Kreislauf sei aufgrund der Herzleistungsminderung bei koronarer Herzerkrankung und Bluthochdruck ein Grad der Behinderung von 20 festzustellen. Der Bluthochdruck sei vom behandelnden Internisten und vom Hausarzt übereinstimmend mit Stadium I bis II eingeschätzt worden. Außerdem sei die Pumpleistung des Herzens (EF 55 bis 60 %) nur gering eingeschränkt gewesen. Eine Ergometriebelastbarkeit sei wiederholt bis 160 Watt erfolgt. Ein höherer Einzelgrad der Behinderung als 10 sei für die subdepressive Stimmungslage nicht zu begründen, da eine wesentliche psychische Störung des Klägers nicht erkennbar sei. Bei Gesamtwürdigung des Behinderungsgrads ist festzustellen, dass der Kläger in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht so eingeschränkt sei wie jemand, dessen Behinderung nach den Anhaltspunkten für die Ärztliche Gutachtertätigkeit mit einem Behinderungsgrad von 50 zu bewerten sei.

Gegen das am 21. Juli 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. August 2008 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Herzleistungsminderung bei Bluthochdruck sei zu niedrig bewertet worden. Es sei erneut eine Herzdiagnostik und ggf. eine Operation geplant. Aufgrund der bereits im Befundbericht vom 13. September 2006 diagnostizierten arteriellen Hypertonie und des hypertrophierten Ventrikels sei von einer mittelschweren Form der Hypertonie mit einem Grad der Behinderung von 40 und einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 auszugehen. Ergänzend hat der Kläger am 3. Dezember 2009 auf die weiterhin fortbestehende RIVA-Stenose und die pathologischen Veränderungen im Elektrokardigramm (EKG) hingewiesen. Zudem gehe er von einer weiteren Verschlechterung der Herzleistung seit den Jahren 2006/2007 aus.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Juli 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 30. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2006 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 23. November 1998 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, bei dem Kläger ab 13. Februar 2006 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, ein höherer Grad der Behinderung als 20 sei bei Ergometriekontrollen von 120 Watt mit adäquater Blutdruckregulation und Laborwerten im Normbereich für das Funktionssystem Herz-Kreislauf nicht festzustellen. Für die Hörminderung sei bereits 1993 ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt worden. Eine dementsprechend vorausgesetzte mittelgradige Hörminderung beidseits sei aber in keinem Befundbericht erwähnt.

Der Senat hat einen Befundbericht der Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. T. vom 16. Februar 2009 eingeholt. Aufgrund der erstmaligen Behandlung des Klägers am 17. November 2008 hat sie eine mittelgradige Schwerhörigkeit beider Ohren diagnostiziert. In Anlage hat sie Audiogramme übersandt und mitgeteilt, der Kläger habe über Gleichgewichtsstörungen berichtet. Außerdem hat sie die Behandlungskartei ihres Praxisvorgängers Dr. W. übersandt. In dieser hat sich eine ohrenärztliche Verordnung eines Hörgeräts vom 26. August 2002 (Ersatzgerät), der Anpassbericht des Hörgeräteakustikers Eger vom 12. September 2002 sowie ein am 26. August 2005 erstelltes Audiogramm befunden.

In Auswertung der medizinischen Unterlagen von Dr. T. hat der Beklagte unter Hinweis auf die prüfärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 10. März 2009 mitgeteilt, eine Hörbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 30 sei belegt. Die im Jahr 2002 mit Hörgeräten erstellten Audiogramme seien nicht aussagefähig. Doch könnten keinesfalls früher schlechtere Audiometriebefunde als jetzt vorliegen, weil bei der hier bestehenden Schwerhörigkeit keine Besserung eingetreten könne.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auch statthafte Berufung des Klägers ist teilweise begründet.

Die Klage gegen den Bescheid vom 30. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2006 ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Die Klage ist insoweit unbegründet, als der Kläger die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft begehrt. Doch rechtfertigen die Gesundheitsstörungen des Klägers einen Grad der Behinderung von 40, sodass die Klage teilweise Erfolg hat. Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der hier erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. BSG v. 12. April 2000 – B 9 SB 3/99 R = SozR 3-3870 § 3 Nr. 9, Seite 22).

Da der Beklagte bereits mit Beschied vom 23. November 1998 einen Grad der Behinderung von 30 festgestellt und damit über den Grad der Behinderung des Klägers entschieden hat, richten sich die Voraussetzungen für die Neufeststellung nach § 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist dann anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung des Behinderungszustands eine Herabsetzung oder Erhöhung des Gesamtbehinderungsgrads um wenigstens 10 ergibt. Die Änderung der Behinderungsbezeichnung oder das Hinzutreten weiterer Teil-Behinderungen ohne Auswirkung auf den Gesamtbehinderungsgrad allein stellen aber noch keine wesentliche Änderung dar (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 – B 9 SB 18/97 R, zitiert nach juris). Für die wesentliche Änderung kommt es weder auf den Inhalt des Vergleichsbescheids noch auf die von der Behörde bei der Bewilligung oder später angenommenen Verhältnisse, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse und deren objektive Änderung an (KassKomm-Steinwedel, SGB X, § 48 Rdnr. 14 m.w.N.).

Im Vergleich zu den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheids vom 23. November 1998 vorgelegen haben, hat es eine Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen gegeben. Die nunmehr vorliegenden Funktionseinschränkungen aufgrund des Bluthochdrucks und der Herzerkrankung rechtfertigen eine Erhöhung des Gesamtbehinderungsgrads auf 40 und sind daher als wesentlich anzusehen.

Für den streitgegenständlichen Zeitraum gilt das am 1. Juli 2001 in Kraft getretene Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046). Der hier anzuwendende § 69 SGB IX ist durch die Gesetze vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) und vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) geändert worden. Rechtsgrundlage für den von dem Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ist § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Infolge der verfahrensrechtlichen Änderungen des § 69 SGB IX durch das Gesetz vom 23. April 2004 (a.a.O.) hat sich im Übrigen nur die Satzzählung geändert. Im Folgenden werden die Vorschriften des § 69 SGB IX nach der neuen Satzzählung zitiert.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Diese Vorschrift knüpft materiellrechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.

§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX ist durch das insoweit am 21. Dezember 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 13. Dezember 2007 (a.a.O.) geändert worden. Nach der früheren Fassung der Vorschrift galten für den Grad der Behinderung die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Nach dem Wortlaut der früheren Fassung des ebenfalls durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 geänderten § 30 Abs. 1 BVG war für die Beurteilung die körperliche und geistige Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben maßgeblich, wobei seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen waren. Nach der Neufassung des § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten für den Grad der Behinderung die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach der damit in Bezug genommenen neuen Fassung des § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades – dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS) – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden, zu deren Erlass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch den dem § 30 BVG durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 angefügten Absatz 17 ermächtigt worden ist.

Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember 2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und sind damit nunmehr der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte mit der rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zugrunde zu legen. Zuvor dienten der Praxis als Beurteilungsgrundlage die jeweils vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene Sachverständigengutachten eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 2003 – B 9 SB 3/02 RSozR 4-3800 § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Die in den Anhaltspunkten (letzte Ausgabe von 2008) enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des Grades der Behinderung bzw. der Schädigungsfolge bisher richtete, sind in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.). Die im vorliegenden Fall heranzuziehenden Abschnitte aus den Anhaltspunkten in den Fassungen von 2004 und 2008 bzw. aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen sind nicht geändert worden. Im Folgenden werden daher nur die Vorschriften der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zitiert.

Der hier streitigen Bemessung des Grads der Behinderung ist die GdS (Grad der Schädigung)-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Teil A, Seite 17 ff.) zugrunde zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der Tabelle (Teil A, Seite 8 ff.) sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Nr. 2 e (Teil A, Seite 8) genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a, Seite 18).

Nach diesem Maßstab kann für die Funktionseinschränkungen des Klägers ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt werden. Dabei stützt sich der Senat auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen, die eingeholten Befundberichte nebst Anlagen sowie auf den Reha-Entlassungbericht der Paracelsus-Klinik. Einer weiteren Sachaufklärung bedurfte es nicht. Insbesondere Dr. B. und Herr E. haben in ihren Befundberichten aus dem Jahre 2008 auf die seit dem Jahre 2006 praktisch nicht veränderten Befunde hingewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass der vom Kläger behaupteten Notwendigkeit einer erneuten Herzdiagnostik und Operation eine weitere Funktionseinschränkung im Sinne einer Verschlechterung zugrunde liegt.

a) Die Schallempfindungsschwerhörigkeit des Klägers ist dem Funktionssystem Ohren zuzurechnen und bedingt einen Grad der Behinderung von 30.

Für den Behinderungsgrad ist die Herabsetzung des Sprachgehörs maßgeblich (Teil B, Nr. 5, Seite 33). Der Umfang der Prüfung ist ohne Hörhilfen zu bestimmen. Für die Beurteilung ist die von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie empfohlene Tabelle zugrunde zu legen. Nach Durchführung eines Ton- und Sprachaudiogramms ist der Prozentsatz des Hörverlustes aus entsprechenden Tabellen abzuleiten.

Danach ist - wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist - ein Grad der Behinderung von 30 für die Herabsetzung des Sprachgehörs festzustellen. Der Senat folgt der ärztlichen Stellungnahme von Dr. W., die auch nach Auswertung der von Dr. T. vorgelegten Unterlagen für den gesamten Zeitraum seit der erstmaligen Bescheiderteilung im Jahr 1993 von einem Grad der Behinderung von 30 ausgeht. Nach der Tabelle 5.2.4. der Versorgungsmedizinische Grundsätze (Teil B, Nr. 5, Seite 35) ist bei einer mittelgradigen Schwerhörigkeit auf beiden Ohren ein Grad der Behinderung von 30 anzunehmen. Die verbale Einschätzung einer beidseitigen mittelgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit ohne Progredienz im Vergleich zu 1986 hatte auch schon Dipl.-Med. J. mit Befundschein vom 10. Juli 1993 unter Hinweis auf die Audiogramme aus dem Jahre 1986 und 1992 abgegeben. Für den Zeitraum bis 2002 fehlen zwar medizinische Unterlagen, doch ist aus den von Dr. T. für den Zeitraum ab dem Jahre 2002 vorgelegten Unterlagen wiederum ein Grad der Behinderung von 30 feststellbar. Da eine zwischenzeitliche Verschlechterung bei der hier vorliegenden Schallempfindungsschwerhörigkeit nicht möglich ist, kann auch für den Zeitraum zwischen 1992 und 2002 von einem Grad der Behinderung von 30 ausgegangen werden.

b) Das Bluthochdruckleiden mit Herzbeteiligung und die durch Stentung behandelte koronare Zweigefäßerkrankung sind dem Funktionssystem Herz-Kreislauf zuzuordnen und rechtfertigen insgesamt maximal einen Grad der Behinderung von 30 seit der Antragstellung am 13. Februar 2006.

Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B, Nr. 9, Seite 46) kommt es bei Herz-Kreislauferkrankungen nicht auf die Art der Erkrankung, sondern auf die jeweilige konkrete Leistungseinbuße an. Daher lassen weder die Diagnose einer Hypertonie, einer koronaren Zweigefäßerkrankung noch einer RIVA-Stenosierung einen Rückschluss auf die bestehenden Funktionseinschränkungen des Klägers zu. Bei der Beurteilung des Behinderungsgrads ist daher zunächst grundsätzlich von dem klinischen Bild und von den Funktionseinschränkungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten und andere Parameter stellen dabei lediglich Richtwerte dar, die das klinische Bild ergänzen (Teil B, Nr. 9, Seite 46). Auch gestatten allein elektrokardiografische Abweichungen in der Regel keinen Rückschluss auf die Leistungseinbuße, sodass auch die vom Kläger vorgetragenen pathologischen Veränderungen im EKG für die Beurteilung des Behinderungsgrads nicht maßgeblich sind.

Nach Teil B, Nr. 9.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Seite 51) ist die leichte Form der Hypertonie, bei der keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundsveränderungen vorliegen, mit einem Grad der Behinderung von 0 bis zu 10 zu bewerten. Die mittelschwere Form eröffnet je nach Leistungsbeeinträchtigung einen Bewertungsrahmen von 20 bis 40. Kriterien dafür sind Organbeteiligungen leichten bis mittleren Grads (Augenhintergrundsveränderungen – Fundus hypertonicus I bis II- und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) sowie diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung.

Nach dem aufgezeigten Maßstab ist das Bluthochdruckleiden des Klägers mit einem Behinderungsgrad von 20 zu bewerten. Der mit WHO II eingeordnete Bluthochdruck ist nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen grenzwertig eingestellt (Reha-Entlassungsbericht vom 3. März 2006: 150/90 mmHg; Dr. B. am 26. Februar 2008: 142/106 mmHg). Auch Herr E. hat von einer schwierigen Einstellung des Bluthochdrucks berichtet. Zwar sind Dr. B. und Herr E. übereinstimmend von einem Übergangsstadium zwischen einer leichten und mittelschweren Form der Hypertonie ausgegangen. Unter Berücksichtigung der Linksherzhypertrophie mit Hyokinese ist aber schon eine mittelschwere Form der Hypertonie festzustellen, weil damit eine Organbeteiligung des Herzens vorliegt. Diese Erkrankung eröffnet nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen zwar auch eine Bewertung mit 30 oder 40. Der Bewertungsrahmen kann aber nicht ausgeschöpft werden, denn weitere Organbeeinträchtigungen sind nicht erkennbar und die Leistungsfähigkeit aufgrund der Bluthochdruckerkrankung ist trotz Herzbeteiligung nicht wesentlich eingeschränkt. So hat der Kläger ausweislich der Epikrise des Klinikums Q. vom 4. Mai 2006 erst bei schwerster Belastung eine leichte Atemsymptomatik beklagt. Auch während der Reha-Maßnahme hat der Kläger lediglich einen leichten linksthorakalen Druck sowie eine insgesamt leichte Leistungsinsuffizienz angegeben. Eine höhergradige Dyspnoe, Schwindelattacken oder Synkopen, Ödemeinlagerungen oder Herzrhythmusstörungen hat er nicht bemerkt. Diese subjektiven Einschätzungen werden schließlich auch durch Untersuchungen der globalen Pumpfunktion des Herzens bestätigt. So spiegeln die Feststellungen der LV-Funktion mit einer Ejektionsfraktion von 52 % (Reha-Entlassungsbericht vom 3. März 2006), von 60 % (Herzkatheruntersuchung vom 11. April 2006), von 55 % und 56 % (Arztbriefe Dr. B. vom 18. Januar 2007 und 26. Februar 2008) keine relevante Beeinträchtigung der Pumpfunktion des Herzens wider (normal 55 %, mittelschwer unter 39%, schwer unter 30%). Zudem zeigt die durchgeführte Ergometriebelastung von bereits 125 Watt während der Reha-Maßnahme und zuletzt von 160 Watt (Arztbriefe Dr. B. vom 18. Januar 2007 und 26. Februar 2008), dass keine zumindest mittelschwere Leistungseinschränkung des Klägers vorliegt. Rhythmusstörungen oder Ischämiereaktionen waren bei den Ergometerbelastungen bis 160 Watt auch nicht festzustellen, sodass die Bewertung des Bluthochdruckleidens mit einem Grad der Behinderung von 20 gerechtfertigt ist.

Allerdings besteht neben der Bluthochdruckerkrankung noch eine koronare Zweigefäßerkrankung mit 50%iger RIVA-Stenose trotz Stentversorgung, sodass insgesamt schon ein Behinderungsgrad von 30 für das Funktionssystem "Herz und Kreislauf" festgestellt werden kann.

Nach Nr. 9.1.1. der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Seite 46) ist bei Herzkrankheiten von einem Bewertungsrahmen von 0 bis 10 auszugehen, wenn eine Herzerkrankung ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen, keine Einschränkung der Sollleistung bei einer Ergometerbelastung) vorliegt. Sofern die Herzerkrankung mit einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z.B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit) einhergeht und Beschwerden und das Auftreten pathologischer Messdaten bei einer Ergometerbelastung von 75 Watt vorliegen, ist ein Bewertungsrahmen von 20 bis 40 eröffnet.

Nach diesem Maßstab kann – entgegen der Einschätzung von Herrn E. - nicht schon von einer mittelschweren Beeinträchtigung ausgegangen werden. Denn eine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung bei bereits mittelschwerer Belastung hat nicht einmal der Kläger selbst behauptet, noch findet diese Ansicht eine Stütze in den Ergometerbelastungstests (bis 160 Watt ohne pathologische Messdaten, vgl. oben) oder den Überprüfungen der Pumpfunktion (EF zuletzt 55% und 56 %, vgl. oben). Auch wenn die Herzerkrankung nur mit einem Grad der Behinderung von 10 bewertet werden kann, ist hier aber in Verbindung mit dem Bluthochdruckleiden, das aufgrund der Herzbeteiligung mit einem Mindestgrad der Behinderung von 20 zu bewerten ist, eine Erhöhung auf 30 anzunehmen. Zwar führen nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, Nr. 3 ee, Seite 10) leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Behinderungsgrad von 10 bedingen, grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes des Gesamtbeeinträchtigung. Im hier vorliegenden Fall ist eine Erhöhung auf 30 für das Funktionssystem Herz-Kreislauf aber gerechtfertigt. Denn das Bluthochdruckleiden und die koronare Zweigefäßerkrankung mit 50%iger RIVA-Stenose verringern gemeinsam die Herzleistung, sodass von einer Verstärkung der Auswirkungen des Bluthochdruckleidens durch die koronare Zweigefäßerkrankung auszugehen ist.

c) Die psychische Behinderung des Klägers ist dem Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche zuzuordnen und mit einem Grad der Behinderung von 10 zu bewerten.

Nach Nr. 3.7. der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Seite 27) ist für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen ein Bewertungsrahmen von 0 bis 20 vorgesehen. Stärkere behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) sind mit einem Einzelgrad von 30 bis 40 zu bewerten.

Die psychische Gesundheitsstörung des Klägers ist als leichtere psychische Störung einzuordnen, denn wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sind nicht erkennbar. So haben Dipl.-Med. S./Dr. G. am 3. Juli 1998 zwar über eine deutliche psychische Einschränkung des Klägers durch die Angst vor einer erneuten Krebserkrankung berichtet. In diesem Zusammenhang ist aber zu bedenken, dass dieser Befundbericht vor über 10 Jahren mit noch einem zeitlich näheren Bezug zu der Krebserkrankung erstattet wurde. Doch auch damals erfolgte keine fachärztliche oder medikamentöse Behandlung der seelischen Gesundheitsstörung, sodass nicht von einem Leidensdruck ausgegangen werden kann, den stärkere Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit regelmäßig nachsichziehen. Der Kläger war keiner diesbezüglichen Betreuung zugänglich und hat gemeint, es sei schon nicht so schlimm. Auch in der Folgezeit sind von den behandelnden Ärzten keine wesentlichen Einschränkungen der der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mitgeteilt worden. Dipl.-Med. S./Dr. G. haben in ihrem Befundbericht vom 22. Februar 2006 wiederum nur über die seelische Belastung durch die vierteljährlichen hautärztlichen Untersuchungen und das Bestreben des Klägers zum Verdrängen berichtet. Bei der in Februar 2006 durchgeführten Reha-Maßnahme wurden auch keine psychischen Einschränkungen des Klägers festgestellt. Lediglich der Facharzt für Allgemeinmedizin E. hat mit Befundbericht vom 23. Juli 2006 über eine eingetretene subdepressive bis depressive Stimmungslage in Folge der herabgesetzten Leistungsfähigkeit und betrieblicher Querelen berichtet. Die Diagnose einer subdepressiven Stimmungslage hat er auch mit Befundbericht vom 9. Juni 2008 wiederholt, aber ohne wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mitzuteilen.

Kann die bestehende seelische Erkrankung des Klägers damit nicht als stärkere behindernde Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eingeordnet werden, ist diese aufgrund der bestehenden subdepressiven Stimmungslage als leichte psychische Störung zu bewerten. Dafür ist ein Bewertungsrahmen von 0 bis 20 vorgesehen. Für den Senat nachvollziehbar hat der Versorgungsarzt Dr. W. die psychische Erkrankung in die Mitte dieses Bewertungsrahmens mit einem Behinderungsgrad von 10 eingeordnet. Denn es sind keine Auswirkungen erkennbar, die ein Ausschöpfen des Rahmens rechtfertigen. Insbesondere reicht die von Herrn E. beschriebene depressive bzw. subdepressive Stimmungslage nicht aus, um einen Grad der Behinderung von 20 anzunehmen.

d) Der Kläger leidet unter außerdem unter Gesundheitsstörungen aus dem Funktionssystem Rumpf. Dafür ist ein Grad der Behinderung von 10 festzustellen.

Für Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen sind die maßgeblichen Bewertungskriterien in Teil B Nr. 18.9 (Seite 89 ff.) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze vorgegeben. Danach folgt der Grad der Behinderung bei Wirbelsäulenschäden primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung der Wirbelsäulenverformung, der Wirbelsäuleninstabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Abschnitte der Wirbelsäule. Erst mittelgradige funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in einem Wirbelsäulenabschnitt, z.B. eine anhaltende Bewegungseinschränkung oder eine Instabilität mittleren Grads, rechtfertigen einen Einzelgrad der Behinderung von 20. Funktionsstörungen geringeren Grads bedingen allenfalls einen Einzelgrad von 10. Schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) rechtfertigen einen Einzelgrad der Behinderung von 30, mittelgradige bis schwere in zwei Wirbelsäulenabschnitten einen Grad der Behinderung von 30 bis 40. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch intermittierenden Störungen bei einer Spinalkanalstenose - sind zusätzlich zu berücksichtigen.

Nach diesem Maßstab rechtfertigen die Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen einen Grad der Behinderung von 10. Es liegen beim Kläger geringgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, nämlich der LWS, vor. Dr. N. hat am 6. November 2006 und am 24. Januar 2008 ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit Blockierungen im Bereich L5 und L2/3 sowie der Iliosakralgelenke beidseits sowie einen paravertebralen Hartspann im lumbosacralen Übergang diagnostiziert. Die Röntgenuntersuchung der LWS vom 24. Januar 2008 hat eine diskrete Osteochondrose nachgewiesen. Allein diese diagnostizierten Erkrankungen der LWS und die bildtechnisch nachgewiesenen degenerativen Veränderungen bedingen aber noch keinen Behinderungsgrad (Versorgungsmedizinische Grundsätze, Teil B, Nr. 18.1, Seite 86). Maßgeblich sind die daraus folgenden Funktionseinschränkungen, die nach den vorliegenden Unterlagen aber noch leichtgradig sind und allenfalls einen Grad der Behinderung von 10 rechtfertigen. So hat Dr. N. nur eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit feststellen können. Neurologische Ausstrahlungen in die unteren Extremitäten wurden von ihr verneint. Auch die anderen medizinischen Unterlagen lassen keine weitergehenden Funktionseinschränkungen der LWS erkennen. So wurde auch im Reha-Entlassungsbericht der Klinik B.-S. vom 3. März 2006 eine lotgerechte Wirbelsäule ohne Druck- oder Klopfschmerz sowie ein Finger-Boden-Abstand von 10 cm bei freier Beweglichkeit der Extremitäten festgestellt.

Funktionsstörungen in anderen Wirbelsäulenabschnitten, die zumindest als dauerhafte leichte Funktionseinschränkungen mit einem Grad der Behinderung von 10 zu bewerten sind, liegen nicht vor. Zwar hat der Facharzt für Allgemeinmedizin E. unter dem 23. Juli 2006 von einem belastungsabhängigen Druckgefühl hinter dem Brustbein berichtet und diesbezüglich eine vertebragene Beteiligung im Sinne einer Reflexantwort gesehen. Doch hat die Orthopädin Dr. N. in den beiden zeitlich später erstellten Arztbriefen keine Einschränkungen der Brustwirbelsäule mitgeteilt, sodass keine behinderungsrelevante Einschränkung angenommen werden kann.

e) Weitere Gesundheitsstörungen, die einem anderen Funktionssystem zuzuordnen und zumindest mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 zu bewerten wären, sind nicht erkennbar.

Zwar sind in den eingeholten medizinischen Unterlagen auch Ausführungen zu weiteren Gesundheitsstörungen zu finden. Doch sind keine Funktionseinschränkungen mitgeteilt worden, die zumindest eine Bewertung mit einem Grad der Behinderung von 10 zulassen. Das gilt insbesondere für das entfernte Basaliom, die Ekzeme der Haut, die Hypercholesterolämie, die korrigierte Fehlsichtigtkeit und die Refluxösophagitis. Auch die von Dr. N. diagnostizierte Coxathrose des rechten Hüftgelenks rechtfertigt bei einem normalen knöchernen Befund und einer nur endgradig eingeschränkten Beweglichkeit (Hüftgelenk: Extension/Flexion 0/0/100 Grad, Abduktion/Adduktion 30/0/20 Grad, Außenrotation/Innenrotation 30/0/10 Grad) noch keinen Behinderungsgrad. Im Übrigen wurden urologische Funktionseinschränkungen durch Dipl.-Med. R. und pulmonale Gesundheitsstörungen durch die Arztbriefe von Dr. B. ausdrücklich ausgeschlossen.

f) Da bei dem Kläger Einzelbehinderungen aus verschiedenen Funktionssystemen mit einem messbaren Grad der Behinderung vorliegen, ist nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Gesamtbehinderung zu ermitteln. Dafür sind die Grundsätze nach Teil A, Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Seite 8) anzuwenden. Nach Nr. 3c ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad bedingt, und dann zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Zehnergrad ein oder mehr Zehnergrade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden.

Danach ist von dem Behinderungsgrad von 30 für das Funktionssystem Ohren auszugehen. Dieser ist aufgrund der ebenfalls mit einem Grad der Behinderung von 30 bewerteten Einschränkung des Funktionssystems Herz-Kreislauf auf 40 zu erhöhen. Eine weitere Erhöhung kann nicht erfolgen, da sich das Gesamtausmaß durch die zwei voneinander unabhängigen Funktionseinschränkungen nicht noch weiter erhöht. Das Ohrenleiden steht in keiner Wechselwirkung mit dem Herz-Kreislaufleiden, sodass eine Erhöhung um 10 auf einen Gesamtgrad von 40 dem Ausmaß der Gesamtbeeinträchtigung gerecht wird. Eine weitere Erhöhung kann auch nicht aufgrund der jeweils mit einem Behinderungsgrad von 10 bewerteten Gesundheitsstörungen aus den Funktionssystemen Psyche/Hirn und Rumpf erfolgen. Denn nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, Nr. 3 ee, Seite 10) führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Behinderungsgrad von 10 bedingen, von hier fern liegenden Ausnahmen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes des Gesamtbeeinträchtigung.

Letztlich widerspräche hier die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft dem nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A Nr. 3b, Seite 10) zu berücksichtigenden Gesamtmaßstab. Im Vergleich mit Gesundheitsschäden, zu denen in der GdS-Tabelle feste Werte angegeben sind, ist bei dem Kläger ein höherer Gesamtgrad als 40 nicht gerechtfertigt. Die Gesamtauswirkung seiner verschiedenen Funktionsstörungen beeinträchtigt seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft insbesondere nicht so schwer wie etwa die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, der Verlust eines Beins im Unterschenkel oder eine Aphasie (Sprachstörung) mit deutlicher Kommunikationsstörung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Zwar hat der Kläger einen Teilerfolg erzielt. Doch war sein Klageziel die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Dieses war in Anbetracht des von ihm beabsichtigten Renteneintritts als Schwerbehinderter sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich höher als der Teilerfolg mit der Feststellung des Behinderungsgrads von 40, sodass keine hälftige Übernahme der Kosten in Betracht kam.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nach § 160 SGG nicht vor.

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt L 7 SB 72/08 S 9 SB 212/06 (Sozialgericht Magdeburg) Aktenzeichen Im Namen des Volkes Urteil in dem Rechtsstreit Werner Kubasiak, Erwin-Baur-Str. 6, 06484 Quedlinburg – Kläger und Berufungskläger – Prozessbevollmächtigte: Heike-Petra Meißner, Hans-Dieter Eichler, Sozialverband Deutschland e. V., Landesverband Sachsen-Anhalt, Moritzstraße 2F, 39124 Magdeburg gegen Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Landesversorgungsamt im Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, Maxim-Gorki-Str. 7, 06114 Halle – Beklagter und Berufungsbeklagter –

Der 7. Senat des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt in Halle hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2009 durch den Vizepräsidenten des Landessozialgerichts Fock, den Richter am Landessozialgericht Dr. Fechner und die Richterin am Sozialgericht Dr. König sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Dr. Suttner und Wege für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Juli 2008 und der Bescheid des Beklagten vom 30. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2006 werden aufgehoben. Der Bescheid vom 23. November 1998 wird abgeändert und der Beklagte verpflichtet, beim Kläger einen Grad der Behinderung von 40 mit Wirkung ab 13. Februar 2006 festzustellen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des festgestellten Behinderungsgrads.

Der am ... 1944 geborene Kläger beantragte am 21. Juli 1993 aufgrund einer Tumorerkrankung der Haut und eines Hörschadens die Feststellung von Behinderungen beim Beklagten. Im Verwaltungsverfahren lag eine Epikrise der Medizinischen Akademie M. vor, in der über die Operation eines malignen Melanoms am 20. April 1993 berichtet worden war. Mit Befundschein vom 10. Juli 1993 diagnostizierte der Facharzt für Allgemeinmedizin E. eine milde Hypertonie, die beobachtet werde. Der Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Krankheiten Dipl.-Med. J. teilte mit Schreiben vom 25. August 1993 mit, beim Kläger handele es sich um eine annähernd symmetrische mittelgradige reine Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits mit nur geringer Progredienz im Vergleich zum Befund von 1986. In Anlage übersandte er die Audiogrammkopien vom 19. März 1992 und 29. August 1986. In Auswertung dieser Unterlagen schlug der beteiligte ärztliche Dienst des Beklagten für die Hauterkrankung einen Grad der Behinderung von 50, für die Schwerhörigkeit von 25 und einen Gesamtgrad von 60 vor. Dem folgend stellte der Beklagte mit Bescheid vom 16. November 1993 beim Kläger einen Grad der Behinderung von 60 fest.

Den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 11. April 1996 wegen Bewegungseinschränkungen des linken Fußes und Einschränkungen der Sehfähigkeit lehnte der Beklagte nach medizinischer Sachaufklärung mit Bescheid vom 8. Juli 1996 ab.

Im Jahr 1998 holte der Beklagte im Rahmen der Nachuntersuchung von Amts wegen einen Befundbericht der Fachärzte für Hautkrankheiten Dipl.-Med. S./Dr. G. vom 3. Juli 1998 ein. Danach bestehe kein Anhalt für ein Rezidiv der Krebserkrankung, doch sei der Kläger durch die Angst vor einer erneuten Krebserkrankung deutlich psychisch eingeschränkt. Einer diesbezüglichen Betreuung sei er nicht zugänglich und meine, es sei schon nicht so schlimm. Nach Beteiligung des ärztlichen Dienstes, der für die Hörminderung einen Grad der Behinderung von 30, die psychische Störung einen Grad der Behinderung von 10 sowie einen Gesamtgrad der Behinderung von 30 vorschlug, stellte der Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 23. November 1998 einen Grad der Behinderung von 30 ab 1. Dezember 1998 fest.

Am 13. Februar 2006 beantragte der Kläger abermals die Neufeststellung seiner Behinderungen und das Merkzeichen "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr). Er verwies auf ein Hautkarzinom sowie einen erlittenen Herzinfarkt. Außerdem sei ein Stent (selbstexpandierende Endoprothese) angelegt worden.

Der Beklagte holte zunächst einen Befundbericht von Dipl.-Med. S. vom 22. Februar 2006 ein. Diese berichtete über ein Basaliom im Bereich des linken vorderen Thoraxes im Jahr 2005. Der vom Hauttyp sonnenempfindliche Kläger leide auch zunehmend an einer Austrocknung der Haut mit blanden (mild verlaufenden) Ekzemen am Stamm. Er müsse sich viermal im Jahr untersuchen lassen, um maligne Veränderungen schnell operativ therapieren zu können. Dadurch sei er seelisch sehr belastet. Er wolle immer verdrängen, trage aber an den Diagnosen ungewöhnlich schwer.

Außerdem lag der Reha-Entlassungsbericht der Klinik B.-S. vom 3. März 2006 vor. Als Diagnosen sind dort ein Zustand nach Hinterwandmyokardinfarkt am 19. Januar 2006 mit leichtgradiger Einschränkung der linksventrikulären (LV)-Funktion (EF 52 %), ein Zustand nach Stent bei koronarer Zweigefäßerkrankung, eine essentielle arterielle Hypertonie Stadium WHO II mit isolierter Septumhypertrophie (Verdickung der Herzscheidewand) und eine Hypercholesterolämie (erhöhte Konzentration von Cholesterol) angegeben worden. Im Aufnahmebefund sind eine mit Brille korrigierte Fehlsichtigkeit, keine wesentliche Hörminderung, einen Blutdruck von 150/90 mmHg, eine lotgerechte Wirbelsäule ohne Druck- oder Klopfschmerz, ein Finger-Boden-Abstand von 10 cm und ein unauffälliger psychischer Eindruck mitgeteilt worden. Die Extremitäten seien aktiv und passiv frei beweglich gewesen. Das bis 125 Watt auf dem Fahrradergometer durchgeführte Belastungs-EKG habe keine Angina pectoris-Symptomatik und keine Herzrhythmusstörungen gezeigt. Der Blutdruck und der Puls seien belastungsadäquat gewesen. Zwar habe der Kläger noch einen leichten linksthorakalen Druck sowie eine insgesamt leichte Leistungsinsuffizienz angegeben. Doch eine höhergradige Dyspnoe, Schwindelattacken oder Synkopen (Ohnmacht), Ödemeinlagerungen oder Herzrhythmusstörungen habe er nicht bemerkt.

In Auswertung dieser Befunde schlug der Ärztliche Dienst des Beklagten (Dr. W.) für die Hörminderung einen Grad der Behinderung von 30, für die Herzleistungsminderung bei koronarer Herzkrankheit und Bluthochdruck von 20, für die psychischen Störungen von 10 sowie einen Gesamtgrad von 30 vor. Dem folgend lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 30. März 2006 die Neufeststellung der Behinderungen ab.

Dagegen erhob der Kläger am 6. April 2006 Widerspruch und trug vor, allein für das Basaliom sei ein Grad der Behinderung von mindestens 50 anzunehmen. Des Weiteren leide er unter Funktionseinschränkungen des Bewegungsapparates sowie Kurzatmigkeit bei Belastungen. Aufgrund dieser Einschränkungen habe er auch deutliche seelische Begleiterscheinungen.

Im Widerspruchsverfahren holte der Beklagte nochmals einen Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin E. vom 23. Juli 2006 ein. Dieser teilte mit, der Kläger habe belastungsabhängig wieder Druckgefühl hinter dem Brustbein geschildert. Es liege auch eine vertebragene (von der Wirbelsäule ausgehende) Beteiligung im Sinne einer Reflexantwort vor. In Folge der herabgesetzten Leistungsfähigkeit und betrieblicher Querelen sei eine subdepressive bis depressive Stimmungslage eingetreten. In Anlage übersandte Herr E. eine Epikrise des Klinikums Q. vom 4. Mai 2006. Danach sei die Aufnahme des Klägers zur Abklärung von thorakalen Stichen ohne Ausstrahlung und ohne begleitende Luftnot erfolgt. Der Kläger habe keine Schwindelsymptomatik, kein Herzrasen, keine Übelkeit, aber bei schwerster Belastung eine leichte Atemsymptomatik beklagt. Die Herzkatheteruntersuchung vom 11. April 2006 habe einen hypertrophierten linken Ventrikel mit inferobasaler Hypokinese (Wandbewegungsstörung) und global regelrechter Funktion (EF 60 %) gezeigt. Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerdesymptomatik möglicherweise durch eine Gastritis ausgelöst worden sei. Nach nochmaliger Beteiligung des Ärztlichen Dienstes wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2006 den Widerspruch des Klägers zurück.

Am 10. Oktober 2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Magdeburg Klage mit dem Ziel der Feststellung eines Behinderungsgrads von mindestens 50 erhoben. Er hat die Ansicht vertreten, für die Herzleistungsminderung mit Bluthochdruck sei ein Grad der Behinderung von 40 angemessen. Außerdem bestehe eine psychische Behinderung, die mit einem Grad der Behinderung von 10 deutlich zu gering bewertet worden sei. Außerdem bestünden Rückenschmerzen und krankhafte Veränderungen im Wirbelsäulenbereich, sodass in Zusammenschau mit dem unstreitig festgestellten Grad der Behinderung von 30 für die Hörminderung mindestens die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen sei.

Das Sozialgericht hat durch die Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte des Klägers Beweis erhoben. Der Facharzt für Urologie Dipl.-Med. R. verneinte am 7. Mai 2008 aus urologischer Sicht Funktionseinschränkungen. Der Internist Dr. B. berichtete am 15. Mai 2008 von jährlichen Ergometriekontrollen mit Belastungen bis 120 Watt. Die Echokardiografie habe in den letzten Jahren einen unveränderten Befund (EF 55 %) gezeigt. Insgesamt liege ein weitgehend stabiler Herzkreislaufzustand ohne Progredienz vor. Die Hypertonie Stadium WHO I bis II sei aufgrund der Linksherzhypertrophie als mittelschwere Form einzuordnen. Auch der Facharzt für Allgemeinmedizin E. schilderte mit Befundbericht vom 9. Juni 2008 einen nach dem Infarkt und der dann erfolgten Reha-Maßnahme praktisch unveränderten Gesundheitszustand. Er schätze ein, die koronare Herzerkrankung sei mit einer mittelschweren Leistungsbeeinträchtigung verbunden. Bezüglich der Hypertonie, deren medikamentöse Einstellung schwierig gewesen sei, sei von einem Übergangsstadium von der leichten zur mittelschweren Form auszugehen. Außerdem habe sich eine subdepressive Stimmungslage eingestellt. In Anlage übersandte Herr E. weitere medizinische Unterlagen. Nach dem Befund von der Herzkatheruntersuchung am 11. April 2006 bestehe weiterhin eine 50%ige RIVA-Stenose (Ramus intraventricularis anterior, Hauptast der linken Koronararterie, der über der Vorderwand der Herzens verläuft). Dr. B. hatte in Auswertung der Echokardiografie vom 18. Januar 2007 eine gute globale Pumpfunktion (EF 55 %) sowie eine gute Ergometriebelastung (160 Watt) mitgeteilt. Mit Arztbrief vom 26. Februar 2008 hatte Dr. B. über einen Blutdruck von 142/106 mmHg, eine gute globale Pumpfunktion (EF 56 %), einen normfrequenten Sinusrhythmus und eine Ergometriebelastung ohne Ischämiereaktion bis 160 Watt berichtet. Ausweislich des ebenfalls beigelegten Arztbriefs des Facharztes für Innere Medizin und Gastroenterologie Dr. A. vom 24. August 2007 sei aufgrund einer Gastroskopie der Verdacht auf zwei kurze Barettschleimhautzungen geäußert worden. Der Heliobacter–Schnelltest sei positiv gewesen. Der Pathologe Dr. M. hatte mit Arztbrief vom 30. August 2007 eine gastroösophageale Refluxkrankheit vom Baretttyp ohne Dysplasien bestätigt. Mit Arztbriefen vom 11. November 2005 und 20. März 2007 hat der Pneumologe Dr. B. nach Thoraxaufnahme und Bodyplethysmographie keine bronchopulmonalen Auffälligkeiten feststellen können. Außerdem lagen Arztbriefe der Fachärztin für Orthopädie Dr. N. vor. Am 6. November 2006 hatte diese eine Coxarthrose (rechtes Hüftgelenk: Extension/Flexion 0/0/100 Grad, Abduktion/Adduktion 30/0/20 Grad, Außenrotation/Innenrotation 30/0/10 Grad nach der Neutral-Null-Methode) sowie eine Blockierung der Lendenwirbelsäule (LWS) und des rechten Iliosakralgelenks diagnostiziert. Der Röntgenbefund habe einen normalen knöchernen Befund des rechten Hüftgelenks gezeigt. Am 24. Januar 2008 hatte Dr. N. ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit endgradig eingeschränkter Beweglichkeit, Blockierungen im Bereich des Lendenwirbelkörpers (L)5 und L2/3 und der Iliosakralgelenke beidseits sowie einen paravertebralen Hartspann im lumbosacralen Übergang ohne neurologische Ausstrahlung in die unteren Extremitäten diagnostiziert. Die Röntgenuntersuchung habe eine diskrete Osteochondrose (Knochendegeneration) der LWS gezeigt.

Mit Urteil vom 7. Juli 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Hörminderung sei mit einem Grad der Behinderung von 30 zu bewerten. Für das Funktionssystem Herz-Kreislauf sei aufgrund der Herzleistungsminderung bei koronarer Herzerkrankung und Bluthochdruck ein Grad der Behinderung von 20 festzustellen. Der Bluthochdruck sei vom behandelnden Internisten und vom Hausarzt übereinstimmend mit Stadium I bis II eingeschätzt worden. Außerdem sei die Pumpleistung des Herzens (EF 55 bis 60 %) nur gering eingeschränkt gewesen. Eine Ergometriebelastbarkeit sei wiederholt bis 160 Watt erfolgt. Ein höherer Einzelgrad der Behinderung als 10 sei für die subdepressive Stimmungslage nicht zu begründen, da eine wesentliche psychische Störung des Klägers nicht erkennbar sei. Bei Gesamtwürdigung des Behinderungsgrads ist festzustellen, dass der Kläger in seiner Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nicht so eingeschränkt sei wie jemand, dessen Behinderung nach den Anhaltspunkten für die Ärztliche Gutachtertätigkeit mit einem Behinderungsgrad von 50 zu bewerten sei.

Gegen das am 21. Juli 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. August 2008 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Herzleistungsminderung bei Bluthochdruck sei zu niedrig bewertet worden. Es sei erneut eine Herzdiagnostik und ggf. eine Operation geplant. Aufgrund der bereits im Befundbericht vom 13. September 2006 diagnostizierten arteriellen Hypertonie und des hypertrophierten Ventrikels sei von einer mittelschweren Form der Hypertonie mit einem Grad der Behinderung von 40 und einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 auszugehen. Ergänzend hat der Kläger am 3. Dezember 2009 auf die weiterhin fortbestehende RIVA-Stenose und die pathologischen Veränderungen im Elektrokardigramm (EKG) hingewiesen. Zudem gehe er von einer weiteren Verschlechterung der Herzleistung seit den Jahren 2006/2007 aus.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Juli 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 30. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2006 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 23. November 1998 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, bei dem Kläger ab 13. Februar 2006 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, ein höherer Grad der Behinderung als 20 sei bei Ergometriekontrollen von 120 Watt mit adäquater Blutdruckregulation und Laborwerten im Normbereich für das Funktionssystem Herz-Kreislauf nicht festzustellen. Für die Hörminderung sei bereits 1993 ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt worden. Eine dementsprechend vorausgesetzte mittelgradige Hörminderung beidseits sei aber in keinem Befundbericht erwähnt.

Der Senat hat einen Befundbericht der Fachärztin für HNO-Heilkunde Dr. T. vom 16. Februar 2009 eingeholt. Aufgrund der erstmaligen Behandlung des Klägers am 17. November 2008 hat sie eine mittelgradige Schwerhörigkeit beider Ohren diagnostiziert. In Anlage hat sie Audiogramme übersandt und mitgeteilt, der Kläger habe über Gleichgewichtsstörungen berichtet. Außerdem hat sie die Behandlungskartei ihres Praxisvorgängers Dr. W. übersandt. In dieser hat sich eine ohrenärztliche Verordnung eines Hörgeräts vom 26. August 2002 (Ersatzgerät), der Anpassbericht des Hörgeräteakustikers Eger vom 12. September 2002 sowie ein am 26. August 2005 erstelltes Audiogramm befunden.

In Auswertung der medizinischen Unterlagen von Dr. T. hat der Beklagte unter Hinweis auf die prüfärztliche Stellungnahme von Dr. W. vom 10. März 2009 mitgeteilt, eine Hörbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 30 sei belegt. Die im Jahr 2002 mit Hörgeräten erstellten Audiogramme seien nicht aussagefähig. Doch könnten keinesfalls früher schlechtere Audiometriebefunde als jetzt vorliegen, weil bei der hier bestehenden Schwerhörigkeit keine Besserung eingetreten könne.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auch statthafte Berufung des Klägers ist teilweise begründet.

Die Klage gegen den Bescheid vom 30. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. September 2006 ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG statthaft. Die Klage ist insoweit unbegründet, als der Kläger die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft begehrt. Doch rechtfertigen die Gesundheitsstörungen des Klägers einen Grad der Behinderung von 40, sodass die Klage teilweise Erfolg hat. Bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der hier erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich (vgl. BSG v. 12. April 2000 – B 9 SB 3/99 R = SozR 3-3870 § 3 Nr. 9, Seite 22).

Da der Beklagte bereits mit Beschied vom 23. November 1998 einen Grad der Behinderung von 30 festgestellt und damit über den Grad der Behinderung des Klägers entschieden hat, richten sich die Voraussetzungen für die Neufeststellung nach § 48 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – SGB X). Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist dann anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung des Behinderungszustands eine Herabsetzung oder Erhöhung des Gesamtbehinderungsgrads um wenigstens 10 ergibt. Die Änderung der Behinderungsbezeichnung oder das Hinzutreten weiterer Teil-Behinderungen ohne Auswirkung auf den Gesamtbehinderungsgrad allein stellen aber noch keine wesentliche Änderung dar (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 – B 9 SB 18/97 R, zitiert nach juris). Für die wesentliche Änderung kommt es weder auf den Inhalt des Vergleichsbescheids noch auf die von der Behörde bei der Bewilligung oder später angenommenen Verhältnisse, sondern auf die tatsächlichen Verhältnisse und deren objektive Änderung an (KassKomm-Steinwedel, SGB X, § 48 Rdnr. 14 m.w.N.).

Im Vergleich zu den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheids vom 23. November 1998 vorgelegen haben, hat es eine Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen gegeben. Die nunmehr vorliegenden Funktionseinschränkungen aufgrund des Bluthochdrucks und der Herzerkrankung rechtfertigen eine Erhöhung des Gesamtbehinderungsgrads auf 40 und sind daher als wesentlich anzusehen.

Für den streitgegenständlichen Zeitraum gilt das am 1. Juli 2001 in Kraft getretene Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) über die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046). Der hier anzuwendende § 69 SGB IX ist durch die Gesetze vom 23. April 2004 (BGBl. I S. 606) und vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) geändert worden. Rechtsgrundlage für den von dem Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ist § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Infolge der verfahrensrechtlichen Änderungen des § 69 SGB IX durch das Gesetz vom 23. April 2004 (a.a.O.) hat sich im Übrigen nur die Satzzählung geändert. Im Folgenden werden die Vorschriften des § 69 SGB IX nach der neuen Satzzählung zitiert.

Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Diese Vorschrift knüpft materiellrechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.

§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX ist durch das insoweit am 21. Dezember 2007 in Kraft getretene Gesetz vom 13. Dezember 2007 (a.a.O.) geändert worden. Nach der früheren Fassung der Vorschrift galten für den Grad der Behinderung die im Rahmen des § 30 Abs. 1 BVG festgelegten Maßstäbe entsprechend. Nach dem Wortlaut der früheren Fassung des ebenfalls durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 geänderten § 30 Abs. 1 BVG war für die Beurteilung die körperliche und geistige Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben maßgeblich, wobei seelische Begleiterscheinungen und Schmerzen zu berücksichtigen waren. Nach der Neufassung des § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten für den Grad der Behinderung die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. Nach der damit in Bezug genommenen neuen Fassung des § 30 Abs. 1 BVG richtet sich die Beurteilung des Schweregrades – dort des "Grades der Schädigungsfolgen" (GdS) – nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in allen Lebensbereichen. Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) aufgestellt worden, zu deren Erlass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch den dem § 30 BVG durch das Gesetz vom 13. Dezember 2007 angefügten Absatz 17 ermächtigt worden ist.

Nach § 2 VersMedV sind die auch für die Beurteilung des Schweregrades nach § 30 Abs. 1 BVG maßgebenden Grundsätze in der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15. Dezember 2008, G 5702) als deren Bestandteil festgelegt und sind damit nunmehr der Beurteilung der erheblichen medizinischen Sachverhalte mit der rechtlichen Verbindlichkeit einer Rechtsverordnung zugrunde zu legen. Zuvor dienten der Praxis als Beurteilungsgrundlage die jeweils vom zuständigen Bundesministerium herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht", die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts als vorweggenommene Sachverständigengutachten eine normähnliche Wirkung hatten (vgl. BSG, Urteil vom 18. September 2003 – B 9 SB 3/02 RSozR 4-3800 § 1 Nr. 3 Rdnr. 12, m.w.N.). Die in den Anhaltspunkten (letzte Ausgabe von 2008) enthaltenen Texte und Tabellen, nach denen sich die Bewertung des Grades der Behinderung bzw. der Schädigungsfolge bisher richtete, sind in diese Anlage übernommen worden (vgl. die Begründung BR-Drucks. 767/08, S. 3 f.). Die im vorliegenden Fall heranzuziehenden Abschnitte aus den Anhaltspunkten in den Fassungen von 2004 und 2008 bzw. aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen sind nicht geändert worden. Im Folgenden werden daher nur die Vorschriften der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zitiert.

Der hier streitigen Bemessung des Grads der Behinderung ist die GdS (Grad der Schädigung)-Tabelle der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Teil A, Seite 17 ff.) zugrunde zu legen. Nach den allgemeinen Hinweisen zu der Tabelle (Teil A, Seite 8 ff.) sind die dort genannten GdS-Sätze Anhaltswerte. In jedem Einzelfall sind alle leistungsmindernden Störungen auf körperlichem, geistigem und seelischem Gebiet zu berücksichtigen und in der Regel innerhalb der in Nr. 2 e (Teil A, Seite 8) genannten Funktionssysteme (Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz-Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut und Immunsystem; innere Sektion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf) zusammenfassend zu beurteilen. Die Beurteilungsspannen tragen den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung (Teil B, Nr. 1 a, Seite 18).

Nach diesem Maßstab kann für die Funktionseinschränkungen des Klägers ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt werden. Dabei stützt sich der Senat auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen, die eingeholten Befundberichte nebst Anlagen sowie auf den Reha-Entlassungbericht der Paracelsus-Klinik. Einer weiteren Sachaufklärung bedurfte es nicht. Insbesondere Dr. B. und Herr E. haben in ihren Befundberichten aus dem Jahre 2008 auf die seit dem Jahre 2006 praktisch nicht veränderten Befunde hingewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass der vom Kläger behaupteten Notwendigkeit einer erneuten Herzdiagnostik und Operation eine weitere Funktionseinschränkung im Sinne einer Verschlechterung zugrunde liegt.

a) Die Schallempfindungsschwerhörigkeit des Klägers ist dem Funktionssystem Ohren zuzurechnen und bedingt einen Grad der Behinderung von 30.

Für den Behinderungsgrad ist die Herabsetzung des Sprachgehörs maßgeblich (Teil B, Nr. 5, Seite 33). Der Umfang der Prüfung ist ohne Hörhilfen zu bestimmen. Für die Beurteilung ist die von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie empfohlene Tabelle zugrunde zu legen. Nach Durchführung eines Ton- und Sprachaudiogramms ist der Prozentsatz des Hörverlustes aus entsprechenden Tabellen abzuleiten.

Danach ist - wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist - ein Grad der Behinderung von 30 für die Herabsetzung des Sprachgehörs festzustellen. Der Senat folgt der ärztlichen Stellungnahme von Dr. W., die auch nach Auswertung der von Dr. T. vorgelegten Unterlagen für den gesamten Zeitraum seit der erstmaligen Bescheiderteilung im Jahr 1993 von einem Grad der Behinderung von 30 ausgeht. Nach der Tabelle 5.2.4. der Versorgungsmedizinische Grundsätze (Teil B, Nr. 5, Seite 35) ist bei einer mittelgradigen Schwerhörigkeit auf beiden Ohren ein Grad der Behinderung von 30 anzunehmen. Die verbale Einschätzung einer beidseitigen mittelgradigen Schallempfindungsschwerhörigkeit ohne Progredienz im Vergleich zu 1986 hatte auch schon Dipl.-Med. J. mit Befundschein vom 10. Juli 1993 unter Hinweis auf die Audiogramme aus dem Jahre 1986 und 1992 abgegeben. Für den Zeitraum bis 2002 fehlen zwar medizinische Unterlagen, doch ist aus den von Dr. T. für den Zeitraum ab dem Jahre 2002 vorgelegten Unterlagen wiederum ein Grad der Behinderung von 30 feststellbar. Da eine zwischenzeitliche Verschlechterung bei der hier vorliegenden Schallempfindungsschwerhörigkeit nicht möglich ist, kann auch für den Zeitraum zwischen 1992 und 2002 von einem Grad der Behinderung von 30 ausgegangen werden.

b) Das Bluthochdruckleiden mit Herzbeteiligung und die durch Stentung behandelte koronare Zweigefäßerkrankung sind dem Funktionssystem Herz-Kreislauf zuzuordnen und rechtfertigen insgesamt maximal einen Grad der Behinderung von 30 seit der Antragstellung am 13. Februar 2006.

Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B, Nr. 9, Seite 46) kommt es bei Herz-Kreislauferkrankungen nicht auf die Art der Erkrankung, sondern auf die jeweilige konkrete Leistungseinbuße an. Daher lassen weder die Diagnose einer Hypertonie, einer koronaren Zweigefäßerkrankung noch einer RIVA-Stenosierung einen Rückschluss auf die bestehenden Funktionseinschränkungen des Klägers zu. Bei der Beurteilung des Behinderungsgrads ist daher zunächst grundsätzlich von dem klinischen Bild und von den Funktionseinschränkungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten und andere Parameter stellen dabei lediglich Richtwerte dar, die das klinische Bild ergänzen (Teil B, Nr. 9, Seite 46). Auch gestatten allein elektrokardiografische Abweichungen in der Regel keinen Rückschluss auf die Leistungseinbuße, sodass auch die vom Kläger vorgetragenen pathologischen Veränderungen im EKG für die Beurteilung des Behinderungsgrads nicht maßgeblich sind.

Nach Teil B, Nr. 9.3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Seite 51) ist die leichte Form der Hypertonie, bei der keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundsveränderungen vorliegen, mit einem Grad der Behinderung von 0 bis zu 10 zu bewerten. Die mittelschwere Form eröffnet je nach Leistungsbeeinträchtigung einen Bewertungsrahmen von 20 bis 40. Kriterien dafür sind Organbeteiligungen leichten bis mittleren Grads (Augenhintergrundsveränderungen – Fundus hypertonicus I bis II- und/oder Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) sowie diastolischer Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung.

Nach dem aufgezeigten Maßstab ist das Bluthochdruckleiden des Klägers mit einem Behinderungsgrad von 20 zu bewerten. Der mit WHO II eingeordnete Bluthochdruck ist nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen grenzwertig eingestellt (Reha-Entlassungsbericht vom 3. März 2006: 150/90 mmHg; Dr. B. am 26. Februar 2008: 142/106 mmHg). Auch Herr E. hat von einer schwierigen Einstellung des Bluthochdrucks berichtet. Zwar sind Dr. B. und Herr E. übereinstimmend von einem Übergangsstadium zwischen einer leichten und mittelschweren Form der Hypertonie ausgegangen. Unter Berücksichtigung der Linksherzhypertrophie mit Hyokinese ist aber schon eine mittelschwere Form der Hypertonie festzustellen, weil damit eine Organbeteiligung des Herzens vorliegt. Diese Erkrankung eröffnet nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen zwar auch eine Bewertung mit 30 oder 40. Der Bewertungsrahmen kann aber nicht ausgeschöpft werden, denn weitere Organbeeinträchtigungen sind nicht erkennbar und die Leistungsfähigkeit aufgrund der Bluthochdruckerkrankung ist trotz Herzbeteiligung nicht wesentlich eingeschränkt. So hat der Kläger ausweislich der Epikrise des Klinikums Q. vom 4. Mai 2006 erst bei schwerster Belastung eine leichte Atemsymptomatik beklagt. Auch während der Reha-Maßnahme hat der Kläger lediglich einen leichten linksthorakalen Druck sowie eine insgesamt leichte Leistungsinsuffizienz angegeben. Eine höhergradige Dyspnoe, Schwindelattacken oder Synkopen, Ödemeinlagerungen oder Herzrhythmusstörungen hat er nicht bemerkt. Diese subjektiven Einschätzungen werden schließlich auch durch Untersuchungen der globalen Pumpfunktion des Herzens bestätigt. So spiegeln die Feststellungen der LV-Funktion mit einer Ejektionsfraktion von 52 % (Reha-Entlassungsbericht vom 3. März 2006), von 60 % (Herzkatheruntersuchung vom 11. April 2006), von 55 % und 56 % (Arztbriefe Dr. B. vom 18. Januar 2007 und 26. Februar 2008) keine relevante Beeinträchtigung der Pumpfunktion des Herzens wider (normal 55 %, mittelschwer unter 39%, schwer unter 30%). Zudem zeigt die durchgeführte Ergometriebelastung von bereits 125 Watt während der Reha-Maßnahme und zuletzt von 160 Watt (Arztbriefe Dr. B. vom 18. Januar 2007 und 26. Februar 2008), dass keine zumindest mittelschwere Leistungseinschränkung des Klägers vorliegt. Rhythmusstörungen oder Ischämiereaktionen waren bei den Ergometerbelastungen bis 160 Watt auch nicht festzustellen, sodass die Bewertung des Bluthochdruckleidens mit einem Grad der Behinderung von 20 gerechtfertigt ist.

Allerdings besteht neben der Bluthochdruckerkrankung noch eine koronare Zweigefäßerkrankung mit 50%iger RIVA-Stenose trotz Stentversorgung, sodass insgesamt schon ein Behinderungsgrad von 30 für das Funktionssystem "Herz und Kreislauf" festgestellt werden kann.

Nach Nr. 9.1.1. der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Seite 46) ist bei Herzkrankheiten von einem Bewertungsrahmen von 0 bis 10 auszugehen, wenn eine Herzerkrankung ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung (keine Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen, keine Einschränkung der Sollleistung bei einer Ergometerbelastung) vorliegt. Sofern die Herzerkrankung mit einer Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung (z.B. forsches Gehen [5-6 km/h], mittelschwere körperliche Arbeit) einhergeht und Beschwerden und das Auftreten pathologischer Messdaten bei einer Ergometerbelastung von 75 Watt vorliegen, ist ein Bewertungsrahmen von 20 bis 40 eröffnet.

Nach diesem Maßstab kann – entgegen der Einschätzung von Herrn E. - nicht schon von einer mittelschweren Beeinträchtigung ausgegangen werden. Denn eine wesentliche Leistungsbeeinträchtigung bei bereits mittelschwerer Belastung hat nicht einmal der Kläger selbst behauptet, noch findet diese Ansicht eine Stütze in den Ergometerbelastungstests (bis 160 Watt ohne pathologische Messdaten, vgl. oben) oder den Überprüfungen der Pumpfunktion (EF zuletzt 55% und 56 %, vgl. oben). Auch wenn die Herzerkrankung nur mit einem Grad der Behinderung von 10 bewertet werden kann, ist hier aber in Verbindung mit dem Bluthochdruckleiden, das aufgrund der Herzbeteiligung mit einem Mindestgrad der Behinderung von 20 zu bewerten ist, eine Erhöhung auf 30 anzunehmen. Zwar führen nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, Nr. 3 ee, Seite 10) leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Behinderungsgrad von 10 bedingen, grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes des Gesamtbeeinträchtigung. Im hier vorliegenden Fall ist eine Erhöhung auf 30 für das Funktionssystem Herz-Kreislauf aber gerechtfertigt. Denn das Bluthochdruckleiden und die koronare Zweigefäßerkrankung mit 50%iger RIVA-Stenose verringern gemeinsam die Herzleistung, sodass von einer Verstärkung der Auswirkungen des Bluthochdruckleidens durch die koronare Zweigefäßerkrankung auszugehen ist.

c) Die psychische Behinderung des Klägers ist dem Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche zuzuordnen und mit einem Grad der Behinderung von 10 zu bewerten.

Nach Nr. 3.7. der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Seite 27) ist für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen ein Bewertungsrahmen von 0 bis 20 vorgesehen. Stärkere behindernde Störungen mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) sind mit einem Einzelgrad von 30 bis 40 zu bewerten.

Die psychische Gesundheitsstörung des Klägers ist als leichtere psychische Störung einzuordnen, denn wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit sind nicht erkennbar. So haben Dipl.-Med. S./Dr. G. am 3. Juli 1998 zwar über eine deutliche psychische Einschränkung des Klägers durch die Angst vor einer erneuten Krebserkrankung berichtet. In diesem Zusammenhang ist aber zu bedenken, dass dieser Befundbericht vor über 10 Jahren mit noch einem zeitlich näheren Bezug zu der Krebserkrankung erstattet wurde. Doch auch damals erfolgte keine fachärztliche oder medikamentöse Behandlung der seelischen Gesundheitsstörung, sodass nicht von einem Leidensdruck ausgegangen werden kann, den stärkere Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit regelmäßig nachsichziehen. Der Kläger war keiner diesbezüglichen Betreuung zugänglich und hat gemeint, es sei schon nicht so schlimm. Auch in der Folgezeit sind von den behandelnden Ärzten keine wesentlichen Einschränkungen der der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mitgeteilt worden. Dipl.-Med. S./Dr. G. haben in ihrem Befundbericht vom 22. Februar 2006 wiederum nur über die seelische Belastung durch die vierteljährlichen hautärztlichen Untersuchungen und das Bestreben des Klägers zum Verdrängen berichtet. Bei der in Februar 2006 durchgeführten Reha-Maßnahme wurden auch keine psychischen Einschränkungen des Klägers festgestellt. Lediglich der Facharzt für Allgemeinmedizin E. hat mit Befundbericht vom 23. Juli 2006 über eine eingetretene subdepressive bis depressive Stimmungslage in Folge der herabgesetzten Leistungsfähigkeit und betrieblicher Querelen berichtet. Die Diagnose einer subdepressiven Stimmungslage hat er auch mit Befundbericht vom 9. Juni 2008 wiederholt, aber ohne wesentliche Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mitzuteilen.

Kann die bestehende seelische Erkrankung des Klägers damit nicht als stärkere behindernde Störung mit einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit eingeordnet werden, ist diese aufgrund der bestehenden subdepressiven Stimmungslage als leichte psychische Störung zu bewerten. Dafür ist ein Bewertungsrahmen von 0 bis 20 vorgesehen. Für den Senat nachvollziehbar hat der Versorgungsarzt Dr. W. die psychische Erkrankung in die Mitte dieses Bewertungsrahmens mit einem Behinderungsgrad von 10 eingeordnet. Denn es sind keine Auswirkungen erkennbar, die ein Ausschöpfen des Rahmens rechtfertigen. Insbesondere reicht die von Herrn E. beschriebene depressive bzw. subdepressive Stimmungslage nicht aus, um einen Grad der Behinderung von 20 anzunehmen.

d) Der Kläger leidet unter außerdem unter Gesundheitsstörungen aus dem Funktionssystem Rumpf. Dafür ist ein Grad der Behinderung von 10 festzustellen.

Für Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen sind die maßgeblichen Bewertungskriterien in Teil B Nr. 18.9 (Seite 89 ff.) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze vorgegeben. Danach folgt der Grad der Behinderung bei Wirbelsäulenschäden primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung der Wirbelsäulenverformung, der Wirbelsäuleninstabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Abschnitte der Wirbelsäule. Erst mittelgradige funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in einem Wirbelsäulenabschnitt, z.B. eine anhaltende Bewegungseinschränkung oder eine Instabilität mittleren Grads, rechtfertigen einen Einzelgrad der Behinderung von 20. Funktionsstörungen geringeren Grads bedingen allenfalls einen Einzelgrad von 10. Schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) rechtfertigen einen Einzelgrad der Behinderung von 30, mittelgradige bis schwere in zwei Wirbelsäulenabschnitten einen Grad der Behinderung von 30 bis 40. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch intermittierenden Störungen bei einer Spinalkanalstenose - sind zusätzlich zu berücksichtigen.

Nach diesem Maßstab rechtfertigen die Wirbelsäulenfunktionseinschränkungen einen Grad der Behinderung von 10. Es liegen beim Kläger geringgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt, nämlich der LWS, vor. Dr. N. hat am 6. November 2006 und am 24. Januar 2008 ein chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom mit Blockierungen im Bereich L5 und L2/3 sowie der Iliosakralgelenke beidseits sowie einen paravertebralen Hartspann im lumbosacralen Übergang diagnostiziert. Die Röntgenuntersuchung der LWS vom 24. Januar 2008 hat eine diskrete Osteochondrose nachgewiesen. Allein diese diagnostizierten Erkrankungen der LWS und die bildtechnisch nachgewiesenen degenerativen Veränderungen bedingen aber noch keinen Behinderungsgrad (Versorgungsmedizinische Grundsätze, Teil B, Nr. 18.1, Seite 86). Maßgeblich sind die daraus folgenden Funktionseinschränkungen, die nach den vorliegenden Unterlagen aber noch leichtgradig sind und allenfalls einen Grad der Behinderung von 10 rechtfertigen. So hat Dr. N. nur eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit feststellen können. Neurologische Ausstrahlungen in die unteren Extremitäten wurden von ihr verneint. Auch die anderen medizinischen Unterlagen lassen keine weitergehenden Funktionseinschränkungen der LWS erkennen. So wurde auch im Reha-Entlassungsbericht der Klinik B.-S. vom 3. März 2006 eine lotgerechte Wirbelsäule ohne Druck- oder Klopfschmerz sowie ein Finger-Boden-Abstand von 10 cm bei freier Beweglichkeit der Extremitäten festgestellt.

Funktionsstörungen in anderen Wirbelsäulenabschnitten, die zumindest als dauerhafte leichte Funktionseinschränkungen mit einem Grad der Behinderung von 10 zu bewerten sind, liegen nicht vor. Zwar hat der Facharzt für Allgemeinmedizin E. unter dem 23. Juli 2006 von einem belastungsabhängigen Druckgefühl hinter dem Brustbein berichtet und diesbezüglich eine vertebragene Beteiligung im Sinne einer Reflexantwort gesehen. Doch hat die Orthopädin Dr. N. in den beiden zeitlich später erstellten Arztbriefen keine Einschränkungen der Brustwirbelsäule mitgeteilt, sodass keine behinderungsrelevante Einschränkung angenommen werden kann.

e) Weitere Gesundheitsstörungen, die einem anderen Funktionssystem zuzuordnen und zumindest mit einem Einzelgrad der Behinderung von 10 zu bewerten wären, sind nicht erkennbar.

Zwar sind in den eingeholten medizinischen Unterlagen auch Ausführungen zu weiteren Gesundheitsstörungen zu finden. Doch sind keine Funktionseinschränkungen mitgeteilt worden, die zumindest eine Bewertung mit einem Grad der Behinderung von 10 zulassen. Das gilt insbesondere für das entfernte Basaliom, die Ekzeme der Haut, die Hypercholesterolämie, die korrigierte Fehlsichtigtkeit und die Refluxösophagitis. Auch die von Dr. N. diagnostizierte Coxathrose des rechten Hüftgelenks rechtfertigt bei einem normalen knöchernen Befund und einer nur endgradig eingeschränkten Beweglichkeit (Hüftgelenk: Extension/Flexion 0/0/100 Grad, Abduktion/Adduktion 30/0/20 Grad, Außenrotation/Innenrotation 30/0/10 Grad) noch keinen Behinderungsgrad. Im Übrigen wurden urologische Funktionseinschränkungen durch Dipl.-Med. R. und pulmonale Gesundheitsstörungen durch die Arztbriefe von Dr. B. ausdrücklich ausgeschlossen.

f) Da bei dem Kläger Einzelbehinderungen aus verschiedenen Funktionssystemen mit einem messbaren Grad der Behinderung vorliegen, ist nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der Grad der Gesamtbehinderung zu ermitteln. Dafür sind die Grundsätze nach Teil A, Nr. 3 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Seite 8) anzuwenden. Nach Nr. 3c ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelgrad bedingt, und dann zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten Zehnergrad ein oder mehr Zehnergrade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden.

Danach ist von dem Behinderungsgrad von 30 für das Funktionssystem Ohren auszugehen. Dieser ist aufgrund der ebenfalls mit einem Grad der Behinderung von 30 bewerteten Einschränkung des Funktionssystems Herz-Kreislauf auf 40 zu erhöhen. Eine weitere Erhöhung kann nicht erfolgen, da sich das Gesamtausmaß durch die zwei voneinander unabhängigen Funktionseinschränkungen nicht noch weiter erhöht. Das Ohrenleiden steht in keiner Wechselwirkung mit dem Herz-Kreislaufleiden, sodass eine Erhöhung um 10 auf einen Gesamtgrad von 40 dem Ausmaß der Gesamtbeeinträchtigung gerecht wird. Eine weitere Erhöhung kann auch nicht aufgrund der jeweils mit einem Behinderungsgrad von 10 bewerteten Gesundheitsstörungen aus den Funktionssystemen Psyche/Hirn und Rumpf erfolgen. Denn nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A, Nr. 3 ee, Seite 10) führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Behinderungsgrad von 10 bedingen, von hier fern liegenden Ausnahmen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes des Gesamtbeeinträchtigung.

Letztlich widerspräche hier die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft dem nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil A Nr. 3b, Seite 10) zu berücksichtigenden Gesamtmaßstab. Im Vergleich mit Gesundheitsschäden, zu denen in der GdS-Tabelle feste Werte angegeben sind, ist bei dem Kläger ein höherer Gesamtgrad als 40 nicht gerechtfertigt. Die Gesamtauswirkung seiner verschiedenen Funktionsstörungen beeinträchtigt seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft insbesondere nicht so schwer wie etwa die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule, der Verlust eines Beins im Unterschenkel oder eine Aphasie (Sprachstörung) mit deutlicher Kommunikationsstörung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Zwar hat der Kläger einen Teilerfolg erzielt. Doch war sein Klageziel die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Dieses war in Anbetracht des von ihm beabsichtigten Renteneintritts als Schwerbehinderter sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich höher als der Teilerfolg mit der Feststellung des Behinderungsgrads von 40, sodass keine hälftige Übernahme der Kosten in Betracht kam.

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nach § 160 SGG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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